Protokoll 162. Verhandlungstag – 20. November 2014

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Am 162. Verhandlungstag sind zwei Zeug/innen geladen. Zunächst wird Kriminalhauptkommissar Timo K. zur Echtwaffenvorlage bei der Vernehmung von Carsten Schultze befragt. Bei dieser Vernehmung hatte Carsten Schultze die Tatwaffe Ceska 83 identifiziert. Im Anschluss steht im Zeugenstand und soll ihre Verbindungen zu Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe schildern sowie die Struktur und Aktivitäten von Blood & Honour Sachsen, wo sie Mitglied war.

Zeug/innen:

  • Timo K. (KHK zur Echtwaffenvorlage und Vernehmung von Carsten Schultze)
  • Antje Probst (Unterstützerin, ehem. B&H Sachsen)

Der Prozesstag beginnt um 9:46 Uhr. Als erster Zeuge wird Timo K. vernommen, der dem Angeklagten Carsten Schultze während dessen Vernehmung am 06.02.2012 Vergleichswaffen vorgelegte. Der Grund für diese Vorlage war eine richterliche Vernehmung. Carsten Schultze habe angegeben, er habe eine Waffe mit Schalldämpfer an Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt in Chemnitz übergeben. Timo K. berichtet, sie hätten sich auf eine Vorlage mit echten Waffen geeinigt. Aus der Waffensammlung des BKA seien Waffen und zusätzlich Vergleichswaffen zusammengestellt worden. Seine Kollegen der Kriminaltechnik hätten die Waffen nach Köln gebracht und Carsten Schultze habe sie in Augenschein genommen und gesagt, er hätte sich schon die ganze Zeit die drei Waffen mit Schalldämpfer angesehen: Heckler und Koch P, eine Nuova Molgora und eine Ceska 83 mit Schalldämpfer. Die erste habe er als zu groß empfunden, hätte sich aber an den eher längeren Schalldämpfer der Ceska erinnert, ebenso an den verlängerten Lauf wie bei der Ceska 83. Zwischenzeitlich hätten sie die Schalldämpfer abgeschraubt. Bei der Nuova Molgora werde der Schalldämpfer in den Lauf hinein geschraubt, bei der Ceska hingegen außen drauf. Auf die Frage, warum nicht die original aufgefundenen Waffen zum Einsatz gekommen seien, antwortet der Zeuge sie hätten nicht die verbrannten oder durch Löscheinwirkung zerstörten Waffen vorlegen wollen. Es werden Lichtbilder der Waffen gezeigt, die Carsten Schultze bei seiner Vernehmung vorgelegt wurden. Der Zeuge berichtet, die Lichtbildmappe sei im Nachgang zur Vorlage angefertigt worden. Es sei vor allem um die drei Waffen mit Schalldämpfer gegangen, die Waffen ohne Schalldämpfer habe Carsten Schultze gleich ausgeschlossen.

RA Klemke will wissen, welche Waffen auf den Lichtbildern abgebildet gewesen seien, die Carsten Schultze bereits vor der Vorlage von Vergleichswaffen gezeigt worden seien. Timo K. antwortet, das seien Lichtbilder aus der Echtwaffenvorlage bei der Vernehnung von Anfang Dezember 2011 gewesen. Diese Lichtbildmappe sei kurzfristig angefordert worden. Auf erneutes Nachfragen, welche Waffen dort abgebildet gewesen seien, erwidert der Zeuge, das seien die Waffen gewesen, die dann bei der Echtwaffenvorlage auch Carsten Schultze gezeigt worden seien. Da seien dann noch die drei Schalldämpferwaffen dabei gewesen. Der Zeuge verneint, dass auch die Heckler und Koch und die Nuovo Molgora dabei gewesen seien. Auf der Lichtbildvorlage sei auch die Ceska ohne Schalldämpfer abgebildet. Timo K. bestätigt, dass diese auf der Abbildung einen verlängerten Lauf habe. Auf die Frage, warum nicht mehrere Waffen mit verlängertem Lauf und Außengewinde bei Waffenvorlage 06.02.2012 vorbereitet worden seien, verweist der Zeuge auf die begrenzten Bestände. Es sei keine Waffensammlung, die sich sammlerischem Interesse widme, es gehe um Waffen aus Straftaten. Man müsse da eher die Kriminaltechnik fragen.

RA Klemke rekapituliert, Carsten Schultze habe erst die Heckler und Koch ausgeschieden, weil die Waffe zu groß gewesen sei und dann die Waffe Nuova Molgora. Der Zeuge bestätigt das. Carsten Schultze habe letztere, so der Zeuge, wegen der Kanten, dem fehlenden Außengewinde und dem nicht passenden Größenverhältnis zwischen Schalldämpfer und Waffe ausgeschieden. Der Zeuge verneint die Frage, ob sich Carsten Schultze zu Größe und Form des Hahnes geäußert habe. RA Klemke verweist auf einen Bericht des Zeugen, in dem Äußerungen von Carsten Schultze kursiv gesetzt seien und will wissen wie es dazu gekommen sei. Der Zeuge gibt an, das sei ein Zitat aus der Beschuldigtenvernehmung vom 06.02.2012. Die Waffenvorlage sei der erste Punkt der Vernehmung gewesen. Timo K. bestätigt, er habe das geschrieben und auf Nachfrage gibt er an, es handele sich dabei um eine Mischform aus wörtliche Wiedergabe und wiedergegebenem Wortlaut. Die Vernehmung habe sich länger hingezogen und es seien Zwischenbemerkungen gefallen, die im Bericht nicht enthalten seien. RA Klemke nimmt Bezug auf die Aussage des Zeugen, wonach Carsten Schultze gesagt habe, dass der Schalldämpfer der Ceska im Verhältnis zur Waffe länger gewesen sei als bei der Nuova Molgora. In dem Bericht, so Klemke, klinge das aber nach einem Vergleich der absoluten Länge. Daraufhin stellt der Zeuge seine Erinnerung in Frage. Er könne sich nicht mehr erinnern, was Carsten Schultze damals genau gesagt habe, sondern verweise auf das Protokoll der Vernehmung.

