erschienen in: Der StreiT, Herbst 2014
Vom 8-10 Juli fuhren wir mit sieben Personen nach München, um uns an 3 Verhandlungstagen den NSU-Prozess vor dem Oberlandesgericht München anzuschauen. Montag Nacht ging es los, sodass wir pünktlich um 8 Uhr in München waren, und uns gleich auf dem Weg zum Oberlandesgericht machten.
Der Prozessbericht schildert einen subjektiven Eindruck unseres Prozessbesuchs. Für eine detailliertere Darstellung der einzelnen Prozesstage, siehe: www.nsu-watch.info .
Beginn eines Prozesstages
In der Regel beginnt jeder Prozess gegen 9.15 Uhr. Meistens jedoch sind dann noch nicht alle Prozessbeteiligten Vorort, sodass sich der Beginn bis 9.30 hinzieht. Vor dem Gericht selbst gibt es einen Sondereingang für den NSU Prozess, welcher nochmal zwischen Prozessbeteiligten und Zuschauern/Presse unterschieden wird. Während zu Beginn des gesamten Prozesses die Zuschauer und Pressebeteiligung noch sehr hoch war, und man am besten 2 Stunden vorher schon unter dem kleinen weißen Pavillonzelt vor dem Gericht ausharrte, um noch hinein zu kommen, hat das Interesse mittlerweile merklich abgenommen. Während der gesamten 3 Prozesstage waren die Presse- und Zuschauerplätze nie komplett gefüllt. Manchmal kommen Schulklassen oder Studierenden- bzw. Referendargruppen. Normalerweise genügt es aber, sich bis 9 Uhr vor dem Gericht einzufinden. Im Gericht angekommen, muss man erstmal alle Sachen abgeben und wird wie am Flughafen durchleuchtet. Von dem Pass wird eine Kopie angefertigt. In den Zuschauerraum selbst dürfen weder Essen, Getränke und Elektrogeräte wie Laptop und Kamera mitgenommen werden. Danach geht es hoch in den Zuschauerraum.
Das Gericht
Der Zuschauerraum sowie die Presseplätze sind höher gelegen, auf einer Art Empore. Man guckt von oben runter auf den Prozess, getrennt von einer Plexiglasscheibe. Unter dieser Empore im Raum sitzen die Nebenkläger, sodass diese von den Zuschauern/Presse nur über die beiden Projektionen links und rechts der Richterbank gesehen werden können. Sitzt man oben in der zweiten Reihe, kann man gerade mal die Hälfte der Verteidigung, die Richter, die Bundesanwaltschaft und den Rücken des_der Zeug_in sehen. Der Sitzungssaal ist ein Achteckiger Raum, an dem die Zuschauerempore sowie die Plätze der Nebenklage angehängt sind. Der Raum wirkt ein bisschen wie ein Bunker, da bis auf ein paar kleine (geschlossene) Milchglasfenster, keinerlei Fenster bestehen. Demzufolge wird der gesamte Saal künstlich klimatisiert, was zuweilen ziemlich müde macht. Von den Zuschauern aus gesehen, sitzen auf der linken Seite die Angeklagten mit ihren Verteidigern in 3 Reihen hintereinander. Ganz vorne Beate Zschäpe mit ihren 3 Verteidiger_innen sowie André Eminger, dahinter Ralf Wohlleben und dahinter Holger Gerlach und Carsten Schulz (jeweils mit Verteidigern). In der Mitte sitzen Richter Götzl mit 7 weiteren Richter_innen, davor die Protokolant_innen sowie die aussagende Person. Rechts an der Wand sitzen die 4 Bundesanwält_innen, von denen jedoch während des Prozesses nur 3 anwesend waren. Der BAW Range war auch schon im sog. RZ-Verfahren beteiligt. Hinten, wo im normalen Gericht die Zuschauer sitzen, saßen die Nebenkläger_innen mit ihren Anwält_innen. Diese werden über einen Beamer auf zwei Projektionsflächen an beiden Seiten neben der Richterbank (!) projeziert. Diese Projektionsfläche wird auch für die Augenscheinnahme von Urkundenbeweisen benutzt. Es besteht somit kein direkter Augenkontakt zwischen der Nebenklage und den aussagenden Personen.
