Protokoll 133. Verhandlungstag – 31. Juli 2014

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Die letzte noch fehlende Vernehmung von war heute Thema. In der Frühlingsstraße wurde eine DNA-Spur gefunden, die zunächst einem Kind Starkes zugeordnet wurde. Auf dieser Grundlage wurde Starke befragt, allerdings stellte sich später heraus, dass es sich um das DNA-Material einen Mitarbeiters des BKAs handelte, der das Asservat verunreinigt hatte. Am Ende des Verhandlungstages gaben mehrere Nebenklage-Vertreterinnen eine Erklärung zu Starke ab, in der insbesondere die Rolle des Blood&Honour-Netzwerks thematisiert wurde. Darin heißt es: „Zumindest für die Zeit zwischen der Flucht der Drei aus Jena bis zu ihrem Umzug nach Zwickau kann also davon ausgegangen werden, dass der Nationalsozialistische Untergrund zumindest als Partner, wenn nicht gar als Teil des damaligen „Blood and Honour“-Netzwerkes agierte.“

Zeugen:

  • Michael Kl. (BKA, Vernehmung Thomas Starke 2013)
  • Raimund He. (BKA, Vernehmung der Zeugin Charlotte E. 2012)

Der Verhandlungstag beginnt heute erst um 11.17 Uhr. Mit der Fortsetzung der Hauptverhandlung wird auch klar, dass der Befangenheitsantrag von Zschäpe vom 131. Verhandlungstag abgelehnt ist.

Nach der Präsenzfeststellung beginnt die Vernehmung des Zeugen Kl. Auf Frage von Richter Götzl sagt der Zeuge, die Vernehmung von Thomas Starke, heute Mü., vom 24.6.13 sei insgesamt die achte Vernehmung von Starke gewesen. Sie habe in den Räumlichkeiten des LKA Dresden stattgefunden, anwesend gewesen seien zwei Beamte des BKA und zwei Vertreter des GBA. Starke sei morgens auf dem Weg zur Arbeit von zwei weiteren Kollegen vom BKA abgefangen und gefragt worden, ob er bereit sei, noch Fragen zu beantworten. Das sei Starke gewesen und er sei dann zum LKA verbracht worden. Hintergrund sei ein Untersuchungsbericht vom 4.6.13 vom Fachbereich Molekulargenetik beim BKA. Dieser Bereich beinhalte alles was mit DNA-Spuren zu tun hat. An einem Asservat in der Frühlingsstraße sei ein DNA-Muster festgestellt worden, das zu 99,85 Prozent auf ein Eltern-Kind-Verhältnis zwischen dem Spurenverursacher und dem Beschuldigten Starke schließen lasse. Das Asservat sei eine Überwachungskamera „Abus Typ Eyseo“, die erst 2009 produziert und 2010 in den Markt gelangt sei. Das sei für sie eine „relative Knallerinfo“ gewesen, so Kl.

Als Spurenverursacher seien grundsätzlich der leibliche Vater oder die beiden Söhne Starkes in Frage gekommen. Seinen Vater habe Starke nie persönlich kennengelernt, das sei ein  „griechischstämmiger Facharbeiter“ gewesen, der in der DDR gearbeitet habe. Entsprechend seien nur noch seine beiden Söhne in Frage gekommen. Diese Kamera habe sich im Wohnzimmer in der Frühlingsstraße befunden, in der Nähe des Hochbetts in einem Blumenkasten, getarnt mit Kunstefeu. Aus Ermittlungen hätten sie gewusst, dass es in der Vergangenheit Sachverhalte gegeben habe, wo Kinder in der Nähe von dem Trio erkannt worden seien. Das hätten sie nicht konkret ausermitteln können, daher sei diese Spur umso interessanter gewesen. Beispiele seien eine Wohnmobilanmietung im Oktober 2011, wo Zschäpe und Böhnhardt in Begleitung eines Kindes gesehen worden seien, und Anfang 2011 ein Tierarztbesuch von Zschäpe mit einem Kind als Begleitung. Ferner habe es noch diverse Indizien gegeben, die auf kindliche Umgebung hindeuten, insbesondere im Wohnmobil Eisenach habe es Puppen und Wasserpistolen gegeben. Aber auch in der Frühlingsstraße hätten einige Asservate auf Kinder hingedeutet.

Starke sei von OStA Weingarten belehrt worden und dann direkt mit dem Sachverhalt konfrontiert worden. Das hätten sie sich vorher überlegt, um eine Reaktion festzustellen, um schauen, wie Starke auf den relativ heftigen Tatvorwurf reagiert, ob er einbricht. Sie hätten keine weiteren Ermittlungsergebnisse gehabt, die darauf hindeuteten, dass Starke nach Mai 1998 noch mit dem Trio in Kontakt stand. Das hätte geheißen, dass Starke bzw. seine Söhne nach 2010 noch irgendwie in der Frühlingsstraße gewesen sein müsse. Starke habe vehement reagiert und gesagt, das sei totaler Quatsch, er habe nie eine Überwachungskamera besessen, was das überhaupt solle. Sie hätten weiter gebohrt, aber die Reaktion sei unverändert geblieben. Starke sei sichtlich nervös gewesen, aber vielleicht nicht aufgrund der Tatsache, dass er sich ertappt gefühlt habe, sondern nach dem Motto, was er denn jetzt noch machen solle, er könne damit nichts anfangen. Starke sei dann angedeutet worden, was im Raum steht, wenn er nicht bereit sei Tacheles zu reden. Ihm sei eine Vorführung vor dem Ermittlungsrichter in Karlsruhe angedroht und die Kronzeugenregelung vorgestellt worden. Trotzdem sei Starke bei seiner Darstellung geblieben, dass er nichts dazu beitragen könne. Man könne ihn auch noch zwanzig mal danach fragen, er wisse es einfach nicht.

