Am heutigen Verhandlungstag wird zunächst eine Freundin von Carsten Schultze vernommen. Sie kennen sich seit ihrer Jugend und sind bis heute befreundet. Sie erzählt von ihrer gemeinsamen Zeit in der Neonazi-Szene, ihrem gemeinsamen Beschluss zum Ausstieg und von der Zeit nach dem Bekanntwerden des NSU, in der Schultze ihr von der Waffenübergabe erzählte. Anschließend sagt Armin Fiedler aus, der am Anfang der Zeit in Chemnitz den Dreien half, einen Schlafplatz zu finden. Er gibt bei vielen Fragen an, sich nicht mehr erinnern zu können. Nach diesen Vernehmungen stellen die Nebenklagevertreter_innen der Familie Yozgat mehrere Anträge bezüglich des Kasseler NSU-Mordes und der Verstrickung von Andreas Temme und dem hessischen Verfassungsschutz. Wir dokumentieren diese Anträge und die Diskussion um diese hier.
Zeug_innen:
- Christine Ha. (Erkenntnisse zu Carsten Schultze)
- Armin Fiedler (Erkenntnisse zu Mundlos, Böhnhardt, Zschäpe, Wohlleben, Nazi-Szene Chemnitz)
Der Verhandlungstag beginnt um 09:49 Uhr. Anwesend ist heute Jacqueline Wohlleben, Ehefrau von Ralf Wohlleben. Vor der ersten Zeugin sagt Götzl zu NK-Vertreterin RAin Basay, es gehe um die um die Gültigkeitsdauer des Personalausweises (siehe 187. Verhandlungstag). In der bis 1999 geltenden Fassung des Gesetzes sei für unter 26 Jahre alte Personen eine Gültigkeit von fünf Jahren vorgesehen, nicht sechs Jahre, wie Basay gesagt habe.
Dann beginnt die Einvernahme der Zeugin Ha. Götzl sagt, es gehe um Kontakte zu Schultze und um Informationen, die Ha. von ihm bekommen habe. Ha.: „Mein Einstieg in die Szene war 1996, da war ich 12 Jahre alt. Ich bin dann zu der Gruppe nach Winzerla gestoßen, da war ich 13. Carsten habe ich in einer banalen Situation kennengelernt: die Tankstelle bei uns in Burgau war unser Treffpunkt.“ Der Kontakt bestehe bis heute, sie und Schultze hätten zusammen den Ausstieg gefunden: „Die Freundschaft hat so begonnen, dass er mich in Schutz genommen hat, denn ich war die Jüngste . Er hat sich für mich eingesetzt.“ Sie hätten sich ausgetauscht über ihre Gedanken in der Szene, sich als Verbündete gefunden und dann den Schritt gewagt zum Ausstieg. Götzl fragt, wann. Ha.: „Carsten ein bisschen eher, ich habe noch in einer Beziehung gesteckt. Er ist Mitte, Ende 2000 aus der Szene ausgestiegen, ich erst 2001.“ Das Kennenlernen müsse 1997 gewesen sein, so Ha. auf Frage.
Götzl fragt nach Funktion oder Rolle Schultzes. Eine Hierarchie habe sie bei der Gruppe in Winzerla nicht wahrgenommen, sagt Ha. Die habe aus mehreren Leuten bestanden, u.a. Wohlleben und Schultze. Götzl fragt, wer noch zum Freundeskreis Schultzes gehört habe. Ha. nennt Ronny Ar., Daniel Sch., André Kapke, Wohlleben, Oe. Götzl: „Kannten Sie Frau Zschäpe?“ Ha.: „Nee, die habe ich nicht kennengelernt. Eine Situation ist mir in Erinnerung, wo ich glaube sie gesehen zu haben. Ein Mädel hat mich auf Bierabende mitgeschleppt. Und in einen Keller in Jena-Zwätzen bin ich als Kind mitgenommen worden und vermute, sie da gesehen zu haben in einer Ecke.“ Götzl fragt nach Mundlos und Böhnhardt. Ha.: „Auch nicht.“ Götzl fragt zur Tätigkeit Schultzes in der Szene. Ha. sagt, nach ihrer Wahrnehmung sei es so gewesen, dass er sich um den Nachwuchs kümmern sollte, quasi geschickt worden sei.
Das sei losgegangen mit Sonntagen der JN, wo man die Woche geplant habe, auf welche Demos man fährt. Und in Kahla habe es ein gepachtetes Grundstück gegeben, wo sich solche Gruppen immer mal getroffen hätten: „Carsten wurde mit uns da hingeschickt, meines Erachtens war das ein normaler Jugendtreff mit Zelten und Grillen, wo es nicht um Aktionen oder Radikales ging. Und für mich machte es den Eindruck, als wurde er immer geschickt mit uns: Mach das mal mit denen, fährst du hin, indoktrinierst die! Aber von Indoktrination war nichts zu spüren.“ Götzl: „Von wem wurde er hingeschickt?“ Ha.: „Kann ich nicht sagen, aber Leitpersonen waren Wohlleben und Kapke. An dem Abend auf diesem Grundstück hatten wir einen recht angenehmen Tag, und abends haben sie das Grundstück umkreist mit Autos, um ein so genanntes ‚Cops Running‘ zu inszenieren, der Name für Davonlaufen und auf der Jagd sein. Die haben uns wirklich Angst eingejagt.“ Es habe nicht den Eindruck gemacht, dass Schultze etwas davon gewusst habe. Götzl fragt nach der Beschreibung „Leitpersonen“ für Wohlleben und Kapke. Ha.: „Es waren halt die Respektspersonen. Ich war jung. Für mich hatten die beiden eine angst- und respekteinflößende Aura. Wenn es um Demos ging und sowas, das waren die, die das Handy am Ohr hatten.“
Es sei eine Machthierarchie zu denen gewesen, sie habe auch weniger Kontakt zu denen im zwischenmenschlichen Kontext gehabt: „Und Carsten war das Bindeglied, der mit uns über das Zwischenmenschliche sprach.“ Götzl fragt, ob Wohlleben und Kapke auch bei Schulungen mit Schultze zugegen gewesen seien. Das bejaht Ha.: „Aber immer mit so einer geheimnisvollen Aura im Hintergrund. Es war nie so, dass alle zusammen am Tisch saßen.“ Götzl fragt nach Veränderungen bei Schultzes Persönlichkeit und Verhalten. Ha. sagt, das habe mit seiner Sexualität angefangen: „Ich habe damals schon vermutet zum Ende hin, dass er homosexuell ist.“ Es sei dann auch zum Outing gekommen. Im Jahr 2001 hätten sie den Sommer verbracht und die Freiheit genossen nach dem Ausstieg. Schultze sei dann nach Köln gegangen und zuerst sei es ihnen nicht so gut gelungen, Kontakt zu halten, aber sie hätten es dann trotzdem gepflegt, es hätten gegenseitige Besuche stattgefunden: „Und er hat sein Leben neu angefangen mit seinen Idealen und Werten die er wirklich in sich trägt.“
Götzl fragt nach Eigenschaften Schultzes. Ha.: „Da könnte man Bände sprechen. Aber er ist ein recht tiefgründiger, nach innen gerichteter, mikrokosmischer Typ, der sich viel mit sich selbst auseinandersetzt. Auch seine Verantwortung mit uns Jugendlichen, seine Homosexualität, das aufzuwerfen, das hat er alles auf sich genommen, mit Therapien. Das macht ihn aus, dass er sich seinen Geistern stellt und bereit ist, die Hosen runterzulassen.“ Götzl fragt nach Schultzes politischer Einstellung damals. Ha.: „Für mich sehr schwierig, denn ich war kein klardenkender Jugendlicher damals. Sicher die normalen Dinge, die in Jena Mitte der 1990er Jahre, mit Ausländerfeindlichkeit und: Ach, die Dönerbuden. Für mich war das ein Mitläuferding. Ich habe mich zu der Zeit nicht eingehend mit Geschichte und anderen Dingen beschäftigt. Ich war viel zu jung dafür.“
Götzl fragt, ob beim Ausstieg über seine und Ha.s politische Einstellung gesprochen worden sei. Über ihre tatsächliche politische Einstellung nicht, so Ha., aber sie seien ins Gespräch gekommen, als sie sich über die politischen Leitlinien auf einer NPD-Sitzung unterhalten hätten: „Was das für ein Schwachsinn ist, den die reden.“ Götzl fragt, ob Schultze mit anderen Personen damals in der Szene gesprochen habe, dass er aussteigen will. Ha.: „Eigentlich nicht wirklich. Nach meiner Erinnerung war der Ausstieg schon recht abrupt, der hat schon Nägel mit Köpfen gemacht. Es wurde dann auch gewettert: der steigt aus und haut ab, und sowas. Aber mehr nicht.“ Götzl: „Haben Sie mal Reaktionen von Wohlleben und Kapke erlebt?“ Das verneint Ha. „Aber an meinen Ausstieg kann ich mich erinnern. Da haben die verpflichtenden Treffen am Wochenende stattgefunden und ich hab mich hingestellt und gesagt, ich will nicht mehr kommen und er [Wohlleben] hat mich gezwungen vor die Gruppe zu treten und mich zu rechtfertigen. Das war ein angsteinflößender Moment.“ Götzl: „Was haben Sie gesagt?“ Ha.: „Ich komm nicht mehr, ich hab kein Bock mehr auf die Scheiße.“ So sei es auch, glaube sie, im Wortlaut gewesen. Götzl fragt, ob Böhnhardt, Zschäpe, Mundlos damals Gesprächsthema gewesen seien. Ha.: „Ein direktes Gespräch über die Drei, die waren ja als die Drei bekannt, hatte ich nicht. Was ich wahrgenommen habe, ist dass es die Drei gibt, Jena und Bombenbau, und dass die weg sind. Und sie wurden hochgelobt für ihre Taten.“ Götzl: „Wofür?“ Ha.: „Dafür, dass sie sich einsetzen, Werte umsetzen, ernst machen. So ein Märtyrerdasein, so war das schon fast: die Drei haben sich für uns eingesetzt, haben das und das gemacht und sind jetzt weg.“ Götzl fragt, ob darüber gesprochen worden sei, was konkret sie denn gemacht hätten. Konkret habe es keine Gespräche darüber gegeben, so Ha.: „Das ist das, was ich aufgeschnappt habe. Ich hatte, ehrlich gesagt, damals auch kein wirkliches Interesse.“