Der gesamte Raum ist für die Anzahl der Personen sehr klein. Alle müssen immer sehr nahe an den anderen Personen vorbei gehen. Hierdurch entsteht eine (ungewöhnliche) Nähe zwischen den Prozessbeteiligten, vor allem zwischen den Zeugen bzw. Nebenklage und den Angeklagten, welche nur 1-2 Metern auseinander sitzen.
Auf der Empore selbst finden ca. 100 Personen Platz, wobei die Presse (von der Richterbank gesehen) links und die sonstigen Zuschauer rechts sitzen. Unter den Zuschauern waren während der 3 Tage einige Angehörige der Angeklagten, sowie ein kleiner Kreis eingeschworener Prozessbesucher, welche, bis auf wenige Ausnahmen, alle Prozesstermine besucht haben und sich während der vielfachen Unterbrechungen lebhaft austauschen. Dazu kommen die ca. 6 Justizvollzugsbeamt_innen sowie 2 Sanitäter_innen, welche meist gelangweilt auf der letzten Bank rumsitzen.
Prozessbeginn/ Prozessverlauf
Ab ca. 9 Uhr kommen die ersten Prozesbeteiligten herein. Meistens zuerst die Nebenkläger_innen mit ihren Anwält_innen, einzelne Verteidiger_innen sowie die BAW. Die Angeklagten (bis auf André Eminger) kommen alle zusammen aus einem Sondereingang herein. Alles läuft sehr routiniert ab. Alle kommen herein, die Presse macht Fotos. Beate Zschäpe kommt zuerst und dreht sich mit dem Rücken zu den Fotografen, zusätzlich abgeschirmt durch ihre Verteidiger_innen. Carsten S. Kommt immer mit tief im Gesicht hängender Kapuze herein. Schlussendlich betreten die 8 Richter_innen den Raum. Richter Götzl eröffnet den Prozess und fragt zuerst die Anwesenheit ab, wobei jede_r einzelne Nebenkläger_in bzw. dessen Anwält_innen einzeln aufgerufen werden. Dann werden meistens die ersten Zeug_innen bzw. Sachverständige aufgerufen oder Erklärungen verlesen.
Um 12 Uhr, meistens auch etwas früher, gibt es eine Mittagspause von meistens 1 Stunde. Je nach Anzahl der Zeugen, dauert der Prozess dann noch bis 15-17 Uhr.
Montag der 8. Juli, Prozessbeginn 9.45 Uhr
1. Zeuge, Tatkomplex: Kiesewetter-Mord
Der erste Zeuge hat ein Wohnmobil ausgeliehen, welches zuvor von Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe benutzt wurde. Er konnte nichts besonderes feststellen, außer, dass es am Tag zuvor zu spät abgegeben wurde und deswegen nicht fertig gereinigt zur Abholung bereit stand. Der Zeuge hatte Schwierigkeiten, auf die Fragen zu antworten, da ihm einfach nichts besonderes an dem Wohnmobil aufgefallen war bzw. er sich auch nicht mehr gut erinnern kann. Dies alles mündete in dem Zitat: „Wissen Sie, es war 2007“. Des Weiteren hat er sich auf routinierte Tagesabläufe bezogen, und daraus seine Schlüsse gezogen. Ein Vorgehen, welches häufig von Zeug_innen angewandt wurde.
2. Zeuge, Tatkomplex: Kiesewetter Mord
Auch der zweite Zeuge hatte das Wohnmobil mit ausgeliehen. Er war der Schwiegervater vom ersten Zeuge. Bei seiner Aussage sowie seiner Berufsbezeichnung: „Rentner-Ost“ gab es immer wieder Gelächter im Gerichtssaal.
3. Zeugin, Tatkomplex: Tod von Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt.
Die Zeugin gibt an, sie habe Beate Zschäpe (Z) über die Straße gehen sehen. Sie beschrieb sie als „geschockt“, „teilnahmslos“, sie habe „weder links noch rechts geguckt“. Des Weiteren war Sie davon überzeugt, Z am Sonntag gesehen zu haben, wobei Sie sich wieder auf feste Tagesabläufe bezieht. Selbst als Götzl ihr vorhält, dass es ein Samstag gewesen sein muss, hält sie an ihrer Meinung fest. Mit der Zeit der Befragung wird die Zeugin jedoch immer unsicherer, ob sie nun wirklich Z. gesehen hat. Die ihr gezeigten Lichtbilder werden von der Verteidigung Zs beanstandet, von 5 Bilden sei Z Auf zwei Bildern abgebildet. Es wird aber kein Antrag oder ähnliches gestellt. Danach wird sie noch vom Verteidiger Klemke befragt, ob es wirklich Z gesehen habe, obwohl dieser Verteidiger von Ralf Wohlleben ist.
