Protokoll 64. Verhandlungstag – 4. Dezember 2013

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Nachdem am Vortag die Vernehmung des ehemaligen VS-Mitarbeiters Andreas Te. [Protokoll folgt, vgl. auch 41. Verhandlungstag] fortgesetzt und wieder unterbrochen wurde, wurde an diesem Tag seine damalige Quelle aus der rechten Szene angehört. Benjamin Gä. konnte oder wollte sich an viele Dinge nicht erinnern und machte u.a. widersprüchliche Angaben zu seinen Kontakten mit Te. in den Tagen nach dem Mord an Halit Yozgat. Das Landesamt für Verfassungsschutz Hessen stellte und bezahlte ihm den Zeugenbeistand RA Volker Hoffmann.

Zeuge: Benjamin Gä. ( des LfV Hessen, 2006 betreut von Andreas Te., welcher zur Tatzeit im Internetcafé von Halit Yozgat)

Der Verhandlungstag beginnt um 9.47 Uhr. Als Vertretung für Wohllebens Verteidigerin Schneiders ist heute wieder der Szene-Anwalt Wolfram Nahrath anwesend. Als Nebenkläger_innen sind heute İsmail und Ayşe Yozgat im Saal. Nach der Präsenzfeststellung nimmt Benjamin Gä. zusammen mit seinem Zeugenbeistand RA Volker Hoffmann am Zeugentisch Platz. Richter Götzl verliest die Aussagegenehmigung des ehemaligen V-Manns des hessischen Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV). Darin heißt es, dass Gä. die Genehmigung erteilt wird, auszusagen, soweit sich seine Aussagen auf den im April 2006 für ihn zuständigen Mitarbeiter im LfV beziehen, nicht aber soweit sie sich auf die ansonsten bekannt gewordene Arbeitspraxis oder sonstige Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des LfV beziehen. Götzl sagt, Gä. solle über seine Tätigkeit für das LfV berichten, insbesondere im Hinblick auf den Mitarbeiter „Alex“ [Andreas Te.] und das Jahr 2006. Gä.: „Im Prinzip weiß ich es eigentlich garnimmer richtig.“ Er sei 2006 Informant gewesen, so Gä., seinen V-Mann-Führer habe er unter dem Namen „Alex“ gekannt. Sie hätten sich überwiegend in Restaurants getroffen in Kassel und Umgebung, dort habe er über rechtsradikale Treffen berichtet. Soweit er sich erinnere, hätten sie sich in diesem Jahr acht- oder neunmal getroffen, überwiegend in Restaurants, zweimal in Internetcafés. Er habe dort über die Hooligan-Szene oder rechte Szene im Internet sich schlau machen und ihm [„Alex“] Bilder zeigen sollen von „ehemaligen Kameraden“. „Im Prinzip“ habe er, Gä., mit der Rechten gar nichts mehr zu tun gehabt, habe aber noch Freunde gehabt, die Kontakte hatten. So habe er Informationen bekommen. Es sei nicht nur um die Rechten gegangen, sondern auch um Hooligans: „Treffpunkte, 3. Halbzeit, Sonnwendfeiern“. Darüber sei er ausgefragt worden. Soweit er sich erinnern könne, sei er 2000 aus der „Kameradschaft Kassel“ ausgetreten, dann habe er seinen Wehrdienst geleistet und habe vereinzelt noch mit ehemaligen Kameraden Kontakt gehabt. Die Zusammenarbeit mit Te. habe 2003, 2004 begonnen. Seitdem seien die Treffen gewesen, das „zusammen essen gehen“. Sein V-Mann-Führer habe sich immer Notizen gemacht. Überwiegend sei er angerufen worden, Zeit und Treffpunkt seien meist am Telefon ausgemacht worden. Götzl fragt, wie es zur Beendigung der Zusammenarbeit mit „Alex“ gekommen sei. Gä. sagt, nach Mitte 2006 sei ihm gesagt worden, dass der Herr Te., „da habe ich den Namen erst erfahren“, erstmal beurlaubt sei. An das letzte Treffen mit Te. könne er sich leider nicht erinnern, so Gä. auf Frage Götzls. Götzl fragt zu den Umständen der Beendigung. Gä.: „Ich brauch jetzt einfach nur Mitarbeiter sagen?“ Dann sagt er, ein anderer Mitarbeiter des LfV habe ihn angerufen, es sei ganz normales Treffen „an der Hauptstraße“ gewesen. Der andere Mitarbeiter habe ihm gesagt, dass er jetzt die Zusammenarbeit weiterführe. Götzl fragt noch einmal zum letzten Treffen. Er könne da gar nichts mehr dazu sagen, so Gä. Weiter: „Mir wurde damals gesagt, ich hätte am 6. telefoniert. 2006, Entschuldigung, und da hab ich auch schon die Aussage gesagt, dass ich mich nicht mehr dran erinnern kann.“ In Erinnerung geblieben sei ihm, dass sie in Internetcafés gewesen seien. Auch das letzte mal sei ein Besuch in einem Internetcafé irgendwo in der Innenstadt von Kassel gewesen, den Namen des Cafés wisse er nicht mehr. Die Treffen hätten einmal im Monat stattgefunden oder, wenn etwas Gravierendes gewesen wäre, zweimal, aber dazu sei es nie gekommen. Götzl fragt, ob das Tötungsdelikt am 6. April 2006 [Mord an Halit Yozgat] mal mit Te. Thema gewesen sei. Gä.: „Gar nicht, habe ich von ihm überhaupt nicht erfahren.“ Sie hätten auch nie darüber gesprochen. Von der Tat habe er durchs Internet bzw. von seiner Ex-Frau erfahren. Seine Ex-Frau sei viel am Chatten gewesen und habe sich mit einer Freundin geschrieben bei ICQ, darüber habe er das erfahren. Nur widerwillig nennt Gä. den Namen seiner Ex-Frau. Götzl belehrt Gä. noch einmal, dass er nichts verschweigen darf. Seine Ex-Frau habe ihm erzählt, dass das passiert sei. Dann sagt Gä.: „Und diesen Monat wollten wir uns auch treffen, das weiß ich ganz genau.“ Das habe sich schnell herum gesprochen, dass jemand erschossen wurde in Kassel, aber das sei nicht tagelang gegangen. Dann sagt Gä., ohne gefragt worden zu sein: „Nein, gebilligt hab ich das nicht.“ Götzl fragt, warum Gä. nun diesen Aspekt anspreche. Gä. erwidert, er finde, dass niemand auf der Welt erschossen werden solle. Götzl hakt nach, warum Gä. gesagt hat, dass er das nicht gebilligt habe. Das beziehe sich darauf, dass sie auch vereinzelt Leute da gehabt hätten, die gesagt hätten: „Naja, auf der einen Seite ist es richtig.“ Das sei ein Bekannter seiner Ex-Frau gewesen, den er selber nicht gekannt habe, der Spitzname sei „Stinki“. Götzl fragt, was der richtig gefunden habe. Gä.: „Dieselben doofen Sprüche, die wir selber auch gemacht haben: Einfach weg damit, die klauen uns nur die Arbeitsplätze und so doofe Sprüche.“ Er sei nicht umsonst 2000 ausgetreten. Der Bekannte sei noch nicht mal ein Rechtsradikaler gewesen, sondern einfach nur eine „Dummschnutte“. Mit Schwiegermutter und Mutter habe er sich über die Tat unterhalten: „Die Muttis sagten, sowas darf es nicht geben, da haben sie auch recht halt.“ Ob es Thema in der Szene gewesen sei, könne er nicht sagen, die Personen, zu denen er noch Kontakt gehabt habe, hätten sich nicht geäußert.
Soweit er sich erinnere, habe er mit Te. nicht über die Geschichte gesprochen. Er habe nur die Info bekommen, dass Te. nicht mehr tätig sei, und dass er jetzt „von dem alten Vorgänger“ übernommen werde. Das sei noch ein Jahr gegangen, dann sei Schluss gewesen. Götzl fragt, ob es mal ein auffälliges Verhalten von Te. gegeben habe. Gä. sagt, beim letzten Telefonat sei Te. sehr aufgeregt gewesen, irgendwie nervös. Te. sei, das habe er, Gä., auch dem anderen Mitarbeiter erzählt, anders gewesen als sonst. Te. habe, soweit er sich erinnere, immer Pausen gemacht während des Gesprächs, normalerweise habe Te. ziemlich offen und gerade geredet. An den Inhalt des Gesprächs habe er keine Erinnerung mehr, so Gä.