Danach hätten sie die Vernehmung unterbrochen für 15 Minuten, dass er vielleicht danach bereit ist, da Näheres zu erläutern. Auch danach sei Starke dabei geblieben, dass er damit nichts anfangen könne, nicht wisse, was sie von ihm wollen. Dann hätten sie gefragt, ob er bereit sei, mit seiner Frau, der leiblichen Mutter der Söhne, zu sprechen, ob sie bereit sei, eine DNA-Probe auf freiwilliger Basis abzugeben. Starke sei damit einverstanden gewesen und habe mit seiner Frau telefoniert. Weingarten habe ihr auch nochmal die Umstände erläutert. Zwei Kollegen seien zu Starkes Frau gefahren und hätten die DNA-Probe entnommen. Danach sei die Vernehmung dahingehend beendet worden, dass sie Starke gefragt hätten, ob er bereit sei, dass sie sich in seiner Wohnung umschauen nach Quittungen. Denn in der Frühlingsstraße seien zur Kamera keine Quittungen gefunden worden. Starke sei einverstanden gewesen, so dass sie auf freiwilliger Basis seinen neuen Wohnsitz in Dresden durchsucht hätten. Das habe keine neuen Erkenntnisse erbracht. Sie hätten alle Ordner durchsucht, ohne dass sie solche Quittungen oder neue Hinweise, die auf eine mögliche Beziehung zum Trio nach 1998 hindeuten, gefunden hätten.

Götzl fragt nach der Vorstellung des Paragrafen zur Kronzeugenregelung. Das habe Weingarten gemacht, so Kl. Das sei Starke angeboten worden, nach dem Motto, dass man ihm einen Weg geöffnet habe, wenn da irgendetwas dran wäre, dass er ihnen das mitteilen könne. Damit habe Starke ja schon Erfahrung gesammelt. Vorhalt aus der Aussage Starkes: Er habe nie eine Kamera gehabt, das sei ja jetzt totaler Quatsch, er könne es nicht erklären. Kl.: „Richtig.“ Götzl fragt, wie Starke auf den protokollierten Vorhalt, dass bei 99,85 Prozent Wahrscheinlichkeit „nicht viel Luft nach oben“ bleibe, reagiert hat. Starke habe gesagt, dass er es nicht erklären könne, so Kl. Das sei sein Standardsatz gewesen. Dann sagt Kl., er wolle kurz ergänzen: Das Ergebnis dieser DNA-Probe von Starkes Frau habe das Ergebnis erbracht, dass die beiden Söhne Starkes nicht als Verursacher für diese DNA-Spur an der Kamera in Frage kämen. Dann seien Starke der Zeitpunkt von Herstellung und Verkauf der Kamera 2009/ 2010 und seine Aussage, dass er nach 1998 keinen Kontakt mehr gehabt habe, vorgehalten worden, so Götzl. Kl. sagt, dazu habe Starke das gleiche angegeben, dass er die das letzte Mal 1998 bei Bu. gesehen habe.  Vorhalt: Auf die Frage, wie er sich das erkläre, habe Starke gesagt, er müsse nichts erklären, weil er es einfach nicht wisse. Kl. bejaht den Vorhalt.

Auf Frage sagt Kl., Starke sei dann nicht mehr bereit gewesen, Fragen zu beantworten, weil er gemeint habe, dass es am nächsten Tag eh wieder in der Presse stehen würde. Starke sei auch innerhalb Dresdens umgezogen, weil ihn Pressevertreter im Beisein seiner Kinder belästigt hätten. Dann geht Götzl mit Kl. Adressen von Starke durch. Danach fragt er nach dem Ergebnis von Durchsuchungen am 25.1.2012 an der Wohnanschrift Starkes und in dessen PKW Ford. Das sei die Durchsuchung unmittelbar nach Einleitung des Ermittlungsverfahrens gewesen, so Kl., da hätten ein Laptop, ein PC, mehrere Datenträger, Mobiltelefone und, was für sie interessant gewesen sei, umfangreiches Fotomaterial, lose Fotos und Alben, sichergestellt werden können. Das habe dann auch den Kontakt zum Trio und zum Umfeld, zu , belegt. Die seien auf den Bildern zu sehen. Er bejaht, dass auch Zschäpe, Mundlos, Böhnhardt auf den Bildern zu sehen gewesen seien.

Dann fragt Götzl nach TKÜ und Kl. berichtet, vom 24.1. bis 24.4.2012 seien TKÜ durchgeführt worden; sechs Anschlüsse, drei seien Starke zuzuordnen gewesen, zwei seiner jetzigen Frau und der letzte Anschluss sei ein Firmenhandy von Starkes damaligem Arbeitgeber gewesen. Die Gespräche hätten sich überwiegend auf private Angelegenheiten bezogen. Aber über Starkes Handy sei es auch zu zwei Gesprächen mit dem gesondert Beschuldigten Jan Werner gekommen, das seien die einzigen Gespräche mit Kontaktpersonen zum NSU gewesen. Am 26.1. sei es überwiegend um die zuvor durchgeführten Durchsuchungen gegangen. Werner habe angerufen, und  Starke habe gesagt, dass er die Sprengstofflieferung eingeräumt habe. Werner habe gesagt, er solle auch Waffen geliefert haben, damit könne er nichts anfangen, das solle Szczepanski gesagt haben. Das Gespräch vom 16.2. sei einen Tag nach der Vernehmung Starke gewesen und da sei es auch um Verjährungsfristen für die Sprengstoffbeschaffung gegangen, aber auch dass die Presse hinter ihm her sei und dass das nicht so wahnsinnig prickelnd sei. Vorhalt TKÜ vom 26.1.2012: Schwerpunktmäßig sei die Vernehmung durch das BKA thematisiert worden, Starke habe nach dem Verlauf gefragt, Werner habe geantwortet, dass er lediglich Angaben zur Person gemacht habe; Starke habe gesagt, dass die Polizei zu B&H, zur Person Jan Werner und „Landser“gefragt habe; Werner solle für das Trio eine Waffe besorgt haben; Werner habe berichtet, dass er mit der Waffe nichts zu tun habe. Kl.: „Genau.“