4. Erklärungen
Die BAW gibt eine Erklärung zu einem Beweisantrag der Rechtsanwältin (RA‚in) Lunnebach ab, welche die VS Akten zu Johann Helfer, welcher der NSU Sprengstoff geliefert haben soll, in den Prozess einführen will. Die BAW hält diesen Antrag für nicht sachdienlich und lehnt ihn ab. Danach folgt ein weiterer Beweisantrag von RA‚in Lunnebach auf Beiziehung von Verwaltungsakten zu Waffenrechtseinträgen von Johann Helfer. Auch diesen Antrag lehnt die BAW in einer Erklärung ab.
Mittagspause
5. Zeuge, Rechtsanwalt Thomas Jauch
Tatkomplex: Allgemein NSU.
Thomas Jauch ist ein bekannter Szene-Anwalt, der scheinbar jede Person, welche ihm vorgehalten wurde, schon in irgendeiner Weise rechtliche beraten bzw. vertreten hat. Dies gilt auch für alle Angeklagten sowie alle, welche mit diesen irgendwie in Verbindung standen.
Gleich zu Beginn beanstandet Verteidiger Stahl, dass Jauch nicht aussagen dürfe. Selbst die Angabe, eine Mandatsbeziehung habe vorgelegen, führe schon zur Strafbarkeit des Anwalts nach §203 StGB. Die Befragung durch Götzl in diese Richtung, käme einer Anstiftung gleich. Des Weiteren schütze §203 StGB die Mandant_innen, sodass Jauch nicht selbst entscheiden könne, ob er sich nun einer Strafbarkeit aussetzt oder nicht. Es gab daraufhin angeregte Diskussionen zwischen Götzl und der Verteidigung sowie zahlreiche Unterbrechungen, da Stahl jegliche Fragen beanstandete, und hierzu einen Beschluss haben wollte. Jauch selbst war nicht sehr geprächig, leugnete meist jegliches Wissen oder gab an, die Frage nicht zu verstehen. Hierzu gehörte vor allem jegliche Handlungen, welche länger als 10 Jahre zurückliegen, da hierzu alle Akten vernichtet worden seien.
Als Götzl seine Befragung beendet hatte, begann die Nebenklage Fragen zu stellen. Hierauf antwortete Jauch jedoch, dass er nicht vorhabe, auf die Fragen der Nebenklage zu antworten. Nach einer kurzen Zurechtweisung durch Götzl, antwortete Jauch auf die Fragen, jedoch gewohnt wortkarg oder gab sich unwissend. Er habe keine Ahnung, an wen er seine Grundstücke vermietet habe, noch weniger, was auf diesem Gelände passierte (Veranstaltung von Rechtsrock-Konzerten). Keine Ahnung was ein braunes Haus ist1, und für Verbindungen zu dem Verfassungsschutz mangele es ihm „an der erforderlichen Verlogenheit und Verschlagenheit“. Nach weiteren Unterbrechungen und Streitigkeiten um die Zulässigkeit von Fragen, wurde Jauch entlassen.
9. Juli, Prozessbeginn 10.20
Der zweite Prozesstag begann etwas verspätet, da Z über Kopfschmerzen klagte und erst eine Tablette nahm. Dass diese Information nach außen drang, wurde zugleich von ihrer Verteidigerin Sturm gerügt.
1. Zeuge, Matthias Dienelt.
Tatkomplex: Wohnungsgeber für NSU
Matthias Dienelt (D) kommt in den Saal und lächelt Z zu. Er soll Mietverträge für die NSU abgeschlosen sowie mit ihnen zusammen gewohnt haben. Da gegen ihn deswegen noch ein Ermittlungsverfahren läuft, hat er ein umfassendes Aussageverweigerungsrecht, von dem er auch Gebrauch macht.
2. Zeuge, Vernehmungsbeamter von Dienelt.
Tatkomplex: Wohnung NSU, Explosion der Wohnungsgeber.