Götzl sagt, Gä. habe Telefongespräche angesprochen und will wissen, was es damit auf sich habe. Gä. antwortet, ihm sei gesagt worden, er habe an diesem Tag [6. April 2006] mit Te. telefoniert, das habe er verneint, er habe gesagt, das sei zu lange her, er könne sich nicht erinnern. Es sei um ein Telefonat gegangen, aber er stehe „im Internet in vielen Foren drin“ und in einem „von der linken Seite“ stehe, es seien zwei Telefonate gewesen. Er könne das, so Gä., nicht mehr genau sagen. Zur rechten Szene in Kassel befragt, sagt Gä., er könne „im Prinzip“ dazu gar nichts mehr sagen. Er habe immer nur von den Treffen gehört und so habe er es weitergegeben. Götzl fragt zur „Kameradschaft Kassel“. Das sein 60 bis 70 Leute gewesen. Was für Leute, fragt Götzl. „Rechtsradikale“ antowortet Gä. Zu den Zielen sagt Gä.: „Was waren früher die Ziele in jungen Jahren?“ Dann nennt er Trinken, Fußball, Grillen und „3. Halbzeit mitmachen“. „Demomäßig“ habe er nicht mit viel gemacht, das seien eher die Älteren gewesen, die „auch ein bisschen mehr im Kopf hatten“ und sich politisch eingesetzt hätten. Anführer sei damals sein Bruder, , gewesen, so Gä. Er wisse es nicht genau, aber er meine, dass es die Kameradschaft seit 1998 gegeben habe. Sein Bruder sei zwar Anführer gewesen, sei aber „im Prinzip“ nie auf Demos gewesen. Einmal seien sie nach Berlin gefahren, da sei sein Bruder aufgrund einer Verwechslung gleich verhaftet worden. Das sei die einzige Demo, die er von seinem Bruder wissen. Sie hätten mehr gesoffen, als dass sie auf die Straße gegangen seien. Verbindungen in die Gegend Zwickau oder Jena habe es, soweit er sich erinnere, nicht gegeben. Gä. nennt Namen von Personen aus der Kameradschaft, mit denen er zu tun gehabt habe: Mike Sa. Toni R., Sascha Bo., Sascha Wo., Weitere Gruppen habe es in Kassel gegeben, zu den hätten Rivalitäten bestanden. Er nennt „„, „“ und „irgendwelche Bluthunde“, letztere seien wohl Jugendliche gewesen von 15,16 Jahren.
Zu „Sturm 18“ fielen ihm, so Gä., die Namen , Martin Mü. und ein Stanley ein. Den Namen Rö. kenne er nicht, so Gä. auf Frage Götzls. Auf Frage des Vorsitzenden sagt Gä., er kenne den Namen Bernd Tödter, der sei, soweit er wisse, damals auch beim „Sturm 18“ gewesen. Zur „Arischen Bruderschaft“ könne er nur sagen, dass die gemeinsam mit Northeim unterwegs gewesen seien. Von Thorsten Heise wisse er, dass der aus Northeim sei, das habe ihm Mike Sa. erzählt, persönlich kenne er ihn nicht. Zum „Sturm 18″ könne er weiter gar nichts sagen: “ Wir waren mehr oder weniger rivalisiert damals.“ Michel Fr. sei damals zum Sturm 18 gegangen. Fr. sei ein guter Freund gewesen, aber mittlerweile würden sie sich nicht mehr verstehen, weil Fr. der erste gewesen sei, der ihm eine Mail geschrieben habe, nachdem sein, Gä.s, Name in der Zeitung gestanden habe.
Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe kenne er nur aus den Nachrichten. Auf Frage nach Kontakten in Thüringen sagt Gä. es habe welche in Mühlhausen gegeben: „Das waren im Prinzip so Besoffskis wie wir.“ Er nennt die Namen „Keule“ und Uwe. Uwe sei „so ein Halbglatziger mit Hasenscharte“ gewesen. So hätten sie diese Kameradschaft kennengelernt, sie seien schon am Bahnhof empfangen worden mit einer Kiste Bier. Die Namen André E., Holger G. und Wohlleben kenne er nicht, so Gä.