Vorhalt aus Ha.s Vernehmung: Frage: Haben Sie nach den Presseveröffentlichungen nochmal mit Carsten Schultze über das Trio gesprochen? – Antwort: Ja, damals in der Szene waren das ja Märtyrer, die Drei. Dazu sagt Ha., Silvester 2011/ 2012 habe sie Schultze besucht in Düsseldorf, und da habe er sich ihr anvertraut. Dass ihn das unmittelbar betrifft, habe sie nicht vermutet: „Er war tierisch angespannt und abends in der Kneipe hat er mir gesagt, das er vermutet, dass er mit der Sache zu tun hat, was er hier danach auch eingestanden hat.“ Auf Frage sagt Ha., Schultze habe erzählt, dass eine Waffe verwendet worden sei für die Morde und dass er Angst habe, dass er damit etwas zu tun habe. Und dass es da eine Sache gegeben habe. Das sei das erste Mal gewesen. Götzl: „Hat er Ihnen berichtet, inwiefern er jetzt mit der Waffe zu tun hatte?“ Ha.: „Das war so eine Situation in der Kneipe, er musste das jetzt los werden. Und ich habe versucht ihn zu beruhigen: Jetzt reden wir erst mal nicht darüber, steigere dich nicht rein, beruhige dich erstmal. Im Detail haben wir uns nicht unterhalten.“
Götzl hakt nach und Ha. erzählt, sie hätten sich hingesetzt und sie habe gesagt: „Was ist denn los?“ Darauf habe Schultze gesagt, sie habe das ja gehört mit dem NSU. Ha.: „Ich sagte: Hmm, und?“ Und da habe, so Ha. weiter, Schultze gesagt, dass er quasi damals auch was mit einer Waffe zu tun gehabt habe: „Dass er da eine Übergabe, wie er hier gesagt hat, getätigt hat. Und dass er Angst hat, dass das die Waffe war. Und dann ist er förmlich in sich zusammengebrochen vor Angst. Es war wirklich ein recht kurzes Outing.“ Götzl fragt, was mit „zusammengebrochen“ gemeint sei. Ha.: „Tränen in den Augen und tiefe Angst war zu sehen, dass es wahr sein könnte. Für mich machte es den Anschein, dass er sich noch nicht ganz sicher war.“ Götzl: „Worauf bezieht sich das?“ Ha.: „Ob es auch die Waffe ist, um die es geht.“ Götzl: „War denn von der Waffe selbst die Rede, der Art der Waffe?“ Ha.: „Überhaupt gar nicht.“ Götzl: „Hat er gesagt, an wen er die Übergabe getätigt hat?“ Er habe keine bestimmten Personen genannt, so Ha. und auch keinen Ort der Übergabe. Götzl: „Hat er etwas dazu berichtet, woher er die Waffe hatte?“ Ha.: „Auch nicht.“ Es sei auch nicht von einem Schalldämpfer die Rede gewesen, so Ha. auf Frage. Das Gespräch habe zwei, drei Tage vor Silvester 2011 auf 2012 stattgefunden.
Vorhalt: Er hat mir eigentlich nur erzählt, dass er eine Waffe mit Schalldämpfer besorgt hat, sich mit einem von denen getroffen hat, mit wem weiß ich nicht, und die Waffe auf einem Abbruchgelände übergeben hat. Ha. sagt, dann stimme sie zu, dass er ihr das so gesagt habe. Das sei jetzt drei Jahre her und die Aussage sei nicht lange danach gewesen. Vorhalt: Dass er Angst habe, dass damit Menschen umgebracht worden sein könnten. Das sei Schultzes Unsicherheit und Angst gewesen, dass es die Waffe war, die für die Morde verwendet wurde, so Ha. Götzl fragt, ob Schultze gesagt habe, welche Gedanken er sich damals bei der Übergabe gemacht habe. Ha.: „Eigentlich nicht wirklich.“ Der Zeitpunkt sei bei ihm erst später gekommen, wo er sich tief in seine Gedanken, in seine verdrängten Dinge reinbegeben habe. Götzl sagt, er müsse nachfragen, hier sei von Abbruchgelände die Rede, ob über den Ort der Übergabe gesprochen worden sei. Ha.: „Nicht genau, nein.“ Götzl fragt, was Ha. damit gemeint habe, dass die Drei damals in der Szene Märtyrer gewesen seien. Ha.: „Ja, dass sie halt gelobt wurden. Man kannte auch ‚Eichenlaub‘, diese Band aus Jena oder dieses Duo, die dann Lieder geschrieben haben für die Drei. Dieses Hochgelobtwerden war schon präsent. Die standen halt immer wie Helden da. Wenn es mal drum ging, aber das war jetzt auch nicht regelmäßig.“
Götzl: „Haben Sie in dem Zusammenhang mal Äußerungen Wohllebens oder Kapkes wahrgenommen?“ Dazu sei sei mit den beiden zwischenmenschlich nicht eng genug gewesen, so Ha.: „Und auch mit Carsten kann ich mich an nichts erinnern. Erst später in den Gesprächen haben wir uns über das Trio oder die Drei unterhalten.“ Götzl fragt, ob Ha. damals mitbekommen habe, ob Wohlleben Kontakt zu Zschäpe oder zu den beiden Uwes hatte, sei es aufgrund von Beobachtungen oder Gesprächen mit anderen. Ha.: „Bei Wohlleben nicht. Aber bei Kapke ist eine schwammige Erinnerung, dass es mal da drum ging. Es verlautete aus seinem Mund, das Trio in Südafrika unterzubringen. Das sind nur noch kleine Episoden. Bei Kapke, aber bei Wohlleben war mir das bis dato nicht klar, bis das veröffentlicht wurde, dass da Kontakte bestanden.“ Götzl möchte wissen, ob es Unterstützungsaufrufe, Sammlungen gegeben habe. Das habe sie nicht mitgekriegt, so Ha.: „Aber von Seiten Herrn Kapkes hat man schon gespürt, dass er sich für die Drei verantwortlich fühlt.“ Götzl: „Woran machen Sie das fest?“ Ha.: „Die Südafrika-Geschichte, die man aufgeschnappt hat. Es war klar, dass er Kontakte zu den Drei hat.“ Götzl fragt, in welcher Zeit solche Gespräche eine Rolle gespielt hätten. So in der Zeit 1997/ 98 bis 2000, so Ha. Ende 2000, Anfang 2001 sei ihr Ausstieg gekommen.
Götzl fragt, um welche Vorwürfe es gegangen sei. Ha. sagt, ihr sei nur der Bombenkoffer vor dem Theater in Jena bekannt gewesen und diese Puppe an der Brücke, und dass die Drei das gemacht hätten: „Das waren so die Sachen, die bekannt waren. Aber auch nicht über mehr.“ Götzl fragt, ob sie mal mit Schultze geredet habe, wie und wann dessen Einstieg in die Szene war. Ha.: „Wie genau weiß ich nicht, war kein großes Thema irgendwann mehr, aber der Grund ist für uns immer ein tiefgreifendes Thema gewesen: Seine Homosexualität, die er verdrängt hat, auch wegen des Elternhauses.“ Schultze habe seine Rolle in der Szene gefunden und habe damit von seiner Identität ablenken können: „Das hat uns jahrelange Arbeit gekostet, das wieder aufzuarbeiten.“ Götzl fragt nach dem THS. Ha.: „Das auch sicherlich eine Sache. Ich wusste, das gibt es.“ Zu tun habe sie nicht wirklich viel gehabt damit: „Ich wusste, das das mit André Kapke zu tun hat.“ Götzl: „Mit Carsten Schultze auch?“ Ha.: „Ich war ein absolutes Mitläuferkind. Ich war froh, eine Ersatzfamilie zu haben. Mich hat das überhaupt nicht interessiert, wer welche Organisation jetzt leitet.“ Götzl: „Welche Personen haben Sie mit dem THS verbunden?“ Ha.: „Die Personen, die ich vorhin genannt habe, das sind schon die prägnanten Namen.“ Götzl: „André Kapke und wen noch?“ Ha.: „Sicherlich auch Wohlleben, der immer in engem Kontakt mit ihm stand, dann Ralf Oe., das war halt diese Gruppe.“
Götzl: „Und zur Tätigkeit des THS, was können Sie dazu sagen?“ Ha.: „Keine Ahnung.“ Vorhalt: Fakt für mich ist, dass Wohlleben und Kapke die Hirne sind; die haben einen fertig gemacht, wenn man aus ihrer Sicht was falsch machte. Ha.: „Dass die eine sehr angsteinflößende und ehrfürchtige Aura hatten, auch so ein bisschen Psycho.“ Und André Kapke habe auf allen rumgehackt, wenn es um sexuelle Kontakte gegangen sei oder man betrunken in der Ecke gelegen habe: „Und dadurch, dass ich die Jüngste war, musste ich mich schon ganz schön verbalen Attacken aussetzen von Seiten André Kapke.“ Das sei gewesen, wenn sie auf einer Party gewesen seien und sie habe mehr getrunken, so Ha. auf Nachfrage.
