Heute wurde die Vernehmung der mutmaßlichen NSU-Unterstützerin Mandy St. abgeschlossen. Obwohl die Nebenklage die Zeugin mit vielen Fakten konfrontierte, blieb die Zeugin bei ihrem Aussageverhalten, spielte ihre Rolle in der Szene herunter und verharmloste die militanten Strukturen.
Zeugin:
- Mandy St. (mutmaßliche NSU-Unterstützerin)
Der Verhandlungstag beginnt um 10.07 Uhr. Heute wird mit der Einvernahme von Mandy St. (siehe 89. und 90. Verhandlungstag) fortgesetzt. St. ist heute als einzige Zeugin geladen und erscheint mit ihrem Zeugenbeistand RA Weißflog. NK-Vertreterin RAin von der Behrens sagt, man sei beim letzten Mal bei einem Konzert in Belgien stehen geblieben. Auf Frage wer dabei war, nennt St. Enrico Bö., mit dem sie damals zusammen gewesen sei. Sie seien mit mehreren Leute und mehreren Autos dahin gefahren. Der Zeugin wird ein Foto gezeigt von einer Gruppe in Nazi-Skin-Outfit, die vor Autos mit Chemnitzer Kennzeichen steht. Das Foto wurde offenbar auf einem Rastplatz aufgenommen, es liegt Schnee. Ganz außen sei Bö. so St., der neben ihr selbst ganz hinten sehe aus wie Thomas Starke. Der in der Mitte vor dem ganz Großen müsse Armin Fi. sein. RAin v. d. Behrens fragt, ob St. zu dem mit dem roten T-Shirt eine Erinnerung komme, was St. verneint. V. d. Behrens nennt den Namen Thomas Ro. St.: „Hat der auch einen Spitznamen?“ V. d. Behrens nennt „Dackel“ und St., sagt, das sage ihr was, der sei in Chemnitz einzuordnen. Auf dem Bild könne sie ihn aber nicht zuordnen, auch der Name sage ihr nichts. In Belgien seien sie nur zu dem Konzert gewesen, sie seien gleich wieder zurückgefahren. Sie könne nicht mehr sagen, welche Band dort gespielt hat.
Auf die Frage, ob sie mit der Freundin von André E. Freizeit verbracht habe, sagt St.: „Eher weniger.“ Sie glaube, dass sie mal zusammen auf einem Konzert waren. Eigentlich hätten die viel zu zweit gemacht. Wenn viele mitgefahren seien, seien sie sicherlich auch mal zusammen unterwegs gewesen. Auf die Frage, welches Konzert das war, sagt St.: „Es waren so viele Konzerte in der Zeit.“ Sie verneint die Frage, ob dort etwas Besonderes vorgefallen ist. Auf Frage sagt St., der Name der Freundin sei Anja, sie bestätigt den Nachnamen Ha. RAin v. d. Behrens fragt, ob St. und Bu. anwesend waren, wenn die beiden bei St. zu Hause waren. St.: „Ja, eigentlich schon.“ V. d. Behrens sagt, also habe St. mit den beiden Freizeit verbracht. St.: „Wenn Sie es so sehen, ja.“ Auf die Frage, ob sie mal zu viert oder zu dritt, St. mit den beiden, weggegangen sei, sagt St., dass ihr nichts einfalle, dass sie mit den Zweien alleine weg war. Die Frage, ob sie mal mit den beiden zusammen mal in der Wohnung von dem Max, wo auch das Trio anwesend war, verneint St.: „Da waren die zwei nicht da.“ V. d. Behrens sagt, Frau Ha. habe hier gesagt, dass sie mehrmals mit E. in der Wohnung vom Trio war. Richter Götzl unterbricht v. d. Behrens und sagt, der Vorhalt werde falsch. Auf die Frage, ob die Wohnung von Bu. in der Nähe des Südbahnhofs lag, sagt St. die habe in der Limbacher Straße gelegen. Götzl sagt, der Vorhalt sei falsch und unterbricht die Sitzung bis 10.29 Uhr. Dann fragt RAin v. d. Behrens, ob sich St. erinnere, mal mit E. und seiner Freundin „Risiko“ gespielt zu haben, was St. verneint.
RAin Lunnebach sagt, St. habe angegeben, sie sei sich nicht sicher gewesen, ob die Frau, die sie getroffen hat, Beate Zschäpe war und lässt der Zeugin ein Bild zu zeigen. Darauf ist Zschäpe mit einem Mann zu sehen. Lunnebach fragt, ob das das „Küken“, die „niedliche Frau“ ist, die sie gesehen habe. St. sagt, es kommt dem Bild, was sie im Kopf habe, schon sehr nahe, aber sie könne es nicht aus dem Kopf heraus beschreiben, ob es wirklich sie war. RA Ilius fragt, ob St. Thorsten Sch. damals gekannt habe. St. sagt, der könne was mit Bö. zu tun gehabt haben, sie glaube, den Namen schon mal gehört zu haben. Auf die Frage, ob der zu den „88ern“ gehört habe, sagt St., sie habe gar kein Gesicht zu dem Namen vor sich. Zu regelmäßigen Treffpunkten der „88er“ sagt St., die hätten sich immer mittwochs im Heckert-Gebiet in einer Kneipe auf ein Bierchen getroffen. Sie wisse nicht mehr, wie die Kneipe geheißen habe, habe aber ein Bild im Kopf, wo sie lag. Es könnte sein, dass es der „Südblick“ war, so St. auf Nachfrage. Auf Frage, ob da André E. mal mit war, sagt St., der sei unter der Woche ja Arbeiten gewesen. Sie wüsste auch nicht, dass E. am Wochenende dabei gewesen sei, so St. auf Nachfrage. Ilius hält aus einer Vernehmung von Bu. vor, dass der an Kneipen, die er gemeinsam mit E. aufgesucht habe, nur den „Südblick“ habe nennen können, da seien auch Gunnar Fi., Starke, „Dackel“, St., und Thomas Hi. dabei gewesen. St. sagt, da hätten sich viele getroffen, aber es mache für sie keinen Sinn, dass der André unter der Woche dabei war. Es habe sicher auch andere Kneipen gegeben, aber sie könne keine mehr nennen. Der Name „Wohlfahrt“ sage ihr „nicht wirklich“ etwas. Ilius möchte wissen, ob das Trio mal mit bei den Treffen war. St. sagt: „Definitiv nicht.“ Die seien nirgendwo mit dabei gewesen.