Dann hält Götzl dem Zeugen aus dessen polizeilicher Vernehmung vom 26. April 2012 vor. Der [V-Mann-Führer] „Heinz“, von dem in der Vernehmung die Rede sei, sei derjenige vom LfV gewesen, den er 2007 auch noch gehabt habe, so Gä. auf Vorhalt. Götzl zitiert, dass „Heinz“ laut Gä.s Aussage bei dem ersten Treffen 2006 nur gesagt habe, dass irgendwas vorgefallen und der Alex beurlaubt sei, außerdem sollte es einen Untersuchung geben, den Grund habe „Heinz“ nicht genannt. Das bestätigt Gä. Weiter habe Gä. ausgesagt, so Götzl, dass er „Heinz“ in diesem Zusammenhang von seinem letzten Treffen mit „Alex“ drei Wochen davor erzählt habe, dabei habe „Alex“ einen sehr nervösen Eindruck gemacht. Gä.: „Wenn es da drin steht.“ Bei der Vernehmung sei von sieben Personen auf ihn „eingehackt“ worden, er habe gezittert. Sein Beistand RA Volker Hoffmann sei dabei gewesen, bestätigt Gä. Gä. sagt, es sei da auf einmal um Mord gegangen und er habe unter Adrenalin gestanden. Götzl hält weiter vor, Gä. habe angegeben, dass Te. beim letzten Treffen irgendwie abwesend gewesen, sich entgegen seiner sonstigen Gepflogenheiten keine Notizen gemacht habe und es sich insgesamt um ein kurzes Treffen gehandelt habe. Heute habe Gä. aber von einem Telefonat berichtet, sagt Götzl. Gä. sagt, dann werde das wahrscheinlich richtig gewesen sein. Mit dieser Antwort gebe er sich nicht zufrieden, erwidert Götzl. Gä. sagt, er habe keine Erinnerung. Götzl hakt nach und Gä. sagt, dann sei das richtig. Götzl sagt, Gä. habe angegeben, dass das letzte Treffen seiner Erinnerung nach im April 2006 gewesen sei. Zunächst sagt Gä., das sei richtig, dann sagt er, er habe „eigentlich“ keine Erinnerung an das Treffen. Als Götzl sagt, Gä. habe das am 26. April 2012 ausgesagt und er werde natürlich dazu nachfragen, sagt Gä.: „Dann wird es richtig sein, ja, ist richtig.“ Götzl sagt, dann solle Gä. von dem Treffen erzählen. Gä. sagt, er könne sich nicht genau erinnern, wann er sich mit Te. getroffen habe. Götzl hakt nach und Gä. sagt, es habe viele Treffen gegeben, er wisse aber nicht, ob das letzte ein Treffen oder ein Telefonat gewesen sei.
Götzl hält vor, Gä. habe angegeben, dass er aufgrund der Presseveröffentlichungen zum Mord in der Holländischen Straße neugierig geworden sei und „Alex“ gefragt habe, ob er etwas von der Schießerei mitbekommen hat. Bei dieser Frage sei „Alex“, so der Vorhalt weiter, nervös geworden. Das sei richtig, so Gä. Götzl will wissen, was es gewesen sei, was Gä. als „plötzlich nervös“ beschreibe. Gä. sagt, Te. habe immer ganz ruhig und gelassen telefoniert und da sei es nicht so gewesen. Es sei in Abständen gewesen, keine kompletten Sätze. Te. habe irgendwie hektischer geredet. Ob das letzte ein Treffen war oder ein Telefonat, könne er immer noch nicht sagen, erinnern könne er sich an das Treffen mit „Heinz“. In dem Gespräch mit „Heinz“ habe er erfahren, dass Te. beurlaubt sei weil etwas vorgefallen sei, aber keine Einzelheiten. Von der Tat in der Holländischen Straße sei nicht die Rede gewesen. Götzl will wissen, ob Gä. mit „Heinz“ über Te. und die letzten Kontakte zu ihm gesprochen. „Heinz“ habe ihn gefragt, wo sie sich die letzten Male getroffen hätten, und er habe ihm gesagt, überwiegend in der Innenstadt, so Gä. Er denke schon, dass er „Heinz“ von dem nervösen Eindruck erzählt habe, er habe erzählt, dass er mit „Alex“ telefoniert habe, und dass dieser ihm ziemlich unruhig vorgekommen sei. „Heinz“ habe sich nicht dazu geäußert. In Bezug auf die Beurlaubung sei die Rede davon gewesen, dass etwas geprüft werden müssen. Danach hätten „Heinz“ und er „ganz normal unser Ding durchgezogen“. Götzl hält vor, Gä. habe bei der Polizei davon gesprochen, dass „Alex“ plötzlich nervös geworden sei und angefangen habe, zu stottern. Normalerweise habe „Alex“ sich immer Notizen auf seinem kleinen Block gemacht, als er, Gä., ihn auf die Schießerei angeschoben habe, habe „Alex“ auf einmal aufgehört mit zu schreiben, so der Vorhalt von Götzl. Daran können er sich vage erinnern, so Gä. Normalerweise habe „Alex“ immer einen Block aus dem Jackett geholt und fleißig geschrieben. Götzl hält Gä.s Aussage weiter vor: „Ich wusste nicht wie ich diese Reaktion einstufen sollte. So hatte ich ihn noch nie gesehen.” Das sei richtig, so Gä. Götzl hält weiter vor, „Alex“ habe auf die Frage nach dem Mord hin „rumgedruckst“, gestottert und habe nur gemeint, dass jemand erschossen wurde. Auch das bestätigt Gä. Daraufhin, so der Vorhalt weiter, hab er, Gä., nur gesagt, dass er das auch aus der Presse schon wisse. Gä.: „Das ist richtig.“ Götzl verliest aus der Aussage Gä.s, dass „Alex“ bei diesem Treffen besonders nervös gewesen sei, weil er nicht wie sonst sein Jackett auszog und über den Stuhl legte, außerdem habe er sich die ganze Zeit umgeschaut. Gä.: „Dann wird das schon so stimmen, wenn das dort so steht, wird das so sein.“ Götzl sagt, Gä. habe angegeben, er habe den Eindruck gehabt, dass sich „Alex“ beobachtet fühlte. Gä. sagt: „Diesmal war ich nicht der Beobachtete.“ Götzl hält vor, dass Gä. „Alex“ darauf angesprochen habe, und der gesagt habe, es gehe ihm nicht gut. Das sei richtig, so Gä. Es folgt eine Pause bis 11.27 Uhr. In der Pause werden Kopien des „Extra Tip“ an die Verfahrensbeteiligten ausgeteilt.