Vorhalt: Starke sei auch zu Szczepanski befragt worden, was mit ihm gelaufen sei, er habe gesagt, dass das Sprenstoffding verjährt sei; Werner habe erklärt, dass mit Szczepanski nichts gelaufen sei, er mache sich keine Gedanken darüber; Starke habe gesagt, dass Struck und Bu. gegen ihn geschossen hätten; Werner habe die zwei nicht gekannt und keinen Kontakt zu denen gehabt habe, aber „Riese“ habe gegen ihn ausgesagt. Vorhalt aus dem zweiten Gespräch: Wie schon im vorherigen Telefonat habe die Vernehmung im Mittelpunkt gestanden, darüber hinaus hätten sich die beiden über ihre derzeitige Lebenssituation unterhalten. Kl. sagt, das sei es um mögliche Repressionen seitens des Arbeitgebers gegangen, und dass die Presse einen großen Wirbel machen würde. Götzl fragt, ob Verjährung ein Thema gewesen sei. Kl. sagt, wenn, dann dass Starke gemeint habe, dass die eingeräumte Sprengstoffbeschaffung verjährt sei. Vorhalt: Werner habe von Observationsmaßnahmen gegen seine Person berichtet.

OStA Weingarten fragt, ob zwischenzeitlich die Identität des Spurenlegers geklärt sei. Kl. bejaht das, und zwar handele es sich dabei um einen wissenschaftlichen Mitarbeiter der Kriminaltechnik. Das sei einige Zeit später erst raus gekommen, dass der dieser Spurenverursacher gewesen sei. Man müsse sich das so vorstellen, dass bei knapp zehntausend Asservaten und einer Menge an Personen, die mit den Asservaten beschäftigt sei, dass nicht von allen DNA-Proben hätten entnommen werden können. So sei es gekommen, dass die sich für Starke doch heftige Geschichte sich erst danach aufgeklärt habe.

Zschäpes Verteidiger RA Stahl sagt, Kl. habe eben von der Androhung der Vorführung vor dem Ermittlungsrichter gesprochen, und fragt, wie die in Worte gekleidet gewesen sei. Androhung sei sicher übertrieben, sagt Kl., es sei einfach in den Raum gestellt worden, was der Beschuldigte zu befürchten habe, wenn sich das bewahrheite. Auf der anderen Seite habe man ihm nochmal die Hand gereicht hinsichtlich einer möglichen Kronzeugenregelung. Er verneint, dass Starke angedroht worden sei, dass sie ihn gleich verhaften lassen. Und diese Ausführungen zur Vorführung und der Hinweis auf die Kronzeugenregelung seien von OStA Weingarten gemacht worden, auch mit der entsprechenden Würdigung, was das jetzt für Starke bedeute. Stahl fragt, ob Starke von sich aus das Bedürfnis gezeigt habe, mitzumachen, ob er von sich aus kooperativ gewesen sei. Kl. sagt, man habe gar nicht den Eindruck gehabt, dass er bereit gewesen sei, etwas zu sagen. Man könne das in zwei Varianten interpretieren, entweder dass da gar nichts dran ist, oder dass er geschockt ist, dass es herausgekommen ist. Stahl fragt, warum dann die Androhung der Vorführung vorm Ermittlungsrichter, wenn Starke im Grunde nichts mehr dazu habe sagen wollen. Kl. sagt, das sei einfach aus der Erfahrung: keine Androhung, aber in der Vernehmung stelle man schon in Aussicht, was alles passieren könnte. Und das sei in diesem Fall so gewesen.

Stahl fragt, warum es so wichtig gewesen sei, dass die Abgabe der DNA-Probe der Frau auf freiwilliger Basis erfolgt, warum es keinen Beschluss gab. Kl. sagt, dazu könne er nichts sagen. Stahl erwidert, dann müsse man wohl Weingarten fragen oder Kl.s Kollegen. RA Stahl fragt, ob im Hinblick auf die freiwillige DNA-Probe auch nochmal das Thema Vorführung vor dem Haftrichter thematisiert wurde. Seiner Meinung nach nein, so Kl., aber er sei sich nicht sicher. Auch bei der entsprechenden Frage in Bezug auf die Durchsuchung bei Starke sagt Kl., das sei seiner Meinung nach nicht nochmal thematisiert worden.

Wohllebens Verteidiger Klemke fragt, ob Starke denn in Aussicht gestellt worden sei, was beim Ermittlungsrichter geschehen solle. Kl. sagt, er habe jetzt den Wortlaut nicht mehr in Erinnerung. Klemke: “ Aber sie standen doch daneben.“ Er habe es trotzdem nicht mehr in Erinnerung, so Kl. Klemke fragt, wie denn die Freiwilligkeit zur Durchsuchung von Starkes Wohnung zustande gekommen sei. Sie hätten ihn gefragt, ob er einverstanden sei, wenn sie nachschauen, ob da Quittungen oder Indizien für einen Kontakt zum Trio nach 1998 vorhanden wären, antwortet Kl., und da habe Starke gesagt, das sei überhaupt kein Problem, er wolle halt dabei sein.

