Protokoll 16. Verhandlungstag – 26. Juni 2013

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Thema des Verhandlungstages war die letzte gemeinsame Wohnung von , und in der in . Die Befragungen des damaligen Hausverwalters E. sowie der Handwerker P. und K. sollen zum einen die mutmaßlichen Mitglieder des NSU und ihre Rollen identifizieren und zum anderen zur Klärung der Frage beitragen, wer zufällig oder einkalkuliert durch die Brandstiftung am 4.11.2011 gefährdet war.

[Türkçe]

Zeugen:

  • Volkmar E. (Hausverwalter Frühlingsstraße 26 )
  • Heiko P. (Handwerker, Zeuge Brand in der Zwickauer Frühlingsstraße)
  • Rene K. (Handwerker, Zeuge Brand in der Zwickauer Frühlingsstraße)

Der Zeugentisch ist heute in die Mitte vor die Richterbank verschoben. RA und RAin setzen sich um, dahin wo Holger G. und Carsten S. bei ihren Vernehmungen gesessen haben. sitzt daher jetzt recht nah an Carsten S.

Um 9.50 Uhr betritt das Gericht den Saal. Rechtsanwältin Sturm, Verteidigerin von Beate Zschäpe, ist erneut nicht anwesend. Für Rechtsanwalt Pausch, Verteidiger von Carsten S., ist heute RA Potzler in Vertretung anwesend.

Vorsitzender Richter Götzl teilt mit, dass der erste geplante Zeuge zum Thema Brand in der Zwickauer Frühlingsstraße noch nicht da sei, man daher mit dem zweiten Zeugen beginne. Es ist Herr E., der Hausverwalter des Hauses Frühlingsstraße 26 zum Zeitpunkt des Brandes.

Nach einem kurzen Geplänkel über die Sitzanordnung befragt Götzl den Zeugen, zunächst allgemein zum Anwesen. E. sagt, der spätere Eigentümer, ein Gemüsehändler mit „vietnamesischem Hintergrund“, habe das Objekt im Juni 2011 erworben und am 1. September 2011 übernommen. E. bzw. seine Firma hätten dann im Auftrag die Verwaltung übernommen und dies den Mieter_innen gegenüber angezeigt. E.: „Für uns gab es vier Mieter, einmal einen Herrn Dienelt, der diese Wohnung hatte, die später in die Luft geflogen ist, das war unser Mieter vom Mietvertrag her.“ Außerdem drei Mieter_innen im Nachbarhaus. Es sei auch darum gegangen, den Vermietungsgrad zu erhöhen, indem die leerstehenden Wohnungen ausgebaut werden. Anfang September 2011 habe ihm der alte Verwalter, Herr F., „fast entschuldigend“ mitgeteilt, dass „Dienelt“ einen Mangel am Boden in der Küche angezeigt habe. Er habe dann eine Handynummer angerufen und mit dem Herrn, der für ihn Herr Dienelt gewesen sei, gesprochen. Sie hätten sich das dann gemeinsam angesehen. Es habe sich jedoch nicht um einen echten Fehler gehandelt, sondern nur um eine geringfügige Absenkung. Er gehe davon aus, „dass man uns mal kennen lernen wollte“. Es habe dann noch ein Treffen in der Wohnung gegeben zusammen mit dem Hauseigentümer. Da habe „Dienelt“ aber mitgeteilt, dass nur eine Bekannte anwesend sein könne. Sie hätten sich dann mit Zschäpe, „wie wir heute wissen“, den Schaden angeschaut. Große Worte seien nicht gewechselt worden, ihm sei nicht klar gewesen, dass sie dort ständig wohnt. Das seien die einzigen Berührungspunkte mit dieser Wohnung gewesen, so E. Er sei öfter mal im Anwesen gewesen, in der Woche sicher zwei oder drei Mal, aber ohne jemandem zu begegnen.