RAin Schneiders will wissen, ob Carsten Schultze die Waffen und Schalldämpfer auch angefasst habe, was der Zeuge bestätigt. Er habe auf jeden Fall die Ceska 83 mit Schalldämpfer in die Hand genommen und er glaube, auch die Nuova Molgora. Zuerst mit montiertem Schalldämpfer. Ob er sie nochmal in die Hand genommen habe, nachdem der Schalldämpfer abgenommen worden sei, könne er ich nicht mehr sagen. Die Frage, ob darüber jemand Notizen angefertigt habe, verneint der Zeuge. Zschäpe-Verteidiger Stahl interessiert sich dafür, wer die Art und Weise der Waffenvorlage koordiniert habe. Das sei, so Timo K., im Endeffekt die Kriminaltechnik gewesen. Sie hätten vorgegeben, das alle Waffen enthalten sein sollten, die aufgefunden worden seien und ein Vergleichsmodell zur Ceska 83 mit Schalldämpfer. Auf die Frage, was genau mit der Waffenvorlage geklärt werden sollte, nennt der Zeuge, es habe geklärt werden sollen, ob Carsten Schultze die Waffe wiedererkenne, die er damals übergeben habe. Eine Beschreibung der Waffe habe es vor der Waffenvorlage nicht gegeben, antwortet der Zeuge auf Nachfrage. Das Detail des Schalldämpfers sei ihnen zum damaligen Zeitpunkt noch nicht bekannt gewesen, Carsten Schultze habe das zum ersten Mal bei ihnen erwähnt. RA Stahl beharrt auf dem methodischen Vorgehen, mit dem Carsten Schultze eine Waffe, die er vor Jahren übergeben haben wolle, wiedererkenne. RA Stahl will wissen, wann diese Waffe von ihm zum ersten Mal beschrieben worden sei. Timo K. erwidert, sie hätten keine Vorabbeschreibung aufgenommen. RA Stahl fragt nach dem genauen Zeitpunkt, an dem Carsten Schultze sich zu den Kanten oder Besonderheiten der Waffe geäußert habe. Dies sei, so der Zeuge, im Zuge der Vorlage der Vergleichswaffen geschehen. Timo K. verneint, dass dieser das bereits anhand der Bilder gesagt habe. Das sei auf den Bildern auch schwer zu erkennen gewesen.

RA Stahl fragt noch einmal nach, ob die Beamten es nicht für sinnvoll gehalten hätten, sich zunächst die Waffe beschreiben zu lassen. Timo K. erwidert, aufgrund des Eindrucks, den Carsten Schultze vermittelt habe, hätten sie gleich auf Echtwaffen zurückgegriffen. Er selbst, so Timo K., habe nicht damit gerechnet, dass Carsten Schultze die Waffe nach zwölf Jahren noch so gut identifizieren könne. Eine Waffenerkennung sei nicht mit einer Gesichtswiedererkennung zu vergleichen. Er habe nicht gedacht, dass er die Ceska 83 so gut identifizieren könne. Er habe hergeleitet, dass es diese Waffe sein müsse. Das sei mehr gewesen, als er selbst erwartet habe. Aber die Möglichkeit, dass ein Mensch sich falsch erinnere, sei immer gegeben. RA Stahl will wissen, ob Schultze Äußerungen gemacht habe, dass er möglicherweise eine Maschinenpistole übergeben haben könnte. Der Zeuge verneint das und begründet die Aufnahme einer Maschinenpistole in die Waffenvorlage damit, dass diese neben der Ceska 83 die einzige bekannte Waffe mit Schalldämpfer aus dem Bestand der Frühlingsstraße sei. Und sie hätten ausschließen wollen, dass es sich vielleicht doch um die Maschinenpistole gehandelt haben könnte. RA Stahl fragt nach anderen Ceska-Modellen in der Vergleichswaffensammlung des BKA. Es sei noch eine 82 und eine 70 drin gewesen, eine 75 hingegen nicht. Der Zeuge bestätigt die Anmerkung von RA Stahl, dass diese Modelle sehr ähnlich aussähen.

RA Klemke will wissen, ob sich in der Waffenvergleichssammlung auch Pistolen Ceska 82 mit Aufnahmevorrichtung für Schalldämpfer befinden. Der Zeuge verweist auf die Kriminaltechnik. Klemke bezieht sich auf die Aussage des Zeugen, er wisse nicht mehr genau, ob Carsten Schultze die Waffen auch in der Hand gehabt habe, nachdem der Schalldämpfer abgeschraubt worden sei und will wissen, ob Schultze die Schalldämpfer in der Hand gehabt hätte. Auch das kann der Zeuge nicht mit Sicherheit sagen. Aber er sei sicher, dass er die Waffe mit Schalldämpfer in der Hand gehabt hätte. Auf die Frage, warum das nicht dokumentiert worden sei, erwidert Timo K., er habe das nicht für notwendig erachtet, er habe sich auf die Kernpunkte konzentriert, nämlich, was Carsten Schultze gesagt habe. RA Klemke erwidert, man habe aber keinen Weg dahin. Dann will er wissen, ob Carsten Schultze gefragt worden sei, ob der die mutmaßliche Tatwaffe auf Fotografien in Printmedien und Internet gesehen habe. Direkt sei das nicht gefragt worden, antwortet der Zeuge, aber er sei bei anderer Gelegenheit zur Mordserie gefragt worden, ob er das mit der Waffe nicht in den Medien mitbekommen habe, da sei ja auch die Ceska 83 abgebildet gewesen, z. B. auf den Fahndungsplakaten. Das habe er zu dem Zeitpunkt verneint. Allerdings habe er nach dem 04.11.2011 die Informationen in den Medien verfolgt, da werde mit Sicherheit auch die Ceska abgebildet gewesen sein. Aber nachfragt hätten sie nicht, dieser Gedanke sei ihnen nicht gekommen.

Der Verteidiger von Carsten Schultze, RA Pausch, bezieht sich auf das Protokoll, wonach die Waffen auf den Tisch gelegt worden seien und will wissen, ob das fotografisch dokumentiert worden sei. Der Zeuge verneint das. Auf Nachfrage beschreibt er die Anordnung der Waffen. Aus Schultzes Sicht seien diese von rechts nach links der Nummerierung folgend angeordnet gewesen. Es folgt eine Inaugenscheinnahme des Fotos der Vernehmung beim Ermittlungsrichter und der Zeuge beschreibt die Waffen, die darauf zu sehen sind: 1 die Erma, 2 Totz TT 33, 3 Ceska 83 – hier ist offensichtlich ein Gewindeschutz aufgeschraubt, 4 Ceska 70, 5 Radon 35, 6 Walther PP, 7 das sei ein Fehler: hier stehe Bruni 315, die gebe es aber in der Waffensammlung des BKAs nicht, das sei die Erma 552, spiele aber keinen Rolle, da es ja nur um die Schalldämpferwaffen gehe. 8 ist eine Ceska 26 und 9 die Maschinenpistole, hier allerdings ohne Schalldämpfer. Auf Götzls Frage, was Schultze gesagt habe, erinnert sich Timo K., er habe sich nicht genau entscheiden können und die Nummern 3, 4, 6 und 7 in die engere Auswahl gezogen. Das seien unterschiedliche Waffen gewesen. Timo K. Bestätigt die Annahme von OStA Weingarten, sie hätten die Lichtbildvorlage während der richterlichen Vernehmung beschafft. Schultze seien die Bilder nicht in Farbe, sondern in Schwarz-Weiß vorgelegt worden. Die Bilder seien per E-Mail in den BGH übersandt und auf einem Schwarz-Weiß-Bürodrucker ausgedruckt worden.