Der Vernehmungsbeamte (VB) hat D, zwei Tage nach dem dessen Wohnung explodiert ist, vernommen. Derschien mit einem Anwalt, was der VB komisch bzw. ungewöhnlich fand. D habe mit dem ebenfalls angeklagten André E. Zusammen gewohnt, dieser stellte dann den Kontakt zu den drei Personen, Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe her. Er selbst kannte die drei nur unter Tarnnamen, wobei er ausschließlich mit „Burkhardt“ die Mietsachen geregelt haben will. Er bezog unter der Woche ein Zimmer in der Wohnung, hat nachts gearbeitet und tagsüber geschlafen. Der VB beschreibt D als sehr naiven Menschen, der wohl keine Ahnung von den Handlungen der drei Personen hatte. Sie haben nur über belanglose Dinge beim Kaffeetrinken gesprochen. D habe die Wohnung anmieten müssen, weil „Burkhardt“ einen Schufa Eintrag gehabt hätte, wobei D Nie den Hauptmietvertrag oder den Untermietvertrag gesehen haben will. Bei einer Lichtbildvorlage will D nur Z wiedererkannt haben2
Der VB gab zu, dass er sich selbst nicht gut auf die Vernehmung vorbereitet habe. Er habe nicht gewusst, dass André E. und D in der rechten Szene aktiv gewesen wären. Es sei eine bewegte Zeit gewesen, deshalb die eher oberflächliche Befragung.
Nach Befragung gibt RA Stahl eine Eklärung ab. Die BAW stütze ihre Vorwürfe gegen Z darauf, sie habe das Geld der Drei verwaltet. Der VB habe aber soeben erklärt, dass die gesamte Mietsache von „Burkhardt“ organisiert wurde und nicht von Z.
Mittagspause
3. Zeuge, Jan Böhnhardt (Bruder von Uwe Böhnhardt)
Tatkomplex: Allgemein NSU
Da Uwe Böhnhardt verstorben ist, kann sich Jan Böhnhardt (JB) nicht auf ein Zeugnisverweigerungsrecht gem. §55 Abs. 1 StPO berufen. Er wird von Götzl mehrfach aufgefordert, einfach mal etwas aus dem Leben von Böhnhardt zu erzählen bzw. ihn zu beschreiben. JB tut sich jedoch sehr schwer, die Befragung gestaltet sich sehr zäh. Er gibt nur einzelne Antworten und weiß auch nicht so recht, was er sagen soll. Seine Beschreibungen enden meistens mit „ganz normal“. Des Weiteren sind seine Angaben, vermutlich aufgrund des langen Zeitraums, sehr ungenau. Es fallen oft die Worte „vieles, möglich, manchmal, öfters“, wobei er auch Schwierigkeiten hat, konkreter zu werden.
“Rechts zu sein war halt Kult damals”
Er beschreibt Uwe Böhnhardt als ganz „normalen“ Jungen und Schüler. Irgendwann merkte, er, dass Uwe Böhnhardt in die rechte Szene „reingerutscht“ ist, er wusste aber nicht wie tief und konnte auch das Ausmaß nicht absehen. Er beschrieb ihn weiterhin eher als „Mitläufer“, die rechte Szene „war halt Kult damals“.
JB verbot Uwe Böhnhardt, bei ihm Springerstiefel zu tragen. UB spielte ihm auch einmal rechte Musik vor, die mochte er aber nicht. Es hat auch politische Gespräche gegeben, an den genauen Inhalt kann er sich aber nicht mehr erinnern. UB habe wohl mal etwas gesagt wie „die Ausländer sind schuld“, aber an konkreteres kann sich JB auch nicht mehr erinnern.
Mit 18 ist UB ausgezogen.Er hat die Schule und seine Lehre abgebrochen, aber JB konnte auch keine große Stütze für ihn sein, da er seine eigene Familie hatte um die er sich kümmern musste. Er beschrieb UB als das 5. Rad am Wagen. UB verbrachte die Tage wohl mit lange schlafen, „rumgammeln“ und in der Stadt rumlaufen. Irgendwann hat UB dann Z kennen gelernt, und sie auch mal JB vorgestellt. Den Mundlos kennt JB nicht persönlich, er hat ihn nur einmal mit UB zusammen auf der Straße laufen sehen.
JB berichtet weiter, dass UB ein Luftgewehr und eine Armbrust hatte. Die Waffen gab es im Ort bei „Waffen Peters“ einfach zu kaufen. Auf die Frage Götzls,was für ein Verhältnis UB zu Waffen gehabt hätte, antwortet er: „ein gutes“.