Dann macht Ilius einen Vorhalt aus der Vernehmung von Enrico Ri. Der habe gesagt, dass die Drei sich nach dem Abtauchen in Chemnitz normal in der Szene bewegt hätten, z. B. bei einem wöchentlichen Treff, da seien die normal anwesend gewesen, das sei auch 1998 gewesen, er wundere sich, dass die damals nicht gefunden wurden, die hätten auch bei bekannten Leuten gelebt, im Nachhinein habe er erfahren, dass die bei der „White-Power-Mandy“, Mandy St., untergekommen seien. St. sagt, in der Zeit, wo sie wisse, dass die in Chemnitz waren und sie mit denen zu tun gehabt habe, wisse sie nichts davon, dass die sich in der Szene draußen bewegt hätten, das müsse dann nachher gewesen sein. Die Frage, ob sie selber mal Konzerte organisiert habe, verneint St. Auf die Frage, ob sie aus dem B&H-Zusammenhang Frauen kenne, die mal Konzerte organisiert haben, sagt St., sie wisse bei B&H überhaupt keine Frau zuzuordnen. Ilius fragt nach Kathrin Dr. unter dem Spitznamen „Mappe“. St., sagt, „Mappe“ sei eine dicke blonde Frau, aber sie wüsste nicht, dass die Konzerte organisiert hat. Ilius hält vor, dass André Kapke hier gesagt habe (siehe 59. Verhandlungstag), es habe in Heilsberg ein Konzert gegeben, das Geld habe er nie bekommen, da seien „zwei verrückte Flintenweiber“ gewesen, es seien bei B&H nicht viele Frauen aktiv, aber die hätten ein Konzert für die Drei organisiert. Das sage ihr nichts, so St., ihr sage auch Heilsberg nichts. Auf Frage sagt St., sie habe Starke bestimmt mal ihre Nummer genannt, ihren Geburtstag habe sie ihm nicht bewusst genannt, aber man gratuliere sich ja.
Bei der HNG habe sie, glaube sie, 1997 angefangen, das sei bis 2003, 2004 gegangen. St. bestätigt auf einer Jahreshauptversammlung der HNG gewesen zu sein, sie könne nicht sagen, wann und wo. Ilius hält aus dem Zwischenbericht des BKA zu den Ermittlungen zu St. vor, dass ein von St. genutztes Auto 2002 bei der Hauptversammlung der HNG festgestellt worden sei. Das könne sein, so St. Ilius fragt, ob St. aktuell noch Kontakt zu ihrem damaligen Briefkontakt Lorenz hat. Momentan gar nicht mehr, so St. Der letzte Kontakt sei 2013 gewesen, danach sei das abgebrochen. Sie verneint, dass es dafür einen bestimmten Grund gegeben habe. Ilius sagt, St. habe nach der Haftentlassung Besuch von Thomas Gerlach bekommen, und möchte wissen, wann das war. Das sei, glaube sie, 2004 gewesen, so St. Ilius fragt, ob St. aktuell noch Kontakt zu ihm habe. St.: „Nein, gar nicht.“ Auf Frage von RAin Pinar sagt St., sie wisse gar nicht mehr, mit wem sie zu dem HNG-Treffen gefahren sei. Sie sei nicht alleine gewesen, so St. auf Nachfrage, weil sie so Strecken nicht alleine fahre. Der Saal sei voll gewesen, sie habe den Saal ziemlich groß gefunden. Auf die Frage, ob es 200 Leute gewesen sein könnten, sagt St.: „Etwa.“ Pinar: „Wie viele von denen kannten Sie?“ St.: „Na, so viele waren es nicht.“ Sie könne das so nicht festmachen, wie viele sie da kannte. Pinar fragt, ob möglicherweise Thomas Gerlach dabei war. St.: „Bei HNG-Treffen? Nein.“ Auf die Frage, ob Gerlach in der Zeit überhaupt aktiv in der HNG war, sagt St., sie habe einen Text gelesen im HNG-Heft von ihm, aber ob er Mitglied war, könne sie nicht sagen. Pinar fragt, wer denn so aus Thüringen Mitglied war. St.: „Ich weiß doch die Mitglieder nicht.“ Auf die Frage, wer die Versammlung eröffnet hat, sagt St.: „Das wird sicher die Ursula Müller gewesen sein.“ Das sei die Vorsitzende. Sie wisse nicht, ob da Norddeutsche waren.
Pinar fragt zu Christian Worch [Neonazi-Kader] und St. sagt, der sei Sprecher auf Demos der NPD gewesen. Auf Frage, ob das Demos waren, auf denen St. war, sagt die Zeugin: „Sonst hätte ich ihn ja nicht gesehen.“ Pinar sagt, St. habe von einer Demo am 1. Mai gesprochen. Da sei Worch, glaube sie, Redner gewesen, so St. Pinar sagt, eben habe St. von Demos, Mehrzahl, gesprochen. St. erwidert, ihr falle gerade keine andere Demo ein. Auf die Frage, warum sie dann von Demos gesprochen habe, sagt St. es sei auch in den Medien etwas gekommen. Wann Leipzig aus ihrer Erinnerung war, könne sie auch nicht mehr sagen. Pinar hält vor, dass die Demo am 1. Mai in Leipzig 1998 gewesen sein solle. Das könne sein, sagt St. Pinar sagt, letztes Mal habe St. dem Vorsitzenden gesagt, sie sei erst 1999 politisiert worden. St.: „Weil ich es nicht genau sagen konnte.“ Sie wisse nicht mehr, mit wem sie nach Leipzig gefahren ist. Pinar sagt, das sei die einzige Demo, die St. erinnere, inklusive Redner, das glaube sie St. schlicht nicht. St.: „Ich weiß es nicht.“ Pinar fragt, wie St. zu der Demo gekommen sein. St.: „Mit dem Zug oder der Bahn oder dem Auto.“ Pinar: „Oder mit dem Fahrrad.“ St.: „Das wäre zu weit gewesen.“ Sie sei entweder mit dem Auto oder dem Zug dahin gekommen. Die Frage, wie viele Leute überhaupt mit waren, beanstandet Zschäpes Verteidiger RA Stahl, das weite die Aufgabe gerichtlicher Untersuchung „ins Unermessliche aus“. Pinar sagt, dass es einfacher wäre, wenn die Zeugin konkreter antworten würde. St. sagt, sie vermute, dass sie mit den Chemnitzern gefahren sei, die zu den „88ern“ gehörten, könne es aber nicht mehr genau sagen. Pinar fragt, ob St. wisse, ob in Leipzig auch aus anderen Städten Personen waren, insbesondere aus Hamburg. RA Stahl beanstandet. Pinar erwidert, es sei jemand aus Hamburg getötet worden und die Demonstration sei 1998 gewesen. Götzl sagt, auch die Jahreszahl trage nicht jede Verbindung.
