Am 144. Verhandlungstag sind zunächst erneut zwei ehemalige V-Mann-Führer von Tino Brandt als Zeugen geladen. Beide haben sich anhand von alten Vermerken vorbereitet, können sich aber nicht mehr an viel erinnern und berufen sich auf die lange Zeit dazwischen und die daraus resultierenden Erinnerungslücken. Danach ist die Kriminalbeamtin im Ruhestand Li. geladen, die Fotos einer Hausdurchsuchung bei Zschäpe zusammengestellt hat und bei dieser auch zugegen war.
Zeug_innen:
- Reiner Bode (V-Mann-Führer Tino Brandt Fortsetzung)
- Jürgen Zweiger (V-Mann-Führer Tino Brandt Fortsetzung)
- Angelika Li. (KK LKA THÜ)
Der heutige Verhandlungstag beginnt um 9:47 Uhr. Nach der Feststellung der Präsenz will der vorsitzende Richter Manfred Götzl mit der unterbrochenen Vernehmung des ehemaligen V-Mann Führer Tino Brandts, Bode, fortfahren. NK-Anwalt Bliwier meldet sich zu Wort und will eine Erklärung zum Zeugen Tino Brandt abgeben. Götzl wird laut und weist Bliwier darauf hin, dass auch noch andere Anwälte im Saal seien, die Anträge abgeben wollen, zunächst werde er den Zeugen befragen.
Götzl bittet Bode, noch einmal darüber zu berichten, wie häufig er sich mit Brandt getroffen habe und zu welchem Zeitpunkt, wie Informationen eingeholt worden seien, welche Kennzahl Bode hatte und wie alles in die Akten niedergelegt worden sei. In aller Regel habe man sich ein bis zweimal die Woche, zum Teil häufiger, getroffen, so Bode. Darüber hinaus habe Telefonkontakt bestanden, der mit Brandt fast jederzeit möglich gewesen sei. Üblicherweise sei nach einem Treffen ein Bericht in Vermerkform abgefasst worden, Bode schrieb unter dem Stellenzeichen 211 die Deckblattberichte und Vermerke für die P-Akte Brandt. Götzl fragt, in welchem Zeitraum Bode mit Brandt befasst war. Dies sei von Mitte 1994 bis Mitte 1998 gewesen. Götzl fragt nach Informationen, die speziell Mundlos, Bönhardt und Zschäpe oder auch weitere Angeklagte beträfen. Bode berichtet, er habe die Gelegenheit gehabt, die beiden Vermerke, die in der Zeugenladung waren, beim LfV Thüringen einzusehen. Er sei sich sicher, diese gemacht zu haben, könne sich aber nicht mehr erinnern, was die Quelle damals konkret gesagt habe. Das sprenge seine Erinnerung, es seien ja immerhin 16 Jahre vergangen. Er könne aber sagen, dass das, was niedergelegt ist, die Quelle gesagt habe.
Er erinnere sich daran, dass es Bestrebungen gegeben habe, das Trio Richtung Südafrika zu bringen, so zumindest die Information der Quelle, die es wiederum auch nur aus dritter Hand gehabt hätte. Bode erklärt, soweit er wisse, hatte die Quelle nur mittelbaren Kontakt über André Kapke. Den Verfassungsschutzbeamten sei damals nicht klar gewesen, ob Kapke unmittelbaren Kontakt hatte, sie vermuteten es, konnten es aber nicht klären, so Bode. Götzl fragt, ob im Zusammenhang Kontakt von Kapke zum Trio irgendwelche Namen genannt wurden. Laut Bode seien die Namen der drei auf jeden Fall genannt worden. Er habe entdeckt, dass er am Anfang den Namen Zschäpe mit T schrieb. Das sei damals phonetisch so gewesen. Aber das zeige, dass er von der Auswertung wohl keine Info hatte, dass die mit Z geschrieben wird. Er habe keine Personenklärung beim Einwohnermeldeamt gemacht, das hätten Ermittler gemacht. Berichte habe man phonetisch geschrieben. Götzl fragt nach dem Inhalt der Vermerke. Bode erklärt, in einem ginge es darum, dass sondiert werden sollte, ob es eine Möglichkeit gibt, dass die drei nach Südafrika gehen. In einem anderen Vermerk sei es um die Fahrt Kapkes nach Berlin zu jemanden aus der NPD gegangen, den Kapke bezüglich möglicher Hilfe für die drei kontaktiert hat.
Götzl hält aus einem Vermerk vom 16.02.1998 vor: „Kapke hielt sich am 12.02.1998 bei Frank Schwerdt in Berlin auf.“ Bode bestätigt das. Er habe nur kurz auf das Schriftstück geschaut, er habe sich auch nicht an das Treffen, aus welchem der Vermerk hervorging, erinnern können. Götzl fragt, ob Bode eine Erinnerung an den Inhalt habe, was dieser verneint. Er habe den Vermerk vor 14 Tagen zur Kenntnis genommen, könne sich aber nicht erinnern, wie er die Information aufgenommen hatte, ob telefonisch oder persönlich. Götzl hält vor: „Quelle geht davon aus, dass Kapke versucht von Schwerdt Kontakte ins Ausland zu bekommen.“ Bode sagt, diese Information gründe vermutlich auf Gesprächen mit der Quelle, die jedoch in der Position war, nicht einfach so bei Kapke nachfragen zu können, da ihr Wohnort 30km entfernt lag und der Arbeitsplatz in Coburg noch weiter weg war. Bode vermute, dass die Quelle nicht so insistieren konnte. Götzl sagt, im Vermerk stehe nicht, dass Kapke etwas mitteilte, sondern dass die Quelle davon ausgehe. Dies impliziere, dass die Quelle vermutet habe, dass Kapke diese Information so hatte, erklärt Bode.
Götzl hält vor: „Diese könnten zum Unterschlupf für die auf der Flucht befindlichen Jenenser gedacht sein“. Bode sagt, dies seien die damaligen Vermutungen gewesen, er sei sicher, dass die Formulierung eine andere wäre, wenn handfeste Informationen da gewesen wären, um den dreien habhaft zu werden. Götzl fragt, woran Bode fest mache, dass er sicher sei, den Vermerk gemacht zu haben. Aufgrund seines Stellenzeichens 211 und der Unterschrift sei er sicher, erklärt Bode. Götzl fragt, wie die Niederschrift abgelaufen sei und ob zeitnah Vermerke gefertigt wurden. Bode erklärt, es habe einen Treffbericht gegeben, in dem notiert worden sei, wo die Quelle getroffen wurde und wie die Informationen gewonnen worden seien. Danach wurde ein eigener Bericht, wie dem Richter einer vorliegende, am gleichen oder maximal ein bis zwei Tage später geschrieben, so Bode. Götzl hält vor, dass ein Vermerk vom 16.02. sich auf einen Vorgang vom 12.02. und 13.02. bezieht, was Bode zur Kenntnis nimmt.
Götzl fragt Bode, was er zu einem Vermerk vom 03.05.1998 sagen könne. Bode erklärt, es tue ihm leid, er habe das „wieder verdrängt“. Es habe ihn nicht mehr so erreicht wie vor 16 Jahren, er habe sich bei der Akteneinsicht auch keine Kopien machen dürfen, es sei aber etwas dem vorherigen Vermerk ähnlichen mit ähnlichen Informationen gewesen. Götzl fragt Bode, ob er sich an Namen erinnert, was dieser verneint. Götzl fragt, ob Bode sich an ein Interview erinnere. Dieser sagt, es könne sein, dass die Quelle ein Interview gegeben habe, er wisse es aber nicht. Götzl hält vor: “Dienel und Kapke gaben Rainer Fromm ein Interview, was demnächst in Frontal ZDF gesendet wird“. In der Tat habe die Quelle irgendwann mit Herrn Fromm vom ZDF geredet, sagt Bode. Götzl fragt nach der angesprochenen falschen Schreibweise von Zschäpe, im ersten Vermerk sei aber von ihr nicht die Rede. Bode erklärt, Zschäpe wurde erst im zweiten Vermerk erwähnt. Über den Zusammenhang wisse er nichts. Götzl hält vor: „Während des GfP-Kongresses [Gesellschaft für Freie Publizistik] vom 24. bis 26.04.1998 unterhielt sich Kapke längere Zeit mit Dr. Claus Nordbruch“. Die Quelle sei davon ausgegangen, dass Kapke eine Möglichkeit sondiert hat, die drei nach Südafrika zu bringen, da der genannte Nordbruch Südafrikaner sei, erklärt Bode. Götzl hält vor: „Quelle geht davon aus, dass Kapke Unterschlupf für Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe gesucht hat“. An diesen Vermerk erinnere sich Bode sicherlich, er müsse aber zu bedenken geben, dass dies im Bereich der Vermutungen lag, welche die Quelle durch eigene Beobachtungen oder Gespräche mit Kapke bekommen haben könnte.