Dann stellt Richter Götzl Fragen. Zunächst geht es um die Informationen, die E. über den Mieter hatte. E. sagt, er habe vom alten Hausverwalter F. eine Handynummer, einen Namen und einen Mietvertrag bekommen. Bei seiner Hausverwaltung sei es eigentlich üblich, auch Ausweis und Lohnnachweis zu verlangen. F. habe ihm gesagt, „dass der Mieter die Wohnung auf eigene Kosten ausgebaut hat. Er hat gesagt, ich soll mich nicht wundern, die Leute wären manchmal ein bisschen komisch.“ Die erste Miete für September sei noch vom alten Vermieter eingegangen. Am 28. September 2011 sei dann eine Überweisung von 740 Euro (500 Euro kalt plus Nebenkosten) eingegangen unter dem Namen „Lisa Dienelt für Matthias Dienelt“. Am 25. Oktober 2011 dann eine Überweisung von 740 Euro unter dem Namen „Lisa Pohl Miete Dienelt“ von einem Konto der Sparkasse Zwickau eingegangen.

Danach geht es darum, wer bei welchem Treffen in der Küche der Wohnung dabei war. Bei einem Treffen, so E., sei der Eigentümer anwesend gewesen, denn ihm habe man ja sagen müssen, was gegebenenfalls zu veranlassen wäre. Außerdem sei bei einem Treffen der Zeuge P., der als Handwerker im Haus beschäftigt war, anwesend gewesen. Möglicherweise seien bei einem Treffen aber auch sowohl der Eigentümer als auch P. anwesend gewesen, wird E. später auf Nachfrage von Götzl sagen. Er sei sich aber sicher, dass beim ersten Treffen der Mann, den er für Dienelt gehalten habe, anwesend war und beim zweiten Treffen die Frau. Bei den Treffen in der Wohnung sei er immer nur in Flur und Küche gewesen, nicht in anderen Räumen. Die Treffen hätten sicher im September 2011 stattgefunden, es hätten aber vielleicht zwei Wochen dazwischen gelegen.
Der Termin für das zweite Treffen sei über die bereits bekannte Handynummer vereinbart worden. Über das Verhalten der Frau sagt E.: „Ja, ganz normal. Ich glaube nicht, dass viele Worte gefallen sind.“ Es habe kein Grund bestanden, von ihr eine Meinung einzuholen, noch dazu, weil es sich aus seiner damaligen Sicht vielleicht nur um eine Bekannte gehandelt habe, die vielleicht in der Nähe gewohnt und Zeit gehabt habe. Im Treppenhaus sei er, so E., bei seinem Besuchen in der Frühlingsstraße nie jemandem begegnet. Danach geht es um die Baumaßnahmen. E. berichtet, dass der nachfolgende Zeuge P. die Wohnungen in einen vermietungsfähigen Zustand versetzen sollte. P. habe wohl weitere Personen auf der Baustelle eingesetzt, aber davon habe er, E., keine Kenntnis. Die Arbeiten an der Heizung und an der Elektrik hätten andere Firmen übernommen. Es habe kein zeitlicher Druck bestanden, weil es noch keine Interessent_innen für die Wohnungen gegeben habe. Daher sei nicht durchgängig gearbeitet worden. Begonnen worden sei mit den Arbeiten wahrscheinlich schon vor dem Besitzübergang im September.

Dann geht es um zwei Situationen, die E. von anderen Personen geschildert worden seien. Zum einen um eine Situation im Keller.:E. berichtet, dass der Keller zugemüllt gewesen sei, aber ein Kellerraum „blitzblanke“ Blechtüren gehabt habe. Er habe diesen Keller nicht zuordnen können. Er habe dann, „aus heutiger Sicht vielleicht etwas flapsig“, mit dem Zeugen P. besprochen: „Wenn wir es nicht wissen, (…) machen wir es halt mal auf.“ Vom Hörensagen wisse er dann von einem Zusammentreffen zwischen P., als dieser „Hand anlegen wollte“, mit Herrn B., der für den Eigentümer den Keller ausgeräumt habe, und Zschäpe. Diese habe dann mitgeteilt, dass das ihr Keller sei und das sei es dann gewesen. Die zweite Situation habe den Beschnitt der Bäume auf dem Grundstück betroffen, den B. im Auftrag des Eigentümers ausgeführt habe: „Dort wurde er von einem der Bewohner, männlich, sag ich mal, gerügt, was ihm einfällt die Bäume zu beschneiden, weil die Nachbarn Einsicht in die Wohnung hätten.“ Die nachträglichen Gespräche über diese Begebenheiten hätten nach dem 4. November 2011 stattgefunden, so. E.

