Am heutigen Verhandlungstag sagten drei Polizeibeamte aus. Jochen Lo., BKA, und Roberto Tu., Kripo Jena, berichteten von den durch sie durchgeführten Vernehmungen des Frank Li. am 25. Januar 2012. Darin ging es um den Waffenkauf, für den Frank Li. Wohlleben an Andreas Sch. vermittelt haben soll. Konnte sich Li. in der ersten Vernehmung an nichts erinnern, so schloss er dies in der zweiten Vernehmung nicht mehr aus. Norbert Vo., früherer Beamter des Thüringer LKA, der heute beim BKA arbeitet, hatte im Januar 1998 an der Durchsuchungsmaßnahme in der Wohnung der Zschäpe teilgenommen. Zum Ablauf und den Funden, u.a. das Spiel „Pogromly“, sagte Vo. Aus. Die Nebenklage stellt weitere Beweisanträge zum Fall des Mordes an Michèle Kiesewetter in Heilbronn und Nebenklagevertreter RA Daimagüler gibt eine Erklärung zur Aussage der Zeugin Sindy Po. ab.
Zeugen:
- Jochen Lo. (BKA, Vernehmung Frank Li.)
- Roberto Tu. (Kripo Jena, Vernehmung Frank Li.)
- Norbert Vo. (früher TLKA, heute BKA, Durchsuchung Wohnung Zschäpe Januar 1998)
Der Verhandlungstag beginnt um 9.46 Uhr. Anwesend ist heute als „Beistand“ Ralf Wohllebens Ehefrau Jacqueline. Auf der Besucherempore sitzt der Saalfelder Wohlleben-Unterstützer Steffen R.
Erster Zeuge ist KOK Lo. vom BKA. Lo. hat am 25. Januar 2012 zweimal Frank Li. vernommen (siehe Protokolle zum 53. und 79. Verhandlungstag). Vor dieser Vernehmung, berichtet Lo., habe am Vormittag eine Durchsuchung bei Li. stattgefunden. Danach seien er und der Kollege Tu. zur Dienststelle nach Jena gefahren. Li. sei mit seinem eigenen Wagen ebenfalls dahin gefahren und dort vernommen worden. Er habe Li. bei der Durchsuchung und auf der Dienststelle belehrt und eingangs der Vernehmung nochmals den Durchsuchungsbeschluss vorgelegt. Li. habe gesagt, dass er nichts sagen könne, sich nicht erinnert. Er kenne keinen Holger G., der die Aussage gemacht hat, dass Li. Wohlleben weiter vermittelt hat an Andreas Sch. An solche Gespräche könne er sich nicht erinnern, habe Li. angegeben. Das habe sich die ganze Vernehmung durchgezogen. Li. habe auch die Frage, woher die Idee kommt, dass möglicherweise Andreas Sch. eine Waffe verkaufen kann, damit beantwortet, dass er sich das nicht vorstellen, sich nicht erinnern könne. Dann hätten sie noch verschiedene Personen abgefragt und Lichtbilder vorgelegt, auf denen Li. die Angeklagten erkannt habe. Danach sei Li. wieder zu seiner Wohnadresse gefahren und auch Tu. und er selbst seien da wieder dazu gestoßen und hätten die Durchsuchung abgeschlossen, so Lo.
Wieder auf der Dienststelle habe sie Herr Weingarten informiert, dass Andreas Sch. bei seiner parallel statt gefundenen Vernehmung eine Aussage gemacht habe und sie Li. noch einmal zu einer weiteren Aussage holen sollten. Es habe gedauert, Li. telefonisch zu erreichen. Dann sei Li. freiwillig zur Folgevernehmung gekommen. Im Prinzip sei das der gleiche Ablauf gewesen, Er habe Li. aufgefordert, sich Gedanken zu machen, ob er sich nicht doch erinnern könne. Li. habe es dann „nicht kategorisch ausgeschlossen“, dass Wohlleben in dem besagten Zeitraum in Li.s Szeneladen auf ihn zugekommen sein könnte. Li. habe gesagt, dass Wohlleben öfter mal in den Laden gekommen sei, aber an eine konkrete Situation könne er sich nicht erinnern. Es seien öfter Leute gekommen, die nach verbotenen Sachen, auch Waffen, gefragt hätten. Die habe er abgewimmelt und immer an Sch. verwiesen. Li. habe noch ergänzt, dass es im Umfeld von Sch. jemanden gäbe, der damit geprahlt habe, Waffen besorgen zu können. Wie der Kontakt zwischen Sch. und diesem Kroaten oder Serben bestanden habe, daran könne er, Li., sich nicht erinnern. Li habe gesagt, er könne sich auch nicht an ein Gespräch mit Sch. erinnern, dass der Wohlleben eine Waffe besorgt hat, könne es aber auch nicht ausschließen. Abschließend habe Li. gesagt, dass er es für sich persönlich ausschließen könne, dass er eine Waffe besorgt oder weitergegeben hat.
Zur Vernehmungssituation befragt, sagt Lo., dass es insgesamt eine „routinemäßige“ Vernehmung ohne Auffälligkeiten gewesen sei. Tu. habe überwiegend die Fragen gestellt und er selbst habe am Computer protokolliert. Auf Nachfrage sagt Lo., er habe parallel geschrieben, habe aber immer die Antworten noch einmal vorgelesen bzw. das, was er zusammenfassend geschrieben hat. Li. habe sich die Protokolle durchgelesen, an Korrekturen seitens Li.s könne er sich nicht erinnern. Dadurch, dass sie die Abschnitte oder gewisse Antworten vorgelesen hätten, hätten da auch Änderungsmöglichkeiten bestanden, so Lo. Li. habe die Protokolle unterschrieben. Bei beiden Vernehmungen sei das der Ablauf gewesen. Götzl fragt zunächst zur ersten Vernehmung. Zu Wohlleben habe Li. gesagt, dass er den vom Laden her kenne, er habe ihn da gelegentlich gegrüßt, so Lo. Der Zeuge bestätigt den Vorhalt, dass Li. gesagt habe, dass er nicht wüsste, dass Sch. und Wohlleben Kontakt hätten. Lo. sagt, Li. sei nach Wohlleben, Böhnhardt, Mundlos, Zschäpe und André Kapke gefragt worden, und das seien auch die Personen gewesen, die ihm bekannt gewesen seien. Lo. bestätigt, dass Li. angegeben habe, ihm sage der Name André E. nichts. Tino Brandt sei Li. auch bekannt gewesen. Auf Lichtbildern habe Li. auch die ihm vom Namen bekannten Personen erkannt. Auch Andreas Sch. habe Li. auf den Bildern erkannt. Zu Kapke habe Li. gesagt, dass ihm der bekannt sei und der auch mal in seinem Laden gewesen sei. Ob Holger G. bei den Lichtbildern dabei gewesen sei, wisse er nicht mehr, so Lo.
Götzl geht zur zweiten Vernehmung über. Soweit er sich erinnern könne, sagt Lo. auf Frage, habe Li. in dieser Vernehmung angegeben, Wohlleben mal nach dem Untertauchen der Personen gefragt zu haben. Da habe es wohl in der Szene Gerüchte gegeben, dass die sich im Ausland aufhalten. Da Li. gewusst habe, dass Wohlleben vor dem Abtauchen Kontakt zu Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe hatte, habe er bei Wohlleben nachgefragt, aber, soweit er, Lo., wisse, keine Antwort bekommen. Li. habe beschrieben, dass Wohlleben der Frage ausgewichen sei und er dann auch nie mehr nachgefragt habe. Götzl fragt, ob die Protokollierung der Vernehmung sinngemäß oder wörtlich erfolgt sei, worauf Lo. sagt: sinngemäß. Götzl hält vor, dass im Protokoll stehe, dass in der Szene die Rede davon gewesen sei, dass das Trio sich in Norwegen bei „NS 88 (Gruppierung)“ aufhalte. Das sei dann so, antwortet Lo. Im Protokoll stehe, so Götzl, dass Li. angegeben habe, dass Wohlleben Li. „eine Antwort schuldig“ geblieben sei, und dass Li. gemerkt habe, dass Wohlleben nicht so richtig darauf habe reagieren wollen. Das bestätigt Lo. Götzl fragt, ob in der Vernehmung von Seiten Li.s zwischen verschiedenen Waffen differenziert worden sei. Lo. sagt, es sei immer nur von einer Waffe die Rede gewesen, das sei nicht weiter konkretisiert worden. Götzl hält vor, dass im Protokoll steht, Ende der Neunziger seien mehrfach Leute in den Laden gekommen und hätten nach Waffen gefragt. Das habe Li. so angegeben, bestätigt Lo. Li. habe das dann auch dahingehend ausgeführt, dass sein Laden ein Treffpunkt für die Szene war und immer wieder Leute nach verbotenen Gegenständen gefragt haben, auch nach Waffen. Götzl fragt, ob Li. differenziert habe, was mit Waffe gemeint ist. Das nicht, so Lo., aber Grundlage sei ja der Beschluss gewesen und da sei es um die Schusswaffe gegangen. Den Vorhalt, dass Li. gesagt habe, die Personen, die nach Waffen gefragt hätten, seien offensichtlich der rechten Szene zuzuordnen gewesen, bestätigt Lo. Er könne sich nicht daran erinnern, dass von ihnen oder von Li. mal explizit von Schusswaffen gesprochen wurde.