NK-Anwalt Stolle fragt, zu welchem Zweck Tino Brandt eine Abschaltprämie in Form eines erlassenen Kredits von 6000 DM erhielt, welche Bode in seiner letzten Vernehmung erwähnt hatte. Seines Wissens habe er die Prämie nicht selbst gewährt, sondern ein anderer V-Mann-Führer, vermutlich Herr Wiesner oder Zweigert, wahrscheinlich Wiesner, so Bode. Stolle fragt, ob Bode davon gehört habe, dass mit dem Geld vom VS Geldstrafen und Strafbefehle für Kapke bezahlt worden seien. Für Kapke könne Bode sich das nicht vorstellen, das würde keinen Sinn ergeben. Stolle erklärt, Brandt habe das so gesagt. Dies würde ja implizieren, dass Kapke von einer nachrichtendienstlicher Verbindung Brandts wusste, was viel zu riskant wäre, antwortet Bode. Stolle fragt nach einer vom Thüringer VS bezahlten Anwaltsrechnung eines Herrn Eiseneckers, was Bode schon im Bundestagsuntersuchungsausschuss vorgehalten wurde. Bode sagt, diesbezüglich seien wahrscheinlich auch Gelder bezahlt worden. Auf die Frage Stolles, woran er das festmache, antwortet Bode, er könne es nicht mehr genau sagen, er halte es für möglich. Stolle fragt, ob es nach der Abschaltung Brandts Kontakte zu diesem gegeben habe und wenn ja, in welcher Form. Er habe keinen Kontakt mehr gehabt, ob andere Kollegen hingegen noch Kontakt hatten, entziehe sich seiner Kenntnis, so Bode.
Stolle fragt nach der Stellung Brandts nach dem öffentlich werden seiner V-Mann-Tätigkeit innerhalb der Szene und ob es irgendwelche Bedrohungen gegeben habe. Bode erklärt, dies sei so lange her, er sei aber überzeugt, das man sich Gedanken gemacht hat, wie gefährlich das für ihn sei. Das LfV habe ihm sicherlich die Möglichkeit gegeben, Zeugenschutz zu nehmen. Bode habe gehört, dass Brandt das nicht in Anspruch nehmen wollte, er sei da aber nicht involviert gewesen. Auf die Frage Stolles, wer diesbezüglich involviert war, sagt Bode, er vermute Wiesner, Nocken und die Amtsleitung. Stolle fragt, ob Bode etwas von einer Verwanzung von Brandts Auto wisse. Bode erklärt, Brandts Auto sei auch von ihm beim BfV mit Spurfolgetechnik ausgestattet worden. Der Plan sei gewesen, dass Kapke von Brandt manchmal das Auto kriegt und Kapke die Beamten so zu den dreien führt. Dies habe jedoch letztlich nicht zum Erfolg geführt. Bode könne sich dunkel erinnern, dass Kapke vermutete, dass er verfolgt wurde. Die Verwanzung habe vermutlich maximal 14 Tage gedauert, erklärt Bode auf Nachfrage Stolles. Protokolle darüber habe sicherlich die Observationsgruppe angefertigt. Stolle fragt, welches Amt hier involviert gewesen sei. Bode erklärt, sowohl Bundes- als auch Landesamt haben observiert. Stolle fragt, ob Bode wisse, wo die Protokolle abgelegt worden seien. Bode wisse das nicht, er nehme an in der Auswertegruppe oder bei der Observationsgruppe. Stolle fragt, ob nur beim Landes- oder Bundesamt oder bei beiden. Beide seien möglich, sicherlich aber beim Landesamt, so Bode.
Stolle fragt, wie sich der Thüringer Heimatschutz nach dem Bekanntwerden Brandts als V-Mann weiterentwickelt habe. Da er im Anschluss an seine V-Mann-Führertätigkeit im Bereich Linksextremismus arbeitete, könne Bode das nicht sagen, das wäre im Bereich der Spekulation. Stolle hakt nach und meint, als jahrelanger V-Mann-Führer des Kopfes des THS würde man auch danach mitbekommen, was damit passiert ist, wie die Entwicklung war, ob es einen Einbruch der Aktivitäten gab. Stolle bezweifelt, dass Bode dazu nichts sagen könne. Bode meint, es möge sein, dass er das ein oder andere Mal etwas mitbekommen habe, da das ganze aber mehr als zehn Jahre zurück liegt, habe er keine Erinnerungen. Stolle fragt, warum der THS ein Beobachtungsobjekt war, was das konkrete Erkenntnisinteresse gewesen sei. Da es eine Neonazigruppierung war, habe sie nach damaliger Lesart beobachtet werden müssen, so Bode. Stolle fragt, welche Bedeutung für die Neonaziszene in Thüringen dem THS beigemessen wurde. Bode sagt, es sei die zentrale Gruppierung gewesen.
Stolle fragt, ob Straftraten eine Rolle spielten. Insbesondere Propagandadelikte, das Verwenden verfassungsfeindlicher Kennzeichnen usw. hätten immer eine Rolle gespielt, sagt Bode. Stolle fragt nach Sachbeschädigungen, Anschlägen und Angriffen gegen Menschen, die dem Feindbild der Gruppe entsprachen. Bode erläutert, es habe immer eine Rolle gespielt, solche Taten aufzuklären, allerdings sei der VS nur mit einer Quelle richtig vertreten gewesen, welche auch nicht jede Straftat mitbekommen haben könnte. Demgemäß könne man mit einer Quelle nicht all das aufklären, was möglich ist. Stolle entgegnet, Brandt habe erklärt, für den VS hätten Straftaten überhaupt keine Rolle gespielt, man habe ihm gesagt, man sei ja nicht die Polizei sondern eher an Absichten und Personen interessiert. Dem müsse Bode widersprechen, natürlich hätten Straftaten immer eine Rolle gespielt. Stolle erklärt, er verstehe es so: Wenn Bode Kenntnis hatte von Straftaten hab er gefragt: “Was wissen Sie darüber?“. Götzl weißt Stolle darauf hin, keine Suggestivfragen zu stellen.
Stolle formuliert neu: „Wenn Sie Kenntnis bekommen haben von Straftaten, haben Sie dann Brandt gefragt?“. Selbstverständlich, sagt Bode. Stolle fragt, was Brandt dazu gesagt habe. Das wisse Bode nicht mehr, es stehe in den Berichten. Stolle erklärt, diese liegen ihnen nicht vor und fragt nach konkreten Erinnerungen. Bode meint nach 14-16 Jahren sei es ein Unding sich noch an so was zu erinnern. Stolle fragt nach einem Grundstück in Kahla. Bode erklärt, er vermute, Stolle meint das Grundstück wo Schießübungen stattgefunden haben sollen. Stolle bejaht dies. Davon wisse Bode nur aus der Presse. Stolle fragt, ob das mit Brandt Thema war. Möglicherweise, so Bode. Stolle fragt, ob Bode Strafverfahren bekannt waren, die gegen Brandt geführt wurden, was dieser bejaht. Sicher sei auch darüber gesprochen worden, so Bode. Stolle fragt, ob es bezüglich Brandt beim LfV Grenzen gab. Ob es beispielsweise Richtlinien, eine interne Handhabung gab, dass Verfahren gegen V-Männer geführt werden dürfen. Das sei irgendwie gehandhabt worden, es habe aber keine speziellen Vorgaben gegeben, das sei den V-Mann-Führern überlassen gewesen, so Bode.
Stolle fragt, ob es von Bode oder Kollegen eine Warnung an Brandt im Bezug auf Durchsuchungen oder ähnliches gegeben habe. Bode erklärt, er habe gelesen, dass Brandt gesagt hat, die VS-Beamten hätten ihn mehrmals gewarnt. Bode habe ihn definitiv nicht konkret vor Durchsuchungen gewarnt. Weil er nicht gewusst hätte, wann Durchsuchungen waren, da er kein Interesse daran gehabt hätte, dass Staatsschützer sein Gesicht kannten und es sei ihm klar gewesen, dass Hochrangige immer gefährdet seien. Deswegen habe er Brandt den Hinweis gegeben, er möchte bitte kein Propagandamaterial in seiner Wohnung lagern. Konkret gewarnt habe er ihn nie und die Staatsschützer hätten auch kein Interesse gehabt, den VS ins Bild zu setzen über Maßnahmen, da damals ein ausgeprägtes Konkurrenzdenken geherrscht habe.