Nach dem Untertauschen von UB hat JB ihn nicht mehr gesehen. Seine Eltern haben ihm 2000 und 2002 gesagt, dass Sie ihn getroffen hätten.
Die Befragung war geprägt von der Unsicherheit von JB. Es gab immer wieder Gelächter oder Raunen bei den Zuschauern bzw. der Presse. Seine Verzweiflung und seine schlechte Erinnerung versucht er zu verteidigen „ Es hat 15 Jahre Niemanden interessiert, bis heute“.
Nach der Befragung gab es noch einen Beweisantrag der Nebenklage, zwei Ausgaben der Nazi-Zeitschrift „The Aryan Law and Order“ , die beim Verfassungsschutz liegen, beizuziehen. Darin enthalten sind Artikel zur „Weißen Bruderschaft Erzgebirge“, zu welcher auch Dienelt gehörte. Diese Artikel sollen verlesen werden.
10. Juli, Prozesstag
Am 10 Juli gab es mit Claudia Roth von den Grünen eine Überraschungszuschauerin, welche zusammen mit dem türkischen Konsul aus Berlin zum Prozess angereist ist. Dies sorgte für einigen Wirbel bei der Presse und den Fotografen, was dazu führte, dass alle Berichte dieses Prozesstages weitgehend über diesen Besuch berichtet haben.
Zeugen: BKA und LKA Beamte/ Erklärung Verteidiger Klemke
Tatkomplex: Vernehmung Vater Mundlos.
Die beiden Beamten schildertern die Vernehmung des Vaters von Uwe Mundlos. Er sei sehr erregt gewesen und habe seine eigene Geschichte erzählen wollen, welches eine „ordentliche“ Vernehmung erschwert habe. Des Weiteren habe er gegenüber dem Verfassungsschutz, dem Thüringer Heimatschutz, Tino Brandt und Ralf Wohlleben schwere Vorwürfe erhoben. Sie hätten maßgeblich zur Professionalisierung dieser „Mörderbande“ beigetragen. Die Beamten geben jedoch auch an, dass Mundlos diese Informationen weitgehend aus der Presse hat.
Danach gab Klemke eine Erklärung ab, wonach die Angaben der Polizisten keinen Beweiswert hätten. Mundlos habe in seiner eigenen Vernehmung zugegeben, dass er seine Informationen aus der Presse hat und seine Beschuldigungen gegenüber dem VS und Ralf Wohlleben zurückgenommen.
Zeuge Markgraf Staatsschutzabteilung Berlin
Tatkomplex: Raubüberfälle, Ilmenau, Eisenach (evtl. weitere)
Der Zeuge war damit beauftragt, die Raubserie des Trios, welche Raubtaten zwischen 1998 und 2011 umfasste, zu untersuchen. Vor allem wurden gefundene Beweisstücke wie Masken, Schuhe, Kleidungsstücke, ein silberner Revolver, Fahrradhandschuhe und Geldbeträge aus der Aservatenkammer mit Überwachungsbilldern von den jeweiligen Tatorten verglichen. Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos konnten anhand ihrer Schuhgrößen auseinander gehalten werden. Die Maske von Uwe Mundlos hat er selbst gebaut. Die Raubüberfälle wurden mit hochwertigen Mountainbikes durchgeführt. Im abgebrannten Wohnmobil wurde die Beutesumme des letzten Raubüberfalls in Höhe von 71.915€ gefunden3. Darüber hinaus wurden weitere 40.000€ gefunden, davon 20.000 eingeschweißt und 20.000 lose in der Wohnung.
RA Stahl gibt eine Erklärung ab, in der er ausführt, dass das lose Geld in der Wohnung darauf hindeutet, dass Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt das Geld selbst verwaltet haben. Nebenklage-Anwalt Hoffmann entgegnet, dass das lose Geld auf gar nichts hindeutet. Die eingeschweißten Beträge deuten eher daraufhin, dass das Geld noch weiter transportiert werden soll.
