Am 149. Verhandlungstag sind BKA-Beamt_innen als Zeug_innen geladen. Die ersten beiden Aussagen drehen sich um Hausdurchsuchungen 2011, zum einen bei André Eminger zum anderen bei Ralf Wohlleben. Die dritte Zeugin sagt dazu aus, inwieweit die „Turner-Tagebücher“ auf Datenträgern der Angeklagten zu finden waren. Außerdem wurden rechtliche Bewertungen der Beweisaufnahme durch Erklärungen der Verteidigung, der Nebenklage und der Bundesanwaltschaft vorgenommen.
Zeug_innen:
- Thomas La. (BKA Meckenheim, Hausdurchsuchung Eminger)
- Nadja En. (BKA Wiesbaden, Hausdurchsuchung Wohlleben)
- Jeanette Pf. (BKA Meckenheim, Datenträgerdurchsuchung „Turner-Tagebücher“)
Als Zeuge ist heute der BKA-Beamte La. geladen, der die Wohnung von André Eminger mit durchsucht hat. Der vorsitzende Richter Manfred Götzl bittet La., von der Durchsuchung am 24.11.2011 zu berichten. Am besagten Tag sei La. als Leiter für das „Projekt 22“, die Wohnanschrift von André und Susann Eminger, eingeteilt gewesen. Mit Bundespolizeispezialkräften habe er um 6:30 Uhr die Wohnung gewaltsam betreten und im Wohnzimmer Susann Eminger und Patrick Götze festgestellt, die sich auf der Couch, bzw. Eminger vor der Couch, befanden. Die beiden seien gefesselt und durchsucht worden. Frau Eminger habe man gefragt, welche Räumlichkeiten noch zur Wohnung gehören, weil erst durch ein Sprengstoffhund überprüft werden sollte, ob sich Waffen oder Sprengstoff in der Wohnung befinden. Frau Eminger habe einen Vorraum und einen Kellerraum benannt. Der Hund habe nichts gefunden. Frau Eminger sei der Durchsuchungsbeschluss erklärt, ausgehändigt sowie von Frau Eminger vollständig durchgelesen worden. Patrick Götze sei als Zeuge geblieben. Frau Eminger habe darum gebeten, einen Rechtsanwalt anzurufen und habe über das Diensthandy der Beamten RA Hedrich angerufen. Anschließend sei Frau Eminger erklärt worden, dass ihr Ehemann in Brandenburg bei seinem Bruder festgenommen wurde und dem Ermittlungsrichter vorgeführt werden sollte.
Dann sei mit der Durchsuchung von Flur, Küche, Bad, Kinderzimmer, Elternschlafzimmer, welches durch das Badezimmer zu betreten war, Kellerraum, Briefkasten und Vorratsraum begonnen worden. Vor dem Haus sei ein Kfz abgestellt gewesen, welches auf André Eminger zugelassen war. Ein Gartengrundstück der Familie sei auch durchsucht worden. Im Fahrzeug, Garten und Briefkasten hätten die Beamten nichts sichergestellt. In der Wohnung seien zwei Laptops sichergestellt worden, einer neben der Couch mit zwei Festplatten, einer im Wohnzimmerschrank. Im Schlafzimmer ein PC mit externen Festplatten. Im Flur habe sich in einer Cordjacke eine Buchungsbestätigung für den Campingplatz Wulfener Hals befunden, dazu hätte man ja Schriftstücke in der Frühlingsstraße gefunden, erklärt La. Auch verschiedene Gegenstände, die auf eine rechte Gesinnung hinweisen, habe man gefunden. Außerdem Schriftverkehr mit der DB, der zu Bahncards zu passen schien, die im Wohnmobil von Mundlos und Böhnhardt gefunden wurden, so La. Zudem habe man mehrere CDs und Datenträger sichergestellt. Die Durchsuchung habe bis 16:30 Uhr gedauert. Die Türe sei aufgerammt worden, sie sei im Laufe der Durchsuchung durch einen beauftragten Tischler wieder hergestellt worden. Nach der Durchsuchungen seien Susann Eminger alle sichergestellten Gegenstände vorgehalten worden und sie habe diese im Verzeichnis abgehakt, die Unterschrift nach Rücksprache mit dem RA jedoch verweigert. Das Durchsuchungsprotokoll habe sie jedoch unterschrieben. Um 17 Uhr habe man mit Frau Eminger und Herrn Götze die Wohnung verlassen.
Götzl fragt dann nach Asservatennummern der sichergestellten Gegenstände, es gebe auch eine Skizze, wo die einzelnen Nummern erfasst sind. Götzl liest Asservatennummern vor und fragt, ob La. dies so bestätigen könne. La bestätigt die Nummern. Götzl fragt, ob es Besonderheiten bei der Durchsuchung gab. Das Presseaufkommen sei sehr hoch gewesen, es sei eher ungewöhnlich, dass die Presse so schnell informiert sei. Mehrere Kamerateams hätten trotz Betretungsverbot des Hauses die Maßnahmen zeitweise gestört. Der Vater Susann Emingers müsste Bescheid bekommen haben, denn er sei aufgetaucht. Götzl fragt nach dem Grund für Susann Emingers Unterschriftenverweigerung. La. erklärt, er habe die Liste mit den sichergestellten Gegenständen zwei mal ausgedruckt und einmal der Frau Eminger übergeben. Sie habe die aufgelisteten Gegenstände abgehakt, die Unterschrift aber verweigert. Nachdem die Beamten das Asservatenverzeichnis durchgegangen waren, habe sie mit dem RA telefoniert. Dann habe sie nicht unterschrieben, beim Protokoll sei es anders gewesen. Götzl fragt, ob es einen Grund gab, dass sie nicht unterschrieben hat. La. habe es gewundert, da sie der Durchsuchung der Wohnung und des Fahrzeugs und der Sicherstellung zugestimmt habe, insofern sei es ihm nicht ersichtlich gewesen, warum sie da die Unterschrift verweigerte. Der Zeuge wird um 10:.07 Uhr entlassen.