NK-Anwalt Bliwier befragt Bode, wo dieser die zwei Vermerke las, mit denen er sich auf die heutige Vernehmung vorbereitet hat. Er habe mit dem Thüringer LfV Kontakt aufgenommen und das entsprechende Aktenzeichen genannt und telefonisch darum gebeten, Einsicht nehmen zu können, was ihm auch eingeräumt worden sei, so Bode. Er sei von zwei ihm unbekannten Mitarbeitern empfangen und in einen Raum geführt worden. Er habe dann vielleicht fünf Minuten die Vermerke überflogen, da sie für ihn sehr unspektakulär gewesen seien, da sie auf Vermutungen basierten. Bliwier fragt, ob er mehr Vermerke als die beiden hatte einsehen können. Bode berichtet, er habe nur die beiden Vermerke, wahrscheinlich als Kopie, vorgelegt bekommen und ein Schriftstück unterzeichnet, dass er sie eingesehen hat. Bliwier fragt, was Bodes Vorstellung davon war, was passieren sollte, wenn sich aus den operativen Maßnahmen zur Auffindung der drei Untergetauchten etwas ergeben hätte. Wenn das Auto Brandts zu den dreien oder einer Person geführt hätte, hätte man mit Folgemaßnahmen versucht, ihrer habhaft zu werden, erklärt Bode. Bliwier fragt nach, wer was genau versucht hätte. Bode erwidert, das sei komplett im Bereich der Spekulation, man sei über das Stadium des Versuchs nicht hinausgekommen, was weiter geplant war, könne er nicht schildern.
Bliwier fragt weiter, ob es Lagebesprechungen, Absprachen oder Pläne gab, was man gemacht hätte. BAW Weingarten widerspricht der Frage, man hätte sich vorab informieren müssen, ob der Zeuge bereits operative Kenntnis hatte. Bliwier entgegnet, der Zeuge habe sich nicht darauf berufen, solange werde er weiter fragen, wer was mit wem überlegt hätte. Richter Götzl erklärt, die Frage sei an sich zulässig, wenn der Zeuge Kenntnis habe, könne er berichten. Bode erklärt, er sei nicht als Observant tätig gewesen und über ihm habe es eine Führungsebene geben, die die Fäden in der Hand hatte, er wisse es nicht. Bliwier erklärt, er stelle die Frage natürlich nicht ohne konkreten Grund. Brandt habe bekundet, es habe ein Telefonat zwischen ihm und den Untergetauchten gegeben. Bliwier fragt Bode, ob ihm dieser Vorgang bekannt sei, was dieser verneint. Bliwier erklärt, es könnte zeitlich nach Bodes Tätigkeit stattgefunden haben und fragt, ob Bode dienstlich bekannt wurde, dass Brandt in einer Telefonzelle von einer Person aus dem Trio angerufen werden sollte. Das sei Bode zu Ohren gekommen, er wisse nicht ob zu seiner aktiven Dienstzeit oder danach durch die Presse.
Bliwier erklärt, er frage deshalb, weil das den Kern der Frage davor berühre. Er fragt, ob es Szenarien gab, wie Bode sich als V-Mann-Führer verhalten sollte, wenn es Kontakt mit dem Trio gibt. Dieser erklärt, das sei zu lag her, er sei sich aber sicher, man hätte adäquate Mittel gefunden, ihrer habhaft zu werden. Da der VS keine Vollzugsbehörde ist, wäre irgendwann die Polizei ins Spiel gekommen. Bliwier sagt, er verstehe das auch alles, ihn störe aber die Formulierung „dann wäre die Polizei irgendwann ins Spiel gekommen“. Bliwier fragt, wer hätte informiert, wie hätte der Dienstweg ausgesehen. Ihm sei das alles zu wenig. Bode betont, er habe vorher schon dargelegt, dass er keinen Polizeikontakt hatte aus der Überlegung heraus, dass es für den V-Mann-Führer und die Quelle zu gefährlich sei. Er hätte es der Referatsleitung oder Abteilungsleitung überlassen, Exekutivmaßnahmen einzuleiten, so Bode.
Bliwier fragt, ob es damals beim VS Richtlinien zu Leuten gab, die per Haftbefehl gesucht wurden, was Bode verneint. Auch Besprechungen, wie mit solch einer Situation umzugehen sei, seien Bode nicht erinnerlich. Bliwier bezieht sich auf eine Zeugenaussage Brandts, dass er an bestimmten Stammtischtreffen teilgenommen habe, und fragt Bode, ob es Gespräche mit Brandt über Themen dieser Stammtische gab. Bliwier führt aus, auf Stammtischen trinke man ein Bier, gleichzeitig ginge es möglicherweise um politische Inhalte, wie man sich in der Szene positionieren will. Bliwier fragt, ob Brandt von einer Richtungsdiskussion, Stichwort Militanz und Militarisierung, berichtet habe. Laut Bode ging es bei den Stammtischen nicht um Militanz, soweit er erinnere, um die üblichen Feste in der Szene, etwa der 20. April [Geburtstag Adolf Hitlers] oder Hessgedenkmärsche, um Militarisierung sei es weniger gegangen. Bliwier fragt Bode, ob ihm der Name Dalek etwas sagt, was Bode mit „ja“ beantwortet. Auf Nachfrage erläutert er, Dalek war ein Rechtsextremist in Bayern der im Thulenetzwerk Mailboxen betreut hat in den 90er Jahren. Persönlichen Kontakt habe er mit ihm nicht gehabt. Bliwier fragt, ob Dalek für einen Dienst gearbeitet habe. Bode erklärt, das wolle er hier nicht sagen, das gehe über seine Aussagegenehmigung hinaus. Informationen über Vernehmungen Daleks oder Berichte kenne er nicht.
NK-Anwalt Scharmer fragt Bode, ob Tino Brandt sich im Thule-Netzwerk betätigt habe. Bode erklärt, Brandt habe Zugang zum Netzwerk gehabt und habe an Diskussionen teilgenommen. Bode müsse aber sagen, dass das damals alles sehr unspektakulär gewesen sei und aus nachrichtendienstlicher Sicht nicht sonderlich ergiebig. Scharmer fragt, woher Bode wisse, was Brandt da gemacht habe. Brandt habe die Informationen auf elektronischem Wege unmittelbar an ihn in einer konspirativen Wohnung weitergeleitet, so Bode. Auf Nachfrage Scharmers sagt Bode, er habe im Thulenetzwerk mitgelesen. Akten darüber gebe es möglicherweise, Bode möchte aber nicht ausschließen, dass es sie nicht mehr gibt. Scharmer fragt wo man die Akten finden könne. In den Berichten der Quelle Brandt, sagt Bode. Die seien in den Akten, die den NK-Vertreter_innen vorliegen, nicht enthalten, erklärt Scharmer und fragt, ob es auch Berichte an das BfV gab, da das Thule-Netzwerk ja bundesweit organisiert war. Das BfV habe sicherlich wie andere auch Zugang zum Netzwerk gehabt, das sei nichts gewesen, womit man jemanden überraschen hätte können, das sei eher wie ein Schweizer Käse gewesen, erläutert Bode.
Scharmer fragt, ob es stimmt, dass Bode aufgrund seiner technischen Kenntnisse abgestellt wurde, um das Thule-Netzwerk mit Brandt zu erforschen, was Bode bejaht. Er bestätigt, dass hierfür extra eine konspirative Wohnung genutzt wurde. Scharmer fragt, ob es einen Austausch mit Baden-Württemberg gab. Eine Aussage hierzu sei nicht durch seine Genehmigung gedeckt, so Bode. Scharmer hält aus öffentlichen Quellen vor: „Gemeinsam mit einem Kollegen aus Baden-Württemberg baut Bode einen Zugang in einer konspirativen Wohnung auf. Angeblich hat Bode Brandt kontrolliert was er im Thulenetz macht“. Das spiegele wieder, dass er abgefasst habe, was Brandt gemacht hat, so Bode. Scharmer fragt, ob Bode aufgrund seiner Aussagegenehmigung nicht mehr sagen dürfe, was dieser bestätigt. Scharmer fragt, ob weitere Mitglieder des THS im Thulenetz aktiv waren. Bode vermute ja, er wisse es aber nicht mehr. Eine Anzahl zu nennen wäre pure Spekulation. Im Untersuchungsausschuss hat Bode die Anzahl auf etwa zehn Personen beziffert, hält Scharmer vor. Das habe er als Vermutung wohl so gesagt, im Nachhinein habe er dem keine besondere Bedeutung beigemessen, das Thule-Netzwerk sei nichts Besonderes gewesen, so Bode.
