An diesem Verhandlungstag ist zunächst ein Sozialarbeiter der Jugendgerichtshilfe Düsseldorf geladen, der mehrere Gespräche mit Carsten Schultze im Zusammenhang mit der Anklage geführt hat und über diese nun als Zeuge berichtet. Dabei geht er sowohl auf den Werdegang Schultzes, als auch dessen Zeit in der Neonaziszene und seinen Ausstieg aus dieser ein. Im Anschluss daran ist Andreas Graupner geladen, der zur Chemnitzer Neonaziszene aussagen soll. Er verharmlost die Zusammenhänge rund um B&H Sachsen in seinen Ausführungen und zieht sich häufig auf Nicht-Wissen zurück.
Zeugen:
- Manfred Br. (Jugendgerichtshilfe, Angaben des Angeklagten Carsten Schultze)
- Andreas Graupner (Erkenntnisse zu B&H Sachsen, „88er“ Chemnitz, mögliche Kontakte zu Böhnhardt, Mundlos, Zschäpe)
Der Verhandlungstag beginnt um 9:50 Uhr. Der psychiatrische SV Leygraf ist anwesend. Erster Zeuge ist Manfred Br., Sozialarbeiter bei der Jugendgerichtshilfe Düsseldorf. Götzl sagt, es gehe um die Angaben, die Br. von Carsten Schultze zu dessen Biografie, zum Verfahrensgegenstand usw. bekommen habe. Dann berichtet Br., er habe zunächst die Anklageschrift erhalten und dann mit der BAW Kontakt aufgenommen, um einen Gesprächstermin zu vereinbaren. Das erste Gespräch mit Schultze habe er am 15.01.2013 in Düsseldorf geführt. Und dann habe er ein weiteres, längeres Gespräch am 06.03.2013 geführt. Und gestern habe er kurz Gelegenheit gehabt in der Mittagspause mit Schultze zu sprechen. Br.: „Herr Schultze wurde vorab über meine Rolle im Strafverfahren informiert, über die Pflicht des Sozialdatenschutzes und dass diese Angaben in einen Bericht einfließen werden, der dem OLG, als auch der StA zur Verfügung gestellt wird.“ Br.: „Ich habe ihn als zurückhaltenden, scheuen jungen Mann kennengelernt.“
Dann berichtet Br. über die biografischen Angaben, die Schultze ihm gegenüber gemacht habe: Schultze sei in Neu-Delhi zur Welt gekommen, auf einer Auslandsreise des Vaters, der für Carl Zeiss Jena gearbeitet habe. Aufgrund psychischer Probleme der Mutter habe die Familie nach Deutschland zurückkehren müssen. Schultze habe gesagt, sie hätten immer in Mietwohnungen gelebt, zunächst in Lobeda, ab 1986 in Winzerla. Br. weiter: „Er habe eine sieben Jahre ältere Schwester, die mit 18 zu Hause ausgezogen sei, daher sei es naturgemäß so, dass man sich nicht so nahe gestanden habe.“ Das habe sich aber später, nachdem sich Schultze aus der rechten Szene verabschiedet habe, geändert, da sei das Verhältnis enger und vertrauter geworden. Die Familie habe sich in seinem Alter von 2 bis 4 Jahren in Belgrad aufgehalten, wo der Vater wiederum eine Auslandstätigkeit gehabt habe. Erneut habe die Familie wegen der Erkrankung der Mutter nach Jena zurückkehren müssen. Auf Frage nach der Erziehung sei von Schultze die Äußerung gekommen, der Vater sei sehr streng gewesen und jemand mit dem man nicht gut habe reden können. Eine richtige Auseinandersetzung sei nicht der Erziehungsstil gewesen. Die Mutter habe ihm mehr die Stange gehalten. Auf seine Frage hin habe Schultze gesagt, die Eltern seien die beiden wichtigsten erwachsenen Bezugspersonen gewesen. Dann geht Br. zum schulischen Werdegang Schultzes über. Auf Frage nach besonderen Ereignissen in Kinergarten und Grundschule sei Schultze nichts in Erinnerung gewesen, so Br.
Ab 1990 habe Schultze eine Realschule besucht, habe angegeben, besonders schlecht in Mathematik und Englisch gewesen zu sein. In Mathematik habe er in der 9. und 10. Nachhilfeunterricht bekommen und dort habe er Christian Kapke kennengelernt, der gemeinsam mit ihm im Nachhilfeunterricht gewesen sei. Ab dem 13. Lebensjahr sei Schultze öfter zum Gespött der Mitschüler geworden, da er sich anders verhalten habe als die Jungs der Klasse. Das sei demütigend für ihn gewesen und er habe sich nicht zu wehren gewusst. Schultze habe berichtet, dass er sich durch sein erwachendes sexuelles Interesse an Jungs deutlich angreifbar gemacht habe, und deswegen habe er sich für eine Strategie entschlossen, als ob er nicht schwul sei, um keine negativen Sanktionen zu erfahren. Und Schultze habe sich entschlossen, immer mitzumachen, wenn die anderen irgendeinen Scheiß machen, um nicht als Außenseiter zu gelten. Schultze habe die Realschule 1996 mit Realschulabschluss verlassen. Zum Freizeitverhalten habe Schultze berichtet, man habe sich wie andere Jugendliche in Cafés oder Restaurants getroffen. Ein kontinuierliches Hobby durch die Jugendzeit habe er nicht gehabt. Etwa ab 1997 hätten sich durch den Einstieg in die rechte Szene die Freizeitaktivitäten verschoben, alte Kontakte hätten sich aufgelöst, neue seien dazu gekommen. Schultze habe immer wieder betont, dass er gerne Musik gehört, Party gemacht habe, es sei darum gegangen Spaß zu haben, viel Alkohol sei im Spiel gewesen.