Vorhalt: Wenn man einen Döner gegessen hatte, musste man zehn Liegestütze machen und wurde dabei ausgepeitscht. Ha.: „Das muss ich etwas zurücknehmen. Da war ich sicherlich aufgebracht, ist eine recht absolutistische Aussage.“ Nach ihr sei L. [phon.] gekommen, der sei 13 gewesen, und auf dem sei rumgehackt worden. Das sei das erste und einzige Mal, dass sie bei Wohlleben im Flur von der Wohnung gewesen sei. Und es habe das Gerücht kursiert, dass L. Döner gegessen hat. Und als sie bei Wohlleben in der Wohnung gewesen seien, sei L. zur Tür reingekommen und Wohlleben habe zu dem gesagt: „Los, du machst jetzt zehn Liegestütze, und wenn du es nochmal machst, gibt es Peitschenhiebe.“ [phon.] Wohlleben habe so eine Peitsche gehabt, die „in Südafrika zur Versklavung von Afroamerikanern“ [phon.] eingesetzt werde: „Schambock“. Vorhalt: Die haben sich auch immer im Hintergrund gehalten; es war aber klar, dass Kapke und Wohlleben die Führungspersonen waren. Ha.: „Das ist in meiner Wahrnehmung so, das war damals einfach klar, das waren die Respektspersonen, die sagten was gemacht wurde.“ Und für sie sei der Eindruck gewesen, dass Schultze immer geschickt worden sei: „Denen ging es nur darum, andere zu indoktrinieren, und so, dass es mit ihnen selbst nicht viel zu tun hat.“ Götzl fragt nach dem Verhalten von Wohlleben. Ha.: „Das Beispiel, wenn wir auf Demos waren, z. B. mit dem Zug, das war immer Carsten, der mit uns hingefahren ist. Wohlleben und Kapke waren erst dort vor Ort, sind anders hingekommen, und hatten immer das Telefon am Ohr und haben die Ansagen gemacht.“ Wohlleben-Verteidigerin RAin Schneiders bittet um eine Pause.
Um 11:07 Uhr geht es weiter. Wohlleben-Verteidiger RA Klemke fragt Ha. zunächst nach ihren damaligen familiären Verhältnissen. Sie beschreibt diese nach der Trennung der Eltern und mit Kennenlernen eines neuen Partners der Mutter als gut. Dann sagt Klemke, Ha. habe angegeben, dass Kapke sie angefahren habe, wegen ihres Alkoholkonsums: „Wie war Ihr Alkoholkonsum gewesen?“ Ha.: „Das war ein Beispiel. Mein Alkoholkonsum war der eines Jugendlichen. Nicht regelmäßig. Aber am Wochenende habe ich schon Alkohol getrunken.“ Klemke: „Gab es Anlass für Kapke Sie zu maßregeln?“ Ha.: „Eigentlich nicht wirklich. Ich hatte den Eindruck, ich war die Jüngste, es ging darum, auf mir rumzuhacken. Andere Leute hatten auch Entgleisungen, nicht nur ich.“ He. erzählt weiter: „Der hat auch andere Misslagen genutzt von anderen Leuten. Das ging weiter, wenn man verliebt war in jemanden und das kam raus, dann wurde das vor der ganzen Gruppe breitgetreten. Zwischenmenschlich ganz schlimme Dinge.“ Klemke sagt, Ha. habe einen Vorfall auf einem Grundstück in Kahla erwähnt und fragt, wie viele Autos da herumgefahren seien. Ha.: „Zwei. Man hat nur die Lichter gesehen in 5, 6, 700 m Entfernung.“ Klemke: „Also an dem Abend haben Sie die Lichter von zwei Fahrzeugen in 700 m Entfernung gesehen. Was hat das jetzt mit ‚Cops Running‘ zu tun?“ Ha. sagt, sie hätten erst vermutet, dass die Polizei rumfährt, aber im Nachhinein hätten sie in der Gruppe abgewogen, ob das nicht eine inszenierte Sache von Wohlleben und Kapke gewesen sei, um sie quasi anzustacheln, davon zu laufen, zu üben: „Bei uns hieß das damals ‚Cops Running‘, wenn man vor der Polizei flüchtet.“ Ha. erzählt dazu: „Wir sind ungefähr zwei, drei Stunden durch den Wald gerannt und hatten echt Schiss.“ Klemke: „Hat da irgendjemand das Aufbruchsignal gegeben, das Grundstück zu verlassen?“ Das sei damals Gang und Gäbe gewesen, wenn die Polizei drohte zu kommen, dass man weggerannt sei, sich versteckt habe.
Klemke fragt, ob das beschriebene Mal, als Ha. in der Wohnung von Wohlleben gewesen sei; das einzige Mal gewesen sei. Ha.: „Das einzige und letzte Mal, ja. Es war eigentlich auch nicht Gang und Gäbe, dass man sich in Wohnungen getroffen hat. Eher auf der Straße.“ Klemke fragt, ob Ha. mal in der Wohnung übernachtet habe. Ha.: „Ich habe doch gerade gesagt: ich stand nur in der Situation in der Wohnung, bevor wir wohin wollten, eine halbe bis eine Stunde. Ich habe nicht dort übernachtet.“ Ha. fragt, wie L. reagiert habe, als er zu den Liegestützen aufgefordert worden sei. Ha.: „Er hat sich ertappt gefühlt und es nicht als Spaß aufgefasst.“ Klemke: „Woher wissen Sie das?“ Ha.: „Weil es mir noch prägnant im Kopf ist, wie sein Gesicht ausgesehen hat in diesem Moment.“ Es habe verängstigt ausgesehen. Klemke: „Vor oder nachdem er die Liegestütze gemacht hat?“ Ha.: „Schon wo es darum ging, dass er Döner gegessen hat.“ Klemke: „Hat er was dazu gesagt?“ Ha.: „Nee, meiner Erinnerung nach nicht, hat es einfach so hingenommen und gemacht.“
Klemke sagt, Ha. habe heute angegeben, dass Kapke sich bemühen wollte, die Drei in Südafrika unterzubringen. Ha.: „In dem genauen Wortlaut habe ich es vorher nicht gesagt. Aber so kam das an, dass er auf jeden Fall sich für die Drei einsetzen wolle und das Wort Südafrika fiel auch.“ Klemke fragt, was Ha. in Erinnerung habe von politischen Aktivitäten Schultzes. Ha. sagt, sie könne nur aussagen, wo sie sich beteiligt habe: „Das waren meistens Demos und Schulungen und am Wochenende in Jugendclubs rumhängen.“ Klemke fragt, wer die Schulungen organisiert habe. Ha.: „Einmal, erinnere ich mich, wurde das von Frank Schwerdt organisiert.“ Sie verneint, selbst irgendwo politisch organisiert gewesen zu sein.
Klemke: „Sie sagten heute, dass Sie den Eindruck gehabt hätten, dass Schultze bezüglich dieser Nachwuchsgewinnung und -betreuung angehalten worden sei von Herrn Wohlleben und Herrn Kapke. Woher nehmen Sie diese Einschätzung?“ Ha.: „Weil alles von Wohlleben und Kapke ausging in dieser Zeit. Ich kann nicht mehr sagen, dann und dann haben die das und das gesagt.“ Das sei für sie eine Wahrnehmungsfrage, sie habe das erlebt, könne es aber nicht festmachen an Handlungen, die man 20 Jahre später wieder herleiten solle: „Auch Kahla auf dem Grundstück: Wenn Carstens Funktion gewesen wäre, uns zu indoktrinieren, dann hätte er das gemacht.“ Das sei aber ein normales Ferienlager gewesen. Klemke fragt, ob das Kümmern Schultzes um Ha. und ihre Freunde etwas zu tun gehabt habe mit Schultzes Tätigkeiten für die JN. Ha.: „Also, was mich betraf nicht. Das hatte keine, also das Motiv lag nicht im politischen Sinne. Ihm ging es schon drum, mich in Schutz zu nehmen. Es war schwer für mich die verbalen Attacken von Kapke auszuhalten. Und er war der einzigste der sagte: Sei mal stille.“ Klemke; „Zu wem?“ Ha.: „Zu Kapke.“ Klemke: „Und wie hat der reagiert?“ Ha.: „Der hat das schon für voll genommen.“ Sie habe das erste Mal das Gefühl gehabt, dass sich jemand für sie interessiert: „Das war der Keim [phon.] unserer Freundschaft, die bis heute anhält.“ Kenntnisse über Schultzes Tätigkeit bei den JN habe sie nicht wirklich, so Ha.: „Was da intern ablief, keine Ahnung.“ Für sie sei es das Wichtigste gewesen, zu einer Gruppe zu gehören, nicht alleine zu sein: „Mich hat das nicht wirklich interessiert, ich habe auch die Meinung nicht wirklich vertreten.“
In der Vernehmung stehe, dass sie gewusst habe, dass Schultze in diesem JN-Kader war, so Klemke. Ha.: „Dazu kann ich wirklich nur sagen, dass ich nicht weiß, welche genaue Definition einer Funktion er genau hatte, aber dass er für uns, den Nachwuchs zuständig war.“ Klemke fragt, ob das Kümmern um den Nachwuchs also doch mit den JN verbunden gewesen sei. Ha.: „Ja, doch, diese Sonntage, das waren JN-Treffen. Und bei diesen JN-Treffen ging es meistens nicht um politische Inhalte, sondern Diskussionen, wer seine Beiträge nicht gezahlt hat. Man ist in gemeinsames Gelächter ausgebrochen. Man hat keine großen Dinge organisiert. das war eher laienhaft.“ Sie verneint, sonst etwas von den politischen Aktivitäten Schultzes zu wissen. Auch zum Stichwort NPD könne sie keine Aussagen machen, sie wisse nur, was sie danach über die Presse erfahren habe. Damals sei ihr das nicht bewusst gewesen, sie sei viel zu jung für sowas gewesen. Sie habe nicht gedacht, dass sie das nochmal einholen würde. Vorhalt aus der Vernehmung: Dass er in der NPD im Vorstand war, wusste ich sicherlich auch. Ha.: „Der Wortlaut beschreibt, dass ich mir nicht sicher war.“ Sie habe es damals gewusst, aber es sei ihr nicht bewusst gewesen.