Pinar fragt St. zu ihrer Verbindung zu Thomas Gerlach. St. sagt, sie habe dem geschrieben, als er im Gefängnis saß und habe eine kurze Zeit eine Beziehung mit ihm gehabt. Pinar: „Und Sie wissen nicht, ob er Mitglied der HNG war?“ Das verneint St. man könne auch ohne Mitglied zu sein an die Ursula Müller schreiben und das werde abgedruckt. Pinar fragt, wie zugeteilt worden sei, wer wem schreibt, oder ob sie da eine falsche Vorstellung habe. Wohllebens Verteidiger RA Klemke beanstandet die Frage in Abwesenheit der Zeugin als suggestiv. Nachdem die Zeugin wieder im Saal ist, fragt Pinar, wie das abgelaufen sei, wenn jemand sich entschieden hat, „nationalen Gefangenen“ Briefe zu schreiben. St. sagt, das habe sie schon erzählt, Starke habe in der Kneipe, mittwochs, eine Schüssel gehabt, daraus habe man gezogen. Im Heft der HNG sei eine Liste von Inhaftierten, die Kontakt haben wollen. Das Heft bekämen alle, die Mitglied sind, so St. auf Frage. Sie bestätigt, dass jeder, auch wer nicht Mitglied ist, schreiben könne, sie wisse aber nicht, ob Nicht-Mitglieder das Heft kaufen können. Pinar fragt, ob St. bei der HNG mal Christian Worch kennengelernt oder gesehen gesehen habe. St.: „Ich wüsste nicht, dass der da gewesen wäre.“ Pinar sagt, St. sei doch bis 2004 aktiv gewesen. St. erwidert, „aktiv“ bedeutete für sie, dass sie Briefe geschrieben habe, und einmal sei sie bei der Hauptversammlung gewesen.
RA Kuhn fragt zur „Sächsischen Aktionsfront“, wie die entstanden sei, welche Rolle St. hatte. St. sagt, wirklich entstanden sei die nicht. Es habe halt die „Fränkische Aktionsfront“ (FAF) gegeben und sie habe sich mit dem Christian Wi. unterhalten, man könne ja eine „Sächsische Aktionsfront“ machen. Sie habe die Poster genommen und mit „Sächsische Aktionsfront“ überklebt, das sei die einzige Aktion gewesen: „Die hat es eigentlich nie gegeben.“ Kuhn fragt, ob da eine Verbindung zwischen den beiden Organisationen angedacht war. St.: „Eigentlich war es so angedacht, ja.“ Zu ihrer Rolle in der „Sächsischen Aktionsfront“ sagt St., sie habe die Idee gehabt. Kuhn: „Und es gab nur diese eine Aktion?“ St.: „Ja.“ Sie verneint, mal beantragt zu haben, Mitglied in der NPD zu werden. Kuhn fragt, ob sie mal von Gerüchten im Regionalverband Erzgebirge der NPD gehört habe, dass sie ein Spitzel sei. Das verneint St. Auf Frage ob sie mit dem NPD-Verband im Erzgebirge etwas zu tun hatte, sagt St. sie habe da mal einen aus Oberwiesenthal kennengelernt. Bei Veranstaltungen der NPD im Erzgebirge sei sie nicht gewesen.
Kuhn sagt, St. habe am letzten Verhandlungstag gesagt, Thomas Gerlach sei ihr politisch zu krass geworden. Das habe sie nicht geäußert, so St., sie habe gesagt, dass er keine Zeit für sie gehabt habe, ständig organisiert habe, unterwegs gewesen sei. Kuhn sagt, bei der Polizei habe St. angegeben, dass es darum gegangen sei, Zellen zu bilden in ganz Mitteldeutschland, dass man überall jemanden sitzen habe, der gut reden kann, um wieder Leute auszubilden, die eigenständig arbeiten können, so dass man überall Leute hat, wenn eine Aktion startet. Das solle sie geäußert haben auf die Frage, an welchen Bewegungen Thomas Gerlach teilgenommen hat, so Kuhn. St. sagt, sie habe Gerlach den Vorhalt gemacht, ob er wirklich überall dabei sein muss. Und da habe er erklärt, dass man überall Zellen bilden solle, damit man überall einen Ansprechpartner hat, dass z. B. „Klebeaktionen“ überall stattfinden können in Mitteldeutschland. Kuhn fragt, ob Gerlach etwas dazu gesagt hat, dass die Zellen zusammen stehen sollen, als einheitlicher Verband. Sie denke mal, so St., dass alle zusammen stehen sollten, sonst mache es ja keinen Sinn. Auf die Frage, was mit „Aktion“ gemeint sei, sagt St., es gebe „Protestaktionen, Klebeaktionen, Schulungsaktionen“. Kuhn fragt, ob Gerlach das gesagt habe, oder St. das interpretiere. St. sagt, konkret habe er zu ihr gar nichts gesagt. Auf die Frage, ob sie 2005 oder sonst wann beim „Fest der Völker“ [Rechtsrock-Festival] war, sagt St., das könne dieses gewesen sein, 2004 oder 2005, sie sei einmal da gewesen. Kuhn fragt, ob St. einen Tobias Gi. als Mitglied der HNG kenne, was die Zeugin verneint. Kuhn fragt, ob sie bei den Untergetauchten jemals ein Handy gesehen habe, dass diese benutzt oder zur Verfügung hatten. St. verneint das. Kuhn fragt nach dem Spitznamen „Maggi“. Der sei aus Johanngeorgenstadt, der heiße Dirk Ma. [phon.], so St.