Zur sexuellen Entwicklung Schultzes sagt Br.: „Die eben erwähnten ersten Anzeichen, er sprach von ‚ersten Markern‘, für seine Homosexualität waren eben dieses etwas andere Empfinden. Und dann, das hat Dr. Leygraf auch erwähnt, habe er zufällig mal den Film ‚My Private Idaho‘ gesehen.“ Diesen Film habe Schultze mit Interesse verfolgt, habe Ähnlichkeiten zu seinem Empfinden entdeckt. Der Vater habe aber gemerkt, dass Schultze den Film aufgenommen habe und ihn weggetan. Ende 2002 habe Schultze seiner Schwester berichtet, es sei also ein über 7 Jahre andauernder Prozess gewesen, in dem sich Schultze immer sicherer geworden sei, dass er schwul ist. Br. berichtet, Schultze habe sich immer wieder eingeredet, er müsse warten, mal sehen was noch kommt. „Und er spürte deutlich: Es gibt eine Ablehnung durch den Vater und keine Einladung, sozusagen, das etwas offensiver zu erproben.“ Mit 16 habe Schultze eine Alibifreundschaft mit einem Mädchen gehabt. Im Jahr 2000 habe er endgültig gespürt, dass er schwul sei und dies untrennbar zu seiner Persönlichkeit gehöre. Als äußeres Coming Out habe Schultze ein Gespräch mit seiner Schwester 2002 bezeichnet. Er habe sie besucht und sie habe als erste von seiner Homosexualität erfahren. Schultze habe gemeint, dass dieses Gespräch zeitlich etwa mit dem Ausstieg aus der rechten Szene zusammenfalle. Seine Schwester habe ihn ermutigt, zu seinem Schwulsein zu stehen. Dann berichtet Br. kurz von einer festen Beziehung Schultzes seit 2007, die heute aber nicht mehr bestehe.
Zur beruflichen Entwicklung habe Schultze angegeben, dass er zunächst keine klaren Vorstellungen gehabt habe, was er beruflich machen wolle. Er sei dann 1996 in einer Ausbildung zum Konditor in Springe gelandet. Diese sei nach drei Monaten beendet worden. Die Eltern hätten dann entschieden, dass er zurück nach Jena kommt. Für Schultze sei die Zeit interessant gewesen, weil er dort sich der elterlichen Kontrolle habe entziehen können, mit Jungs um die Dörfer gezogen sei. Die hätten ihm auch mal gezeigt, wie man ein Auto aufbricht. „Aber er widersprach eindeutig der Bemerkung, dass er sich einer kriminellen Clique angeschlossen habe.“ Er habe die Zeit auch genutzt, Kontakt mit Männern aufzunehmen, daraus sei aber nichts Konkretes geworden. Zurück in Jena habe sich Schultze für den Beruf des Kraftfahrzeuglackierers entschieden, habe die Ausbildung mit Erfolg abgeschlossen. Nachdem Schultze seinen Gesellenbrief gehabt habe, habe er noch mehrere Monate dort weitergearbeitet, um die Qualifikation für eine weiterführende Schule zu haben. Dann sei Schultze arbeitslos geworden, zu Fördermaßnahmen des Arbeitsamtes sei er aber nicht bereit gewesen. Das habe sich im Mai 2000 abgespielt. Parallel sei die Musterung und ein Einberufungsbescheid zur Bundeswehr gewesen. Dann habe, kurz bevor er dort habe einrücken sollen, die Bundeswehr den Bescheid zurückgenommen. Schultze vermute, wegen seiner Betätigung in der rechten Szene. Von 2003 an habe Schultze Sozialpädagogik in Düsseldorf studiert, 2007 das Diplom gemacht und im Anschluss bei der Aids-Hilfe und zusätzlich in einem schwul-lesbischen Jugendzentrum gearbeitet.
Zur politischen Betätigung Schultzes in der rechten Szene sagt Br.: Schultze habe berichtet, dass er während der Ausbildung immer in Eisenach Blockunterricht gehabt habe, mehrere Wochen am Stück in einem Lehrlingswohnheim gewesen sei, mit drei bis vier Männern auf einem Zimmer. Da sei einer dabei gewesen, Marco Ho., der ihm sehr imponiert habe durch sein Auftreten, Kleidung der rechten Szene, durch die Witze und den Zuspruch, den dieser Mann durch die anderen erfahren habe. Zu dem habe sich Schultze auch homoerotisch hingezogen gefühlt. Da sei der Gedanke aufgekommen, dass er dem nahe sein, den gefallen wolle: „Wie mache ich das?“ Dazu habe Schultze angefangen, sich im Szeneladen „Madley“ in Jena einzukleiden, dass er als junger Mann der rechen Szene zu erkennen ist, Bomberjacke, schwarze Armeehose, Kurzhaarschnitt usw. Das sei für Schultze einen gute Erfahrung gewesen, dass andere ihm das Gefühl gegeben hätten an der Berufsschule, dass er auch dazugehöre.
