Protokoll 77. Verhandlungstag – 22. Januar 2014

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Der 77. Tag drehte sich komplett um den Mord an Michèle Kiesewetter und den Mordversuch an ihrem Kollegen Martin A. Ein Gerichtsmediziner rekonstruierte aus den Schussverletzungen das Tatgeschehen, dabei berücksichtigte er eine Jogginghose, die Zwickauer Brandschutt gefunden wurde, aber aufgrund der Blutspritzer vom Mörder Kiesewetters getragen worden sein muss. Ein Ermittler des LKA Baden-Württemberg berichtete, dass an einer Kontrollstelle in Heilbronn kurz nach der Tat ein Wohnmobil registriert wurde, das auf den Namen des Angeklagten Ge. ausgeliehen worden war. Nachmittags sagte ein Beamter des BKA zu den Ermittlungen in Heilbronn aus. Er berichtete über die Dienstpläne Kiesewetters und ihr privates Umfeld und den Ku-Klux-Klan, in dem Polizisten Mitglied waren. Gründe für eine gezielte Tat gegen Kiesewetter konnten die Ermittler laut seinen Aussagen nicht feststellen, doch hier blieben verschiedene Fragen offen, insbesondere zu ihren Einsätzen bei Demos von Neonazis.

Zeug_innen:

  • Prof. Dr. Heinz-Dieter Wehner (Arzt für Gerichtsmedizin, zur Tatrekonstruktion Heilbronn)
  • Jamil-Ahmat C. (Tatortzeuge Heilbronn)
  • Ronald Kö. (KHK bei der Polizei Gotha, Waffen im Wohnmobil)
  • Jochen Gu. (LKA Baden-Württemberg, Ermittlungen zum Wohnmobil in Heilbronn)
  • Holger Sch. (KHK beim LKA Brandenburg, Auswertung von Waffen)
  • Joachim Merkel (Diplomphysiker beim LKA Baden-Württemberg, Auswertung von Schmauchspuren in Heilbronn)
  • Martin Gi. (Kriminalbeamter beim BKA in Meckenheim, Ermittlungen zu Heilbronn)

Als erster Zeuge wird der Sachverständige (SV) Prof. Dr. Heinz-Dieter Wehner, 71, in Tübingen Arzt für Gerichtsmedizin gehört. Er soll zunächst die Ergebnisse der Obduktion von Michèle Kiesewetter darstellen, bittet ihn der Vorsitzende Richter Manfred Götzl. Der Zeuge zählt zunächst die Informationsquellen auf, die ihm zur Verfügung standen: Eine Computer-Tomographie des Schädels der Toten, die Vermaßung der Leichenauffindeörtlichkeit, eine Darstellung des Opfers, die Obduktionsergebnisse, sowie vom Opfer Martin A. eine CT des Schädels. Anhand eines Folienvortrages dokumentiert der sachverständige Zeuge sein Vorgehen. Sie hätten zunächst anthropomorphe Dummies entwickeln müssen, um alles zu rekonstruieren: Die CTs seien mit einer Oberfläche belegt worden, welche man dann an eine anthropologische Puppe eingepasst habe, so entstehe ein fertiger Dummy. Sodann lege man durch die Schädeldarstellungen eine Frankfurter Ebene: alle Schussmaße würden sich in diese Ebene einordnen lassen.

Er berichtet die Körpergröße (174 cm) und anderen Maße, die die Obduktion ergeben hätten. Die CT von Kiesewetters Schädel zeige deutlich eine Lücke mit Brüchen, die sich strahlig hinterhaupts und stirnwärts ausbreiteten. Das deute darauf hin, dass im Hirnraum erheblicher Druck entstanden sein müsse, denn es handele sich um Sprengungs- oder Berstungsbrüche. Auf der rechten Seite sehe man beim Jochbeinbogen die Ausschußzerstörungen. Bei der Obduktion werde zunächst die Leiche beschrieben: kopfwärts vom linken Ohrrand sei der Defekt vollständig adaptierbar und somit mit Ein- und Ausschuss kompatibel. An der Lücke am linken Jochbein seien avitale Vertrocknung festgestellt worden. Im Brustinnenraum sei kräftige Blutaspiration in der Luftröhre festzustellen, Blutreste hätten sich über die Bronchien bis in die Lunge nachweisen lassen. Sodann sei der Schußkanal sondiert worden, der von links nach rechts verlaufe. Richter Götzl fragt noch einmal dezidiert nach Kiesewetters Todesursache. Der Sachverständige erklärt, dass die Hirnbasis zerstört worden sei, es sei ein Kopfschuss mit anschließender sofortiger Funktionsunfähigkeit des Gehirns gewesen.

Götzl fragt dann nach dem Schusskanal beim zweiten Opfer Martin A. sowie nach der Größe und dem Standort des Täters usw. Aus den vorgefundenen Befunden sei ein Dummy konstruiert worden, erklärt der Sachverständige. Das sei zunächst nur unter Ausnutzung der Schädel-CT von Kiesewetter geschehen, dann mit dem ganzen ganzen Körper. Die Rekonstruktion laufe dann über ein Poser-Programm, in welchem der errechnete Dummy vollständig beweglich sei. Es werde dann der Kopf, auf den Dummy aufmatcht, und mit der echten CT-Oberfläche verbunden. Er zeigt dazu stets Folien. Aus der aus dem CT ersichtlichen Oberfläche des Opfers Kiesewetter sei so ein Dummy berechnet worden. So sei die Schussbahn rekonstruiert worden: die typische Ein- und Ausschussschuss-Linie hinterm Ohr rein und unterm Auge raus sei auf den Dummy montiert worden. Analog sei das Modell des Opfers A. erstellt worden, obwohl da nur Schädel-CTs vorgelegen hätten. Er nimmt das CT in Augenschein: Aufnahmen von unten, schichtweise. Die Defekte des Felsenbeins und dahinter der Defekt der Schädelkalotte, der Ausschussstelle. Darin seien winzige metalldichte Teilchen zu sehen, offensichtlich habe sich das Geschoss hier zerlegt. Die Einschusslücke lasse sich gut auf einer Oberfläche vom Krankenhaus Ludwigsburg erkennen. Hier sei kein gerader Schusskanal festzustellen: die Kugel komme senkrecht zum Felsenbein. Neben dem rechten Ohr befinde sich der Einschuss, hinter dem Ohr am Hinterkopf der Austritt. Zur Rekonstruktion sei ein 176 cm großer Dummy gematcht worden. Außerdem seien Bilder der Hände von Martin A. aus der Intensivstation einbezogen worden, an denen sich punktförmige Blutantragungen als Spritzspuren erkennen ließen.

Nun seien die Dummies in die Tatortszene einpasst worden, welche von der Polizei vorgegeben worden sei. Ein Fixpunkt der Berechnungen im Falle Kiesewetter sei die „Anbindungen“, die Stanzmarke des einen Projektils in der Mauer im Kellerschacht des Transformatoren-Häuschens gewesen. Ein zweiter Fixpunkt im Falle A.s das Projektil seitlich rechts in der Rückenlehne des Fahrersitzes. Jetzt seien die Puppen ins Szenario gesetzt worden: Kiesewetters virtueller Kopf sei nun so bewegt worden, dass Ein- und Ausschuss im Kopf mit der Stanzmarke an der Mauer eine Schussbahn ergeben hätten. Dasselbe Procedere wird beim Opfer A. vorgenommen: Er muss nach hinten geblickt und eine Hand angehoben haben, denn diese muss in der Nähe einer spritzenden Quelle gewesen sein.  Nun sei man zur Täterrekonstruktion geschritten, der im Falle A.s leicht hinter ihm gestanden haben müsse, im Falle Kiesewetters ziemlich neben ihr. Um die Positionen und Größe der Schützen berechnen zu können, sei eine Matrix angefertigt worden. Vorgabe der Kriminaltechnik war, dass der Abstand der Täter zum Opfer nicht unter 65 cm gewesen sein könne (s.u. Schmauchspur-Analyse). Man habe also für 75, 100 und 125 cm Entfernung, Tätergrößen von 1,95, 1,75 und 1,60 Meter berechnet und so die bequemste Schussposition als die Wahrscheinlichste angenommen. All das wird mit Tabellen und Folien verdeutlicht. Dann seien noch Szenarien für offene Türen, für geschlossene Türen und offene Fenster durchgerechnet worden. Es entstehe so ein Schussbahn-Kegel aller möglichen Positionen und Winkel aller möglichen Schüsse, die mit der Anbindungsstelle im Kellerschacht korrspondierten. Weitere Simulation seien für das Szenario mit lediglich offener Beifahrertür berechnet, wo immer noch fast die gesamte Fensterfläche auf Kiesewetters Seite bei aufrechtem Kopf und gesenkten Kopf Kiesewetters für die Flugbahn möglich sei. Wenn auf A. Seite die Tür ebenfalls geschlossen und nur das Fenster offen gewesen wäre, wäre nur noch eine stark eingeschränkt Schussabgabe möglich gewesen.