Scharmer fragt, ob Bode nach 1998 im Thulenetz unterwegs war, was dieser verneint. Auf die Frage, wer es dann gemacht habe, erklärt Bode, es könne gut sein, dass es gar nicht fortgeführt wurde, es sei nicht ergiebig gewesen, allen Fachleuten sei hinreichend bekannt gewesen, was da läuft. Scharmer fragt, ob zum Stichwort Bombenbauanleitung im Thule-Netzwerk etwas bekannt war, was Bode verneint. Dass es eine Sammlung von Daten politischer Gegner und vermeintlicher Anschlagssziele gab, sei möglich, das wisse Bode aber nicht mehr. Scharmer fragt, ob das nicht relevant wäre. Wäre es relevant, hätte er darüber berichtet, sagt Bode. Scharmer fragt, ob er dann Ausdrucke gemacht und vorgelegt hätte, was Bode bestätigt. Scharmer fragt, ob angedeutet wurde, dass Ausdrucke vernichtet worden seien. Er wisse das nicht, er sei nicht Herr über diese Akten, sagt Bode. Scharmer fragt, ob Bode Brandt auch mal mit Informationen der linken Szene versorgt hat, beispielsweise Zeitungen oder Infoschriften der Antifa. Möglicherweise habe er das gemacht, um Brandt zu befragen und Dinge abzuklären, sagt Bode. Scharmer fragt, was für Dinge Brandt dazu berichten sollte. Bode sagt, die Linke hätte sich ja mit der Rechten befasst und andersrum, insofern er ja bekanntermaßen V-Männer auf beiden Seiten führte, sei es natürlich interessant gewesen, allein für ihn, was weiß die Linke über die Rechte und die Rechte über die Linke. Scharmer fragt, ob es eine Gefahreneinschätzung gab, was mit dem Material, das Brandt in die Hände bekommt, passieren könnte, was Bode bejaht. Scharmer fragt, ob das Interesse an Aufklärung aber überwog. Ja sicher, antwortet Bode.
Wohlleben-Verteidiger RA Klemke fragt Bode, ob ihm von Brandt oder sonst irgendwie in seiner amtlichen Eigenschaft Gewaltstraftaten des THS bekannt geworden seien. Sicherlich seien welche bekannt geworden und man habe darüber berichtet, konkret könne er auch nichts mehr sagen, erklärt Bode. Klemke fragt, ob Bode also keine Erinnerung mehr habe, was dieser bestätigt. Klemke fragt, wie Bode dann darauf komme, dass ihm was mitgeteilt wurde. Es habe durchaus im Rahmen seiner Aufgaben gelegen, bei der Betreuung der Quelle so was zur Kenntnis zu nehmen. Das würde bedeuten, dass er Kenntnis erlangt hat, erklärt Klemke. Er gehe davon aus, habe aber keine konkrete Erinnerung, so Bode. Götzl fragt, woran das denn anknüpfe, wenn Bode sagt, er hätte sicherlich berichtet. Wenn es eine Demonstration gab und irgendwer was gemacht hat, hätte die Quelle berichtet und da seien sicherlich Straftaten dabei gewesen. Das hätte er weitergeben, erklärt Bode.
NK–RA Hofmann fragt, ob Bode beim Thule-Netzwerk Zugriff auf alle in diesem Netz verfügbaren Daten hatte oder nur auf solche, die Brandt weitergeleitet habe. Bode erklärt, er habe nur Zugriff auf das gehabt, was Brandt weiterleitete. Damals habe es noch keine Mails gegeben, das Netz war ein Mailboxsystem, welches es heute nicht mehr gibt, so Bode. Hofmann fragt, ob die Einschätzung über die Gefährlichkeit der Meldungen im Thule-Netzwerk nur darauf beruhte, was Brandt weitergeleitet habe. Die Einschätzung habe die Auswertung gemacht, Bode habe nur zur Verfügung gestellt. Hofmann sagt zu Bode, er habe ihn so verstanden, dass er gerade eine eigene Einschätzung wiedergegeben habe und die beruhte auf dem Material, das ausgewertet wurde, aber nur auf dem, was Brandt weitergeleitet habe. Bode bejaht. Hofmann fragt, ob es in Bodes Haus eine Überprüfung gab, ob Brandt alles weitergeleitet habe. Bode erklärt, es sei Aufgabe der Auswertung gewesen, einen Abgleich mit anderen Zuläufen zu tätigen. Hofmann fragt, ob Bode Informationen bekommen habe, inwieweit Brandts Material vollständig war. Bode könne sich nicht erinnern, was da lief, sei aber allen Geheimdiensten hinreichend bekannt gewesen. Hofmann sagt zu Bode, wenn er ihn richtig verstanden hat, war das, was er hatte, das was Brandt ausschnittsweise weitergeleitet habe. Wie komme Bode dann darauf, dass alles bekannt war. Bode sagt, das sei nicht durch seine Aussagegenehmigung gedeckt. Hofmann fragt, ob Bode persönlich mehr Informationen von den Inhalten im Thule-Netzwerk hatte, als das, was Brandt weitergeben hat. Bode bejaht. Hofmann fragt, ob er das von anderen Quellen hatte, was Bode verneint. Hofmann fragt, von wem dann. Von anderen Behörden, VS-Behörden, so Bode. Hofmann fragt, ob von Behörden im Land oder anderen Ländern. Im Land, mehr könne Bode aufgrund seiner Aussagenehmigung nicht sagen.
NK–RA Bliwier hält Bode vor, im BT-UA sei er mal gefragt worden, ob er auf Brandt hätte einwirken/einbremsen müssen, weil er wohl sehr stark zu rechtsextremistischen Handlungen neigte. Bliwier fragt, ob Bode weiß, was damit gemeint sei. Bei Brandt habe man ständig auf der Bremse stehen müssen, weil er durch und durch Rechtsextremist war, bis in die Haarspitzen, so Bode. Es sei nicht in ihrem Interesse gewesen, dass er überall omnipräsent ist, deswegen hätten er und Kollege Roman Brandt einen Trefftermin auf Mittwochabend gelegt, so dass Brandt nicht an dem Stammtisch teilnehmen konnte, was ihm missfallen hätte. Unter der Androhung, dass er keine Prämie bekommen werde, sei er dem gefolgt und habe das gemacht, was sie wollten, nicht was er wollte. Er sei gefügig gewesen, so Bode. Bliwier fragt, ob es auch eine inhaltliche Einflussnahme gab. Bode wisse nicht, ob er da noch involviert war oder sein Nachfolger. Undenkbar sei zum Beispiel gewesen, dass jemand NPD-Vorsitzender in Thüringen wird, so jemand sei als Quelle unhaltbar gewesen. Ihnen sei nicht recht gewesen, dass Brandt der große Zampano war. Sie hätten darauf gedrängt, dass er in die zweite Reihe rückt, das sei jedoch ein hoffnungsloses Unterfangen gewesen.
Bliwier hält Bode vor, im BT-UA soll er gesagt haben “problematisch, weil er dann natürlich auch Mitbestimmer oder Bestimmer ist. Das kann man nicht ausschließen“. Bode bejaht dies. Bliwier frage deshalb, weil Dalek das auch geschildert habe. Man hätte den Brandt einbremsen müssen, denn “Brandt sei extrem gewaltbereit gewesen, habe was von Sprengstoff und Waffen erzählt und vom militärischen Arm des THS und dabei habe er ihn bremsen müssen”. Bliwier fragt, ob Bode mit Brandt auch solche Diskussionen geführt habe. Bode verneint dies, wenn das so war, habe Brandt das geschickt vor ihnen verborgen. Bode habe damals das sichere Gefühl gehabt, dass man ihn, soweit das bei Extremisten möglich sei, im Griff hatte, jedoch habe man aber bedauert, keinen weiteren Zugang zu haben, um die Szene zu beleuchten. In der nachrichtendienstlichen Arbeit sei es besser, wenn man zwei Zugänge abgleichen könne.
NK–RA Kuhn fragt, ob Bode Erinnerungen daran habe, dass es mal Gesprächsthema mit Brandt war, dass dem THS ein Vereinsverbot drohen könnte. Das sei denkbar, so Bode. Kuhn fragt, ob er Erinnerungen daran habe, dass ihm mal eine Pressemitteilung des THS von Brandt unterzeichnet vorlag in diesem Vorgang. Das sei Bode nicht erinnerlich. In der Pressemitteilung des THS soll über bestimmte Personen festgestellt worden sein, dass sie niemals Mitglieder des THS gewesen seien, insbesondere Zschäpe, Böhnhardt und Mundlos, sagt Kuhn. Das wisse Bode nicht mehr. Wohlleben-Verteidigerin Schneiders hält aus einer vorherigen Vernehmung Bodes vor: „Es war nicht unsere Absicht, mit Brandt das ganze Land abzudecken“. Schneiders fragt, ob das vor dem Ende Brandts als V-Mann anders war. Das glaube er nicht, er hätte es wahrscheinlich gewusst, wenn sie vorher schon Zugänge gehabt hätten, so Bode. Seiner Kenntnis nach hätte die Beschaffung keine Zugänge gehabt, eventuell Forschung und Werbung, er könne es aber nicht sagen.
