An diesem Verhandlungstag wird zunächst die Befragung zur Tatortarbeit in der Keupstraße fortgesetzt. Der Beamte beschreibt Asservate und anhand seiner Rekonstruktion der Bombe wird deutlich, welcher Vernichtungswille hinter dieser Tat stand. Im Anschluss daran ist erneut der Zeuge Carsten Szczepanski geladen. Die Verterter_innen der Nebenklage befragen ihn ausführlich, jedoch gibt der Zeuge meist an, sich an nichts erinnern zu können. Gleichzeitig bleibt er dabei, dem LfV Brandenburg immer wahrheitsgemäß berichtet zu haben.
Zeugen:
- Martin Wa. (LKA NRW, Tatortarbeit beim Bombenanschlag in der Kölner Keupstraße)
- Carsten Szczepanski (V-Mann „Piatto“, Erkenntnisse zu Zschäpe, Mundlos, Böhnhardt und B&H Sachsen)
Der Verhandlungstag beginnt um 9:45 Uhr. Als Nebenkläger ist ein Bruder des am 25. Februar 2004 in Rostock ermordeten Mehmet Turgut anwesend. Zuerst wird die am gestrigen 173. Verhandlungstag unterbrochene Einvernahme des Zeugen Wa. fortgesetzt. Richter Götzl sagt, man sei bei der Erörterung der Lichtbilder stehengeblieben und setze mit der nächsten Mappe fort. Wa. geht nach vorn und es werden zunächst Lichtbilder mit Asservaten aus verschiedenen Spurenbereichen in Augenschein genommen, die Wa. jeweils kommentiert [Zahlen und Maße phon.]. Wie am Vortag ist das zunächst eine Aufzuhlung von Asservaten, die in der Vernehmung von Sp. schon geannt wurde. Zu sehen sind u.a. stark defomierte Stahlplatten, Stahlnägel und Kunststoffsplitter.
Dann geh es um Asservate aus dem Körper eines Geschädigten. Dem Geschädigten seien acht Nägel entfernt worden, ein schwarzes Kunststoffteil und ein Metallteil. In der nächsten Lichtbildmappe finde sich, so Wa., quasi die Essenz ihrer zweitägigen Tatortarbeit. Sie würden ja die rein objektive Tatortarbeit machen, keine Zeugenvernehmungen, würden nur Schlüsse aus dem ziehen, was sie vor Ort finden würden. Zu sehen sind auf den Bildern Asservate und entsprechende Vergleichsgegenstände. Bei der Gasflasche habe man aufgrund der Vielzahl von Stahlsplittern zurückverfolgen können, dass es eine Butangasflasche mit 26 cm Höhe und 20,5 cm Durchmesser gewesen sei. Zum Bild des Vergleichsgegenstandes sagt Wa., dass man bei Füllung der Flasche in Gänze ca. 5,5 kg Schwarzpulver habe. Auf dem nächsten Bild sehe man Überreste eines Servos der Firma Graupner, dieser sei einwandfrei identifiziert. Man könne davon ausgehen, dass zumindest zwei Servos verwendet worden seien, denn man habe das Ganze doppelt. Dann habe man hier die Reste eines Batteriepacks und den Vergleichsgegenstand mit Originalverpackung. Das sei einwandfrei zuzuordnen.
Dann geht es im weitere Asservate und erneut um die Rekonstruktion des Fahrrads. Die Einzelteile sind dabei zusammengefasst: eine ATC Mikro Empfängerplatine, eine Fahrradgepäcktasche der Marke Umarex gewesen, ein Hartschalenkoffer der Firma Kappa [phon.], das Fahrrad der Marke Zeiko [phon.] im Original mit Einbeinständer, alles sei Massenware. Man wisse ja, dass ein Zweibeinständer verwendet worden sei. Auf dem nächsten Bild sehe man das äußere Erscheinungsbild des Fahrrads, wie sie es rekonstruiert hätten, auf dem Gepäckträger der Hartschalenkoffer und an der Seite die Tasche. Die Campinggasflasche sei in den Hartschalenkoffer eingebracht gewesen, entweder hochkant oder auch liegend, die Maße würden dafür ausreichen, dann Watte und Nägel. Auslösendes Moment sei der Rest der Fahrradglühbirne [phon.] gewesen, gezündet durch den Strom der Batterie. Das führe unmittelbar zur Umsetzung des Schwarzpulvers. Schwarzpulver zünde unter Entwicklung eines relativ hohen Gasvolumens. Eingeschlossen in die Gaskartusche baue sich ein enormer Druck auf, der die Teile zerreiße und verdrehe, die Nägel in alle Richtungen wegschleudere.
Irgendwer habe an der Fernbedienung die Servos bedient, die den Stromkreis geschlossen hätten. Sie würden davon ausgehen, dass diese elektronische Zündvorrichtung in der Tasche beheimatet gewesen sei. Irgendwo müsse der Schalter gewesen sein, der als Transportsicherung gedient habe. Wa. beginnt auszuführen, dass es sonst theoretisch z. B. durch Handys zu Frequenzübersprüngen [phon.] kommen könne, wird aber durch Zschäpe-Verteidiger RA Heer unterbrochen. Es folgt eine Auseinandersetzung zwischen Götzl, Heer und Zschäpe-Verteidiger RA Stahl um die Frage, ob es sich bei den Angaben des Zeugen um SV-Ausführungen handelt. Götzl weist Wa. darauf hin, dass es um die Rekonstruktionen gehe, die damals erfolgt seien. Wa. sagt, das sei alles, was sie hätten rekonstruieren können. Götzl fragt, ob Wa. die Tatortskizze bekannt sei, die man beim Zeuge Schä. (173. Verhandlungstag) gesehen habe. Wa. sagt, er habe die damals gesehen. Auf Frage sagt er, die Spurenbereiche seien dort eingetragen, ob die Maße eingetragen seien, dazu könne er keine Auskunft geben.
SV Dr. Mölle fragt, in welcher Entfernung die linke Seite des Mercedes-Transporters gewesen sei, wo die Nägeleinschläge zu sehen gewesen seien. Das müsse er schätzen, so Wa., er würde sagen, so um die 8 m. Wa. verneint, die Sitzbänke im den Wartebereichen des Frisörladens ausgemessen zu haben, das seien ca. 150 bis 200 cm gewesen. Mölle sagt, bei zwei Asservaten finde sich keine Größeneinschätzung. Wa. geht wieder nach vorn, um die Bilder der Asservate in Augenschein zu nehmen und schätzt die Größen der beiden Teile auf ca. 20. bzw. ca. 25 bis 30 cm ein. Er nimmt wieder Platz. Mölle fragt nach dem Gewicht eines einzelnen Nagels. Gewogen hätten sie die nicht, so Wa., er schätze, dass die so um die 10 g wiegen würden. Wie weit die Funkfernsteuerung reiche, sei abhängig von den Gegebenheiten, so Wa. auf Frage. Die Maximalweite sei theoretisch 1.000 m. Dann spricht Wa. von bis zu 100 m, näher gehe natürlich immer.
NK-Vertreter RA Schön fragt, ob die Löcher für den Zweibeinständer vorgefertigt gewesen seien. Das könne er nicht sagen, so Wa., aber normalerweise müssten die vorgefertigt sein, könne man das so kaufen, dass es reinpasst. RA Kuhn fragt, bis zu welcher maximalen Entfernung vom Sprengzentrum Nägel aufgefunden worden seien. Das könne er aus dem Kopf nicht mehr sagen, so Wa. Eine NK-Vertreterin fragt, ob die Bombe nach Wa.s Erfahrungen so hoch gegangen sei, wie es zu erwarten wäre. Wohlleben-Verteidiger RA Klemke beanstandet, der Zeuge solle zur Spekulation veranlasst werden und sei kein SV. Heer schließt sich an. Die NK-Vertreterin stellt eine andere Frage. Sie möchte wissen, ob von den Ermittlungsbehörden in Köln jemand bei Wa. nachgefragt habe, wie sich der Schaden entwickelt hätte, wenn man das Fahrrad an einem anderen Ort platziert hätte. Derartige Fragen seien nie gestellt worden, so Wa. Er verneint die Frage, ob er gefragt worden sei, ob es mglw. anders ausgesehen hätte, wenn das Fahrrad mehr zum Eingang des Frisörsalons gestellt worden wäre. Auf die Frage, ob er wisse, dass man den Inhaber des Salons beschuldigt habe, sagt Wa., er wisse es aus der Presse. Aber ihre Arbeit sei abgeschlossen gewesen, sie hätten nichts mehr damit zu tun gehabt. Der Zeuge wird entlassen.
NK-Vertreter RA Hoffmann gibt eine Erklärung ab. Man habe einen Zeugen gehört, der die sehr penible Arbeit am Tatort geschildert habe, man habe sehr eindrucksvolle Bilder gesehen. Es sei klar: Die Art der Konstruktion, die Verwendung des Schwarzpulvers in der Gasflasche mit den Nägeln sei geeignet gewesen, maximalen Personenschaden hervorzurufen. Aus dem Ablauf, dem Abstellen vor dem Geschäft an einem Sommernachmittag, und aus der Konstruktion der Bombe spreche eindeutig ein Vernichtungs- und Tötungswille gegen so viele Menschen, wie man habe erreichen können. Und der habe sich eindeutig gegen alle Menschen gerichtet, die dort gewohnt haben und die dort zu Besuch waren. Aus der Konstruktion sei klar, dass hier Tötungsabsicht und Vernichtungswille vorhanden gewesen seien, die sich nur aus einem überbordenden Rassismus und einem Hass auf alle als fremd empfundenen Menschen ableiten ließen.