Eine weitere Frage sei gewesen, ob sich aus der Spurenmorphologie und -topologie ermitteln ließe, wo der Träger der mit Blut beschmutzten Täterhose bei der Schussabgabe gestanden haben könnte. Es gebe viele länglich-ovale Spuren, so genannte Abschleuderspuren auf der Hose des Täters. Daraus lasse sich die Flugrichtung der Blutstropfen ableiten. Allerdings liege das Hosenbein ja zylindrisch um das Bein, so dass sich hier Berechnungsfehler einschleichen könnten. Vermessen und berechnet worden seien zwei Areale auf dem linken Hosenbein. Nun gehe es erst einmal um Spurenkunde, erklärt der Sachverständige und führt die Berechnungen möglicher Flugbahnen der Blutsspritzer aus, um zu dem uneindeutigen Ergebnis zu kommen, dass ein oder zwei Spurentypen mit bedingter und andere ohne Kompatibilität anzutreffen seien. Fest stehe, dass eine Spurenquelle vorhanden gewesen, Blut geflogen und dessen „Auswurfenergie“ erheblich gewesen sei. Richter Götzl fragt nach einer kurzen Pause nach, wodurch die Spritzspuren auf der Hose entstanden seien. Man kann nur sagen, so antwortet der Sachverständige, das seien fliegende, kleine Blutteilchen aus retrogradem Blutaustritt, wie sie entweder durch einen Schlag, eine „mechanisch schwere Masse“, in eine Blutpfütze entstanden sein könnten. Es könnten aber auch Sekundärspritzer sein, wenn Blut in Blut falle oder so hoch herunterfalle, dass sich aus einem Haupttropfen ein Teiltropfen bilde, der weiter fliege. Etwa wenn bei einem Menschen von 1,70 m Größe Blut vom Kopf tropfe, dann entstünden solche Sekundärspritzer. Götzl fragt weiter, wie weit entfernt der Täter gestanden haben müsste. Der Sachverständige: Im Meterbereich, eine Entfernung des Schützen von 50-150 Zentimeter sei eine grobe, um nicht zu sagen gröbste Schätzung. Ob das für alle Spritzer gelte, will Götzl weiter wissen. Es gebe noch feinstaubige Spritzer, je feinstaubiger der Spritzer, desto größer sei die Austrittsenergie aus der Quelle, so der Sachverständige. Götzl fragt weiter nach dem zeitlichen Rahmen der Entstehung der Spritzer. Unterhalb einer Sekunde, erwidert der Sachverständige.

Ein Richter-Kollege Götzls fragt, ob Befunde erhoben worden seien, die den Tod Kiesewetter begründen könnten ohne Kopfschuss. Nein, antwortet Wehner. Auf weitere Nachfrage bestätigt der Sachverständige , dass nicht lineare Schusslinien wie bei A. ein bekanntes Phänomen seien.

RA Martinek [Nebenklagevertreter von Martin A.] will wissen, ob bei der Schussbahn bei A. ein Linkshänder als Täter in Betracht komme. Das sei denkbar, so Wehner, das könne man nicht ausschließen. Man sei bei der Rekonstruktion jedoch von einem Rechtshänder ausgegangen. Martinek insistiert, ob der Sachverständige bei seiner Einschätzung bleibe, selbst wenn es mehr Wahrscheinlichkeit gäbe, dass der Täter Linkshänder gewesen sei. Ja, so Wehner, da man bei der Rekonstruktion ja retrograd vorgehe: Man habe die Schussbahn, dann die Waffe und da „hänge man den Mann dran“. Sei denn dann nicht eine gegenseitige Verletzungsgefahr der Schützen gegeben, bohrt Martinek weiter. Nein, die Antwort des Sachverständigen, denn die sind ja versetzt gestanden. Nach Inaugenscheinnahme der Folie wird klar, dass das doch möglich gewesen wäre, dass der Schütze ein Linkshänder gewesen wäre.

RAin Wolf [Nebenklagevertreterin der Mutter von M. Kiesewetter] fragt, wie es zur Blutaspiration gekommen sein könne, wenn der Tod durch Kopfschuss eine sofortige Funktionsunfähigkeit eingetreten sei. Der Sachverständige sagt, dass vom Stammhirn die Atmungsaktivität gesteuert werde, deshalb gehe die Aspiration noch kurz weiter, jedoch unter einer Sekunde. Wolf fragt zur Täterposition nach und ob es stimme, dass je kleiner der Täter gewesen sei, desto näher hätte er herankommen müssen. Das stimme nicht, erwidert Wehner. Es sei so, dass es Vorgaben des LKA und des Sachverständigen Merkel gegeben habe, was den Abstand (errechnete Mindestdistanz des LKA: 65 cm) angehe. So ergebe sich, dass je kleiner der Täter gewesen sei, desto höher habe er die Waffe bei vorgegebener Mindestdistanz heben müssen. Wolf will weiter wissen, ob die Blutanhaftungen an der Hose so auch hätten entstehen können, wenn die Fahrertür zu gewesen und durch das Fenster geschossen worden wäre. Der Sachverständige bejaht: Beim Kopfschuss auf Kiesewetter habe Blut abgesondert werden können, das auch bei geschlossener Tür die Hose hätte treffen können.

RA Narin fragt, ob der Träger der Hose während der Schussabgabe auch auf der Beifahrerseite hätte stehen können, was verneint wird. RA Langer fragt, ob die Kopfhaltung A.s geradeaus gewesen sei. Der Sachverständige verneint: Er würde vorsichtig sagen, dass bei Schußauftreffen beide Köpfe nach rechts ausgerichtet gewesen seien. A. habe deutlich zur rechten Tür geguckt bei erhobener Hand. Zschäpe-Verteidiger RA Heer fragt ob es zwingende Rückschlüsse auf zwei Schützen gebe. Das lasse sich nur anhand von Schussbefunden sagen, sonst könnte auch er, der Sachverständige, das nicht unterscheiden. RA Erdal fragt, ob er ausschließen könne, dass es zwei Schützen gewesen seien. Die Antwort lautet: Nein. BAW-Vertreter Weingarten konstatiert, dass ein Linkshänder in der Position des Schützen bei A. im Schussfeld des Täter bei Kiesewetter hätte stehen können. Ob ein Linkshänder seinen Körper möglicherweise auch mit links in sicherer Position hätte halten können. Der Sachverständige bejaht. Dann wird er entlassen.