Stahl sagt, Kl. habe eben davon gesprochen, man habe Starke gleich zu Beginn auf den Sachverhalt hingewiesen, um zu sehen, ob er gleich einbricht oder heftig reagiert auf den Tatvorwurf. Die Überlegungen seien ihm, Stahl, nicht so ganz klar geworden. Kl. sagt, man überlege immer im Vorfeld einer Vernehmung – ohne dass er jetzt ins Detail gehen könne, das seien polizeitaktische Maßnahmen, über die zu reden er nicht befugt sei. Man habe sich geeinigt, Starke direkt mit dem Tatvorwurf zu konfrontieren, mit dem Ziel, dass er eine bestimmte Reaktion zeigt, die möglicherweise in die eine oder andere Richtung zeigt. Er, Kl., habe Starke zuvor schon vernommen und habe ein bisschen einen Eindruck von ihm gehabt. Und da hätten sie gedacht, dass sie durch die direkte Konfrontation eine gewisse Reaktion erzeugen könnten. Stahl sagt, Kl. habe davon gesprochen, dass sie keine weiteren Ermittlungsergebnisse gehabt hätten, dass Starke nach 1998 noch mit dem Trio in Kontakt war, und fragt, ob das der Anlass gewesen sei, zu schauen, ob er einbricht, weil sie sonst nichts gehabt hätten. Kl. versteht die Frage nicht und Stahl fragt, was „sonst keine weiteren Ergebnisse“ bedeute. Kl. sagt, die im Raume stehenden Verdachtsmomente hätten weitestgehend ausermittelt werden können, mit dem Ergebnis, dass sie keinen Hinweis darauf gehabt hätten, dass Starke nach Mai 1998, nach dem Kontakt in der Wohnung von , weiter Kontakt zum Trio hatte. Stahl sagt, jetzt hätten sie aber schauen wollen, ob er „einbricht“. Kl. sagt, es sei darum gegangen, dass man eine bestimmte Reaktion sieht. Stahl sagt, mitgeschrieben hätten sie aber, ob er „einbricht“. Es sei darum gegangen, dass man eine bestimmte Reaktion hervorruft, so Kl., dass er sich irgendwie ertappt fühlt, oder entsetzt nach dem Motto: „Ich kann da überhaupt nichts damit anfangen“. Stahl solle ihn (Kl.) nicht festnageln auf den Begriff „einbricht“. Man solle es eher so deuten, dass man sich mit dem direkten Tatvorwurf eine Reaktion erhofft habe, dass er keine halbe Stunde habe, sich zu sammeln. Starke sei aufgrund der gesamten Umstände natürlich schon überrascht gewesen nach dem Motto: „Was kommt jetzt?“

Stahl fragt, welche Reaktion Kl. denn erwartet oder erhofft habe. Dass Starke möglicherweise aufgrund der doch hohen Prozentzahl 99,85 Prozent, dass sein Vater oder seine Söhne Spurenverursacher sein könnten und dann ein Kontakt nach 2010 stattgefunden haben müsse, eine Reaktion zeigt und sagt, dass er jetzt berichtet. Bei der ersten Vernehmung habe Starke die Sprengstofflieferung ja auch zuerst geleugnet und dann doch eingeräumt. Sowas hätten sie sich auch da erhofft. Stahl fragt, ob 99,85 Prozent für Kl. ein hoher Verdachtsgrad ist. Der Zeuge bejaht das, beim Vaterschaftstest sei eine Wahrscheinlichkeit von 99,99 Prozent erforderlich. Da sei bei 99,85 Prozent schon ein Puffer, das hätten sie ausgerechnet, da würden um die 100.000 Berechtigte in Deutschland in Frage kommen. Aber Starke habe ja zum Kreis der Unterstützer gezählt und sei ja auch mit Zschäpe liiert gewesen und dementsprechend hätten sie die Variante der Vernehmung gewählt. Stahl fragt, ob denn aus Kl.s Sicht zum Zeitpunkt des Gesprächs Starke überführt war, wie der Verdachtsgrad war. Kl.: „Natürlich nicht überführt.“ Aber das seien schon relativ harte Indizien gewesen, bei 99,85 Prozent und der Vorgeschichte von Starke. Wenn das eineinhalb Jahre früher festgestellt worden wäre, so Kl., hätte man vielleicht auch zu einer direkten Vorführung gegriffen. Aber das sei eine reine Mutmaßung jetzt.