Es folgt eine Pause. Um 11:08 Uhr geht es weiter mit der Fortsetzung der Einvernahme von Carsten Szczepanski (167. Verhandlungstag). Szczepanski hat wieder seinen Zeugenbeistand RAin Lange dabei und ist wieder verkleidet. Götzl sagt, man sei bei den Fragen der Verteidigung stehengeblieben. Von Verteidigung oder Angeklagten gibt es keine Fragen, daher geht das Fragerecht an die NK. RA Hoffmann sagt, dass Szczepanski ganz am Anfang seiner Tätigkeit beim „Ku Klux Klan“ [im Folgenden: KKK]gewesen sei. Dazu sagt Szczepanski, dass das Verfahren damals eingestellt worden sei, weil festgestellt worden sei, dass das keine Organisation in dem Sinne gewesen sei. Er habe zum „Sympathisantenumfeld“ gehört. Hoffmann fragt nach dem ideologischen Kern. Das unterscheide sich nicht von der Ideologie in den USA, so Szczepanski, es gehe um die „Vorherrschaft der weißen Rasse“. Hoffmann möchte wissen, was Szczepanski damals daraus abgeleitet habe, für den Umgang mit Nichtdeutschen. Szczepanski: „Naja, es war für mich persönlich damals so, dass ich halt mein persönliches Umfeld halt danach ausgesucht habe.“ Hoffmann: „Sollten Nichtdeutsche vertrieben werden?“ Szczepanski: „Der Ansicht war ich damals, ja.“ Hoffmann fragt, ob die Kreuzverbrennungen Angst bei Nichtdeutschen verbreiten sollten. Szczepanski: „Davon kann man ausgehen, ja.“
Szczepanski verneint, damals einen Stefan Silar aus Buxtehude gekannt zu haben. Der habe später in Tostedt in einer Kneipe einen Kapitän totgeschlagen, ob da eine Erinnerung komme, fragt Hoffmann. Das verneint Szczepanski. Der sei später B&H-Mitglied in der Umgebung von Hamburg gewesen, so Hoffmann. Szczepanski: „Nein, wie gesagt, der Name ist mir so nicht in Erinnerung.“ Hoffmann fragt, welche Relevanz denn die KKK-Ideen später in der politischen Szene gehabt hätten, in der Szczepanski aktiv gewesen sei. Das Sympathisieren mit dem KKK sei relativ schnell vorbei gewesen, so Szczepanski. Hoffmann: „Und so ein aggressiver Rassismus, mit dem man Nichtdeutschen Angst machen wollte?“ Szczepanski sagt, das habe ihn begleitet, seitdem er in der rechten Szene gewesen sei. Hoffmann fragt, ob das später auch geblieben sei. Szczepanski: „Bis zu meinem Ausstieg und zu der Zeit, wo ich mich mit meiner Vergangenheit auseinandergesetzt habe ja.“
Er bejaht, das Magazin „Feuerkreuz“ herausgegeben zu haben. Es habe davon zwei Ausgaben gegeben. Auf Frage, wie das finanziert worden sei, sagt Szczepanski, es sei privat finanziert worden. Hoffmann fragt nach der Auflage. Das seien, soweit er sich erinnere, 20, 30 Exemplare gewesen, so Szczepanski. Er bejaht, später über Jahre ein weiteres Fanzine herausgegeben zu habe, das „United Skins“. Das habe nach der Wende angefangen, als er nach Königs Wusterhausen [im Folgenden: KW]gezogen sei. Das Jahr könne er nicht mehr mit Bestimmtheit sagen. Hoffmann fragt, ob Szczepanski das allein gemacht habe. Das verneint Szczepanski. Es seien ihm viele Interviews und Konzertberichte zugeschickt worden. Es sei eine Gemeinschaftsarbeit gewesen. Hoffmann fragt, ob jemand Szczepanski beim Zusammenstellen und beim Vertrieb geholfen habe. Das seien verschiedene Leute gewesen damals, sagt Szczepanski. Das seien Mitglieder damaligen Szene in KW gewesen: „Aber wer wie im Einzelnen geholfen hat?“ Hoffmann: „Wollen Sie nicht sagen?“ Szczepanski: „Kann ich nicht sagen.“
Hoffmann fragt nach Bezügen zu B&H in England und Deutschland. Er habe Leute aus dem B&H-Umfeld gekannt, so Szczepanski. Mit dem „United Skins“ sei es so gewesen, dass es damals „fraktionsneutral“ gewesen sei, es habe auch Berichte von Konzerten der Hammerskins gegeben. Hoffmann: „Gab es da am Anfang schon die Spaltung?“ Szczepanski: „Soweit ich mich erinnere, gab es die schon immer.“ Hoffmann fragt, ob es direkte Verbindungen von Szczepanski nach England zu B&H gegeben habe. Szczepanski: „Ja.“ Hoffmann fragt, ab wann es die Kontakte zu B&H in Deutschland gegeben habe. Szczepanski: „Kann ich von der Jahreszahl jetzt auch nicht mehr sagen.“ Die ersten seien damals in Berlin gewesen, so Szczepanski auf Frage. Da habe es jemanden gegeben namens „Pinocchio“, der sei dann später auch Chef der Berliner Fraktion gewesen. Hoffmann fragt, wie Szczepanski das „United Skins“ während der U-Haft herausgegeben habe. Da habe er das gar nicht herausgegeben, so Szczepanski. Das sei „dieser Mythos“, dass das letzte Heft angeblich in der Gefängnisdruckerei gedruckt worden sei. Hoffmann fragt, ob Szczepanski während der gesamten Haftzeit kein „United Skins“ herausgegeben habe oder nur in der U-Haft. Das letzte Heft, wo er sich erinnere, sei zur Hälfte von ihm und anderen Personen in- und außerhalb der Haft zusammengestellt worden [phon.].
Auf die Frage, ob nach 1994 seine Freundin Christiane dort mitgewirkt habe, sagt Szczepanski, das könne er jetzt so nicht mehr sagen. Hoffmann zitiert aus dem Bundestags-UA eine Rezension aus dem Fanzine „Wehrpass“ über das „United Skins“ Nummer 8, derzufolge, es schon an „Zauberei“ grenze, „was der Carsten dort hinter Gittern vollbracht“ habe. Szczepanski: „Ja.“ Hoffmann: „Haben Sie dieses Heft ‚United Skins‘ 8 hinter Gittern fertiggestellt in der JVA Brandenburg?“ Szczepanski: „Nein.“ Hoffmann: „Sondern?“ Szczepanski: „Außerhalb.“ Hoffmann fragt, wie das geschehen sei, wann Szczepanski das gemacht habe. Szczepanski: „In meiner Freizeit, die ich halt nicht in der JVA saß.“ Hoffmann fragt, ob der VS davon gewusst habe. Szczepanski: „Ja.“ Die Frage, ob der VS das inhaltlich gesehen habe, bejaht Szczepanski. Auf Frage sagt Szczepanski, der VS habe es gesehen, bevor er, Szczepanski, es versendet habe. Hoffmann fragt, ob der VS das inhaltlich mitbestimmt habe. Szczepanski: „Nein, das würde ich nicht sagen, nein.“ Hoffmann fragt, ob Artikel inhaltlich diskutiert worden seien im Sinne von Szczepanskis Auftrag. Er habe die Interviews und Berichte selbstverständlich vorgelegt, sagt Szczepanski.
Er bejaht, die Zeitschrift „Weißer Wolf“ zu kennen. Hoffmann hält vor, dass Szczepanski in einem Artikel von „Zeit Online“ unter dem Titel „Ministerium verharmlost rechte Propaganda aus dem Knast“ unterstellt werde, dass er den „Weißen Wolf“ hergestellt habe: „Stimmt das?“ Szczepanski: „Nein, das stimmt nicht.“ Das sei ein Maik Fischer gewesen. Er bejaht, den gekannt zu haben, aus der Szene in KW. Hoffmann: „Nicht aus dem Gefängnis?“ Er habe den im Gefängnis quasi wiedergesehen, so Szczepanski. Hoffmann fragt, ob Szczepanski etwas mit dem „Weißen Wolf“ zu tun gehabt habe. Szczepanski: „Nee, das war komplett getrennt.“ Auf die Frage, ob er mit Fischer in anderer Form zusammengearbeitet habe, sagt Szczepanski, man hab sich halt gesehen in der JVA. Sie seien in zwei verschiedenen Hafthäusern gewesen. Danach in KW habe er den wiedergesehen, man habe Veranstaltungen gemeinsam besucht. Es gebe im „United Skins“ ein Interview mit Fischer, so Hoffmann. Er fragt, ob es eine inhaltliche Zusammenarbeit insofern gegeben habe, dass man die Arbeit des Anderen habe bewerben wollen. Das bejaht Szczepanski. Hoffmann fragt, inwiefern die Arbeit des „United Skins“ und des „Weißen Wolf“identisch oder übereinstimmend gewesen sei. Übereinstimmend insofern, dass beide Magazine zur rechten Szene gehört hätten, antwortete Szczepanski. Die Unterschiede seien gewesen, dass der „Weiße Wolf“ ein so genanntes Politmagazin gewesen sei und sein Magazin auch „Fußball- und Musikgeschichten“ beinhaltet habe.
Hoffmann: „Wissen Sie von Kontakten Fischers nach Chemnitz oder Thüringen?“ Das wisse er nicht mehr, so Szczepanski. Er bejaht, Sylvia Endres zu kennen, die sei damals Mitarbeiterin oder Betreuerin der HNG [Hilfsgemeinschaft für nationale politische Gefangene; verbotene neonazistische Organisation] gewesen. Auf Frage sagt Szczepanski, die habe ihn betreut, ihn auch zweimal besucht und die sei dann später mit Fischer liiert gewesen. Auf Frage, ob er viel persönlich mit der zu tun gehabt habe, sagt Szczepanski, dass er „viel“ nicht sagen würde. Eine Gruppe namens „Nationalpolitisches Forum“ sage ihm nichts, so Szczepanski. Eine Cathleen F. [phon.] sage ihm vom Namen jetzt gar nichts. Er verneint, die Schwester von Fischer zu kennen. Hoffmann fragt, ob sich Szczepanski erinnere, dass im „United Skins“ eine Diskussion um Kay Diesner [Neonazi, ermordete 1997 einen Polizisten und verletzte einen Buchhändler sowie einen weiteren Polizisten schwer] geführt worden sei. Er könne sich erinnern, dass mal ein Artikel veröffentlicht worden sei und dass es im Nachhinein Diskussionen zu der Person Diesner gegeben habe, so Szczepanski. Hoffmann hält aus einem Artikel unter dem Titel „Kay Diesner – Kriegsgefangener des Systems“ vor, der behauptet, „Kamerad Diesner“ habe sich „eindeutig in einer Notwehrsituation“ befunden, als er den „Systemschergen“ bei der Routinekontrolle gegenüber gestanden habe. Hoffmann fragt, ob Szczepanski eine Erinnerung komme und bittet um eine Inaugenscheinnahme des Artikels. Götzl sagt, Hoffmann habe jetzt einen Vorhalt gemacht, wenn könne er später Lichtbilder vorlegen. Hoffmann sagt, er ziehe den Vorhalt zurück, und bittet darum, dem Zeugen den Artikel vorzulegen. Heer sagt, Hoffmann müsse das vorab vorlegen. Es folgt eine Pause zum Kopieren bis 11:47 Uhr.