Als nächstes kommt der Zeuge Jamil-Ahmat C., der bei einem Geld- und Wert-Transport in Heilbronn arbeitet. Götzl fragt ihn nach seinen Wahrnehmungen am 25.4.2007. Er sei von der Post am Bahnhof gekommen, das sei sein täglicher Fußweg nach Hause gewesen. Er habe ein Polizeiauto mit offenen Türen gesehen, bei dem, so dachte er zunächst, gelbe Kartons stünden. Er sei dann weiter gegangen. Auf dem Platz sei gerade eine Fiesta aufgebaut worden. Erst jetzt habe er sehen können, dass die vermeintlichen Kartons die gelben Hemden von Polizisten waren, die aus dem Auto hingen. Er sei dem Auto nahe gekommen: habe die Polizei rufen wollen, die sei aber schon da gewesen. Man habe ihm gesagt, er solle weggehen. Das sei etwa um 14 Uhr gewesen. Er sei genau neben dem Auto, ein paar Meter entfernt gestanden und gesehen, dass die Waffe der Polizistin gefehlt habe. Das Auto sei rückwärts zum Fluss geparkt, die Türen offen gewesen, die Polizistin sei herausgehangen. So zehn Leute hätten in etwas Entfernung gestanden, als Zuschauer. Götzl hält ihm vor, dass er in seiner Vernehmung angegeben habe, dass beide Fenster ganz weit unten gewesen seien. Ja, so der Zeuge, das habe er heute nicht mehr in Erinnerung, damals sei die Info ganz frisch gewesen. Ob er sich mit den Personen, die er gesehen habe, unterhalten habe, will Götzl weiter wissen. Nein, sagt der Zeuge, gar nicht. Die Polizei habe gesagt, sie sollten weggehen. Götzl hält vor: „Ich habe den Mann und die Frau mit dem Kind gefragt, ob sie was mitbekommen haben, die sagen nein, sie seien gerade erst gekommen.“ Ja, aber das sei ohne Bedeutung, da sie erst nach ihm da gewesen seien, sagt der Zeuge. Laut Vernehmung habe er auch mit einem Fahrradfahrer geredet, hakt Götzl nach. Nein, sagt der Zeuge, habe er nicht. Er habe währenddessen mit einem Freund telefoniert, der in Hannover wohne. Die Polizei habe das noch am selben Tag überprüft. Der Zeuge verneint die Frage Götzls, ob er Mevlüt Ka. kenne. Der Zeuge wird entlassen.

Der folgende Zeuge ist der Kriminalhauptmeister Ronald Kö., 49, von der PD Gotha. Jetzt geht es um den 4.11.2011. Seine Ermittlungen seien in den Bericht vom 7.11.2011 eingeflossen: er solle davon berichten, bittet ihn Richter Götzl. Er habe an diesem 4.11. Dienst gehabt, es sei ein Freitag gewesen, es sei um einen Banküberfall in Eisenach gegangen. In diesem Zusammenhang sei ein Wohnmobil festgestellt worden, es seien Schüsse gefallen, das Wohnmobil habe gebrannt. Sie seien da hingefahren, um die Kollegen zu unterstützen; Frau Kn. und er hätten sich zur Verfügung gestellt und seien nach Stregda geschickt worden. Sie seien quasi mit der Tatortgruppe vom LKA dort angekommen, er sei offensichtlich gewesen, dass Schusswaffen im Wohnmobil gewesen seien: Seine Aufgabe sei es gewesen, sich um die Waffen zu kümmern. Eine sei eine topaktuelle Waffe gewesen, wie sie bei den Polizeien der Länder angesagt seien. Er habe die Munition aus dem Lauf geholt, es sei Behördenmunition gewesen. Das Wohnmobil sei dann abgeschleppt worden, sie hätten weiter die Tatortgruppe unterstützt. Es seien dann noch weitere Waffen am Tatort gefunden worden. An einer weiteren Waffe sei die Waffennummer vorhanden gewesen, so dass hier ein Zusammenhang mit Heilbronn ersichtlich geworden sei. Er habe das sofort seiner vorgesetzten Stelle mitgeteilt. Es habe sich um eine Heckler & Koch Pistole gehandelt. Eine Inpol-Anfrage habe ein Treffer ergeben, dass es eine Dienstpistole aus Baden-Württemberg vom Kollegen Martin A. gehandelt habe. Es sei eine weitere Pistole H&K im durchgeladenen Zustand im Wohnmobil gewesen. Insgesamt seien noch zwei Pumpflinten gefunden worden. Eine sei wegen der Hitze im Wohnmobil deformiert gewesen. Die zweite Pumpgun sei eine Winchester Defender 1300 gewesen. Sie habe einen offenen Verschluss gehabt, das Patronenfach sei leer gewesen. Richter Götzl fragt nach den zwei Hülsen, die gefunden worden seien. Diese Brennecke-Munition könne aus der Winchester Defender oder der Maverick verschossen werden, sagt der Zeuge. Dann sei da noch ein Trommelrevolver gewesen, eine tschechische Waffe, geladen mit 38er Munition Vollmantelgeschossen. Richter Götzl zitiert noch aus dem Bericht: Übergabe der Leichen am 5.11.11 an die Stadtwerke Eisenach. Ja, sagt der Zeuge, das sei korrekt.

RA Hoffmann fragt nach dem offenen Verschluss der Maverick, was das zu bedeuten habe. Das Bild ergebe sich, wenn der Holm zurückgezogen werde, bevor die nächste Patrone eingeführt werde, sagt der Zeuge. Hoffman will noch wissen, welche besonderen Fähigkeiten er habe, wie er eingangs gesagt habe. Er sei, erwidert der Zeuge, gelernter Jagdwaffen-Mechaniker. Ob der offene Verschluss der Zustand nach einem Schuss sei, fragt Hoffmann weiter. Ja, so der Zeuge, das könne man sagen: entweder sei unmittelbar vorher abgeschossen worden oder die Patrone sei ausgeworfen worden. Es gebe einen kleinen Hebel hinten, um die Waffe ohne Abschießen zu entleeren. Und in der anderen Pumpgun-Waffe? Da sei im Auswurffenster eine Patrone gelegen, sie sei durchgeladen gewesen.

Nach der Mittagspause wird der Zeuge Jochen Gu., 55, vom LKA Baden-Württemberg gehört. Er gehöre eigentlich zur Abteilung Organisierte Kriminalität Rauschgift in Stuttgart, gibt der Zeuge an. Richter Götzl liest sichtlich irritiert eine längliche beschränkte Aussagegenehmigung vor: sie umfasse, heißt es darin, die Ermittlungen der „ Soko Parkplatz“ zu Kiesewetter und A., insbesondere zu gemeinsamen Ermittlungen mit dem LKA Thüringen und zum Wohnmobil. Er dürfe keine Ermittlungsgeheimnisse offenbaren. Götzl lacht trocken nach Ende der endlosen Litanei von Ausnahmen: „Bin ja mal gespannt, was Sie uns zu erzählen haben. [Gelächter] Lass mich mal überraschen, was jetzt alles kommt…“ Es habe sich doch, so Richter Götzl, ganz banal letztlich um das Wohnmobil von Eisenach gehandelt. Nein, erwidert der Zeuge, es gehe um das Wohnmobil in Heilbronn. Er sei erst nach den Ereignisses vom 4.11. am 7.11. zur Soko Parkplatz gekommen und habe vorher keinerlei Soko-Arbeit geleistet. Er sei am Montag, 7.11.11., hingekommen und sei in die Lage eingewiesen worden. Er habe sich generell in den Tatortbefundbericht eingelesen und sich dann die Kontrollstellen angeschaut. Genauer sei es um 33.000 Fahrzeuge im Bereich Heilbronn gegangen, aus denen ein Wohnmobil herausgefiltert worden sei, mit dem Kennzeichen C-PW 87. Das sei in Chemnitz bei der Autovermietung Caravan Ho. registriert gewesen, heute habe es ein anderes Nummernschild und eine andere Halterin. Kollegin He. habe mit der Firma Ho. telefoniert: Dort habe man nichts im Datensatz finden können, weil ja das Auto nicht mehr im Bestand der Firma gewesen sei. Auf gutes Zureden, seien dann noch die Altakten durchgeguckt und entsprechende Daten durchgegeben worden. Es seien dann zwei Seiten durchgefaxt worden: Das eine sei ein Zahlungsbeleg mit dem Namen Gerlach aus Hannover, und einer 0160er-Telefonnumer für den Zeitraum 16.-19. April 2007. Ein Herr E. aus Chemnitz, das besage das andere Papier, habe das Fahrzeug nach der Tat ab dem 27.4.2007 wieder angemietet. Er habe am 10.11.2011 einen Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss erlassen und vollstreckt bei der neuen Halterin. Am 11.11.11 habe KHK He. die Beschlagnahme vollzogen.