RA Hoffmann sagt: „Ich habe, wie heißt es hier immer so schön, einige wenige ergänzende Fragen.“ Hoffmann fragt zu dem im „Landser“ veröffentlichten Text, ob St. ungefähr wisse, in welcher Auflage das Heft erschienen ist, wie verbreitet es war. Das verneint St. Sie verneint auch, erfahren zu haben, ob da große Mengen gemacht worden sind. Hoffmann fragt, wer das produziert hat. St. antwortet, sie sei davon ausgegangen, dass das über Matthias Fischer gelaufen ist. Es stehe auf allen Klebern und Postern jemand drauf, der verantwortlich ist, sagt St. auf die Frage, warum sie davon ausgehe. Hoffmann will wissen, wie St. auf die Idee kam, das gerade für den „Landser“ zu schreiben. St. sagt, sie habe das einfach so geschrieben und dem Wi. in die Hand gedrückt: „Sonst hätte ich es zur HNG geschickt, die hätten es auch abgedruckt.“ Es habe sie halt „angekotzt“, dass es großen Streit unter den Leuten gegeben habe. Auf Nachfrage sagt St., es habe immer einzelne Streitereien zwischen Leuten gegeben, keinen großen Streit. Das sei überall so gewesen, nicht nur in Nürnberg. Auf die Frage, ob sie also davon ausgegangen sei, dass das „Landser“-Heft nicht nur in Nürnberg verbreitet würde, sagt St.: „Ich bin von gar nichts ausgegangen.“ Sie habe das dem nur in die Hand gedrückt und gesagt: „Mach halt mal.“ Hoffmann hält aus dem Text vor: „Der Nationale Widerstand ordnet sich dem herrschenden System nicht in irgendeiner Richtung zu, sondern steht ihm frontal gegenüber und dieser soll alle in unserer Nation umfassen, die reinen Blutes sind.“ St. sagt, das habe sie von dem NPD-Infoblatt abgeschrieben. Hoffmann fragt, was St. damit ausdrücken wollte. St. antwortet, das habe gut rein gepasst, die Zeile müsse nicht von ihr sein, sie habe das ja nicht alleine geschrieben. Hoffmann fragt, was denn jetzt stimme. St. sagt, dass Hoffmann davon ausgehen könne, dass die Zeilen, wo es um den Streit geht, definitiv von ihr sind. Der Text sei bestimmt zehnmal abgeändert worden. Hoffmann fragt, ob sie die Zeile „die reinen Blutes sind“ abgeschrieben habe, oder das eine Vermutung ist. Sie habe angefangen, den Brief zu schreiben, sagt St., der sei dann vom Richard [Lorenz] abgeändert worden, dann wieder von ihr selbst, von den Nürnbergern und dann habe ein Anwalt drauf geschaut. Dann sei es doch wohl darum gegangen, dass die, die unter dem Text stehen als Autoren, eine möglichst hohe Identifikation wollten, erwidert Hoffmann. St. sagt, das sehe sie nicht so. Auf die Frage, warum es dann mehrfach abgeändert wurde, sagt St., sie habe auch „böse“ über Leute geschrieben. Hoffmann: „In Nürnberg?“ St.: „In Deutschland.“
Hoffmann fragt, ob St. einen Überblick über alle wesentlichen Streitigkeiten der Szene in Deutschland hatte. St. sagt, nur über das, was sie mitbekommen habe. Zur Frage, was das für Streitigkeiten waren, sagt St., dass der eine den anderen verdächtigt habe, für den VS zu arbeiten. Das sei in Nürnberg und in Chemnitz gewesen. Auf die Frage wer verdächtigt wurde, nennt St. Starke. Hoffmann: „Vor 2001 schon?“ St.: „Das weiß ich doch nicht mehr.“ Sie könne nicht sagen, ob das vor 2001 war, aber es habe jedenfalls Verdächtigungen gegeben, als sie in Chemnitz war, wo Starke Aussagen bei der Polizei gemacht habe. Sie verneint die Frage, ob das war, als die Drei auch in Chemnitz waren. Das sei später gewesen, so St. Hoffmann fragt, ob das lang danach war: „Sie kommen ja ein bisschen an die Erinnerung.“ Sie glaube, so St., da habe sie noch nichts mit den Nürnbergern zu tun gehabt. Es könne hinkommen, dass das kurz vor ihrem Wegzug war. Das sei auf einem Konzert verbreitet worden „von Mann zu Mann“, es seien auch Zettel herum gegangen, welche Aussagen Starke bei der Polizei gemacht habe. Da sei es um CDs von „Landser“ [Band] gegangen. In Nürnberg habe sie gewusst, dass es zwischen Wi. und Fischer Stress gegeben habe. Hoffmann fragt zu Streitigkeiten in anderen Städten. B&H und „Hammerskins“ hätten sich in den Haaren gehabt, sagt St. Da sei es um Geld gegangen, Konzertgelder, es habe geheißen, dass sich B&H-Leute „eine goldene Nase verdienen“ würden. Das habe sie in Chemnitz gehört. Sie könne nicht sagen, ob es da auch um Starke ging. Hoffmann fragt, ob das der Grund für den Aufruf zur Einheit der Rechten war. St. sagt, sie habe bei Richard gemeckert und der habe gesagt, sie solle nicht meckern, sondern was machen. Hoffmann sagt, St. habe vermutlich nicht zur Einheit mit VS-Informanten aufrufen wollen, und fragt, was sie habe erreichen wollen. St. sagt, dass es keinen Sinn mache, sich gegenseitig anzuschwärzen, wenn man etwas bewegen wolle. Auf die Frage, ob sie danach auf den Text angesprochen worden sei, sagt St., es hätten ja nicht viele gewusst, dass er von ihr stammt. Da stehe aber „Mandy S., Chemnitz“, so Hoffmann. Es habe keine großen Anfragen gegeben, so St. Hoffmann fragt, ob St.s Stand in der Szene groß war, oder warum der Name drunter stand. Darum habe sie nicht gebeten, so St. Hoffmann möchte wissen, ob man habe erreichen wollen, dass das eine besondere Glaubwürdigkeit bekommt, weil man persönlich gut bekannt ist. St. sagt, unter anderen Artikeln stehe auch der Name. Auf die Frage, ob sich St. erinnern könne, dass das im „Landser“ so gewesen sei, sagt St., sie rede allgemein von Zeitungen, dass da ein Name oder Kürzel steht.
RA Behnke möchte wissen, wie St. aus der Szene ausgestiegen sei. Das habe die Zeit gemacht, sie habe andere Interessen, andere Leute gefunden. Die Frage, ob man seinen Austritt erklären müsse, sagt St.: „Man geht einfach nicht mehr hin.“ Sie sei, so St. auf Frage, gar nicht darauf angesprochen worden, sie habe ja einen guten Sprung gehabt, sie von Nürnberg nach Johanngeorgenstadt gezogen. Behnke fragt, ob St. unter Druck gesetzt wurde. St. verneint die Frage, sie wisse nicht, was Behnke meint. Behnke sagt, es gehe darum, ob sie in Bezug auf den Ausstieg bedroht wurde. St. verneint das. Sie wisse nicht, worauf Behnke hinaus will. Behnke sagt: „Dass mal jemand anruft und sagt, warum kommst du nicht mehr.“ St.: „Wüsste ich jetzt nicht.“ Behnke fragt, ob sie es nicht wüsste oder es nicht so war. St. sagt, dazu falle ihr nichts ein. Es folgt eine Pause bis 11.43 Uhr.
Dann fragt RAin Lunnebach, ob St. wisse, wer veranlasst hat, dass den Artikel im „Landser“ ein Anwalt prüft. Das verneint St., sie wisse auch nicht, welcher Anwalt das war. Auf die Frage, ob sie das nochmal gesehen habe, sagt St. das habe in Nürnberg gelegen und sei auch in Nürnberg geblieben. Lunnebach fragt, ob der eben zitierte Satz schon in der ersten Fassung drin war, was St. bejaht. Lunnebach: „Und sie haben ihn möglicherweise abgeschrieben?“ St. sagt, sie habe sehr viel von der NPD abgeschrieben, weil die so wortgewandt gewesen seien und sie selbst nicht so. Lunnebach fragt, ob St. den Satz abgeschrieben habe. St.: „Ja, weil es nicht meine Wortwahl ist.“ Lunnebach möchte wissen, warum St. diesen Satz ausgewählt hat. St. sagt, der habe irgendwie gut gepasst. Götzl sagt, St. weiche der Antwort wieder aus, wie schon bei RA Hoffmann. Lunnebach fragt, wie St., unabhängig davon, ob abgeschrieben oder selbst verfasst, den Satz gemeint habe. St. sagt, sie habe extra gefragt, ob Lunnebach das mit dem „reinen Blut“ meine oder den ganzen Satz. Lunnebach fragt, was denn an dem ganzen Satz gut ist. Dass „wir“ dem herrschenden System frontal gegenüberstehe, antwortet St. Mit „wir“ sei der „Nationale Widerstand“ gemeint, so St. auf Frage. Auf Frage sagt St., der Halbsatz mit dem „reinen Blut“ sei nicht von ihr. Lunnebach fragt, was damit gemeint sei. St.: „Das weiß ich doch nicht.“ Lunnebach: „Sie schreiben ihn ab und wissen nicht was damit gemeint ist?“ St. sagt, der sei ja erst im Nachhinein rein gekommen.