Während Schultze seine Realschulzeit als Zeit mit Mobbing erlebt haben dürfe, so Br. weiter, habe sich jetzt das Blatt gewendet, jetzt sei Schultze wer gewesen. Springerstiefel habe ihm allerdings sein Vater verboten und das habe Schultze auch ernst genommen, die habe er nicht getragen. Aber insgesamt habe es durch das neue Outfit eine Aufwertung seiner Person gegeben: „Er habe sich weiter gefragt, wie bekomme ich mehr Informationen über die rechte Szene. Und er habe sich über diesen Szeneladen in Jena, nehme an ‚Madley“, Infopost, Berichte über die rechte Szene bestellen können und er habe das an ein eigenes Postfach schicken lassen, damit seine Eltern das nicht bemerken.“ Ein Schlüsselerlebnis sei laut Schultze die [Demonstration gegen die] Wehrmachtsausstellung im März 1997 in München gewesen. Schultze habe über einen Mitschüler, der auch eine rechte Gesinnung gehabt habe, einen Platz in einem Bus dorthin bekommen. Die ganze Fahrt und die Demonstration habe er als sehr aufregend und beeindruckend erlebt. Und ihn habe das neugierig gemacht, noch mehr über die Szene zu erfahren. Im Bus habe er wieder Christian Kapke getroffen, den habe er dann gefragt, wie er weiter Kontakt bekommen könnte und er habe von dem eine Postfachadresse genannt bekommen.
Christian Kapke habe er im Herbst 1997 nochmal getroffen und sei durch seine Fürsprache zu einer Saalveranstaltung der Jungen Nationaldemokraten gefahren. In der Folgezeit habe er sehr viel mit Christian Kapke unternommen, sich an Szenetreffen und diversen politischen Aktivitäten beteiligt, u. a. Aktivitäten des THS. Er sei Mitglied der KS Jena geworden, habe sich anfangs engagiert, indem er Plakate und Aufkleber geklebt habe, insbesondere zur „Rudolf-Heß-Aktionswoche“. Über Christian Kapke habe er Wohlleben und André Kapke kennengelernt. Es sei immer ein gewisses Gefälle zwischen Wohlleben, Kapke und ihm gewesen, die seien älter gewesen und länger in der Szene. Später habe er auch Zschäpe, Böhnhardt, Mundlos ein paar Mal getroffen ohne sie näher kennenzulernen. Im Frühjahr 1999 sei Schultze dann stellvertretender Vorsitzender des NPD-KV Jena geworden, der wegen eines drohenden Verbotes des THS gegründet worden sei, etwas später KV-Vorsitzender der JN. Dann habe Schultze die Funktion übernommen, andere junge Leute zu werben oder zu schulen. Mit drei anderen Jugendlichen, die er neben sich gehabt habe, sei es aber nicht nur um Politik gegangen. Man sei auch in der Freizeit, im ganz normalen Leben zusammengekommen, habe Spaß gehabt, viel getrunken, Playstation gespielt. Im Februar 2000 sei Schultze in den Bundesvorstand der JN gewählt worden, dann habe er auch noch Landesvorsitzender der JN Thüringen werden sollen.
Br.: „In Erinnerung ist es mir noch, wie es zu seinem Ausstieg gekommen ist.“ Da habe es diesen Unterbindungsgewahrsam gegen Schultze im August 2000 gegeben, da sei er mehrere Tage eingesperrt gewesen und bei der Entlassung sei er gerührt gewesen, dass ihn seine Eltern an der Pforte abgeholt hätten. Da habe er gedacht, dass seine Eltern ja doch noch zu ihm stehen. Und dann sei er kurz danach mit einigen aus der rechten Szene, u.a. Wohlleben zusammengetroffen. Und er habe gespürt, dass die sich lustig über ihn gemacht hätten. Und in dem Zusammenhang habe Schultze gedacht: „Ich dachte, ich habe was Bedeutendes gemacht, habe mich einsperren lassen, und die Leute machen sich lustig, das geht ja eigentlich gar nicht. Und dann sei es noch zu einer weiteren Begegnung mit Wohlleben gekommen, wo Wohlleben ihm gesagt hätte, das würde mir total stinken, sinngemäß, wenn andere sagen, ich sei schwul.“ Schultze habe darauf nichts entgegnen können. Er habe danach Nachtschicht gehabt und die ganze Zeit überlegt: „Was mache ich bloß mit der Situation?“ Und am Ende der Nachtschicht sei ihm klar gewesen: „Ich muss da raus.“ Dann habe Schultze noch von einem endgültigen Schlüsselerlebnis berichtet. Er habe den Film „Beautiful Thing“ geguckt und da sei ihm klar gewesen: „Ich bin schwul und das wird sich nicht mehr ändern, das ist mein Leben.“ Zu Vorbelastungen berichtet Br., dass Schultze ihm gesagt habe, das er sich öfter an Sachbeschädigungen beteiligt habe, aber das sei nicht vor Gericht gekommen. Das einzige Verfahren sei wegen Verstoß gegen das Versammlungsgesetz gewesen und sei mit Geldbuße von 300 Euro geahndet worden.