Dann geht es um den Brand am 4. November. Er habe nach 15 Uhr von P. erfahren, dass das Haus explodiert sei. P. sei beim Bäcker oder Fleischer gewesen mit dem Herrn L. von der Heizungsbaufirma.  Er sei dann selbst hingefahren, aber das Viertel sei abgesperrt gewesen. Am 5. November vormittags habe er einen Termin bei der Polizei gehabt. Dabei sei es darum gegangen, wer da Mieter gewesen sei. Der Besitzer habe das Haus wieder aufbauen wollen, das sei aber am Willen der Stadt Zwickau gescheitert, weil die Bürgermeisterin gedacht habe, dass sich da eine Kultstätte entwickeln könnte. Anfang Dezember sei das Haus an die Stadt verkauft worden „und das war’s dann.“

Nach einer Frage zum entstandenen Schaden gibt es eine Pause. Danach macht Richter Götzl dem Zeugen Vorhalte aus früheren Vernehmungen. Zunächst geht es noch einmal um die Treffen mit den Bewohnern der Wohnung. Das erste Treffen habe E. in einer Aussage auf den 6. September und das zweite auf den 20. September terminiert, außerdem habe er gesagt, dass auch beim zweiten Treffen der Handwerker P. anwesend gewesen sei. E. sagt, das sei dann wohl richtig, er könne die vielen Termine in der Frühlingsstraße heute schwer differenzieren. Dass P. auch beim zweiten Mal dabei gewesen sei, sei aber fast zwangsläufig, wenn er da gearbeitet habe.
Es geht in der Befragung immer wieder um die Identifizierung der Personen. Die Person, die ihm beim ersten Treffen geöffnet habe, und die er für „Dienelt“ gehalten habe, könne er „aufgrund der Vielzahl der Fotos“ nicht wieder erkennen, so E. Sie sei jedenfalls etwa Mitte 30 und größer als er selbst, gewesen und habe kurze bzw. abrasierte Haare gehabt. Götzl hält E. eine Aussage vor, nach der er gesagt habe, er sei sich fast sicher, dass die Frau, die er getroffen habe, Zschäpe sei. E. sagt, er wisse nicht, wie Zschäpe im September 2011 ausgesehen habe. Die Frau, die er gesehen habe, habe schulterlanges, nicht gebundenes Haar gehabt. „Da ich sie aber vorher nie gegenständlich gesehen habe als Frau Zschäpe ist das natürlich schwierig.“ Auf Nachfrage sagt er, dass er Bilder in den Medien gesehen habe, dort aber ziemliche Differenzen festgestellt habe. Götzl legt ihm eine Lichtbildmappe vor, die ihm auch bei der Polizei vorgelegt wurde. Bei Bildern von Böhnhardt und Mundlos sagt er, Böhnhardt sei nicht die Person gewesen, die er getroffen habe, bei Mundlos könne er es nicht ausschließen. Beim Bild von Zschäpe sagt er, dass dies wieder ein Bild sei, „wo sie nicht so aussieht.“ Bei einem Bild von Susann E., Ehefrau des Mitangeklagten André E., sagt er, das könne die Person gewesen sein, wenn die Haare schwarz und schulterlang und sie von der Statur her eher klein sei. Kinder habe er in der Frühlingsstraße nie gesehen, sagt der Zeuge E. auf Nachfrage von Götzl.
Dann geht es kurz um den Mietzahlungen. Bis Februar habe die Miete 363 Euro kalt betragen, dann bis Mai 389 Euro kalt, dann ab dem abgeschlossenen Kaufvertrag 500 Euro. Er könne sich diesen Anstieg nicht erklären. Über eine Untervermietung wisse er nichts. In der Woche nach dem 4. November 2011 habe E. einen Anruf vom alten Hausverwalter F. erhalten, dass Dienelt im Wohnmobil umgekommen sei. Dann berichtet er außerdem von einem Schreiben vom Anwalt eines Herrn D., das er nach den 4. November 2011 bekommen habe. Darin stehe, dass D. wahrscheinlich Mieter der Wohnung sei und diese an einen Herrn B. untervermietet habe. Nach unbestätigten Informationen sei dieser B. tot. Sollte ein Mietverhältnis bestehen, so werde dies hiermit vorsorglich gekündigt.