Klemke: „Sie wussten es, aber es war Ihnen nicht bewusst. Okay. Sie sagten heute, dass, als Sie aussteigen wollten, dass Sie zu einer Rechtfertigung gezwungen worden sein sollten. Wie sah der Zwang aus?“ Das sei, glaube sie, in Lobeda in einer Gaststättenräumlichkeit gewesen, „so ein berühmter Sonntag“. Schultze sei ja nicht mehr da gewesen und sie selbst sei entschlossen gewesen dort hinzugehen und die Botschaft zu überbringen ohne große Rechtfertigung: „Aber wo ich Wohlleben darauf ansprach sagte er: Nö, du gehst jetzt nicht einfach, du stellst dich jetzt vor die Truppe, übernimmst Verantwortung.“ Sie habe die Botschaft überbringen wollen, aber nicht an andere, sondern an Wohlleben. Klemke: „Also der Zwang hat einzig und allein darin bestanden, dass er gesagt hat: Du sollst das anderen mitteilen?“ Ha.: „Ja. Und: Vorher gehst du nicht. Er hatte eine respektvolle und verängstigende Aura, so dass ich gar nicht nachgedacht habe, das nicht zu tun.“ Klemke: „Also wieder mal eine Aura.“ Klemke: „Ich habe Sie so verstanden, dass es Pflichtveranstaltungen gegeben hätte.“ Ha.: „Diese Sonntage, wo man sich getroffen hat. Ansonsten auf eine Demo zu gehen, dazu war man nicht verpflichtet. Soweit war das eigene Ermessen noch.“ Nicht zu den sonntäglichen Treffen zu gehen, hätte den Ausschluss aus der Gruppe bedeutet, so Ha. auf Nachfrage. Dass jemand ausgeschlossen wurde, sei ihr nicht in Erinnerung. Klemke: „Wie kommen Sie dann darauf?“ Ha.: „Das ist doch klar, dass wenn man zu so einer Gruppe gehört und es geht um Ideale, und wenn man dort nicht mehr mitzieht, dass man aus der Gruppe ausgeschlossen wird. Für mich war das selbstverständlich.“
Klemke: „Sie sagten heute, bei diesem Gespräch Silvester 2011 habe es für Sie den Anschein gemacht, dass sich Schultze nicht ganz sicher war, dass es sich bei der Tatwaffe der Ceska-Mordserie um die Tatwaffe gehandelt hat, die er übergeben haben will. Wie ist der Anschein entstanden?“ Ha.: „Weil er nicht alles im Detail erzählt hat. Das war eine affektive Äußerung.“ Auf Nachfrage sagt Ha.: „Wenn man einen Menschen kennt, da kann man doch Verängstigung und Verunsicherung nicht verkennen. Wenn er sich sicher gewesen wäre, dann hätte er sich doch gemeldet am nächsten Tag: Ich habe das und das gemacht. Zu diesem Zeitpunkt war er sich nicht sicher, sondern äußerte die Angst, dass er damit was zu tun hatte. Und dass damit Menschen umgebracht wurden.“ Sie sei dann abgereist, sie hätten nochmal telefonischen Kontakt gehabt, ohne darüber zu reden und im Februar sei er festgenommen worden. Klemke fragt, ob Ha. bei dem Telefongespräch von sich aus nicht wieder auf das Thema gekommen sei. Ha.: „Nein, ich habe das nicht für voll genommen, weil ich nicht glauben konnte, dass er das gemacht hat, oder in Erwägung zieht, da beteiligt gewesen zu sein.“
Klemke: „Gab es Kontakte nach der Haftentlassung?“ Ha. sagt, es habe sich inhaltlich nicht um den Prozess gehandelt: „Es war wichtig für den Erhalt unserer Freundschaft, dass dieser Prozess nicht der Inhalt unserer Freundschaft wird.“ Sie hätten sich auf die zwischenmenschliche Basis konzentriert, es sei viel um seine Rolle hier gegangen, das Ganze aufzuarbeiten. Auf Nachfrage sagt sie, es habe keine inhaltlichen Gespräche über das Verfahren gegeben, wer was gesagt habe. Es sei um seine Rolle im Prozess gegangen, was Bewältigungsmechanismen angehe, Ressourcen, das alles durchzustehen, Verantwortung zu übernehmen für sein Verhalten. Klemke: „Dann muss man ja Klarheit schaffen, wofür man Verantwortung übernehmen soll. Haben Sie in dem Zusammenhang überhaupt nicht über die Kenntnisse Schultzes geredet?“ Ha.: „Da ging es darum, hier alles zu sagen, was man weiß.“ Klemke fragt, ob Schultze nochmal auf das Thema Waffenübergabe gekommen sei. Ha.: „Darüber haben wir gar nicht geredet.“ Klemke: „Nie wieder?“ Ha.: „Nie wieder. Das war alles auch durch die Presse offenkundig. Und das ist ein ungeschriebenes Gesetz. Sonst könnten wir uns ja Jahre über den Prozess unterhalten. Das ist nicht der Inhalt unserer Freundschaft.“ Klemke fragt, ob sie sich informiert habe nach 2011 über die Ceska-Mordserie. Ha.: „Oberflächlich.“ Beschäftigt habe sie sich nur nach seiner Festnahme. Klemke fragt, wie. Sie verfolge den Prozess über Presseveröffentlichungen, soweit es möglich sei. Klemke:“ Hatten Sie Kontakt mit der Verteidigung Schultze?“ Ha.: „Nein.“ Klemke: „In keiner Weise?“ Ha.: „Nein.“
RAin Schneiders fragt, wo das Gespräch mit Schultze gewesen sei, wo es ihm rausgeplatzt wäre. Sie erinnere sich, dass sie abends durch die Altstadt gelaufen seien, so Ha., das sei eine Rocker-/ Musikerkneipe gewesen, recht laut. Vorhalt: Wir standen da mitten in der Stadt zwischen Straßenlärm und Party und dann kam er damit raus. Ha.: „Jetzt wo Sie es sagen. Ich habe das verwechselt mit einem anderen Tag. Das war auf der Straße, das ist richtig.“ Schneiders: „Gab es zwei Gespräche?“ Ha.: „Nein, ein Gespräch.“ Schneiders fragt erneut, wo das Gespräch stattgefunden habe. Es komme ihr jetzt in Erinnerung, so Ha., dass es auf der Straße stattgefunden habe. Schneiders fragt, ob thematisiert worden sei, dass er sich mit den Behörden in Verbindung setzen wollte. Das verneint Ha. Aber Schultze habe sich mit seinem Anwalt in Verbindung gesetzt. Schneiders: „Was wussten Sie da?“ Ha.: „Oder dass er sich mit ihm in Verbindung setzen will.“ Vorhalt: Der Carsten ist echt ein Gewissenstyp, der hätte die ganzen Jahre nicht damit leben können, der hätte sich gestellt oder so. Schneiders: „Was wollten Sie damit sagen?“ Ha. sagt, sie meine damit, dass er das ganz, ganz tief vergraben und verdrängt habe: „Wenn ihm bewusst gewesen wäre zu dem Zeitpunkt, dass das mit der Waffe passiert ist, dann hätte er mich nicht Jahre lang [anlügen] können.“ Auf Nachfrage sagt sie, dass ihr Vertrauensverhältnis sehr eng sei, und sie sich hundertprozentig sicher sei, dass er sich ihr anvertraut hätte.
Vorhalt zu den politischen Tätigkeiten Schultzes: Viel an sich mitgekriegt habe ich nicht; wir sind auf Demos gefahren; die Leitpersonen waren Wohlleben und Kapke; aber damals war die Sache mit dem Rudolf-Heß-Gedenkmarsch, wo er was mitorganisiert hat. Das habe sie im Nachhinein, wo die Freundschaft angefangen habe, mitgekriegt durch seine Erzählungen, so Ha. Er habe gesagt, dass er was mitorganisiert und daraufhin in U-Haft gesessen habe. Vorhalt: Da hat er auch eine Strafe für bekommen. Das verneint Ha. Das sei eine U-Haft gewesen und da habe Schultze eine wichtige Schlüsselerfahrung mit seinen Eltern gehabt, da sei es in Richtung Ausstieg für ihn gegangen: „Das war ein für ihn sehr einschneidendes Erlebnis.“ Sie verneint, sich zu erinnern, in welchem zeitlichen Kontext das Gespräch stattgefunden habe.