Götzl: „Was hat er Ihnen zum Anklagevorwurf berichtet?“ Br.: „Er berichtete mir, dass die Vorwürfe aus der Anklage stimmen, dass er die Waffe besorgt habe.“ Schultze habe gesagt, er sei von Wohlleben und André Kapke irgendwann mal angesprochen worden, Telefonkontakt zu Böhnhardt und Mundlos zu halten: „Dem vorausgegangen war die Frage, ob er einem Kameraden helfen könnte.“ Das habe Schultze bejaht, und dann habe Wohlleben ihm gezeigt, wie dieser Telefonkontakt mit den beiden technisch funktioniert. Das sei der Anfang gewesen und dann irgendwann sei ihm von einem der beiden gesagt worden, sie bräuchten eine Waffe: „Und er habe diesen telefonisch gehörten Wunsch an Wohlleben weitergetragen. Ja, und dann in der Folge sei ihm Herr Schulz als der Mann genannt worden, den man fragen könne, der diese Waffe besorgen könne.“ Dieser habe die Waffe dann auch besorgt und er, Schultze, habe diese Waffe in Empfang genommen, sie sich nochmal mit Wohlleben zusammen angeschaut und habe sie dann in der Folge in Chemnitz übergeben. Br. weiter: „Ich habe ihn damals auch gefragt, ob ihm klar gewesen sei, was er da tut und mit welchem Hintergrund er das tut. Und darauf sagte Schultze: ‚Ich hatte das Gefühl, dass ich was Tolles gemacht habe.‘ Ihm sei schon klar gewesen, dass er eine Straftat gemacht habe, aber er habe immer darauf vertraut, dass die nichts Schlimmes damit anstellen würden.“
Götzl fragt, ob Schultze nähere Angaben gemacht, ob eine bestimmte Waffe verlangt worden sei. Br.: „Eine deutsche Waffe.“ Götzl: „Hat die Frage eines Schalldämpfers eine Rolle gespielt?“ Br.: „Er gesagt: ein Schalldämpfer sei nicht bestellt worden mit der Waffe.“ Götzl: „Zur Finanzierung?“ Br.: „Dass er das Geld dafür von Ralf Wohlleben bekommen habe.“ Götzl fragt, ob es nähere Angaben zur Örtlichkeit der Übergabe in Chemnitz gegeben habe, zu Begleitumständen. Br.: „Er sei dort mit dem Zug hingefahren und am Bahnhof ausgestiegen. Er habe ein Kleidungsstück getragen mit Aufschrift‘ ACAB‘, ‚All Cops are Bastards‘.“ Br. weiter: „Als einer der beiden Uwes das in Augenschein genommen habe, habe der gesagt: Zieh das sofort aus, du machst auf dich aufmerksam, es ist unklug, sowas zu tragen. Er habe das ausgezogen und dann gefroren.“
Götzl fragt, ob die Rede von der Wohnung Zschäpes gewesen sei. Schultze habe berichtet, so Br., dass er dort einmal eingebrochen sei, um Reisedokumente rauszuholen: „Er habe die Tür aufbrechen müssen gemeinsam mit jemand anderen und habe tatsächlich Dokumente und eine Tasche, einiges da rausgeholt. Ich weiß aber nicht mehr, wo die Sachen hingekommen sind.“ Götzl sagt, in Br.s Bericht heiße es, dass Schultze angegeben habe, er habe die Ausweise mit Wohlleben vergraben und die Akten seien im Fluss versenkt worden. Br.: „Dann hat er das so gesagt.“ Götzl fragt nach einem Motorrad. Br. sagt, dass Schultze berichtet habe, dass entweder Mundlos oder Böhnhardt ihn beauftragt hätten, ein Motorrad zu besorgen. Das habe Schultze mit Wohlleben gestohlen, solle aber dann wieder gestohlen worden sein: „Und damit sei das Ganze ins Leere gelaufen.“ Götzl sagt, Br. habe eben gesagt, dass Carsten Schultze Schulz genannt bekommen habe: „Hat er etwas dazu gesagt, von wem ihm Schulz genannt wurde?“ Br.: „Von Ralf Wohlleben.“ Im Bericht von Br. stehe, hält Götzl vor, dass Schultze angegeben habe, Wohlleben von dem Anliegen der Drei in Kenntnis gesetzt zu haben, dieser habe einen Kontakt zu Andreas Schulz hergestellt, von dem er angenommen habe, dass er die Waffe mglw. beschaffen könne. Br.: „Ich meine, er hatte gesagt: ‚Geh mal in den Laden und frage nach Andreas Schulz, trag dem mal das Anliegen vor und hör mal, was er sagt.'“
Dann fragt NK-Vertreter RA Scharmer zu den Angaben von Schultze zum Anklagevorwurf. In Br.s Bericht stehe, hält Scharmer vor, dass Schultze angegeben habe, das Untertauchen der Drei habe in Zusammenhang mit Bombenanschlägen und Auffliegen der Bombenwerkstatt in der Garage gestanden [phon.]: „Hat Ihnen das Schultze so gesagt?“ Br.: „Ja.“ Scharmer: „Hat Schultze von den ‚Drei‘ gesprochen?“ Br. sagt, er habe Schultze ausdrücklich gefragt, wann er vom Untertauchen gehört habe und in welchem Zusammenhang, und Schultze habe von Bombenanschlägen und dem Auffinden einer Bombenwerkstatt [phon.] in einer Garage berichtet. Scharmer hält vor, dass Schultze laut Bericht gesagt habe, er sei dann bei einem der Telefonate von Böhnhardt oder Mundlos informiert worden, dass sie eine Pistole und Munition benötigen würden, er habe Wohlleben von diesem Anliegen der Drei in Kenntnis gesetzt: „Ist das wörtlich von ihm?“ Br.: „Kann ich nicht mehr sagen, vielleicht hätte es ‚der Zwei‘ heißen müssen.“ Scharmer: „Hier steht ausdrücklich ‚der Drei‘, in Anführungszeichen.“ Br.: „Vielleicht hat er das so gesagt, ich kann es nicht mehr sagen.“
Dann sagt Götzl, im Bericht sei die Rede davon, dass Wohlleben Schultze gefragt habe, ob er bereit sei, „Kameraden“ zu helfen, heute habe Br. von Wohlleben und André Kapke gesprochen. Br. sagt, er könne nicht definitiv sagen, ob er, Br., das aus dem Gutachten habe oder von Schultze selber. Zschäpe-Verteidigerin RAin Sturm sagt, eben im freiem Bericht habe Br. ausgeführt, dass Schultze angesprochen worden sei, Telefonkontakt zu Böhnhardt und Mundlos zu halten: „Im Bericht ist wieder von dem ominösen ‚die Dreien‘ die Rede.“ Scharmer beanstandet die Frage als suggestiv. Sturm erwidert, sie erweitere ihre Frage, das sei ihres Erachtens zulässig, insoweit, dass im Bericht „den Dreien“ in Anführungszeichen gesetzt sei. Br.: „Also Herr Schultze hat mir gegenüber gesagt, er hätte immer nur mit Zweien telefoniert, immer nur mit Böhnhardt oder Mundlos. Ihm sei zwar klar gewesen, dass da drei Leute untergetaucht seien, aber er hätte nur mit Zweien telefoniert.“ Sturm: „Sie hatten ja berichtet, er sei von Kapke und Wohlleben angesprochen worden. Um welchen Telefonkontakt ging es da?“ Br. sagt, es sei immer um Telefonate mit den beiden Männern gegangen. Es folgt eine Pause bis 11:23 Uhr.