Götzl fragt, ob Li. ausgeführt habe, was „öfters“ bedeute in Bezug auf die Anwesenheit Wohllebens im Laden. Das habe Li. nicht konkretisiert, so Lo. Dann hält Götzl vor, dass Li. angegeben habe, es könne sein, dass Wohlleben ihn mal „zwischen Tür und Angel“ gefragt habe, ob er eine Waffe besorgen könne, er sich daran aber nicht konkret erinnern könne, er Wohlleben dann „wahrscheinlich abgewimmelt“ und an Sch. verwiesen habe, dass er weiter gesagt habe, er wolle mit so etwas nichts zu tun haben, das sei sein „Standardsatz“ gewesen, damit er seine Ruhe habe. Lo. bestätigt die Vorhalte. Das seien sinngemäß die Angaben von Li. und man könne nicht davon ausgehen, dass Li. das wortwörtlich gesagt habe. Weiter hält Götzl vor, dass im Protokoll stehe, dass Li. somit nicht ausschließen könne, dass er Wohlleben an Sch. verwiesen hat, sich an ein Gespräch aber nicht konkret erinnern könne. Lo. bestätigt auch diesen Vorhalt. Zu dem Kroaten oder Serben befragt, sagt Lo., Li. habe angerissen, dass eine Person aus dem Umfeld von Sch. geprahlt habe, Waffen aus Kriegszeiten besorgen zu können. Er glaube, da seien von Li. sogar Modelle benannt worden. Götzl hält vor, im Protokoll sei die Rede von einer Waffe „Scorpion“, die aus dem Kosovo-Krieg weggeschafft worden sei. Li. habe, so Götzl, laut Protokoll weiter angegeben, er könne nicht sagen, ob Sch. die Person möglicherweise angesprochen hat. Sch. habe viele Sachen erzählt und Li. habe ihm meistens nicht zugehört. Lo.: „Genau.“ Lo. bestätigt auch die Vorhalte, dass Li. gesagt habe, er könne sich nicht daran erinnern, dass Sch. mit ihm über eine Waffenvermittlung an Wohlleben gesprochen habe, er sei zu der Zeit viel auf Partys gewesen, habe „die Sau raus gelassen“ und sei oft nicht ganz bei der Sache gewesen.
Zum Eindruck, den Li. bei der Vernehmung gemacht habe, sagt Lo., der Zeuge habe insbesondere bei der ersten Vernehmung nahezu immer gesagt, er könne sich nicht erinnern. Li. sei sehr zurückhaltend mit Aussagen gewesen, aber es seien keine besonderen Auffälligkeiten gewesen, etwa, dass Li. besonders nervös gewesen sei oder irgendwelchen Fragen habe ausweichen wollen. Bei der zweiten Vernehmung habe Li. dann angegeben, dass er es nicht ausschließen könne und habe die Erklärung zu seinem ausschweifenden Privatleben abgegeben. Aber da gebe es eigentlich sonst keine Besonderheiten. Lo. sagt auf Frage, er könne nicht genau einschätzen, wie lange das Durchlesen und Unterschreiben gedauert habe, aber er wisse, dass sich Li. das angeschaut habe. Auf die Frage, ob es über das, was protokolliert wurde, Diskussionen gegeben habe, sagt Lo., weil er die meisten Teile noch einmal vorgelesen habe, sei das direkt korrigiert worden. Es habe keine Besonderheiten, etwa spezielle Wünsche oder Diskussionsbedarf gegeben habe.
OSta Weingarten fragt, wie die einleitenden Worte bei der zweiten Vernehmung gewesen seien, warum Li. noch einmal kommen solle. Das habe Tu. gemacht, so Lo., der sei noch einmal auf den Beschluss eingegangen und habe sinngemäß gesagt, dass Li. sich noch einmal Gedanken machen solle, ob er sich nicht doch vielleicht an bestimmte Situationen erinnern könne. Er könne sich nicht erinnern, dass sie Li. Angaben von Sch. vorgehalten hätten. Götzl hält die entsprechenden Passagen aus dem Beschluss vor, dass Holger G. eingeräumt habe, den Mitgliedern des NSU eine scharfe Waffe mit Munition übergeben zu haben. Auf Nachfrage zur Herkunft der Waffe, habe Wohlleben G. erklärt, dass er sich bei Li. erkundigt habe, der ihn an Sch. verwiesen habe, dieser habe Wohlleben die später von G. an den NSU übergebene Waffe verschafft. Lo. sagt, das habe Li. vorgelegen und er meine sich zu erinnern, dass er Li. diese Passage auch vorgelesen habe. Auf Vorhalt von Nebenklagevertreter RA Kuhn, dass Li. hier ausgesagt habe, dass die Aussage von Sch. vorgelesen worden sei, sagt Lo., es sei Li. keine Aussage vorgelesen worden. Die Vernehmung von Sch. sei zeitgleich gelaufen. Er habe keine Erinnerung daran, dass Li. von Armbrüsten gesprochen habe, so Lo. auf Frage. RA Langer sagt, eben habe Lo. gesagt, es sei von einer Waffe gesprochen worden, und fragt, ob er das jetzt so verstehen könne, dass Li. sich auf die im Beschluss genannte Waffe bezogen hat. Lo. antwortet, er könne das nicht sagen. Auf Frage von Langer sagt Lo., zur „Paulchen Panther“-CD habe Li. angegeben, dass er die aus dem Internet kenne.