Lunnebach richtet sich an Götzl und sagt, der habe es ja „ansatzweise auch gemerkt“, ob man St. nicht nochmal an die Wahrheitspflicht erinnern müsse. Götzl wird ungehalten, Lunnebach sagt, sie habe nur sagen wollen, dass die Zeugin zwei Dinge sage, die nicht zueinander passen. St. sagt, sie könne nur darüber reden was sie geschrieben habe, sie habe das mit dem „Nationalen Widerstand“ geschrieben: „Das müssen wir jetzt nicht übelst hin und her diskutieren.“ Das mit den „reinen Blut“ habe sie nicht geschrieben. Götzl sagt, dann frage er nochmal nach. Lunnebach: „Gerne.“ Auf Frage von Götzl sagt St. der zweite Teil des Satzes stamme von Richard Lorenz. Und darüber habe sie sich auch aufgeregt, weil ihr Name ja auch drunter stehe: „Das klingt so, als ob ich eine arische Rasse haben wollte.“ Das habe sie mit dem Artikel nicht bezwecken wollen. Götzl fragt, ob St. deswegen in Kontakt mit Lorenz getreten sei. St. sagt, sie habe ihn im Gefängnis besucht. Der habe gesagt, das passe schon. Auf die Frage, warum sie trotzdem ihren Namen drunter gesetzt habe, sagt St., sie habe sich damit abgefunden und stehe hier auch dazu. Götzl: „Den Eindruck hatte ich nicht.“ Die Eskalation, die sich jetzt entwickelt habe, liege an St., die die Fragen zunächst nicht richtig beantwortet habe.
RAin Lunnebach fragt nach dem Begriff „White-Power-Mandy“. St. sagt, sie habe an ihrer Bomberjacke so eine kleine weiße Faust gehabt, so sei der Spitzname entstanden. Auf Frage, was das inhaltlich meine, sagt St.: „Ja, White Power, weiße Kraft.“ Lunnebach fragt, ob sich St. damit identifiziert habe. St.: „Die hatte ich an meiner Jacke dran.“ Lunnebach: „Weil Sie sich mit dem White-Power-Symbol identifiziert haben?“ Das bejaht St. RAin v. d. Behrens fragt, was 2005 St.s Autokennzeichen war. St. sagt: „ASZ – BH 88.“ Auf Frage, wofür das steht, sagt St.: „Bike-Halterin Honda Hornet“ [phon.]. Sie verneint, sich das gezielt ausgesucht zu haben. Sie wisse nicht, ab wann sie das Kennzeichen hatte. Auf Frage sagt St., sie komme nicht auf den Namen von demjenigen, den sie in Oberwiesenthal kennengelernt habe. Sie wisse, dass der für die NPD gearbeitet hat, aber nicht, ob er da eine bestimmte Funktion hatte. Sie sei privat bei ihm zu Hause gewesen. Sie könne nicht aus dem Stegreif sagen, ob da noch weitere Leute waren. V. d. Behrens möchte wissen, ob St. mit ihm über Koordinationstreffen in Cottbus gesprochen habe, die sie besucht habe. Das bejaht St. Das sei sowas gewesen, wie das mit der Zellenbildung, dass man überall jemand hat. Da sei sei mal mit Thomas Gerlach gewesen, 2004, wisse aber garnicht, ob das Cottbus war. Sie glaube, dass sie nur bei dem einen Treffen dabei war. Da sei es um die Planung einer Demo gegangen. V. d. Behrens fragt, ob das, wo St. war, eine Zelle war. St. sagt, sie wisse nicht, ob man das als Zelle beschreiben kann. Da seien schon welche gewesen, die gut reden konnten, aus unterschiedlichen Städten: „Aber ob man das als Zelle betrachten kann?“ Es seien acht bis zehn Personen gewesen, außer Gerlach ein Stefan aus Schkeuditz, es könne auch sein, das „dieser Kapke“ dabei war. Bei den anderen müsse sie jetzt passen. Sie könne nicht sagen, ob Personen aus Potsdam dabei waren, so St. auf Frage. Maik E. sei nicht dabei gewesen.
Auf dem letzten rechten Konzert sei sie mit Thomas Gerlach gewesen, das könne 2005 gewesen sein, sagt St. auf Frage. V. d. Behrens hält aus den Akten vor, dass St. am 28.5.2005 an einem rechten Liederabend teilgenommen haben soll, der Ort sei nicht vermerkt. Das könne sie nicht sagen, so St. Dann nennt v. d. Behrens einen rechten Liederabend am 23.7.2005 in Annaberg-Bucholz. Das könne sein, so St., wer da gespielt hat, könne sie aus dem Kopf nicht sagen. Sie sei in Annaberg in einer kleinen Gaststätte gewesen, da habe ein älterer Mann geredet, der habe in Nürnberg wohl mal als Bürgermeister kandidiert, bestimmt für die NPD, auf den Namen komme sie nicht. Danach sei Musik gespielt worden. V. d. Behrens fragt, ob St. 2005 an einer Kranzniederlegung teilgenommen hat. St. sagt, das könne Halbe gewesen sein, wenn sie da noch mit Thomas Gerlach unterwegs war. Auf Frage sagt sie, das könne durchaus am 17.6.2005 gewesen sein, sie habe keine Ahnung. Auf die Frage, ob das für sie politische Aktivitäten gewesen seien, sagt St.: „Ist ein Liederabend eine politische Aktivität?“ Nach dem Hinweis, dass da offenbar jemand von der NPD geredet habe, sagt St., sie nenne es geselliges Zusammensitzen, nicht Aktivität. Die Kranzniederlegung sei Aktivität, so St. auf Frage.