Danach wird der Zeuge entlassen, weil die Verteidigung Schultze keine Fragen mehr hat. Schultzes Verteidiger RA Pausch gibt eine Erklärung nach § 257 StPO ab. Br. habe sich, so Pausch, zu zwei kleinen Details geäußert, auf die sie eingehen wollten. Zum einen habe Br. gesagt, Schultze sei in die KS Jena eingetreten, und zum anderen, dass das Untertauchen der Personen in Zusammenhang mit Bombenanschlägen gestanden habe, das habe Schultze Br. so gesagt: „Hierzu nur kurz: Schultze hat ja auch hier mehrfach gesagt, er sei nie in der Kameradschaft Jena gewesen, und er ist sich sicher, dass er das auch dem Herrn Br. so gesagt hat.“ Pausch sagt weiter, dass Schultze sich sicher sei, dass er nicht von Sprengstoffanschlägen oder Bombenanschlägen gegenüber Br. gesprochen habe. Es sei sicherlich von Bombenattrappen die Rede gewesen, aber nicht von Anschlägen. Dann informiert Götzl den SV Leygraf über die Angaben von Schultze ggü. der Verteidigung Wohlleben vom 45. Verhandlungstag. Leygraf war an dem Tag nicht im Saal.
Nach der Mittagspause folgt um 13:23 der Zeuge Andreas Graupner. Götzl sagt, es gehe um Erkenntnisse zu Böhnhardt, Mundlos, Zschäpe und Wohlleben in der zweiten Hälfte der 90er, 2000, und zum anderen noch darum, inwiefern in Chemnitz, die Möglichkeit bestanden habe, Zugang zu Waffen zu haben. Aber zunächst solle Graupner berichten, inwiefern er die Genannten kannte und wie ggf. der Kontakt ausgesehen habe. Graupner: „Ich kenne von den Genannten niemanden, außer die Frau Zschäpe flüchtig und den Herrn Eminger flüchtig.“ Auf Nachfrage sagt Graupner, Zschäpe sei eine Zeit lang mit dem Herrn Starke liiert gewesen und der habe zu seinem Freundeskreis gezählt: „Und von daher ist man sich zwangsweise über den Weg gelaufen.“ Das sei in den späten 90ern gewesen. Götzl: „Bei welchen Gelegenheiten sind Sie sich über den Weg gelaufen?“ Graupner: „Wie ich vorher sagte, ein flüchtiger Kontakt, man hat sich vielleicht mal Hallo gesagt, viel mehr war da nicht.“ Götzl bittet Graupner, das zeitlich einzugrenzen. Graupner: „In den späten 90ern. Irgendwann zwischen ’96 und ’99.“
Götzl fragt nach Situationen, in denen sie dann Kontakt gehabt hätten. Da könne er nichts Konkretes sagen, so Graupner: „Einmal haben wir sie abgeholt in Jena, da sind wir gemeinsam auf ein Konzert gefahren, da hat sie vorher gekocht gehabt. Mir war das schon entfallen, das ist mir jetzt erst wieder gesagt worden.“ Götzl: „Wie lange war sie mit Herrn Starke liiert?“ Graupner: „Nicht sehr lang, halbes Jahr höchstens.“ Götzl fragt nach Eminger. Graupner: „Den habe ich später irgendwann mal, wenn man relativ nahe wohnt, läuft man sich mal über den Weg, ab und zu mal Hallo gesagt.“ Götzl: „Wann später?“ Graupner: „’97, ’98, ’99, 2000.“ Götzl fragt, bei welchen Gelegenheiten Graupner zu Eminger Kontakt gehabt habe. Graupner: „Auf Partys und Konzerten.“ Götzl: „Im Zusammenhang mit welchen Personen, wenn sie Partys ansprechen, bei wem war das?“ Graupner. „Da waren sicherlich auch andere Leute mit, aber kann ich nichts Konkreteres sagen.“ Götzl: „Sie können keine Person außer Eminger nennen?“ Graupner: „Da werden sicher noch andere gewesen sein. Aber kann ich jetzt nichts mit Sicherheit sagen.“