Zschäpes Verteidiger RA Stahl, fragt, was Ziel der zweiten Vernehmung gewesen sei. Lo. Antwortet, Ziel sei gewesen, eine Aussage von Li. zu bekommen, sie hätten Li. nochmals zu dem Sachverhalt vernehmen sollen. Stahl wiederholt, dass es doch schon eine Aussage gegeben habe und fragt nach dem Ziel der Vernehmung, warum Weingarten gesagt habe, dass Li. noch einmal vernommen werden sollte. Nach Rückfragen von Götzl wiederholt Stahl seine Frage, was Nebenklagevertreterin RAin Lunnebach beanstandet. Stahl fragt, ob es eine Anweisung von Weingarten gegeben habe, in welche Richtung und wozu Li. befragt werden sollte. Lo. sagt, es habe den Auftrag gegeben, eine zweite Vernehmung durchzuführen, keine konkrete Zielrichtung. Lo. erklärt, Tu. habe den Zeugen angerufen und gebeten, noch einmal auf die Dienststelle zu kommen. Stahl möchte wissen, ob dem Zeugen zu Beginn Fragen gestellt wurden, es seien nämlich keine protokolliert. Tu. habe den Zeugen mehr oder weniger aufgefordert, von sich aus zu berichten, sagt Lo. Stahl sagt, dabei sei Li. dann eingefallen, dass ihn Wohlleben vielleicht mal zwischen Tür und Angel nach einer Waffe gefragt haben könnte, was. Lo. bestätigt. Stahl: „Also, Herr Lo. ich bitte Sie.“
Wohllebens Verteidiger RA Klemke fragt, ob er richtig verstanden habe, dass Li. bei der zweiten Vernehmung gar keine Fragen gestellt worden seien, Lo. bestätigt, dass Tu. gefragt und er sinngemäß protokolliert habe, er habe aber auch die Möglichkeit gehabt, die eine oder andere Frage zu stellen, die meisten Fragen habe aber Tu. abgedeckt. Klemke fragt, ob es einen Grund gebe, dass in der ersten Vernehmung die Fragen sämtlich wörtlich protokolliert seien und sich in der zweiten überhaupt keine Frage finde, nicht einmal indirekt wie „Auf Frage gebe ich an“. Da gebe es keinen Grund, so Lo. Uner klärt auf Nachfrage die Vernehmungssituation: Es habe von Weingarten nur eine ganz kurze Information zu den Angaben von Sch. Gegeben, er habe gesagt, dass Sch. Angaben gemacht und den Sachverhalt im Beschluss mehr oder weniger bestätigt habe. Einer der Verteidiger von Carsten S., RA Pausch, sagt, in der ersten Vernehmung seien ja Fragen protokolliert, und fragt, ob das Protokoll dort sinngemäß oder wörtlich sei. Das sei sinngemäß, sagt Lo. Der andere Verteidiger von S., RA Hösl, fragt nach den Lichtbildern, auf denen Li. die Angeklagten erkannt hätte. Lo. sagt, der Zeuge habe Wohlleben und Zschäpe erkannt. Auf Frage von Wohllebens Verteidigerin Schneiders sagt Lo., sie hätten mit OSta Weingarten seiner Erinnerung nach auf dem Flur gesprochen. Das Gespräch sei kurz gewesen, Weingarten habe nicht vorgegeben, wonach konkreter gefragt werden sollte. Auszugsweise Kopien der Vernehmung von Sch. hätten nicht vorgelegen, auch nicht digital. RA Stahl fragt, wie es in der zweiten Vernehmung sofort darauf gekommen sei, dass Li. nicht kategorisch ausgeschlossen habe, dass Wohlleben ihn nach einer Waffe gefragt habe. Lo. sagt, er könne sich nicht an die Frage erinnern, den Eingang habe Tu. gemacht. Stahl sagt, er frage ganz konkret, ob es möglicherweise Ziel der Vernehmung gewesen sei, den Sachverhalt, dass Sch. eine Waffe besorgt habe, durch eine Aussage von Li. bestätigen zu lassen. RAin Lunnebach interveniert, die Frage sei suggestiv. Stahl sagt, ihm gehe es um die Wahrheit. Lo.: „Ziel der Vernehmung war es, den Sachverhalt aufzuklären.“ Als Stahl seine letzte Frage wiederholt beanstandet Bundesanwalt Diemer die Frage. Götzl sagt, der Zeuge solle bitte darauf eingehen und Lo. erklärt, es habe kein vorgegebenes Ziel gegeben, die Aussage bestätigen zu lassen. Stahl sagt, es gebe eine gewisse Diskrepanz zwischen zwei Antworten zum Kontakt mit Wohlleben wegen einer Waffenvermittlung. Die Antworten seien ja nur sinngemäß protokolliert. Einmal stehe da, an eine solche Ansprache könne sich Li. „nicht konkret erinnern“ und nach der Äußerung zum Verbleib des Trios stehe da, Li. könne sich „nicht erinnern“, dass Wohlleben mal in Laden gekommen sei. Stahl fragt, ob es Gründe gebe, dass bei dieser zweiten Äußerung des Li. das „konkret“ fehlt. Er könne sich nicht erinnern, dass es dafür Gründe gab, so Lo. RAin Sturm, Verteidigerin von Zschäpe, fragt zum Ablauf der Vernehmung, ob Li. etwa fröhlich, redselig oder nicht gewesen sei. Götzl sagt, dazu habe er schon gefragt und fragt den Zeugen, ob es darüber hinaus noch Weiteres zum Verhalten Li.s zu sagen gebe. Lo. sagt, Li. sei nicht freudestrahlend erschienen, sei aber auch nicht verschlossen oder negativ eingestellt gewesen. Sturm fragt, ob Li. längere Angaben von sich aus gemacht habe. Zu gewissen Teilen sei das so gewesen, aber an welcher Stelle könne er nicht mehr sagen, antwortet Lo. Götzl fragt, ob es von OSta Weingarten Informationen zum Kroaten oder Serben in Bezug auf die Aussage von Sch. gegeben habe. Das verneint Lo., er könne sich nicht erinnern. Die Vernehmung endet um 11.05 Uhr.
Nach einer Pause geht es um 11.31 Uhr weiter mit dem Zeugen KHK Tu. Bei der Durchsuchung, so Tu., sei Li. auch der Beschluss vorgelegt worden, und Li. habe sich diesen in seinem, Tu.s und Lo.s Beisein durchgelesen. Sie hätten die Durchsuchung durchgeführt und Li. mitgeteilt, dass sie ihn auf der Dienststelle vernehmen wollen. Das habe Li. bejaht und sei mit seinem eigenen PKW zur Dienststelle gekommen. Inhalt der Vernehmung sei dann gewesen, was im Beschluss steht, der Grund der Durchsuchung. Darin sei enthalten, dass Wohlleben sich über das „Madley“ eine Waffe besorgt haben soll im Zusammenhang mit Carsten Sch. [sic!]. Das habe Holger G. ausgesagt. Bei der Befragung habe Li. geäußert, dass er G. gar nicht kenne, Wohlleben nur flüchtig und dass er nicht wüsste, dass Sch. Bezüge zu Waffen hat. Sie seien dann noch einmal zum Durchsuchungsobjekt und wieder zurück zur Dienststelle gefahren, in der Zeit sei bereits Sch. vernommen worden. Staatsanwalt Weingarten sei dann gekommen und habe gesagt, sie sollten Li. noch einmal hören. Sch. hätte wohl geäußert, dass Li. von Wohlleben angesprochen wurde. Er habe Li. dann angerufen, es gebe etwas Neues, ob Li. noch einmal erscheinen könne. Li. sei einverstanden gewesen, er wolle sich noch einmal äußern. Er habe Li. dann auf der Dienststelle erklärt, es sei in seinem Interesse, dass er von sich aus spricht, und habe den Beschluss noch einmal dargelegt. Er habe Li. gesagt, er solle von sich aus berichten, das sei besser, als wenn sie ihn jetzt befragen würden. Li. habe dann auch angefangen, dass sein Laden eine Szeneladen war, dass Wohlleben öfters im Laden gewesen sei. Dann habe er berichtet, dass es sein könne, dass Wohlleben ihn mal zwischen Tür und Angel gefragt habe, konkret könne er sich aber nicht erinnern. Weiter habe Li. berichtet, dass Sch. mit ihm mal über einen Kroaten oder Serben gesprochen habe, der Waffen besorgen könne. Er könne sich aber nicht erinnern. Das sei in der ersten Vernehmung auch gar nicht gekommen. Außerdem habe Li. von sich aus ausgeschlossen, dass er selber eine Waffe besorgt hat, das sei Li.s letzter Kernsatz gewesen.
Zum Ablauf der Vernehmung befragt, sagt Tu, er selbst habe die Fragen gestellt und Lo. habe das zu Protokoll gebracht, wobei Lo. immer nach einem Absatz vorgelesen und gefragt habe, ob das so stimmt, wie es niedergeschrieben wurde. Bei der zweiten Vernehmung sei Li. mal abgeschweift zum Szeneladen, da habe er, Tu., gesagt, er solle wieder zum Thema Waffen kommen. Er habe aber keine konkreten Fragen gestellt, sondern gesagt, Li. solle von sich aus etwas sagen. Li. sei angespannt gewesen. Das habe man daran gemerkt, dass er in sich zusammen gefallen war, nicht ganz gerade saß. Li. habe längere Pausen gemacht und überlegt, habe in beiden Vernehmungen nicht wie aus der Pistole geschossen, sondern stockend gesprochen. Auf Vorhalt Götzls, dass Li. angegeben habe, er kenne Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe aus dem Laden, habe aber außerhalb keinen Kontakt zu ihnen gehabt, sagt Tu., wenn das da so stehe, dann werde Li. das sinngemäß gesagt haben. Tu. bestätigt, dass Li. in der ersten Vernehmung auf Andreas Sch. angesprochen worden sei. Da habe Li. gesagt, dass er nicht wisse, dass Sch. Zugang zu Waffen hätte. Zu Wohlleben habe er in der ersten Vernehmung gesagt, Wohlleben kenne er nur flüchtig, dass Wohlleben im Laden war, sei in der zweiten Vernehmung gekommen. Li. sei nach verschiedenen Personen befragt worden, er glaube nach Böhnhardt, Mundlos, Zschäpe sowie nach André E. Ob André Kapke dabei gewesen sei, könne er nicht mehr genau sagen. Zu Lichtbildvorlagen sagt Tu., er wisse nicht, ob er oder Lo. die gemacht habe. Li. habe Wohlleben erkannt, weiter könne er, Tu., sich gerade nicht erinnern. Auf Götzls Frage, ob Li. denn auch zu Wohlleben und Waffen gefragt wurde, sagt Tu. in der ersten Vernehmung sei es darum gegangen, ob Wohlleben ihn angesprochen habe. Daran habe sich Li. nicht erinnern können. Götzl sagt, ihn interessiere, welche Informationen Tu. im Einzelnen von OStA Weingarten bekommen habe. Das habe er auch schon überlegt, sagt Tu. Soweit er sich erinnern könne, habe Weingarten gesagt, Sch. sei von Li. angesprochen worden, und dass die erste Vernehmung nicht ausreiche. Am Telefon habe er, Li. keine Einzelheiten geschildert. Als Li. dann da gewesen sei, habe er gesagt, es sei besser, wenn Li. von sich aus das noch einmal schildere, was eben im Beschluss stehe, die ganze Sache mit der Besorgung der Waffe. Es sei nicht die Rede davon gewesen, das Sch. vernommen wurde. Die Vernehmung von Sch. sei noch gelaufen und dessen Aussage habe nicht vorgelegen.