Götzl fragt Gä. nach der Pause, ob der letzte Kontakt nun ein Telefonat oder ein Treffen gewesen sei. Gä.: „Herr Vorsitzender, das was ich bei der Polizei ausgesagt habe, wird richtig sein. Ich möchte bei dieser Aussage bleiben, wenn das möglich wäre.“ Im Saal gibt es Gelächter. Gä. wiederholt, dass das was er bei der Polizei ausgesagt habe, richtig sei. Götzl fragt, warum. Gä. sagt, weil er die Aussage damals gemacht habe. Es sei wieder ein Jahr her, es schwirre ihm so viel im Kopf herum und er sei auch total nervös. Er habe da fünf bis sieben Stunden gesessen. Gä.: „Das was ich da gesagt hab, ist auch die Richtigkeit.“ Götzl fragt, ob es eine Situation gegeben habe, in der Andreas Te. aufgehört habe zu schreiben. Ja, so etwas habe er im Zusammenhang mit dem letzten Kontakt zu Te. in Erinnerung, so Gä. Götzl erwidert: „Am Telefon ist es schlecht möglich, dass Sie solche Wahrnehmungen machen, außer er sagt: ich höre jetzt auf Notizen zu machen.“ Darauf Gä.: „Ja, Herr Vorsitzender, dann war es schon ein Treffen.“
Mit „Heinz“ habe er 2006/ 2007 noch fünf- oder sechsmal Kontakt gehabt, so Gä. auf Frage von Götzl. Es sei ihm zu diesem Punkt nur noch gesagt worden, dass „Alex“ gar nicht mehr wiederkomme. Mitte 2007 sei dann seine Mitarbeit beendet worden. An das letzte Treffen mit „Heinz“ erinnere er sich., so Gä., da sei ihm gesagt worden, er solle ihn nicht grüßen. „Heinz“ habe gesagt, wenn man mit Mitarbeitern des VS zusammenarbeite und sich auf der Straße sehe, grüße man sich nicht und gehe einfach weiter. Götzl hält vor, Gä. habe ausgesagt, beim letzten Treffen habe „Heinz“ ihm von den Hintergründen mit „Alex“ erzählt. Gä. sagt, es seien Vermutungen gewesen. „Heinz“ habe nur gesagt, „Alex“ werde den Dienst nicht mehr antreten, er [vermutlich „Heinz“]sei jetzt bei der CDU in Kassel „politisch unterwegs“ und dann habe „Heinz“ sich bei ihm verabschiedet, denn er sei selber in Rente gegangen. Dann sagt Gä.: „Und es wurde eine interne Untersuchung gemacht, ob es einen Zusammenhang mit der Holländischen Straße gab.“ Götzl hält wieder aus der Vernehmung Gä.s vor, Gä. habe angegeben, „Heinz“ habe ihm gesagt, dass „Hintergrund“ die Tat in der Holländischen Straße sei. Gä. sagt, „Heinz“ habe von einer Untersuchung gegen „Alex“ gesprochen, weil „Alex“ an dem besagten Tag in dem Internetcafé in Kassel gewesen sein solle. Götzl fragt, ob es da um irgendwelche Schüsse gegangen sei, die Te. gehört habe. Es sei irgendwas mit Schalldämpfer erzählt worden, so Gä. „Heinz“ habe ihm erzählt, es habe geheißen, es seien Schüsse gefallen und er [Andreas Te.] sei selber auch in Untersuchungshaft gekommen „oder oder wie man das auch nennt“. Im Saal gibt es wieder Gelächter. Gä.: „Ich komm mir gerade ein bisschen blöd hier vor, Entschuldigung.“ Götzl fragt, ob Gä. die Geschichte mit dem Schalldämpfer auch vom Heinz erfahren habe. Das verneint Gä,, das stehe im Internet. Götzl hält vor, „Heinz“ habe damals sinngemäß gesagt, „Alex“ wäre in der gleichen Minute raus, habe aber die Schüsse nicht gehört. Das sei richtig, so Gä. Es sei um ein Internetcafé in der Holländischen Straße gegangen. Götzl fragt, was „in der gleichen Minute“ heiße. Gä. sagt, dass Te. raus sei und da seien dann auch die Schüsse gefallen und er habe gleich vor dem Laden gestanden und hätte die Schüsse hören müssen. So habe ihm „Heinz“ das erzählt. Jeder normale Mensch habe ja Ohren und man höre, wenn mit der Pistole geschossen wird.

Götzl möchte wissen, ob Gä. nach 2007 noch Kontakt zum LfV gehabt habe. Er habe eine Vorladung bekommen „da oben zum Hauptbahnhof“ [es geht vermutlich um die Vorladung zur polizeilichen Vernehmung, Anmerkung nsu-watch]. Das sei sein letzter Kontakt und 2007 sei die Zusammenarbeit damit beendet worden, dass er einen Zettel unterschrieben habe. Götzl hält vor, dass es einen Anruf von Gä. auf das Handy von „Alex“ am 6.4.06 um 13.09 Uhr gegeben habe, der 17 Sekunden gedauert habe. Daran erinnere er sich nicht, er habe aber im Netz gelesen, dass er auch auf eine Sprachmailbox gesprochen hätte. Götzl hält vor, dass Gä. angegeben habe, dass er immer wieder das Handy von „Alex“ angerufen habe. Eigentlich habe er nicht anrufen sollen, erwidert Gä., aber er habe sich bei „Alex“ melden müssen, damit der ihm das Geld gebe. Götzl hält weiter vor, Gä. habe davon gesprochen, dass diese Telefonate in erster Linie Terminabsprachen beinhalteten und über Hinweise nie am Telefon gesprochen worden sei. Gä. sagt, er habe sich lieber treffen wollen. Dann hält Götzl vor, dass am 6.4.06 um 16.10 Uhr von der Außenstelle Kassel zu Gä.s Anschluss ein Gespräch von 688 Sekunden geführt worden sei, Gä. habe aber eben hier in der Verhandlung nur ein Gespräch erwähnt.. Das habe er erst bei der Polizei erfahren, so Gä. Götzl sagt, das seien aber über elf Minuten. Gä. sagt, mit dem „Alex“ habe er mehr Telefonate gehabt als mit dem „Heinz“, „Alex“ habe auch öfter Sachen am Telefon wissen wollen. Manchmal hab „Alex“ auch ihn gefragt, wo sie sich treffen. Götzl fragt, ob denn Gä. eine Erinnerung an ein solches Telefonat habe. Gä. sagt, er glaube schon, es höre sich immer blöd an, aber er könne das nicht sagen. Normalerweise habe er mit dem „Alex“ auch nur 5 Minuten „oder so“ telefoniert. Er könne noch nicht einmal sagen, worum es da ging. „Axel“ habe ihm auch mal von seiner Freundin erzählt und solche Geschichten. Götzl fragt, wie Te. sich ihm gegenüber verhalten habe. Gä. sagt, Te. sei immer freundlich, am Anfang aber ziemlich zurückhaltend gewesen. Te. sei erst beim dritten oder vierten Treffen mit ihm warm geworden. Te. habe auch Privates erzählt, von Freundinnen, einer Freundin in Hannover und einer in Wiesbaden, das habe aber alles nicht gestimmt.
Auf Frage von Götzl sagt Gä., er sei nie im Café von Yozgat gewesen. Er nennt zwei Internetcafés, in denen er gewesen sei, eins bei der Hauptpost und mit Te. habe er sich öfters in einem Internetcafé in der Königsstraße [?] getroffen. Halit Yozgat kenne er nicht, sagt Gä. Götzl hält vor, Gä. habe ausgesagt, dass er durch Nachbarn von dem Mord erfahren habe. Das könne nur sein Vermieter gewesen sein, der sei „selber Türke“, mit dem habe er darüber gesprochen und der habe immer nur gesagt: „Alle Waffen wegschmeißen“ Auf Vorhalt bestätigt Gä., dass seine Frau im Internet Artikel zu dem Mord gefunden habe. Götzl fragt, ob sich Gä. denn überlegt habe, was er am 6. April 2006 gemacht hat. Gä. sagt, er habe seine Ex-Frau gefragt, es könne sein dass er zu Hause war. Götzl sagt, das sei ja auch interessant wegen der Telefonate. Gä. sagt, bei „Alex“ sei es schon vorgekommen, dass es, wenn er, Gä., habe entlohnt werden sollen, zu den Treffen nicht gekommen sei. Gä. sagt, das könne er für den Tag nicht ausschließen. Dann sagt er, er meine nicht „ausschließen“. Er spricht mit seinem Beistand. Götzl sagt, es sei ihm nicht recht, wenn der Zeugenbeistand inhaltlich einwirke. RA Hoffmann sagt, es gehe Gä. um das Gegenteil von „ausschließen“. Dann sagt Gä., er habe früher nicht viel Geld gehabt und es sei ihm immer gelegen gewesen, wenn Geld gekommen sei. Er habe wegen des Geldes auch von seiner Frau „Zunder“ gekriegt.