Götzl fragt, wer denn Graupners engste Freunde gewesen seien. Graupner nennt Starke, Werner, Lasch. Götzl: „Ja, ging es um Kontakte, bei denen auch Ihre engsten Freunde dabei waren?“ Graupner: „Möglicherweise.“ Auf Frage, was für Konzerte gemeint seien, sagt Graupner, das seien hauptsächlich Rechtsrockkonzerte gewesen. Götzl: „Und der Kontakt zu Eminger, können Sie den schildern?“ Graupner: „Der Kontakt. Man sagt sich Hallo, man weiß wo man ungefähr herkommt.“ Götzl: „Wenn wir zurückgehen zu Frau Zschäpe: Dieser Kontakt zusammen mit Herrn Starke, wer war denn bei diesem Kreis noch dabei, welche Personen?“ Das wisse er nicht mehr, so Graupner. Götzl sagt, das decke sich ja von der zeitlichen Einordnung: Späte 90er diese Beziehung Zschäpe und Starke, und der Zeitraum 1997 bis 2000. Graupner: „Nein, bis 2000 nicht, das war eher zwischen ’96 und ’98.“ Götzl: „Vorher sagten Sie: ’97, ’98, 2000.“ Graupner: „Ja, zu Eminger. “ Götzl: „Ja ja, das habe ich schon richtig verstanden. Gab es da mal Kontakte zwischen Eminger und Zschäpe in der Zeit?“ Graupner: „Nee, nicht dass ich wüsste.“
Götzl fragt, ob die Kontakte mit Zschäpe jetzt in Jena oder in Chemnitz gewesen seien. Graupner: „Eher in Chemnitz.“ Götzl: „Wie hat sich Frau Zschäpe damals verhalten, können Sie sie etwas beschreiben?“ Graupner: „Ziemlich ruhig und sie ist mir nicht groß aufgefallen. Hätte jetzt anhand der Bilder aus der Presse und so keine Erinnerung an sie gehabt.“ Götzl: „Und Herrn Eminger, können Sie ihn beschreiben, wie er sich verhalten hat?“ Graupner: „Kann ich nicht einschätzen, kann ich nichts zu sagen.“ Götzl: „Als Sie damals Frau Zschäpe abgeholt haben in Jena, wo haben Sie sie abgeholt?“ Das sei eine Wohnung im Plattenbau gewesen. Götzl möchte wissen, ob Graupner von Zschäpe oder Eminger mal die Telefonnummer gehabt habe. Graupner: „Von Herrn Eminger hatte ich die Telefonnummer, glaube ich, mal.“ Götzl: „Gab es dafür einen Anlass?“ Graupner: „Nee.“ Man habe sich irgendwann mal Telefonnummern ausgetauscht: „Vielleicht hat er auch meine bekommen und sich mal bei mir gemeldet, ich weiß es nicht mehr, keine Ahnung.“
Götzl: „Sie sagten zu Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos, die kennen Sie nicht.“ Graupner: „Überhaupt nicht.“ Götzl: „Wohlleben?“ Graupner: „Überhaupt nicht.“ Götzl: „Kannten Sie sie damals namentlich?“ Graupner: „Auch nicht.“ Götzl fragt, ob Graupner Informationen über Böhnhardt und Mundlos gehabt habe. Graupner: „Nein“. Götzl sagt, dass es ihm um damals gehe, um 1999/ 2000. Graupner: „Trotzdem nein.“ Götzl: „Wie war es mit Frau Zschäpe nachdem die Beziehung zu Starke zu Ende war, hatten Sie da noch Kontakt oder Informationen?“ Graupner: „Nein.“ Götzl fragt, ob Graupner vielleicht von anderen Informationen bekommen habe. Graupner verneint das. Götzl: „Wissen Sie, warum der Kontakt zwischen Starke und Zschäpe zu Ende war?“ Graupner: „Nein, weiß ich auch nicht.“ Götzl fragt, ob Graupner sich erinnere, ob er im Januar 2000 auf einer NPD-Schulungsveranstaltung war. Graupner: „Ziemlich sicher nicht.“ Götzl: „Warum?“ Graupner: „Weil ich in meinem ganzen Leben nie auf einer NPD-Schulungsveranstaltung war.“
Götzl: „Sagt Ihnen der Name Kapke was?“ Graupner: „Nein.“ Götzl: „Christian Kapke?“ Götzl: „Nein.“ Götzl fragt, ob Graupner mal Informationen gehabt habe, ob Personen aus Jena im Jahr 1998 untergetaucht sind. Graupner verneint das. Götzl: „Irgendwelche Kenntnisse, egal aus welcher Quelle?“ Graupner: „Nein, keinerlei Kenntnisse.“ Götzl: „Sagt Ihnen der Begriff ’88er‘ etwas? Graupner: „Gut das war halt ein Symbol, was bei einigen Chemnitzern auf der Jacke war. “ Götzl fragt, ob das eine Gruppierung oder Organisation gewesen sei. Graupner: „Ja, wer so eine Jacke haben wollte, wusste woran man sich wenden musste und hat sie gekriegt.“ Graupner bejaht, so eine Jacke gehabt zu habe. Götzl: „Warum wollten Sie so eine Jacke?“ Graupner: „Weil das schick aussah.“ Götzl fragt nach der Rolle der Zahl 88. Graupner: „Weil es seit 1988 Skinheads in Chemnitz gab.