RA Klemke fragt nach der Qualität der Fotos. Er habe gehört, so der Zeuge, Carsten Schultze hätte in der Verhandlung von schlechter Qualität gesprochen, in seiner Erinnerung sei das allerdings nicht so gewesen. Möglicherweise seien die Fotos in der Akte nicht gut, da sie mehrfach hin- und hergefaxt worden seien. Auf die Frage, ob die Fotos noch existierten, gibt der Zeuge an, sie müssten in die Anlage zum Protokoll der richterlichen Vernehmung genommen worden sein. Er wisse aber nicht, ob das genau die Bilder seien, die damals auf dem Tisch gelegen hätten. Götzl informiert, bei den Fotos in der Akte handele es sich um Farbfotos. Timo K. erwidert, es könne natürlich sein, dass nachträglich die Farbbilder angehängt worden seien. Die Frage von RA Klemke, ob der Zeuge wisse, wer den Austausch der Fotos veranlasst habe, verneint dieser. Der Zeuge wird entlassen.

Verteidiger RA Stahl gibt im Anschluss eine Erklärung zur Vernehmung von Timo K. ab. Die Frage, welche Waffe der Angeklagte Carsten Schultze seinerzeit übergeben haben will, sei für das Verfahren von gewisser Bedeutung. Es sei naheliegend, dass es sich bei der von Schultze transportierten Kurzwaffe um eine Ceska mit Schalldämpfer gehandelt haben könne. Bei der Waffenvorlage sei das vom Zeugen beschriebene methodische Vorgehen, nämlich das Ausschlussprinzip, nicht das Richtige gewesen. Niemand, der sich nicht beruflich mit Schusswaffen befasse, sei in der Lage, eine nach Jahren in den Händen gehaltene Kurzwaffe wieder zu erkennen. So verwundere es auch, dass vom Angeklagten keine Beschreibung abgefragt worden sei. Die Identifizierung aus einer Vielzahl von Waffen sei vielen Fehlern begegnet, sicher nicht bewusst, aber die Waffenvorlage sei dilettantisch gewesen. Der Aussage, das Schultze die Waffe in verkohltem Zustand aus den Medien wahrgenommen hatte, sei keine Bedeutung zugemessen worden. Der Beweiswert dieser Waffenvorlage sei Null. Im Anschluss an diese Erklärung setzt Götzl eine Pause bis 11.00 Uhr an.

Nach der Pause wird die Zeugin Antje Probst/ gesch. B. befragt. Die Zeugin erscheint mit einer blonden Renee-Frisur, trägt ein breites schwarzes Piratenstirnband und wirkt schlecht gelaunt. Götzl fordert die Zeugin auf, ihre Kenntnisse bezogen auf Böhnhardt, Mundlos, Zschäpe und B&H zu schildern. Sie solle darlegen, inwiefern sie Kontakt zu den Dreien oder weiteren Angeklagten gehabt habe und wie sie selbst zu B&H gestanden habe. Probst gibt an, weder Beate Zschäpe, noch Uwe Mundlos noch Uwe Böhnhardt gekannt zu haben und keinen Kontakt gehabt zu haben. Götzl fragt nach ihrem politischen Umfeld und ihrer politischen Aktivität, woraufhin die Zeugin erwidert, sie könne es zeitlich nicht mehr genau sagen, aber irgendwann Mitte der 90er Jahre sei sie B&H beigetreten. Für sie sei Ian Stuart in England damals das musikalische Vorbild gewesen, mit ihrem Beitritt habe sie sein Erbe weiterführen wollen. Ihr sei es um die Musik gegangen, als das dort Geldverdienen wichtiger wurde, habe sie der Sache den Rücken gekehrt. Die Zeugin schließt ihre Ausführungen damit. Götzl fragt nach weiteren Personen. sei damals sehr aktiv gewesen, antwortet die Zeugin, später habe eine Rolle gespielt. Auf die Frage, wie B&H entstanden sein, antwortet die Zeugin, sie hätten irgendwann mal in einer Kneipe gesessen und überlegt, sie hätten gerne musikalische Veranstaltungen hier. Ian Stuart sei tot, dann wollten sie es in Sachsen weiterführen. Es habe lose Stammtischrunden gegeben und Jan Werner habe viele Kontakte gehabt.

Auf die Frage, wer sich da wann getroffen habe, antwortet die Zeugin, das sei lange her, sie seien so vier oder fünf gewesen und das habe vielleicht so 1994/95 stattgefunden. Wo, könne sie nicht mehr sagen, antwortet Probst auf Nachfrage, entweder in Chemnitz oder irgendwo im Erzgebirge. Götzl will wissen, worum es ging, welche Tradition fortgesetzt werden sollte. Die Zeugin nennt Jan Werner, Jörg A., sich selbst, nach kurzer Pause noch Thomas Starke, aber das sei erst später gewesen, 1996/97, konkretisiert sie auf Nachfrage. Götzl beharrt weiter auf Namen und die Zeugin nennt noch , das sei auch später gewesen, so 1996 vielleicht. Götzl fragt nach, wer eingeladen wurde. Probst wiederholt, es sei um Konzerte gegangen, es seien Bands eingeladen worden, das sei über die Grenzen Deutschlands hinaus gegangen. Im Schnitt habe es ein- oder zweimal im Monat ein Konzert gegeben, sagt die Zeugin auf Nachfrage und antwortet auf die Frage nach Örtlichkeiten, Konzertsäle oder kleine Kneipen, die angemietet worden seien. Mit den Wirten sei das Catering geklärt worden. Auf die Frage, welchen Zweck die Konzertveranstaltungen verfolgt hätten, anwortet die Zeugin, es sei darum gegangen, sich am Freitag oder Sonnabend zu treffen, gemeinsam Musik zu hören und sich zu sehen.