Dann geht es wieder um die Beobachtungen, die Gä. in der Kasseler Nazi-Szene gemacht hat. Gä. sagt, er habe dem LfV viel das gleiche erzählt, und irgendwann Ende 2006 sei gesagt worden, dass so nicht weitergehe und er zu den „Republikanern“ sollte. Mit dem „Sturm 18“ habe er gar nichts mehr zu tun gehabt. Michel Fr. habe zu dem Zeitpunkt wohl im Gefängnis gesessen. Der habe „nur Scheiße gebaut“ uns sei bei ihnen aus der Kameradschaft geflogen und dann zum „Sturm 18“ gegangen. Jetzt sei er bei den Bandidos gewesen, schon wieder raus geflogen und wieder einem anderen Motorradclub beigetreten. Zum Anführer des „Sturm 18“ sagt Gä., dass erst Tödter der Anführer war, dann dieser Stanley, weil Tödter in U-Haft gewesen sei und dann habe Tödter einen „Möchtegern-Sturm 18“ mit Trinkern vom Kasseler Königsplatz gegründet. Getroffen hätten sie sich in Stanleys Wohnung oder in “Mellis Eck” an der Hauptpost. Im „Mellis Eck“ sei er auch mal dabei gewesen, als Michel Fr. aus dem Gefängnis entlassen wurde. Die seien in erster Linie grüppchenweise mit ihren Autos auf Konzerte gefahren, auch ins Ausland. Das wisse er aber nur vom Hörensagen. „Heinz“ habe gewollt, dass er sich mehr abkoppele und „Alex“ habe gewollt, dass er sich wieder mehr in die Gruppen integriere. Das habe er aber nicht gewollt, er sei Vater geworden.
Götzl hält vor, dass Gä. gesagt habe, er könne zu Konzerten nichts sagen, erinnere sich aber an ein Konzert mit „Oidoxie“. Das sei in Belgien oder Polen gewesen, sagt Gä. Auf die Frage, ob er sich daran erinnere, sagt Gä.: „Was heißt Erinnerung?“ Es habe ja auch Konzerte von „HKL“ [= Hauptkampflinie, Rechtsrock-Band, Anm. d. Red.] gegeben, das stehe ja im Internet. Deswegen sei er ja auch in Internetcafés gegangen, da habe er das zeigen sollen. Götzl sagt, es komme auf seine Fragen von Gä. Nichts und Gä. sei erst auf Vorhalte hin präsent. Gä. sagt: „Weil ich selber eine Oidoxie CD hatte.“ Das sei aber Jahre her. Götzl hält vor, Gä. habe „den Leihgabe“ [phonetisch, gemeint ist Michel Fr.] angesprochen, warum er ein T-Shirt mit der Aufschrift „Security“ trage. Gä. sagt, Michel Fr. sei ja nicht nur beim Sturm 18 gewesen, sondern bei einer anderen Gruppe, deren Name er nicht mehr sagen könne, für die sei er Türsteher gewesen. Konzerte seien überwiegend im Ausland gewesen, zu Konzerten in Kassel könne er nichts sagen. Götzl hält vor, in der Vernehmung sei die Rede von einem Konzert von 2006, von dem es einen Videomitschnitt gegeben haben soll. Ja, die DVD habe er an die Polizei weiter gegeben, er wisse nicht, wo das Konzert stattgefunden hat, so Gä. Die DVD habe er von Michel Fr. oder Martin Mü. bekommen. Auf dem Video habe er Michel Fr. und Björn W. erkannt. Selber sei er nicht auf dem Konzert gewesen. Götzl fragt, ob Gä. jemals vor 2011 den Begriff NSU gehört habe. Der Zeuge sagt: „Ja, 2006.“ Dann korrigiert er sich und sagt: „Nein, 2006 kann gar nicht sein, das ist später gewesen.“ Es habe ihn, seit er bei der Polizei gewesen sei, ja auch interessiert. Früher habe es normale Gruppierungen gegeben und dann „sowas wie einen Untergrund“. Er habe davon durch die HNA [= Hessische/Niedersächsische Allgemeine, A.d.R.] erfahren. Er habe auch die Nachrichten gesehen. Götzl fragt, ob Gä. etwas davon erfahren habe, bevor die Medien berichtet hätten. Das verneint Gä., er habe sich erst damit beschäftigt, als die Vorladung gekommen sei. Der Begriff sage ihm etwas aus dem Internet und einer N24-Reportage. Götzl hält vor, Gä. habe bei der Polizei auf die Frage gesagt, Mike Sa. habe mal gesagt, dass er den THS kennt. Gä.: „Ja, der Mike Sa., der kennt ja alles.“ Mike Sa. befasse sich viel mehr mit so etwas als er selbst, so Gä. weiter, der sei auch auf jede Demo gegangen