Danach nimmt Szczepanski den Artikel in Augenschein. Auf dem Blatt ist unten ein Foto zu sehen mit dem Spruch „Justice for the POWs“ [POW = Prisoner of War, Kriegsgefangener]. Szczepanski verneint, sich zu erinnern. Auf Frage, ob er sich an das Titelblatt der Ausgabe erinnere, sagt Szczepanski: „Auch nicht mehr, nein.“ Hoffmann: „Erinnern Sie sich daran, dass sie einmal einen Artikel zum Thema Diesner geschrieben haben?“ Szczepanski: „Nein.“ Hoffmann fragt, ob Szczepanski Erinnerungen habe, dass es in der ihn umgebenden politischen Szene Diskussionen über Kay Diesner gab. Szczepanski: „Die gab es in der Tat, ja.“ Es sei, vereinfacht gesagt, diskutiert worden, ob Diesner durchgeknallt und verrückt sei, oder ob das, was er getan hat, ein Vorbild für andere sein könne. Auf Frage, was er im „United Skins“ vertreten habe, sagt Szczepanski: „Die Position des Magazins war auch da eigentlich neutral.“ Hoffmann hält aus einem Artikel aus dem United Skins, Heft 11, S.10 vor: „Er schnappte sich seine Selbstladeschrotflinte (was man heutzutage in Berlin hinsichtlich der schwerstbewaffneten Ausländer schon allein zum Eigenschutz leider braucht) und marschierte damit einige Tage später in ein benachbartes Kommunistengebäude, in dem auch der Jude Gysi ein Büro hat. Leider traf er nur einen alten kommunistischen Buchhändler an und erleichterte ihn mit seiner Flinte um die linke Hand und einen Finger der anderen. (Frage: „Was hat dieser Kommunist mit Klopapier gemeinsam?“ – Antwort: „Bei beiden ist die Hand am A… I“).“ Hoffmann sagt, das klinge für ihn eher nach Bewunderung. Szczepanski sagt, er könne nicht mehr sagen, wer den Artikel damals verfasst habe.
Hoffmann fragt, ob andere Gruppen, Parteien diese Diskussionen aufgegriffen hätten. Er könne sich erinnern, dass die Diskussion übergreifend gewesen sei, so Szczepanski, jeder habe eine Meinung gehabt. Hoffmann fragt, welche Meinung Szczepanskis Freunde in Chemnitz gehabt hätten. Szczepanski: „Das kann ich Ihnen heute leider nicht mehr sagen.“ Hoffmann fragt nach der Diskussion in der NPD. Auch in der NPD habe es gemäßigte Mitglieder gegeben und Mitglieder, die das als Vorbild gesehen hätten, sagt Szczepanski. Hoffmann fragt nach „Hamburger Sturm“. Das sei seiner seiner Erinnerung nach auch ein Printmagazin gewesen, sagt Szczepanski. Hoffmann fragt, ob Szczepanski Kontakt mit Personen von „Hamburger Sturm“ gehabt habe. Er könne sich erinnern, so Szczepanski, dass es damals einen Austausch der Hefte gegeben habe. Hoffmann: „Wie kam der zustande?“ Das wisse er auch nicht mehr, er nehme an, ganz normal, durch die Post, antwortet Szczepanski. Hoffmann sagt, es habe im „Hamburger Sturm“ im Mai 1999 ein Interview „aus dem Untergrund“ gegeben mit „Nationalrevolutionären Zellen“, und fragt, ob Szczepanski das bekannt sei. Szczepanski: „Nee, tut mir leid.“ Die Frage, ob ihm bekannt sei, dass es Gruppen mit der Selbstbezeichnung „Nationalrevolutionäre Zellen“ gab, verneint Szczepanski.
Hoffmann fragt, ob Szczepanski die Personen Nick Greger, Ralf Lu., Uwe Menzel kenne. Szczepanski: „Ja.“ Hoffmann fragt, ob Szczepanski wisse, ob sich die in einer militanten Gruppe zusammengeschlossen hätten zur Durchführung von Anschlägen. Woran er sich erinnere, so Szczepanski, sei, dass diese Personen miteinander Kontakt gehabt hätten. Ob es Verabredungen gab zu einer Organisation, könne er heute leider nicht mehr sagen. Hoffmann sagt, Szczepanski habe angegeben, dass er beim zweiten Arbeitsvertrag mit den Probsts praktisch gar nicht in Chemnitz gewesen sei: „Wie hat sich das verhalten beim ersten Praktikum? Waren Sie da im Laden in Chemnitz?“ Szczepanski sagt, er sei da auch im Laden in Chemnitz gewesen. Hoffmann fragt, ob nur im Laden oder ob Szczepanski da auch Freizeit und Wochenenden verbracht habe. Viel Freizeit sei durch die Inhaftierung sowieso nicht gewesen, sagt Szczepanski. Er habe auch Freizeit in Chemnitz verbracht, aber nicht nur. Die Frage, ob er da Personen aus dem Umfeld Probst kennengelernt habe, bejaht er. Hoffmann sagt, er würde gern Bilder zeigen mit der Frage, ob Szczepanski die kenne.
Es folgt eine Inaugenscheinnahme mehrerer Privatfotos. Auf dem ersten Bild ist ein Skinhead und eine Renee [weiblicher Skinhead]zu sehen, dahinter weitere Personen. Szczepanski: „Wüsste ich nicht, wer das ist.“ Hoffmann nennt den Namen Torsten Schau. Szczepanski: „Sagt mir nichts.“ Dann folgt ein Bild von einem Mann, der Essen von McDonald’s in der Hand hält. Szczepanski: „Das müsste Herr Starke sein.“ Hoffmann sagt, das sei ein Herr Graupner: „Sagt Ihnen das was?“ Szczepanski: „Nein.“ Es folgt ein Foto von einer Gruppe Skins in einem Zimmer. Szczepanski sagt, er erkenne rechts Herrn Probst und im weißen Hemd Jan Werner, aber er könne es nicht mit Bestimmtheit sage. Hoffmann: „Wenn ich sage, das ist ein Herr Lasch, sagt Ihnen das was?“ Szczepanski: „Nein.“ Es folgt ein Foto von zwei Skins und einer Renee. Das sage ihm auch nichts, so Szczepanski. Es folgt ein Bild von Skinheads mit Kampfhunden, ein Bild von einem Mann in weißem Shirt mit einer großen Schrotflinte und ein Bild von Skinheads vor Containern, wovon einer eine Urkunde hochhält. Szczepanski verneint jeweils, die Personen zu kennen.
Auf Frage, ob er B&H-Verantwortliche aus Thüringen kennengelernt habe, sagt Szczepanski, da könne er heute nichts mehr zu sagen. Hoffmann nennt Marcel Degner, aber Szczepanski verneint. Hoffmann fragt, ob sich Szczepanski erinnere, wie groß die Sektion in Thüringen gewesen sei. Szczepanski: „Nein, kann ich nichts zu sagen.“ Er verneint, dass ihm die Untergruppe „White Youth“ etwas sage. Hoffmann: „Mike Bär sagt Ihnen dann auch nichts?“ Szczepanski: „Nein.“ Hoffmann fragt nach Michael See. Szczepanski: „Sagt mir vom Namen jetzt auch nichts.“ Hoffmann sagt, er müsse aus der Erinnerung vorhalten, dass in „United Skins“ Nummer 8 die „FNS/ AV“ gegrüßt würden: „Sagt Ihnen das was?“ Szczepanski verneint das. Auf die Frage, ob er während seiner Tätigkeit in Chemnitz Kontakte zu B&H in Sachsen-Anhalt gehabt habe, sagt Szczepanski, das vermöge er heute auch nicht mehr zu sagen, wer von den Leuten damals nach Sachsen-Anhalt gehört habe. Hoffmann fragt nach Thomas Richter aus Halle. Szczepanski: „Weiß ich heute nicht mehr.“ Hoffmann fragt, ob Szczepanski Kontakte zu B&H in Niedersachsen gehabt habe, insbesondere zu Thorsten Heise. Szczepanski: „Zu Heise gab es sporadischen Kontakt, ja.“ Er könne sich erinnern, dass sie mal bei Heise ein Konzert besucht hätten. Hoffmann: „Bei Heise?“ Er würde sagen, dass das dessen Grundstück gewesen sei, so Szczepanski. Hoffmann fragt, ob es sonst keinen Kontakt gegeben habe. Das sei das, woran er sich erinnere, so Szczepanski. Hoffmann fragt nach Kontakten Heises im Zusammenhang B&H England. Szczepanski: „Weiß ich jetzt so mit Bestimmtheit nicht mehr zu sagen.“
NK-Vertreter RA Kliesing sagt, er wolle damit beginnen, dass er versuche nochmal zu referieren. Götzl unterbricht und sagt, es würden Fragen gestellt, es werde nicht referiert. Kliesing sagt, Szczepanski habe am 03.12.2014 sinngemäß hier gesagt, dass er während der U-Haft in KW und Cottbus sich von rechtem Gedankengut getrennt habe und aus Reue mit dem VS zusammengearbeitet habe. Kliesing fragt, wieso Szczepanski von seiner Reue in den Hauptverhandlungen des AG KW 1994 und in der Schwurgerichtsverhandlung beim LG Frankfurt/Oder 1995 nichts habe erkennen lassen. Götzl sagt, er könne die Frage nicht zulassen. Kliesing versucht die Frage zu erläutern, aber Götzl sagt, Kliesing knüpfe an einen anderen Punkt an. Kliesing sagt, die Hauptverhandlung habe in der U-Haft stattgefunden, da habe Szczepanski von seiner Reue nichts vernehmen lassen. Götzl: „Waren Sie dort?“ Kliesing: „Ja.“ Kliesing möchte einen Satz aus dem Urteil des LG Frankfurt/Oder vorhalten. Götzl sagt, Kliesing solle das Urteil übergeben, damit es abgelichtet werden könne, und das zurückstellen.
Dann fragt Kliesing Szczepanski, ob der in der U-Haft in Cottbus bzw. in KW von Ernst Tag [Neonazi, ehem. „Aktion Sauberes Deutschland“] betreut worden sei. RA Stahl beanstandet. Er könne „beim besten Willen“ nicht erkennen, was das mit der Sache zu tun habe, so Stahl. Der Zeuge wird aus dem Saal geschickt. Der Zeuge, so Kliesing, habe vor sechs Wochen gesagt, er habe sich während der U-Haft von rechtem Gedankengut gelöst. Er, Kliesing, gehe davon aus, dass diese Aussage nicht korrekt sei, dass Szczepanski auch in der Folgezeit durchaus noch rechtsradikalem Gedankengut sehr nahe gestanden habe. Götzl sagt, es gehe aber um die letzte Frage, da müsse Kliesing den Zusammenhang herstellen. Kliesing sagt, es irritiere ihn, dass Götzl der Name Ernst Tag nichts sage, der tauche nämlich im Garagenfund auf. Stahl sagt, ihn interessiere, was die Frage mit den Vorwürfen gegen seine Mandantin und die anderen Angeklagten zu tun hätten. Man rede hier seit geraumer Zeit über die rechte Szene in Ostdeutschland, und dass da jeder jeden gekannt habe, sei kein Geheimnis. RA Klemke schließt sich an. Die Frage sei auch nicht geeignet, die Glaubwürdigkeit der Angaben zu prüfen. Kliesing sagt, er stelle die Frage zurück. Der Zeuge kommt wieder in den Saal. Kliesing sagt, er wolle aus einem Schreiben von Szczepanski von 1994 [phon.] vorhalten. Stahl interveniert erneut. Bereits RA Hoffmann sei darauf hingewiesen worden wie das hier mit Vorhalten laufe. Götzl fragt Kliesing, ob der noch aus weiteren Unterlagen vorhalten wolle. Kliesing spricht von zwei Schreiben. Götzl sagt, man lege die Mittagspause ein.
