An diesem Verhandlungstag wird ein weiterer Geschädigter des Anschlags in der Kölner Keupstraße als Zeuge gehört. Er war während der Explosion in dem Frisörladen, vor dem die Bombe abgestellt war. Danach wird die Vernehmung Enrico Ri. fortgesetzt, dieser wird zur Chemnitzer Neonazi-Szene, zu Mundlos, Böhnhardt, Zschäpe und zu Wohlleben befragt.
Zeugen:
- [AI] (Geschädigter des Bombenanschlags in der Kölner Keupstraße)
- Enrico Ri. (Erkenntnisse zu Mundlos, Zschäpe, Böhnhardt, Chemnitzer Nazi-Szene)
Erster Zeuge ist [AI]. Er berichtet: „Also, in der Keupstraße hatte mein Papa damals einen Laden, da habe ich nebenbei gearbeitet. Ich wollte zum Friseur gehen. Der hat mir die Frisur gemacht, wollte mich rasieren und von hinten Wasser holen und als ich mich gerade zu meiner Freundin drehen wollte ist diese Bombe explodiert.“ Er sei dann reflexartig zu seiner Freundin und sie seien durchs Fenster zum Hof raus, er habe die Polizei angerufen und dann seien sie im Krankenhaus gewesen. Zur Frage nach Verletzungen sagt [AI]: „Nein ich hatte weder was am Ohr, noch irgendwelche Schnittwunden, Gott sei Dank.“ [AI] berichtet, dass seine Freundin verletzt worden sei und stationär im Krankenhaus behandelt worden sei. Diese sei auch ohnmächtig geworden, als sie draußen das ganze Blut gesehen hätten.
Als der Zeuge entlassen ist, wird von verschiedenen Seiten Stellung genommen zum Antrag der Verteidigung Zschäpe vom 183. Verhandlungstag, in dem es um die Nebenklägerin ging, die von RA Hoffmann vertreten wird. OStAin Greger sagt in ihrer Stellungnahme, die Mandantin von RA Hoffmann sei nicht Verletzte eines versuchten Tötungsdeliktes, denn sie habe sich in ihrer Wohnung nicht mehr im tödlichen Wirkungsbereich der Bombe befunden. Aber es könne möglich sei, dass sie Verletzte einer versuchten gefährlichen Körperverletzung ist. Da das gleichstehe bei einer Nebenklage, bestehe weiterhin eine Berechtigung der Betroffenen zum Anschluss als Nebenklägerin. Naheliegend sei, dass die Täter nach ihrem Vorsatz im potentiellen Streubereich befindlichen Bewohner treffen wollten, dass sie jeden treffen wollten, der sich in angrenzenden Wohnungen aufhielt. Hoffmanns Mandantin komme als mögliches Opfer des Anschlags in Betracht. Ein Widerruf der NK-Zulassung und der Bestellung von Hoffmann sei nicht veranlasst.
Danach nimmt auch RA Hoffmann zu dem Antrag Stellung. Ein Grund für einen Widerruf bestehe nicht. Es habe sich durch die Beweisaufnahme nichts geändert. Seine Mandantin habe eine dramatische Einschränkung der Lebensqualität erlitten. Es gebe hier den Vorsatz des Massenmordes. Durch das Kalkül, dass eine Person, die aus Zufall nicht Splittern ausgesetzt war, keine Geschädigte sei, trete in den Hintergrund, dass die Keupstraße getroffen werden sollte. Es handele sich um Terror im ursprünglichen Sinne. Der Antrag wolle nur davon ablenken.
Dann wird die Einvernahme des Zeugen Ri. (181. Verhandlungstag) fortgesetzt. Er wird kurz von Götzl, dann vor allem von Vertreter_innen der NK und abschließend von Teilen der Verteidigung befragt. Götzl fragt danach, dass Ri. angegeben habe, dass Böhnhardt aggressiver als Mundlos war. Der Zeuge bestätigt das. Ri. habe die Drei 1993 kennengelernt, an die Gelegentheit selbst kann er sich nicht erinnern. Ri. sagt dazu, man müsse sich das so vorstellen, dass man Leute in ganz Deutschland und Europa gekannt habe. Irgendwann seien sie mal da gewesen. Anfang der 90er lernte er auch andere Neonazis aus Thüringen kennen, u.a. André Kapke. Aus der NK wird nach Personen aus der Neonazi-Szene aus Chemnitz und Thüringen gefragt, oft mit der Anschlussfrage, ob diese auch Zschäpe, Mundlos, Böhnhardt kennen. Ri. sagt, er habe die Anfang der 90er kennengelernt, er könne zu den Jahren 1997/ 98 nichts sagen. Gefragt nach Wohlleben gibt Ri. an, ihn nicht zu kennen, nur zu wissen, dass es jemanden in Thüringen gegeben habe, der „Wolle“ genannt wurde, er habe diese Person aber nicht gekannt. Von der NK, Götzl und auch der Verteidigung Zschäpe wird Ri. nach der politischen Einstellung der Drei gefragt. Ri. kann sich an nichts Bestimmtes erinnern, sagt aber, er sei davon ausgegangen, dass sie rechts seien. Nachdem der Zeuge entlassen ist, gibt RAin v. d. Behrens eine Erklärung nach § 257 StPO zu Aussage von Ri. ab. Es gebe ja verschiedene Beweistatsachen, die die Verteidigung Wohlleben unter Beweis gestellt habe. Die eine sei gewesen, dass der Zeuge Wohlleben nicht kenne. Das habe der Zeuge bestätigt, aber wenig glaubhaft. Es passe in die Reihe, dass der Zeuge versucht habe, seine Angaben gegenüber dem BKA, soweit sie belastend gewesen seien, herunterzuspielen. Zur zweiten Beweistatsache, der isolierten ideologischen Entwicklung, habe der Zeuge nur bekundet bis 1994. Er habe die vielfältige Beziehungen der Chemnitzer Szene bundesweit und international dargelegt, exemplarisch Verbindungen nach Bayern und Baden-Württemberg. Auch diese von der Verteidigung aufgestellte Beweisbehauptung habe sich nicht bestätigt.
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