Schultzes Verteidiger RA Hösl sagt, Ha. habe eine Veranstaltung erwähnt, wo sie davor gestanden und sich gefragt hätten, was machen wir denn hier eigentlich. Hösl fragt, wann das gewesen sei. Ha.: „Zeitlich einzuordnen ist das Ende ’99, 2000. Ich kann es nicht genau sagen, kurz vor seinem Ausstieg, irgendeine NPD-Veranstaltung, ich glaube, da hat Udo Voigt gesprochen.“ Sie wisse nicht mehr, wo das war. Sie wisse nur noch, dass sie davor gestanden und sich angeschaut hätten. Das sei ein Glücksmoment gewesen, sie hätten beide den gleichen Gedanken gehabt, was das soll, und den Mut das auszusprechen. Hösl: „Wie lange waren Sie da?“ Ha.: „Paar Minuten waren wir anwesend und den ganzen Rest der Veranstaltung – ich weiß, dass wir ein schlechtes Gewissen hatten – haben wir uns vor der Veranstaltung miteinander unterhalten.“
Zschäpe-Verteidigerin RAin Sturm bittet Ha., zu schildern, ob sie, bevor sie Schultze kennengelernt habe, schon in der rechten Szene unterwegs gewesen sei. Ha.: „Wo wir uns kennengelernt haben an der Tankstelle, war ich noch in anderen Kreisen unterwegs. Das war noch nicht der Zeitpunkt, wo ich zu der Truppe gestoßen bin. Zu der Truppe, zu der er gehörte, bin ich erst später gestoßen.“ Sie habe sich eher in Jena-Nord aufgehalten: „Da ging es vordergründig um Spaß haben.“ Sie habe eine Beziehung angefangen mit einem Jungen, D. Das seien die Kreise von Stefan Apel (zuletzt 62. Verhandlungstag) gewesen. Das sei die Szene Nord gewesen. Als die Beziehung zu Ende gewesen sei, sei es ein Prozess gewesen. Sturm: „Können Sie das an einem Jahr festmachen?“ Ha.: „Ich würde behaupten, ich war so 14, vierzehneinhalb.“ Sturm: „Also 1998/ 99?“ Ha.: „Ja, ’98 rum.“ Sturm fragt, was sich geändert habe, also sie zu der anderen Truppe gestoßen sei. Ha.: „Dass man nicht auf Skinhead macht, sondern sich ordentlicher kleidet, nicht so auffällt, sich nicht daneben benimmt. Und dann kamen halt die politischen Aktionen, Schulungen, Demos. Das war in der Gruppe vorher nicht vertreten.“
Sturm: „Und das war parallel zu dem Zeitpunkt, zu dem die Freundschaft zu Herrn Schultze entstand?“ Ha.: „Nein noch nicht.“ Das sei vielleicht ein halbes, Dreivierteljahr später gewesen. Das habe mit den verbalen Attackierungen Kapkes angefangen: „Der hat einen Blick für dich, dich in Schutz genommen. Das war sicherlich auch ein Prozess.“ Sturm: „Aber im Jahr 1998, richtig?“ Das bestätigt Ha. Sturm fragt, wie Ha. es damals mit Medien gehalten habe, ob sie Nachrichten gesehen, Zeitung gelesen habe. Ha.: „Wenig.“ Sturm: „Sie sprachen ja vorhin davon, dass es nach der Presseberichterstattung diesen Hype gegeben habe, um die Drei. Was haben Sie mitbekommen?“ Das habe sie eher oberflächlich aufgeschnappt, so Ha., dass die Drei jetzt aufgeflogen sind und sie neun Leute umgebracht haben. Sturm sagt, Ha. spreche von 2011, ihr gehe es aber um 1998, ob sie da schon etwas mitbekommen habe. Ha. sagt, da sei sie später dazu gekommen. Sie habe nichts mitbekommen von dem Hype, dass die untergetaucht sind. Das seien nur die Nachwehen gewesen. Die Zeugin wird entlassen.
Es folgt die Mittagspause bis 13:35 Uhr. Dann wird Armin Fiedler vernommen. Götzl sagt, es gehe um Erkenntnisse zu Böhnhardt, Mundlos, Zschäpe, zu Wohlleben, ob Fiedler Kenntnisse über den Aufenthalt der drei Personen in Chemnitz habe, insbesondere 1998. Es gehe auch um das Thema „88er„, ob Waffen ein Thema gewesen seien und auch um das Thema finanzielle Unterstützung und um B&H. Fiedler solle von sich aus berichten. RA Stahl unterbricht, er wolle anregen, den Zeugen im Hinblick auf § 55 StPo zu belehren. Götzl sagt, das könne man gerne machen und belehrt den Zeugen. Dann sagt Stahl, der Zeuge sei am 02.08.2012 vernommen worden und habe sich damals in Gegenwart eines Zeugenbeistands, der heute nicht hier sei, zu einer Vielzahl von Fragen auf den § 55 bezogen. Vor diesem Hintergrund solle das Gericht dem Zeugen einen Zeugenbeistand zur Verfügung stellen. Die Debatte zwischen Götzl und Stahl geht kurz weiter.
Dann sagt Götzl zu Fiedler, dass hier ein Überfall auf einen Edeka-Markt in der Irkutsker Straße 1 Gegenstand des Anklagevorwurfs ist, das könne zur Sprache kommen. Wenn insofern eine Beihilfe oder Unterstützung von Fiedlers Seite dazu geleistet worden wäre, so Götzl, meine er, dass da die Voraussetzungen des § 55 gegeben wären: „Wenn Sie die Frage wahrheitsgemäß beantworten, wenn Sie sehen, dass deswegen ein Ermittlungsverfahren eingeleitet werden könnte, dann können Sie die Aussage verweigern. Da sehe ich einen Ansatzpunkt für die Voraussetzungen des 55.“ Stahl verweist auf einen BKA-Vermerk von 2012, der sich u. a. auf diesen Raub beziehe, und da finde auch Fiedler Erwähnung, so dass man schon davon ausgehen könne, dass Anhaltspunkte bestehen, die die Ermittlungsbehörden dazu gebracht haben, den Zeugen Fiedler unter die Lupe zu nehmen. Fiedler sagt: „Ich habe das damals bloß genutzt, einen Zeugenbeistand mitzunehmen, weil es mir geraten wurde. Es waren nicht solche Gedanken dabei, die mir jetzt unterstellt werden. Es war nur die Option, die er mir angeboten hat: da brauchst Du nicht auf die Frage antworten.“ Götzl: „Ich frage Sie: Halten Sie einen Zeugenbeistand für erforderlich?“ Fiedler: „Also, wir können anfangen, ich brauche keinen Zeugenbeistand.“
Götzl sagt, dann solle Fiedler erzählen. Fiedler: „Wir wurden Anfang 1998 von Thomas Starke angerufen, ob wir drei Leuten helfen können, die Mist gemacht haben, eine Wohnung suchen und sie unterbringen. Wir haben sie dann zu einer Bekannten, Mandy Struck, gebracht. Der ihr Freund war so nett und hatte eine Wohnung, die er nicht brauchte, weil er viel bei der Mandy war. Wir haben sie dort einquartiert, noch zwei, drei Mal besucht. Dann ist der Kontakt gerissen.“ Auf Frage, ob sie danach nochmal Kontakt gehabt hätten, sagt Fiedler, das sei dann auseinandergegangen. Und dann habe er erst wieder aus der Presse was erfahren. Götzl sagt, er wolle nochmal beginnen mit der Situation: „Was hat Starke von Ihnen gewollt und wie ging es weiter?“ Fiedler: „Er hat angerufen, er hat hier drei Leute, die Mist gemacht haben und ob wir denen Unterschlupf geben könnten.“ Ihnen seien Mandy Struck und deren Freund eingefallen. Der Freund habe seine Wohnung nicht viel genutzt, so dass sie die Drei dort einquartieren könnten. Götzl fragt, wer denn dann gekommen sei. Fiedler: „Augenscheinlich waren es Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe die wir abgeholt haben.“ Götzl fragt, ob Fiedler die vorher schon gesehen oder gekannt habe. Fiedler: „Nein.“ Götzl: „Wer ist wir?“ Fiedler: „Mein Bruder und ich.“ Götzl fragt, ob Starke Einzelheiten mitgeteilt habe. Fiedler: „Nein. Nur: Mist gemacht, Scheiße gebaut, und müssten jetzt mal untertauchen.“
Götzl fragt, wie der Freund von Struck geheißen habe. Fiedler: „Ich glaube Max.“ Die Wohnung sei, glaube er, auf dem Kaßberg in Chemnitz gewesen. Götzl: „Ist darüber gesprochen worden, wie lange die jetzt bleiben sollen?“ Da sei nie was zeitlich definiert worden, sagt Fiedler, aber seines Erachtens sei er von einer kurzen Zeit ausgegangen. Götzl fragt, ob Fiedler wisse, wie dann der Aufenthalt in der Wohnung abgelaufen sei, ob da noch jemand gewesen sei, der Freund Strucks. Fiedler: „Soweit ich mich erinnern kann, nicht, und wenn ich mal da war mit meinem Bruder, dann war niemand da.“ Götzl fragt, wer bei den Besuchen anwesend gewesen sei. Fiedler nennt Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe. Auf Frage, wie lange die Besuche jeweils gedauert hätten, sagt er, er schätze 20 Minuten, halbe Stunde. Götzl fragt, ob sich Fiedler erinnere, worum es bei den Besuchen gegangen sei. Fiedler: „Allgemeines Reden, also, nee, tut mir leid.“ Götzl fragt, ob angesprochen worden sei, warum die drei Personen eine Wohnung benötigten. Fiedler: „Nein.“ Er verneint auch, dass bei den Besuchen mal Starke zugegen gewesen sei. Götzl fragt nach einer zeitlichen Einordnung der Besuche. Er schätze, bis Herbst 1998, so Fiedler. Götzl: „In welchen Abständen etwa?“ Fiedler: „Weiß ich nicht mehr, tut mir leid.“ Sie seien vielleicht im Sommer nochmal da gewesen, schätze er so ab. Sie seien in Abständen von zwei, drei Monaten da gewesen, so Fiedler auf Nachfrage. Götzl: „War da eine veränderte Situation dann gewesen bei den drei Personen?“ Fiedler: „Nicht dass ich was gemerkt habe.“
Götzl fragt, ob es mal ein Gespräch gegeben habe, wie lange sie noch in der Wohnung bleiben wollen, was sie vorhaben. Er sei sich nicht sicher, so Fiedler, es sei mal das Gespräch gekommen, dass sie ins Ausland gehen wollten, nach Südafrika: „Weil das nicht passiert ist, hab ich den Kontakt abgebrochen, weil mir das zu lange gedauert hat.“ Götzl fragt zum Zeitpunkt des Gesprächs. Das sei schon am Anfang gewesen, sagt Fiedler. Götzl: „Haben Sie Erkenntnisse dazu, wie es dann anschließend weiterging, wo sich die drei Personen aufgehalten haben?“ Fiedler: „Ich habe erst aus den Medien erfahren, dass sie in Zwickau gewohnt haben und was dann noch alles passiert ist.“ Götzl: „Mir geht’s drum, was Sie damals mitbekommen haben.“ Götzl fragt, ob sich Fiedler mal mit Starke oder weiteren Personen unterhalten habe, was aus den Dreien jetzt geworden ist. Fiedler: „Nein.“ Götzl: „Den Freund Mandy Strucks, haben Sie den eigentlich kennengelernt?“ Fiedler: „Den habe ich damals gekannt, ja.“ Götzl: „Haben Sie mit ihm mal gesprochen, was aus den Dreien geworden ist?“ Er wisse es nicht mehr, so Fiedler. Er müsse unterstellen, es sei ja dessen Wohnung gewesen, dass man mal gefragt habe, aber er könne es nicht mehr sagen. Götzl: „Und mit Mandy Struck?“ Fiedler: „Die habe ich weniger gesehen.“ Götzl fragt, ob Fiedler mit weiteren Personen über die Unterbringung der Drei in der Wohnung gesprochen habe. Fiedler: „Nein, fällt mir jetzt nichts ein.“
Götzl fragt, ob Fiedler um Hilfe gebeten worden sei, Besorgungen, Unterstützung, Geld. Fiedler: „Nein.“ Götzl: „Wissen Sie, ob Ihr Bruder um Hilfeleistungen gebeten wurde?“ Fiedler: „Er wurde gebeten, seinen Ausweis zur Verfügung zu stellen, um einen Reisepass zu beantragen.“ Es sei damit argumentiert worden, um die Flucht nach Südafrika oder ins Ausland zu organisieren. Götzl: „Wie ist es weitergegangen?“ Fiedler: „Er hat nachgedacht und es dann gemacht, seinen Ausweis zur Verfügung gestellt.“ Götzl: „Für wen?“ Fiedler: „Uwe Böhnhardt.“ Er bejaht, dass Böhnhardt einen Pass dann auch erhalten habe. Götzl: „Wissen Sie, was aus dem Pass geworden ist?“ Fiedler: „Den haben wir uns dann zurückgeholt. Weil mit der kurzfristigen Flucht ja nix geschehen ist. Und weil wir doch ein mulmiges Gefühl hatten, wurde der Pass von meinem Bruder zurückgeholt und vernichtet.“ Das sei ungefähr Herbst 1998 gewesen. Götzl: „Hat Ihr Bruder sich eigentlich bereitwillig darauf eingelassen, waren Sie da zugegen?“ Das wisse er nicht mehr. Der Bruder habe das gemacht. Er wisse auch nicht, ob er bei dem Gespräch dabei war, das sei zu lange her.