Es folgen Fragen der Nebenklage. An eine Wertermittlung könne er sich nicht erinnern, so E. auf eine Frage von RA Reineke. RAin Lex fragt, ob es Fotos von dem Haus vor dem Verkauf gebe. E. antwortet, es gebe auf jeden Fall Fotos von dem Haus, er habe ja Mieter_innen gesucht. Die Fotos könne er ggf. zur Verfügung stellen.

Dann folgen die Fragen der Verteidigung Zschäpe. RA Heer fragt unter anderem nach dem Standort der Fahrzeuge der Handwerker, wenn im Haus gearbeitet wurde. E. sagt, die Fahrzeuge hätten auf dem Grundstück vor der Eingangstüre geparkt, dort sei ein Querweg als Zugang für die Bewohner gewesen. Es sei erkennbar gewesen, dass das was mit Handwerkern zu tun habe, ohne dass der Name „P.“ an der Fahrzeugtür gestanden habe. Dann fragt Heer danach, ob E. bei seinen Besuchen in der Frühlingsstraße gesehen habe, wie P. gearbeitet habe, ob er etwa gesehen habe, dass P. den „Hammer weglegt“. E. bejaht diese Frage. Ob er denn Baugeräusche gehört habe, will Heer wissen. E. verneint das für draußen, drinnen habe man aber sehr wahrscheinlich etwas gehört. Wenn er sich richtig erinnere, habe da auch ein Kofferradio gestanden. Dann fragt Heer zum Treppenhaus und ob einzelne Treppen geknarrt hätten. E.: „Ich kann ihnen nicht sagen, ob die dritte oder fünfte Treppe geknarrt hat, aber es gab Treppen, die geknarrt haben.“
Der Gutachter Prof. Saß fragt zur Atmosphäre beim Treffen in der Wohnung, bei dem die Frau anwesend gewesen sei. E. antwortet: „Dort von einer Atmosphäre zu sprechen, wäre zuviel gesagt.“

Es folgt die Mittagspause bis 14.05 Uhr. Nach der Pause ist auch RAin Sturm anwesend.

Nun sagt der Zeuge P., Handwerker im Haus Frühlingsstraße aus. P. berichtet zunächst eigenständig. Sie hätten ca. ein halbes Jahr vorher angefangen, zwei Wohnungen im Dach auszubauen. Und dann sei da noch ein Auftrag bei der Frau Zschäpe in der Küche gewesen, wegen eines morschen Balkens seien Fliesen gerissen. Auf der Baustelle sei kein Zeitdruck gewesen. Die eine Wohnung sei am 4. November 2011 fertig gewesen. Sie hätten sie leer geräumt. Er habe dann Druck gemacht, weil er Kaffee beim Bäcker bestellt habe. Gegen halb drei seien sie dann rüber gelaufen. Er hab den Klempner bestellt, der habe am darauf folgenden Montag Heizkörper einbauen sollen. Er sei mit dem Transporter zum Bäcker gefahren und da habe es einen Knall getan. Er sei hingerannt. Er habe die Feuerwehr informiert und dann sei es für ihn erledigt gewesen.