Auf die Frage, wie lange sie HNG-Mitglied war, sagt St.: „Bis zum Schluss.“ Die HNG sei ja irgendwann verboten worden [September 2011], sie habe das verpasst. RA Matt fragt zum Thema Bombenbauanleitung, woher St. gewusst habe, dass es sich um eine Bombenbauanleitung handelt. St. antwortet, die Wortwahl sei gefallen, Wi. habe das aus dem Internet gehabt, sie habe im Kopf, dass das ausgedruckte Seiten waren, könne aber nicht mehr genau sagen, was drauf stand, es sei ihrer Erinnerung nach nur Text gewesen. RA Hoffmann fragt, ob er St. vor ein paar Minuten richtig verstanden habe, dass sie mit dem Kennzeichen „BH-88“ nicht die in der rechten Szene verwendeten Kürzel für B&H und „Heil Hitler“ verbinde, sondern ein ausgedachtes Kürzel, es gehe hier auch darum, mit wie viel ernst St. aussage. St. sagt, sie habe wirklich ein Motorrad „Honda Hornet“. Zschäpes Verteidiger Stahl fragt zu den Würfelchen, die St. auf dem Küchentisch gesehen habe, ob ihr jemand erklärt habe, wozu das Spiel war. Das habe sie im Nachhinein bei der Kripo erfahren, so St. Damals sei ihr erklärt worden, dass ein Spiel gebastelt wird, was in der Szene verkauft werden solle, aber nicht was. Es hätten Würfelchen und Holzstäbchen auf dem Tisch gelegen und sie habe es so im Kopf, dass sie gefragt habe: „Was macht Ihr hier?“ Die Nachfrage, ob sie die Bastelarbeit jemandem zuordnen könne, verneint St. Auch die Äußerung, dass sie ein Spiel basteln und in der Szene verkaufen würden, können sie niemandem zuordnen.
Dann fragt erneut Richter Götzl. Kontakt zu Anja Ha. habe sie in der Zeit gehabt, in der die mit E. zusammen gewesen sei, so St., bis die beiden sich dann nicht mehr bei ihr hätten treffen müssen. Ha. sei zum Haareschneiden in den Salon und ihre Mutter dann auch. Danach sei der Kontakt dann ziemlich auseinander gegangen. E. hätten sich 1998 etwa ein halbes Jahr bei ihr getroffen, so St. Sie verneint, sich mit Ha. mal über die Drei unterhalten zu haben. Sie könne sich nicht erinnern, den beiden überhaupt etwas gesagt zu haben. Götzl fragt, ob St. nochmal irgendwelchen anderen Personen geholfen habe, dass die untergetaucht sind, oder das einmalig war. St. sagt, sowas erlebe man nicht immer, das sei nur das eine Mal gewesen. Götzl fragt, wann der letzte Kontakt zu Anja S., so heiße Ha. jetzt, gewesen sei. St. sagt, sie glaube, 1999. Götzl hält vor, dass Anja S. ausgesagt habe, dass sie ebenfalls mal dabei gewesen sei in St.s Gegenwart zusammen mit E., wo die Drei waren. St. sagt, nach ihrer Erinnerung hätten E. und Anja in der Zeit, wo die Drei in Bu.s Wohnung waren, nichts davon gewusst. Götzl sagt, Anja S. habe gesagt, sie hätten zusammen einen Besuch in einer Wohnung gemacht. Davon wisse sie gar nichts, so St. Götzl sagt, dass S. berichtet habe, es sei in der Wohnung übers Haarefärben gesprochen worden. St. sagt, sie wisse nicht, dass sie die Anja dabei gehabt hätte. Aber auf die Frage, ob sie Zschäpe die Haare geschnitten habe, habe sie ja in der polizeilichen Vernehmung gesagt, ihr schwirre im Kopf herum, dass sie der die Haare blondiert habe. Götzl fragt, ob St. die Drei mal in einer anderen Wohnung als der von Bu. besucht habe. St.: „Überhaupt nicht, nein.“ Die Wohnung Bu. sei auf der Limbacher Straße gewesen, so St. auf Nachfrage, sie sei sich da sicher, weil sie auf der Limbacher Straße auch gearbeitet habe. Sie verneint die Frage, ob sie die Drei mal in einer Wohnung im Bereich des Südbahnhofs besucht habe. Sie wisse nur von dieser einen Wohnung in Chemnitz, eine Wohnung in der Altchemnitzer Straße sage ihr gar nichts.
Dann fragt Götzl zu den „88ern“, was St. darunter verstehe. Das sie die Truppe gewesen, die alle diese Zahl auf der Bomberjacke gehabt hätten, deswegen sei das so entstanden. Götzl fragt, ob es gemeinsame Ziele, Vorstellungen gegeben habe. St.: „Nö.“ Götzl sagt, St. sage jetzt so „Nö“, was solle er mit der Antwort anfangen. St. sagt, so politisch sei es da nicht her gegangen. Auch bei dem Mittwochstreff habe nicht der Führer vorne gestanden und gesagt, wir müssen jetzt das und das machen. Die Leute hätten zusammen gesessen, ein Bierchen getrunken. Sie könne sich nicht erinnern, dass politische Ziele verfolgt werden sollten: „Das mit den Jacken hat halt mal einer raus gehauen, dass man sieht, dass wir zusammengehören.“ Götzl fragt: „Und über die Kleidung und das Aussehen hinaus?“ St. sagt, aus der rechten Szene hätten fast alle eine Bomberjacke gehabt, das sei halt damals so gewesen. Götzl fragt zur „88“, worauf St. sagt, da habe „Chemnitz“ drunter gestanden und so habe jeder gesehen, dass der Trupp aus Chemnitz kam. Auf die Frage, ob es eine Organisation, Struktur, eine Satzung oder irgendetwas sonst gab, sagt St.: „Nicht, dass ich wüsste.“ Man sei halt auf Konzerte gefahren, sagt St. Götzl: „Wurden Schriftstücke verfasst?“ St.: „Davon wüsste ich nichts.“ Auf Frage, wen sie dazu zählen würde, nennt St. Starke und Bö. und sagt dann: „Oh Gott, das waren so viele.“ Das seien bestimmt „20 Mann“ gewesen, so St. auf Nachfrage. Sie selbst sei auch dabei gewesen, auch La., glaube sie. Sie könne sich nicht erinnern, wer alles eine Jacke bekommen hat.
Götzl fragt, was St. unter B&H verstehe, welche Ziele B&H habe, wer dahinter steht usw. Sie habe nur mitgekriegt, dass die Konzerte organisiert haben. Es sei ein Haufen Leute gewesen, die B&H auf den T-Shirts stehen hatten. Sie sei der Meinung gewesen, dass das eine Gruppierung ist, „wo sich Gleichgesinnte zusammenfassen“. Einen richtigen Einblick habe sie gar nicht, sie glaube, dass sie sich hier lächerlich machen würde, das zu erzählen. Götzl hakt nach und St. sagt, es habe Stress zwischen B&H-Leuten und „Hammerskins“ gegeben, weil es um Geld ging. Götzl fragt zu den „Hammerskins“, es sei ja in St.s Artikel um Streit in der Szene gegangen. Stress habe es ja auch zwischen den NPD- und den „Republikaner“-Leuten gegeben, so St., die hätten ja auch nicht zusammengehalten: „Und ich habe mir die Frage gestellt, wenn sie alle dasselbe wollen, warum arbeiten sie dann gegeneinander.“ Götzl sagt, es gehe um den Ursprung für St., da aktiv zu werden, deswegen frage er im Hinblick auf diese einzelnen Gruppierungen nach. St.: „Ich habe diesen Einblick da in die Tiefe nicht.“ Götzl sagt, es gehe um das, was St. wisse. St.: „Keine Ahnung.“ Auf die Nachfrage, welche Informationen St. denn gehabt habe, sagt die Zeugin, sie habe gewusst, dass B&H Konzerte organisiert. Götzl: „Sonst noch etwas?“ St.: „Nein.“
Götzl fragt, ob St. Schriften bekannt seien wie „Weg vorwärts“ oder „Field Manual“. St.: „Sagt mir gar nichts.“ Götzl fragt, ob mal über einen „Laserman“ diskutiert wurde. St.: „Was?“ Götzl wiederholt und St. sagt Nein. Auf Frage zu den „Hammerskins“ sagt St., einen kleinen Einblick in diese Szene habe sie erst viel später durch den Thomas Gerlach bekommen, durch das, was sie dem aus der Nase habe ziehen können, einen persönlichen Einblick habe sie nicht gehabt. Das seien nicht viele Leute, Thüringen und Sachsen seien zusammengelegt, sieben Leute seien im Chapter, Frauen würden nicht aufgenommen, es gehe über die Landesgrenzen hinaus, bis Portugal, es gebe „Hammerskin“-Treffen.