Als nächstes sagt die BKA Beamtin En. aus, die am 24.11.2011 die Wohnung Ralf Wohllebens mit durchsucht hat. An diesem Tag sei sie mit Einsatzkräften vom BKA und der Thüringer Polizei in die Burgstraße 46 gefahren und habe gegen 06:15 Uhr geklingelt. Wohlleben habe geöffnet, ein Kollege habe ihm den Grund für die Maßnahme erläutert, ihn belehrt und den Beschluss ausgehändigt. Wohlleben sei kooperativ gewesen und man habe mit der Durchsuchung begonnen. Wohlleben habe auf Zeugen verzichtet, aber seinen Anwalt kontaktiert und dann gesagt, dass er sich jetzt noch nicht äußern möchte. Man habe sein Samsunghandy gefunden und Wohlleben habe den PIN mitgeteilt. Außerdem habe man Unterlagen und elektronische Speichermedien gefunden, ein Macbook und einen Rechner, den man als Beweismittel sichergestellt habe. Wohlleben sei bis ca. 07:55 Uhr anwesend gewesen. Während der Durchsuchung habe sich herausgestellt, dass er auch eine Garage am sogenannten Braunen Haus angemietet hatte, deswegen seien En.s Kollegen mit Wohlleben dorthin gefahren, dann zur Dienststelle in Jena um ihn erkennungsdienstlich zu behandeln und zu befragen. Wohlleben sei Gelegenheit gegeben worden, nochmal mit seiner Frau, die auch die ganze Zeit anwesend gewesen sei, zu telefonieren. Diese habe sich daraufhin geweigert, das Protokoll zu unterschreiben. Wohlleben habe Widerspruch eingelegt und sei dann kurz darauf zu seiner Wohnanschrift zurückgebracht worden. Götzl fragt, wie das Asservatenverzeichnis angelegt war. Die Zeugin erklärt, die verschiedenen aufgefundenen Beweismittel hätten die Beamten einzeln aufgeführt und mit Frau Wohlleben einzeln durchgegangen am Ende der Maßnahme. Als sicherstellende Beamtin habe En. unterschrieben.
Götzl fragt auch diese Zeugin nach Asservatennummern. Das seien Objektnummern sowie die Bezeichnung der Räume und die EDV aus dem Schlafzimmer sei gesondert angeführt. Götzl fragt, ob das Verzeichnis nochmal durchgegangen wurde. Es sei bei ihnen so üblich, alle Asservate mit den Betroffenen, für sie Frau Wohlleben, durchzugehen, so dass sie sehen, was alles mitgenommen wird, sagt En. Götzl fragt, ob es richtig ist, dass ein Siemens- und ein Samsunghandy aufgeführt sind, was En. bestätigt. Götzl fragt nach dem Schlafzimmer. Im Schlafzimmer sei an einem Sekretär ein Arbeitsplatz eingerichtet gewesen und drumherum hätten sich CDs befunden, ein USB-Stick, diverse Unterlagen, so En. Götzl fragt, ob es sonst noch Besonderheiten bei der Durchsuchung gab. Ihrer Meinung nach sei das eine sehr unproblematische Durchsuchung ohne besondere Vorkommnisse gewesen, erklärt En. NK–RA Stolle fragt En., ob sie sich noch an einen Pocket-PC im Schlafzimmer erinnert, was diese bejaht. Stolle fragt, wo dieser gefunden wurde. Soweit sie sich erinnere, auch im Sekretär oder in der Kommode daneben, so En. Das sei wie ein PDA, ein wirklich kleiner Rechner, kleiner als ein Laptop, das sei ein Fujitsu Siemens gewesen. Stolle sagt die Asservatennummer und fragt En., ob sie sich an eine SD-Karte, ebenfalls in der Kommode gefunden, erinnert. Im einzelnen könne sie sich nicht erinnern, aber so wie sie es aufgeschrieben hat, habe man es auch aufgefunden, erklärt E. NK–RA Langer fragt, ob der PC Revoltec eingeschaltet war. Ihres Wissens nach ausgeschaltet, sagt E. Die Zeugin wird um 10:19 Uhr entlassen.
NK–RA Kuhn verliest eine Erklärung nach §257 Abs. 2 StPo: „Der Zeuge Rothe legte, wie viele andere Zeugen aus der rechten Szene, ein taktisches Verhältnis zur Wahrheit an den Tag, täuschte Erinnerungslücken vor und machte nicht vor Falschaussagen halt“. Offensichtlich habe er die Unwahrheit gesagt: „In der polizeilichen Vernehmung vom 07.Oktober 2012 sagte er, von dem Bombenfund habe er erst nach dem Auszug des Trios aus seiner Wohnung erfahren“. Während das Trio beim ihm wohnte habe es nur angedeutet, die Puppe aufgehängt zu haben. Diese verharmlosende Angabe habe er relativiert und gesagt, er habe davon erst durch die Sendung „Kripo Live“ erfahren. Der bereits in die Hauptverhandlung eingeführte Fernsehbeitrag enthalte aber gar nicht die Informationen über die aufgehängte Puppe. Es sei daher unglaubhaft, dass Rothe erst durch die Sendung von der Fahndung nach den drei erfahren habe. Der Zeuge habe außerdem zunächst bestritten, den ersten PC von Mundlos erhalten zu haben und dass dieser bei ihm mehrere Tage übernachtet habe. Später habe Rothe jedoch eingeräumt, mit Mundlos befreundet gewesen zu sein und dass er auch nach dem Auszug bei ihm war und ihn beim Fahrradfahren getroffen habe. Mundlos habe ihm auch beim Layout der Zeitschrift „Sachsens Glanz“ geholfen und auch sonst mit Computerkenntnissen unter die Arme gegriffen.
Rothe habe versucht, Mundlos‘ Teilhabe an der Erstellung der Zeitschrift durch die Aussage herunterzuspielen und er habe nicht zugegeben, dass Mundlos das Layout gestaltet hat. Er habe immerhin zugegeben, dass die Umstellung der Produktion seines Szenemagazins von Schreibmaschine auf EDV auf einer Anregung von Mundlos beruhen könnte. Er habe bekundet, nicht zu wissen, ob Mundlos an White Supremacy mitgearbeitet habe. Für die Beteiligung Mundlos‘ spreche aber ein abgewandelter Bart Simpson im Vorwort, der dem T-Shirtmotiv Mundlos‘ gleiche. Unglaubwürdig wirke die Aussage, man habe sich nur wegen Computerspielen getroffen. 2001 habe der NSU bereits zwei Sprengstoffanschläge und einen Mord begangen und sollte im Sommer 2001 drei weitere Morde begehen. Nach dem Wegzug aus der Friedrich-Viertelstraße will der Zeuge keinen weiteren Kontakt mehr zum Trio gehabt haben. Sollte das stimmen, dann hätte das Trio keine Befürchtung gehabt, weiter in der Wohnung zu bleiben.
Rothe habe auch zugegeben, dass er den Angeklagten Eminger schon durch einen Marsch 2000/2001 kannte. Zuvor habe er immer gesagt, er habe Eminger “erst 2003/2004” durch Mandy Struck kennengelernt. Bei dem Marsch, davon sei auszugehen, habe auch Matthias Dienelt teilgenommen und war dadurch auch Rothe bekannt. In der Einvernahme sei deutlich geworden, dass das Trio in den ersten Jahren erheblich von B&H Sachsen und Chemnitz 88 unterstützt wurde. Letztere seien kein unorganisierter Haufen gewesen, sie haben ein eigenes Logo, eigene Jacken und Fahnen besessen und mit diesen Insignien seien sie auf Demonstrationen wie dem „Tag der Ehre“ in Budapest aufgetreten. Der Zeuge habe angegeben, 1999 oder 2000 Anwärter bei B&H Sachsen gewesen zu sein. Und der Zeuge habe zugegeben, aus dem B&H/88er Umfeld die Eheleute Probst, die Fiedlerbrüder und Max Florian B. gekannt zu haben, auch den Marcel Degner. Das verdeutliche, wie eng das Feld der Unterstützer mit dem NSU verwoben war.