Um 13:27 Uhr geht es dann zunächst mit Fragen von Hoffmann weiter. Hoffmann sagt, es gehe ihm nochmal um das Thema Kay Diesner. Er fragt, was Diesner denn gemacht habe. Szczepanski: „Ich hätte mich nicht erinnert, wenn es nicht gerade vorgelesen worden wäre.“ Hoffmann sagt, es gehe um den Artikel „Stellungnahme“ aus „United Skins“ 13 [phon.], ob Szczepanski da optisch eine Erinnerung habe. Szczepanski nimmt eine Seite in Augenschein. Unten ist ein Foto zu sehen, auf dem der Schriftzug „Sprengt die Ketten. Freiheit für Kay Diesner“ zu erkennen ist. Hoffmann hält vor, dass dort eine Gruppe „Nationaler Widerstand/ Sozialistische Zelle“ [phon.] eine Stellungnahme abgebe zu „Unstimmigkeiten“ zu einem Kay-Diesner-Transparent bei einer Demonstration für die „Freilassung nationaler politischer Gefangener“ vor der JVA Tegel. Er fragt, ob sich Szczepanski an eine Demonstration erinnere, wo ein solches Transparent gezeigt worden sei. Szczepanski: „Nein.“ Hoffmann fragt, ob sich Szczepanski an Diskussionen in der NPD und der ihn umgebenden Szene über die Parole erinnere. Er erinnere sich an Diskussionen in der Szene über Diesner, so Szczepanski, und dass die Szene sehr zwiespältig gewesen sei. Die Gemäßigten seien gegen Gewaltanwendung gewesen und hätten die damaligen Sachen verurteilt. Die Anderen hätten es anders gesehen und Diesner als Vorbild empfunden.
Hoffmann fragt, welche Gruppierungen diese zweite Position vertreten hätten. Es habe unterschiedliche Meinungen durch die Organisationen hindurch gegeben, sagt Szczepanski. Auf Nachfrage sagt er, dass sei bei NPD und B&H auch so gewesen. Er verneint, sich zu erinnern, ob es in „United Skins“ im Zeitraum der Diskussionen Werbung für die „Turner Diaries“ und andere Werke des gleichen Autors gegeben habe. Es folgt eine Inaugenscheinnahme eines Blattes aus „United Skins“, auf dem Buchcover von „Turner Diaries“ und „Hunter“ [weiterer Roman über Rechtsterrorismus des US-Neonazis William Pierce]zu sehen sind. Hoffmann fragt, ob sich Szczepanski an diese Werbung für die „Turner Diaries“ und drunter „Hunter“ erinnere. Szczepanski: „Ja, das sind die Sachen, die wir letztes Mal hatten, und das sind Buchbesprechungen.“ Hoffmann fragt, ob Szczepanski eine Erinnerung habe, dass er eine Buchbesprechung gemacht habe. Szczepanski verneint das. Auf Nachfrage sagt er, er könne sich erinnern, dass das Buch von vielen damals gelesen worden sei, wer die Besprechung geschrieben habe, könne er nicht mehr sagen.
Hoffmann: „War es bei B&H Sachsen verbreitet?“ Es sei szeneweit verbreitet gewesen, so Szczepanski. Er verneint, sich zu erinnern, ob er mit Probsts darüber gesprochen hat. Hoffmann fragt, ob Szczepanski direkten persönlichen Kontakt zu Mitgliedern von B&H oder „Combat 18“ in England gehabt habe. Das bejaht Szczepanski. Das seien die Brüder Charlie und Steve Sargent gewesen, zu denen habe er Kontakt gehabt. Die Zeit könne er nicht mehr festmachen. Auf Nachfrage sagt er, das sei anfangs Briefkontakt gewesen, später sei es dann auch ein persönlicher Besuch und Telefonkontakt gewesen. Hoffmann fragt, ob Szczepanski dabei Will Browning kennengelernt habe. Szczepanski: „Flüchtig, ja.“ Hoffmann fragt, ob Szczepanski Erkenntnisse erhalten habe, dass die Mitglieder von „Combat 18“ gewesen seien, oder er sie als B&H kennengelernt habe. Bei Browning würde er aus der Erinnerung heraus sagen, so Szczepanski, dass der Mitglied in beiden Organisationen gewesen sei, von den Brüdern wisse er, dass einer bei „Combat 18“ gewesen sei. Hoffmann fragt, ob Szczepanski mitbekommen habe, dass den Brüdern und Browning bzw. „Combat 18“ 1997 die Verwendung von Briefbomben vorgeworfen wurde. Szczepanski: „Ja.“ Es sei um Briefbombenaktionen gegen politische Gegner und innerhalb der eigenen Szene gegangen. Er verneint, zu wissen, wer die Aktionen ausgeführt hat.
Auf Frage, ob er wisse, wer angeklagt gewesen sei, sagt Szczepanski, er glaube, Browning und die beiden Brüder. Er könne nicht mehr sagen, ob darüber in „United Skins“ Ausführungen gemacht wurden. Es folgt eine weitere Inaugenscheinnahme von Seiten aus „United Skins“. Auf Frage, ob da eine Erinnerung komme, sagt Szczepanski: „So jetzt nicht.“ Zu sehen ist eine Seite, auf der eine Grafik mit dem Schriftzug „The Order“ zu erkennen ist. Hoffmann fragt wieder nach einer Erinnerung. Szczepanski sagt, das sehe nach einer Werbeanzeige aus. Die Frage, ob ihm das etwas sage, von wem das stammt, bejaht Szczepanski, das sehe nach einer B&H-Anzeige aus. Hoffmann sagt, da sei eine Adresse in London bei „The Order“, und fragt, ob das aus dem Umfeld Sargent/ Browning stamme. Aus der Erinnerung heraus ja, so Szczepanski. Er wisse nicht, wie die Anzeige damals ins Heft gekommen sei, aber die sei definitiv aus England. Auf Frage, ob er sich erinnere, dass diese Briefbomben in anderen Zeitschriften in Deutschland diskutiert worden seien, sagt Szczepanski, das könne er nicht sagen. Er wisse, dass der Bruch in der Szene zwischen B&H und „Combat 18“ auch in Deutschland thematisiert worden sei. Hoffmann: „Von wem?“ Szczepanski: „Von den Mitgliedern und Sympathisanten.“ Es sei nicht so extrem gewesen wie in England, dass sich die Gruppen bekämpft hätten, aber es habe schon Diskussionen darüber gegeben, wie viel B&H man noch sein wolle und wie viel „Combat 18“.
Hoffmann fragt, ob es bei B&H Sachsen Leute gegeben habe, die die Briefbomben für gut befunden hätten. Szczepanski: „Gab es sicherlich. Wie ich sagte, die Szene war zwiegespalten.“ Vorhalt aus „United Skins“, Heft 10, S.13: „COMBAT 18: gegründet vor vier Jahren, konkurriert C18 mit der BNP alsstärkste nationalistische Gruppe in Groß Britannien. C18’s politischer Arm ist die NATIONAL SOCIALIST ALLIANCE. Die NSA vereinigt die meisten der kleineren NS-Zellen und NS-Magazine in einer Gruppe. Publiziert das „The Order“ Magazin und trägt Attacken gegen die Roten aus, inklusive Brandbomben und Kommandoüberfälle, ähnlich wie es auch die ANTI-ANTIFA in Deutschland tut.“ Hoffmann fragt, ob die Beschreibung zutreffe. Szczepanski: „Ja, aus der Erinnerung heraus.“ Hoffmann fragt, ob das auch für die Anti-Antifa zutreffe. Er glaube, dass die Szene in Großbritannien weitaus extremer gewesen sei, so Szczepanski. Hoffmann fragt, ob sich die deutsche Szene stark an der englischen B&H-Szene orientiert habe. Anfangs ja, so Szczepanski, später habe es die Diskussion gegeben, ob man in Richtung „Combat 18“ geht oder B&H bleibt. Hoffmann fragt, wer argumentiert habe, man solle in Richtung „Combat 18“ gehen. Unterschiedlich, so Szczepanski, auch in Sachsen habe es Leute gegeben, die B&H hätten bleiben wollen, mit diesem Musiknetzwerk, und es habe welche gegeben, die gesagt hätten, so etwas wie „Combat 18“ sei nicht verkehrt. Auf Frage sagt er, er habe auch mal „Combat 18“-Shirts getragen, gelegentlich. Hoffmann: „Wissen Sie von Versuchen in Ihrer Umgebung ‚Combat 18‘-Gruppen aufzubauen?“ In KW sei es auch Gesprächsthema gewesen, so Szczepanski, aber es sei nie wirklich dazu gekommen. Auf Frage sagt er, er habe die Gespräche teilweise natürlich auch mitgeführt. Hoffmann fragt, ob auch mit Leuten von B&H Sachsen. Szczepanski: „Ich kann mich jetzt wirklich nicht mehr daran erinnern, wer was gesagt hat und wer was für gut befunden hat.“