Stahl sagt, Kl. habe selbst erklärt, dass es keine weiteren Ermittlungsergebnisse gegeben habe und 99,85 Prozent nicht unbedingt einen hohe Wahrscheinlichkeit sei. Das habe er nicht gesagt, so Kl., er habe gesagt, dass aufgrund der Gesamtumstände und der 99,85 Prozent, sie sich zu einer Vernehmung entschieden hätten. Er verneint, einen dringenden Tatverdacht gehabt zu haben. Stahl fragt, warum Kl. dann erklärt habe, dass Starke andernfalls zum Ermittlungsrichter fahren sollte. Kl. sagt, es sei darum gegangen, falls sich der DNA-Treffer bewahrheiten würde, dass dann eine mögliche Vorführung erfolgen würde. Stahl fragt, ob das ein Treffer war. Das verneint Kl. Dann sagt er, wenn sich das bewahrheitet hätte, dass mit 99,99 Prozent einer der Söhne Spurenverursacher gewesen wäre, dann hätte Starke möglicherweise vorgeführt werden können. Aufgrund des verkokelten Asservats hätten nicht alle Merkmale herangezogen werden können. Stahl sagt, Kl. habe „Treffer“ formuliert. An Götzl gerichtet sagt er, es gehe ihm um den Verdachtsgrad, und da weiche der Zeuge aus. Kl. versuche aus einer geringen Wahrscheinlichkeit einen Treffer zu machen. Dann fragt Stahl, warum, wenn sie keinen dringenden Tatverdacht bejaht hätten, Starke das freiwillig habe machen sollen und warum die Haftandrohung. Die Haftandrohung habe sich lediglich darauf bezogen, so Kl., dass falls einer von Starkes Söhnen als Spurenverursacher in Frage käme, Starke mit Vorführung in Karlsruhe rechnen könne oder wahrscheinlich auch müsse. Stahl: „Und warum Freiwilligkeit?“ Starke habe gesagt, es sei kein Problem, sie könnten sich umschauen. Auf die Frage, ob Starke das gesagt hat, weil er die Vorführung befürchtete, sagt Kl:: „Das kann ich Ihnen leider nicht sagen, das müssen Sie ihn fragen.“

Wohllebens Ersatzverteidiger Nahrath fragt: „Wenn Starke diese Maßnahmen nicht geduldet hätte, was wäre dann passiert?“ Sogleich unterbricht ihn Götzl und sagt, wenn Nahrath rein hypothetisch frage, lasse er die Frage nicht zu. Nahrath formuliert um und fragt, ob es einen Plan gegeben habe für den Fall, dass Starke solche Maßnahmen nicht duldet. Dann hätte man sich sicher mit den Vertretern der BAW besprochen, so Kl., alles andere sei Mutmaßung. Auf Nachfrage sagt Kl., man habe sich im Vorfeld Überlegungen gemacht, die aber zum Bereich der polizeitaktischen Überlegungen gehören, und da wolle er jetzt nicht drüber berichten. RA Klemke fragt, ob sich Kl. auf die Vernehmung heute vorbereitet hat. Der Zeuge bejaht das. Er sich die Vernehmung mehrfach durchgelesen und den Sachstandsbericht. Auf die Frage, warum er sich das mehrfach durchgelesen habe, sagt Kl.: „Damit möglichst viel hängen bleibt.“ Klemke fragt, ob Kl. auswendig gelernt habe. Kl. verneint das, es sei darum gegangen, sich das nochmal vor Augen zu führen. Klemke fragt, ob Kl. die Situation damals beim mehrfachen Durchlesen wieder erinnerlich geworden sei. Kl.: „Ja, zum größten Teil schon.“

Götzl hält aus dem Protokoll zur Frage der Vorführung vor: Starke sei gesagt worden, dass sich die Situation wirklich als sehr ernst für ihn darstelle, man könne an die Vorführung beim Ermittlungsrichter in Karlsruhe denken. Kl.: „Ja, das wurde so gesagt.“ Vorhalt: Der Vorschlag der Vernehmenden sei, dass man mit Starkes Lebensgefährtin spreche und auf freiwilliger Basis eine DNA-Probe entnehme, um zu klären, ob Starke der Vater des Spurenlegers sei, damit habe man dann ein eindeutiges Ergebnis; dann sei Starke gefragt worden, ob er aus seiner Sicht dem Vorgehen zustimme und bereit sei seiner Lebensgefährtin die Sachlage zu schildern, darauf habe Starke geantwortet: „Ja, gerne.“ Kl. dazu: „Genau.“ Auf Frage sagt Kl., als erstes habe Starke mit seiner Lebensgefährtin gesprochen und danach habe Weingarten ein paar Worte mit ihr gewechselt.