Richter Götzl fragt wer da gewohnt habe, ob es Kontakte zu den Hausbewohnern gegeben habe. P. antwortet: „Frau Zschäpe, da hatte ich mich angemeldet und dann die zwei jungen Männer. War eben Kundschaft. Und im Haus hab ich Frau Zschäpe einmal gesehen, sonst gar nicht. War immer ruhig.“ Es geht im Folgenden um ein Treffen in der Wohnung in der ersten Etage. Dabei sei es um einen Schaden in der Küche gegangen, aber es sei nie dazu gekommen, dass da etwas gemacht wird. Der Termin sei ausgemacht worden und er sei dann mit dem Zeugen E. da hin, vielleicht sei auch der Hauseigentümer anwesend gewesen, dass wisse er nicht genau. Frau Zschäpe sei da gewesen und ein junger Mann, den er jedoch nicht beschreiben könnte. Er kann sich auch an zweites Treffen erinnern. Bei einem der Treffen sei er wohl alleine dort gewesen. Am anderen Eingang [Nummer 26a] habe er einmal auch eine Frau im Rollstuhl getroffen. Am 4. November 2011 habe er Dämmfilz verlegt, sein Kollege K. habe aus dem Keller Holz geholt. P. berichtet von den verschiedenen Arbeiten, die er auf der Baustelle durchgeführt habe. Dann geht es um mögliche Lärmbelästigungen.

Plötzlich springt Beate Zschäpe auf und deutet auf das Netzteil ihres Laptops, den sie immer vor sich stehen hat. Richter Götzl unterbricht die Sitzungen wegen „Kurzschluss“. Zschäpe bekommt ein zweites Netzteil gebracht, dann geht die Sitzung weiter. Götzl wiederholt die Frage, ob es Beeinträchtigungen durch die Baumaßnahmen gegeben habe. P. antwortet: „Eigentlich nicht, nur wenn mal was runterfällt und es ein bisschen scheppert durchs Haus.“

Es geht noch einmal um das Zusammentreffen mit Bewohner_innen des Hauses. Götzl fragt, ob P. die zwei jungen Männer jemals gesehen habe. P. antwortet, den einen habe er in der Wohnung gesehen. Ob der zweite beim Treffen in der Wohnung anwesend war, könne er nicht sagen, auf zwei junge Männer sei er gekommen, weil die Kripo ihm zwei Bilder gezeigt habe. An ein Treffen mit Zschäpe im Keller kann er sich nicht erinnern, abgeschlossene Keller seinen für ihn tabu. Er habe aber wohl mit dem E. und wohl auch mit K. über den Keller gesprochen, dass man den mal aufmachen müsse. Warum, wisse er nicht genau. Er habe Zschäpe einmal im Treppenhaus gesehen. Den Herrn B. kenne er als Hausmeister des Hauseigentümers, der habe auch Bäume beschnitten. B. habe ihm nichts über die Hausbewohner berichtet. P. berichtet dann über den ihm entstandenen Schaden. Später wird es auch darum gehen, dass ihn das Ereignis und die Folge für eine gewisse Zeit psychisch belastet habe, weswegen er sich in stationäre Behandlung habe begeben müsse.