Es folgt die Mittagspause bis 13.23 Uhr. Danach geht es nochmal um das Oidoxie-Konzert, das laut Gä.s heutiger Aussage in Belgien oder Polen stattgefunden habe. Götzl sagt, in der Vernehmung stehe nur, dass wohl auch Belgier auf diesem Konzert gewesen seien. Gä. sagt: „Okay. Ich weiß definitiv, dass es in Belgien oder Polen gewesen ist.“ Michel Fr. sei auch bei einer anderen Kameradschaft als „Sturm 18“ gewesen, deren Name sei ihm aber nicht geläufig, für die habe Fr. Security-Dienste gemacht, sagt Gä. auf Frage. Die seien nicht auf Demos gegangen. Das wisse er, so Gä., aus „Mellis Eck“, er habe ja auch „Bierchen mit denen getrunken“. Von einem Oidoxie-Konzert am 18. März 2006 in Kassel wisse er nichts. Er habe nur die DVD gekannt, da habe es geheißen Fr. und W. „pogen da rum“. Götzl will wissen, ob Gä. seinem V-Mann-Führer Te. Infos über Konzerte gegeben habe. Gä.: „Ja, das mit dem Wegfahren.“ Dann spricht er von einer Sonnwendfeier in Grevenstein, da sei ein Gitarrenspieler angeheuert worden. Götzl fragt, ob Gä. Andreas Te. Informationen zu einem Konzert in Kassel am 18. März 2006 gegeben habe. Gä. verneint das, daran könne er sich nicht erinnern. Über sonstige Konzerte habe er mit Te. „nur vom Hören her“ gesprochen, etwa dass „HKL“ in einer privaten Scheune gespielt hätten „oder sonstwas“. Götzl fragt nach „ Verschwörung“ [Rechtsrock-Band]. Das habe er selber gehört, aber er sei nie auf Konzerten gewesen. Dann sagt er, er überlege, damals hätten die ja noch „Lunikoff“ geheißen. Sein Bruder sei ca. 1999 mal auf einem Konzert von denen gewesen. Michel Fr. habe er 1998 kennengelernt, als der bei „Sturm 18“ gewesen sei, Kontakt hätten sie noch gehabt, bis Fr. ihm die E-Mail „mit dem Maulwurf“ geschickt habe. Götzl zitiert einen Vermerk eines Kriminaloberkommissars St.: Gemäß eines Berichts von Te. von 2005 habe Gä. berichtet, dass Rö. Anführer des „Sturm 18“ sei, dies wolle Gä. von Michel Fr. erfahren haben. Gä. sagt, das sei richtig. Götzl hält weiter vor, „Sturm 18“-Mitglieder würden als Security bei Konzerten heran gezogen, z. B. bei „Lunikoff Verschwörung” Gä.: „Also es war nicht die Lunikoff Verschwörung, sondern Lunikoff.“ Den Namen „“ habe er mal auf einem Auto gelesen, so Gä. auf Frage Götzls, sonst wisse er nichts dazu. Götzl hält aus der Zeugenvernehmung von Fr. vor, dieser habe angegeben, im Kontakt mit „Sturm 18“ stehe eine Gruppe namens „Streetfighter Crew“, die für die Band Oidoxie als Security fungiere. Das stimmt so nicht, er kenne da nur den Conni He. [phonetisch]. Götzl fragt, was nicht stimme. Gä. sagt, der Conni He. sei „so ein Streetfighter“ und die hätten Security gemacht, He. und Fr. seien befreundet gewesen, aber er wisse nicht, ob der Conni Rechtsradikaler gewesen sei. Der Name Daniel Hu. sage ihm nichts, so Gä. auf Vorhalt. Einen „Mario“ kenne er vom Fußball, der habe den Spitznamen „Lev“ und sei auch in den „Sturm 18“ eingetreten.

Dann fragt Nebenklagevertreter RA Bliwier. Auf dessen Frage sagt Gä. er könne nicht mehr genau sagen, wann das letzte Treffen mit Te. gewesen sei. Als möglichen Anlass nennt Gä. sein Geld. Er habe eigentlich jeden Monat Geld bekommen, nachdem Te. nicht mehr zuständig gewesen sei dann von „Heinz“. Bliwier fragt, wann Gä. das erste Mal Geld von „Heinz“ bekommen habe, und Gä. sagt, das sei 2002 gewesen. Bliwier erläutert, dass es nicht um die Zeit vor, sondern um die nach Te. gehe. Das müsse Mai, Juni oder Juli gewesen sein, so Gä. Er habe monatlich 225 Euro bekommen. Bliwier sagt, es ergebe sich aus den Akten ein telefonischer Kontakt. Bliwier nennt eine Handynummer. Götzl fragt, wo das stehe. Bliwier sagt, das ergebe sich aus einem Aktenvermerk in Akten, die er in einem Beweisantrag überreicht habe. Das sei auch Gegenstand des Antrags auf Beiziehung der Ermittlungsakten zu Te. gewesen. Es liege dem Senat nicht vor, sagt Bliwier, und nennt die Fundstelle. Es handele sich um eine Auswertung eines Gesprächs vom 28. April 2006. Auf Frage von Bliwier sagt Gä., Daniela Gä. sei seine Ex-Frau, deren Handynummer könne er nicht sagen, er merke sich keine Handynummern. Bliwier beginnt aus der Auswertung zu zitieren, wird aber von Wohllebens Verteidiger Klemke unterbrochen. Klemke sagt, er habe das nicht in den Akten, deswegen könne er die Richtigkeit nicht überprüfen, daher widerspreche er. Götzl sagt, das sei mit dem Beweisantrag Bliwiers überreicht worden. Bliwier zitiert dann: „Hey Alex, ich bins, Benny, ich wollt dir nur sagen, es ist Post gekommen, wenn du dein Handy anmachst, kannst ja mal anrufen.” Daran erinnere er sich nicht, so Gä. Dann sagt er, es habe ja schon das Thema „Republikaner“ gegeben. Er habe ja auch mal mehr Geld bekommen, 275 Euro. Wann ihm das wieder gekürzt wurde, könne er nicht mehr sagen, so Gä. auf Frage von Bliwier. Was „es ist Post gekommen“ bedeute, könne er leider nicht mehr sagen. Bliwier fragt, ob Gä. es ausschließen würde, dieses Telefonat geführt zu haben. Gä. sagt, er wisse es nicht mehr, er sehe ja was mit den Telefonaten alles passiert, das habe er im Internet gelesen. Bliwier fragt, ob es Gä. vielleicht helfen würde, wenn man ihm das Telefonat vorspiele. Gä. sagt, vielleicht habe es etwas mit den „Republikanern“ zu tun, es könne gerne abgespielt werden. Gä. sagt, er erinnere nicht, dass es mal Gespräche mit Te. darüber gegeben habe, ob man sich im Internetcafé in der Holländischen Straße treffen könne. Nur seine Verlobte habe ihm mal im Vorbeifahren dieses Internetcafé gezeigt. Bliwier fragt, ob Gä. mal vom LfV in Bezug auf den Mord befragt worden sei. Das verneint Gä, nur die Polizei „oben“ habe ihn befragt. Bliwier wiederholt die Frage, ob Te. Gä. mal gebeten habe, dass man sich im Internetcafé Holländische Straße treffen könne. Gä. sagt, soweit er sich erinnere, nicht. Bliwier möchte aus Akten vorhalten, die dem Senat nicht vorliegen „aus bekannten Gründen“. Götzl sagt, Bliwier solle dann eine Kopie der Vorhalte übergeben. Es folgte eine laut Ankündigung zehnminütige Pause, die jedoch über eine halbe Stunde dauert.