Götzl fragt, ob Fiedler ansonsten mal etwas erfahren habe, was sich hinter ‚Mist gemacht‘ verbirgt. Fiedler: „Damals nicht. Nein.“ Götzl: „Außer diesem Personalausweis, gab es Sonstiges, was Sie für einen der Drei machen sollten?“ Fiedler: „Nein.“ Götzl fragt, ob von den Drei oder anderer Seite jemand an Fiedler oder seinen Bruder herangetreten sei, um eine Aufstellung über die Familie zu erhalten. Fiedler: „Nicht dass ich mich erinnern kann.“ Auf Frage, wer denn außer der Familie Kenntnisse über Namen und Berufe von Fiedlers Eltern und Geschwistern habe, sagt Fiedler, das wisse er nicht. Dann nimmt Fiedler die bereits gestern seinem Bruder gezeigte Aufstellung in Augenschein. Fiedler: „Ich glaube, ich habe die bei der Vernehmung bei der Polizei schon gesehen.“ Götzl hält vor, dass es da um Daten der Eltern und der Schwester gehe. Fiedler: „Ich kann für mich nur mutmaßen, wo der Pass angeboten wurde, brauchte man Geburtsurkunde. Im Buch der Familie sind ja von allen Familienmitgliedern die Geburtsurkunden drinne.“ Götzl fragt, ob denn denn in diesen Unterlagen diese Daten drin stehen würden und hält vor, dass dort stehe, der Vater sei arbeitslos. Fiedler: „Das war für mich nur eine Mutmaßung. Ich könnte mich nicht entsinnen, mit jemand über das Geburtsdatum meines Vaters geredet zu haben. Woher Beruf und Sonstiges kommt, weiß ich nicht.“
Götzl sagt, bei Fiedlers Bruder stehe, dass er derzeit in Passau arbeite. Götzl nennt den Namen der Firma. Er fragt: „Hat Ihr Bruder da gearbeitet?“ Fiedler: „Bei dem Arbeitgeber ja, er ist viel unterwegs, ich kann Ihnen nicht genau sagen, wann der wo war.“ Götzl nennt den Namen D. Fiedler: „Den kenne ich, der hat früher bei uns im Haus mit, in der Nachbarschaft gewohnt.“ Er verneint, über den mit einem der Drei gesprochen zu haben. Götzl fragt, ob Fiedler eine Erklärung habe, wie es zu dieser Zusammenstellung kommt. Fiedler: „Kann ich mir so nicht erklären.“ Götzl: „Haben Sie in Erinnerung, ob bei den Besuchen mit den Dreien mal über das Ausstellen einer Bahncard geredet wurde?“ Fiedler: „Nein, kann ich mich nicht erinnern.“ Götzl fragt, ob mal über eine Bürgschaft für einen Mieter gesprochen worden sei. Das verneint Fiedler. Götzl: „Über den Abschluss eines Mietvertrages?“ Fiedler: „Nein.“ Götzl: „Sind Sie sich da sicher?“ Fiedler: „Ich kann mich nicht entsinnen. Ich bin mir eigentlich relativ sicher, dass es nicht so war.“ Götzl: „Eine Nachfrage noch: Können Sie sagen, wovon die drei Personen in dieser Wohnung gelebt haben? Haben Sie sie unterstützt?“ Fiedler: „Nein.“ Er wisse auch nicht, ob es finanzielle Unterstützung von anderer Seite in Chemnitz gab.
Er bejaht, dass ihm der Begriff „88er“ etwas sagt: „Ein Aufnäher, der früher auf Jacken genäht wurde, um Zusammenhalt zu symbolisieren.“ Götzl fragt, wie viele Personen das gewesen seien. Fiedler: „30, 50, ganz grob gesagt.“ Götzl: „Gehörten Sie dazu?“ Fiedler: „Ich hatte so eine Jacke.“ Götzl fragt, worum es dabei gegangen sei. Fiedler: „Wir haben uns früher normal getroffen, mittwochs zum Biertrinken, am Wochenende ist man auf Partys und Konzerte gefahren. Das war ohne und mit den Aufnäher so. Es hat sich nichts geändert. Es war ein Aufnäher. Es waren auch viele dabei, die den Aufnäher nicht hatten. Es hat sich nix geändert. Es war keine Mitgliedschaft, kein Verein oder sowas.“ Auf Frage nach einer zeitlichen Einordnung, wann es die gegeben habe, sagt Fiedler, er vermute ab 1996 oder 1997. Das sei aber wirklich eine Vermutung. Götzl: „Gehörte Ihr Bruder auch dazu?“ Fiedler: „Der hatte auch so einen Aufnäher.“ Götzl fragt nach sonstigen Personen. Fiedler: „Viele. Man hat sich getroffen, da war eine Vielzahl von Leuten, einige hatten so einen Aufnäher, andere nicht. Das hatte nichts zu bedeuten.“ Götzl: „Wer hat denn die Initiative ergriffen, die Aufnäher herzustellen und anzubringen?“ Fiedler: „Kann ich nicht sagen. Einige hatten schon so einen. Ich wollte auch einen und hab mir einen zugelegt.“
Götzl fragt nach Namen von Personen. Fiedler nennt Starke, Markus Fr. „und viele, wo ich den Namen nicht unbedingt kannte“. Er bejaht, dass ihm B&H Sachsen etwas sage. Götzl: „Was denn?“ Fiedler. „Würde ich sagen, ist ein Verein, die Aufnäher auf der Jacke hatten und Konzerte organisiert haben. Ist meine Vermutung.“ Götzl: „Hatten Sie was damit zu tun?“ Fiedler: „Nein, ich bin nur auf Konzerten gewesen, wo welche waren, die so einen Aufnäher hatten.“ Götzl: „Wer gehörte aus Ihrem Freundeskreis zu B&H?“ Fiedler. „Ich bin mir sicher, Jan Werner wird dazugehört haben. Andere kannte ich nur vom Sehen her.“ Götzl: „Und Starke?“ Fiedler: „Ich glaube schon.“ Auf Frage, wie das Verhältnis zu denen gewesen sei, sagt Fiedler: „Ich kannte Thomas Starke, auch Jan Werner, nicht ganz so gut. Nichts Negatives und Positives. Man kannte sich halt. Untereinander kannten sie sich sicherlich besser, die Zwei.“ Er verneint, heute noch Kontakt zu denen zu haben. Götzl: „Wie lange war der Kontakt?“ Fiedler: „Den Anfang kann ich Ihnen nicht mehr sagen, aber so ab ’99/2000 hatte ich mit niemandem mehr Kontakt, außer mein Bruder.“ Er habe sich um seine Familie gekümmert, habe sich einen anderen Freundeskreis gesucht.