In den folgenden Vorhalten geht es um zeitliche Einordnungen. Er bestätigt frühere Aussagen, nach denen er und K. die ganze Woche im Haus gearbeitet hätten. Dann geht es um die Zeit zwischen dem Verlassen des Hauses und dem Knall, er bestätigt seine früheren Angaben ungefähr. P. sei davon aus gegangen, dass die Bewohner_innen der Wohnung bis vier oder fünf Uhr arbeiten gewesen seien, weil er sie nicht gesehen habe. Um vier oder fünf Uhr sei er ja schon wieder weg gewesen. Kinderschuhe habe er vor der Wohnung selbst nicht gesehen, aber sein Kollege K. habe einmal davon berichtet. Dann geht es noch einmal um den Ablauf beim Brand und danach um die Identifizierung der Personen. Götzl fragt: „Sie sprachen von Frau Zschäpe. Sind Sie sich heute sicher, dass es damals Zschäpe war?“ P.: „Ja.“ Götzl: „Gab es da früher Fragen zu?“ P.: „Auf dem Bild habe ich sie nicht gleich erkannt, damals war sie geschminkt, Brille aufgehabt, wie wir Handwerker untereinander sagen, eine hübsche Frau.“ Das Aussehen könne er jetzt nicht genauer beschreiben, da müsse er den „Handwerkerjargon“ anbringen. Götzl sagt, er solle das doch tun, wenn es ihm dann leichter falle. P.: „Eigentlich nicht. Ich kann doch jetzt nicht meine Gedanken sagen. Eine hübsche Frau.“ Dunkle Haare habe sie gehabt, die Länge könne er nicht mehr benennen. Auf Nachfrage sagt er, man sei über eine ziemlich alte Holztreppe ins Dachgeschoss gekommen, diese habe „richtig schön laut geknarrt“. P. wird eine Lichtbildmappe vorgelegt, die ihm auch bei einer Vernehmung am 7. November 2011 vorgelegt worden war. P. will sich nicht festlegen, aber er habe gedacht, dass die Nummer 3 (das Bild zeigt Mundlos) in der Wohnung gewesen sei. Kurz zeigt Götzl auch das Bild einer männlichen Leiche. P.: „Und da hat man gesagt, so sieht er jetzt aus.“ Dann geht es noch einmal um den Beginn der Arbeiten, den P. in früheren Aussagen auf den 6. September gelegt habe. P. sagt, dann sei das wohl so gewesen. Es folgen Fragen zur Geräuschentwicklung der Arbeiten. Am 4. November habe er Dämmmaterial befestigt, dabei seien auch Folien festgetackert worden, so P. Schließlich geht es noch einmal um die Treffen in der Wohnung. P. gibt an, Zschäpe sei „hundertprozentig“ in der Wohnung gewesen, außerdem ein weiterer Mann. Wer sonst in der Wohnung „herumgeschwirrt“ sei, wisse er nicht, er habe sich nur auf die Arbeit konzentriert. An ein Zusammentreffen mit Böhnhardt und Mundlos im Treppenhaus könne er sich nicht erinnern.
Es folgen die Fragen der Nebenklage. RA Narin fragt danach, wer bei der Terminfindung für das Treffen in der Wohnung am Telefon gewesen sei. P. sagt, es sei ein Mann gewesen, die Nummer habe er vom Zeugen E. bekommen. In weiteren Fragen geht es unter anderem um die Geräuschentwicklung auf der Baustelle. RA Elberling fragt danach, ob P. an der Fassade Blumenkästen aufgefallen seien. P. verneint das.

Für die Verteidigung fragt zunächst RA Stahl. Dabei geht es um die Geräusche der Treppe. P. bestätigt, dass diese stark geknarrt habe, er habe außerdem ein Baustellenradio gehabt, das wohl auch zum Einsatz gekommen sei. Dann fragt Stahl, ob die Nachbarin, die P. gesehen habe, tatsächlich einen Rollstuhl gehabt habe. P. bestätigt das, die Frau habe ja drin gesessen. RA Heer fragt dann danach, ob P. auch zwischendurch einmal zum Fahrzeug runter gegangen sei, was P. bestätigt.  Götzl geht dann noch Rechnungen mit P. durch. Nebenklage-Vertreter RA Ulucay fragt dann, ob es auch mal vorgekommen sei, dass P. zwischendurch zum Baumarkt habe fahren müssen, was P. ebenfalls bestätigt, das komme schon vor.