Götzl fragt, ob auf Einzelheiten des Durchsuchungsbeschlusses eingegangen worden sei, und welche Rolle der Beschluss zu Beginn der zweiten Vernehmung gespielt habe. Tu. sagt, er habe Li. erläutert, worum es geht, dass Wohlleben bei ihm gewesen und nach einer Waffe gefragt haben soll. Das habe G. ausgesagt. Li. habe angefangen zu erzählen, vom Szeneladen und dass öfters Rechte nach Waffen gefragt hätten. Konkrete Fragen habe er nicht gestellt, so Tu., sondern er habe gesagt, Li. solle das von sich aus schildern. Er habe gesagt: „Erinnern Sie sich doch mal, Herr Li., wie war das denn damals?“ Daraufhin habe Li. gesagt, es könne sein – das habe er, Tu., noch in den Ohren – dass Wohlleben Li. mal „zwischen Tür und Angel“ angesprochen habe, aber er könne sich konkret nicht mehr daran erinnern. Er habe Li. keine konkreten Fragen gestellt, soweit könne er sich erinnern. Er habe nur gesagt, er solle bitte von sich aus schildern, es gebe ja eine Aussage und er soll noch einmal überlegen, was konkret war. Götzl hält die Aussage vor, dass Li. eingefallen sei, dass in den Neunzigern mehrfach Leute aus der rechten Szene nach Waffen gefragt hätten. Sinngemäß sei das so richtig, sagt Tu. Das sei so von Li. gekommen und er habe dazu auch keine Frage gestellt. Götzl hält die Aussage vor, dass Wohlleben von 1998 bis 2003 oder 2004 öfters im Laden gewesen sei – zu der Zeit sei er, Li., nicht oft im Laden gewesen, da habe Sch. mehr oder weniger den Laden geführt. Das habe Li. sinngemäß so gesagt, denn sie hätten nicht wörtlich aufgeschrieben. Das sei bei Li. auch schwer gewesen, denn der habe immer wieder lange Pausen gemacht. Auch die Aussage mit „zwischen Tür und Angel“ sei von Li. gekommen, er habe dazu keine Fragen gestellt, so Tu. Auf Frage, was Li. dann berichtet habe, sagt Tu., es seien bei Li. Gedankensprünge dabei gewesen. Li. sei wieder und wieder auf den Szeneladen gekommen. Dann habe er wieder auf Wohlleben Bezug genommen, dass er nicht mehr erinnern könne, dass der ihn auf Waffen angesprochen hätte. Götzl hält die Passage weiter vor, dass Li. sich nicht konkret daran erinnern könne, Wohlleben wahrscheinlich an Sch. verwiesen zu haben. Das sei sein Standardsatz gewesen. So wie es niedergeschrieben ist, habe Li. das gesagt, sagt Tu. Auf Vorhalt sagt Tu., die Geschichte mit dem Serben oder Kroaten sei von Li. selbst gekommen. Davon habe er, Tu., nichts gewusst. Da sei irgendwas mit einer „Scorpion“ und Kriegswaffen gekommen, so Tu. weiter. Den weiteren Vorhalt der Aussage Li.s bestätigt Tu.
Zu einem möglichen Aufenthalt der Drei habe Li. gesagt, dass er davon ausgegangen sei, dass die nach Norwegen oder Schweden untergetaucht sind, so Tu. auf Nachfrage. Li. habe Wohlleben darauf angesprochen. Tu. bestätigt den Vorhalt mit dem Gerücht, dass die Drei in Norwegen bei „NS88“ seien, und dass Wohlleben Li. eine Antwort schuldig geblieben sei. Götzl fragt, ob es in der zweiten Vernehmung von ihm oder Tu. aus noch einmal auf das Thema Waffen und Wohlleben gekommen sei. Tu. bestätigt den Vorhalt, dass Li. gesagt habe, er könne sich nicht erinnern, dass Wohlleben ihn nach einer Waffe gefragt habe, er sich aber erinnere, dass viele Leute ihn nach verbotenen Sachen gefragt haben. Da sei es um CDs und Aufnäher gegangen, so Tu. Auch den Vorhalt, dass Li. sich nicht erinnern könne, dass Sch. mit ihm mal über eine Waffenvermittlung für Wohlleben gesprochen hat, bestätigt Tu. RA Stahl fragt, ob Tu. in der Pause jetzt kurz mit KOK Lo. gesprochen habe. Tu.: „Nein, warum?“ Auf Frage Stahls sagt Tu., er habe in der zweiten Vernehmung keine konkreten Fragen gestellt. Stahl: „Und unkonkrete?“ Tu. antwortet, er habe gesagt, Li. solle sich noch einmal daran erinnern, was im Beschluss steht, wo es um Wohlleben geht. Stahl sagt, in der zweiten Vernehmungsniederschrift stehe im letzten Absatz, dass Li. keine Schwierigkeiten gehabt habe, die Fragen der Vernehmungsbeamten zu verstehen. Tu. sagt, das sei ein Formular. Stahl widerspricht, es handele sich um freien Text. Tu. sagt, das könne man ja so und so auffassen. Stahl: „Ja, eben“. Stahl sagt, am Anfang habe Tu. auf Frage von Götzl gesagt, er habe Li. gesagt, dass er erzählen solle, es sei ja auch in seinem Interesse. Stahl fragt, was Tu. mit „Interesse“ meine. Er habe Li. gesagt, dass es darum gehe, dass er in der ersten Vernehmung nicht so viel erzählt hat, und es in seinem Interesse sei, dass er das jetzt konkreter wiedergibt. Er könne nicht sagen, dass er den Eindruck gehabt habe, dass Li. bewusst Sachen verschwiegen hat, so Tu. auf Frage.
Stahl fragt, warum Li. nicht als Beschuldigter vernommen wurde. Im Beschluss habe „Zeuge“ gestanden, er habe keine Hinweise auf eine Beschuldigtenvernehmung gehabt, so Tu. Stahl fragt, ob Gegenstand der angedachten Vernehmung Aspekte gewesen seien, die dazu hätten führen können, dass Li. selbst Gegenstand eines Ermittlungsverfahren werden könnte. Er könne sagen, so Tu., dass Li. ordnungsgemäß belehrt wurde. Auf Frage von Stahl sagt Tu., dass Li. habe überlegen müssen, deswegen sei das aus seiner, Tu.s, Sicht stockend gewesen. Stahl fragt, ob die Themen, die der Vorsitzende vorgehalten habe, auch in der Reihenfolge gewesen seien, wie Li. das gesagt hat. Er habe keine konkrete Erinnerung, so Tu., aber wenn es da so stehe, dann gehe er davon aus, dass es auch so gekommen sei. Eine Zielsetzung habe es bei der zweiten Vernehmung nicht gegeben, so Tu. auf Frage. Sie hätten Li. noch einmal vernehmen sollen. Stahl fragt, ob Tu. Zweifel an der Richtigkeit der Angaben von Li. gehabt habe, und warum Li. noch einmal habe vernommen werden sollen. Tu. sagt, weil Weingarten gesagt habe, der Sch. hätte ausgesagt, dass Sch. von Li. angesprochen worden sei. Und das habe Li. in der ersten Vernehmung nicht gesagt. Er habe Li. diese Informationen nicht vorgehalten, weil sie ihm nicht vorgelegen hätten, das habe er nur auf Zuruf gehabt. Die Vernehmung sei noch gelaufen und es hätte sein können, dass Sch. das widerruft. Ihm das vorzuhalten, hätte man in einer späteren Vernehmung tun können, so Tu.