Er habe außerdem mehrere Fahrtrouten ausprobiert, um festzustellen, wie schnell man zum Kontrollpunkt kommt. Diese lägen 19 und 23 Kilometer vom Tatort entfernt. Für die Strecke gebe es bei innerorts 50 km/h und außerorts 70 km/h ein Zeitfenster von 24-33 Minuten. Sie hätten dazu Parkplätze in Heilbronn eruiert, die in Frage gekommen seien: südlich von der Theresienwiese und einige weitere an der Seite der Theresienwiese; an der Seite, wo das Fußballstadion sei, und am Wertwiesenpark unterhalb des Stadions 2 Kilometer entfernt und einer jenseits der Otto-Konz-Brücke auf der anderen Neckarkanalseite. Dort sei ein Parkplatz, den sie priorisieren würden, da er zeitnah zu erreichen, vom Tatort aus nicht zu sehen und überdies etwas tiefer gesetzt sei. Es gebe eine Abfahrt direkt auf die 272 und die 293, selbst die Autos führen da 5 Meter tiefer durch einen Tunnel. Auch im Stadtteil Böckingen hätte das Wohnmobil abgestellt werden können. Nach dem 4.11.11 hätten sie die Beamten der damaligen Kontrollstelle aufgesucht, genauer gesagt am 15.11. Sie hätten die Kollegen befragt, die hätten sich aber nicht mehr an ein Chemnitzer Wohnmobil erinnern können und auch daran nicht, wer drin gesessen habe. Der Kollege Hä. habe damals geschaut und diktiert, dessen Kollege alles notiert: es sei das 20. Fahrzeug gewesen und habe die Kontrollstelle um 14:38 Uhr passiert. An mehr hätten sie sich nicht erinnern können. Es sei ein Fahrzeug aus Winnenden dabei gewesen, ein Renault, der auf einen Jochen G. [gleicher Nachname wie der Angeklagte G.]zugelassen gewesen sei – jedoch nicht verwandt mit dem Angeklagten G. Ein Ludwigsburger Fahrzeug konnte ebenfalls nicht ermittelt werden, da die Nummer offenbar wegen eines Zahlendrehers nicht korrekt notiert worden sei: Fehler passierten eben, so der Zeuge.

Götzl hält vor, dass die Mitarbeiterin der Autovermietung ihnen die Erreichbarkeit G.s übermittelt habe. Richtig, sagt der Zeuge. Sie hätten dann noch probiert, aus sämtlichen umgebenden Stadt- und Landkreisen bei den Bußgeldstellen nachzuhaken, ebenso bei der Autobahnpolizei, die für die A 6 und die A 81 zuständig seien: dort hätten sie erfahren, dass es über 9800 Geschwindigkeitsüberschreitungen zur fraglichen Zeit gegeben habe, das gesuchte Fahrzeug sei jedoch nicht darunter gewesen. Dann hätten sie Campingplätze um Heilbronn und den Stuttgarter Campingplatz überprüft und von über 1000 Personen Datenblätter erhalten. Es gebe auch keine Anhaltspunkte, ob die Täter das Wohnmobil noch gehabt hätten nach der Tat. Der Nachmieter habe es  3.4. vorreserviert und am 27.4.2007 in Empfang nehmen wollen. Götzl hält dem Zeugen die Aussage vor, ein Herr G. habe Rabatz gemacht und sich bei Firma Ho. beschwert, weil das Fahrzeug noch nicht fertig gewesen sei.

Götzl fragt nach der 0160er-Mobilfunknummer. Es habe eine Funkzellen-Anfrage mit 425.000 Kontakten vom 18. bis 25/26. April in einem Radius 3 km um den Tatort gegeben, in der diese Nummer und auch die Nummer der Firma Ho. nicht gefunden worden sei. Auch die Nummer sei in Hannover nicht existent gewesen. Zum Zeitpunkt 2011 war die Nummer auf eine andere Person mit anderer SIM-Karte registriert. Vorher sei sie auf eine Susan Ei. aus Zwickau als Inhaberin registriert gewesen. Er habe sich dann noch die Kassenunterlagen bei der Firma Ho. genauer angesehen: die Belege und Werte hätten jedoch gestimmt. Im April 2007 seien Reservierung und Zahlung durch den Nachbesitzer vermerkt. Dann sei da eine handschriftliche Reisekostenabrechnungen vom 25.4.2007 dabei gewesen: Alexander Ho. sei an dem Tag von Klaffenbeck bei Chemnitz über Heilbronn und Tübingen gereist. Es sei merkwürdig gewesen, dass er demnach am 25.4.2007 in Heilbronn gewesen sei. Am gleichen Tag sei in Kist bei Würzburg um 12:45 Uhr getankt worden, das sei etwa 50-60 Fahrminuten von Heilbronn entfernt. Er habe Bargeld in Höhe von 24.000 Euro abgehoben, offenbar für den Kauf von Wohnmobilen. Christine Ho. sei am gleichen Tag unterwegs gewesen, und zwar auf derselben Strecke plus Würzburg. Sie hätten Wohnmobile angekauft und hätten diese an dem Tag abgeholt. Der Zeuge wird entlassen.

Es folgte der Zeuge Kriminalkommissar Holger Sch., 47, vom LKA Brandenburg beim Polizeipräsidium Potsdam. Seine Aufgabe war die Asservaten-Auswertung der Waffen im Kontext mit einer Waffe Marke Radom. Dazu fertigte er beim BKA zusammenfassende Vermerke aus Behördengutachten und Aktenvermerken, insbesondere über die Ermittlungsergebnisse eines waffentechnischen Gutachtens. Es habe eine Zündung im Lauf und im Magazin gegeben. Die Waffe sei in einem schlechten Zustand gewesen, das Magazin sei aufgeweitet und verklemmt gewesen. Die Waffe sei auch beschossen worden und die so gewonnene Munition mit der Tatort-Munition vom Polizistenmord in Heilbronn verglichen worden. Auch seien daktyloskopische Untersuchungen vorgenommen worden, keine der beiden  festgestellten Personen sei jedoch im Vergleich einschlägig gewesen. Die Waffe habe keine Nummer, sondern einen Wehrmachtsstempel, sei also vor 1945 in Polen produziert worden, aber im Auftrag der deutschen Wehrmacht. Der Zeuge wird entlassen.

Als nächstes steht der Sachverständige Joachim Merkel, 65, auf der Ladungsliste. Er ist Diplomphysiker beim Kriminaltechnischen Institut beim LKA Baden-Württemberg. Seine Aussagegenehmigung wird verlesen, sie bezieht sich auf seinen Untersuchungsbericht vom 5.5.2007. Dabei sei es um die Schussentfernung des Schützen beim Heilbronner Mordanschlag gegangen, die anhand der Schmauchspuren berechnet werden könne. Es habe zahlreiche Untersuchungsanträge, verschiedene Aktenzeichen und einen größeren Asservaten-Komplex gegeben. Aus dem Dienstfahrzeug habe es zwei PVAL-Abzüge gegeben, das sei ein spezielles Verfahren zur Sicherung von Schmauchspuren. Außerdem seien ihm beide Nackenstützen vorgelegen. Beim Komplex Martin A. habe er die rechte Schulter des Diensthemd erhalten, der Rest sei noch für andere Untersuchungen von Fasern und DNA gebraucht worden. Und ein Stichprobenteller von der Schusswunde und den Händen A.s sei ihm vorgelegen. Der Zeuge zeigt einen solchen Stichprobenteller und erklärt den technischer Vorgang mit einer elektrisch leitfähigen Oberfläche, anhand derer Befunde gewonnen würden. Schließlich habe er den Kop-Sytem-Gürtel A.s gehabt, seine Koppel. Beim Komplex Kiesewetter hätten ihm zwei Hautteile vom Ein- und Ausschuss sowie abgeschnittene Haare von der Schusswunde zur Verfügung gestanden. Außerdem ein Stiftprobenteller von ihren Händen und die linke Schulter ihres Diensthemdes. Von den im gesamten Tatkomplex überprüften verdächtigten Personen seien ihm Stiftprobenteller von Händen zugegangen. Schließlich habe er den Hülsen-Schmauch auf seine Zusammensetzung untersucht. Der Befund für den linken Türrahmen des Dienstfahrzeuges sei negativ gewesen.

