Teilnehmende Beobachtung gefragt!

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Liebe Blog-Leser_innen.

Die parlamentarische und auch die außerparlamentarische Sommerpause ist (leider) endgültig vorbei. Die Untersuchungsausschüsse nehmen ihre Arbeit auf, die Antifaschist_innen und Journalist_innen greifen die liegen gebliebenen Fäden im großen Puzzle NSU und Behörden auf und das apabiz mischt bei allem wieder mit.

Ein Teil unserer Arbeit – und da sind befreundete Projekte und Einzelpersonen mit eingeschlossen (https://www.nsu-watch.info/spenden/) – ist es, die Aufarbeitung des NSU durch die Untersuchungsausschüsse kritisch zu begleiten. Dazu gehört: Hingehen! In der Ethnologie heißt das teilnehmende Beobachtung, wobei die getuschelten Debatten auf der Besuchertribüne im Paul-Löbe-Haus, Europasaal 4 900, nicht mit der unten durch Parlamentarier_innen und Zeugen geführten Anhörung deckungsgleich sind. Wer noch nie bei einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) war, dem/der/* sei empfohlen, sich das allein des Prozedere wegen einmal anzuhören. Im Falle NSU kommen zwar nur wenige neue Fakten ans Tageslicht, jedoch schaffen es die geladenen Zeugen immer wieder, durch ihre komplette Kooperationsverweigerung, ihr bürokratisches Dilettantentum oder eine erschütternde Gleichgültigkeit negativ zu beeindrucken.

Die Journalistin Mely Kiyak schrieb im Juli über den NSU-Untersuchungsausschuss im Bundestag:
„Ungezählt sind die einsamen Stunden auf der Besuchertribüne, spätabends, bei schlechtem Licht und noch schlechterer Luft, zwölf, dreizehn, vierzehn Stunden am Stück, immer sitzen die gleichen paar Leute auf der Tribüne, und man denkt, das gibt es doch nicht. Nur ein paar Monate ist es her, dass die Medien sich in einem kurzen Moment der Selbstreflexion für ihre fehlende kritische Gegenöffentlichkeit rügten. Es ist immer dasselbe Publikum, das bis zuletzt ausharrt: zwei freie Publizisten, zwei fest angestellte Redakteure, ein Anwalt der Nebenklage, zwei ehrenamtlich arbeitende Autoren eines antifaschistischen Internetblogs, eine Politologin und ein Filmemacher. Wir sind „die Öffentlichkeit“. (Mely Kiyak: Nur bei den Nazis nicht gesucht, FR 20.Juli 2012)

Wir möchten an dieser Stelle darauf hinweisen, dass sich interessierte Besucher_innen (und das heißt nicht nur Inhaber_innen eines Presseausweises!) im Sekretariat des Untersuchungsausschusses unter Angabe des Vor- und Zunamens sowie des Geburtstags und des Datums der öffentlichen Sitzung anmelden können: E-Mail: 2.untersuchungsausschuss@bundestag.de, Fax: 030/227-30084. Zur Sitzung muss ein Personaldokument mitgebracht werden. Die Anmeldung sollte mindestens einen Tag vorher stattfinden.
Das Gleiche gilt für Journalist_innen, die sich beim Pressereferat (Telefon: 030/227-32929 oder 32924) anmelden sollten.
http://www.bundestag.de/presse/akkreditierung/index.html

Wir hoffen auf eine breitere Öffentlichkeit, auf eine breitere kritische Debatte, auf Aufklärung und Konsequenzen!

Euer apabiz / NSU-watch

Das Programm der kommenden Sitzungen und weitere Informationen findet ihr generell auch hier:

11. September 2012, 10.00 Uhr

Beweiserhebung durch den 2. Untersuchungsausschuss und Vernehmung nachfolgender Zeugen:

Dieter H.
(Oberst a. D., ehemaliger Leiter der Abteilung Rechtsextremismus des Amtes für den Militärischen Abschirmdienst)

Lutz Irrgang
(Direktor a. D. des Landesamtes für Verfassungsschutz Hessen)

Andreas T.
(ehemaliger Verfassungsschützer)

13. September 2012, 10.00 Uhr

Beweiserhebung durch den 2. Untersuchungsausschuss und Vernehmung nachfolgender Zeugen:

Axel Mögelin, Kriminaloberrat
(Mitarbeiter und Leiter der Sonderkommission „Parkplatz“ beim LKA Baden-Württemberg)

Christoph Meyer, Erster Staatsanwalt
(ehemaliger sachleitender Staatsanwalt im Ermittlungsverfahren wegen des Mordes an Michéle Kiesewetter)

Regierungspräsident Johannes Schmalzl
(ehemaliger Präsident des Landesamtes für Verfassungsschutz in Baden-Württemberg)

27. September 2012, 10.00 Uhr

Beweiserhebung durch den 2. Untersuchungsausschuss und Vernehmung nachfolgender Zeugen:

Dr. Hartwig Möller
(Ministerialdirigent a. D., ehemaliger Leiter der Abteilung Verfassungssschutz im Ministerium für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen)

Werner Jung, Kriminalhauptkommissar
(Mitarbeiter in der Ermittlungsgruppe „Ceska“ des Bundeskriminalamtes)

Uwe Deetz, Kriminalhauptkommissar
(Mitarbeiter in der Ermittlungsgruppe „Ceska“ des Bundeskriminalamtes)

NN
(Leiter des Referates Auswertung Proliferation und Waffenhandel im BND)

28. September 2012, 9.00 Uhr

Beweiserhebung durch den 2. Untersuchungsausschuss und Vernehmung nachfolgender Zeugen:

Ministerpräsident Volker Bouffier, MdL
(ehemaliger Minister für Inneres und Sport des Landes Hessen)