Klemke fragt, wer denn die Fragen an Starke gerichtet habe. Das sei verschieden gewesen, so Kl., manche Weingarten, manche sie als BKA-Beamte, das sei aus der Situation heraus gekommen. Das Protokoll habe sein Kollege Mü. gefertigt, sagt Kl. auf Frage. Er wisse es nicht mehr genau, aber er meine, der habe keine Fragen gestellt. Klemke fragt, ob alles, was an diesem Tag gesprochen wurde, wortwörtlich ins Protokoll aufgenommen wurde oder es sinngemäß war. Kl.: „Teils teils.“ Bestimmte Passagen wie „das können Sie mir noch zwanzig mal vorhalten“ seien wortwörtlich protokolliert worden, manches aber auch so, dass es eben einen Sinn ergibt. Die Fragen seien so protokolliert worden, wie sie auch gestellt worden seien. Klemke: „Vollständig?“ Das könne er nicht mehr hundertprozentig sagen, so Kl. Klemke sagt, eben habe der Vorsitzende eine Passage vorgehalten zur möglichen Vorführung vor dem Ermittlungsrichter. Klemke fragt, ob es da Nachfragen Starkes gegeben habe, was da gemeint sei. Kl. sagt, er könne sich nicht mehr genau daran erinnern, aber laut des Vernehmungsprotokolls nicht. Klemke sagt, ihn interessiere Kl.s Erinnerung. Kl.: „Das war schon ziemlich eindeutig.“ Klemke fragt, was damit gemeint sei. Kl. sagt, er wiederhole sich; für den Fall, dass sich einer der Söhne als Spurenverursacher an der Kamera erwiesen hätte, hätte Starke mit einer Vorführung in Karlsruhe rechnen müssen. Klemke sagt, diese Einschränkung könne er dem Vermerk nicht entnehmen. Kl. sagt, wenn sich der Tatvorwurf bestätigt hätte, wäre das die logische Konsequenz gewesen. Auch das könne er dem Vermerk nicht entnehmen, so Klemke. Kl. sagt, er interpretiere das so. Klemke sagt, ihn interessiere mehr, was tatsächlich gesagt worden sei. Kl. sagt, er erinnere sich, wie gesagt, nicht mehr an jede Frage und Antwort. Klemke fragt, ob sich Kl. nicht mehr erinnern wolle. Bundesanwalt Diemer beanstandet die Frage. Götzl lässt die Frage zu. Kl. sagt, wenn er sich genau erinnern könnte, würde er auch hundertprozentig dazu was sagen. Aber wenn er keine genaue Erinnerung habe,  würde ich das nicht hier ausführen. Klemke erwidert, Kl. habe offensichtlich eine völlig falsche Idee davon, was er hier als Zeuge zu berichten habe. Dann beginnt Klemke einen Satz damit, dass es die Aufgabe des Vorsitzenden gewesen wäre, und Götzl unterbricht ihn: „Ich verbitte mir das!“ Er weise das zurück, das gehe jetzt nicht, so Götzl. Klemke sagt, Götzl solle ruhig bleiben. Götzl erwidert, Klemke solle die Kommentare unterlassen, erklären könne er später. Klemke wiederholt seine Frage, ob sich Kl. nicht erinnern wolle. Kl. sagt, er könne sich nicht mehr genau erinnern. Klemke fragt, an was sich Kl. erinnere. Der sagt, er erinnere sich an das, was er eben geschildert habe.

OStA Weingarten fragt, ob sich Kl. noch erinnere, wann die Planungen dieses Einsatzes in Dresden begonnen haben. Er meine, so Kl., das sei übers Wochenende passiert. Auf Frage, ob er in die logistische Vorbereitung eingebunden war, sagt Kl., er sei erst relativ spät telefonisch informiert worden, am Freitagabend, und entsprechend habe er zugesagt. Aber an der logistischen Vorbereitung sei er nicht beteiligt gewesen. Weingarten fragt, ob Kräfte der Bundespolizei vorrätig gehalten worden seien. Das bejaht Kl., für den Fall einer Vorführung, auf Abruf. Auf Frage, ob im Vorfeld die Frage der Vorführung Gegenstand der Gespräche gewesen sei, sagt Kl., es habe Gespräche mit der Bundespolizei gegeben, wie im Falle einer Vorführung vorzugehen wäre. Weingarten fragt, ob sich Kl. erinnere, wie er die Vernehmungspause verbracht hat. Das bejaht Kl. sie hätten überlegt, wie sie weiter verfahren wollen. Es habe Gespräche zwischen der BAW und den BKA-Beamten gegeben und man habe sich dann für den Weg entschieden, dass man versucht, das auf dem Weg einer freiwilligen DNA-Abgabe der Lebensgefährtin von Starke zu bewerkstelligen.

Zum Schluss beantragt Klemke, den Zeugen zu vereidigen. Götzl: „Der Zeuge bleibt unvereidigt.“ Daraufhin sagt Klemke, er wolle einen Gerichtsbeschluss. Nach einer Pause bis 12.50 Uhr bittet Götzl um Stellungnahmen. Diemer sagt, es sei weder von ausschlaggebender Bedeutung noch sei die Vereidigung zur Herbeiführung einer wahrheitsgemäßen Aussage notwendig. Klemke erwidert, der Zeuge habe die Frage, aus welcher Begründung er die Vorführung angedroht habe, ausweichend oder bewusst ausweichend beantwortet. Es folgt die Mittagspause bis 14.03 Uhr. Danach verkündet Götzl, dass seine Verfügung bestätigt ist, der Zeuge Kl. wird entlassen.

Es folgt die Vernehmung des Zeugen He. Götzl sagt, es gehe um Angaben der Zeugin E. (71. Verhandlungstag) am 14.1.2012. Er sei da, so He., nochmal mit einem Kollegen zur Frau E. gefahren, um drei Fragen zu klären, die sich noch ergeben hätte. Sie hätten mit der Nichte, Monika M. (29. Verhandlungstag), einen Termin vereinbart, seien zu der Nichte gefahren, hätten ein kurzes Gespräch mit ihr geführt. Dabei habe die Nichte sie auf die gesundheitlichen Beeinträchtigungen ihrer Tante verwiesen. Und dann hätten sie kurz mit E. gesprochen. Zum Telefonanruf der Nichte, um auf den Brand hinzuweisen: Da habe E. angegeben, dass sie zu dem Zeitpunkt in der Küche gewesen sei. Dann zur Frage, wann sie Qualm in der Wohnung bemerkt habe: Da habe E. gesagt, das sei zum Zeitpunkt des Telefongesprächs gewesen sein. Der dritte Punkt sei gewesen, ob ihr Risse im Wohnzimmer aufgefallen seien. Das habe E. verneint.