Götzl fragt, ob der Anstoß, den Artikel zu verfassen, von ihr selbst oder anderen Personen gekommen sei. St. sagt, die „Angiftungen“ untereinander hätten sie aufgeregt, es könne schon sein, das der Fall Starke der Auslöser war. Es habe ja eine Menge Diskussionen gegeben, da sei wirklich „Gerüchteküche“ gewesen, was Starke gemacht hat. Sie habe im Nachhinein mit Starke telefoniert, weil sie nicht gewusst habe, wie Aussageprotokolle in ein Konzert kamen, und Starke habe gesagt, dass er stundenlang bei der Polizei gesessen habe und sich zwischen Szene und Familie habe entscheiden müssen. Da habe sie das verstanden. Ihr sei hängen geblieben, dass eine Szene komplett auf einer Person herum hacken kann. Starke habe erzählt, dass Personen bei ihm die Tür eingetreten hätten. Sie habe Starke angerufen, weil sie halt selber mit demjenigen sprechen wolle. Starke habe gesagt, dass er lange Verhöre gehabt habe, dass er sich habe entscheiden müssen, er eine Freundin habe, dass er es nicht einsehe, den Kopf für die ganze Szene hinzuhalten. Ihr sei außerdem der Satz im Kopf geblieben: „Wer nichts macht, kann auch nichts falsch machen.“ Götzl fragt, ob das Gespräch der Anlass war, das zu schreiben. Das könne sein, so St., sie wisse nur noch, dass sie sich bei Richard Lorenz aufgeregt habe. Überall habe es Streitereien gegeben, der eine habe die Freundin von dem anderen weggenommen, und dann sei das wieder gespalten gewesen: „Solche Sachen halt.“ Sie habe auch geschrieben dass so private Sachen nichts in der Szene verloren haben. Der Lorenz habe gesagt, sie solle nicht meckern, sondern machen.
Götzl fragt, wie der Bezug zum „Landser“ kommt. St. sagt, sie habe den Text ja nicht an die Freie Presse schicken können, sie habe Wi. angesprochen. Sie glaube, dass Wi. Fischer angesprochen hat, sie selbst habe den Matthias garnicht gefragt. Auf Frage sagt St., sie wisse es nicht, gehe aber davon aus, dass Starke Mitglied bei B&H war, weil der dieses T-Shirt und Käppi mit B&H getragen habe, B&H gebe es ja nicht mehr. Auf Nachfrage sagt St., sie habe gelesen, dass B&H verboten sei. Sie habe keine Veranlassung gesehen, sich mit Starke über B&H, über die Finanzen oder den Streit mit den „Hammerskins“ zu unterhalten, so St. auf Frage, das gehe sie nichts an, sie sei weder B&H– noch „Hammerskin“-Mitglied. Götzl sagt, das klinge nicht plausibel, bei den Streitigkeiten sei St. doch der Meinung gewesen, dass das aufhören soll. St. sagt, sie stelle sich das so vor: Es gebe einen Haufen Motorradclubs, alle hätten das gleiche Hobby, Motorradfahren, und trotzdem würden die sich untereinander bekriegen. Vielleicht sei es Revierverteidigung gewesen, sie könne es nicht sagen.
Götzl fragt, was nach St.s Vorstellung eine „Zelle“ ist. Das sei eine kleinere Gruppe, wo einer das Sagen hat, mit Leuten unter sich, da dann wieder ausführen, antwortet St. Götzl fragt, in welchem Zusammenhang St. denn dieser Begriff untergekommen sei. Da sei ein Artikel mit ganz vielen Seiten, drei oder vier, über Thomas Gerlach gewesen, den habe ihr Anwalt ihr aus dem Internet ausgedruckt. Das sei vor ihrer Aussage bei der Polizei gewesen. Sie habe es mit eigenen Worten nicht erklären können und sie habe den Artikel gegeben und dieses Wort „Zelle“ übernommen. Es sei darum gegangen, dass man halt überall jemanden habe, führt St. weiter aus. Thomas Gerlach habe ja auch zu ihr gesagt, warum sie arbeiten gehe, sie solle sich doch in die Politik einbringen, weil sie ja im Erzgebirge gewesen sei, und da hätte sie sich Leute suchen müssen. Das sehe sie als „Zelle“, es sei schwierig das zu erklären. Zschäpes Verteidigerin RAin Sturm fragt, ob der Begriff „Zelle“, in der Zeit, als sie mit Thomas Gerlach zusammen war, von diesem einmal verwendet wurde. Das verneint St. Auf Frage von NK-Vertreter RA Ilius sagt St., sie habe sich am Jahresanfang 2005 von Thomas Gerlach getrennt. Sie habe den Verdacht gehabt, dass der eine andere Frau hat, deswegen sei sie mit Absicht auf jede Veranstaltung gegangen, deswegen sei sie im Nachhinein auch noch auf solchen Veranstaltungen gewesen. Dann sei sie mit Frank S. zusammen gewesen, bestätigt St.