Kameraden hätten dafür gesorgt, dass Geld für die Untergetauchten gesammelt wurde. Ob B&H und Jan Werner auch noch Waffen beschafften, werde die weitere Beweisaufnahme zeigen. B&H habe in der Ausgabe Nummer 1 von „White Supremacy“ offen die Ziele vertreten, die der NSU verfolgte. Dies alles lege nahe: Der NSU hätte ohne das B&H-Netzwerk in Chemnitz nicht den Untergrund aufbauen und seine Straftaten begehen können. Kuhn liest einige Unterschriften vor. Es folgt eine Pause bis 11:06 Uhr.
RA Heer, Verteidigung Zschäpe, verliest eine Erklärung zu den Bekundungen von P., KOK H. sowie Richter am Amtsgericht N. über die Vernehmungen der Zeugin Charlotte E. Heer rügt einen angeblichen Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens der Europäischen Menschenrechtskommission. Angesichts einer wiederholt geäußerten Kritik an ihrem Verteidigungsverhalten, so Heer, möchte die Verteidigung feststellen, dass Frau E. nicht aufgrund eines Beweisantrages der Verteidigung vernommen wurde. Aufgrund eines Seitens des GBA erhobenen Vorwurfs des versuchten Mordes und der durch P. aktenkundig gemachten Ermittlungsyhpothese, dass ihre Mandantin geklingelt hat, habe Frau E. Beweisbedeutung. Trotzdem habe der Vorsitzende fünf Monate nach Beginn der Hauptverhandlung eine Ladung der damals 91-jährigen Zeugin nicht verfügt. Auf Nachfrage RA Heers habe der Vorsitzende lapidar geantwortet, die Zeugin sei noch nicht geladen. Die erste Ladung sei dann auf den 10.10.2013 datiert worden. Erst auf eine Frage der NK, ob die Vernehmung stattfinden werde, habe der Vorsitzende gesagt, es sei unklar, ob die Zeugin kommen werde. Aus einem Attest vom 25.09.2013 gehe hervor, dass Frau E. der Ladung aus gesundheitlichen Gründen nicht folgen könne. Nachdem der Senat die Erfordernis der Vernehmung von E. endlich erkannt habe, habe die Verteidigung beantragt, die Hauptverhandlung am Wohnort von Frau E. fortzusetzen.
Über aktuelle Entwicklungen habe das Gericht die Verfahrensbeteiligten wieder nicht in Kenntnis gesetzt, am Ende der Sitzung am 24.10.2013 habe der Vorsitzende gesagt, es sei schwierig die Zeugin zu vernehmen. Dem Vorschlag einer Videovernehmung habe die Verteidigung widersprochen und beantragt, die HV am Wohnort fortzusetzen bzw. eine kommissarische Vernehmung durchzuführen, da ein persönliches Vernehmungsgespräch unverzichtbar sei. Explizit sei betont worden, dass für die betagte Zeugin die Kommunikation über technische Mittel deutlich unpersönlicher sein dürfte. Obwohl diese Problematik auf der Hand habe liegen müssen, habe das Gericht erst sieben Monate nach Beginn der Hauptverhandlung die Videovernehmung angeordnet, die dann erwartungsgemäß gescheitert sei. Frau E. habe einen völlig orientierungslosen Eindruck gemacht. Dieses Prozedere hätte ihr das Gericht ersparen können und müssen. Demgegenüber habe Frau E. während der kommissarischen Vernehmung weniger belastet gewirkt. Nach Einschätzung des Richters N. sei Frau E. geringfügig zeitlich und räumlich orientiert und habe ein „morbides Gedächtnis“. Zu einer zusammenhängenden Darstellung sei sie nicht in der Lage gewesen, die Konzentration habe merklich nachgelassen. Sie habe den Eindruck erweckt, nicht mehr zu wissen, worum es geht.
Es sei kein „echtes Erinnern“ gewesen. Die Frage nach dem Alter konnte sie nicht beantworten. Auf die Frage nach dem Wohnort habe sie gesagt: „Die ganze Zeit hier“ [Wohnheim]. Auf die Frage, warum sie aus der Frühlingsstraße weggezogen sei, habe sie mit den Schultern gezuckt. Sämtliche folgende Fragen, z.B. ob es im Haus gebrannt habe, habe sie verneint. Die Zeugin habe auf selbst höchst suggestive Fragen des Richters keine substanziierten Wahrnehmungen reproduzieren können. Auch Fragen nach dem Grund des Auszugs nach dem Brand habe sie nicht beantworten können, auch nicht die Frage, in welchem Teil des Hauses sie wohnte. Sie habe gesagt, sie hätte in dem Haus wohnen können bis sie sterbe, ausgezogen sei sie, weil sie nicht mehr allein zurechtkommen sei. Die Frage nach Mitbewohnern habe sie mit „niemand“ beantwortet, auch die explizite Frage nach jungen Männern habe sie verneint. Auf einer Lichtbildvorlage habe sie die Mandantin der Verteidigung nicht erkannt. Wegen des Brandes ausgezogen zu sein und bei ihrem Neffen gewohnt zu haben, habe sie verneint. Eine Erinnerung an ihre polizeiliche Vernehmung habe sie nicht gehabt. Auf die Frage von OSTAin Greger habe die Zeugin bekundet, es gehe ihr schlecht.
Auf Frage von RA Stahl habe E. bekundet, sie sei, als sie noch allein wohnte ohne Gehhilfe in den Garten und auf die Straße gegangen. Das Verhör habe sich ausgesprochen einsilbig gestaltet. Die Zeugin habe nicht einmal eine substanziierte Erinnerung an ihre Wohnung in der Frühlingsstraße 26a gehabt. Es sei der Verteidigung daher verwehrt gewesen, die Zeugin zur wichtigsten Beweistatsache, das Klingeln und Warnen, zu vernehmen. Frau E. habe bei ihrer polizeilichen Vernehmung 2011 und der nachträglichen Vernehmung 2012 noch keine wesentlichen Einschränkungen ihrer Erinnerungsfähigkeit gezeigt. P. habe in der Hauptverhandlung bekundet, die damals 89-jährige Zeugin sei ihm geistig fit erschienen: „Sie konnte alle meine Fragen beantworten. Sie hat auf meine Fragen ohne Nachfragen geantwortet“. Sei sei „selbstbewusst“ gewesen und habe einen fitten Eindruck vom Kopf her gemacht. P. habe in der Fortsetzung bekundet: „Ich weiß ja, dass sie jetzt dement ist. Diesen Eindruck hatte ich damals überhaupt nicht“. KOK H. habe in seiner Vernehmung in der Hauptverhandlung bekundet, Frau E. habe die Fragen verstanden und ihnen folgen können. Dies korrespondiere mit der Einschätzung der Zeugin D., erst Mitte Mai 2012 habe sich eine akute Verschlechterung der Gesundheit ereignet. Zur vaskulären Demenz habe die Heimleiterin bekundet: „Dass sie vergisst, zu essen und zu trinken, das kam im Herbst 2012“. Mithin habe die Justiz eine konfrontative Befragung unterlassen, obwohl ein Beweismittelverlust offenkundig gewesen sei.