Er bejaht, einen Markus Re. aus Limbach-Oberfrohna gekannt zu haben. Da sei Herr Probst ein gemeinsamer Bekannter gewesen, der habe ihm Re. mal vorgestellt. Hoffmann fragt, ob der politisch aktiv gewesen sei. Szczepanski: „Vermag ich nicht zu sagen.“ Hoffmann fragt, ob Szczepanski eine Erinnerung habe, ob der eine „Combat 18“-Gruppe habe aufbauen wollen. Szczepanski: „Nee, tut mir leid.“ Hoffmann fragt, ob Szczepanski persönlich Kontakt zu Marcel Schilf in Dänemark bzw. Schweden gehabt habe. Szczepanski: „Ja, aber damals noch in Brandenburg.“ Vom Gefühl her sei das Anfang der 90er gewesen. Hoffmann: „Was bedeutet ’noch in Brandenburg‘?“ Seines Wissen habe Schilf, damals in oder bei Brandenburg gewohnt, so Szczepanski. Auf Frage, ob der dort politisch aktiv gewesen sei, sagt Szczepanski, der sei auch Mitglied der rechten Szene gewesen. Hoffmann fragt, ob Szczepanski später mit Schilf Kontakt gehabt habe. Briefkontakt, so Szczepanski, vielleicht zwei Jahre. Hoffmann fragt, ob Szczepanski Erkenntnisse gehabt habe, dass Marcel Schilf in diese Briefbombenverschickung involviert gewesen sei. Das könne er heute nicht mehr sagen, so Szczepanski. Hoffmann fragt, ob Szczepanski später in Handelsbeziehungen zu Schilf gestanden habe, z. B. mit CDs. Der habe gelegentlich Sachen in die JVA geschickt, so Szczepanski. Auf Frage, ob das Ehepaar Probst oder Jan Werner Handelsbeziehungen zu Schilf gehabt hätten, sagt Szczepanski, bei Probsts könne er sich nicht erinnern, dass sie das mal erwähnt hätten. Und bei Werner müsse er auch mutmaßen. Ob bei denen ein persönlicher Kontakt zu Marcel Schilf bestand, könne er heute nicht mehr sagen. Hoffmann fragt, ob Szczepanski Kontakt zu Mitgliedern von B&H Flandern gehabt habe. Szczepanski: „Kann ich mich nicht dran erinnern, also ich wüsste es jetzt nicht.“
RA Kliesing fragt, ob Szczepanskis Lebensgefährtin Christiane das ‚United Skins‘ weiter produziert habe, als Szczepanski in U-Haft war. Szczepanski: „Nein.“ Kliesing sagt, er wolle Szczepanski ein handschriftliches Schreiben vorlegen mit der Frage, ob das von Szczepanski herrührt. Szczepanski geht zur Inaugenscheinnahme nach vorn und sagt dann: „Das ist meine Handschrift, ja.“ Vorhalt aus dem Schreiben: Meine Freundin kümmert sich um das Zine und um meinen Versand. Kliesing: „Möchten Sie ihre Antwort von eben korrigieren?“ Szczepanski: „Eigentlich nicht, meine Beziehung zu der Dame war relativ schnell nach meiner Verhaftung ja vorbei.“ Kliesing fragt, ob die Beziehung schon 1994 vorbei gewesen sei. Das könne er jetzt nicht mehr sagen, so Szczepanski, er wisse nicht mal, wann die U-Haft begonnen habe. Kliesing fragt, ob Szczepanski über die Mutter seines Sohnes auch den Diensten berichtet habe. Szczepanski: „Ja.“ Kliesing fragt, was Szczepanski über die Versuche von Christiane wisse, eine „Frauenschaft“ zu gründen. RA Stahl beanstandet, der Zeuge muss den Saal verlassen. Kliesing sagt, er wolle nur zwei Sätze vorhalten, zum einen, dass Szczepanskis Lebensgefährtin Christiane eine „Frauenschaft“ habe gründen wollen, und das zweite Schreiben beinhalte, dass an der Gründung der „Frauenschaft“ eine thüringische Frau beteiligt gewesen sein solle. Götzl sagt, ihm erschließe sich das nicht. Kliesing sagt, er sei der Meinung, dass dieses Thema durchaus relevant ist. Die Freundin des Zeugen habe eine persönliche Nähe zu Kreisen um die drei thüringischen Skins gehabt, das ergebe sich auch aus dem Garagenfund. Allein daraus ergebe sich auch hier unter Umständen eine persönliche Nähe zu der Angeklagten Zschäpe. Stahl sagt, wenn er diese Stellungnahme so deuten könne, dass diese thüringische Frau, die da eine Rolle bei der Gründung einer „Frauenschaft“ gespielt habe, Zschäpe sein solle, sei der Sachverhalt dargelegt, aber er sei da „hilflos“. Stahl nimmt die Beanstandung zurück.
Als der Zeuge wieder im Saal ist, fragt Kliesing: „Was wissen Sie über die Mitwirkung Ihrer Freundin bei der Gründung einer Frauenschaft?“ Da wisse er gar nichts zu, so Szczepanski. Vorhalt aus einem Schreiben an Arnulf Priem [Berliner Neonazi]: Und so eine Person nennt sich deutsches Skingirl und will eine Frauenschaft gründen. Kliesing: „Erinnern Sie sich jetzt?“ Szczepanski: „Nein.“ Vorhalt aus einem Schreiben von Ernst Tag an Szczepanski vom 16.02.1995: Dass Chr. ihr Amt missbraucht hat, ist mir nicht bekannt geworden; von der Frauenschaft habe ich über die Vorstellung hinaus nichts gehört, dazu sollte eine Kameradin aus Thüringen mitmachen. Szczepanski: „Nee, das sagt mir so gar nix.“ Kliesing sagt, er habe bisher nur von Christiane gesprochen, und fragt, ob es zutreffe, dass der Nachname S. [phon.] ist. Szczepanski: „Ja.“ Kliesing nennt eine Fundstelle aus den Verfahrensakten und sagt, da gehe es um eine Mappe mit diversen Papieren, eine geplante Vereinsgründung. Er fragt Szczepanski, ob er etwas zu einer Gründung eines „Nationalpolitischen Forums“ sagen könne. Szczepanski: „Sagt mir so jetzt gar nichts.“ Kliesing fragt, ob sich Szczepanski erklären könne, dass Christiane S. dort auftauche in einer Namensliste. Die habe auch zur Szene gehört, so Szczepanski, aber warum sie dort auf der Namensliste auftauche, könne er nicht beantworten.
Kliesing sagt, Szczepanski habe eben gesagt, dass er 1996 an einer „United Skins“-Ausgabe mitgewirkt habe, das aber nicht aus der Haft, sondern in der Freizeit: „Welche Freizeit von der Haftanstalt hatten Sie im Jahr 1996?“ Das könne er unmöglich noch beantworten, sagt Szczepanski. Zunächst habe es einfache Haftlockerungen gegeben, die seien nach und nach weiter gelockert worden. Welche Hafterleichterungen er 1996 gehabt habe, könne er nicht sagen. Kliesing: „Haben Sie sich seit dem 29.08.1997 im offenen Vollzug befunden?“ Szczepanski: „Ich kann es, wie gesagt, nicht mehr beantworten.“ Kliesing sagt, in den Akten würden sich fünf Deckblattmeldungen finden, die auf Szczepanskis Informationen zurückgehen sollen, er hätte gerne genauer gewusst, wie der Kontakt zum LfV formal abgelaufen sein, wann sich Szczepanski sich mit wem getroffen habe. Götzl sagt, das sei schon gefragt worden. Kliesing: „Hatten Sie zunächst immer nur zu einer Person Kontakt?“ Szczepanski: „Nein.“ Zu Beginn seien es zwei Personen gewesen. Kliesing: „Wann wurden es drei Personen?“ Stahl beanstandet, abgesehen davon, dass die näheren Kontakte zum LfV abgefragt seien, erkenne er hier keinen Sachzusammenhang. Götzl sagt, es finde sich in der Frage auch eine Vorgabe. Kliesing sagt, Szczepanski habe auf Frage von RA Klemke gesagt, er habe nur Spesenerstattungen bekommen, und fragt, ob er dabei bleibe. Szczepanski: „Ja.“
Kliesing hält aus dem Protokoll des Bundestags-UA vor, dass Szczepanskis V-Mann-Führer Gordian Meyer-Plath gesagt habe, dass Szczepanski in dieser Phase bis Oktober 1998 bis zu 300 DM pro Treff bekommen habe. Szczepanski: „Ich bleibe bei der Aussage, dass das Spesen waren.“ Kliesing fragt, wofür Szczepanski 300 DM Spesen bekommen habe. Für Benzinerstattung, für Material, das er habe besorgen müssen, CDs, Magazine, so Szczepanski. Auf die Frage, ob er damals ein eigenes Auto gehabt habe, sagt Szczepanski, er glaube, dass er 1998 schon ein Auto gehabt habe. Kliesing hält aus der Aussage Meyer-Plaths vor dem Bundestags-UA vor, dass Szczepanski laut Meyer-Plath insgesamt für seine Informationen ca. 50.000 DM innerhalb der sechs Jahre bekommen habe. Kliesing: „Bleiben Sie bei Ihrer Aussage?“ Szczepanski: „Ja, ich bleibe dabei, dass ich nur Spesen bekommen habe.“ Kliesing: „Trifft es zu, dass das LfV ihnen ein Fahrzeug finanziert hat?“ Szczepanski: „Es hat es mir vorgestreckt.“ Er bejaht, den Betrag erstattet zu haben. Kliesing fragt, ob das Land Brandenburg knapp 50.000 DM Schmerzensgeld bezahlt habe. Das wisse er nicht, so Szczepanski. Kliesing: „Jedenfalls haben sie es nicht erstattet.“ Szczepanski: „Ich habe es nicht erstattet.“ Wieder beanstandet Stahl, zieht jedoch nach einer kurzen Auseinandersetzung mit Götzl seine Beanstandung zurück.