Wohlleben-Verteidiger Klemke sagt zu Bode, Brandt habe hier in der Verhandlung erzählt, dass es zu dem Thule-Netzwerk eine Art Zugang gab und diese Datem dem LfV zur Verfügung gestellt wurden und das Landesamt exakt die gleichen Informationen rausziehen konnte wie Brandt. Bodes Aussage habe Klemke aber so verstanden, dass seine Informationen auf dem beruhten, was Brandt weiterleitete. Klemke fragt, wie es denn nun gewesen ist. Beides sei richtig, so Bode. Brandt hätte Zugang und er selbst hätte die Zugangsdaten gehabt. Bode habe davon aber nur Gebrauch gemacht, wenn Brandt verhindert war. Sonst wäre das ja blöd gewesen. Das sei ein sehr seltenes Ereignis gewesen. Überwiegend habe er von Brandt weitergeleitet bekommen, was er erhalten hatte.
Nach der Zeugenentlassung Bodes folgt eine Pause von 11.03 bis 11.33 Uhr. Danach wird die Vernehmung des V-Mann-Führers Zweigert fortgesetzt.
Götzl erklärt, es gehe dem Gericht um die Führung des V-Manns Brandt. Er fragt, ob es stimme, dass Zweigert Abwesenheitsvertreter war und für den eigentlichen V-Mann-Führer eingesprungen sei, was Zweigert bestätigt. Götzl fragt, wann er Kontakt mit Brandt hatte. Das könne er nicht genau sagen, weil das davon abhängig gewesen sei, wann der eigentliche V-Mann-Führer abwesend war wegen Krankheit oder Urlaub, da habe es keine festen Termine gegeben. Götzl fragt, wie häufig Zweigert Kontakt hatte. Das wisse er nicht, das habe er schon beim letzten Mal gesagt. Götzl erklärt, es ginge dann auch noch um die Kennzahl Zweigerts. Er habe die Vermerke auf der Ladung gesehen, es sei die 222, so Zweigert. Götzl fragt, ob Zweigert zu einzelnen Treffen mit Brandt Informationen geben könne. Das könne er so genau nicht, erklärt Zweigert, die vier Treffen die auf der Ladung benannt wurden, habe er einsehen dürfen, es sei richtig, dass er ihn getroffen habe, was er mitgeteilt hat habe er im Vermerk niedergelegt, mehr wisse er nicht. Götzl fragt, ob anhand des Studiums der Vermerke eine Erinnerung kam, was Zweigert verneint. Götzl fragt, wie lange die Gespräche mit Brandt dauerten. Ein bis maximal zwei Stunden, erklärt Zweigert.
Götzl fragt, wie es dazu kam, dass die Informationen in Vermerken niedergelegt wurden. Nach den Treffen sei in der Regel einen oder zwei Tage später der entsprechende Vermerk geschrieben worden, welcher dann über den Referatsleiter zur Auswertung ging, so Zweigert. Götzl fragt nach dem Verhalten Brandts Zweigert gegenüber. Eigentlich sei Brandt immer sehr offen gewesen und habe mit nichts zurückgehalten, so Zweigert. Er habe immer den Eindruck gehabt, dass es den Tatsachen entsprochen hätte, was Brandt erzählte, ob er alles erzählt habe, könne man nicht sagen. Götzl fragt, ob er eine Größenordnung angeben könne, wie oft er Kontakt hatte. Das könne er beim besten Willen nicht, er habe ja noch andere Quellen über die Jahre gehabt, so Zweigert. Götzl hält vor, beim letzten Mal habe er auf die Frage nach den Treffen gesagt, pro Jahr zehn Mal vielleicht. Vielleicht, sagt Zweigert.
Götzl geht auf einen Vermerk mit dem handschriftlichen Zusatz “20.2.” ein. Vom Aktenzeichen her sei das ein 98er Aktenzeichen, ein Gespräch Kapke mit Quelle. Zweigert erklärt, die Vermerke zu den vier Treffen, die auf der Ladung genannt sind, durfte er sich angucken. Die seien von ihm, alles was er erfahren habe, habe er aufgeschrieben, darüber hinaus gebe es nichts. Götzl fragt, worum es in dem handschriftlichen Vermerk gegangen sei. Götzl legt einen handschriftlichen Zusatz zur In-Augenscheinnahme vor. Zweigert vermutet, das sei die Handschrift von Herrn Wiesner. Götzl hält vor: „Bei einem Gespräch mit Kapke erfuhr Quelle, dass der Rachhausen nach Dresden fuhr, um dort den unfallgeschädigten PKW des Wohlleben abzuschleppen“. Das habe er dann wohl so gesagt, erklärt Zweigert. Götzl fragt, was „wohl“ bedeutet. Dass das, was er da aufgeschrieben hat, so gesagt wurde, meint Zweigert. Götzl fragt nach weiteren Erinnerungen, welche Zweigert aber nicht habe. Vorhalt: „Mit diesem Fahrzeug waren die auf der Flucht befindlichen Mundlos, Böhnhardt, Zschäpe offensichtlich unterwegs“. Das sei die Vermutung der Quelle bzw. so sei ihm das mitgeteilt worden, sagt Zweigert.
Götzl fragt, ob Zweigert wisse, was in einer hinzugefügten Annmerkung stehe, was dieser verneint. Dort sei vom Raum Dresden die Rede, so Götzl. Er wisse nicht, was er als Anmerkung geschrieben habe, so Zweigert. Vorhalt: „Quelle geht davon aus, dass sich die drei Personen im Raum Dresden aufhalten oder aufgehalten haben, da Mundlos Kontakte zur rechten Szene dort hat.“ Zweigert wisse dazu nichts. Sie haben diesen Text und dann kommt eine Anmerkung, sagt Götzl. Vielleicht sei das von ihm unglücklich niedergeschrieben, dass er das als Anmerkung gemacht hat, so Zweigert. Vorhalt: „Diese Kontakte sind durch Gefangenenbetreuung, die der Mundlos machte, entstanden“. Das sei die Information der Quelle, mehr könne er nicht sagen, so Zweigert. Götzl fragt ob die Formulierung „Quelle geht davon aus, dass die drei Personen in Dresden…“ eine Vermutung oder Information ist. Reine Vermutung, sagt Zweigert. Götzl fragt, ob Zweigert den handschriftlichen Zusatz gelesen habe. Dieser sei nicht in der Akte gewesen, erklärt Zweigert.
Vorhalt: „GP Alex teilt glaubhaft mit, dass sich Rachhausen im Februar bzw. Anfang 1998 [Nicht in Sachsen, Dresden heißt es wohl] aufgehalten hat“. Das sage Zweigert nichts. Götzl fragt, wer „Alex“ war. Den kenne er nicht, so Zweigert. „Gespräch Kapke mit VM über die flüchtigen BMZ“. Götzl fragt, ob Zweigert wisse, worum es ging, was dieser verneint. Götzl nennt das Datum 29.07.1998. Zweigert glaube, es sei um das Geld gegangen, das Kapke haben wollte. Götzl fragt ob Zweigert da jetzt Erinnerungen gekommen seien. Zweigert erklärt, zu Kapke und Quelle habe er vor kurzem etwas gelesen, da ginge es ja darum, dass Kapke Geld haben wollte, also vermute er, dass dies auch der Vermerk dazu ist. Götzl fragt nach einer Erinnerung zum Inhalt. Kapke habe den Arbeitgeber der Quelle fragen wollen, ob er ihm Geld leiht, so Zweigert. Das Gespräch habe stattgefunden, ob der Arbeitgeber Brandts etwas gegeben habe, sei nicht bekannt. Götzl fragt, ob im Gespräch mit Brandt auch die besagten Personen Thema waren. Das liege alles viel zu lange zurück, so Zweigert. Vorhalt: „Am 24.7.98 fand zwischen Kapke und VM ein Gespräch statt, bei dem Kapke äußerte, dass er insgesamt 1800 DM benötige um die drei Flüchtigen endgültig aus Jena wegzubringen“. Mehr wisse Zweigert dazu auch nicht.