Im Haar von Frau Kiesewetter seien wohl Bleipartikel nachweisbar gewesen sei. Da auch an Kiesewetters Hemd kaum Schmauch nachweisbar gewesen sei, könne gefolgert werden, dass der Schütze bei Schussabgabe nicht im ausgesprochenen Nahbereich des Opfers gewesen sei, denn im Nahschussbereich seien Schmauchspuren nachweisbar, wenn auch sehr unterschiedlich je nach Waffe: dieser Bereich ende bei zwischen 60-90 cm. Dieser Schuss habe jenseits dieser Marke abgegeben worden sein müssen. An Kiesewtters Händen seien drei bzw. vier Schmauchteile nachweisbar gewesen, das hätten aber auch Teile gewesen sein können, „die da im Innenraum herumvagabundiert sein“. Sie hätten auch von den eigenen Waffen stammen können, denn beide Waffenträger gewesen. Bei A. habe sich an Hemd und Kragen eine Schmauchwolke niedergeschlagen. Bei dieser Beschmauchung sei der Randbereich eines Schmauchofes an der rechten Kopfseite ersichtlich. Daraus ergebe sich, dass der Schuss aus einem Nahbereich von ca. 60-90 cm Entfernung erfolgt sein müsse. Bei drei überprüften Personen seien überhaupt keine Schmauchspuren nachweisbar gewesen. Das sei weiter nicht verwunderlich, da die Spurensicherung nach mehr als sechs Stunden kaum mehr möglich sei. Nach dieser Zeitspanne seien Schmauchspuren meist vollkommen entfernt, etwa durch Händewaschen.

An den Kop-Gürtelsystemen hätten beide Waffen gefehlt. Bei A. sei der Verschluss nicht korrekt geöffnet worden. Dem Täter sei wohl nicht klar gewesen, wie das funktioniert. Er habe die Lasche über den Knopf gezogen, was so einfach nicht gehe. Es handele sich bei dem Material um Polyester, das eine hohe Zähigkeit aufweise. Bei der Untersuchung sei ersichtlich, dass der Knopf Spuren am Rand des Knopfloches hinterlassen habe. Er habe mit einem Flaschenzug die Kraft gemessen, die dazu nötig sei und habe 49 Kilopond gemessen. Ein Kilopond sei die Kraft, die man aufwenden müsse, um die Masse von einem Kilo anzuheben. Da seien 49 Kilopond eine ganze Menge. Er selber habe das mit seinen Fingern nicht geschafft, zumal das Holster auch schwer zu erreichen gewesen sei. Außerdem sei der Rand der Lasche relativ scharf. Mit einem Hilfmittel, etwa einem Schraubenzieher, sei das leichter möglich, was der Zeuge mit einem kleinen Lehrfilm demonstriert. Danach wird der Zeuge entlassen.

Nach einer Pause wird der Zeuge Martin Gi., 30, Kriminalbeamter vom BKA in Meckenheim vernommen. Zu ihm liegt eine allgemeine Aussagegenehmigung vor. Götzl fragt, was er zum Einsatz Kiesewetters am 25.4.2007 und zum Einsatztausch zwischen zwei Einheiten wisse. Es sei so gewesen, so der Zeuge, dass Frau Kiesewetter sich für die Nachtwache eingetragen hatte, dann mit dem Kollegen Alexander D. bei der Bereitschaftspolizei (BePo) Böblingen getauscht habe und nicht mit dem Kollegen De. Sie sei im Rahmen des Konzepts „Sichere City“ in Heilbronn im Einsatz gewesen. D. habe sich nicht als Tauschpartner von Michèle Kiesewetter zu erkennen gegeben, um dem Stress der psychologischen Betreuung zu entgehen, habe er angegeben. Das Tauschangebot sei aber von Kiesewetter gekommen und nicht umgekehrt. Richter Götzl fragt zum BFE-Beamten [BFE = Beweis- und Festnahme Einheit] nach, der dem Ku-Klux-Klan (KKK) angehört haben soll. Der Ausgangspunkt des KKK-Komplexes sei die Zeugenvernehmung von Heiko Ko. gewesen, der sich mit dem Kollegen Ulf Ni. von der BFE 514 unterhalten habe. Der habe gesagt, dass weitere Kollegen beim KKK gewesen seien sollen. Dann habe er, der Zeuge, davon ausgehend den Zeugen Andreas Ri. vernommen, der Dienstvorgesetzter der benannten Beamten Timo He. und Jörg Wi. gewesen sei. Andreas Ri. habe nach eigenen Angaben He. zur Rede gestellt, der eingestanden habe, Mitglied der „European White Knights of the KKK“ (EWK-KKK) gewesen zu sein. Er sei einige Monate dabei gewesen und von Jörg Wi. angeworben worden. Wi. wiederum habe bestritten, den jüngeren Kollegen angeworben zu haben. Beide hätten übereinstimmend gesagt, sie seien die einzigen Polizisten im EWK-KKK gewesen und es habe zwischen dem NSU und den EWK-KKK keine Verbindung gegeben. Außerdem habe Kiesewetter ihre Ausbildung erst 2003 begonnen, die EWK-KKK seien jedoch schon 2002 aufgelöst worden und habe keine Aktivitäten mehr. Er habe dann noch Achim Schmid, den ehemaligen Klan-Chef, vernommen. Nach seinen Angaben habe dieser die Funktion von Herbst 2000 bis Ende 2002 inne gehabt. Mit seinem Austritt hätten die EWK-KKK keinen Fortbestand gehabt. Es seien ca. 30 Personen Mitglied gewesen. Bei Wahllichtbildvorlage identifizierte Achim Schmid einige, u.a. Thomas Richter als Mitglied der EWK-KKK. Auf der „Garagenliste“ des NSU sei Thomas Richter mit dem Stichwort Oi-Fanartikel und einem Postfach vermerkt. Man habe Richter als Person identifiziert und festgestellt, dass er und die Person auf der Liste identisch sind, sagt der Zeuge. Es habe auch eine Vernehmung Thomas Richter gegeben und auch er habe gesagt, dass er keine Vorbeziehung zum Umfeld des NSU gehabt habe. Er erkläre sich seine Nennung auf der Liste damit, dass er damals mit Oi-Fanartikeln und Demo-Tapes aus der Szene handelte, habe er zu Protokoll gegeben. Richter Götzl will wissen, ob das Ganze Konsequenzen für die Beamten gehabt habe. Der Zeuge antwortet, es habe zwar Disziplinarverfahren gegeben, aber beide seien nicht aus dem Dienst ausgeschieden.

Götzl fragt, ob Timo He. in die Einsatzplanung für den 25.4.2007 involviert gewesen sei. He. sei Gründungsmitglied der BFE 523 und an jenem Tag verantwortlicher Gruppenführer gewesen und so auch für A. und Kiesewetter zuständig. Er sei auch in Heilbronn im Einsatz, aber nicht mit der Einteilung der Teams befasst gewesen. Götzl will wissen, ob die Theresienwiese als häufiger Pausenplatz bei Polizisten bekannt gewesen sei. Da müsse man, erwidert der Zeuge, zwischen den Beamten der PD Heilbronn und der BePo Böblingen unterscheiden. Die Theresienwiese sei beliebter Pausenplatz von Bereitschaftspolizisten gewesen. Die Beamten der PD Heilbronn seien zu Pausen eher in der Dienststelle geblieben. Frau Kiesewetter sei mehrfach auf Theresienwiese gewesen, u.a. am 2. und 3. April 2007. Erhebungen zum Opferfahrzeug hätten ergeben, dass es auch von anderen Besatzungen im Stadtgebiet Heilbronn benutzt worden sei. Ob es sich habe rekonstruieren lassen, wo Kiesewetter in Tagen vor der Tat gewesen sei, fragt Götzl weiter. Das bejaht der Zeuge, es seien Kontakt- und Bewegungsbilder von A. und Kiesewetter erstellt worden, um festzustellen ob es eventuelle Vorbeziehung zu den Tätern gegeben gegeben habe. Kiesewetter sei vom 19.-21. April in Oberweißbach in Thüringen gewesen, anlässlich des Geburtstages ihrer Mutter. Sonst hätte das Bewegungsbild keine Anhaltspunkte ergeben.