Götzl: „Können Sie sich erinnern, ob von Seiten Starkes, Jan Werners, ob in deren Umkreis da mal über Beate Zschäpe, Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos gesprochen wurde, war das mal im Gespräch?“ Fiedler: „Nicht dass ich mich entsinne, nein.“ Götzl fragt, ob in der rechten Szene 1998 mal über die drei Personen gesprochen worden sei, unabhängig von dem, was Fiedler jetzt erzählt habe. Fiedler: „Nicht dass ich mich erinnern könnte. Es kann sein, aber dann hab ich es entweder nicht mitbekommen oder ich kann mich nicht erinnern.“ Götzl fragt, ob damals darüber gesprochen worden sei, ob die von der Polizei gesucht werden. Fiedler: „Tut mir leid, das ist 17 Jahre her, ich weiß es nicht mehr.“ Götzl: „Jetzt sagten Sie ja, Ihr Bruder wollte den Reisepass haben und der wäre ihm ausgehändigt worden und er hätte ihn vernichtet?“ Götzl: „Haben Sie sich denn jetzt nicht interessiert, wie das bei den Dreien weitergegangen ist?“ Fiedler: „Ich war froh, dass es erledigt ist, das Thema.“ Auf Frage sagt er, er glaube schon, dass er weiter Kontakt zu bspw. Starke gehabt habe. Götzl: „Haben Sie mit dem nicht mal darüber gesprochen?“ Fiedler: „Nein.“ Götzl sagt, der sei auf die Fiedlers zugekommen, die hätten sich bemüht, die Wohnung vermittelt, hätten die auch noch besucht, dann die Sache mit dem Pass: „Da taucht doch die Frage auf: Wie geht’s jetzt weiter?“ Das habe ihn schon interessiert, so Fiedler, er sei aber froh gewesen, dass der Kontakt abgebrochen sei und habe nicht Starke fragen wollen, um sein Interesse zu lindern: „Denn ich bin davon ausgegangen, dass er mich dann wieder um Hilfe bittet. Das wollte ich nicht, deswegen habe ich es lieber ganz gelassen.“
Er verneint, dass bei den „88ern“ Waffen ein Thema gewesen seien: „Also nicht mit denen ich mich da unterhalten hab. Das war: Wochenende Biertrinken und Partys machen.“ Götzl fragt, ob über den Bezug von Waffen gesprochen worden sei. Fiedler: „Nein.“ Götzl: „Kannten Sie Quellen, aus denen man sich Waffen besorgen konnte?“ Fiedler: „Nein.“ Götzl: „Kannten Sie Leute, die Waffen besaßen?“ Fiedler: „Nicht dass ich wüsste.“ Götzl: „Sagt Ihnen der Name Ralf Wohlleben was?“ Fiedler: „Zur damaligen Zeit nein.“ Götzl: „Später dann?“ Fiedler: „Jetzt durch die Zeitungen.“ Götzl: „Und persönlich?“ Fiedler: „Nein.“ Götzl: „Von den Angeklagten: Kannten Sie da in der Vergangenheit jemanden? Herrn Eminger?“ Fiedler: „Eminger sicherlich vom Sehen her, ja.“ Auf Nachfrage spricht Fiedler von 1995, 1997. Götzl: „Bei welchen Gelegenheiten?“ Fiedler: „Kann nur sagen, dass ich das Gesicht kenne. Daher schließe ich, dass ich ihn von Feiern her kannte.“ Götzl: „Wie gut?“ Fiedler: „Sehr lose.“ Götzl: „Den Angeklagten Schultze, sagt Ihnen der Name was?“ Fiedler: „Nein.“ Götzl: „Und Gerlach?“ Fiedler: „Nein.“ Götzl: „Jetzt will ich den Punkt ansprechen, ich hatte Sie darauf ja schon hingewiesen: Der Edeka-Markt in der Irkutsker Straße. Haben Sie da mal gearbeitet?“ Fiedler: „Ja.“ Götzl: „Haben Sie über diesen Edeka-Markt mal mit den Dreien, die in der Wohnung des Max waren, gesprochen?“ Fiedler: „Nicht dass ich mich erinnern kann.“ Auf Frage sagt er, er habe 1995/ 96 dort gearbeitet und dann später nochmal. Götzl: „Wann?“ Fiedler: „2003, 2005/ 6, so die Richtung.“ Götzl: „Und 1998?“ Fiedler: „Nee, da war ich woanders.“ Auf Nachfrage sagt er, da habe er auf dem Kaßberg gearbeitet, in einem anderen Edeka-Markt.
Die Frage von RAin Schneiders, ob er Enrico Ri. (zuletzt 184. Verhandlungstag) kenne, bejaht Fiedler. Den kenne er aus den Chemnitzer Kreisen von früher. Schneiders fragt nach Robby Ha. (181. Verhandlungstag). Fiedler: „Nicht unter dem Namen.“ Schneiders: „Wissen Sie, ob Ri. über Schusswaffen verfügte?“ Fiedler: „Nicht dass ich wüsste.“ Er verneint, mal was von Schießübungen mitbekommen zu haben. RA Stahl fragt, ob Fiedler sagen könne, wann die Informationen, dass es ins Ausland gehen solle, Südafrika, erteilt worden seien, ob anlässlich der Besuche. Fiedler: „Tut mir leid.“ Stahl: „Was fällt Ihnen überhaupt noch dazu ein?“ Fiedler: „Ich denke, am Anfang war die Rede davon, dass sie sich ins Ausland absetzen wollen. Und ich habe in Erinnerung, dass von Südafrika die Rede war.“ Stahl fragt, ob die Rede davon gewesen sei, wer sich absetzen wollte, alle drei, oder zwei oder nur einer. Fiedler. „Nein.“ Stahl fragt, ob Fiedler in Erinnerung habe, was Zschäpe dazu gesagt habe. Fiedler: „Nein.“ Eminger-Verteidiger RA Kaiser fragt, ob Fiedler außer dem Herrn Eminger, der neben ihm, Kaiser, sitze, noch einen Eminger kenne. Fiedler: „Ich gehe mal davon aus, er hat einen Bruder. Ich kenne ihn ja nur vom Sehen her.“ Kaiser fragt, ob Fiedler den Namen gekannt habe. Das verneint Fiedler. Kaiser: „Auf was für Veranstaltungen haben Sie den Herrn Eminger gesehen?“ Fiedler: „Konzerte, Geburtstagsfeiern, Wochenendveranstaltungen, die man besucht hat.“
Götzl: „Waren Frau Zschäpe, Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos mal in Ihrer Wohnung oder der Ihres Bruders gewesen?“ Fiedler: „Nicht dass ich mich erinnern könnte.“ Götzl sagt, man habe Ri. gehört, und der habe angegeben, dass er die Drei mal in der Wohnung Gunter Fiedlers gesehen hätte. Fiedler: „Wenn das der Herr Ri. so sagt, dann war das vielleicht so.“ Es sei eine kleine Wohnung gewesen, sie hätten sicherlich immer mal Besuch gehabt, aber wer da wann wie genau da war, könne er nicht sagen: „Wenn Ri. das sagt, dann wird das so sein, dann schulde ich das meiner Erinnerung.“ Dann fragt NK-Vertreterin RAin Basay, ob Fiedler im August 1998 einen PKW gehabt habe. Fiedler: „Ja.“ Basay: „Haben Sie das mal Herrn Bu. zur Verfügung gestellt?“ Fiedler: „Nicht dass ich mich erinnern kann.“ Vorhalt aus einer TKÜ, SMS zwischen Bu. und Starke vom 07.08.1998: Bu.: Nur heute Abend hol ich Armins Auto wegen morgen. – Starke: Wo bekommst du eine Wohnung – Bu.: Nicht am Telefon. Auf Frage, ob ihm das was sage, antwortet Fiedler: „Nicht dass ich mich erinnern kann.“ Vorhalt aus einer Vernehmung von Bu.: Die beiden Uwes haben mir mal gesagt, dass sie auch der Armin immer mal in der neuen Wohnung nach mir im Heckertgebiet besucht hat; seitdem die Drei in Zwickau gewohnt haben, weiß ich von keinem Besuch mehr. Basay: „Kommt Ihnen da eine Erinnerung, dass Sie danach auch Kontakt hatten?“ Fiedler: „Kann ich so nicht sagen, das ist 17 Jahre her.“ Auch auf erneuten Vorhalt der selben Stelle sagt Fiedler, dass ihm das nichts sage.