Kliesing hält vor, dass Meyer-Plath angegeben habe, neben den Prämierungen für nachrichtendienstliche Leistungen habe es auch eine Auslagenerstattung gegeben. Kliesing: „Bleiben Sie also dabei?“ Szczepanski: „Ja.“ Kliesing fragt, ob Szczepanski vom 03. bis zum 07.07.1998 in seinem Hafturlaub in Riesa gewesen sei. Szczepanski: „Vermag ich jetzt nicht mehr zu sagen.“ Kliesing fragt, ob Szczepanski damals von Meyer-Plath den Auftrag erhalten habe, Führungspersonen von B&H Brandenburg und Sachsen zu kontaktieren. Das könne er nach all den Jahren nicht mehr sagen, so Szczepanski, er wisse es nicht mehr. Er verneint, sich an seinen Hafturlaub vom 15., 16.08.1998 zu erinnern. Kliesing: „Waren Sie an diesem Wochenende in Limbach-Oberfrohna?“ Szczepanski: „Weiß ich nicht mehr.“ Kliesing fragt, ob sich Szczepanski an das Angebot eines Brandenburger Neonazihändlers, der Faustfeuerwaffen angeboten habe, erinnere. Das verneint Szczepanski. Kliesing sagt, Meyer-Plath habe im Bundestags-UA angegeben, erstmals nach diesem Treffen Informationen von Szczepanski über die drei Skinheads erhalten zu haben. Kliesing fragt, ob sich Szczepanski an dieses Gespräch erinnere. Szczepanski: „Nein.“ Kliesing fragt, wo sich Szczepanski aufgehalten habe, als am 25.08.1998 um 19:21 Uhr eine SMS von Jan Werner [„Was ist mit den Bums?“] auf seinem Handy eingegangen sei. Das könne er unmöglich beantworten nach all den Jahren, so Szczepanski. Kliesing sagt, das sei im Bundestags-UA erörtert worden, demnach sei Szczepanski vom V-Mann-Führer an diesem Tag um 15 Uhr abgeholt und um 20 Uhr wieder zurückgebracht worden. Szczepanski sagt, er habe keine Erinnerung. Ausweislich der Unterlagen zur TKÜ von Werner sei bei Werner kein Nichtzustellungsvermerk eingetroffen, so Kliesing. Kliesing fragt: „Haben Sie die SMS womöglich doch erhalten?“ Szczepanski: „Ich glaube, ich habe die Frage schon beantwortet, eigentlich.“
Kliesing sagt, vor sechs Wochen habe Szczepanski gesagt, er habe dann ein neues Handy erhalten. Er hält eine Nummer vor. Szczepanski sagt, er wisse nicht mehr, wie die Nummer gelautet habe, er habe ja bereits ausgesagt, dass er mehrfach neue Nummern und Geräte bekommen habe. Kliesing fragt, ob Szczepanski Thomas Starke diese Nummer mitgeteilt habe. Das könne er heute auch nicht mehr beantworten, so Szczepanski. Kliesing fragt, ob Szczepanski am 31.08.1998 den Auftrag bekommen habe, sich mit Jan Werner kurzfristig zu treffen und weitere Informationen zu den drei Skins zu besorgen. Szczepanski: „Da kann ich mich nicht mehr dran erinnern.“ Kliesing: „Hatten Sie Jan Werner am 31.08.1998 um 13:26 Uhr eine SMS folgenden Inhalts geschickt: ‚Sehen wir uns Samstag‘?“ Szczepanski: „Das weiß ich auch nicht mehr.“ Kliesing beginnt eine Frage: „Hatten Sie am 31.08. …“ Stahl unterbricht und beanstandet. Götzl sagt, die Frage sei noch gar nicht gestellt. Kliesing stellt die Frage ganz. Er fragt, ob Szczepanski am 31.08. und 01.09.1998 über [phon.] dreißig Mal Telefonkontakt zu Jan Werner gehabt habe. Stahl beanstandet. Es sei erkennbar, dass der Zeuge an konkrete Ereignisse keine konkrete Erinnerung mehr habe, es handele sich bei der Frage um „Effekthascherei“; sie sei auch ungeeignet. RA Klemke sagt, er halte die Frage nicht für ungeeignet, man könne das nicht vermischen mit der Ungeeignetheit eines Beweismittels, mit der Begründung gehe es nicht. Stahl sagt, das Duell mit Klemke gehe er ein. Bundesanwalt Diemer sagt, die Frage sei zulässig. Dann verkündet Götzl die Verfügung, dass die Frage zulässig sei. Szczepanski sagt, er habe keine Erinnerung mehr daran, ob er am 31.08. telefoniert habe und mit wem.
Kliesing möchte wissen, ob sich Szczepanski an ein Treffen am 05.09.1998 in KW mit Werner, Uwe Menzel, Henning Kl. und anderen erinnere. Szczepanski: „Nein.“ Kliesing fragt, ob Szczepanski damals an Gesprächen über die Produktion von CDs beteiligt gewesen sei. Das wisse er nicht mehr, so Szczepanski. Er verneint, sich an ein Konzert in Hirschfeld am gleichen Abend zu erinnern. Auf die Frage, ob er sich an eine Auseinandersetzung mit der Polizei in Hirschfeld erinnere, sagt Szczepanski, er könne sich erinnern, dass es bei Konzerten öfter Schwierigkeiten mit der Polizei gegeben habe. Kliesing sagt, Szczepanski sei bereits zu einer Deckblattmeldung vom 09.09.1998. gefragt worden. Er wolle die darin enthaltenen Informationen nochmal vorhalten und dann fragen, ob Szczepanski seinem V-Mann-Führer weitere Informationen gegeben habe. Götzl unterbricht Kliesing und sagt, er habe das abgefragt. Kliesing: „Sie wissen doch gar nicht, was ich fragen will.“ Nach kurzer Auseinandersetzung fragt Kliesing, ob Szczepanski auch berichtet habe, dass sich die Drei in Chemnitz oder im Raum Chemnitz aufhalten. Das könne er nicht mehr sagen, wann er welche Information zu welchem Zeitpunkt weitergegeben habe, antwortet Szczepanski. Kliesing: „Wussten Sie denn, dass sich die drei Skins im Raum Chemnitz aufgehalten haben?“ Szczepanski: „Keine Ahnung, ich weiß es nicht mehr.“
Kliesing hält vor, es gebe eine handschriftliche Notiz des Zeugen Wießner (zuletzt 157. Verhandlungstag) vom 07.09.1998, derzufolge nach telefonischer Rücksprache mit dem zuständigen V-Mann-Führer Görlitz, LfV Sachsen, am 07.09.1998 die Quelle keine neuen Erkenntnisse mitgeteilt habe, nur mitgeteilt habe, dass die sächsischen Skins sich laut Antje Probst in Chemnitz aufhalten würden. Kliesing: „Hat Ihnen Antje Probst mitgeteilt, dass sich die drei Skins in Chemnitz aufhalten?“ Szczepanski: „Vermag ich heute nicht mehr zu beantworten, die Frage, ich weiß es nicht mehr.“ Kliesing fragt, ob sich Szczepanski an ein Szenetreffen von B&H in Wilsdruff-Limbach erinnere. Szczepanski. „Generell gab es dort Treffen.“ Kliesing nennt das Datum 13.09.1998. Das könne er zeitlich nicht einordnen, so Szczepanski dazu. Er wisse nicht mehr, ob er am 26.09.1998 an einem „Ian Stuart Donaldson Memorial“ teilgenommen habe, so Szczepanski auf Frage. Kliesing nennt den Veranstaltungsort Kulturhaus Munzig. Szczepanski: „So aus der Erinnerung nicht, nein.“ Kliesing fragt, ob Szczepanski am 09.10.1998 den gezielten Auftrag seiner V-Mann-Führer bekommen habe, Erkenntnisse zu den drei Skins zu besorgen. Szczepanski: „Daran kann ich mich nicht erinnern.“ Auf die Frage, ob er überhaupt Aufträge erhalten habe, sagt Szczepanski, es sei eher so gewesen, dass er den Hinweis bekommen habe, dass alle Informationen, alles Material generell interessant seien.
Kliesing sagt, Meyer-Plath habe beim UA ein Schriftstück vom 09.10. zitiert, demzufolge Quelle [Szczepanski] den Auftrag erhalten habe, die weitere Entwicklung der B&H-Spaltung zu verfolgen, darüber hinaus habe sie erneut den Auftrag erhalten, weitere Kenntnisse zu den Flüchtigen zu beschaffen, aus diesen Gründen werde die Quelle nach Chemnitz und Dresden reisen. Szczepanski verneint, sich zu erinnern. Kliesing hält vor, dass Thomas Starke gegenüber seinem V-Mann-Führer angegeben habe, eine Person namens S. habe Jan W. Waffen angeboten, W. habe dieses Angebot abgelehnt, Gerüchten zufolge habe S. diese Waffen unbekannten Gruppen/ Personen im Bereich Potsdam angeboten. Kliesing: „Bleiben Sie bei Ihrer ursprünglichen Aussage?“ Er bleibe dabei, dass er sich nicht erinnern könne, so Szczepanski. Kliesing: „Erinnern Sie sich daran, dass in Ihrem Umfeld Waffen vorhanden waren?“ Er erinnere sich an den Umstand, dass Herr Lu. eine Waffe zu Hause gehabt habe, und er glaube, dass der dafür auch angeklagt worden sei. Da sei es um ein Gewehr gegangen. Kliesing fragt, ob es auch um zwei Zielfernrohre und einen Schalldämpfer gegangen sei. Das wisse er nicht, sagt Szczepanski. Kliesing fragt, ob Szczepanski wisse, von wem Ralf Lu. das Gewehr erhalten habe. Szczepanski: „Soweit ich mich erinnere, sagte er damals, er würde es aus Berlin holen.“ Szczepanski verneint, mit dem Verkäufer selbst gesprochen zu haben.
Er bejaht, das Tattoostudio „Utgard“ [phon.] gekannt zu haben. Wer der Inhaber gewesen sei, könne er nicht mehr beantworten. Kliesing fragt, ob Szczepanski Frank L. etwas sage. Szczepanski: „So sagt es mir nichts.“ Kliesing: „Aber der Name Jean-René Bauer?“ Szczepanski: „Weiß ich jetzt auch nicht mehr.“ Kliesing sagt, er wolle aus einer Vernehmung Szczepanskis vom 23.08.2000 vorhalten. Götzl sagt, es gehe offensichtlich um Akten, die die anderen Beteiligten nicht hätten, aus einem früheren Mandat nehme er an. Wenn Kliesing vorhalten wolle, müsse er das den anderen Beteiligten geben. RA Stahl sagt, er schulde es seiner Mandantin hier nochmal darauf hinzuweisen, dass das sehr zähe Fragen des NK-Vertreters seien, die die Mandantin „ertragen“ müsse. Und wenn Vorhalte dann in dieser Form wieder geschehen würden, dann müsse man „missmutig“ werden. Kliesing fragt Szczepanski: „Haben Sie bei Ihrer polizeilichen Vernehmung angegeben, selbst über die Herkunft der Waffe mit Jean-René Bauer gesprochen zu haben?“ Szczepanski: „Das weiß ich nicht mehr.“ Kliesing fragt, ob Uwe Menzel eine Pistole Ceska 52, Kaliber 7,62 [phon.] besessen habe. Szczepanski sagt, da könne er nichts mehr zu sagen. Kliesing: „Erinnern Sie sich an Waffen im Zusammenhang mit Menzel?“ Er erinnere sich an ein abgesägtes Gewehr, das Menzel gekauft habe, so Szczepanski. Es folgt eine Pause bis 15 Uhr.
Danach fragt RA Narin: „Sie wurden bereits gefragt, ob Sie Andreas Graupner kennen und verneinten das. Aber kennen Sie vielleicht jemanden mit dem Spitznamen ‚Mucke‘ von B&H?“ Szczepanski: „Kann ich jetzt so mit Bestimmtheit nicht mehr sagen.“ Narin möchte wissen, zu welchem KKK Szczepanski Kontakt gehabt habe. Die hätten sich „White Knights of Ku Klux Klan“ genannt, so Szczepanski. Narin sagt, es habe ja mehrere gegeben und nennt „International Knights“. Szczepanski verneint das. Narin fragt, ob Szczepanski Achim Schmid aus Baden-Württemberg kenne. RA Heer sagt, Narin frage, „wie er das immer macht, Namen ab. Er, Heer, mache eine „Präventivbeanstandung“. Narin sagt, dann frage er zu den Berliner Vandalen: „Hatten Sie Kontakt zu denen?“ Szczepanski: „Sporadisch.“ Zu wem könne er heute so gar nicht mehr sagen. Er erinnere sich daran, dass das eher eine Gruppierung „in Richtung Biker“ gewesen sei. Narin fragt nach Arnulf Priem. Priem sei, so Szczepanski, in der rechten Szene gewesen, so lange er denken könne. Er verneint zu wissen, wer dessen Nachfolger wurde. Jean-René Bauer sage ihm nichts, so Szczepanski auf Nachfrage. Szczepanski verneint, an der Produktion oder dem Vertrieb einer „Landser“-CD beteiligt gewesen zu sein. Narin fragt, ob Szczepanski in der Szene einen Spitznamen gehabt habe. Szczepanski sagt, er könne sich nicht erinnern. Narin: „Und wenn ich den Namen ‚Glubschi‘ [phon.] vorhalte.“ Das sage ihm nichts, so Szczepanski. Narin fragt, ob Szczepanski mal die „Turner Diaries“ auf Disketten in die Szene vertrieben habe. Szczepanski sagt, da könne er sich jetzt nicht mehr dran erinnern. Narin hält vor, dass Michael Probst gesagt habe, dass er die „Turner Diaries“ von Szczepanski erhalten habe. Szczepanski sagt, er könne da jetzt gar nichts sagen.