Vorhalt: „VM 2045 [Brandt] äußerte, dass er höchstens 300 beisteuern könne. Kapke sagte, dass er bei seiner Bank wegen eines Kredites nachgefragt habe, aber abschlägig beschieden worden sei“. Brandt werde ihm das schon erzählt haben, so Zweigert. Götzl fragt, ob Gespräche mit Brandt mitgeschrieben wurden. Im Normalfall sei mitgeschrieben worden. Götzl fragt, ob während oder nach dem Gespräch mitgeschrieben wurde. Während des Gesprächs sei zumindest in Stichpunkten mitgeschrieben worden. Götzl fragt, ob von Wohlleben in dem Gespräch die Rede war. Zweigert glaube, der Name sei auch mal aufgetaucht in einem dieser Vermerke. Götzl fragt, in welchem Zusammenhang. Irgendwas mit Kapke, so Zweigert. Götzl fragt, ob sich Zweigerts Erinnerung ausschließlich auf das Studium des Vermerks bezieht, was dieser bestätigt. Vorhalt: Wohlleben sowie zwei andere namentlich der Quelle nicht bekannte Kameraden hatten vor längerer Zeit Kredite aufgenommen um Untergetauchte zu unterstützen und könnte deswegen jetzt keine weiteren Kredite mehr aufnehmen. Das habe die Quelle wohl so mitgeteilt, sagt Zweigert.
Götzl fragt, ob Peter Dehoust eine Rolle gespielt habe. Das sei der Arbeitgeber Brandts gewesen vom Verlag Nation und Europa in Coburg, sagt Zweigert. Kapke habe ihn wohl fragen wollen, ob er ihm Geld leiht, so Zweigert. Vorhalt: „Kapke schlug vor, dass Quelle mit Dehoust spricht ob dieser bereit wäre ihm oben genannten Betrag zu leihen, er würde ihn dann in monatlichen Raten zurückzahlen“. Das werde wohl so gewesen sein, meint Zweigert. Götzl fragt, ob der Name Brehme eine Rolle gespielt hat, was Zweigert mit „immer wieder“ bejaht. Götzl fragt nach Dr. Nordbruch. Zunächst verneint Zweigert. Dann sagt er das sei der, der in Südafrika ansässig ist. Vorhalt: “Quelle vermutet, dass Flüchtige ins Ausland gebracht werden sollen, evtl. hängt das mit dem Flug Kapke, Brehme am 8.8. nach Südafrika zu Dr. Claus Nordbruch zusammen“. Eine Erinnerung daran habe er nicht, so Zweigert. Götzl fragt, ob Zweigert wisse, ob der Vermerk auch eine Anmerkung enthalte. Zweigert glaube, es ging um Kapke und Dehoust. Vorhalt: „Anmerkung: Kapke und Brehme wollen für drei Wochen nach Südafrika um auf Farm von Nordbruch zu arbeiten“. Da habe er etwas verwechselt, sagt Zweigert.
Götzl fragt, woher her die Informationen hatte. Alles von der Quelle, erklärt Zweigert. Götzl fragt, welche Bedeutung hier so eine Anmerkung habe. Zweigert sagt, man dürfe hier nicht zu sehr etwas hineingeheimnissen, er hätte den Begriff Anmerkung weglassen sollen. Er wisse nicht, warum er die Anmerkung geschrieben habe, da müsse er jetzt passen. Götzl nennt das Datum 20.08.1998. Das könne gar nicht von ihm stammen, sagt Zweigert. Götzl fragt, wer die Nummer 22 sei. Evtl. Wiesner, so Zweigert. Götzl meint, von der Funktion her sei das wohl der Abteilungsleiter. Wenn überhaupt der Referatsleiter, sagt Zweigert. Vorhalt: „VM im Gespräch mit Wohlleben und Liebig, Seifert, Christian Kapke und ein Carsten aus Jena”. Dazu könne Zweigert nichts sagen. Götzl fragt, ob Zweigert ein Gespräch mit Wohlleben am 13.04.1999 etwas sagt. Zweigert fragt, ob der Vermerk von ihm ist. Götzl nennt das Aktenzeichen mit Zweigerts Kennnummer. Dann müsste das von ihm sein, sage ihm aber nichts, erklärt Zweigert. Vorhalt „2045 unterhielt sich mit Wohlleben über die Personen im Fall Drilling“. Zweigert erklärt, dieser Vermerk sei ihm auch vorgelegt worden. Um was es geht, wisse er nicht.
Götzl fragt, wie intensiv er sich im Rahmen der Vorbereitung damit befasst habe. Er habe die vier Vermerke durchgelesen, aber auch beim Lesen habe er keinerlei Erinnerung mehr gehabt, weil er Brandt immer nur sporadisch im Sommer getroffen habe, vielleicht mal kurz ein paar Wochen, dann mehrere Wochen gar nicht. Brandt habe über unterschiedliche Themen berichtet, wo Zweigert in der Regel auch keinen Zusammenhang herstellen konnte. Vorhalt: „W. bat VM den Thorsten Heise, die sich beim GfP-Kongress in Werningerode aufhielten wegen einem sicheren Ort im Ausland anzusprechen. Heise verfügt über einen großen ausländischen Bekanntenkreis“. Das habe Zweigert nachgelesen, könne er aber nicht nachvollziehen. Vorhalt: „Weiter teilte W. mit, dass dem RA Eisenecker keine Akteneinsicht gewährt wurde“. Das habe er wohl so erzählt, eine Erinnerung habe er nicht, so Zweigert. Götzl nennt einen Vermerk vom 12.8.99. Das sei dann wohl auch von ihm, so Zweigert. Vorhalt: „Gespräch mit Kapke VM 2045“. Die Vermerke habe er nicht auswendig gelernt, vor allem nicht die Aktenzeichen, gelesen habe er sie, so Zweigert. Eine Erinnerung habe er nicht. Vorhalt: „Am 4. und 5.8.1998 hielt sich Kapke bei Dehoust auf, um sich von diesem Geld zu leihen“. Dann sei das dieser Sachverhalt, sagt Zweigert, dass Kapke sich Geld leihen wollte, dass er selbst bei Dehoust gewesen war, so Zweigert. Ob er was bekam, glaube er nicht, es sei nicht bekannt.
Vorhalt: „Kapke erzählte VM, dass sie einer Person aus dem Raum Nordhausen 1500 DM für die Beschaffung von Reisepässen gab, diese musste wegen möglicher Waffengeschäfte ohne Aushändigung der Pässe untertauchen“. Zweigert habe den Vermerk geschrieben, was damit passiert sei, wisse er nicht. Götzl fragt, ob der Inhalt diskutiert wurde, was Zweigert verneint. Götzl fragt, was Zweigert noch weiter als Inhalt des Gesprächs niedergelegt habe. Das wisse er jetzt nicht, so Zweigert, es sei immer noch um das Geld von Dehoust an Kapke gegangen. Götzl fragt, welches Geld gemeint sei. Zweigert glaubt, es sei um 1800 DM gegangen, wo die Quelle allerdings nicht wisse, ob Kakpe das Geld bekommen hat. Vorhalt: “Mittlerweile hätten sie jedoch eine Person ausfindig gemacht, die für die Herstellung der Pässe 1800 DM fordere, deswegen brauche er jetzt Geld um es einer anderen Person zu geben, die es an den Hersteller weitergibt“. Das sei das, was Kapke erzählte, so Zweigert. Vorhalt: „Kapke erhielt von Dehoust 1500 DM. Ob Dehoust bekannt für welchen Zweck verwendet wird nicht bekannt“. Zweigert habe da keine Erinnerung daran, die Informationen die er bekommen habe, hätten ihm teilweise überhaupt nichts gesagt.
RA Pausch erklärt, Zweigert sage, die Kennziffer 22 beziehe sich vermutlich auf den Referatsleiter. Am Ende des Vermerks tauche eine Paraffe auf, alle Vermerke, die die Ziffer 222, also Zweigerts haben, hätten diese Paraffe unten. Pausch fragt, ob das jetzt ein Tippfehler ist. Götzl bittet Zweigert nach vorne, um das Schrifststück anzuschauen. Zweigert bestätigt, dass das seine Paraffe sei, es müsse sich um einen Tippfehler handeln. Pausch sagt, das sei dann Zweigerts Vermutung aus heutiger Sicht. Rain Schneiders fragt, wie die eine oder andere Formulierung ausgewählt wurde, etwa im Bezug auf die Formulierung „Quelle geht davon aus“. Zweigert erklärt, das seien alles Mitteilungen, die die Quelle gemacht hat, die sich auf eigene Vermutungen, die er aus Gesprächen gewonnen hat, bezogen. Sonst habe er gesagt „der und der hat mir das erzählt“. Schneiders fragt, ob Zweigert mal genauer nachgefragt hat, wie die Quelle zu Spekulationen gekommen sei. Zweigert habe eigentlich immer gefragt, wo das herkomme, aber das konnte er nicht immer. Schneiders fragt, bei welchen Spekulationen Brandt er das konnte und bei welchen nicht. Zweigert habe da keiner Erinnerung mehr.