Es folgt der Zeuge K., der angibt, Helfertätigkeiten für P. durchgeführt zu haben. Am 4. November hätten sie gegen acht Uhr begonnen und sehr zeitig, gegen drei Uhr, wieder Schluss gemacht. P. sei herunter gekommen und habe gesagt, dass sie noch in der Bäckerei einen Kaffee trinken und dort auf den Heizungsmonteur warten müssten. Dieser sei dann auch gekommen, die beiden hätten gesprochen und wenige Augenblicke später habe es einen Knall gegeben. Sie seien in Richtung des Hauses gerannt und hätten gesehen, dass es die Etage war, die bewohnt war. Er habe niemanden aus dem Haus kommen sehen. Eine alte Frau habe aus der anderen Doppelhaushälfte geschaut. Deswegen sei er zum Eingang gelaufen. „Man hat die Tür aufgetreten oder die war auf und ich war kurz vor ihrer Wohnung, da kamen Angehörige die sich um die ältere Frau gekümmert haben.“ Dann sei er vor zur anderen Seite und habe schon die Einsatzkräfte um die Ecke kommen gesehen.

Am 4. November habe er beim Arbeiten niemanden von den Bewohner_innen gesehen. Er habe mehrere Wochen in dem Anwesen gearbeitet, aber nicht permanent. Er denkt, dass sie in der Woche des 4. November 2011 die ganze Woche vor Ort gewesen seien. Er habe in diesem Zeitraum Heizkörper abgebaut und gereinigt, Endreinigungsarbeiten in einer Wohnung gemacht und dann Entkernungsarbeiten. Er habe nicht gewusst, wer im Haus wohnte. Er habe am Hauseingang einmal Kontakt zu den Bewohnern aus der mittleren Etage gehabt, zwei Männern und einer Frau. Er habe nicht mit ihnen gesprochen. Er könne sie jetzt nicht mehr beschreiben, habe das aber bei der Kripo gemacht. Andere Personen habe er nicht wahrgenommen.
Es sei ein sehr hellhöriges Haus gewesen. Die Arbeiten hätten typischen Baulärm produziert, etwa die Abrissarbeiten, als er den Keller beräumen sollte. Diese Arbeiten seien am 4. November 2011 durchgeführt worden. Das Fahrzeug von P. habe bis eine halbe Stunde bevor sie gegangen seien hinter dem Haus gestanden. Dann hab es der P. vorgefahren.
Götzl fragt nach dem Aussehen der Bewohner der ersten Etage. Zunächst zur Frau. K. antwortet mit Blick auf Zschäpe: „Die Frau, die mir gegenüber sitzt ist es.“ Zu den Männern sagt K.: „Sportlich, der eine mit Segelohren. Der eine war größer, auch der andere war sportlich, kurze Haare.“ Einmal sei einer von beiden runter gekommen und habe gefragt, ob er einen Sessel zum Sperrmüll mit hinstellen könnte, ob K. den mit entsorgen könne. Götzl fragt, welcher der beiden, das gewesen sei. K.: „Der Uwe, der größere von beiden, nicht der Herr Böhnhardt, ich komm gerade nicht auf den Nachnamen.“ Er habe, so K. auf Nachfrage, den Uwe, dessen Name ihm gerade nicht einfalle, mehrfach mit dem Fahrrad gesehen. Götzl hält K. vor, er habe ausgesagt, alle drei Personen mit Fahrrädern gesehen zu haben. K.: „Ja, ist richtig, aber nie alle drei zusammen, sondern einzeln.“
Götzl fragt, ob K. Informationen dazu habe, wie die drei Personen zueinander standen. K. sagt, er habe keine Erinnerung, Götzl hält ihm eine Aussage vor, wonach K. ausgesagt hat, eine der männlichen Personen und die weibliche Person miteinander befreundet gewesen seien. K. sagt, ein Mann sei immer mit der Frau zusammen gewesen, die andere männliche Person immer allein. Welcher denn mit der Frau zusammen gewesen sei, will Götzl wissen. K.: „Den größeren mit den Segelohren hab ich mit der Frau zusammen gesehen. Was der Herr Böhnhardt war, oder?“ Noch einmal geht es um Lärm. K. sagt, man habe auf der Holztreppe immer gehört, wenn jemand rauf oder runtergegangen sei oder wenn oben oder unten jemand gearbeitet habe.