Um 14.27 Uhr geht es weiter. Bliwier fragt Gä. dann, ob es ein Gespräch beim LfV gegeben habe über Te. Das bestätigt Gä., er habe ja jetzt lange genug Zeit gehabt, um zu überlegen. Bliwier sagt, die Frage, ob er nach dem letzten Treffen mit „Heinz“ weiteren Kontakt zum LfV gehabt habe, sei Gä. auch bei seiner polizeilichen Vernehmung gestellt worden. Da habe Gä. gesagt, es sei ungefähr ein Jahr später gewesen, da sei ein Mitarbeiter des Verfassungsschutzes auf ihn zugekommen und habe ihn über seine Schweigepflicht belehrt und er habe auch noch eine Erklärung unterschreiben müssen. Gä. sagt, der einzige, der ihn belehrt habe, sei „Heinz“ gewesen”. Bliwier hält noch einmal vor und fragt, wer der VS-Mitarbeiter war, der ihn belehrt habe. Wieder sagt Gä., dass es „Heinz“ gewesen sei. Bliwier fragt dann zu der Befragung, an die sich Gä. durch die Pause erinnert habe, und will wissen, ob die vor oder nach der Belehrung stattgefunden hat. Gä. sagt, das sei genau das gleiche Treffen gewesen wie das an der Hauptstraße. Bliwier erläutert, dass es um die Befragung durch das LfV geht: „Darüber sprechen wir.“ Er will wissen, ob die vor oder nach dem Kontakt mit Heinz gewesen sei. Gä. sagt, er glaube, die sei danach gewesen. Es seien eine Frau und ein Mann gewesen. Bliwier fragt nach einem Herrn H. Da interveniert der Zeugenbeistand Hoffmann, das beziehe nicht auf den Sachverhalt, den Bliwier eben angesprochen habe. Bliwier sagt, das sei kryptisch, er halte seine Frage aufrecht und fordere ggf. Ordnungsmittel gegen den Zeugen. Bliwier sagt, die Aussagegenehmigung liege ja vor, das Thema Befragung durch das LfV sei da nicht eingeschränkt. Es wundere ihn, Bliwier, dass der Zeugenbeistand da interveniert ohne dass der Zeuge sich geäußert habe und bitte darum, dass das protokolliert wird. Götzl fragt, ob für einen kurzen Moment unterbrochen werden solle. Bliwier sagt, er weise für die Beratung darauf hin, dass der Zeuge ja Angaben gemacht habe zu seinen Kontakten. Es erstaune schon, dass er denkt, er müsse das nun nicht mehr machen. Es folgt eine Unterbrechung bis 14.55 Uhr.

Danach sagt Zeugenbeistand Volker Hoffmann, man wolle zuerst noch einmal die Frage hören. Bliwier sagt, es gehe um die Befragung beim LfV und er wolle wissen, wo und durch wen befragt worden sei und was der Inhalt sei. Hoffmann sagt, das habe er befürchtet, es gehe über die Genehmigung hinaus.. Bliwier fragt, warum. Hoffmann sagt, die Genehmigung beziehe sich auf Aussagen, die sich auf den im April 2006 für Gä. zuständigen Mitarbeiter beziehen. Das sei Te. gewesen „oder wie auch immer er heißen mag“. Soweit es, so Hoffmann weiter, darüber hinaus gehen sollte, sei es nicht statthaft. Bliwier verlangt, dass das protokolliert wird. Götzl sagt, das sei keine Frage der Protokollierung. Ob die Frage beantwortbar sei, wenn die Aussagegenehmigung erweitert würde, sei eine andere Frage. RA Scharmer fragt, wer eigentlich Auftraggeber des Zeugenbeistands ist, nach Aktenlage könne das das LfV sein. Er erwäge einen Antrag auf Ausschluss des Zeugenbeistands zu stellen, weil der Beistand nicht nur den Interessen des Zeugen verpflichtet erscheine. Der Zeuge habe sich noch nicht dazu geäußert, es stelle sich die Frage, wen Hoffmann hier eigentlich vertrete. Gä. berät sich mit Hoffmann. Bliwier sagt, es sei schon interessant, dass man sich darüber beraten müsse. Ohne Mikrofonverstärkung sagt Gä.: „Soll ich nein sagen?“ Dann sagt er laut: „Nein.“
Bliwier sagt, es gebe einen Vermerk, wo Gä. befragt worden sein solle vom LfV. Da stehe, dass Te. den Besuch eines Internetcafés in der Holländischen Straße vorgeschlagen habe, Gä. habe das aber abgelehnt, denn der Betreiber sei ein Türke und von einem Bekannten wisse er „von den schmutzigen Räumen”. Gä. verneint, dass es so ein Gespräch mit Te. gegeben habe. Bliwier sagt, dann habe das LfV einen falschen Vermerk geschrieben. Gä. sagt, dann sei das falsch. Bliwier sagt, Gä. solle laut Vermerk den Besuch dieses Internetcafés abgelehnt haben, ein naher Verwandter wohne in der Nachbarschaft. Gä. wiederholt, dass es so ein Gespräch mit Te. nicht gegeben habe. Bliwier sagt, Gä. habe angegeben, nach dem Treffen, wo er die Erklärung habe unterschreiben müssen, habe es bis zum 23. April 2o12 mit dem LfV überhaupt keinen Kontakt mehr gegeben. Das bestätigt Gä. Dann sei also die Befragung durch das LfV „kein Kontakt“, erwidert Bliwier. Gä.: „Ja, nicht ganz.“ Beistand Hoffmann sagt, der Zeuge sei seit 3.30 Uhr wach. Bliwier erwidert, Hoffmann solle es sagen, wenn er den Zeugen nicht mehr für vernehmungsfähig halte. Bliwier fragt nochmal, ob es eine Befragung durch das LfV gegeben habe, was Gä. bestätigt. Dann fragt Bliwier, wie das zu der Aussage passe, dass Gä. die Erklärung unterschreiben und dann bis 2012 keinen Kontakt mehr zum LfV gehabt habe. Gä.: „Weiß ich nicht.“ Bliwier fragt, ob im Vorfeld der [polizeilichen]Vernehmung jemand vom LfV an Gä. heran getreten sei. Gä.: „Das ist die Frage von vorhin, oder?“ Bliwier verneint das. Zeugenbeistand Hoffmann sagt, auch darauf beziehe sich die Aussagegenehmigung nicht. Bliwier sagt, der Zeuge habe dazu bereits ausgesagt und er erwäge einen Antrag, Hoffmann zu entbinden. Er wiederholt die Frage. Gä. sagt, er wisse es nicht, er blicke jetzt überhaupt nicht mehr durch. Bliwier hält aus der Vernehmung vor: „Danach hatte ich bis zum 23.4. mit dem LfV überhaupt keinen Kontakt mehr. An diesem Tag bin ich von zwei Mitarbeiter aufgesucht worden, der mich auf die Vernehmung ansprach.“ Gä. versteht offenbar nicht, um welche Vernehmung es geht. Götzl erläutert, dass es um die Angaben vor der Polizei gehe. Bliwier fragt, ob Gä.s Zeugenbeistand diese Vernehmung vom 26. April 2012 in seinen Akten habe. Götzl interveniert, das betreffe das Mandatsverhältnis. Gä. sagt, das wolle er nicht beantworten. Dann fragt Bliwier, ob Gä. die Vernehmung habe. Nicht dass er wüsste, so Gä. Hoffmann sagt, sie hätten keine Protokolle bekommen. Bliwier hält weiter aus der Vernehmung vor, die beiden LfV-Mitarbeiter hätten Gä. laut Vernehmungsprotokoll mitgeteilt, dass sie sich dringend mit ihm treffen wollen. Gä. sagt, er erinnere sich nicht, das sei „alles so durcheinander hier in letzter Zeit“. Götzl sagt, wenn Gä. eine Pause brauche, solle er es sagen, es gehe nicht nach dem Motto: „So schnell wie möglich raus kommen.“