Götzl muss jede Information erfragen, die Zeugin antwortet jeweils knapp. Gemeinsamkeiten der Band sei der musikalische Stil gewesen, der zwischen Rock’n’Roll und Heavy Metal gelegen habe. Die Besucherzahlen hätten je nach Raum und Anzahl von Bands variiert zwischen 3 und 400 Personen. Die Besucher seien eingeladen worden. Götzl stört sich daran, dass aus den Antworten keine handelnden Personen erkennbar seien und fordert die Zeugin auf zu beschreiben, wer was gemacht habe. Die Zeugin verweist wieder auf Jan Werner und dessen Kontakte, die Leute seien per SMS eingeladen worden, das habe sie auch teilweise gemacht. Auf die Frage, zu wem Jan Werner Kontakte hatte, bleibt die Zeugin vage, das seien viel Kontakte gewesen auch außerhalb Deutschlands in Europa. Götzl will wissen, welche Gemeinsamkeiten zwischen diesen Freunden bestanden hätten, woraufhin die Zeugin auf ihre Schulzeit verweist, sie sei mit Jan Werner in eine Klasse gegangen und im Neubaugebiet in Karl Marx-Stadt hätten die Freunde gewohnt, dort habe es gleiche Treffpunkte gegeben, alles sei locker und lose gewesen.

Götzl kommt auf die Abkehr der Zeugin von B&H zu sprechen, als es in ihren Worten um das Geldverdienen ging. Er will wissen, wer Geld habe verdienen wollen. Ihr sei es, wiederholt sie, um das Erbe von Ian Stuart gegangen. Leute, ganz speziell Thomas Starke, hätten es aber auf den Weg gebracht, dass es um große Summen gegangen sei. Ungefähr 1997 habe er nach einem Konzert unterstellt, es würden 20.000 Mark fehlen. Da habe sie gedacht, wo kommt denn soviel Geld her. Es sei irgendwann um richtig große Summen gegangen. Auf die Frage, woher die 20.000 Mark gekommen seien, antwortet die Zeugin, es habe eine Abendkasse für den Eintritt gegeben. Diese Kasse hätte am nächsten Tag gefehlt. Thomas Starke habe wissen wollen, wer das gewesen sei. Götzl will wissen, wem das Geld zugestanden habe, woraufhin die Zeugin angibt, das sei eigentlich für die Unkosten der Bands vorgesehen gewesen. Es sei eigentlich kein Gewinn vorgesehen gewesen, aber offensichtlich seien die Kalkulationen doch so vorgenommen worden, dass sich Leute privat bereichert hätten. Sie habe sich aber nicht so gekümmert, sondern angenommen, das sei ein Nullgeschäft. Erst als Thomas Starke unterstellt habe, es sei Geld gestohlen worden, sei ihr klar geworden, dass anders kalkuliert worden sei. Götzl will wissen, wofür das Geld vorgesehen gewesen sei. Die Zeugin gibt an, es sei vorher nie über Einnahmen geredet worden und sie denke, Thomas Starke habe es in seiner eigenen Tasche vermisst. Sie komme zu dieser Schlussfolgerung, antwortet Probst auf Nachfrage, da vorher nie über Einnahmen gesprochen worden sei und plötzlich sei ihr klar geworden, dass, wer weiß wie lange, sich da schon einer Geld in die eigene Tasche wirtschaftet und damit habe sie nichts zu tun haben wollen.

Götzl will genauer wissen, wie die Situation bei B&H 1997/98 personell gewesen sei, wer welche Rolle gespielt habe. Sie solle mit Thomas Starke anfangen. Der Jan habe, so die Zeugin, die ganzen Kontakte zu den Bands geknüpft und sei eigentlich der Hauptansprechpartner gewesen. Thomas Starke habe von dem Moment an, als er dazu gestoßen sei, so ein bisschen die Vorreiterrolle suggeriert. Er habe dann auch festgelegt, wo sie sich treffen sollten und er habe ein bisschen väterlich gewirkt. Angesprochen auf ihre eigene Rolle, sagt die Zeugin: „Ich war da.“ Auf die Frage nach weiteren Namen nennt sie Jörg W., Jörg A., ein Giso, an dessen Namen sie sich nicht mehr erinnern könne. Sie verweist auf die lange Zeit, die seitdem vergangen sei. Auf Nachfrage sagt sie, sie hätten sich einmal im Monat getroffen und den engsten Kontakt habe sie zu Jan Werner gehabt. Sie sei mit ihm in die Schule gegangen und der Kontakt habe sich gehalten auch als sie von Chemnitz nach Limbach gezogen sei. In der Zeit von 1996 bis 2000 habe sie vier Kinder bekommen und sei dann nicht mehr so präsent gewesen. Götzl fragt nach ihrer persönlichen Situation, ihrem Partner. Ihr Ex-Mann sei der Vater von allen Kindern. Dieser sei, antwortet sie auf Nachfrage, ewig selbstständig gewesen, vielleicht seit 1996. In seinen CD- und Musikläden habe sie eine Weile ausgeholfen. Er sei ja trotzdem noch arbeiten gegangen, das sei nicht die Haupteinnahmequelle gewesen. Auf Nachfrage ergänzt sie, er habe noch CDs produziert. Er habe zwei Läden gehabt, die beide Sonnentanz hießen. Wieder auf Nachfrage gibt sie an, zwölf Jahre verheiratet gewesen zu sein, 2007 habe sie sich getrennt.

Götzl kommt darauf zu sprechen, dass die Zeugin das Erbe Ian Stuarts weiterführen wollte und will wissen, was genau von B&H fortgeführt werden sollte. Die Zeugin antwortet, es sei um das Ehrenvolle gegangen, das er verkörpert habe, dass man wieder ehrlicher werde und mal erkenne, was Demut sei. Das seien auch ihre Ideale gewesen. Auf Rückfrage, was sie mit „das Ehrenvolle” und die “hohen Werte” meine, antwortet die Zeugin, dass man treu sich selber gegenüber sei und moralisch lebe, Recht von Unrecht unterscheide. Das seien ihre Beweggründe gewesen. Götzl will Genaueres inhaltlich wissen. Es sei, so die Zeugin, wirklich darum gegangen, sich zu treffen an den Wochenenden. Sie wisse nicht, was mit inhaltlich genau gemeint sei. Götzl fordert sie auf, wahrheitsgemäß und vollständig auszusagen. Daraufhin geht die Zeugin wieder auf die Musik ein. Es habe keinen Inhalt gegeben, sondern nur Treffen, Musikhören und Trinken. Ob die „Hohen Werte“ und „das Ehrenvolle“ bei den Treffen denn keine Rolle gespielt hätten, wundert sich der Richter, woraufhin die Zeugin entgegnet, sie wisse nicht, ob die die übernommen hätten, es seien ihre Beweggründe gewesen. Bis sie dann gemerkt habe, dass es sich nicht entwickelt habe. Götzl will wissen, warum sie dann enttäuscht gewesen sei. Das wisse sie nicht, antwortet Probst, sie habe sich das anders vorgestellt und es sei nicht in Erfüllung gegangen. Sie habe sich vorgestellt, dass man befreundet sei und auch viele Familie hätten, was aber nicht so gewesen sei. Sie sei die einzige mit Kindern gewesen und es habe keine Unternehmungen mit Kindern gegeben.