Götzl weiter: Ob es bei Einsätzen von Kiesewetter im Kontext mit der rechten Szene zu Bedrohungen oder Problemen gekommen sei. Kiesewetter sei, so der Zeuge, seit ihrem Eintritt bei der Polizei am 20. September 2005 an 199 Einsätzen beteiligt gewesen. Es sei in den Einsatzunterlagen nicht verzeichnet, wieviele dieser Einsatz in Sachen rechtes Spektrum gewesen seien. Aus der Erinnerung der dazu befragten Kollegen heraus habe es keine solchen Probleme Kiesewetters mit der rechten Szene gegeben. Dann komme man noch zu der Gaststätte zur Bergbahn in Lichtenhain, animiert Götzl den Zeugen weiter zu berichten. Der Zeuge: Hier sei es um die Beziehungstatthese gegangen: Kiesewetter stamme aus Oberweißbach, das Trio aus Jena. Eine gute Freundin Kiesewetters, Anja Kl., und ihr Freund Stefan Fi. hätten ausgesagt, dass Uwe Böhnhardt sich in der Gaststätte zur Bergbahn aufgehalten habe und dort den Spitznamen „Brownie“ gehabt hätte. Ermittlungen hätten jedoch ergeben, dass ein Christian Br. eher der Genannte sei. Auch der Wirt der Gaststätte, Herr Fe., habe bestätigt, dass damit Br. gemeint sei. Fe. sei der Schwager von Ralf Wohlleben: er sei in den 90er Jahren der rechten Szene zugehörig gewesen und es habe ein Kennverhältnis zu den Personen gegeben. Er habe auch eine kurze Beziehung zu Frau Zschäpe gehabt. Er habe glaubhaft zum Ausdruck gebracht, dass er nach dem Abtauchen jedoch keinen Kontakt mehr zum Trio gehabt habe. Sie seien auch nie in seiner Gaststätte gewesen, auch Kiesewetter nicht, trotz der regionalen Anbindung, habe der vernommene Gastwirt dem Zeugen gesagt. Ob Kiesewetter oder Familienangehörige von ihr Kontakt zur rechten Szene gehabt hätten, will Götzl noch wissen. Das verneint der Zeuge, da sei nichts bekannt. Und im Falle A.s, fragt Götzl. Dieser sei, so gibt der Zeuge an, 12 Mal vernommen worden. Davon 11 Mal vor dem 4.11.2011 und einmal danach. Man habe versucht, mit ihm die  Geschehnisse zu rekonstruieren, infolge der Schussbeibringung liege jedoch eine Amnesie vor, weshalb keine Rekonstruktion möglich sei. Es sei auch das private Umfeld A.s vernommen worden, was jedoch keine Ansatzpunkte ergeben habe. Zusammenfassend lasse sich für beide sagen: Keine Ergebnisse deuteten darauf hin, dass es eine Vorbeziehung zum NSU gegeben habe. Auch dafür, dass es sich möglicherweise um eine Verwechslungstat gehandelt haben könnte, habe sich auch nichts ergeben. Das gelte für beide.

Was er zu den Ermittlungen über Beziehungen des NSU nach Baden-Württemberg und Heilbronn berichten könne, fragt Götzl. Es sei ein Datenträger mit Bildern gefunden worden, die Uwe Böhnhardt in der Bahnhofsstraße in Stuttgart zeigten, und zwar am 25.6.2006 vor dem Grillbistro Eskaja und vor dem Lebenmittelladen Dönmez. Da keine Straftaten oder Fahrzeuganmietungen vorlägen habe es sich möglicherweise dabei um Ausspähungshandlungen gehandelt. Weiter gebe es eine Einmietung vom 24.-26.6.2007 auf dem Campingplatz Cannstatter Wasen unter den Namen Ralph Beier und Max Burkhardt. Schriftvergleichsuntersuchungen hätten ergeben, dass es eine gewisse Ähnlichkeit der Handschriften von Max Burkhardt mit Uwe Mundlos sowie von Ralph Beier mit Uwe Böhnhardt gebe. Es sei dann eine namensgleiche Person ermittelt worden, die auf einem Campingplatz auf Rügen eingemietet gewesen sei. Im Jahr 2011 habe Trio auf diesem Campingplatz Urlaub gemacht. Diese Person sei identifiziert und vernommen worden und habe angegeben 2003 dort gewesen zu sein, aber nicht 2007 auf dem Stuttgarter Campingplatz, was die Vermutung nahelege, dass sein Name als Aliasname verwendet worden sei.

Was er zu den aufgefundenen Stadtplänen sagen könne, will Richter Götzl wissen. Der Zeuge: zum Tatort Heilbronn seien aus dem Brandschutt vier Stadtpläne für diesen Ermittlungskomplex bedeutsam. Einer von Heilbronn ohne handschriftliche Notizen oder Markierungen. Dann ein Stadtplan von Ludwigsburg mit einer Markierung und zwei Stadtpläne von Stuttgart: ein ADAC-Plan enthalte ein Konvolut von Markierungen, deren Bedeutung sich nicht erschließe; ein Falk-Plan enthalte „P“-Markierungen, bei denen es sich um ehemalige oder existente Polizeidienststellen handele. Ein Abgleich mit der 10.000er-Liste habe ergeben, dass es mehrere elektronische Asservate aus der Frühlingsstraße gebe, wo es Kreuztreffer mit dem ADAC-Plan gebe. Es hätten sich jedoch keine weiteren Ermittlungsansätze ergeben. Im Video sei eine Polizeiwaffe P2000 mit deren Waffennummer erkennbar, das sei A.s Waffe. Außerdem seien Bilder der Trauerfeier für Kiesewetter und vom Tatort in das Video eingearbeitet.

Was gebe es zu den Tatortzeugen zu sagen, ob ihnen Lichtbildmappen und Phantombilder vorgelegt worden seien, fragt Götzl weiter nach. Tatortzeugen, seien zunächst zwei Bahnmitarbeiter gewesen, so der Zeuge, die am Tattag an einem Kabelschaltkasten gearbeitet hätten (siehe Protokoll 76. Verhandlungstag). Einer von ihnen, Herr He., habe zwei Mountainbiker gesehen. Doch die Zeugen hätten keine Leute auf Wahllichtbildern erkannt. Es seien ja am 25.4.2007 Aufbauarbeiten für das Frühlingsfest in Gange gewesen, was es dazu zu sagen gebe, fragt Götzl. Der Zeuge: Es seien viele Schausteller und deren Gehilfen vor Ort gewesen, insgesamt 165 Personen. Es habe dazu umfangreiche Ermittlungen gegeben. Der Zeuge La. habe gesagt, dass er am Tag vor der Tat ein Wohnmobil wahrgenommen habe. Auf Lichtbildvorlagen mit Wohnmobilen habe er das tatrelevante Fahrzeug nicht wiedererkannt. Die Befragung von Angehörigen reisender Familien habe sich schwierig gestaltet. Es seien 15 Personen vernommen worden, Lichtbilder seien 10 Personen vorgelegt worden, das habe jedoch keine Ergebnisse erbracht.