Götzl fragt bei den Verfahrensbeteiligten ab, wie viele Fragen voraussichtlich noch gestellt werden. Dazu geht der Zeuge mit seinem Beistand nach draußen. Mehrere Nebenklagevertreter_innen kündigen Fragen an den Zeugen an. RA Bliwier sagt, es gehe in seiner Befragung darum, ob Einfluss genommen wurde vom LfV. Weitere Nebenklagevertreter_innen kündigen Fragen zum LfV, zum Kontakt des Zeugen mit Te., zu Kontakten in Kassel und Nordhessen sowie zu Neonazi-Strukturen in Niedersachsen und Thüringen an. RA Scharmer sagt, er wolle anmerken, dass der Senat darüber nachdenken möge, ob der Zeugenbeistand nicht ausgeschlossen werden müsse, er finde keine Vollmacht in den Akten. RAin Lunnebach sagt, der Zeuge habe auch Fragen zu „Heinz“ beantwortet, und da sei es ja nicht wie in der Aussagegenehmigung vorgegeben um Andreas Te. gegangen. Da habe sie Probleme mit der Aussagetüchtigkeit. RA Heer, Verteidiger von Zschäpe, sagt, er verstehe einige Kollegen überhaupt nicht, es gebe für ihn keine Anhaltspunkte, dass Hoffmann nicht der Anwalt des Zeugen sei. Scharmer erwidert im polizeilichen Vernehmungsprotokoll stehe, dass der Anwalt da auch schon gesessen habe und fragt, ob Heer das gelesen habe. Götzl sagt, man müsse schauen, ob man die Aussagegenehmigung erweitern könne. Scharmer sagt, ihm gehe es um die Frage, ob der Zeugenbeistand dem Zeugen verpflichtet ist oder anderen Interessen, was ja auch der Zeuge noch nicht beantwortet habe. Zschäpes Verteidiger RA Stahl sagt, es sei doch ein völlig üblicher Prozess, dass eine Firma oder Behörde einen Zeugenbeistand zur Verfügung stellt, der dann die Rechte des Zeugen wahrnimmt. Scharmer sagt darauf, nach neuer Rechtslage sei das jetzt ein originärer Ausschlussgrund. Bei der Akte sei keine Vollmacht, auch bei der polizeilichen Vernehmung sei die Genese dieses Mandats schon dargestellt. Er habe den Eindruck, dass der Zeugenbeistand hier die Fragen beantworten oder vereiteln wolle. Götzl sagt, so sei es nicht. RAin Pinar sagt, sie verstehe die Diskussion nicht, in den Akten sei das Schreiben des LfV Hessen, wo angekündigt werde, dass das LfV den RA Hoffmann zur Verfügung stellen und bezahlen werde. Sie beantrage dieses Schreiben zu verlesen zum Beweis der Tatsache, dass der Zeugenbeistand des Zeugen Gä. vom Landesamt für Verfassungsschutz Hessen bezahlt wird. Götzl sagt, auch die unterschrieben Vollmacht finde sich in den Akten; Götzl verliest sie.

Nach einer Unterbrechung teilt Götzl mit, dass die Vernehmung Gä.s morgen fortgesetzt wird und auch Andreas Te. morgen wieder komme; Enrico Th. sei abgeladen. Der Verhandlungstag endet um 15.52 Uhr.

Die Nebenklagevertreter RA Alexander Hoffmann und RA Dr. Björn Elberling kommentieren:

„Wie sinnlos Entscheidung [des Gerichts, die Ermittlungsakte des eingestellten Strafverfahrens gegen Temme nicht zu den Prozessakten beiziehen zu lassen]ist und zu welchem umständlichen Prozedere sie führt, wurde bei der heutigen Vernehmung des damaligen V-Mannes von Temme deutlich. […] Es entstand die absurde Situation, dass der Vorsitzende die Seiten, die dem Zeugen vorgehalten wurden, ausgedruckt vorgelegt haben wollte – nachdem er gerade die Beiziehung u.a. dieser Seiten abgelehnt hatte. […] Wenn der Vorsitzende an der von ihm nun angeordneten, äußerst umständlichen Prozedur festhält, wird sich diese Vernehmung noch einige Zeit hinziehen. Der Vorsitzende Richter Götzl scheint erhebliche Probleme zu haben, unwillige Zeugen zum sprechen zu bringen. Seine Verhandlungsführung führt zurzeit zu einer erheblichen Verzögerung des Verfahrens.“

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