Götzl fragt, ob es politische Ziele gegeben habe. Für sie nicht und für andere könne sie das nicht sagen, könne sich das aber schon vorstellen. Auf Nachhaken, was sie damit meine, gibt die Zeugin an, sie könnte sich vorstellen, dass manche eine weiße Welt hätten haben wollen, also mit Menschen mit weißer Hautfarbe. Götzl will wissen, wer und inwiefern. Probst kommt wieder auf Jan Werner zu sprechen, der zum Beispiel das „“ gemacht habe, ein Heft, in dem das eine Rolle gespielt habe. Schlagwörter wie „White Power“. Auf Nachfrage erklärt sie, das sei ein Begriff, der übersetzt weiße Kraft heiße und dass eben die weiße Hautfarbe erhalten bleibe. Auf Nachfrage kann die Zeugin nicht angeben, ob Jan Werner dieses Heft alleine gemacht habe. Götzl will wissen, inwiefern „White Power“, weiße Hautfarbe und „White Supremacy“ in den Gesprächen und Diskussionen eine Rolle gespielt haben. Bei den Treffen habe das gar keine Rolle gespielt, so die Zeugin. Es sei nur über belangloses Alltägliches und Organisatorisches gesprochen worden. Götzl fragt nach ihrem Freundeskreis unabhängig von B&H. Die Zeugin nennt zunächst ihre Familie und auf Nachfrage eine beste Freundin Svea, an deren Nachnamen sie sich zunächst nicht erinnern kann, was Götz verwundert, wenn es sich um die beste Freundin handeln solle. Dann fällt ihr der Nachname ein, Svea S. Sie habe jetzt keinen Kontakt mehr zu ihr, antwortet sie auf Nachfrage. Dann nennt sie auf Nachfrage noch , der, auf Nachfrage, nichts mit B&H zu tun gehabt habe. Auf weitere Nachfrage nennt Probst noch Andreas Graupner, der – auch das sagt sie auf Nachfrage – ab und zu zu den Stammtischen von B&H gekommen sei. Götzl unterbricht die Sitzung bis 13 Uhr.

Nach der Pause kommt er noch einmal auf die 20.000 DM zu sprechen, von denen laut ihrer Aussage Thomas Starke meinte, diese hätten gefehlt. Er will wissen, ob es Anhaltspunkte für ihre Vermutung gebe, dieser hätte sich das Geld für sich verwendet. Die Zeugin verneint das, das sei ihre persönliche Annahme gewesen, sie sei dem auch nicht nachgegangen, weil sie damit nichts habe zu tun haben wollen, wie sie auf Nachfrage angibt. Götzl will mehr über die Situation wissen, als die Zeugin erfahren hat, dass 20.000 DM fehlen. Es habe, so Probst, ein Konzert stattgefunden und kurze Zeit später beim Stammtisch habe Thomas Starke das behauptet. Er habe gesagt: ‚Aus der Kasse zum Konzert fehlen 20.000 Mark, wer hat die?‘ Sie gehe davon aus, dass an dem Abend Thomas Starke selber für die Kasse zuständig gewesen sei, sie selbst – antwortet sie auf Nachfrage – habe dabei keine Rolle gespielt. Sie gehe davon aus, dass Thomas Starke das war, weil er diese Frage nur von jemand habe gestellt werden können, der eine Übersicht über die Gelder gehabt habe. Auf die Frage, wie Jan Werner sich verhalten habe, erinnert sich die Zeugin, dieser habe gesagt: ‚Du spinnst wohl, hier sowas in den Raum zu schmeißen. Niemand hat das Geld geklaut.‘ Danach sei nie wieder die Rede von dem Geld gewesen. Gefragt nach der Reaktion von Thomas Starke, sagt die Zeugin, dieser habe erwidert, irgendwo müsse das Geld doch sein und dann habe Jan Werner gesagt, ‚halt die Fresse‘ und das Thema sei erledigt gewesen.

Götzl will noch einmal Näheres zur Gründung von B&H wissen. Die Zeugin wiederholt das, was sie schon gesagt hat. Zum Verbreiten von Ian Stuarts Erbe hätten sie Konzerte organisieren wollen und hätten sich dann regelmäßig zu Stammtischen getroffen. Auf die Frage, wer die Idee zur Gründung hatte, antwortet Probst, eigentlich sie alle. An anderen Strukturen hätten sie sich nicht orientiert. Götzl fasst seine Lesart zusammen, das klinge wie eine Idylle, wo sich Musikliebhaber treffen, Musik hören, Familienanschluss, Kinder, Richtung Krabbelgruppe und will wissen, ob das so gewesen sei und es keinerlei politische Zielsetzungen gegeben habe. Für sie sei es um Musik gegangen, antwortet die Zeugin und auf die Frage, wie das bei den anderen gewesen sei, gibt sie an, es sei bei einigen auch ein Stück weit um rechtes Gedankengut gegangen. Götzl hakt nach, was sie damit meine. Das seien, so die Zeugin, einfach plakative Äußerungen gewesen zur weiße Rasse. Das seien alles Floskeln gewesen und plakativ. Sie wisse gar nicht, ob es da tatsächlich einen ernsten Sinn gegeben habe. Es sei auch eine Zeit gewesen, so kurz nach der Wende, die man mit heute überhaupt nicht vergleichen könne. Damals sei das ja viel landläufiger gewesen, zu sagen, “Deutschland den Deutschen” oder solche Floskeln. Man habe Dinge verwendet oder gesagt, bei denen man den Sinn gar nicht dahinter verstanden habe.

Götzl möchte das an einem Beispiel verdeutlicht haben. Man habe, so die Zeugin, ein Bierglas genommen und angestoßen ‚höö, White Power‘ gesagt. Götzl fragt nach den Gründen, warum sie das „White Power“ jetzt so betone. Der Sinn sei gewesen, entgegnet die Zeugin, dass man seine Hautfarbe erhalte und sich nicht mische. Das sei so die Grundaussage dieser Floskel. Die Frage, ob sie selbst Umstände wahrgenommen habe, die das für sie zum Problem gemacht hätten, verneint die Zeugin. Sie habe das Gefühl, sie sei hier geboren und hier gehöre sie her. Auf Nachfrage gibt sie an, das Thema sei in Liedtexten schon verarbeitet worden, sie könne es wieder floskelhaft nennen: ‚rechtes Gedankengut‘. Götzl will wissen, ob es auch um eine Organisation von Bands ging. Probst verweist auf die große Anzahl von Bands, so dass man sich nicht habe beschränken müssen. Bands aus ganz Europa, Belgien, Ungarn Polen. Sie bestätigt, dass es sich dabei ausschließlich um Bands aus der rechten Szene gehandelt habe. Götzl fragt die Zeugin, warum sie zu dem politischen Bereich von sich aus nichts erzählt habe. Wenn der Begriff ‚rechts‘ falle, so die Zeugin, werde man als Person damit in Zusammenhang gebracht, dann habe das grundsätzlich eine sehr negative Bedeutung. Aber der Mensch hinter dem Begriff werde nicht gesehen. Götzl verweist noch einmal darauf, dass die Zeugin möglichst vollständig schildern solle, wie ihre Einstellungen waren. Sonst müsse nur intensiver nachgefragt werden.