Was er zu den Stern-Ermittlung zum Zeugen Ze. mitteilen könne, fragt Götzl. Dabei gehe es, so der Zeuge, um einen Beitrag des Nachrichtenmagazins Stern vom 15.11.2012 mit dem Titel „Mord unter den Augen des Gesetzes“. Darin werde berichtet, dass dem Stern die Kopie eines Schreibens der DIA (Defence Intelligence Agency) vorliege zu einer „SIT-Spezialeinheit“. Es solle dort am Tattag eine Observation von Mevlüt Ka. gegeben haben. Das sei ein Kontaktmann aus der Sauerlandgruppe. Der soll bei der Santander-Bank zusammen mit einem weiteren Tatverdächtigen einen Barbetrag von 2,3 Mio. Euro eingezahlt haben und danach zur Theresienwiese zurückgekehrt sein. Ab dann sei die Aktion abgebrochen worden, wie es hieß, wegen eines Vorfalls mit Schusswaffengebrauch, in den auch Beamte des Verfassungsschutzes Baden-Württemberg oder Bayern involviert gewesen seien. Es seien zwei Araber, Rabbi Ha. und Kamil Ze. dort kontrolliert worden. In diesem Kontext habe sich der Zeuge Ki. am 15.11.11. gemeldet und sei vernommen worden. Er sei Angehöriger der 66. MI der CIA in Hanau (Spionageabwehr) und habe am 26.4.2007 ein Gespräch zwischen zwei GIs mitgehört: Sie hätten darüber gesprochen, dass am Vortag eine Observation in Heilbronn wegen eines Schusswaffenzwischenfalls habe abgebrochen werden müssen. Tilman Ro. und Trevis Ho. seien vernehmungsfähig gewesen. Es habe geheißen, dass Ro. die Operation geleitet habe. Beide seien vernommen worden und hätten kundgetan, dass es ihres Wissens keine Observation gegeben habe und das Dokument des Stern nicht authentisch sei. Eine Spezialeinheit SIT sei ihnen nicht bekannt. Gegen Ki. sei ein internes Ermittlungsverfahren wegen der Abrechnung von Dienstbezüge gelaufen, vermutlich habe er deswegen seinen Kollegen etwas anlasten wollen. Eine Anfrage bei der US-Botschaft habe überdies ergeben, dass es keine solche Observation gegeben habe und es kein SIT Stuttgart gebe, sondern nur das SIT Augsburg, das sei jedoch schon 1987 aufgelöst worden. Auch sei beim Verfassungsschutz in Bayern und Baden-Württemberg nachgefragt worden und beide hätten den Stern-Artikel falsifiziert. Es gebe mithin keine Anhaltspunkte für die Stern-Version.

Nach einer Pause um 16 Uhr fragt Götzl noch nach dem Zeugen Ce. und dessen Telefonat nach Hannover. Der Zeuge sagt, beide Araber seien vernommen worden, wobei Ce. sich „proaktiv“ an die PI Heilbronn gewandt habe. Ob eine Verbindung Ce.s zu Mevlüt Ka. nachweisbar gewesen sei, hakt Götzl nach, was der Zeuge verneint. Ob es Ermittlungen zu Mevlüt Ka. gegeben habe, fragt Götzl weiter. Seines Wissens nicht, gibt der Zeuge zur Antwort. Und was mit der Bareinzahlung von 2,3 Millionen Euro sei, will Götzl noch wissen. Für diesen Zeitpunkt, so der Zeuge, habe es keine Bareinzahlung über 1 Million Euro bei der Bank gegeben, das könne ausgeschlossen werden. Was habe die Auswertung Überwachungskamera der Bäckerei Yorma’s ergeben, fragt Götzl weiter. Der Vergleich von Sachverständiger von verschiedenen Personen mit Urlaubsbildern und Videos des Trios hätte nichts ergeben, so der Zeuge.

RA Martinek fragt nach, was es bedeute, wenn der Zeuge sage, dass der Gastwirt Fe. etwas glaubhaft zum Ausdruck gebracht habe. Der Zeuge erwidert, dass Fe. gesagt habe, dass er zum Trio nach dessen Abtauchen keinen Kontakt mehr gehabt habe. Darauf hätten die Ermittler auch keine Hinweise gefunden. Ob das seine eigene Einschätzung sei und er selber mit Fe. gesprochen habe, fragt Martinek weiter. Der Zeuge verneint. Ob denn noch andere Leute befragt worden seien, aus Umfeld des Herrn Fe., hakt Martinek nach. Ja, sagt der Zeuge, es sei noch Herr Br. vernommen worden, was aber auch keine Hinweise ergeben habe. Nochmal Martinek: Wie er zu seiner Glaubhaftschätzung gekommen sei und ob er das nur von anderen übernommen habe. Hier interveniert Bundesanwalt Weingarten, und moniert, der Zeuge habe gar nicht gesagt, dass er die Einschätzungen von anderen übernommen habe. Der Zeuge gibt an, dass es für sie keine Anhaltspunkte gegeben habe, dass Fe. nach 1998 noch Kontakt zum NSU gehabt habe, Die Befragung Fe.s habe er selber nicht durchgeführt.

RAin Wolf erklärt, dass viele Leute über die Medien und über „Oberweißbach ist braun“ verärgert gewesen seien. Dazu könne er nichts sagen, außer dass es 2005 eine Veranstaltung mit Vertretern der rechten Szene in Lichtenhain in der Gaststätte mit rund 100 Personen auch aus dem NPD-Umfeld gegeben habe. RAin Wolf fragt nach, ob das denn etwas mit der Suche nach Motiven für Tod Kiesewetters zu tun habe. Pressemeinungen seien ihm nicht bekannt, erwidert der Zeuge. Wolf will weiter wissen, ob bei den Ermittlungen in Oberweißbach auch mal ein paar der wenigen Einwohner befragt worden seien. Doch, sagt der Zeuge, das berufliche und private Umfeld von Kiesewetter, z.B. ihre Freundin Anja Kl., seien befragt worden und es seien keine Berührungspunkte Kiesewetters zur rechten Szene aufgetaucht. Wie Kiesewetter zu rechts gestanden habe, fragt Wolf weiter. Da wisse er nichts, sagt der Zeuge. RAin Wolf hat noch eine Frage zum Diensttausch: Kiesewetter habe vom 19.-21.4. in Oberweißbach Urlaub gemacht, ob der Zeuge wisse, wann Kiesewetter den Dienst wieder angetreten habe, ob also am Montag, 23.4. Das könne er nicht sagen, sie sei am 25.4. im Dienst gewesen.

RA Kienzle kommt noch einmal auf die Einsätze Kiesewetters bei Demos von Rechts zu sprechen. Der Zeuge sagt, er habe die Daten selbst nicht erhoben, sondern aus dem Bericht vom 8.2.2012 vom Kollegen Ti. vom LKA Baden-Württemberg übernommen. Ob er keinen Dienstplan von Kiesewetter gesehen habe, bohrt Kienzle nach. Es habe noch einen Bericht bei der „Soko Umfeld“ gegeben, wo Pläne drangehangen seien. Er habe die Angaben vom LKA übernommen, gibt der Zeuge an. Und da habe es keine Spezifizierung nach Einsatzart gegeben, fragt Kienzle weiter. Nein, sagt der Zeuge, sie seien dort aufgelistet, aber nicht spezifiziert gewesen. Kienzle hält ihm aus den Akten Daten von Demos von Rechts vor: 28.1.2006 Demo Rechts, 13.2.2006 Ulm, 23.2.2006 Pforzheim, 11.3.2006 Skinkonzert usw. – ob er solche Dienstpläne nicht gesehen habe. Der Zeuge räumt ein, dass die Einsätze zum Teil aufgeschlüsselt gewesen seien, zum Teil nicht. Er habe das aber vorher, insistiert Kienzle, generell ausgeschlossen: ob er sich mal mit einzelnen Einsätzen Kiesewetters auseinandergesetzt habe. Das verneint der Zeuge. RA Langer fragt noch einmal nach dem Pausenort Theresienwiese. Wenn, dann seien das Kollegen von der BePo gewesen. Einige hätten auch gesagt, sie zögen sich zum Pause machen in die Weinberge zurück. Wer denn konkret gesagt habe, dass die Theresienwiese als Pausenplatz genutzt werde, fragt Langer weiter. Man wisse das von Kiesewetter und von ein paar Kollegen, erklärt der Zeuge. Ob ermittelt worden sei, ob D. dort Pause mache. Zeuge: Das wisse er nicht. Ob der Zeuge da genaueres wisse, was der Zeuge Ri. gesagt habe, dass es die Einheit EZ 514 und BFE 523 gegeben habe und dass ein Tausch vorgenommen worden sei. Nein, sagt der Zeuge, es wisse nur von dem Tausch mit D.