Die Verteidigung rüge einen Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens und einen Verstoß gegen die ERMK, nachdem jeder Angeklagte die Möglichkeit hat, Fragen an Belastungszeugen zu stellen. Die Zeugin E. sei schon damals erst auf Antrag eines Verteidigers vernommen worden. Schon dies befremde, weil die sonstigen Anwohner der Frühlingsstraße vernommen wurden. Jegliches Verständnis fehle der Verteidigung dafür, dass die These, die P. aktenkundig gemacht habe, dass ihre Mandantin am Nachmittag bei Frau E. klingelte, gänzlich unbeachtet geblieben sei, obwohl es sich dabei um ein klares Indiz gegen einen Tötungsvorsatz handele. Zitat P.: „Ich hatte die Schlussfolgerung, dass Zschäpe bei Frau E. geklingelt hat und gesagt hat ‚Verlassen Sie das Haus’“. Herr B. habe den Ausdruck des Vernehmungsprotokolls mit dem Zusatz P., ‚Frau E. sollte als Entlastungszeugin vernommen werden‘ unterzeichnet.
Der damalige Verteidiger von Zschäpe, Herr Liebtrau, habe am 09.11.2011 gegenüber der Staatsanwaltschaft am Landgericht Zwickau einen Antrag gestellt, dessen Verlesung in der Hauptverhandlung beantragt wird: „In dem Ermittlungsverfahren wegen schwerer Brandstiftung wird beantragt, Frau Charlotte E. zu den Feststellungen unmittelbar mit dem Brand am 04.11.2011 gegen 15 Uhr zeugenschaftlich zu vernehmen. Nach vorläufiger Akteneinsicht wurde festgestellt, dass die weiteren Hausbewohner bereits vernommen wurden, jedoch nicht diese Hausbewohnerin. Sie kann wesentliche entlastende Aussagen machen“. Demnach habe RA Liebtrau die StA Zwickau bzw. OStA Illing auf die besondere Bedeutung der Vernehmung der Zeugin auch mündlich hingewiesen. Die Verteidigung Zschäpe beantragt, Herrn OStA Illing als Zeugen zu vernehmen. Nach dem Wechsel des Verteidigers habe RA Heer beantragt – die polizeiliche Vernehmung sei wegen fehlender Akteneinsicht noch nicht bekannt gewesen – Frau E. zu vernehmen. „Sehr geehrter BAW Diemer, nach eingehender Auswertung der Akten des ursprünglich in Zwickau geführten Verfahrens wegen des Verdachts der besonders schweren Brandstiftung ist zu kontastieren, dass mehrere Zeugen vernommen wurden, bei der Zeugin E. steht dies noch aus. Hiermit wird beantragt, dies unverzüglich durchzuführen […] [da]die Zeugin sich bereits in einem fortgeschrittenen Lebensalter befindet, so dass ein Beweismittelverlust zu befürchten ist“
Sowohl die StA Zwickau als auch der GBA seien also in einem frühen Stadium des Ermittlungsverfahrens auf die besondere Bedeutung der Vernehmung von E., die Dringlichkeit und die sich daraus ergebenen Konsequenzen hingewiesen worden. Vor allem sei auch offensichtlich gewesen, dass der Verteidiger über interne Informationen verfügte, welche durch die Vernehmung eingebracht werden sollten. Der GBA hätte unverzüglich durch den Ermittlungsrichter eine Vernehmung durchführen lassen müssen. Spätestens mit dem handschriftlichen Zusatz habe die zwingende Verpflichtung bestanden, eine richterliche Untersuchungshandlung zum Zwecke der Beweissicherung zu beantragen. Ein Verschulden an dem gerügten und nicht behebbaren Verfahrensverstoß treffe auch den Senat. Der Senat habe erkennen müssen, dass die Zeugin zu einer möglichen Warnung der Mandantin vor dem Brand noch nicht vernommen worden war. Und dass die Möglichkeit angesichts des dokumentierten Gesundheitszustands zeitlichen Grenzen unterliege. Das Gericht hätte eine kommissarische Vernehmung unverzüglich beschließen müssen. Und es hätte sich aufgedrängt, dass nicht ein ersuchter, sondern ein erkennender Richter die Vernehmung führe. Zitate: “Ich kenne ja das Verfahren nicht”, “Es wäre sinnvoll gewesen, wenn jemand nach Zwickau kommt, der das Verfahren kennt”. Der Vorsitzende habe dem Richter noch nicht einmal die Vernehmung mit dem Vermerk P.s zur Verfügung gestellt.
Der Senat habe unvertretbar zögerlich agiert und der ersuchte Richter hab ohne Akteneinsicht keine umfassende Vernehmung durchführen können. Deswegen könne sich die Verteidigung des Eindrucks nicht erwehren, dass der Senat kein Interesse an einer umfassende Aufklärung hegte. Alles lasse drauf schließen, dass zwei Personen, zunächst die Mandantin vor Ausbruch des Brandes, und dann der Zeuge K. nach Ausbruch des Brandes bei Frau E. geklingelt haben. Herr K. scheide als Verursacher des von Frau E. erwähnten Klingelns aus. Der Umstand, dass der damalige Verteidiger auf die entlastenden Hinweise hingewiesen habe, offenbare, dass er durch die Mandantin darauf hingewiesen wurde. Der Nachweis könne durch die Verlesung der unmittelbaren Vernehmung nicht mehr herbeigeführt werden. Die Verteidigung beantragt daher Herrn RA Liebtrau zu vernehmen. Der Zeuge werde bekunden, dass die Mandantin ihn darauf hingewiesen habe, dass es ihr wichtig sei, dass ihre Nachbarin sie gehört habe, weil sie geklingelt habe. Die Mandantin wird ihn von seiner Verschwiegenheitsverpflichtung entbinden.
NK–RA Hoffmann nimmt Stellung zum Antrag der Verteidigung. Diese gehe selbst davon aus, dass es zu einem Zeitpunkt, zu der nur die Brandstifterin wissen konnte, dass es gleich brennt, geklingelt habe. Dann gehe also die Verteidigung davon aus, dass Frau Zschäpe das Haus angezündet hat. Man gehe also sicher davon aus, dass sich eine alte Frau darin befindet, dass man sogar noch klingelt. Das mache es nicht besser. Wenn jemand sicher weiß, dass eine fast 90-jährige Frau in einem Haus ist, welches vorher oder zu dem Zeitpunkt in einer Form angezündet wird, dann reiche es nicht aus, zu klingeln. Am Tatbestand ändere das überhaupt nichts.