“ Götzl: „Das war der Grund?“ Graupner: „Das war der Grund – für mich.“ Erworben habe er diese Jacke in den späten 90ern, sagt Graupner auf Frage. Götzl fragt, ob Graupner B&H etwas sage, was der Zeuge bejaht. Götzl: „Was denn?“ Graupner: „Das war auch ein loser Zusammenschluss von Leuten, die sich getroffen haben, um Konzerte zu organisieren.“ Götzl fragt, welche Leute das gewesen seien. Graupner: „Der Herr Starke, der Herr Werner war mit dabei, sonst weiß ich nicht mehr, wer noch dabei war.“ Götzl: „Sie?“ Graupner: „Ich war auch ab und zu dabei, ja.“
Götzl fragt, ob es im Bereich von B&H mal irgendwelche Spendensammlungen gegeben habe zur Unterstützung von Personen, die geflüchtet waren. Graupner: „Nein.“ Götzl: „Wer war denn in Zusammenhang mit B&H maßgeblich für die Konzerte, wer hat sich gekümmert, gab es da Personen?“ Graupner sagt, da habe jeder seinen Aufgabenbereich gehabt. Götzl: „Ja, welche Aufgabenbereiche gab es?“ Graupner: „Der Herr Werner hat sich meistens um die Kapellen gekümmert, Starke um die Örtlichkeiten und ich um die technischen Fragen: Equipment, Backline.“ Götzl: „Von welchem Zeitraum sprechen wir denn jetzt?“ Graupner: „’95 bis 2000.“ Götzl: „Welche Rolle spielte das Jahr 1995?“ Graupner: „Kann ich jetzt nicht genau sagen, weiß ich nicht.“ Götzl fragt, wann denn B&H gegründet worden sei. Graupner: „Das muss etwas später gewesen sein, weiß ich aber nicht genau“ Götzl: „Welche Rolle spielt dann 1995?“ Graupner: „Da war ich bei der Bundeswehr, darum kann ich das ziemlich genau eingrenzen.“ Götzl: „Und die Kontakte zu Starke und Werner, seit wann gab es die?“ Graupner: „Ja, so ab ’95 ungefähr. Wobei Starke anfangs noch eine Zeit lang im Knast saß.“
Graupner bejaht, dass ihm der Name Antje Probst bzw. Bö. etwas sage. Götzl fragt, ob die im Rahmen von B&H eine Rolle gespielt habe. Graupner: „Wüsste ich jetzt nicht, ob sie auch mit da war, kann ich nicht genau sagen.“ Er bejaht, dass Antje Probst verheiratet gewesen sei, mit Michael Probst. Auf die Frage, ob der im Zusammenhang mit B&H eine Rolle gespielt habe, sagt Graupner: „Glaube nicht, der fand das eher lustig, witzig.“ Götzl: „Inwiefern?“ Graupner: „Eher auf so eine herablassende Art und Weise, er fand das persönlich offensichtlich nicht so toll.“ Götzl fragt, wann Starke in Haft gewesen sei und wann der bei B&H eine Rolle gespielt habe. Graupner: „Nachdem er aus dem Knast raus kam, irgendwann mal, weiß ich nicht. Und selbst da noch nicht am Anfang.“ Götzl: „Haben denn Waffen, Kontakt zu Waffen, Waffenerwerb in dem Bereich der Leute mit denen Sie bekannt waren, eine Rolle gespielt?“ Graupner: „Überhaupt keine.“ Graupner: „Hatte jemand aus Ihrem Bekanntenkreis eine Waffe?“ Graupner: „Nicht dass ich wüsste.“ Auf Frage sagt er, er sei zweimal vom BKA vernommen worden. Götzl: „Haben Sie den Beamten geschildert, dass Sie Beate Zschäpe kannten?“ Graupner: „Nee.“ Götzl fragt, warum nicht. Graupner: „Weil ich das dazumal nicht wusste. Das ist mir im Nachhinein erst wieder gesagt worden.“ Götzl: „Von wem?“ Graupner: „Hat mir Herr Werner im Nachhinein gesagt.“ Götzl fragt, was Werner gesagt habe. Graupner antwortet, Werner habe ihm gesagt, dass Zschäpe mit Starke zusammen gewesen sei: „Und dass wir dazumal bei ihr zum Essen waren auf dem Weg zum Konzert.“ Götzl: „Ist Ihnen das dann wieder eingefallen?“ Graupner: „Grob, aber nicht detailliert.“ Götzl: „Wann war das Gespräch mit Werner?“ Graupner: „Nach der zweiten Vernehmung.“ Auf Frage sagt er, er sei ziemlich genau vor drei Jahren vernommen worden, Januar, Februar.