Gefragt nach der politischen Einstellung von Jan Werner und Thomas Starke gibt die Zeugin zu beiden an: rechts. Auf die Frage nach der Struktur von B&H, antwortet die Zeugin, das sei ein Stammtisch gewesen, zu dem Leute, die Interesse hatten, gekommen seien. Bedingungen habe es nicht gegeben. Götzl kommt noch einmal auf Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe zu sprechen und will wissen, ob ihr diese Namen etwas sagten. Sie kenne diese nur aus der Presse und im Zusammenhang mit dem Prozess. Sie habe vorher keinen Kontakt gehabt. Fragen, ob sie um Unterstützung angefragt worden sei, verneint die Zeugin. Auch wegen ihres Reisepasses sei sie nie gefragt worden, auch wenn Starke so etwas behauptet habe. Sie gibt an, nie zwei Reisepässe gehabt zu haben, das gehe ja gar nicht. Götzl zitiert aus einem Ermittlungsvermerk, aus dem ersichtlich wird, dass die Zeugin von Juli 1998 bis 09.11.1999 zwei gültige Reisepässe besessen habe. Götzl will wissen, was sie dazu sage. Das hätten ihr die BKA-Beamten damals auch vorgelesen, so die Zeugin, aber sie habe niemals zwei Pässe gehabt. Vielleicht hänge das mit der Namensänderung von der Ehe zusammen, diese Neubeantragung, das nehme sie an. Götzl will nun wissen, ob sie bei einem Vorfall zugegen gewesen sei, bei dem Thomas Starke verletzt worden sei. Die Zeugin bejaht das. Sie seien auf einer Feier gewesen und hätten ihn abends aufgesucht, angetrunken. Sie habe geklingelt und er sei dann die Treppe herunter gekommen. Dann habe Jean B. dem Thomas Starke eine Ohrfeige gegeben. Es sei um eine Aussage in einer laufenden Ermittlung gegangen, die Thomas Starke angeblich gegenüber der Polizei gemacht habe. Auf Nachfrage gibt sie an, das habe mit dem Landserprozess zusammen gehangen, der damals in Berlin anhängig gewesen sei. Sie wisse nicht, ob der da Leute beschuldigt habe. Auf Nachfrage gibt sie an, Jean B. habe in der Sache auch vor Gericht gestanden.

Die Frage, ob im Rahmen von B&H auch die Rede von Anschlägen gewesen sei, verneint die Zeugin. Niemals. Ebenso die Frage, ob sie bei Jan Werner Waffen gesehen habe oder Waffen Thema gewesen seien. Sie bejaht, Szczepanski zu kennen. Auf die Frage, woher, gibt die Zeugin an, der habe damals in Haft gesessen und der Kontakt sei über Briefe entstanden. Irgendwann habe er gesagt, wenn er einen Arbeitsvertrag nachweisen könne, dann würde er beim Arbeitsamt in ein Förderprogramm fallen und früher aus der Haft entlassen werden. Dann habe ihr Ex-Mann ihn in seinem Laden eingestellt. Sie selbst habe beim Arbeitsamt in Limbach für Szczepanski die Fördergelder beantragt. Da sei es schnell gegangen, dass der Freigänger geworden sei. Dadurch habe ein intensiver Kontakt bestanden. Auf Nachfrage gibt Probst an, der Briefkontakt sei so 1997 entstanden und, vielleicht 99, habe sie den Antrag beim Arbeitsamt gestellt. Die Frage, ob mit sie ihm im Gespräch gewesen sei, ob sie ihren Reisepass zur Verfügung stellen könnte, verneint die Zeugin. Auch sonst hätte sie nicht über geschäftliche Dinge gesprochen. Götzl zitiert eine Erkenntnismitteilung des BfV, in der Bezug genommen wird auf Erkenntnisse des LfV Brandenburg. Danach hätten Jan Werner und Probst im September 1998 Kontakt zu den damals untergetauchten Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe unterhalten. Die Zeugin streitet das ab, das stimme überhaupt nicht, sie habe die drei nicht gekannt und weder mit Jan Werner noch mit anderen jemals darüber geredet. Da komme ja eigentlich nur Szczepanski in Frage, weil die Information aus Brandenburg sei. Götzl will wissen, was die zwangsläufige Linie sei. Es sei ja, so Probst, später rausgekommen, dass er damals schon V-Mann war. Das habe sie im Spiegel mitbekommen. Auf die Frage, ob sie dann noch einmal Kontakt zu ihm gehabt habe, verweist die Zeugin auf ein Telefonat, bei dem sie habe wissen wollen, ob das stimme. Er habe das abgestritten. Danach sei das Handy nicht mehr erreichbar gewesen.

Götzl hält ihr verschiedene Informationen vor, wonach Jan Werner und das B&H-Netzwerk Waffen, Sprengkörper – auch für die drei Flüchtigen – beschafft sowie Geld für Waffen bereit gestellt haben soll. Probst gibt an, nie etwas davon gehört oder mit jemandem darüber gesprochen zu haben. Waffen hätten nie eine Rolle gespielt. Auch von geplanten Überfällen für die Finanzierung der Flucht des Trios aus Deutschland habe sie nichts gehört und hätte nie mit jemandem darüber gesprochen. Götzl hält ihr erneut Hinweise vor, wonach Probst der weiblichen Person des Trios ihren Pass zur Verfügung stellen wollte, was die Zeugin vehement abstreitet. Auch erklärt sie die Information, sie und Jan Werner seien unabhängig für das Trio tätig gewesen, für falsch. Götzl hält eine Mitteilungen des LfV Sachsen vom 16.11.2011 vor, wonach laut einem Bericht des LfV Sachsen das Trio 1998 vorhatte, sich ins Ausland abzusetzen und Probst Zschäpe ihren Ausweis zum Zweck der Ausreise zur Verfügung stellen wollet. In einer Erkenntnismitteilung vom 29.11.2011 hieß es, bei einem Treffen der B&H-Sektion am 14.06.1998 habe Probst angeregt, die politische Arbeit im Untergrund in Form von Anschlägen durchzuführen. Probst weist das zurück. Von der BKA-Vernehmung wisse sie, dass Starke das behaupte, aber sie habe damals ein einjähriges Kind gehabt und hätte sowas nie gewollt. Das sei eine ganz böswillige Unterstellung.