RA Narin fragt nach He. und Wi., ob glaubhaft sei, wenn diese ausführten aus, dass keine weiteren Beamten im EWK-KKK gewesen seien. Doch, sagt der Zeuge, man habe das einer Prüfung unterzogen und z.B. Achim Schmid als Klan-Chef dazu befragt, der das verneint habe auf. RA Narin hält ihm die Aussage Schmids aus der Presse vom 4.11.2012 vor, wo dieser gesagt habe, man habe wegen der großen Nachfrage geplant eine eigene Polizeiabteilung im EWK-KKK einzurichten. Dem Zeugen ist dies nicht bekannt. Ob es weitere Ermittlungen zu Thomas Richter gegeben habe, will Narin wissen. Der Zeuge verneint das. Narin fragt weiter, ob der Zeuge wisse, dass Achim Schmid laut einem Papier vom 7.3.2000 für das sächsische LKA als Kontaktperson zum NSU geführt worden sei. Und ob es Kontakte zu David Fe. gegeben habe. Schmid habe gesagt, dass der EWK-KKK 30 Mitglieder gehabt habe. Man habe nicht bei jedem einzelnen Mitglied ermittelt, sagt der Zeuge. Ob er wisse, ob Schmid Kontakt zu weiteren Unterstützern des NSU gehabt habe, z.B. zu Ma. und Marcel De., der als „Riese“ bekannt gewesen sei und Chef des Blood-&-Honour-Netzwerkes in Thüringen gewesen sei. Das sei ihm nicht bekannt, erwidert der Zeuge. Richter Götzl interveniert und ermahnt Narin, er solle keine Erklärungen abgeben. Er solle halt endlich zu seinen Fragen entsprechende Beweisanträge stellen, damit man darüber Diskutieren und befinden könne. Auch BAW Diemer meldet sich und sagt, die Fragen hätten keinen Bezug zum hier anhängigen Verfahren. Narin fragt weiter, ob der Zeuge wisse, dass Schmid Kontakt zu Andreas Gr. gehabt habe. Der Name Gr. sei ihm grundsätzlich geläufig, so der Zeuge. Aufgrund der Arbeitsteilung bei ihnen habe er in seinem Komplex jedoch keine Bedeutung gehabt. Ob es bei Anja Kl. Ermittlunen zu „Kritischer Mensch“ gegeben habe, fragt Narin weiter. Er kenne den Hinweis von Kl., dass es da irgendwas in Facebook zu „Kritischer Mensch“ gegeben habe. Er habe, so der Zeuge, dazu mal was gehört. Es habe aber 5000 Hinweise im Verfahren gegeben und diese Spur habe zu nichts geführt. Ob er gewusst habe, dass Marlene Bi. heute mit Thomas Gerlach liiert sei, will Narin wissen. Das sei ihm nicht bekannt, so der Zeuge. Ob er wisse, fragt Narin weiter, welchen Verdacht zur Heilbronner Tat KHM We. bei seiner Vernehmung geäußert habe. Er habe wohl mal gegenüber Kollegen etwas geäußert, dazu sei ihm jedoch nichts bekannt, so der Zeuge. Narin zitiert We. aus der Akte: „Meiner Meinung nach, auch wegen der Kaliber und der Pistolen, die ich aus den Medien kenne, dass die Türkenmorde da eine Rolle spielen“. Ob er, so Narin weiter etwas zu Ermittlungen zu Anja Wi. wisse. Das sei ihm bekannt, sagt der Zeuge. Sie sei die ehemalige Lebensgefährtin vom Kollegen We. Er meine sich zu erinnern, dass es diesen SMS-Wechsel gegeben habe, zum genauen Inhalt wisse er nichts mehr. Es habe sich, erklärt Narin, um Vorwürfe und Drohungen gegenüber We. gehandelt. Das sei ihm, so der Zeuge, nicht bekannt.  RA Stahl beanstandet die Fragen, weil er nicht sehe, was das mit dem Verfahren zu tun habe. Narin fährt fort und fragt, ob der Zeuge wisse, dass Wi. heute verheiratet sei mit einer Person aus der rechten Szene. Ja, sagt der Zeuge, das sei ihm bekannt. Ob im Kontext mit Zeugeneinvernahme etwas zum Ehemann Ralf Wi. bekannt sei und dass er Kontakt zu Uwe Böhnhardt gehabt haben soll, fragt Narin weiter. Er meine ja, sagt der Zeuge. Ob Wi. noch heute Kontakt zum Umfeld des NSU habe, fragt Narin. Das sei ihm nicht bekannt, erwidert der Zeuge.

RAin Dierbach fragt nach dem Aktenvolumen der Altakten zu Heilbronn. Ob er sich mit den Akten beschäftigt oder nur zusammenfassende Ermittlungsvermerke angefertigt habe. Sowohl als auch, erwidert der Zeuge. Er habe zunächst Zusammenfassungen gemacht und bei Bedarf sei er  Verweisen in den Akten nachgegangen. Nach weiteren Fragen Dierbachs intervenieren BAW Weingarten und Diemer und beanstanden die Art des Umgangs von Dierbach mit dem Zeugen. Als Dierbach sich lautstark rechtfertigt und dem Vorsitzenden ins Wort fällt, wird Richter Götzl sauer und dekretiert eine Pause: „Nachdem Sie nicht in der Lage sind, mir zuzuhören, machen wir Minuten Pause.“ Nach der kurzen Unterbrechung fragt Dierbach weiter, warum die Einsatzgründe nicht differenziert im Bericht auftauchten. Das sei seiner Kenntnis entzogen, sagt der Zeuge, er habe die Info so übernommen und im Detail nicht angeschaut. Ob es in der Umfeldanalyse keine Hinweise auf Probleme mit der rechten Sene gegeben habe, fragt Dierbach. Es habe keine Hinweise auf Ausschreitungen gegen Kiesewetter gegeben, erklärt der Zeuge, die die Beziehungstatthese gestützt hätten. Dierbach fragt, ob jemand mögliche besondere Vorkommnisse untersucht habe. Für Kiesewetter und A. seien potentielle Berührungspunkte mit der rechten Szene untersucht worden und nichts zutage gekommen, sagt der Zeuge. Dierbach fragt, ob untersucht worden sei, ob es bei Einsätzen bei Demonstrationen Schwierigkeiten gegeben habe. Das sei durch Befragungen im Berufsumfeld abgedeckt worden, so der Zeuge.

Die Befragung des Zeugen wird unterbrochen und wird am kommenden Donnerstag, 30.1.2014 um 13 Uhr fortgesetzt. Der Zeuge geht. Der Beamte Ti. sei ebenfalls auf den 30. umgeladen, erklärt Richter Götzl. Ende des Verhandlungstages ist um 17:34 Uhr.

Der Nebenklage-Anwalt Sebastian Scharmer erklärte zum Prozesstag: „Das BKA ist der Spur einer möglichen Organisation zumindest eines Polizeibeamten von Michéle Kiesewetter nach dem Ende seiner Mitgliedschaft im Ku-Klux-Klan in der rechten Szene nicht wirklich nachgegangen. Vielmehr hält es die Angaben der zumindest ehemaligen Rechtsextremisten deshalb für glaubhaft, weil sie sich gegenseitig stützen. Das kann gerade im Hinblick auf die weiteren vorhandenen Spuren – insbesondere der sog. Garagenliste des NSU – nicht nachvollzogen werden. Eine Auswertung der Kontakte des Timo H. Zur rechten Szene im Jahr 2007 fand offensichtlich genauso wenig statt, wie Ermittlungen, welche dienstlichen Bezüge Michéle Kiesewetter, die bei etlichen rechten Demonstrationen eingesetzt gewesen sein soll, zur Neonaziszene hatte.“

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