RA Klemke fragt, wann konkret Tu. die Äußerung gemacht habe, Li. solle überlegen, was gewesen sei in Bezug auf Wohlleben und Waffen. Das habe er am Anfang gemacht, sagt Tu. Das sei ja der Grund, warum Li. noch einmal gekommen ist. RA Pausch fragt, ob Tu. aus seiner eigenen beruflichen Tätigkeit Vorkenntnisse über Li. gehabt habe. Er habe Li. aus verschiedenen Verfahren gekannt, so Tu. Wie weit das zurück gehe, könne er nicht genau sagen, aber es sei mal um Kleidungsstücke von „Thor Steinar“ [Szene-Marke] gegangen, da hätten sie auch eine Durchsuchung durchgeführt. Außerdem sei Li. mal Geschädigter gewesen, da habe es Angriffe auf seinen Laden gegeben. Er habe keine Kenntnisse darüber gehabt, wen Li. kennt. Pausch fragt, ob Tu. Kenntnisse über Unterlagen, Akten habe, anhand derer er den Wahrheitsgehalt der Aussagen Li.s hätte überprüfen und Vorhalte machen können. Ihm sei nur der Durchsuchungsbeschluss bekannt gewesen zu diesem Zeitpunkt, antwortet Tu. RA Hösl sagt, eben habe Tu. von „Carsten Sch.“ gesprochen. Nach etwas Verwirrung um den Namen bejaht Tu. die Frage, ob er Andreas Sch. gemeint habe.
Dann fragt noch einmal RA Stahl. Auf dessen Frage sagt Tu., er könne sich jetzt nicht konkret erinnern, was er zu Li. zu Beginn gesagt habe, um was es gehen soll. Den Beschluss habe sich Li. selber nahe gebracht, sagt Li. auf Frage. Der sei Li. bei der Durchsuchung ausgehändigt worden und Li. habe sich den in Ruhe durchgelesen, daran erinnere er sich. Auf Frage von Stahl, sagt Tu., er wisse nicht mehr konkret, wie viele Beamte bei der Durchsuchung eingesetzt waren. Mehr als sechs, acht seien es gewesen, aber ob zehn oder zwölf könne er nicht konkret sagen. Stahl fragt: „Am Tag der Durchsuchungsmaßnahme, was haben Sie da gemacht, wie hat sich Herr Li. da verhalten, als Sie das Grundstück erreicht haben?“ Soweit er sich erinnere, sei Li. gar nicht da gewesen, so Tu. Der sei erst später dazugekommen und dann habe ihm Lo. den Beschluss gegeben und für ihn, Tu., habe es den Anschein gemacht, dass Li. sich den Beschluss durchgelesen hat. Der Beschluss sei auf jeden Fall zwei Seiten lang gewesen, es könnten aber auch mehr gewesen sein, sagt Tu. auf Frage. Stahl fragt, ob Tu. Kenntnis davon habe, dass Li. den vollständigen Inhalt des Beschlusses irgendwann zu Kenntnis genommen hat. Vor der Befragung habe er, Tu., Kernstücke des Beschlusses, um was es geht, noch einmal vorgelesen. Er könne nicht genau sagen, ob er den Beschluss vom Ersten bis zum Letzten vorgelesen habe. Aber er habe vorgelesen, dass G. das ausgesagt hat, und klipp und klar, dass es um eine scharfe Waffe ging, und dass G. behauptet hat, dass er von Wohlleben erfahren hat, dass der Li. angesprochen hat und an Sch. verwiesen wurde. Er habe auch den Eindruck gehabt, dass Li. das verstanden hat, so Tu. auf Nachfrage. Auf Frage von RAin Schneiders, sagt Tu. er könne sich nicht erinnern, dass er mal Einfluss genommen habe, wie man die Vernehmung in den PC eingeben könnte.
Nach der Mittagspause folgt um 13.52 Uhr der Zeuge Vo. vom BKA, früher Thüringer LKA. Vo. sagt, als er von dem Termin hier gehört habe, sei ihm die Maßnahme nur sehr schemenhaft in Erinnerung gewesen. Götzl sagt, Vo.s Bericht sei vom 2. Februar 1998, die Durchsuchung müsste am 26. Januar 1998 gewesen sein. Das stimme, so Vo. Das liege schon 16 Jahre zurück, so Vo., daher habe er im Thüringer LKA Akteneinsicht genommen. Es seien geplante Maßnahmen an einem Garagenkomplex gewesen, die sich zunächst nicht gegen Zschäpe gerichtet hätten. Während der Durchsuchung sei erst bekannt geworden, dass Zschäpe eine dieser Garagen angemietet habe. Dort seien Sprengstoff und eine Bombenattrappe bzw. Teile davon gefunden worden. Er und andere Beamte des LKA hätten den Auftrag bekommen, bei der Wohnung Zschäpes eine Durchsuchung durchzuführen. Das sei in Gefahr im Verzug gewesen, durch die StA Gera angeordnet, weil sie nicht gewusst hätten, was sie dort erwartet. Nach dem Aktenstudium wisse er jetzt, dass nach Klingeln und Klopfen keine Antwort gekommen sei. Sie hätten dann eine Frau als unabhängige Zeugin gefunden und einen Schlüsseldienst angefordert. An der Wohnung seien sie gegen 15 Uhr eingetroffen, betreten hätten sie die Wohnung um ca. 15.30 Uhr.
Es sei eine kleine Wohnung gewesen: im Wesentlichen Zimmer, Küche, Bad. Sie hätten sich aufgeteilt. Sie hätten Gegenstände hinter einem Dreisitzer an der Wand im Wohnzimmer festgestellt. Im Einzelnen handele es sich dabei um einen Schussrevolver, CO2-betrieben und 4,5 mm Diabolo und ein Luftgewehr, CO2-betrieben mit aufgesetztem Zielfernrohr. Des Weiteren seien ein Wurfstern, ein Jagdmesser oder Buschmesser und ein Morgenstern festgestellt worden. Außerdem sei ein Wurfanker gefunden worden, auf dem oder im Bettschrank. Im Regal darüber seien Schriftstücke gewesen. Die seien nicht im Einzelnen festgestellt worden, seien aber relevant gewesen. Im Keller der Wohnung sei ein Päckchen Dämmwatte feststellbar gewesen. Davon seien Fotoaufnahmen gefertigt worden, auch von den Gegenständen an der Wand. Zudem sei das Brettspiel „Pogromoly“ gefunden worden, augenscheinlich mit faschistischen Symbolen versehen. Das sei unter dem Dreisitzer im Wohnzimmer gewesen. Es seien auch Spielkarten vorhanden gewesen, entweder im Wohnzimmer oder in der Schrankwand, das könne er nicht mehr sagen. Die Dämmwatte hätten sie zunächst nicht mitgenommen. Auf der Dienststelle habe er dann erfahren, dass das auch Relevanz haben kann, da bei einer Bombendrohung auch Dämmwatte eingesetzt wurde. Deshalb sei einige Tage später diese Dämmwatte ebenfalls sichergestellt und zum LKA gebracht worden. Die Tür sei dann mit einem neuen Zylinder verschlossen und eine Bemerkung angebracht worden, dass der Schlüssel bei der KPI Jena abzuholen sei. Ihm sei, so Vo. auf Frage, nicht bekannt, ob der Schlüssel dann abgeholt wurde. An die genaue Form der Dämmwatte könne er sich nicht erinnern, die sei aber noch mit Verpackungsfolie versehen gewesen. Götzl sagt, im Sicherstellungsverzeichnis sei noch von einer „Zwille“ die Rede. Das sei richtig, so Vo., es habe sich auch eine Armbrust an der Wand gefunden mit fünf Pfeilen. Eine Beamtin des TLKA habe die Gegenstände an der Wand und den Dämmstoff fotografiert, sagt Vo. auf Frage.
Dann wird eine Lichtbildmappe mit Polaroids in Augenschein genommen. Zunächst ist die Tür der Wohnung zu sehen. Auf Frage sagt Vo., er könne sich nicht mehr erinnern, ob da ein Name stand. Sie hätten die Information gehabt, dass das die Wohnung Zschäpes sei. Bei der Übersicht des Wohnzimmer seien rechts, das sei nicht mehr ganz auf der Aufnahme drauf, die festgestellten Waffen gewesen, links davon sei ein Bild gewesen. Nach seiner Erinnerung sei auf einem Bild ein Hakenkreuz gewesen und es sei eine Reichskriegsflagge gefunden worden. Nach Bildern der Gegenstände folgt eine durch Vo. gefertigte, nicht maßstabsgerechte Skizze der Wohnung mit der Lage der Gegenstände. Götzl fragt, ob sich Vo. das Spiel angeschaut habe. Vo. sagt, auffällig seien die Symbole gewesen, augenscheinlich sei gewesen, dass es wirklich sehr ungewöhnlich sei. Von den Grundsätzen her scheine es auf Monopoly aufzubauen, aber mit völlig verschiedenen Inhalten. Er habe das der Asservatenstelle gegeben, so Vo., und sei mit der Auswertung nicht betraut gewesen. Auf Nachfrage sagt er, er könne nur noch sagen, dass SS-Runen darauf waren. Dann fragt Götzl nach dem Buschmesser. Das sei eine richtig lange Ausführung gewesen. Und dann sei da noch ein Jagdmesser gewesen mit Hülle, bei dem sich die Klinge nach vorn verjüngte.