RA Stahl erklärt, aus Sicht der Verteidigung müsse erwidert werden: RA Hoffmann gehe von Dingen aus, die die Verteidigung nicht in die Erklärung gepackt habe und die auch auch nicht transportiert wurde. Wovon die Verteidigung ausgehe, tue erst mal gar nichts zur Sache. Was zur Sache tue, dann dass der BAW davon ausgehe, dass Frau Zschäpe hätte wissen müssen, dass eine alte Frau sich in ihrer Wohnung befunden hat und das sie im Vorsatz in Kauf genommen hat, dass dieser Frau was passiert. Die Verteidigung habe sich die Hauptverhandlung angeschaut und habe die bisherigen Ergebnisse in dieser Erklärung vorgetragen und zum Teil auch einer Würdigung unterzogen. Wenn es aber so war, dass Frau Zschäpe vor dem Brand vor Ort in Zwickau war und vor dem Brand bei Frau E. geklingelt hat, dann gebe es nur einen einzige Erklärung, sollte sie das Feuer selbst gelegt haben: Sie wollte die Nachbarin warnen oder sicher gehen, dass sich die Nachbarin nicht im Haus befindet. Und wenn das so wäre, sei die Annahme, dass hier in Mordabsicht ein Feuer gelegt wurde, schlicht und ergreifend ausgeräumt. Götzl sagt zu Stahl, er wollte auch zu Rothe eine Erklärung abgeben. Stahl sagt, das habe sich erledigt.
BAW Diemer erklärt, die BAW habe noch eine Stellungnahme zu den Verwertungswidersprüchen der Verteidigung. OStAin Greger verliest eine Erklärung zum Widerspruch der Verteidigung der Angeklagten Zschäpe gegen die Verwertung der Aussage Erben, Thüringer LKA und zum Widerspruch der Verteidigung Zschäpe und Wohlleben gegen Verwertung der Aussage Dresslers. Der Zeuge Erben habe in der Hauptverhandlung Aussagen zu Sprengstoffen gemacht. Die Beweismittel seien am 26.01.1998 wegen des von der Staatsanwaltschaft Gera geführten Ermittlungsverfahrens wegen Vorbereitung eines Explosions- oder Strahlungsverbrechen in einer erwirkten und gerichtlich angeordneten Durchsuchungsmaßnahme in der Garage Nummer 5 in Jena sichergestellt worden. Der Zeuge Dressler sei damals als Sachbearbeiter mit den Ermittlungen betraut gewesen. Er sei als Zeuge in der Hauptverhandlung am 04.09.2014 einvernommen worden. Das von der Verteidigung Zschäpe und Wohlleben geltend gemachte Beweisverwertungsverbot bestehe nicht. Der Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss vom 19.01.1998 sei frei von Rechtsfehlern. Die Anordnungsvorraussetzungen der StPO für die Durchsuchung der Garage und die Beschlagnahme der Gegenstände hätten beim Erlass der Beschlüsse vorgelegen.
Gegen Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe habe nach dem Auffinden von mit Sprengstoff gefüllten Bombenattrappen der Verdacht der Vorbereitung eines Explosionsverbrechens, der Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion nach § 311 StGB, 152 Absatz 2 StPO vorgelegen. Der Verdacht habe sich u.a. auf die polizeilichen Herkunftsermittlungen zu Sprengstofffunden und USBV-Attrappen, auf eine daktyloskopische Spur auf einer USBV-Attrappe, auf die Einbindung der Beschuldigten in die rechte Szene und eine DNA-Analyse gegründet. Eine Zusammenfassung sei den beiden polizeilichen Sachstandsberichten vom Oktober 1997 und Januar 1998 zu entnehmen. Dass die Vorrichtungen noch nicht mit einer Zündauslösevorrichtung versehen waren, lasse den Tatverdacht einer Vorbereitung eines Sprengstoffverbrechens nicht entfallen. Denn aus der verwendeten Knetmasse bei der Theaterplatz-Bombenattrappe habe ein Zusammenhang mit Briefbombenattrappen aus den Jahren 1996-1997 an die Polizei Jena, das Ordnungsamt und eine regionale Zeitung bestanden und diese seien als eine Ankündigung von Sprengstoffverwendung zu werten gewesen. Den Einwand, für die molekulargenetische Untersuchung hätte es einer gesonderten Einverständniserklärung bedarft, dringe nicht durch, denn das in rechtmäßiger Weise gewonnene Beweismittel habe aufgrund des Tatzusammenhangs als Indiz sehr wohl Berücksichtigung finden dürfen.
Die Bestimmung der Durchsuchungsobjekte weise ebenfalls keinen Rechtsfehler auf. Zwar würden sich die Behörden nicht substanziiert dazu verhalten, aus welchen Erkenntnissen sie diesen Ermittlungsansatz gewonnen haben, eine Täuschung des Ermittlungsrichters lasse sich daraus nicht ableiten. Eine Umgehung der gesetzlichen Vorschriften liege nicht vor, auch wenn in den Sachstandsbericht Informationen eines Nachrichtendienstes eingeflossen seien. Denn hier habe der Zeuge bestätigt, dass das Landesamt nicht im Wege der Amtshilfe, sondern in eigener Zuständigkeit in der Zeit vom 24.11.1997 bis 01.12.1997 eine Observation von Uwe Böhnhardt durchgeführt habe, wobei festgestellt worden sei, dass Böhnhardt und Mundlos konspirativ Gegenstände in Garage gebracht haben. Die aus der Maßnahme erlangten Erkenntnisse habe das LfV am 08.01.1998 dem Thüringer LKA übermittelt. Es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass im Zusammenhang mit der Informationsgewinnung oder Weitergabe gesetzliche Vorschriften verletzt wurden. Greger weist auf StPO, Bundesverfassungsschutzgesetz und das Thüringer Verfassungsschutzgesetz von 1991 hin: Das Landesamt habe im Rahmen der eigenen Aufgabenerfüllung gemäß §6 in Verbindung mit §7 Informationen verdeckt erheben dürfen. Die an den Bombenattrappen aufgebrachten Symbole hätten eine rechtsradikale Gesinnung und den Hintergrund der Taten und damit Bestrebungen gegen die freiheitliche Grundordnung im Sinne des Thüringer Verfassungsschutzgesetzes alte Fassung belegt. Auch dass gegen Uwe Böhnhardt bereits ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren geführt wurde, berühre das nicht. Daher sei eine Subsidarität der Gefahrenabwehr weder gesetzlich vorgesehen noch begründe der von der Verteidigung angeführte Trennungsgrundsatz eine Ermittlungssperre. Da gegen Böhnhardt 1997 ein konkreter Anhaltspunkteverdacht einer Straftat bestand, weise auch die Übermittlung polizeibezogener Daten durch das Landesamt keinen Rechtsfehler auf.