RAin von der Behrens fragt, ob Szczepanski 1997 bis 2000 Personen in Zwickau gekannt habe. Das könne er so pauschal nicht beantworten, sagt Szczepanski. Er verneint jeweils, dass ihm Ralf „Manole“ Marschner oder eine Aline etwas sagen würden. V. d. Behrens hält aus einer Deckblattmeldung die Angabe vor, dass ein Angehöriger des sächsischen Trios den Artikel auf Seite 26 des „White Supremacy“ verfasst haben solle. Szczepanski: „Da kann ich mich nicht mehr dran erinnern.“ Szczepanski nimmt auf Bitten von RAin v. d. Behrens die Titelseite des „White Supremacy“ Nummer 1 sowie den Artikel „Gedanken zur Szene“ in Augenschein. V. d. Behrens: „Kommt da eine Erinnerung?“ Zur Titelseite, auf der eine Zeichnung eines SA-Mannes zu sehen ist, sagt Szczepanski: „Nee, nicht wirklich, das ist so ein typisches Motiv.“ Bei dem Artikel, wo im Hintergrund eine „White Power“-Faust zu sehen ist, verneint Szczepanski ebenfalls, dass ihm eine Erinnerung komme. V. d. Behrens fragt, ob sich Szczepanski erinnere, dass Jan Werner berichtet habe, dass er an Schießübungen teilgenommen habe. Das könne er nicht mit Bestimmtheit sagen, so Szczepanski. V. d. Behrens: „Erinnern Sie sich an ein Bild im B&H-Magazin, wo Personen bei Schießübungen abgebildet sind?“ Szczepanski: „Das gab es, glaube ich, des Öfteren.“ Vorhalt aus Szczepanskis zweiter Vernehmung: Werner war auf diesen Bildern auf jeden Fall abgebildet; ob Probst auch dabei war, kann ich nicht sagen; Werner hat mir auch von den Schießübungen berichtet; den Zeitraum kann ich nicht eingrenzen. V. d. Behrens: „Ist das richtig, kommt da eine Erinnerung?“ Szczepanski: „Ich kann es heute wirklich nicht mehr sagen.“ Er wisse jetzt nicht mehr den Wortlaut seiner Worte, die er da gebraucht habe, so Szczepanski. V. d. Behrens sagt, den habe sie gerade vorgehalten, wie er protokolliert worden sei. Wenn er das damals so gesagt habe, dann stimme das, sagt Szczepanski. V. d. Behrens: „Also damals haben Sie sich dann noch erinnert?“ Szczepanski: „Ja.“
V. d. Behrens fragt nach einem entsprechenden Vorhalt aus Szczepanskis Vernehmung, ob es richtig sei, dass die Szene in England Vorbild für Diskussionen über Überfälle war. Das sei schon richtig, so Szczepanski, es habe eben Menschen in der Szene gegeben, die weitaus radikaler und extremer gewesen seien. Auf Frage, ob sich Szczepanski erinnere, dass solche Diskussionen in Bayern geführt worden seien, sagt Szczepanski: „Das weiß ich nicht mehr.“ V. d. Behrens: „Erinnern Sie sich an Diskussionen in NRW?“ Szczepanski: „Nein, nicht konkret.“ Auf Frage, ob er sich an Personen aus Bayern oder NRW aus dem B&H-Umfeld aus der damaligen Zeit erinnere, sagt Szczepanski, es habe damals in Bayern eine Band gegeben, die dem B&H-Umfeld angehört habe. Er könne aber nicht mehr mit Bestimmtheit sagen, in welchem Teil Bayerns die beheimatet gewesen sei. Auf Frage, ob es Kontakte aus Chemnitz zu dieser Band oder dem Umfeld gegeben habe, sagt Szczepanski: „Ich gehe davon aus, weil die Band deutschlandweit aufgetreten ist.“ Auf Frage sagt Szczepanski, er glaube, dass der Name der Band „Hate Society“ war. RA Kuhn sagt, er wolle an die Frage des Vorsitzenden anknüpfen, bei der der Begriff „Tag X“ gefallen sei. Kuhn fragt, ob man auf den „Tag X“ habe warten oder ihn herbeiführen wollen. Es sei eher das passive Erwarten gewesen, in der Annahme, dass das System von selbst zusammenstürzen würde, so Szczepanski.
Vorhalt aus dem „Schäfer-Bericht“: Auf die Frage, welche Ziele die rechten Kameradschaften verfolgten, antwortete der Zeuge, dass in der rechten Szene oft vom Tag X gesprochen werde; Tino Brandt habe häufiger darüber geredet. Es solle der Tag der Machtergreifung der Rechtsgesinnten sein; wenn eine Vernetzung vollkommen sei, solle ein nationalsozialistischer Volksaufstand stattfinden. Kuhn: „Kommt Ihnen da eine Erinnerung?“ Nicht mehr konkret, so Szczepanski. Kuhn fragt nach dem Namen „Max Hammer“. Szczepanski: „Ich wüsste jetzt nicht, wo ich es hinstecken sollte.“ Kuhn fragt, ob Szczepanski Strategiepapiere von B&H England oder aus dem englischsprachigen Raum bekannt seien. Er könne sich erinnern, antwortet Szczepanski, dass von B&H England Material verschickt worden sei, das habe vom Flugblatt bis zum Printmagazin gereicht. Auf Frage, ob er ein B&H-Strategiepapier oder Handbuch, das von „Max Hammer“ verfasst wurde, kenne, sagt Szczepanski: „Wüsste ich jetzt nicht, nein.“ Er bejaht, dass „Tag X“ in der rechten Szene ein feststehender Begriff gewesen sei, der häufiger gebraucht worden sei. Er gehe, so Szczepanski auf Nachfrage, davon aus, dass der auch in Liedern besungen wurde. Kuhn: „Diese bürgerkriegsähnlichen Zustände, standen die in Zusammenhang mit einem ‚Rassekrieg‘?“ Nicht zwingend, so Szczepanski. Er habe den „Tag X“ auch eher als den Tag des Zusammenbruchs verstanden als als den Tag der „Machtergreifung“.
RA Bliwier fragt, ob Szczepanski für irgendwelche andere Dienste, Polizei oder Behörden gearbeitet habe. Szczepanski: „Nein.“ RAin Lunnebach sagt, im Dezember habe Szczepanski angegeben, dass er zu dieser SMS mit den „Bums“ sich nicht erinnern könne, SMS mit Namenskürzel versehen zu haben. „Haben Sie jemals Namenskürzel verwandt?“ Szczepanski: „Kann ich mich nicht erinnern, nein.“ Lunnebach sagt, in den Vernehmungsniederschriften habe Szczepanski aber immer ein Kürzel verwendet: CS. Das Verwenden der Initialen unter der Vernehmung sei auf Anweisung des vernehmenden Beamten geschehen, so Szczepanski. Lunnebach: „Der hat gesagt, Sie sollen ‚CS‘ schreiben?“ Szczepanski: „Ja.“ Die Einvernahme endet um 15:18 Uhr.
Danach sagt Götzl, dass RA Klemke mehrere Anträge angekündigt habe, die sollten heute noch gestellt werden, denn dann würde der morgige Tag entfallen. Zunächst jedoch gibt RA Hoffmann eine Erklärung nach § 257 StPO zur Aussage von Szczepanski ab.
Dann verlesen RAin Schneiders und RA Klemke für die Verteidigung Wohlleben mehrere Beweisanträge. Zunächst verliest Schneiders den Antrag, Enrico Ri. und Robby Ha. zu laden. Zu laden seien die beiden, a) zum Beweis der Tatsache, dass Ri. aus der „88er“-Szene scharfe Schusswaffen gehabt habe und damit mit Ha. Schießübungen durchgeführt habe; b) zum Beweis der Tatsache, dass sich Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe nach dem Januar 1998 ganz normal in der rechten Szene in Chemnitz bewegt hätten, es in der rechten Szene allgemein bekannt gewesen sei, dass sie bei Szene-Mitgliedern gewohnt und an den wöchentlichen Stammtischen teilgenommen hätten. Dann sei zweitens Ri. zu laden zum Beweis der Tatsache, dass Waffen in der „88er“-Szene ein Gesprächsthema gewesen seien, dass Mitglieder von B&H Sachsen über die finanzielle Unterstützung der Untergetauchten gesprochen hätten, dass es in der rechten Szene in Chemnitz und darüber hinaus bekannt gewesen sei, dass sich die Drei nach dem Januar 1998 in Chemnitz aufgehalten hätten. Dazu seien auch die Zeugen Hendrik Lasch, Andreas Graupner, Jörg Winter, Giso Tschirner, Achim Armin Fi. und Gunter Frank Fi. zu laden.
Drittens seien zum Beweis der Tatsache, dass keiner der nachfolgend benannten Zeugen Ralf Wohlleben gekannt habe, folgende Personen zu laden: Ha., Ri., Lasch, Winter, Tschirner, die Fi.s, Marcus Fr., Enrico Pö., Katrin Dr. und Graupner. Zuletzt seien zum Beweis der Tatsache, dass an dem B&H-Treffen am 08.10.1998 in Wilsdruff zwei Personen aus Thüringen teilgenommen hätten, bei welchen es sich um Mundlos und Böhnhardt gehandelt habe, die Zeugen Graupner und Lasch zu laden. Zur Begründung sagt Schneiders: Die Zeugen Ha. und Ri. würden bekunden, dass Ri. über scharfe Waffen verfügt und man damit im Wald in der Nähe des Wohnortes von Ri. Schießübungen durchgeführt habe. Ha. werde außerdem bekunden, dass man auf dem Schwarzmarkt in Polen und Tschechien relativ einfach Waffen habe erwerben können, und dass er selber in Dänemark eine Schusswaffe erworben habe. Ob er selbst oder weitere Personen aus Chemnitz Zugang zu Waffen hatte, sei vom BKA nicht gefragt worden. Ri. werde zu der Frage bekunden, ob über militante Aktionen gesprochen wurde, dass diese Gespräche „chemnitzintern“ gewesen seien. Zu den Untergetauchten werde Ri. bekunden, dass diese sich in der Szene ganz normal bewegt hätten, bei den einschlägig bekannten Leuten gewohnt und 1998 auch an den wöchentlichen Treffen teilgenommen hätten, und dass er sich nicht vorstellen könne, warum die Untergetauchten damals nicht gefunden worden seien.