RAin Lunnebach sagt, es gebe Bilder aus der Akte zu „Pogromly“, ob man die nicht vorhalten könne. Es folgt eine Pause bis 14.37 Uhr. Dann werden Bilder von „SS-“ und „SA-Karten“ sowie von Städtekarten vorgehalten. Diese Aussagen, die hier vermerkt seien, sagten ihm so nichts, sagt Vo. Er könne lediglich die Vermutung äußern, dass es sich um die in der Wohnung festgestellten Karten handelt. Er wisse, dass von der StA Gera ein Verfahren wegen §130 StGB eingeleitet wurde. In seinem Durchsuchungsbericht habe er vermerkt, dass das Brettspiel mit faschistischen Symbolen versehen war und inhaltlich stark nationalsozialistisches Gedankengut verkörperte. Vom optischen Eindruck her könne er sagen, dass es sehr ähnlich dem Monopoly war. Götzl sagt, man könne einen Blick auf die Lichtbilder werfen, er sage aber ganz deutlich, dass es sich dabei nicht um das damals festgestellte Spiel handelt, vielleicht frische das die Erinnerung auf. RAin Sturm beanstandet, Erinnerung impliziere, dass es sich um das selbe Spiel handelt. Götzl sagt, er habe ja deutlich gemacht, dass es nicht dasselbe Spiel ist. Dann werden Fotos vom „Pogromly“-Spielbrett gezeigt. Er könne sagen, so Vo., dass das ähnliche Züge wie das in der Wohnung festgestellte Spiel hat, deutlich sei z.B. die SS-Rune. Bei den weiteren Bildern könne er keine Aussage machen. RAin Lunnebach fragt, ob das Spiel in Vo.s Beisein während der Durchsuchung fotografiert wurde. Daran könne er sich nicht erinnern, so Vo.
Auf Frage von RA Scharmer sagt Vo., er habe sich vor der hiesigen Vernehmung ans TLKA gewendet, die entsprechende Kommission aufgesucht und die Akten gelesen. Im TLKA habe er nur einen Kollegen angetroffen, der damals mit bei der Wohnung gewesen sei. Der habe aber gesagt, er könne sich auch nicht daran erinnern. Ansonsten habe er sich in einem informellen Gespräch kundig gemacht über Umstände vom 26. Januar 1998, wie es zu der Durchsuchung kam. Er sei damals ad hoc eingesetzt worden. Auf Frage von RA Reinecke sagt Vo., es könne sein, dass ein Herr Dr. der Sachbearbeiter des separaten Verfahrens wegen des Spiels war, der Name sei ihm bekannt, der sei vom TLKA, aber er selbst sei da nicht eingebunden gewesen.
RA Heer fragt, ob vor der Durchsuchung der Wohnung eine Kommunikation zwischen Staatsanwaltschaft stattgefunden habe. Er wissen nur noch, dass wegen der Funde in der Garage ein dringender Tatverdacht bestanden habe und daher die Durchsuchung angeordnet wurde. Er wisse auch nicht genau, wann die Durchsuchung in Garage 5 beendet gewesen sei, er habe lediglich danach den Auftrag bekommen zur Wohnung zu fahren. Auf Vorhalt von Heer, dass die Durchsuchung von 8.15 bis 13 Uhr stattgefunden habe, sagt Vo.: ja, die Maßnahme in der Wohnung sei von 15 bis 16.30 Uhr gewesen, das sei eine Folgemaßnahme gewesen und deswegen am Nachmittag. Er wisse nicht, wann der erwähnte Sprengstoff bzw. Bombenattrappe oder Teile davon gefunden wurden, so Vo. auf Frage. Er sei selbst im TLKA gewesen und habe die Anweisung sicher von seinem Vorgesetzten L. erhalten. Er habe einige Tage später erfahren, dass die in der Wohnung aufgefundene Dämmwolle relevant ist. Das dürfte um den 11. Februar gewesen sein, mindestens eine Woche später. Es sei ihm bekannt geworden, dass das fotografiert wurde und ihm wurde bekannt, dass möglicherweise Dämmstoff in einer der Bombendrohungen oder Attrappen verwendet wurde. Der Ermittlungsführer sei Dr. gewesen, aber inwieweit der auch für diese Maßnahme verantwortlich war, entziehe sich seiner Kenntnis. Auf Frage von RAin Sturm, wie die einzelnen Gegenstände sichergestellt wurden, sagt Vo., die seien vom Platz genommen und aufgeschrieben, zum LKA verbracht und durch ihn selbst am darauf folgenden Tag an die Asservatenstelle des LKA übergeben worden. Er könne sich nicht erinnern, wie das verpackt wurde oder wie die Behandlung der Gegenstände erfolgte. Er bestätigt, dass die Schriftstücke aus dem Regal sichergestellt wurden, im Einzelnen wisse er nicht mehr, um was es sich gehandelt habe, sie seien jedoch offenbar auswerterelevant gewesen. Das sei unter einer Position zusammengefasst worden, ob es eine Einzelauswertung gab, wisse er nicht. Er wisse auch nicht mehr, ob es sich um Gedrucktes, um Zeichnungen oder handschriftliche Notizen handelte. Es sei ihm nach dieser Zeit nicht mehr möglich, zu sagen, was sie bewogen hat, das als relevant einzustufen.
Die Frage Sturms, ob er zwischen dem 26. Januar und der nachträglichen Sicherstellung des Dämmmaterials in irgendeiner Weise noch mit dem Verfahren oder Maßnahmen betraut war, verneint Vo., nach seiner Erinnerung nicht. Den Durchsuchungsbericht habe er aufgrund der vor Ort gewonnenen Eindrücke und von möglichen Aufzeichnungen gefertigt, sagt Vo. auf Frage. Wenn die Datierung der 2. Februar sei, dann sei die Endfertigung an dem Tag gewesen. Auf Frage von RAin Schneiders bestätigt Vo., dass auch die zweite Durchsuchung als Gefahr im Verzug durchgeführt wurde. Zum Aufenthalt der Beschuldigten habe es keine Erkenntnisse gegeben und es habe die Einflussmöglichkeit Dritter gegeben. Das Datum auf dem Vermerk dürfte das Datum der Sicherstellung der Dämmwolle sei, so Vo. auf Frage. RA Klemke fragt, wie viel Zeit zwischen der Anweisung Dr.s und der Beschlagnahme der Dämmwolle gewesen sei. Das dürfte nicht länger als ein Tag gewesen sein, so Vo. Er könne nicht sagen, ob es Versuche gegeben habe, einen Ermittlungsrichter zu erreichen. Er könne sich erinnern, dass er einen Aktenvermerk gefertigt habe über die Gefahr im Verzug. Das sei jedenfalls ohne schuldhaftes Verzögern umgesetzt worden. Die Frage von RA Hösl, ob Vo. sich erinnern könne, ob ihm etwas aufgefallen sei am Balkongeländer der Wohnung, verneint der Zeuge. Auf die Frage, ob sie auch Papiere in der Wohnung durchsucht hätten, sagt Vo., es sei natürlich zumindest eine Sichtung erforderlich. An Dokumente oder Ausweispapiere könne er sich nicht mehr erinnern.