RA Narin: „Zur Situation in der Wohnung mit den Dreien: Ist Ihnen erinnerlich, ob da eine Playstation stand oder Computerspiele gespielt wurden?“ Fiedler: „Tut mir leid, das ist 17 Jahre her.“ Narin, „Kennen Sie Andreas Graupner?“ Fiedler: „Nicht wissentlich.“ Narin nennt den Spitznamen „Mucke.“ Fiedler sagt, den kenne er, von Partys, vom Sehen her. Narin: „Haben Sie mal Graupner beim Edeka einen Job vermittelt?“ Fiedler: „Kann sogar sein.“ Auf Frage, ob er in Baden-Württemberg bei Partys und Konzerten gewesen sei, in Ludwigsburg, Heilbronn, sagt Fiedler: „Ich war viel im Land und im Ausland unterwegs, aber daran kann ich mich nicht erinnern.“ Fr. habe er „aus den Kreisen eben“ gekannt, man habe sich getroffen, Bier getrunken, es sei kein enger Freund gewesen: „Man hat halt Umgang gepflegt.“ Stefan Apel kenne er nicht unter dem Namen, so Fiedler auf Frage. Narin hält vor, dass Fiedler laut Akten auf einer kleinen Feier gewesen sein solle mit u. a. Fr., Tschirner und Stefan Apel, der aus Jena stammen solle. Fiedler: „Wann war das?“ Narin sagt, das solle am 18.05.1997 in der Kleingartenanlage Waldesrauschen in Einsiedel gewesen sein. Fiedler: „Ich kenne Einsiedel bei Chemnitz, wird sicherlich so gewesen sein. 1997 war jedes Wochenende eine Feier mit verschiedenen Leuten. Das heißt nicht, dass ich jeden gleich kannte.“
RA Prosotowitz fragt: „Wenn Sie hingefahren sind, haben Sie gewusst, ob die da sind?“ Fiedler. „Ich habe es einfach versucht, einfach versucht und geklingelt.“ Prosotowitz: „Gab es auch eine Situation, wo die nicht da waren?“ Fiedler. „Tut mir leid, das weiß ich nicht mehr.“ Prosotowitz: „Hat Ihr Bruder von der Vernehmung gestern berichtet?“ Fiedler: „Ich habe mich mit meinem Bruder unterhalten, wie der Ablauf war.“ Prosotowitz: „Auch inhaltlich?“ Fiedler: „Wir sind nicht ins Detail gegangen, wir haben uns unterhalten, wie der Ablauf ist.“
RAin v. d. Behrens fragt, ob Fiedler mal mit Bu. über die Drei gesprochen habe. Fiedler: „Weiß ich nicht mehr. Ich glaube, man hat mal geredet. Kann mich aber nicht entsinnen. Das ist 17 Jahre her.“ Vorhalt aus einer Vernehmung von Bu.: Ich bin mir aber sicher, dass ich mit Armin Fiedler direkt drüber gesprochen habe, dass sich das Trio in meiner Wohnung versteckt. Fiedler: „Wenn er das so gesagt hat, wird es so gewesen sein. Ich kann mich nicht erinnern.“ V. d. Behrens: „Können Sie sich erinnern, wie oft Sie die Drei besucht haben, bevor Ihr Bruder nach der Passunterstützung gefragt wurde?“ Fiedler. „Weiß ich nicht mehr, tut mir leid. “ V. d. Behrens: „Sie haben vorhin gesagt, dass diese Gespräche 20, 30 Minuten gedauert hätten. Das ist ja eine präzise Angabe.“ Fiedler sagt, sie seien dort zu Besuch gewesen, es könnten auch 40 Minuten gewesen sein oder nur 10: „Wir waren eine Zeit lang dort.“ V. d. Behrens fragt, wie weit der Edeka auf dem Kaßberg von der Wohnung entfernt gewesen sei. Der Kaßberg sei nicht groß, so Fiedler, das sei alles in einer Viertelstunde erreicht. Auf Frage, ob Fiedler mal von der Arbeit zur Wohnung gegangen sei, sagt Fiedler, das wisse er nicht. Er bejaht, dass die Limbacher Straße auf dem Kaßberg liegt. V. d. Behrens: „Kommt Ihnen eine Erinnerung, dass die Wohnung, wo die Drei wohnten, dort war?“ Fiedler sagt, es könne sein, er gehe davon aus. Auf Nachfrage sagt er, er wisse, dass die Wohnung auf dem Kaßberg war. „Und Limbacher Straße, das wird so gewesen sein, ja.“
V. d. Behrens fragt, ob D. mal in 88er-Kreisen verkehrt sei. Das wisse er nicht, sagt Fiedler. Er verneint, den dort mal getroffen zu haben. V. d. Behrens fragt, ob sich Fiedler erinnere, ob er am 01.05.1998 auf einer Demonstration in Leipzig beim Völkerschlachtdenkmal war. Er verneint, eine Erinnerung zu haben, er sei auf vielen Demonstrationen und Konzerten gewesen, da könne er sich nicht mehr an einzelne Veranstaltungen erinnern. V. d. Behrens sagt, sie wolle aus der Vernehmung von Bu. vorhalten. Fiedler: „Dass ich auf der Demonstration war am 1 Mai. Dann wird’s so gewesen sein .“ V. d. Behrens: „Sie ahnen den Teil.“ Sie macht den Vorhalt, Fiedler bestätigt. Auf Frage, ob er mal mit André Eminger auf einer anderen Demo gewesen sei, sagt er, das sei auch möglich: „Wenn ich mit Gruppen von 20 Mann fahre, dann muss ich nicht jeden kennen. Das könnte so ein Moment sein, wo ich ihn gesehen habe.“ V. d. Behrens: „Sie hatten nur von Konzerten und Partys gesprochen. Andere Frage: Wie eng war der Kontakt Mandy Strucks zu André Eminger?“
Vorhalt aus einer Vernehmung Strucks: Frage: Welche Kontaktpersonen aus der Zeit 1998 bis 2000 des Eminger sind Ihnen bekannt? – Antwort: Hundertprozentig der Max Florian Bu. und die Fiedler-Brüder. V. d. Behrens: „Sie benennt Sie und Ihren Bruder an zweiter Stelle als Kontaktperson für André Eminger. War Ihr Kontakt doch enger zu Herrn Eminger?“ Fiedler: „Was verstehen Sie unter engem Kontakt?“ V. d. Behrens sagt, Fiedler habe angegeben, Eminger vom Sehen her zu kennen, das sei für sie, v. d. Behrens, kein enger Kontakt: „Und Frau Struck nennt als Kontaktpersonen Sie und Ihren Bruder.“ Fiedler: „Mir fällt kein Kontakt mehr ein außer Konzerte und Feiern. Kann ich Ihnen nicht bestätigen, tut mir leid.“ Er wisse nicht ob sie damals Telefonnummern ausgetauscht hätten. V. d. Behrens: „Kennen Sie Matthias Dienelt?“ Fiedler: „Nein.“ V. d. Behrens sagt, bei der Frage habe Fiedler in seiner polizeilichen Vernehmung vom Auskunftsverweigerungsrecht Gebrauch gemacht: „Was war der Hintergrund?“ Fiedler: „Kann ich Ihnen leider nicht mehr sagen, aber mein Anwalt hat bei vielen Fragen gesagt, dass er von diesem Recht Gebrauch macht.“ V. d. Behrens: „Das heißt, das haben nicht Sie entschieden?“ Fiedler: „Ja, wenn mein Anwalt sagt.“ [phon.]
Er bejaht, dass seine Frau eine Zeit lang in Zwickau gewohnt habe. Er glaube, von 1997 bis 1999. Das sei gewesen, bevor er sie gekannt habe. Kennengelernt habe er sie 2001. V. d. Behrens: „Waren Sie außer zu dem Umzug noch in Zwickau? Sie nicken, ist das ein Ja?“ Fiedler: „Ich bin mir sicher, dass ich sie mindestens einmal dort besucht habe.“ V. d. Behrens: „Hatten Sie Kontakt zu Personen aus der rechten Szene in Zwickau?“ Fiedler: „Ich? Nicht dass ich wüsste.“ V. d. Behrens: „Sind Sie mal vom Verfassungsschutz angesprochen worden?“ Fiedler: „Ich glaube ja. Oder ja, bin ich, ja.“ Wann das war, wisse er leider nicht mehr. V. d. Behrens: „Was war der Inhalt der Gespräche mit dem Verfassungsschutz?“ Fiedler: „Mich hat jemand angesprochen, ob er mal mit mir Essen gehen könnte. Das war der einzigste Kontakt.“ V. d. Behrens: „Woher wissen Sie, dass er vom Verfassungsschutz war?“ Fiedler. „Weil er es gesagt hat, dass er vom Verfassungsschutz ist, von der Polizei.“ V. d. Behrens: „Polizei oder Verfassungsschutz?“ Fiedler: „Weiß ich nicht mehr.“ Zur Frage, ob sein Bruder auch angesprochen worden sei, sagt er: „Nicht dass ich wüsste.“ V. d. Behrens fragt, ob Fiedler noch wisse, ob er 1998, 2000, 2001 SMS unterschrieben habe. Fiedler: „Weiß ich nicht mehr.“ V. d. Behrens: „Haben Sie die Abkürzung ‚GK2‘ [phon.] benutzt?“ Fiedler. „Weiß ich nicht.“ Er wisse nicht wirklich, welche Telefonnummer er damals benutzt habe, 1998. V. d. Behrens hält eine Nummer vor und Fiedler sagt: „Die kenne ich, die war meine.“
RAin Kaniuka: „Was war der Grund für die Besuche bei den Dreien?“ Fiedler: „Einfach um sie zu besuchen, zu quatschen, um ein bisschen für Kurzweiligkeit zu sorgen. Vielleicht Anstandsbesuche, dass man sagt, man lässt sich mal wieder blicken.“ Kaniuka: „Was hat Sie dazu veranlasst, zu denken, dass die auf Kurzweil angewiesen sind?“ Fiedler. „Dass die Drei immer in der Wohnung sind und froh sind, wenn sie mal jemand anders sehen.“ Kaniuka: „Wessen Idee waren die Besuche?“ Fiedler. „Weiß ich nicht mehr.“ Auf Frage, ob er immer mit seinem Bruder da gewesen sei, sagt er; „Ich weiß es nicht mehr.“ Kaniuka: „War ihr Bruder auch alleine da?“ Fiedler: „Weiß ich nicht mehr, tut mir leid.“ Kaniuka: „Haben Sie mal was mitgebracht?“ Fiedler: „Weiß ich nicht, glaub ich nicht.“ RA Reinecke: „Als es um die Rückgabe des Passes ging, was ist da von den Dreien gesagt worden?“ Nach kurzem Schweigen sagt Fiedler: „Ich weiß es nicht mehr, tut mir leid.“ Reinecke: „Ist darüber gesprochen worden ob die Drei jetzt nicht ins Ausland gehen wollen?“ Fiedler: „Tut mir leid, ich weiß es nicht mehr.“ Der Zeuge wird entlassen. V. d. Behrens behält sich eine Erklärung vor.
Hier endet die Vernehmung der Zeug_innen an diesem Tag. Nach einer Pause bis 15:29 Uhr werden die angekündigten Beweisanträge der NK Yozgat verlesen. Diese und die anschließende Diskussion dokumentieren wir hier.
Der Blog NSU-Nebenklage kommentiert:
„Wie auch Schultze selbst, versuchte die Zeugin den Eindruck zu erwecken, sie selbst und auch Schultze hätten damals gar keine politische Meinung gehabt, sondern seien nur wegen persönlicher Probleme in die Szene geraten.
Ihre Aussage war offensichtlich genau so extrem gefärbt wie die Selbstdarstellung Schultzes: Sicher stimmt es, wie die Zeugin sagte, dass Wohlleben und Kapke die führende Rolle in der Nazi-Szene Jenas spielten. Dass deswegen alle anderen reine MitläuferInnen ohne eigene Meinung gewesen seien, mag vielleicht für sie selbst gelten, die im Alter von 12 oder 13 Jahren in die Szene kam. Es ist aber offensichtlich Blödsinn, wenn es um Carsten Schultze geht, der eine führende Rolle in der JN hatte und der in der Unterstützung der Drei nicht ohne Gründe als die „rechte Hand“ Wohllebens diente.“
http://www.nsu-nebenklage.de/blog/2015/02/26/26-02-2015/