Ilius fragt, wie St. „Ausstieg“ definiere. St. sagt, den Begriff habe sie nicht verwendet, sie sei einfach nirgendwo mehr hingegangen. Ilius fragt, ob sich an ihren politischen Einstellungen etwas geändert habe. St. sagt, sie sei verantwortungsbewusster geworden, habe einen ganz anderen Umgang mit Menschen, egal welcher Sorte, Nationalität. Sie wolle ein gutes Vorbild für ihre Tochter sein, sie nicht eine politische Richtung erziehen. Ilius hält aus der Befragung von Frank S. vor, dass der gesagt habe, St. habe ihre politische Einstellung behalten, aber nicht mehr gezeigt, er habe ihre Einstellung nur noch zu Hause gemerkt, ansonsten habe sie nichts nach außen getragen. Ilius fragt, ob St., das als zutreffend beschreiben würde. St. sagt, am Anfang habe sie das so akzeptieren können, rausgeflogen sei S. letztendlich, weil sie überhaupt die ganze Einstellung nicht mehr habe akzeptieren können: „Bei mir hat es irgendwie einen Schalter umgelegt, nachdem ich Mama geworden bin.“
RA Elberling sagt, für das, was St. dann als „Zelle“ bezeichnet habe, würde ihm auch noch „Ortsgruppe“, „Kameradschaft“ und vieles andere einfallen und fragt, ob es noch etwas anderes gebe, was das ausmacht, außer dass einer bestimmt und die anderen machen. St. sagt, man sitze dort und es falle einem keine Wortwahl ein, und weil sie vor der Vernehmung den Artikel gelesen habe, habe sie das übernommen, es könne aber auch eine kleine „Kameradschaft“ sein, eine „Clique“. RA Narin sagt, St. sei ja mit Wi. zusammen gewesen, den sie bei „Combat 18“ eingeordnet habe, und fragt, ob die Bildung von Zellen da eine Rolle gespielt habe. Das könne sie nicht sagen, sie habe nur gewusst, dass der da dabei war, weil der ein T-Shirt getragen habe. Zu sonstigen Funktionen Wi.s sagt St., sie glaube, der sei in der NPD gewesen. Wi. sei auch in der FAF gewesen. Sie verneint, in Nürnberg Aufkleber der FAF verklebt zu haben. Auf Frage, wer aus ihrem Bekanntenkreis solche Aufkleber verklebt habe, sagt St., das seien sicher Leute aus der FAF gewesen. Sie nennt Fischer und sagt, sie habe die jetzt auch nicht alle kennengelernt. Auf Frage sagt sie, dass sie ihre Wohnung nach ihrem Wegzug an Daniel He. übergeben habe. Sie sei dann nach Büchenbach gezogen. Narin fragt, ob sie He. erzählt haben könne, dass sie nach München verzogen sei. Das verneint St. Narin sagt, St. verkehre heute im Umfeld eines Motorradclubs. St.: „Das ist kein Club.“ Da seien keine Personen aus der rechtsextremen Szene dabei, es gehe nur um Motorradfahren und Lagerfeuer und Grillen mit den Kindern und der Familie. „Hammerskins“ aus Nürnberg kenne sie nicht, der Namen Frank Z. sage ihr nichts.
RAin Lunnebach sagt, St. habe nicht so richtig die Unterschiede zwischen B&H und „Hammerskins“ konkretisiert, habe aber gesagt, dass alles das Gleiche wollten. Sie fragt, was denn alle wollten. St.: „Es waren alle gegen das, gegen unser System.“ Lunnebach zitiert aus dem Artikel: „Sollte Nationalbewusstsein nicht das Gefühl der Zusammengehörigkeit sein, das Macht und Größe der eigenen Nation als höchsten Wert erachtet?“ und fragt, ob das zusammenfasse, was St. in dem Artikel gemeint habe. St. bejaht das. Die Frage von RA Hoffmann, ob ihr Fußballturniere der „88er“ bekannt seien, bejaht St. Sie wisse nicht, wie oft die waren, das sei etwa 1997/98 gewesen. Sie könne nicht sagen, ob das gewesen sei, bevor die Wohnung zur Verfügung gestellt wurde. Sie könne auch nicht sagen, ob das die „88er“ alleine organisiert haben, sie interessiere sich für Fußball nicht, und sei da nicht gewesen.
RA Stolle fragt, was Thomas Gerlach mitgeteilt habe, warum es kleinere Gruppen sein sollten und nicht größere. St. sagt, das habe sie als Sinnbeispiel gesagt, was man sich unter einer Zelle vorstelle. Stolle fragt, ob das nur ihre Interpretation war, was St. bejaht. Stolle sagt, es hätten ja Aktionen an mehreren Orten stattfinden sollen, und fragt, wie die Kommunikation habe stattfinden sollen St. sagt, das habe sie nicht durchdacht. Stolle fragt, ob es einen gemeinsamen Namen, ein Logo habe geben sollen. St. antwortet, soweit sei es noch nicht durchorganisiert gewesen. Es sei nur im Gespräch gewesen, dass es gut wäre,wenn überall jemand wäre, der gut reden kann, in Mitteldeutschland. St.: „Und die Telefone werden immer abgehört, das ist eine sehr interessante Frage.“ RA Sidiropoulus fragt, ob Thomas Gerlach damals, als Schluss war, eine eigene Wohnung gehabt habe. St. sagt, das habe sie hinterher herausbekommen. Die Wohnung sei außerhalb von Altenburg gewesen, sie glaube, dass er da alleine gewohnt hat, die Wohnung sei normal groß gewesen, sie könne das nicht genau sagen. Auf die Frage, ob die Wohnung danach ausgesehen habe, dass er alleine wohnt, sagt St., sie habe nicht drauf geachtet. RA Narin hält vor, dass Daniel He. ausgesagt habe, dass St. nach München gezogen sei. St.: „Ich weiß doch, wo ich hin gezogen bin.“ Mit Kai Se. sei sie vier Jahre zusammen gewesen, sie wisse nichts davon, dass der in München gewohnt habe.
Nach der Vernehmung gibt RA Hoffmann eine Erklärung ab. Die Zeugin St. sei fester Bestandteil der Chemnitzer und einer bundesweiten Naziszene gewesen. Sie sei Teil der „88er“ gewesen. Aus den Angaben anderer Zeugen wisse man, dass „88er“ und B&H Chemnitz quasi deckungsgleich waren. Sie habe bundesweit Einfluss gehabt, habe in überregionalen Szenezeitschriften veröffentlicht, Gruppen und Aktivitäten initiiert. St. habe das hier bewusst relativiert und verharmlost. Sie habe eine Distanz zu rassistischen Äußerungen in ihren Artikeln darzustellen versucht, gleichzeitig aber das White Power-Zeichen an der Kleidung getragen, das für aggressiven Rassismus stehe. Sie habe so getan, als sei sie immer nur als Freundin irgendeiner Nazigröße mitgegangen, aber als solche hätte sie sich nicht an HNG und „Landser“ wenden können, um eine Erklärung zur Einheit der Szene zu schreiben. Auch Starke habe ihr gegenüber die Umstände zugegeben, unter denen er bei der Polizei ausgesagt habe. St. habe eine so starke Position gehabt, dass Starke ihr gegenüber den „Verrat“ zugegeben habe. Insgesamt werde deutlich: Die B&H-Szene in Chemnitz habe die drei Flüchtigen untergebracht, alle seien aus diesem Netzwerk gewesen. Selbst wenn man die relativierenden Angaben der Zeugin nehme und man alles nur nehme, wie es heute gesagt wurde, hätte alle Beteiligten hier in einem politischen Bezug zueinander gestanden, seien nämlich bei den „88ern“ und B&H organisiert gewesen. Es sei also kein individuelles Unterbringen gewesen.
Der Verhandlungstag endet um 13.07 Uhr.