Götzl möchte wissen, ob sie bei der Nichte nachgefragt haben, was mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen gemeint sei. Das verneint He. Auf Frage, in welcher Verfassung E. war, sagt He., man habe schon gemerkt, dass sie nicht ganz mobil gewesen sei und einen müden Eindruck gemacht habe. Man habe auch gemerkt dass sie doch schon ein bisschen Mühe gehabt habe, den Fragen auch zu folgen. Mit „nicht mobil“ meine er, so He. auf Frage, dass sie Schwierigkeiten gehabt habe zu laufen, und eine Gehhilfe in Anspruch genommen habe. Er meine, in der Wohnung sei es ein Gehstock gewesen. Götzl fragt nach dem müden Eindruck. Den habe sie aufgrund dessen gemacht, weil sie Schwierigkeiten gehabt habe, den Fragen zu folgen und etwas Zeit benötigt habe für die Antworten, so He. Sie hätten die Fragen langsam gestellt und manchmal gesehen, dass sie sie nicht wirklich verstanden habe, und hätten dann die Fragen nochmal gestellt, etwas langsamer. Auf Frage sagt He., sie habe gesagt, der Riss in der Wohnzimmerwand sei ihr nicht aufgefallen und darauf habe sie auch nicht geachtet. Vorhalt: Als E. ins Wohnzimmer gekommen sei, seien ihr keine Risse aufgefallen. Götzl fragt, ob da erörtert wurde, von wo sie kam, wo sie sich da bewegt hat. Das verneint He. Vorhalt: Auf eine erneute zeugenschaftliche Vernehmung von E. sei wegen des Gesundheitszustandes verzichtet worden. Wegen der Bitte von M., dass sie auf den Zustand ihrer Tante Rücksicht nehmen sollten, hätten sie einen Vermerk über das Gespräch gemacht und keine förmliche Zeugenvernehmung, sagt He. dazu. Götzl fragt, ob es bei allen Themen so gewesen sei, dass E. Mühe gehabt habe zu folgen, und sie hätten nachhaken müssen. Das wisse er nicht mehr, so He.

RA Heer fragt, ob E. nach He.s Eindruck überhaupt in der Lage war, die Fragen zu beantworten. He. sagt, wenn man langsam mit ihr gesprochen habe. Sie habe sichtlich Mühe gehabt, aber sein Eindruck sei gewesen, dass sie die Fragen verstanden habe. Er bestätigt, dass sie in ganzen Sätzen geantwortet habe. Auf Frage, ob E. bei der Vernehmung auf Hilfeleistungen angewiesen war, sagt He., wenn er sich recht erinnere, sei M. im Wohnzimmer gewesen, habe sich aber im Hintergrund gehalten und ihrer Tante nicht zu Hilfe kommen müssen. He. verneint, dass sich E. selbst zu ihrem Gesundheitszustand geäußert habe. He.s Kollege P. (45. Verhandlungstag) habe hier ausgesagt, das nach seinem Eindruck sei E. geistig fit gewesen, hält Heer vor, P. habe E. am 12.11.11 vernommen. Heer: „Was sagen Sie dazu?“ He.: „Wie er das wahrgenommen hat, dazu kann ich nichts sagen. Mein Eindruck war, dass sie schon folgen konnte, aber mit etwas Mühe.“ Heer hält P.s Aussage vor, E. sei fast selbstbewusst gewesen, habe einen fitten Eindruck gemacht vom Kopf her, er habe nichts wiederholen müssen. Heer: „Was sagen Sie dazu im Vergleich zu Ihren Wahrnehmungen?“ He. sagt, das seien ihre Eindrücke gewesen, woran das gelegen habe, dazu könne er nichts sagen. Dazu, was P. gesagt hat, könne er auch nichts sagen. Heer: „Das heißt, auch nachdem ich Sie mit den Aussagen des Kollegen P. konfrontiert hab, bleiben Sie bei Ihren Aussagen.“ He.: „Ja.“

RA Stahl sagt, in dem Vermerk, aus dem Götzl vorgehalten habe, sei die Rede davon, dass eine „nachträgliche Vernehmung“ habe erfolgen sollen. Stahl: „Nachträglich zu was?“He.: „Nachträglich zu ihrer Vernehmung.“ Das müsse die Vernehmung von P. gewesen sein, so He. auf Nachfrage. He. sagt auf Frage, er habe sich das Protokoll der ersten Vernehmung durchgelesen. Auf Frage, von wem er das erhalten habe, sagt He., er wisse nicht mehr, ob er es von einem Kollegen bekommen habe oder ob es schon elektronisch vorhanden gewesen. Er bejaht, dass diese drei Punkte vorgegeben gewesen seien. Das sei ein Auftrag von ihrer Ermittlungsleitung gewesen, von wo die jetzt gekommen seien, dazu könne er nichts sagen. Stahl sagt, in den Akten gebe es zwei Versionen der Niederschrift, die P. gefertigt hat. Auf einer stehe handschriftlich: „Ich gehe davon aus, dass Frau Zschäpe bei Frau E. geklingelt hat. Deswegen sollte Frau E. als ‚Entlastungszeugin‘ vernommen werden.“ Das sei ihm nicht bekannt, sagt He. Stahl: „Also, die Frage ob und wann bei Frau E. geklingelt wurde, ist nicht mehr erörtert worden?“ He.: „In diesem Gespräch nicht, nein.“ Das Blatt mit der handschriftlichen Notiz wird in Augenschein genommen. He. sagt, die Handschrift erkenne er nicht.