Götzl hält eine weitere Erkenntnismitteilung vor, wonach Probst von drei sächsischen Skinheads gesprochen habe, die auf der Flucht seien und deren Fall medienbekannt sei. Die Zeugin verneint, so etwas gesagt zu haben, sie habe davon ja nichts gewusst. Das sei von einer Person einfach behauptet worden. Auch die Information, einer von den Dreien habe anonym für das „White Supremacy“ geschrieben und diese wollten sich mit geliehenen Pässen nach Südafrika absetzen, habe sie nicht gehabt. Sie habe vorhin schon gesagt, dass sie nicht wusste, ob Jan Werner alleine geschrieben habe. Weiter hält Götzl die Information vom 98.09.1998 vor, B&H Sachsen habe Kontakte nach Brandenburg, Berlin, Tschechien, Ungarn und Kroatien, worauf die Zeugin angibt, Berlin und Brandenburg stimme, aber in Kroatien sei sie voriges Jahr das erste Mal im Urlaub gewesen. Die Frage, ob ihr Ehemann bei B&H gewesen sei, verneint sie. Götzl hält eine Mitteilung vom 26.09.1998 vor, wonach Probst am 26.09. an einem Konzert von B&H-Sachsen in Munzig teilgenommen habe. Am Rande des Konzertes sei bekannt geworden, dass Jan Werner mit dem Versuch, die Flüchtigen mit Waffen zu versorgen noch nicht erfolgreich gewesen sei und es weiter versuchen würde. Die Zeugin weiß nicht, ob sie bei diesem Konzert gewesen ist. Sie schließe es fast aus, denn ihr Zweitgeborenes sei noch sehr klein gewesen. Die Fragen, ob sie André oder kenne, verneint die Zeugin. Götzl fragt nach ihren Kontakten ins Erzgebirge. Dort kenne sie von B&H Jörg A., so die Zeugin, der sei im Laden in Aue Mitarbeiter geworden. Darüber hinaus habe sie noch seinen Bruder gekannt, gibt sie auf Nachfrage an. Das sei ein privater Kontakt gewesen. Götzl zeigt auf André Eminger auf der Anklagebank und will wissen, ob die Zeugin ihn kennt. Sie verneint das.

Götzl kommt auf die Vernehmungen zu sprechen und zitiert aus ihre Aussage. Auf die Bitte, ihren politischen Werdegang zu beschreiben, habe sie geantwortet “Vielleicht B&H, der Mist?”. Götzl will wissen, warum haben sie das so formuliert habe. Das habe sich auf die die späteren Jahre bezogen, so die Zeugin, als sie gemerkt habe, das sei nicht ihrs. Auf Nachfrage sagt sie erneut, weil es nur ums Geld verdienen gegangen sei. Götzl verweist auf den Widerspruch, dass Probst in der ersten Vernehmung nichts darüber gesagt habe, dass sie Gründungsmitglied von B&H gewesen sei, in der zweiten jedoch schon. Er will wissen, warum sie das zunächst nicht erwähnt habe. Sie könne sich jetzt vorstellen, so Probst, dass sie völlig überfordert gewesen sei mit der Situation, dass das BKA sie überhaupt vorgeladen habe. Da hätten natürlich auch Ängste eine Rolle gespielt, dass man für was im weiteren Sinne bestraft werden könnte, obwohl man nichts getan habe. Auf die Frage, welche Befürchtungen sie da gehabt habe, erwidert sie, das habe damit zusammengehangen, dass B&H ja mittlerweile verboten sei. Sie habe Angst gehabt, in eine Konfrontation zu geraten mit einer verbotenen Organisation. Sie bejaht, dass ihr bei der Vernehmung Lichtbilder gezeigt worden sind, auf Nachfrage erinnert sie sich an Fotos, die wie eine Art Passfotos gewesen seien und ein Foto einer Party, bei der Frau Zschäpe im Hintergrund stehe und eine weibliche Person von der Seite zu sehen sei. Die BKA-Beamten hätten gesagt, dass sei sie gewesen. Sie könne es nicht mit Sicherheit sagen, gibt sie auf Nachfrage an, es sei nicht zu erkennen.

Es wird ein Foto in Augenschein genommen. Die Zeugin erkennt sich. Weitere Personen erkennt sie zunächst nicht. Sie sei sich nicht sicher, ob eine Person – sie deutet auf einen Skin an der linken Seite des Fotos – Steffen H. sei. Das ‚Mädel‘ auf dem Foto kenne sie nicht. Sie sei sich auch nicht sicher, ob sie das Foto schon gesehen habe, sie habe es ein bisschen anders in Erinnerung. Es folgt ein zweites Foto. Die Zeugin erkennt sich rechts hinten. Sonst niemanden. Sie habe das Foto noch nie gesehen. Götzl hält ihre Aussage vor, aus der ersichtlich wird, dass ihr das erste Foto vorlegt wurde und sie zusätzlich eine Alina identifiziert habe. Probst’s Erinnerung kommt zurück und sie gibt an, es könne sein, dass Alina aus Zwickau auf dem Bild zu sehen sei. Sie hätte sie vielleicht 1996 das letzte Mal gesehen. Auf die Frage, wo das Foto entstanden sein könnte, gibt die Zeugin an, das könne im Marienthal in Zwickau gewesen sein. Zeitlich könne das 1995 oder 1996 gewesen sein. Götzl hält der Zeugin ihre Aussage zum zweiten Asservat vor, wonach sie nur sich selbst erkenne und den frontal abgebildeten Mann nie gesehen habe. Der sage ihr nichts, wiederholt die Zeugin, das sei auch nicht Steffen H., dessen Namen sie vorher im Zusammenhang mit dem ersten Foto genannt habe, gibt sie auf Nachfrage an.

Auf die Frage, ob die beiden Bilder in der gleichen Situation aufgenommen worden seien, meint die Zeugin, das könne sein, denn sie habe die gleiche Kleidung an. Götzl interveniert, es gehe ihm nicht um Rückschlüsse, sondern darum, ob Erinnerungen wiederkommen. Das verneint die Zeugin. Auf die Frage, was es zu dieser Alina noch zu sagen gäbe, antwortet Probst, sie seien nicht sonderlich befreundet gewesen, sie hätten sich gekannt und seien ab und zu zusammen weggegangen.