Sollten die Erkenntnisse zunächst als Verschlusssache eingestuft übersandt worden sein, gelte nichts anderes. Somit dürften die erlangten Informationen ohne Verstoß gegen das Trennungsgebot in staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen uneingeschränkt herbeigezogen werden, auch wenn die Informationen ursprünglich zu einem anderen Zweck erhoben worden waren, zumal eine Observation Böhnhardts damals ohne weiteres auch auf Anordnung durch die Polizei hätte erfolgen dürfen und keiner Anordnung durch StA oder Gericht bedurft hätten. Nachdem die Information zu den Garagen vorlagen, sei die Auswahl der Durchsuchungsobjekte für den Ermittlungsrichter ausreichend dargelegt gewesen. Die Durchsuchung der genutzten Garagen habe daher nicht nur auf vagen Anhaltspunkten basiert, sondern sei von den Behörden mit tragfähigen Erkenntnissen begründet gewesen. Der Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss weise keinen Rechtsfehler auf. Zwar genügten die knappen Ausführungen des Richters nicht im vollen Umfang den heutigen Anforderungen an einen Durchsuchungsbeschluss. Eine richterliche angeordnete Durchsuchung führe jedoch nach der ständigen BGH-Rechtssprechung nicht zu einem Beweisverwertungsverbot, auch wenn nicht ausreichend dokumentiert worden ist. Es reiche aus, wenn der Richter die Voraussetzungen persönlich geprüft habe, dies habe hier vorgelegen, er habe die Antragsbegründung der Staatsanwaltschaft nicht formelhaft übernommen, sondern auf zwei Personen beschränkt.
RA Klemke, Verteidigung Wohlleben, beantragt, RA Turan Ünlücay zu vernehmen. Der Zeuge sei in Thun/Schweiz am 26.04.2014 vom Zeugen Müller angesprochen worden. Müller habe geäußert, die Tatwaffe sei über Andreas Zbinden an einen Dieter Sch. aus Apolda verkauft worden und dann von Sitta I. abgeholt und nach Deutschland verbracht worden. Sch. und Sitta I. hätten mit Waffen gehandelt, u. a. vier Ceskas. Zeuge Müller habe im Auto I.s einmal vier Waffen gesehen, deswegen sei es zu einem Streit gekommen. Weiter beantragt die Verteidigung, Andreas Zbinden, derzeit in Ecuador wohnhaft, zu vernehmen. Der Zeuge werde bekunden, dass er die Ceska nicht an Müller oder Germann sondern an Dieter Sch. verkauft habe. Insgesamt sollen 15-20 Waffen, davon vier Ceskas verkauft worden sein. RA Stahl fragt, ob man die Ausführungen der OStAin Greger schriftlich bekommen werde, was. Götzl bejaht. Es folgt die Mittagspause von 12:04 bis 13:18 Uhr.
Götzl fragt Zschäpe, ob die Ankündigung, dass sie RA Liebtrau von der Verschwiegenheitsverpflichtung entbinden werde, zutreffend ist. RA Heer sagt, man werde keine weiteren Angaben dazu abgeben. Götzl erwidert, man habe Kontakt aufgenommen zu RA Liebtrau und müsse das wissen. Heer: „Mehr machen wir dazu nicht“. Götzl: „Ja, soll der Zeuge nun geladen werden oder nicht?“ Heer: „Wir haben es beantragt. Es ist alles notwendige von uns erklärt worden, Herr Vorsitzender“. Götzl beabsichtige ihn für Donnerstag, 23.10.2014, auf 11 Uhr zu laden.
Als nächstes wird die Zeugin Pf. vom BKA vernommen. Götzl erklärt, es gehe ihnen um Asservatenauswertungen, zunächst um solche bezogen auf den elektronischen Datenbestand der Wohnung in der Frühlingsstraße und des Wohnmobils und zwar im Hinblick auf das Thema Turner-Tagebücher. Laut Pf. habe man von den Ermittlern den Auftrag bekommen, eine Schlagwortsuche durchzuführen im elektronischen Datenbestand, ob sich da eine Textversion des sogenannten Turner-Tagebuchs befindet. Dafür sei der Datenbestand durch BKA-Techniker aufbereitet worden und mit der Kollegin Z. [phon.] habe Pf. eine Schlagwortsuche gemacht. Einmal in IDA [phon], einmal mittels eines Filecarving und einmal mittels DT-Search. Die Schlagwörter hätten sie von den Ermittlern bekommen. Sie hätten nicht nur nach den Turner-Tagebüchern sondern auch nach Publikationen von B&H suchen sollen. Es sei nicht ihre erste Schlagwortsuche gewesen. Im Datenbestand der Frühlingsstraße und dem Wohnmobil hätten sie keine Treffer erzielt. Götzl fragt, ob das der gesamte Datenbestand war. Im IDA seien nur Text- und Bilddateien eingestellt gewesen, so Pf. Das seien die logisch vorhandenen Dateien, die man als normaler Anwender sehe. Mit Filecarving und DT-Search könne man auch den ‚Unlocated Cluster‘ durchsuchen. Das seien die Speicherbereiche, die im Dateisystem den Vermerk haben, dass sie nicht mehr vorhanden sind, sie seien von den Technikern aufbereitet worden.
Götzl fragt nach einem Ordner mit dem Betreff Gerlach. Das seien die beiden Datenträger vom Beschuldigten Gerlach, die man dort durchsucht habe. Man habe von den Technikern den kompletten Datenbestand der jeweiligen Objekte bekommen und mit Schlagworten durchsucht, auch bei Gerlach habe man keinen Treffer erzielt. Götzl fragt nach Asservaten betreffend Wohlleben. Bei der Schlagwortsuche mit IDA hätte man keine Treffer erzielt. Eine logisch vorhandene Datei habe sich im Verzeichnis Wolle und Eigene Dateien befunden. Es handle sich um ein Word-Dokument, welches die Turner-Tagebücher enthält. Zusätzlich habe sich in einer Mail ein Nachruf auf den Autor der Turner-Tagebücher befunden. Wer sich hinter den Email-Adressen verbirgt, habe man nicht feststellen können. Götzl fragt, um welches Asservat es sich gehandelt habe. Den Rechner Revoltec, den von Wohlleben genutzten Computer, so P. Götzl fragt, ob es noch etwas zu sagen gibt, was die Asservate in Bezug auf Wohlleben anbelangt. Sie habe nur die Schlagwortsuche gemacht, sagt Pf.