Nach der Vernehmung von He. gibt NK-Vertreter RA Hoffmann eine Erklärung zu den Aussagen der Vernehmungsbeamten von Thomas Starke ab [Wiedergabe im Wortlaut]:

Die Zeugenbefragung der Vernehmungsbeamten ergab ein deutliches Bild:

Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe kannten die Chemnitzer Naziszene gut, insbesondere, weil sie den Zeugen Starke und Thorsten Schau betreut hatten, als sie im Gefängnis waren. Starke war fest in die Sächsische Sektion von Blood and Honour eingebunden, einer internationalen Organisation, die ihre Botschaft vom „Rassenkrieg“ über den Vertrieb von Musik und die Veranstaltung von Konzerten verbreitet. Die Drei nutzten Starke schon vor ihrem Untertauchen als Unterstützer für die Vorbereitung von Anschlägen. Starke nutzte sein Blood and Honour-Netzwerk, um diese Unterstützung umzusetzen. So bedurfte es nur einer Anfrage Starkes bei Blood and Honour-Mitglied Jörg Winter, damit dieser 1996/1997 unentgeltlich einen Schuhkarton voll TNT- Sprengstoff besorgte, den Starke an Mundlos übergab. Dass die Rohrbomben in der Garage, die den TNT-Sprengstoff enthielten, nicht sprengfähig waren, lag dem Zeugen Starke zu Folge auch nur daran, dass sie so schnell keinen Zünder besorgen konnten. Starke gab in seiner Vernehmung an, er habe Uwe Mundlos nach der Sprengstofflieferung mit dem Lieferanten Winter zusammengebracht – Mundlos hatte sich bei ihm beschwert, dass der Sprengstoff nicht zündfähig sei. Winter, der mit Sprengstoff experimentiert habe, hätte mitgeteilt, dass zum Zünden des von ihm gelieferten TNT ein spezieller Zünder notwendig sei, den er damals nicht besorgen konnte. Zu diesem Zeitpunkt, also schon deutlich vor dem Abtauchen der Drei, habe Mundlos auch nach Waffen gefragt.

Auch nach ihrem Abtauchen wurden „die Drei“ in Chemnitz von diesem Netzwerk aufgenommen. Neben Starke waren auch der erste Wohnungsgeber und , die die Unterbringung bei M.-F. B. mitorganisierte, „B&H“-Mitglieder bzw. Mitglieder der 88er Skinheads Chemnitz, die eng an die B&H-Strukturen angebunden waren. Der erste Sprengstoffanschlag des NSU in Nürnberg im Juni 1999 fiel noch in die Zeit, in der das Trio in Chemnitz untergebraucht worden war, sie lebt damals in der Wolgograder Allee 76 im Friedrich-Heckert-Gebiet.

Starke berichtete in seinen Vernehmungen auch, 1996/1997 habe er eine kurze Liebesbeziehung zu Zschäpe gehabt. Er hätte diese gerne vertieft, wollte mit Zschäpe zusammenziehen. Diese jedoch habe nur die beiden Uwes und Politik im Kopf und keine Zeit für die Beziehung gehabt. Es bestand also so eine enge politische Anbindung Zschäpes an Mundlos und Böhnhardt, dass sie ihre privaten Belange, selbst ihre Liebesbeziehungen, ihrem politischen Engagement unterordnete. Die Drei seien, so Starke, stets geschlossen und einig aufgetreten.

Der Zeuge Starke hatte auch von seinen Kontakten zum Angeklagten André Eminger und zu dessen Bruder Maik berichtet, damals Gründungsmitglieder und Führungskader der „Weißen Bruderschaft Erzgebirge“.

Die Sektion Sachsen von „Blood and Honour“ löste sich auf, kurz nachdem große Teile ihrer Mitglieder die Unterstützung von Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt übernommen hatten. Dadurch blieben die sächsischen, insbesondere die Chemnitzer „Blood and Honour“-Strukturen nach dem bundesweiten Verbot der Organisation von Durchsuchungen verschont. Zumindest Thomas Rothe hielt später den Kontakt zu den Dreien, als sie nach Zwickau umgezogen waren. Zumindest für die Zeit zwischen der Flucht der Drei aus Jena bis zu ihrem Umzug nach Zwickau kann also davon ausgegangen werden, dass der Nationalsozialistische Untergrund zumindest als Partner, wenn nicht gar als Teil des damaligen „Blood and Honour“-Netzwerkes agierte.

Dann nimmt OStA Weingarten für die BAW Stellung zum Beweisantrag von RA Kienzle (132. Verhandlungstag). Der Antrag sei abzulehnen, weil die Tatsachen für die Entscheidung ohne Bedeutung sind. Es sei nicht ersichtlich, inwieweit die unter Beweis gestellten Tatsachen zu Tat- und Schuldfragen hier beitragen sollten. Es sei schon deshalb nicht geboten, dem Antrag zu folgen, weil nicht mitgeteilt worden sei, welche Angaben Te.s überhaupt für manipulative Eingriffe geeignet gewesen wären. Denn Te. habe nur ausgesagt, was aus dem Bundestags-UA den Zeugen schon bekannt gewesen sei.

Danach nimmt OStAin Greger zum Beweisantrag von RA Schön Stellung (129. Verhandlungstag). Für den Vorwurf entscheidend ist einen Beteiligung der Angeklagten Zschäpe an der Anmietung eines Wohnmobils unter einer Legende am 25.10.2011. Zum Beweis dessen seien Bianca und Mario K. und Michel A. als Zeugen benannt. Bianca und Mario K. seien bereits hier vernommen worden. Relevant sei zudem der Wortlaut einer SMS auf dem Handy von Susann Eminger. Demgegenüber seien die unter Beweis gestellten Tatsachen, dass die Angeklagte eine Fingerspur an der Beifahrertür hinterlassen habe und ein Haar gefunden worden sei, von untergeordneter Bedeutung. Die BAW trete jedoch dem Antrag nicht entgegen, da die Beweisaufnahme im Komplex Wohnmobil noch nicht vollständig abgeschlossen sei.

Der Verhandlungstag endet gegen 14.35 Uhr.

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