Götzl hält Probst ihre frühere Aussage vor, wonach sie André Eminger und seinen Bruder aus dem Erzgebirge kannte. Die Zeugin schweigt. Auf Nachfrage sagt sie, dazu könne sie nichts sagen. Götzl wird ungeduldig, die Vernehmung sei 2012 gewesen, das könne doch nicht so schwierig sein. Das wisse sie, gibt die Zeugin zurück, sie frage sich das auch gerade. Götzl hält weiter aus der Aussage vor, wonach Probst angegeben hat, die beiden Emingers hätten einen Laden in Aue eröffnen wollen. Er will wissen, ob es Absprachen mit ihrem Ex-Mann gegeben habe. Die Zeugin schweigt. Auf ihre damalige Aussage, die beiden seien auch eine Zeitlang in Chemnitz gewesen, reagiert sie mit „Scheiße“. Götzl fragt, wie er das verstehen solle. Probst meint, das stelle natürlich ihre Glaubwürdigkeit in Frage. Götzl fragt noch einmal nach, was die Zeugin über André Eminger und zu Aue in Erinnerung habe, woraufhin Probst erwidert: „Nachdem Sie mir das vorgelesen haben, könnte ich Ihnen jetzt sagen: Stimmt, da war was. Aber das würden Sie mir nicht glauben.“ Götzl insistiert, er wolle wissen, was wahr ist, also ob sie André Eminger und Maik Eminger kenne oder nicht. Sie kenne sie nicht, gibt die Zeugin an, aber mit dem Laden, das stimme. Das habe ihr Ex-Mann mal zu ihr gesagt, dass er ihn angesprochen hätte und einen Laden eröffnen wolle. Götzl will wissen, wie es zu der Aussage jetzt komme. Das sei ihr eingefallen, sie wisse, dass es total unglaubwürdig klinge.

Götzl wechselt das Thema und will wissen, was sie zu Jörg W. sagen könne. Der sei, so Probst, aus Dresden und auch bei B&H gewesen. Über die Art des Kontakts sagt sie, sie hätten sich an den Stammtischsitzungen getroffen und seien zusammen auf Veranstaltungen gewesen. Das sei nicht sonderlich intensiv gewesen. Ob Jörg W. Bezug zu Waffen oder Sprengstoff gehabt habe, wisse sie nicht, das sei auch nicht Thema gewesen, antwortet die Zeugin auf Nachfrage. Die Fragen ob sie Ralf Wohlleben, Holger Gerlach oder Carsten Schultze kenne, verneint die Zeugin. Götzl fragt nach Spendensammlungen, die im Rahmen von B&H für andere Personen stattgefunden haben. Davon weiß die Zeugin nichts.

André Emingers Verteidiger, RA Kaiser, schaltet sich ein. Er habe den Eindruck, dass die Zeugin verunsichert und sich der Tragweite ihrer Äußerungen nicht bewusst sei. Er regt an, ihr einen Zeugenbeistand zur Seite zu stellen. Götzl schickt die Zeugin hinaus und fordert von RA Kaiser eine Begründung ein. Dieser sagt, er gehe davon aus, dass die Zeugin verunsichert sei und ein Zeugenbeistand ihr die Angst nehmen und ihr Aussageverhalten damit flüssiger werden könne. Götzl erwidert, es sei doch selbstverständlich, dass das Gericht die Erwartung habe, dass die Zeugin die Wahrheit sagt. BAW Diemer unterstützt das, die Zeugin müsse heute einfach die Wahrheit sagen, egal, was sie früher gesagt habe. Ein Zeugenbeistand sei nicht notwendig. Verteidiger RA Stahl befürwortet einen Zeugenbeistand, da sich die Zeugin in Gefahr begeben könne, dass gegen sie ein Ermittlungsverfahren eingeleitet werden könnte, wenn sie bei der Vernehmung Dinge berichtet hätte, die nicht richtig seien. RA Kaiser unterstützt, ein Zeugenbeistand würde in dieser Situation beruhigend auf die Zeugin einwirken, woraufhin der NK-Vertreter Martinek erwidert, wenn diese Argumentation zuträfe, gäbe es hier keinen einzigen Zeugen ohne Zeugenbeistand. Götzl unterbricht die Sitzung. Um 15:32 Uhr setzt Götzl die Sitzung fort und betont, es reiche für einen Zeugenbeistand nicht aus, dass der Zeuge dann ruhiger werde. Das seien keine besonderen Umstände im Sinne der Vorschrift. Allerdings sei die Zeugin schon lange unterwegs, es sei sinnvoll, sie erneut zu laden und zwar für den 10.12.2014, um 9:30 Uhr. Götzl selbst sei noch nicht zu Ende mit seinen Fragen, so dass die Befragung heute nicht zu Ende gebracht werden könne.

Die angekündigten Erklärungen zum Zeugen Dalek liegen noch nicht vor, deswegen werden diese nicht behandelt. Die BAW nimmt dann zu dem Beweisantrag von Nebenklageanwalt RA Reinecke bezüglich des Zeugen Stellung. OStA Weingarten beantragt, den Antrag abzulehnen. Die Beweiserhebung sei aus tatsächlichen Gründen bedeutungslos. Die Beweisbehauptung gebe lediglich eine Behauptung wieder. Soweit unter Beweis gestellt werde, Böhnhardt habe in einer Disko mit einer Schusswaffe auf eine Person gezielt, sei das für die Anklagevorwürfe gegen Zschäpe fragil. Auch die Aufklärungspflicht gebiete die Einvernahme von Rosemann nicht. Nachdem Rosemann auch beim ARD-Dokumentarfilm keine Erkenntnisse zum Puppentorso vorlagen, habe sich das auch nicht aus der polizeilichen Vernehmung ergeben. Es werde auf das erstinstanzliche Urteil Bezug genommen. Götzl kündigt für Dienstag, 25.11.2014, die Verlesung des Protokoll vom 24.06.2014 an, nachdem der Zeuge Müller nicht erschienen sei. Weiterhin sei die erneute Befragung von Carsten Schultze vorgesehen und die Stellungnahme von OStA Weingarten zur Vernehmung von . Ende des Prozesstages um 15:43 Uhr.

Auf dem Blog der NSU-Nebenklage heißt es:
„Probst verharmloste ihre Aktivitäten bis zur Grenze des Erträglichen und darüber hinaus. Bezeichnend war eine Situation, in der sie abstritt, den Angeklagten Eminger und seinen Bruder zu kennen – auf Vorhalt des Vorsitzenden, bei der Polizei habe sie zugegeben, die beiden zu kennen, entgegnete die Zeugin: „Oh Scheiße! Jetzt steht natürlich meine Glaubwürdigkeit total in Frage.“ Weiter versuchte Probst dem Gericht vorzugaukeln, „Blood & Honour“ sei für sie keine politische Betätigung gewesen: „Wir saßen in einer Kneipe und waren der Meinung, es wäre schön, ein paar musikalische Veranstaltungen zu haben…“
http://www.nsu-nebenklage.de/blog/2014/11/20/20-11-2014/

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