Götzl fragt nach den Ergebnissen der Auswertung der Asservate, die bei Eminger gefunden wurden. Man habe den elektronischen Datenbestand durchsucht und bei drei Asservaten Treffer erzielt, alle seien gelöschte Dateien gewesen. Man habe bei ihnen die Schlagwortsuche mit IDA gemacht und das Cover der Turner-Tagebücher gefunden. Mit DT-Search habe man weitere Treffer erzielt. Den Vermerk „jeweils Textversion“ zu den drei Treffern müsse sie korrigieren. Nur zwei mal habe man die vollständige Textversion gefunden, einmal sei nur noch die Dateistruktur da gewesen, aber nicht die Inhalte. Die Pfade seien deckungsgleich und bestünden aus 31 htm-Dateien, Internetdateien, die einzelne Kapitel bzw. den Epilog der Turner-Tagebücher enthalten. An einer anderen Stelle auf diesen Asservaten habe man URL-Dateien festgestellt. Pf. habe sich das Asservat letzte Woche nochmal angeschaut, dabei handle sich es um Lesezeichen, womit man auf eine Internetseite gelangt. Man habe aber nicht den Nachweis erbringen können, dass dieser htm-Dateien von dieser Internetseite stammen. Pf. fügt hinzu, die Techniker, beim BKA ‚Tesit‘ genannt, hätten geschaut, wann diese Dateien gelöscht wurden. Wo die Dateien nur noch Buchstabenkolonnen sind, seien sie schon 2010 gelöscht worden. Andere Dateien seien erst am 16. bzw. 17.11.2011 gelöscht worden.
Götzl fragt nach einem PC, der als ‚No Name‘ in Pf.s Vermerk erwähnt wird. Pf. müsse gestehen, dass sie es nicht mehr wisse. Wenn sie es aber aufgeführt habe, sei es ein Treffer gewesen, der allerdings beim Anschauen tatsächlich keinen Verweis auf die Turner-Tagebücher enthalten habe. RA Hedrich fragt, ob es zutrifft, dass weder das Datum der Speicherung noch der Löschung belastbar erfasst werden kann. Man habe das allgemeine Problem mit Zeitstempeln, das habe man tausendfach in die Akte geschrieben, dass die Systemzeit manipuliert werden könne, so Pf. Aber dafür habe man keinerlei Anhaltspunkte gefunden. Hedrich hält vor: „Eine Aussage über Speicherung und Löschung kann nicht getroffen werden“. Das habe im Zusammenhang mit der Internetseite ‚Natall‘ [natallnews.net, stammt von der NATional ALLiance] gestanden, inwieweit da ein Download durchgeführt werden konnte. Die Zeitstempel 16. und 17.11.2011 seien von der Tesit so erhoben worden, allerdings im Nachgang zu ihrem Vermerk, so Pf. Der Vermerk der Tesit datiere auf den 27.07. Hedrich sagt zu Pf., ein Kollege ‚Vorbrüggen‘ habe sich da zum Datum der Löschung geäußert. Hedrich fragt, ob dieser Pf. bekannt sei. Pf. sei damals in der Asservatenauswertung in Wiesbaden gewesen, den Kollegen kenne sie nur flüchtig. Hedrich fragt, ob ihr der Vermerk bekannt ist, was diese verneint.
NK–RA Hoffmann fragt Pf., ob sie Informationen von den Technikern bekommen hat, ob die Datenträger vollständig aufbereitet werden konnten, ob da verschlüsselte Bereiche waren. Das könne sie nicht sagen, so Pf. Ihr sei aber im Hinterkopf, dass bei Wohlleben eine Festplatte war, die nicht aufbereitet werden konnte. Sie habe aber nicht alle Aufbereitungsbereiche ihrer Tesit bekommen. Hoffmann fragt nach den Datenträgern aus der Frühlingsstraße und dem Wohnmobil. Man habe ihr das nicht speziell gesagt, so Pf. Hoffmann sagt, das kann also bedeuten: Es ist möglich, dass da verschlüssete Bereiche waren. Sie wisse das nicht, so Pf. Hoffmann fragt, welche Schlagwörter das waren. Es sei mit OStA Weingarten so vereinbart, dass die Schlagwörter nicht in die Sachakte sollten. Von daher wisse sie nicht, ob sie die nennen soll. Hoffmann: „Es ist die Frage, ob das eine Frage nach Taktiken der Polizei ist“. „Ich gucke mal nach rechts“, sagt Pf. Vielleicht sollte sie mal telefonieren, da müsste sie in Meckenheim anrufen. Sie wisse nur noch aus Mailkontakt, dass das in Absprache mit Weingarten erfolgt ist. Sie hätte die Liste aber auch dabei. Götzl unterbricht bis 14.07 Uhr.
Nach der Pause fragt Götzl, ob Pf. sich erkundigt hat, ob ihre mögliche Aussage von der Aussagegenehmigung gedeckt ist. Pf. dürfe die Liste nicht vorlesen, aber an einzelne Schlagwörter könne sie sich erinnern. Sie hätten nach ‚Turner-Tagebücher‘ und ‚Turner Diaries‘ gesucht und teilweise Zitate aus dem Buch, ganze Sätze oder spezielle Begriffe. Sie habe das Buch nicht gelesen, aber ‚Bermans Spirituosen‘ oder ‚Bermans Delikatessen‘ scheine im Buch vorzukommen. Hoffmann fragt, ob die Schlagwortliste in einem Sachaktenordner eine andere ist, denn diese Akte hätten die Nebenklage-Vertreter. Pf. nimmt die Akte in Augenschein und sagt, dass sei definitiv eine andere Schlagwortsuche. Das sei die dritte oder vierte Schlagwortsuche gewesen. Sie hätten unter anderem zum Weissen Wolf eine Schlagwortsuche gemacht. Die vorliegende Liste könnte die allererste Schlagwortliste gewesen sein, wo es um die Bezüge zum Trio ging. Hoffmann erklärt, er werde Pf. drei Formulierungen nennen und fragt sie, ob sie sich daran erinnern kann. „Hans Westmar?“ – „Nein“. „Winke für Jagdeinheiten?“ – „Nein“. „Werwolf?“ – „Ich glaube nicht in DER Schlagwortsuche“.
NK–RA Langer fragt, ob nur nach den Turner-Tagebüchern gesucht wurde oder auch danach, ob über diese Bücher diskutiert wurde. Man habe Begriffe wie „Die Turner-Tagebücher“ eingegeben und teilweise habe man ja auch Korrespondenz gefunden, wie bei Wohlleben, so Pf. Aber sonst sei es um den Text gegangen. Langer fragt, wo die Korrespondenz niedergelegt war. Das sei nur auf dem Rechner Wohllebens gewesen, so Pf. Langer fragt, wo es wäre, hätte man eine Mail gefunden. Pf. sagt, das sei nur der Nachruf auf den Tod des Autoren gewesen, den sie gefunden hätten. Zu den Inhalten an sich hätten sie keinen Treffer erzielt. Langer fragt, ob Pf. ein Email-Verkehr zwischen einem Hauser und einem Holli Holland zu den Turner-Tagebüchern bekannt wurde, was diese verneint. Die Zeugin wird um 14:13 Uhr entlassen.