Mittagspause
Zeuge Thomas Gerlach
Tatkomplex: Allgemein, Verbindung zu André Eminger und Ralf Wohlleben
Der Zeuge Thomas Gerlach ist eine sehr aktive Person in der rechten Szene Thüringen/Sachsen. Er ist Mitglied mehrerer loser Kameradschaften, dem „Freien Netz“, dem Kampfbund deutscher Sozialisten und den Nationalen Sozialisten Altenburger Land. Ihm wird vorgehalten, eine Schusswaffe besorgt zu haben. Er gab jedoch an, selbst nie Schusswaffen besorgt zu haben, er kenne jedoch Personen die dies können. Er wird vom Richter Götzl zu mehreren Themen wie Volkstod, Führerloser Widerstand, und seiner eigenen politischen Tätigkeit befragt. Laut eigener Aussage habe Er selbst nur Propaganda gemacht und sich nie an militanten Aktionen beteiligt. Es gebe im Moment keine Mehrheit in Deutschland, die seine Ansichten teile, deswegen müsse man offen und gemäßigt auftreten. Gewalt schrecke eher ab und sei somit für ihn kein legitimes politisches Mittel. Er habe versucht, ein Netzwerk aus freien Gruppen im Altenburger Land aufzubauen. Jede Gruppe sollte selbständig organisiert sein. Die Gruppen sollten sich untereinander helfen und bei politischen Aktionen unterstützen.
Thomas Gerlach behauptet, den Begriff NSU erst 2011 aus der Presse erfahren zu haben. Die drei Hauptpersonen, hätte er bis dahin nicht gekannt. Er kenne Ralf Wohlleben aus dem „freien Netz“. André E. sei ihm nicht „bewusst“ bekannt, vielleicht habe er ihn mal auf einer Demonstration gesehen.
Thomas Gerlach wird zu weiteren Personen sowie zu den „Hammerskins“ befragt. Er verweigert dazu eine Aussage, ohne sich jedoch auf einen bestimmten Verweigerungsgrund zu berufen. Er könne es mit seinem „Wertegefüge“ nicht vereinbaren, seine Freunde durch seine Aussagen zu gefährden. Er behauptet, die BAW würde die Namen an die Presse geben und die Nebenklage stehe im direkten Kontakt zu Antifa-Gruppen. Hierdurch würden seine Freunde Probleme bei der Arbeit in ihren Familien bekommen. Dies könne er nicht verantworten. Götzl belehrt Gerlach, dass dies kein Aussageverweigerungsgrund ist, und befragt ihn nach seinen finanziellen Verhältnissen.
„Sie können dass so verstehen, dass ich mich schon sehr ritterlich fühle“
Von einem Anwalt der Nebenklage wird der Zeuge mit Twitter-Nachrichten und Fotos von der Festplatte von Ralf Wohlleben konfrontiert.
“1. Tag der Schande! Die einzig positive Tatsache ist: JEDER Prozesstag in diesem unsäglichen AFFENTHEATER bringt uns näher ans Ende der brD!”
Gerlach hält den Prozess für eine Schande, weil die Angeklagten seiner Meinung nach mit dem Tatvorwurf nichts zu tun haben.
“Die Tafelrunde ist entehrt, wenn ein falscher ihr angehört!” Wolfram von Eschenbach / Fränkischer Ritter um 1200”
Auf die Frage, wer die Tafelrunde und wer der Ritter ist, will Gerlach nicht direkt antworten. Nach einigen Nachfragen sagt G schlussendlich: „Sie können dass so verstehen, dass ich mich schon sehr ritterlich fühle„
Die Fotos zeigen verschiedene Personen, darunter auch Ralf Wohlleben, mit weißen Kutten, gestricktem Kettenhemd und Schwert. Dazu kommen noch weitere Bilder mit Personen die aufgereiht in die Kamera gucken und dabei die Arme kreuzen. Gerlach verweigert zu allen Fragen die Aussage. Der Anwalt der Nebenklage bricht nach mehreren Nachfragen die Befragung ab und fordert die Einsetzung von Ordnungsmitteln.
Die Verteidiger_innen Schneiders und Klemke werfen ein, dass eventuell ein Ermittlungsverfahren gegen Thomas Gerlach läuft, sodass diesem eventuell ein Aussageverweigerungsrecht zusteht. Die Nebenklage hält dagegen, dass sich Thomas Gerlach ja erstmal darauf berufen müsste, bevor dies überhaupt geprüft wird, dies hat er jedoch nicht gemacht. Richter Götzl entlässt Thomas Gerlach ohne die Anwendung von Ordnungsmitteln, lädt ihn jedoch für den 24.7.2014 wieder vor. In der Zwischenzeit sollen eventuelle Ermittlungsverfahren geprüft werden.
Der Verhandlungstag endet um 14.30