RA Heer hält vor, dass es einen Aktenvermerk des TLKA vom 30. Januar 1998 gebe, demzufolge der StA die Durchsuchungsprotokolle am 29. Januar 1998 übergeben worden seien. Dazu könne er keine Ausführungen machen, so Vo. Heer fragt, ob von der StA eine richterliche Bestätigung der Maßnahmen beantragt worden sei. Das wisse er nur durch das kürzliche Aktenstudium im TLKA. Die StA habe die richterliche Bestätigung abgelehnt, weil es keinen notwendigen Widerspruch gab. Heer hält vor, dass es einen Aktenvermerk von Dr. vom 9. Februa 1998 gebe, dass die Auswertung der sichergestellten Unterlagen dem TLKA übertragen worden sei. Das sei ihm nicht bekannt, so Vo. Götzl sagt, im Vermerk heiße es zum Zeitpunkt der Sicherstellung des Dämmmaterials, Durchsuchungsbeginn sei der 11. Februar um 9 Uhr und Ende um 9.30 Uhr gewesen. Den Vorhalt bestätigt Vo. Die Frage von RA Pausch, ob Vo. von Kollegen gehört habe, dass in dieser Wohnung noch einmal eine Durchsuchung stattgefunden hat, verneint der Zeuge. Er habe aber mal gehört, dass da ein Einbruch gewesen sein soll. Pausch fragt, was bei der Durchsuchung das entscheidende Kriterium gewesen sei, zu sagen, das ist relevant und das nicht. Es sei zuerst nach Gegenständen gesucht worden, welche geeignet sind, den öffentlichen Frieden zu gefährden. Die Waffen seien nach Einschätzung vor Ort durchaus geeignet, den öffentlichen Frieden zu gefährden. Pausch fragt, ob Vo. den Balkon überhaupt in Augenschein genommen habe. Vo. sagt, er könne nicht sagen, ob er selbst oder ein andere Beamter auf diesem Balkon war. RA Klemke sagt, im Vermerk über die zweite Vernehmung werde Bezug genommen auf die Auswertung von Lichtbildern, und fragt, wann diese Auswertung erfolgt sei. Das könne er nicht genau sagen, das habe in den Händen der Ermittlungsgruppe gelegen. Die Frage, ob es einen Grund gebe, dass in seinem Vermerk der Zeitpunkt der Feststellung dieser Dämmwolle auf den Lichtbildern nicht festgehalten worden ist, verneint Vo. Klemke fragt, ob der Staatsanwalt, der die erste Durchsuchung angeordnet habe, bezüglich der zu suchenden Gegenstände Vorgaben gemacht habe. Vo.: „Nicht, dass ich wüsste.“ Es sei nach Gegenständen gesucht worden, die aufgrund der vorangegangenen Sprengstofffunde Relevanz erlangen könnten. Klemke: „Also Sie haben sich das selbst zusammengereimt?“ Götzl unterbricht, das sei jetzt keine zulässige Frage. RAin Sturm fragt, ob Vo. mitgeteilt wurde, ob es sich bei der Durchsuchung um eine generalpräventive oder eine strafprozessuale Maßnahme handelte. Es habe sich um eine strafprozessuale Maßnahme gehandelt, so Vo.
Es folgt eine Pause, um 15.44 Uhr geht es weiter. RA Pausch möchte wissen, ob in der Wohnung eine weitere schwarz-weiß-rote Fahne aufgefunden wurde. Nach seiner Erinnerung nicht, so Vo. Auf Frage von RAin Sturm sagt Vo., es sei davon auszugehen, dass auch der Kleiderschrank und das Bad durchsucht wurden. Sturm fragt, ob Feststellungen getroffen werden konnten, dass mehrere Personen sich dort regelmäßig aufgehalten haben oder die Wohnung bewohnt haben. Das verneint Vo. Er könne sich nicht an Details erinnern, inwieweit Zschäpe dort alleine wohnte oder die Wohnung auf mehrere Personen hindeuten. Es habe aber eine „Grundordnung“ geherrscht in der Wohnung.
Nach der Vernehmung widerspricht RA Heer der Verwertung der Bekundungen des Zeugen Vo. Die Durchsuchungsmaßnahme in der Wohnung Zschäpes sei aufgrund einer von der StA Gera angenommenen Gefahr im Verzug ohne richterlichen Beschluss durchgeführt worden. Dieser hätte aber, so Heer, ohne großen Zeitaufwand und ohne Gefahr eines Beweismittelverlusts eingeholt werden können. Die Einholung des Beschlusses sei objektiv grundlos unterblieben. Die staatsanwaltschaftliche Durchsuchungsanordnung sei auf alle weiteren den Verdächtigen zuzurechnenden Objekte bezogen worden und nicht hinreichend bestimmt. Dies führe zu einem umfassenden Beweisverwertungsverbot. RA Klemke schließt sich dem Antrag an und erstreckt ihn auch auf die zweite Durchsuchung am 11. Februar 1998.
Götzl fragt, ob es Stellungnahmen zur Frage des Bestehens eines Auskunftsverweigerungsrechts von Max-Florian Bu. gebe. RA Heer sagt, die Verteidigung Zschäpes teile die Auffassung des GBA und halte es nicht für nötig, dass das hier erklärt wird. Dann fragt Götzl den Angeklagten Carsten S., ob der zu der Wohnung Schomerusstraße 5 Ergänzendes zu berichten habe. S. verneint das. Auf Frage von Götzl sagt S., er habe den Weg durch das Treppenhaus genommen und dann, wie es ihm beschrieben worden sei. Die Tür habe er eingetreten, so dass das ganze Haus gescheppert habe. Er wisse bloß noch, dass er mindestens zwei oder drei, maximal vier Aktenordner geholt habe. Wo die gewesen seien, wisse er nicht mehr, er könne nur Bad und Küche ausschließen. Er sei ja von der Nebenklage gefragt worden, ob da rechtsradikales Zeug drin war, und das könne man ja fast ausschließen, denn der Zeuge Vo. habe ja gesagt, das wäre dann mitgenommen worden. Er würde ausschließen, so S. auf Nachfrage, im Bad gewesen zu sein, aber woher genau, aus einem Schreibtisch oder ob er eine Schranktür aufgemacht habe, das wisse er jetzt nicht mehr.
Götzl sagt, es gehe ihm noch um die Vernehmung von Charlotte E. im Rechtshilfeweg. Eine Videovernehmung solle nach Auffassung des Senats nicht mehr erfolgen, so dass eine Vernehmung in Zwickau in Betracht komme. Er sagt, RA Reinecke habe gesagt, dass es in der Nebenklage schon Besprechungen gegeben habe, dass man sich da auf einen Vertreter einigen könne. Reinecke erwidert, man solle im Freibeweisverfahren erst klären, ob die Zeugin ein geeignetes Beweismittel ist. Dann gebe es kein Anwesenheitsrecht. Ihm selbst würde es auch reichen, wenn ein Kollege anwesend ist. Zwickau sei ja auch nicht so attraktiv wie Bern. Dann sagt Götzl in Richtung von RA Scharmer, es stelle sich angesichts des Antrags von Scharmer zum Zeugenbeistand RA Jauch (siehe Protokoll zum 70. Verhandlungstag) die Frage des Zeugenbeistands bei Jürgen Lä., der Jauch als Beistand wolle. Scharmer sagt, er nehme Bezug auf den Beweisantrag. Jauch komme hier selbst als Zeuge in Betracht, er habe auch mehrere der Angeklagten schon vertreten, und es stelle sich die Frage, ob da Hinderungsgründe vom Gesetz her bestehen. Das gelte für Tino Brandt und dann für Lä. auch. RAin Schneiders sagt, ihr sei nichts bekannt, welchen Angeklagten Jauch vertreten hat: Scharmer erwidert, das ergebe sich durch die Lektüre des Beweisantrags. RAin Schneiders sagt darauf, dass das, was Scharmer schreibe, „mit Verlaub“, nicht unbedingt der Wahrheit entsprechen müsse.