RA Kuhn fragt Zweigert, ob er jemals angesprochen wurde in Bezug auf andere Quellen, die er geführt habe, dass er diese befragen solle nach dem Aufenthaltsort des Trios. Generell sei man angehalten worden, alle Quellen zu befragen hinsichtlich der drei Untergetauchten, da habe es aber bei keiner Quelle ansatzweise Hinweise gegeben, die hätten auch mit der Szene nichts zu tun gehabt. Kuhn fragt, wie intensiv nach den drei geforscht wurde. Er habe regelmäßig nachgefragt, aber die Quellen hatten nicht die entsprechenden Kontakte, das sei überwiegend die Parteienlandschaft gewesen, so Zweigert. Kuhn fragt, auf welchen Grundlagen Zweigert diese Einschätzung stützt. Weil die Quellen gesagt hätten, dass sie dazu nichts sagen können, so Zweigert. Kuhn fragt, ob Zweigert sich da nur auf Aussagen von V-Leuten gestützt hat. Er habe sich da nur auf V-Leute stützen können, sie seien jedoch nicht in diesen Bereichen verkehrt, so Zweigert.
Kuhn hält eine Frage aus dem Thüringer UA vor: “Sind Sie mal als Quellenführer dieser Quelle aus dem B&H-Umfeld auf die Neonazis des NSU angesprochen worden“. Da habe Zweigert mit Nein geantwortet, das widerspreche jetzt dem, was er heute gesagt hat. Er habe alle Quellen nach dem Trio gefragt, auch diese Quelle, aber nach seiner Aussage habe er sie gar nicht gekannt. Vorhalt: „Also diese Quelle sollte ich nicht ansprechen denn es gab eigentlich keine Bezüge dieser Quelle zu dieser Szene und deshalb gabs da keinen Grund”. Kuhn fragt, was denn nun richtig ist. Man habe alle Quellen gefragt zum Aufenthaltsort, so Zweigert, auch diese Quelle. Sie habe nichts sagen können. Es sei darum gegangen, dass man diese Quellen auffordert, in ihren Bereichen nachzuhaken. Und da sei nur gesagt worden, er kenne die nicht mal und wolle auch keine Aufmerksamkeit erregen. Das sei ja eine andere Situation gewesen, wie sie sich dargestellt hat als jetzt, sagt Zweigert. Kuhn fragt, ob er eine Erinnerung daran hat, dass er einen Zusammenhang hergestellt hat zwischen Informationen, wo die drei untergetaucht sein könnten und dieser Quelle, was dieser verneint.
NK–RAin Basay fragt, ob Zweigert eine dienstliche Erklärung abgegeben habe in Bezug auf Tino Brandt. Das sei auch im Untersuchungsausschuss Thema gewesen, man habe mal eine Erklärung abgeben müssen, das sei richtig, die wurde ihm mal vorgelegt. Basay fragt, um was es gegangen sei. Das könne Zweigert nicht mehr sagen, es habe für ihn keine große Rolle gespielt, es wurde von ihnen abverlangt. Basay fragt, ob oft dienstliche Erklärungen abgegeben wurden, was Zweigert verneint. Basay fragt, ob die Erklärung im Zusammenhang mit einer Straftat stand, was am Amtsgericht Berlin Thema war. Zweigert überlegt lange und erklärt, er könne nicht sagen ob es mit einem Verfahren in Berlin im Zusammenhang stand. Basay fragt, ob es aber Bezug zu Brandt hatte, was Zweigert bejaht. Basay fragt, was „wir haben eine abgegeben“ bedeute. Soweit er sich erinnere handelte es sich um drei Kollegen, er meine Herr Wiesner, er selbst, mehr könne er nicht sagen. NK–RA Scharmer sagt, sein Kollege habe Zweigert nach Informationen des weiteren V-Mannes gefragt. Scharmer fragt, wer das war. Zweigert fragt ob er den aus der B&H-Szene meint, was Scharmer bejaht. Dazu habe er keine Aussagegenehmigung, so Zweigert. Götzl entlässt Zweigert als Zeugen. Es folgt eine Pause von 12.20 bis 13.27 Uhr.
Nach der Mittagspause wird Kriminalbeamtin im Ruhestand Li. (LKA Thüringen) befragt. Götzl bittet sie, von der Durchsuchung in der Schomerusstraße 5 1998 in Jena zu berichten. Li. erklärt, als sie die Zeugenvorladung bekam, habe sie sich nicht erinnern können und habe in den Akten nachlesen müssen. Sie habe gewusst, dass sie bei der Angeklagten in der Wohnung war. Am 18.09.14 Jahres habe sie Akteneinsicht genommen und festgestellt, dass sie eine Lichtbildmappe gefertigt habe. Daran habe sie feststellen können, dass in der Wohnung waffenähnliche Gegenstände unter dem Sofa und an der Wand waren. Unter dem Sofa habe man das umgearbeitete Monopoly-Spiel „Pogromoly“ sowie rechte Schriften und eine Reichskriegsflagge gefunden. Götzl fragt, von welcher Angeklagten sie jetzt spreche, was sie mit Zschäpe beantwortet. Götzl fragt, wann die Durchsuchung gewesen sei. Beim Nachlesen habe sie 28.01.98 gelesen. Götzl sagt, im Durchsuchungsbericht sei ihre Anwesenheit vermerkt. Am 26.01., sagt Li.
Götzl fragt, ob Li. wisse, ob Zschäpe Eigentümerin oder Mieterin war. Das wisse sie nicht, sie sei nicht der Ermittlungsführer gewesen, so Li. Götzl fragt, ob ihr einzelne Gegenstände in Erinnerung geblieben seien, was sie verneint. Götzl fragt, ob sie die Fotografien in der Mappe gemacht habe, was sie verneint. Götzl fragt, wie die Mappe dann zustandegekommen seien. Li. erklärt, sie habe das Material zusammengestellt. Götzl fragt, ob Li. an die Örtlichkeit eine Erinnerung habe. Sie wisse nur, dass es eine Einraumwohnung war mit Keller. Götzl fragt, wie viele Zimmer die Wohnung hatte. Eins, so Li., Küche, Bad, Flur. Götzl fragt, wie es zu der Durchsuchung gekommen sei. Da müsse sie etwas weiter ausholen, erklärt Li. Am 01.08.1998 sei sie ins LKA versetzt worden und sei eigentlich nicht im Ermittlungsbereich, sondern im Grundsatzbereich eingesetzt worden. Sie sei im Rahmen der Amtshilfe mitgenommen worden. Götzl fragt, welche Aufgabe Li. bei der Durchsuchung hatte. Eigentlich die Festnahme, erwidert Li. Götzl bittet die Zeugin nach vorne zur Inaugenscheinnahme und Erläuterung der Bilder der Wohnung. „Das ist die Wohnungstür von innen und von außen. Hier ist das Wohnzimmer mit dem Dreisitzer, darunter befand sich das Spiel. Da oben die Armbrust, eine Zwille, ein Messer, eine Machete, eine Pistole, das soll aber eine CO2-Pistole gewesen sein, ein Wurfstern. Hier ist die Reichskriegsflagge zu erkennen und hier ein Bild des Brandenburger Tors aus der Kriegszeit. Und das hier ist ihr Verschlag im Keller“.
Götzl fragt, ob Zeitschriften oder sonstiges vorgefunden wurde. Diverses Schriftgut habe man gefunden, so Li-, selber habe sie es nicht gesichtet, nach der Durchsuchung sei die Aktion für sie erstmal beendet gewesen. Götzl bittet Li., eine Skizze der Wohnung in Augenschein zu nehmen. Aus der Erinnerung kenne sie den Grundriss nicht mehr, so Li. Götzl fragt, wie das Spiel aufbewahrt war. Li. sagt, es sie unter dem Dreisitzer gewesen, die Karten dazu im Schrank. NK–RA Schön fragt, ob Li. auch vom Keller Fotos zusammengestellt habe. Li. verneint, soweit sie wisse nicht. Schön sagt, es soll im Keller Dämmwolle gegeben haben. Li. erklärt, das habe sie nachgelesen, im Keller sei sie aber nicht dabei gewesen. Um 13.40 Uhr wird die Zeugin entlassen.
Zschäpe-Verteidiger RA Stahl liest eine Erklärung vor. Die Verteidigung von Zschäpe widerspricht der Verwertung der Vernehmung der Zeugin Li. Zur Begründung könne Bezug genommen werden auf den Verwertungswiderspruch hinsichtlich der Angaben des Kommissars Volk. Sie seien der Aufassung, dass die Durchsuchung unter willkürlicher Verletzung des Richtervorbehalts stattgefunden habe. RA Klemke schließt sich im Namen der Verteidigung Wohllebens an.