Dann gibt Schneiders kurz die Aussagen Szczepanskis, dass jeder in der Szene habe Waffen haben wollen, Waffen ein Statussymbol und Gesprächsthema gewesen seien, wieder. Danach zitiert sie die auf Szczepanski zurückgehende Deckblattmeldung über das Treffen, auf dem die B&H-Sektion Sachsen aufgelöst worden sei und bei dem Szczepanski gesprächsweise von Werner erfahren habe, dass dieser immer noch auf der Suche nach weiteren Waffen für die drei Flüchtigen sei. Die unter Punkt 2 benannten Zeugen könnten zu den von „Piatto“ gemeldeten Gesprächen vom 10.10.1998 innerhalb von B&H Sachsen Angaben machen. Thomas Starke habe in seiner BKA-Vernehmung angegeben, dass Winter Sprengstoff besorgt und an Starke übergeben habe, der den Sprengstoff an Mundlos gegeben habe. Die Zeugen würden als Mitglieder von B&H Sachsen bekunden, dass über Werner Waffen für die Untergetauchten beschafft worden seien. Es könne zugunsten von Ralf Wohlleben nicht ausgeschlossen werden, dass Böhnhardt und Mundlos von Mitgliedern von B&H Sachsen mit Schusswaffen und Munition ausgestattet worden seien, insbesondere mit einer Schalldämpferwaffe.
Zum dritten Punkt führt Schneiders aus, dass Wohlleben in der Anklage die Rolle einer „steuernden Zentralfigur der gesamten Unterstützerszene“ zugesprochen werde. Die Beweiserhebung werde ergeben, dass die Zeugen allesamt den Angeklagten Wohlleben nicht kennen würden. Damit könne die Hypothese zu Wohlleben in der Anklage widerlegt werden. Die NK habe, so Schneiders weiter, nun bereits mehrfach thematisiert, dass auch sie davon ausgehe, dass eine Radikalisierung der Drei erst nach dem Untertauchen in Chemnitz stattgefunden habe. Die Zeugen würden zur Entlastung Wohllebens beitragen, weil sie bestätigen würden, dass Wohlleben keine „steuernde Zentralfigur“ gewesen sei, und dass Wohlleben keinerlei Bezüge nach Chemnitz zu dortigen Unterstützern unterhalten habe und von dort auch keine Information bzgl. Zielen und Absichten sowie Entwicklung bzw. Radikalisierung von Mundlos und Böhnhardt erhalten habe.
Dann verliest Schneiders den Antrag, Andreas Graupner, Christian Kapke und Marcel „Riese“ Degner zu laden. Kapke und Graupner würden bekunden, dass Graupner Kapke am 29.01.2000 im Rahmen einer NPD-Veranstaltung angesprochen habe und gesagt habe, dass es den Dreien gut gehe. Das beziehe sich auf eine Deckblattmeldung von Tino Brandt. Brandt habe Graupner als Gesprächspartner von Christian Kapke identifiziert. Auch dies bestätige, dass Wohlleben keine „steuernde Zentralfigur der gesamten Unterstützerszene“ gewesen sei: „Wäre dem so, dann wäre Wohlleben und nicht Christian Kapke von Graupner angesprochen worden.“ Degner werde bekunden, dass Starke am 13.11.1999 eine von ihm angebotene Spende für die Drei mit der Begründung abgelehnt habe, dass die Drei kein Geld mehr bräuchten, weil sie „jobben“ würden. Auch dies bestätige, dass Wohlleben keine „steuernde Zentralfigur“ gewesen sei, weil sonst Wohlleben und nicht Degner informiert worden wäre.
Dann verliest Klemke den Antrag, Stefan Lange alias „Pinocchio“ sowie Marcel Degner zu laden zum Beweis der Tatsachen, 1) dass die B&H-Sektion Sachsen aus den bundesweiten B&H-Strukturen ausgeschlossen worden sei, 2) dass es in den Jahren 1998 bis 2000 keine Kontakte von B&H zu Wohlleben gegeben habe, 3) dass es bei B&H in Deutschland keine „Combat 18“-Bestrebungen oder Pläne zur Gründung von Untergrundzellen nach dem „Field Manual“ von Max Hammer gegeben habe, 4) dass es für B&H-Anwärter eine sechsmonatige Probezeit und ein Mindestalter von 21 gegeben habe. Ferner werde die Vernehmung von Lange und Degner ergeben, dass die ehemaligen B&H-Strukturen in Sachsen nach dem Ausschluss von B&H abgeschirmt von der sonstigen Szene ein Eigenleben entwickelt hätten und sich bei ihnen eine Radikalisierung nach dem Vorbild des „Feldhandbuchs“ erst nach dem Ausschluss der sächsischen Sektion aus B&H Deutschland vollzogen habe.
Außerdem werde dazu beantragt, das „Feldhandbuch“ zu verlesen und zum Entstehungszeitpunkt des „Feldhandbuches“ die Zeugen Lange, Dr. Hans Georg Maaßen, Präsident des BfV, und Gordian Meyer-Plath, Präsident des LfV Sachsen, zu laden. Wohlleben, so Klemke weiter, habe in den 90ern und auch noch bis in den relevanten Zeitraum 2001 hinein, keine Bezüge zu B&H oder deren Mitgliedern gehabt. Er sei selbst nie B&H-Mitglied gewesen und habe sich auch nicht im Umfeld von B&H bewegt. Mehrere NK-Vertreter würden davon ausgehen, dass der NSU im Rahmen des „führerlosen Widerstands“ nach dem Vorbild von „Combat 18“ Anschlage und Morde geplant und durchgeführt habe. Als Blaupause dafür würden die „Turner-Tagebücher“ und das „Feldhandbuch“ gelten. Die „Turner-Tagebücher“ seien bereits eingeführt. Der Entstehungszeitpunkt des „Feldhandbuchs“ sei dabei berücksichtigen. Auf Seite 5 finde sich dort: „wir leben an der Schwelle zu einem neuen Jahrtausend, während diese Zeilen geschrieben werden, sind wir in der Tat bereits in das Jahr 2000 eingetreten“. Das „Feldhandbuch“ sei also erst nach dem Untertauchen des Trios um die Jahrtausendwende erschienen. Die bisherige Beweisaufnahme habe nicht ergeben, dass Wohlleben in den Jahren 1998 bis 2000 aufgrund der sporadischen und überwiegend kurzzeitigen Telefonate in irgendeiner Art und Weise Kenntnisse von einer Radikalisierung von Böhnhardt und Mundlos erlangt habe.
Dann verliest Klemke den Antrag, den Leiter des Büros Waffen und Sprengstoff bei der Kantonspolizei Bern zu laden. Die Einvernahme werde ergeben, dass die Firma Schläfli & Zbinden im Jahr 1997 Waffen an nichtberechtigte Personen veräußert habe und falsche Eintragungen in die Geschäftsunterlagen gemacht habe, um dies zu verschleiern. Auch die von Schweizer Behörden im Rahmen der Fahndung nach der Tatwaffe der Ceska-Mordserie vernommenen Zeugen Germann, Erwin Bu. und Müller sollten von Schläfli & Zbinden Waffen per Versand erhalten haben, der Zeuge Germann die Tatwaffe der Ceska-Mordserie, hätten dies jedoch ganz oder wenigstens teilweise bestritten. Der von der BAW dargestellten Theorie zum Lieferweg der Tatwaffe sei damit die Grundlage entzogen, diese gehe nämlich von der Richtigkeit der Angaben im Waffenbuch von Schläfli & Zbinden aus.
Dann beantragt Klemke, zwei Beamte der Tatortgruppe des BKA zu laden, die mehrere Patronenhülsen asserviert hätten, die in der Frühlingsstraße 26 sichergestellt worden seien, u. a. acht Patronenhülsen des Herstellers Sellier & Bellot Kaliber 6,35 mm Browning und drei weitere Hülsen von Sellier & Bellot Kaliber 6,35 mm Browning. Außerdem seid er SV Dahl vom Kriminaltechnischen Institut des BKA zu laden. Dieser werde bekunden, dass die Hülsen Verfeuerungsspuren von drei unterschiedlichen Waffensystemen aufgewiesen hätten. Die Hülsen mit den Asservatennummern 41-5 und 67-1 seien von einer bereits beim schweren Raub in Chemnitz am 18.12.1998 in Chemnitz eingesetzten Waffe verfeuert worden. Dahl werde weiter bekunden, dass keine der drei zur Verfeuerung der genannten Hülsen benutzten Waffen von Kaliber 6,35 von ihm als eine der in der Frühlingsstraße oder im Wohnmobil in Eisenach sichergestellten Waffen habe identifiziert werden können. Außerdem seien der Produktionsleiter und der „Managing Director“ der Firma Sellier & Bellot zu laden. Diese würden bekunden dass Sellier & Bellot ausschließlich scharfe Patronen des Kaliber 6,35 Browning hergestellt habe und noch immer herstelle, aber nie Schreckschusspatronen dieses Kalibers. Der Verhandlungstag endet um 15:56 Uhr. Weiter geht es am 20.01.2015.
Der Blog NSU-Nebenklage kommentiert:
„Diese Anträge bedeuten – das war an den Mienen von Verteidigern Heer und Stahl deutlich zu erkennen – eine ganz deutliche Distanzierung von der Verteidigung Zschäpe. […] Interessant ist [.], dass einige der Anträge mit Insider-Wissen begründet wurden, etwa die Angabe, beim Auflösungstreffen von „B&H“ Sachsen seien Böhnhardt und Mundlos anwesend gewesen. Zugleich ist es mehr als unwahrscheinlich, dass der Versuch der Verteidigung Wohlleben verfängt, ihren Mandanten als (gegenüber B&H Sachsen) vergleichsweise harmlos und ahnungslos und damit letztlich als unschuldig darzustellen. Denn sowohl die objektiven Beweismittel als auch die Aussage des Mitbeschuldigten Schultze sprechen eindeutig dafür, dass Schultze und Wohlleben den „Dreien“ eine scharfe Schusswaffe mit Schalldämpfer besorgten – eine Waffe, die für keine andere Verwendung als für politische Attentate geeignet ist.
Die Verteidigung Wohlleben hat offensichtlich die Ablehnung ihres erneuten Haftantrages richtig interpretiert: ihrem Mandanten droht eine langjährige Haftstrafe [.]“
http://www.nsu-nebenklage.de/blog/2015/01/13/13-01-2015/