Plötzlich interveniert RA Stahl. Wie lange die Sitzung denn noch geplant sei, will er wissen. Götzl sagt, er wolle noch den Zeugen zu Ende befragen und auch noch den weiteren anwesenden Zeugen befragen. Stahl sagt, sein reservierter Zug sei jetzt weg, er habe keine Sitzplatzreservierung mehr und müsse am nächsten Morgen vor sieben Uhr aufstehen. Götzl: „Ich bin heute um halb fünf aufgestanden, wenn Sie schon mit Beispielfällen kommen.“ Es entwickelt sich eine heftige Debatte. RA Heer wirft ein, seine Mandantin könne sich nicht mehr konzentrieren. Darauf entgegnet Nebenklage-Vertreter RA Lucas: „Wir haben 20 nach fünf und zwei Stunden Luft um zu verhandeln. Und wenn die Angeklagte nicht in der Lage// eine Enddreißigerin um zwanzig nach fünf nicht mehr fit ist, dann ist das nicht substantiiert vorgetragen.“ Götzl unterbricht die Sitzung. Danach sagt RA Heer, seine Mandantin sei immer noch nicht in der Lage, der Sitzung weiter zu folgen. RAin Schneiders, Anwältin von Wohlleben, springt der Verteidigung Zschäpe bei, ihr Mandant habe Kopfschmerzen. Man müsse auch die Haftsituation der Angeklagten Wohlleben und Zschäpe betrachten. Außerdem müssten auch die Anwält_innen die Möglichkeit haben, sich ihre Fitness zurückzuholen. RA Klemke, Verteidiger von Wohlleben, sagt, dass es vielleicht besser gehe, „wenn unser Mandant etwas frische Luft schnappen dürfte anstatt Vorführkeller.“ Heer springt Klemke diesbezüglich bei. Götzl macht eine weitere Pause, um abzuklären, ob Zschäpe der Verhandlung folgen kann. Die Pause dauert bis 18.20 Uhr. Dann verkündet Götzl ein Notarzt habe keine Auffälligkeiten feststellen können, könne aber über die Konzentrationsfähigkeit von Zschäpe keine Aussagen treffen. Heer bleibt dabei, dass sich seine Mandantin nicht in der Lage sehe, weiter der Verhandlung zu folgen. Götzl sagt dem Zeugen K., dass seine Vernehmung unterbrochen werden müsse. Nebenklage-Vertreter RA Rabe sagt: „Es scheint doch mehr an den Verteidigern zu liegen als an Frau Zschäpe. Können wir nicht an den ersten beiden Verhandlungstagen jeweils länger verhandeln?“ RA Lucas sagt, man könne das jetzt zum Anlass nehmen, doch darüber zu reden, dass die Angeklagten drei Tage lang kein Tageslicht sehen, weil es im Raum keine Fenster gebe. RA Stahl: „Ich muss Kollegen Rabe widersprechen, ich sitze gerne bis 22 Uhr hier, ich möchte mir nicht unterstellen lassen, dass wir hier die Mandantin vorschieben. Womit ich allerdings recht gebe, es wäre von der organisatorischen Seite her sinnvoll, wenn man das zukünftig so halten könnte, dass man möglichst nicht lange Tage an dem letzten Tag der Woche macht.“ Götzl antwortet ungehalten: „Ich würde Sie bitten, wenn sie sich jeden Sitzungstag komplett für die Beweisaufnahme nehmen, dass wir den wirklich nutzen.“ Rabe: „Und ich darf schon mal wiederholen, dass es mit der Zugfahrt losging und dann erst die Frau Zschäpe Kopfschmerzen bekam.“

Gegen 18.35 Uhr endet die Sitzung für heute.

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