Götzl bittet, Erklärungen zu Brandt abzugeben. RA Pausch sieht von einer Erklärung ab, man wolle die Fragen in einen Beweisantrag kleiden. RA Klemke erklärt, Zeuge Brandt habe die Angaben des Zeugen Kapkes bestätigt, dass die jungen Leute, die unter dem Dach des THS tätig geworden sind keinesfalls darauf aus waren, gewaltsame Umstürze oder überhaupt Gewaltstraftaten zu begehen, sondern nur politisch tätig werden wollten, mit den Leuten reden wollten und Propagnda verbreiten wollten, insbesondere durch Demonstrationen. Weiter habe Brandt bestätigt, was auch schon Kapke ausgesagt hatte, dass es innerhalb des THS keinerlei Gewaltdiskussionen gegeben habe. Dass man gar nicht auf gewalttätige Veränderungen aus war, sondern durch politische Veränderungen, durch politische Mitteilungen. Davon zeuge auch, dass Herr Wohlleben in den Ortschaftsrat von Winzerla gewählt worden ist. Eine wie auch immer geartete Gewaltstrategie hätte diesen kommunalpolitischen Maßnahmen diametral entgegengestanden. Brandt habe die Angaben Kapkes in Bezug auf Wohlleben bestätigt, dass er nämlich bei Wohlleben überhaupt keinen Hang zur Gewalt erkennen konnte.
Klemke geht auf den Deckblattbericht des Landesamtes Thüringen ein, in dem die „angebliche“ Äußerung Wohllebens niedergelegt sei, die drei bräuchten kein Geld, weil die drei so viele Aktionen gemacht hätten. An eine derartige Aussage habe sich der Zeuge trotz Verlesens nicht erinnern können. Brandt habe soweit lediglich ausgeführt, dass er es ausschließen könne, dass sich seine Mitteilungen auf illegale Aktionen bezog, denn ansonsten hätte er sich daran erinnert. Er habe für sich einen Bezug gezogen auf die T-Shirt-Produktion dieser „Skinsons“ und die Produktion von CDs, habe jedenfalls nicht an kriminelle Geldbeschaffung einen Gedanken verschwendet. Weiter habe Brandt bestätigt, dass es seitens der Restkameradschaft Jena Aktivitäten gab, den Anwalt Eisenecker in die Aktivitäten zur Rückholung des Trios einzubinden, was ohne Erfolg war. RA Narin will von einer Erklärung absehen. RA Kuhn sagt, seine Erklärung zusammen mit Kollege Hofmann sei noch nicht fertig, er würde sie gerne zu einem späteren Zeitpunkt abgeben. RA Hofmann erklärt, wenn sie morgen oder übermorgen möglich ist, würde er sie dann machen, wenn nicht dann jetzt eine kurze mündliche. Götzl sagt, er werde erst mal zu RA Bliwier kommen.
Laut Bliwier belegten die Angaben des Zeugen Brandt die Verstrickung des Thüringer LfV in den Aufbau des THS und das vollständige Versagen des Dienstes bei der Ergreifung der drei. Das Thüringer Landesamt habe die drei mit Haftbefehl gesuchten finanziell unterstützt. Der Zeuge habe bekundet, das Amt habe ihm das Geld ausdrücklich zu diesem Zweck ausgehändigt. Das Landesamt habe ihm politische Auslagen und Reisekosten beglichen. Das Landesamt habe geholfen, die bundesweite Bedeutung und den Einfluss des THS herzustellen. Zudem seien NPD-Mitgliedsbeiträge bezahlt worden und technische Ausrüstung. Brandt sei so in die Lage versetzt worden, unter dem Alias Eulenspiegel eine Mailbox im Thulenetz zu betreiben. Das Landesamt habe durch die Art der Zusammenarbeit mit Brandt die Ergreifung von BMZ verhindert und somit die schweren Straftaten ermöglicht. Das ergebe sich, weil strafrechtliche relevante Dinge herausgehalten werden sollten. Dies habe man seinerzeit als erweiterten Quellenschutz verstanden. Hier hätten nicht nur Warnungen vor Strafverfahren dazu gezählt sondern auch die thematisch vollständige Ausklammerung, die an Strafermittlung durch das Legalitätsprinzip nicht gebunden sei.
Der Zeuge habe wörtlich gesagt “Ich habe niemand ins Gefängnis gebracht”. Dieses Bekenntnis gelte auch für BMZ. Trotz der vorliegenden Haftbefehle und Fahndungsmaßnahmen des LKA sei die Festnahme durch die Aktivität des Landesamt verhindert worden. So hätten dem Landesamt konkrete Anhmaltpunkte vorgelegen: die telefonische Kontaktaufnahme zu Brandt im Rahmen eines im Vorfeld bekannten Telefonats, trotz dieser Kenntnis und der Haftbefehle sei eine zielführende TKÜ, die seinerzeit zulässig gewesen sei, nicht geschaltet worden. Die Erkenntnisse seien nicht an die Strafverfolgungsbehörde gegeben worden. Nicht gefolgt werden könne dem Zeugen, soweit er seine eigene Rolle in der rechten Szene schilderte. Bliwier beantragt, Kai Dalek als Zeuge zu laden. Er werde bekunden, dass Brandt den Spitznamen Brandstrifter trug und ein Gewaltverbrecher war. Es sei um den Aufbau einer Organsiation nach dem Vorbild der SA gegangen. Brandt habe im Verdacht gestanden, der militante agent provocateur des Landesamts gewesen zu sein. Mit Kenntnis Brandts habe es einen militärischen Flügel des THS gegeben. Und Brandt habe immer dazu beigetragen, “dass es scheppert im Karton”. Die Zusammenarbeit Brandts mit dem VS habe man hingenommern. Der Zeuge werde bekunden, nach 1990 für Michael Kühnen als Gauleiter Franken bei der GdNF eingesetzt gewesen zu sein. Er habe Einfluss auf Brandt gehabt.
Brandt habe erkennbar versucht, seine ideologische Überzeugung herunterzuspielen. Aus Daleks Angaben werde sich ergeben, dass Brandt im Umfeld des THS die Radikalisierung entgegen der eigenen Bekundungen selbst vorrantrieb. Er hätte Kenntnis von Sprengstoff und Waffen gehabt und habe einen militärischen Arm aufbauen wollen. Diese Angaben stünden im offenen Widerspruch zu den Angaben Brandts hier. Brandt habe die Angaben Daleks hier bestritten. Die Angaben Daleks seien für die Schuldfrage des Angeklagten Wohlleben von Bedeutung. Götzl erklärt, Hofmanns Erklärung würde das Gericht morgen entgegennehmen. NK–RA Scharmer schließt sich an und sagt, er werde gegebenenfalls nächste Woche eine Ergänzung vortragen. RA Stahl erklärt, auch die Verteidigung Zschäpes habe sich eine Erklärung vorbehalten. Götzl meine das nicht. Stahl erklärt, er hätte es durch ein Handsignal erbeten. Götzl bittet um die Erklärung.
Stahl erklärt, zu dem Zeugen Brand gäbe es einiges zu sagen, die Verteidigung beschränke sich darauf, Bezug zu nehmen auf das, was Brandt über ihre Mandantin zu berichten vermeint habe. Der Umstand, dass sich Brandt auf Wissenslücken berufe, könne man glauben oder nicht, die Verteidigung sei der Überzeugung, dass Brandt ein notorischer Lügner sei. Die Glaubwürdigkeit seiner Angaben seien insgesamt stark in Zweifel zu ziehen. Brandt selber habe einräumen müssen, dass er sowohl seine Kameraden belogen habe und er habe natürlich auch das Landesamt belogen. Das einzige was ihm gefallen habe, sei er selbst in seiner leicht narzisstischen Rolle gewesen. Die Angaben zu ihrer Mandantin, die er gemacht hat, seien jedenfalls völlig unergiebig und in sich widersprüchlich gewesen. Das einzige, dass Beate Zschäpe sich politisch interessiert habe und nie im Hintergrund stand, sei mit den früheren Angaben, sie habe sich im Hintergrund gehalten, nicht in Übereinstimmung zu bringen. Der Zeuge sei unbrauchbar. Der Verhandlungstag endet um 13.58 Uhr.
Der Blog NSU-Nebenklage kommentiert:
„Alle [.] V-Mann-Führer konnten oder wollten sich an die Gespräche mit Brandt nicht mehr erinnern, auch auf Vorhalt ihrer damaligen Vermerke wollte sich bei keinem von ihnen eine rechte Erinnerung einstellen. Soviel also zum Umgang mit der „Top-Quelle“ Brandt. Zum Teil gewann man den Eindruck, dass die VS-Beamten ihre Aufgabe mit dem Verfassen und Abheften eines kurzen Vermerks zu den Gesprächen als erledigt ansahen.“
http://www.nsu-nebenklage.de/blog/2014/10/01/30-09-01-10-2014/