Nebenklagevertreter RA Daimagüler verliest eine Erklärung zur Aussage der Zeugin Sindy Po. vom 3. Februar 2014. Die Zeugin habe bestätigt, dass Zschäpe versucht habe, ihrem Leben in der Polenzstraße 2 einen Anschein von Normalität zu geben. Po. habe versucht, ein positives Bild der Angeklagten zu zeichnen. In der Welt, in der sich Zschäpe und Po. bewegt hätten, sei alles „normal“ gewesen, diesen Begriff habe sie immer und immer wieder benutzt. Auf die Frage nach der politischen Einstellung ihres Ehemanns habe Po. gesagt: „Ja, ganz normal halt, wie bei allen Menschen.“ Ein Blick auf die Facebook-Seiten von Po. und ihrem Ehemann habe genügt, um diese „Normalität“ zu hinterfragen. Besonders perfide sei hier das „I love you“ für die Comicfigur „Paulchen Panther“, die für das NSU-Video missbraucht worden sei. Es sei bekannt, dass diese Figur im Nazi-Milieu als Chiffre für die Unterstützung des NSU genutzt wird. Auf einem Aufmarsch in München sei unter Beifall die Titelmelodie von „Paulchen Panther“ gespielt worden. Dass auf den Facebook-Seiten türkische Menschen generell als „Ali“ bezeichnet würden, falle insofern auf, als dass die verschiedenen Dateien, unter den die einzelnen Mordtaten des NSU auf den Festplatten in der Frühlingsstraße dokumentiert worden sind, unter „Ali 1“ bis „Ali 9“ gespeichert waren. Auf ihren Facebook-Seiten würden sich die Eheleute Po. öffentlich zu ihren rassistischen Einstellungen bekennen, auf Nachfrage habe sich Sindy Po. zu den Inhalten ihrer Seite bekannt. Daimagüler fragt: „Ausgerechnet bei ihrer Freundin Zschäpe soll sie geschwiegen haben?“ Es sei anzunehmen, dass sich Po. und Zschäpe im ideologischen Einklang bewegten, der „normal“ war. Po. habe vermeiden wollen, Details im Umgang mit der Angeklagten preiszugeben und auch deswegen immer wieder von „Normalität“ gesprochen. Po. habe gelogen, sie habe im Zeitabstand von wenigen Minuten Dinge erinnert, von denen sie zuvor angeblich nichts mehr gewusst habe. Die Zeugin habe sich offenbar vorgenommen, möglichst wenig zu sagen, was der Angeklagten schaden könnte. Ein solches Aussageverhalten sei schon von anderen Zeugen aus dem Umfeld der Angeklagten bekannt. Immer wieder sei von „Normalität“ und Alltag die Rede gewesen, selbst wenn diese „Normalität“ unter einem Porträt von Hitler stattgefunden habe. An einem Punkt habe die Zeugin mutmaßlich nicht gelogen, nämlich dass Zschäpe nichts oder sehr wenig über sich erzählt habe. Auch der Lüge unverdächtige Zeugen, wie jene aus dem Urlaub, hätten diesen Punkt immer wieder betont. Zschäpe habe in jeder Situation die Fassade aufrecht erhalten, egal ob sie sich nun im ideologienahen oder ideologiefernen Umfeld bewegt habe. Wäre es nach dem Willen der BAW und der Verteidigung Zschäpe gegangen, so Daimagüler, dann wären Fragen nach der politischen Gesinnung der Zeugin nicht gestellt worden. Wenn Zeugen fortwährend von „Normalität“ sprechen, dann sei es besonders in diesem Verfahren geboten, diese „Normalität“ zu hinterfragen.
RA Stolle verliest den Antrag, zum Zwecke der Beweisermittlung die Polizeibeamten Sven Ho., Manfred Et. und Timo He. von der Bereitschaftspolizei Böblingen zu laden. Ho. sei zum Tatzeitpunkt des Mordes an Michèle Kiesewetter im Geschäftszimmer der BFE 523, der auch Kiesewetter angehört habe, tätig gewesen und dort mit der Personalverwaltung und Einsatzplanung betraut gewesen. He. und Et. seien damals Truppenführer der von der Bereitschaftspolizei Böblingen zur Verfügung gestellten Beamten am 25. April 2007 gewesen: He. bei der BFE 523 und Et. beim parallel eingesetzten EZ 514. Beide Gruppen hätten am 25. April 2007 um 12.30 Uhr gemeinsam an einer etwa einstündigen Besprechung in den Räumen der PD Heilbronn teilgenommen. Nach bisherigem Stand der Beweisaufnahme habe die Einsatzabteilung der Bereitschaftspolizei Böblingen am 16. oder 17. April bei Ho. angefragt, ob es Beamte der BFE 523 gebe, die freiwillig an einem Einsatz am 25. April in Heilbronn teilnehmen würden. Ho. habe daraufhin im Flur vor seinem Geschäftszimmer, also an einem Ort, der zumindest von den Angehörigen der Bereitschaftspolizei frequentiert wurde, eine Liste angebracht, auf der sich Freiwillige eintragen konnten. Kiesewetter habe sich am 19. April telefonisch bei Ho. gemeldet, der habe sie dann in die Liste eingetragen. Ho. könne Angaben dazu machen, ob und wenn ja wer von den Angehörigen der Bereitschaftspolizei, dass Kiesewetter und Martin A. für den Einsatz am 25. April eingeteilt gewesen sind. Et. und He. hätten die Einsatzkräfte für den 25. April eingeteilt. Sie könnten konkret Auskunft geben zur Einsatzplanung, welches Gebiet zugewiesen worden ist, ob die Liste der für den Einsatz vorgesehenen Beamten an andere Dienststellen, bspw. die PD Heilbronn, weiter gegeben wurde und wenn ja wie; ob Kiesewetter und A. die Theresienwiese als Einsatzgebiet zugewiesen wurde. Die Zeugen seien zur Frage zu vernehmen, ob es sich bei der Tat um einen gezielten Anschlag auf Kiesewetter und A. gehandelt hat oder generell Angehörige der Bereitschaftspolizei Böblingen oder allgemein Polizeibeamte getroffen werden sollten.
RAin Basay verliest einen Beweisantrag. Zum Beweis von Bezügen des NSU nach Baden-Württemberg solle die Kriminaloberkommissarin Sabine Ri. geladen und gehört werden. Ri. gehöre der Ermittlungsgruppe Umfeld beim LKA Baden-Württemberg an. Die EG Umfeld habe nach Januar 2013 neben den Ermittlungen des BKA und der Soko Parkplatz 180 neue Spuren erfasst und 150 hiervon größtenteils ausgewertet. Bei den noch offenen Spuren fehle überwiegend die Zustimmung des GBA. Vom GBA seien einzelne Aktenanforderungen sowie Sachstandsanfragen der EG Umfeld nicht für eine Weitergabe an die EG genehmigt worden. Die mangelnde Kooperationsbereitschaft des GBA treffe also nicht nur die Beteiligten im vorliegenden Verfahren. Erwähnenswert sei, dass die EG 52 Personen als für die Ermittlungen relevant erachtet habe, wovon acht Personen Bezug zu und/oder ihren aktuellen Wohnsitz in Baden-Württemberg hätten sowie direkten Kontakt zum Trio gehabt hätten. Die Vernehmung der Zeugin Ri. werde außerdem ergeben, dass sich im Januar 2014 eine Frau bei den Ermittlungsbehörden gemeldet und mitgeteilt habe, dass sich Zschäpe zum Zeitpunkt des Mordes an Kiesewetter in Backnang, 35 km von Heilbronn entfernt, aufgehalten und dort bei einer der Polizei namentlich bekannten Person übernachtet habe. Ebenfalls im Januar 2014 habe der Verfassungsschutz Baden-Württemberg der EG Erkenntnisse mitgeteilt, wonach Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe vor ein paar Jahren bei einer Person aus der rechten Szene in Ludwigsburg, ca. 30 km vom Tatort entfernt, übernachtet hätten. Außerdem habe ein Angehöriger des LfV mitgeteilt, dass es im Jahr 2003 einen Hinweis gegeben habe, dass sich Mundlos in Heilbronn aufgehalten habe. Die Ermittlungen der EG seien seit Ende Januar 2014 abgeschlossen, so dass die Vernehmung von Ri. geboten sei.
RA Reinecke erklärt zur Aussage des Zeugen Sch. vom 85. Verhandlungsta, dieser habe sich zu dem Spiel geäußert, wie es beim BKA vorliege, wenn es auch von Tino Brandt gekommen sei. Sch. habe zur Frage, was Zschäpe und Wohlleben mit dem „Pogromly“-Spiel zu tun hatten, nichts sagen können. Der Zeuge Vo. habe heute aber immerhin sagen können, dass ein Spiel bei Zschäpe unter dem Sofa gefunden wurde, was schon eine relativ nahe Verbindung zu diesem Spiel sei. Ob das in allen Einzelheiten identisch war sei unerheblich. Es sei jedenfalls nicht unbedingt entlastend, wenn man das Spiel später weiter entwickele. Die Bezüge der Angeklagten zum Spiel würden sich aus weiteren Vernehmungen ergeben. Die Versuche, die Angeklagte hier herauszuhalten, könnten nicht erfolgreich sein.
Der Verhandlungstag endet um 16.25 Uhr.
Auf NSU-Nebenklage heißt es zur Aussage Li.s: „Li. war der erste der hier vernommenen Zeugen, der das Spiel von Nichterinnern, Leugnen und Verharmlosen gespielt hat. Es ist daher begrüßenswert, dass das Gericht dem weiter nachgeht. Klar wurde heute jedoch auch, dass Li. auch bei der Polizei schon mit „Gedächtnisproblemen“ spielte – insofern wäre ein weniger nachsichtiger Umgang mit ihm schon in seiner gerichtlichen Vernehmung angezeigt gewesen.“
Rechtsanwalt Scharmer erklärt zur Durchsuchung der Wohnung Zschäpes: „Die Versuche Zschäpe als kinderliebe und freundliche Nachbarin darzustellen, finden ihre Grenze, wenn man sich das Innere ihrer damaligen Wohnung anschaut. Schon vor ihrer Flucht bewahrte sie neben einem ganzen Waffenarsenal auch nationalsozialistisches Propagandamaterial und das menschenverachtende antisemitische und rassistische Spiel „Pogromoly“ auf.“