OStAin Greger liest eine Stellungnahme zu den Beweisanträgen vom heutigen Tag der Verteidigung Zschäpe vor. Soweit beantragt, werde die Verlesung eines Schreibens vom 09.11.2011 von RA Liebtrau, die Vernehmung von OStA Illing und die Verlesung eines Schreibens vom 20.12.2011 von RA Heer zugestimmt. . Die BAW trete dem Antrag auf Ladung des RA Liebtrau eindeutig nicht entgegen. Zum Antrag von RA Schön: Die Verlesung der Einverständniserklärung der Angeklagten Zschäpe von 1997. Der Verlesung des Behördengutachtens zur DNA trete man nicht entgegen.
BAW Diemer nimmt Stellung zu Anregungen der RAin Pinar zu dem Datenträger, auf dem der Begriff Nationalsozialistischer Untergrund und das Kürzel NSU vorkommt und das damit 2005 schon die Existenz der Vereinigung dem Bundesamt und dem Landesamt Hamburg bekannt war und „deutlich wird, dass nicht nur ein kleiner Kreis von der Existenz des NSU gewusst habe“. Außerdem bezieht er sich auf die Anregung Pinars, zu klären, wer wann den Datenträger weitergegeben hat und wer wann von der Existenz des NSU wusste. Zu diesem Zweck rege Pinar an, das Protokoll des V-Manns des VS Hamburg beizuziehen und die Identität des V-Mannführers des BfV zu ermitteln und diesen zu laden. Es liege auf der Hand, dass es sich dabei um Beweisermittlungsanträge handelt, denn die Antragsstellerin kenne die zu beweisenden Tatsachen noch nicht. Die Aufklärungspflicht beziehe sich in diesem Verfahren, anders als bei einer Staatsanwaltschaft, nur auf den Gegenstand der Untersuchung, also auf die fünf Angeklagten und die angeklagten Taten. Und unter diesem Aspekt gebiete die Aufklärungspflicht nicht, dass den Anregungen Pinars nachgegangen wird. Diemer könne ausführen, dass die BAW seit dem ersten Auftreten des Datenträgers intensive Ermittlungen führe, wer die CD hergestellt hat und an wen und warum sie weitergegeben wurde. Ob sich daraus weitere Unterstützer des NSU zeigen und diese später angeklagt werden, müsse Gegenstand eines Ermittlungsverfahrens sein. Man wolle auch nicht durch ein verfrühtes Bekanntwerden die Ermittlungen gefährden. Bisherige Erkenntnisse hätten keine Hinweise darauf gegeben, dass diese CD von den hier Angeklagten erstellt worden ist. Sie hätten außer dem Kürzel NSU und dem Begriff Nationalsozialistischer Untergrund nichts mit dem hiesigen Strafverfahren zu tun. Sollte sich da mehr ergeben, werde die BAW dem Senat berichten. Dem Begehren müsse entgegengetreten werden.
RA Stahl erklärt, soweit Frau OStAin Greger der Verlesung der Rechtsanwaltschriftsätze widerspricht, weil die Schuld- und Rechtsfolgenrelevanz fehle, teile die Verteidigung Zschäpe diese Auffassung nicht. Letztlich sei das exakt nahezu das gleiche wie die Ladung des RA Liebtrau. Der Informationsgehalt dieser Urkunde sei eine zeitliche Einordung einer Information, die vorhanden war. Und das sei der Beweiswert, das habe exakt die selbe Schuld- und Rechtsfolgenrelevanz. RA Heer schließt sich im Namen der Verteidigung Zschäpe den heute von RA Klemke gestellte Anträgen an. NK–RA Wierig sagt zu BAW Diemer, wenn er ausführt, es gebe keinen Zusammenhang, möchte sie entgegenhalten, dass da wohl ein Bild abgebildet ist einer Waffe mit Schriftzug NSU. Den Begriff gebe es außerhalb dieses Verfahrens nicht. Wenn dieses Schlagwort fällt, dann sei für sie und seine Kollegen dieser Zusammenhang gegeben. Und dann müsste man es als Beweisermittlungsauftrag abklären. Götzl sagt: „Es ist beabsichtigt, am 23.10. zu verlesen: Vernehmungen Müller und Germann 24.6./25.6.2914. Desweiteren ist beabsichtigt zu Verlesen: Vernehmungen Böhnhardt 1996 sowie Urteil AG Jena vom 21.4.1997, sowie Urteil LG Gera 16.10.1997.
Götzl liest vor: „Den Anträgen, die kompletten Akten gegen Jan Werner und die komplette Akte des LKA Thüringen, die im BT-UA bezeichnet wurde, beizuziehen, zum Beweis der Tatsache, dass Szczepanski telefonischen Kontakt mit Werner hatte, dass Werner eine SMS schrieb “Was ist mit dem Bums” und dass Werner den Auftrag hatte, Waffen zu besorgen, wird nicht beigekommen. Die Urkundensammlung dient nur dazu, zu erkunden. Es handele sich demnach um Beweisermittlungsanträge, weil nicht der gesamte Inhalt der Akten eine Tatsache beweist. Ob einem derartigen Beweisermittlungsantrag nachgegangen wird, ist im Rahmen der gerichtlichen Aufklärungspflicht zu entscheiden, dabei muss nur den erkennbaren und sinnvollen Möglichkeiten zur Aufklärung des Sachverhalts nachgegangen werden. Die normierte Aufklärungspflicht erfordert es nicht, dass alle Schriftstücke beizuziehen sind, sofern es an Tatsachen dafür mangelt, dass dort konkrete Beweise zu finden sind. Der Senat hat vielmehr einen 32-seitigen Ermittlungsbericht aus dem Verfahren gegen Jan Werner beigezogen und den Prozessbeteiligten zur Verfügung gestellt. Die Vernehmungsprotokolle Szczepanski befinden sich bereits in der Akte. Den Anträgen, eine bestimmte SMS beizuziehen, ist der Senat dagegen gefolgt.
Der Verhandlungstag endet um 14.27 Uhr.
Der Blog NSU-Nebenklage kommentiert:
„Die Verteidigung geht also anscheinend selbst davon aus, dass Zschäpe den Brand gelegt hat. Dabei hofft Zschäpe nun wohl, das Gericht werde wegen des behaupteten Klingelns davon ausgehen, dass sie keinen Tötungsvorsatz hatte, weil sie hoffte, die Frau sei nicht zu Hause. Eine solche Annahme ist allerdings abenteuerlich. Denn im Gegenteil würde das Klingeln zeigen, dass Zschäpe ganz genau wusste, dass die Frau mit großer Wahrscheinlichkeit zu Hause war. Da sie auch wusste, dass ihre Nachbarin gehbehindert war, also sowohl für den Weg zur Wohnungstür als auch für eine Flucht aus dem Hause lange brauchen würde, hielt sie also deren Tod für möglich und wahrscheinlich. Damit verstärkt die Behauptung, Zschäpe habe noch geklingelt, eher die Annahme eines Mordvorsatzes. Die Nebenklage stellte dies in wenigen Sätzen dar und löste damit bei Zschäpe sichtbare Reaktionen und Getuschel mit ihren Anwälten aus.“
http://www.nsu-nebenklage.de/blog/2014/10/14/14-10-2014/