Götzl hält aus einem Vermerk des TLfV vor: Am 29.01.2000 fand in Eisenberg eine NPD-Schulungsveranstaltung in der Jugendherberge Froschmühle statt; an ihr nahmen auch zwei B&H-Mitglieder aus Chemnitz teil. Götzl: „Kommt da eine Erinnerung?“ Graupner: „Nein, weiß ich nicht.“ Vorhalt: In einer Veranstaltungspause sprach einer der beiden Wohlleben, Christian Kapke und VM 2045 auf ein Lied des Kapke an, das den Untergetauchten gewidmet war. Götzl: „Sagt Ihnen das was?“ Graupner: „Nein.“ Vorhalt: Und dass sie sich keine Gedanken machen brauchen, den dreien gehe es gut; Wohlleben unterbrach ihn; der Gesprächspartner wurde im Nachhinein als Andreas Graupner, Chemnitz, identifiziert. Graupner: „Nein, kann ich mich nicht erinnern.“ Götzl: „Haben Sie mal in einer Band gespielt?“ Graupner bejaht das. Auf Nachfrage nennt er „Auf eigene Gefahr“, von 1997 bis 2000 vielleicht, später sei dann bei „Noie Werte“ gewesen, von 2000 bis 2007. Götzl nennt „Kraft für Deutschland“ und fragt, ob Graupner so einen Titel gespielt habe. Graupner: „Der Titel ist von einer indizierten Platte, den haben wir nie gespielt, live.“ Götzl: „Und ‚Am Puls der Zeit‘?“ Graupner: „Den haben wir gespielt, ja.“ Götzl fragt, ob Graupner der Begriff NSU etwas sage, vor 2011. Graupner: „Lediglich über die Herstellermarke von Autos und Motorrädern und da ich da relativ in der Nähe wohne, Kurzform von Neckarsulm.“ Götzl: „Und darüber hinaus?“ Graupner: „Nichts.“
Götzl fragt, ob Graupner der Name Wilsdruff etwas sage, ob er da 1998 auf einem Treffen gewesen sei. Graupner: „Das ist ja kurz vor Dresden, da war eine Kneipe, wo wir uns ab und zu mal getroffen haben.“ Den Namen der Kneipe wisse er nicht. Götzl fragt, ob Graupner sich in den letzten Jahren mal Bilder von Mundlos und Böhnhardt angeschaut habe. Graupner:“Das, was ab und zu mal in der Tageszeitung ist, habe ich gesehen.“ Götzl fragt, ob Graupner diese Personen jemals zuvor gesehen habe. Das verneint der Zeuge. Götzl fragt nach, ob Graupner die vielleicht bei irgendwelchen Treffen, in Wilsdruff oder Chemnitz, gesehen habe. Das verneint Graupner. Götzl fragt, wie es in der damaligen Zeit ausgesehen habe mit Kontakten nach Baden-Württemberg. Graupner: „Gut, über die Musik habe ich Kontakt gekriegt zu ‚Noie Werte‘-Musikern und bin dann irgendwann umgezogen.“ Das sei 2000, 2001 zum Jahreswechsel gewesen, so Graupner auf Nachfrage. Die Kontakte hätten an 1996, 1997 rum bestanden, schätze er mal. Götzl: „Welche Personen sind gemeint zu denen Sie Kontakte hatten?“ Graupner: „Die Bandmitglieder von ‚Noie Werte'“ Götzl fragt nach den Namen. Graupner: „Oli Hilburger, Steffen Hammer, Klaus H.“ Götzl: „Sagt Ihnen die ‚Weiße Bruderschaft Erzgebirge‚ was?“ Graupner: „Nein.“ Götzl nennt die Abkürzung „WBE“. Graupner verneint erneut. Götzl: „Der Kontakt zu Herrn Eminger, wo hatten Sie den Kontakt?“ Graupner: „Auf Konzerten oder Partys.“ Götzl: „Ja, wo?“ Graupner: „Chemnitz oder Umgebung, keine Ahnung, weiß nicht mehr.“ Götzl: „Erzgebirge, Johanngeorgenstadt?“ Graupner: „Da kam er wohl her.“ Seine Frage sei gewesen, ob Graupner ihn dort gesehen habe, erwidert Götzl. Graupner: „Ich wüsste nicht, ob ich bei ihm in Johanngeorgenstadt war.“ Götzl: „Kennen Sie seinen Bruder?“ Graupner: „Das weiß ich jetzt erst, dass das Brüder sind. Früher habe ich entweder bloß einen gekannt oder für die gleiche Person gehalten.“
Götzl fragt, wie er sich diese Zusammenarbeit mit B&H, die aufgeteilte Arbeit, die Zusammenarbeit mit Jan Werner vorstellen müsse: „Was haben Sie da jetzt gemacht?“ Graupner: „Fast ausschließlich ging es da um Konzertveranstaltungen. Eigentlich ausschließlich um Konzertveranstaltungen. Das fängt damit an, dass man Leute vom Flughafen abgeholt hat von anderen Bands, Equipment organisiert hat, dass man sie wieder weggeschafft hat zum Flughafen. Oder an Autobahnraststätten oder so abgeholt hat. Im Großen und Ganzen habe ich mich drum gekümmert, dass das von der technischen Seite ohne Schwierigkeiten abläuft.“ Götzl: „Wer hat sich ums Finanzielle gekümmert, auch Sie?“ Das verneint Graupner. Auf Frage, wer das gewesen sei, sagt er, das wisse er nicht, das habe ihn auch nicht interessiert. Götzl erwidert, in Graupners Bereich würden doch finanzielle Aspekte auch eine Rolle spielen, wenn es um technische Ausstattung gehe. Graupner: „Wenn ich Auslagen gehabt habe, habe ich die gesagt und erstattet bekommen.“ Götzl: „Wer war denn dafür zuständig?“ Graupner: „Das weiß ich nicht. “ Götzl sagt, das sei nicht nachvollziehbar. Graupner: „Ich habe das in der großen Runde gesagt, was meine Auslagen waren.“ Götzl fragt, wer zur „großen Runde“ gehört habe. Graupner: „Weiß ich nicht.“ Götzl: „Das klingt überhaupt nicht überzeugend.“ Graupner: „Okay.“ Götzl: „Ihre Bands, wo sind Sie aufgetreten, in welchen Gegenden?“ Graupner: „Also mit ‚AEG‘ haben wir bloß einmal gespielt. Und mit ‚Noie Werte‘ ein paar Mal, vor allem im Ausland.“ Götzl: „Wo?“ Graupner: „England, Frankreich, Italien, Österreich, Schweiz.“ Götzl fragt, ob es auch Bezüge nach Ungarn gegeben habe. Graupner: „Nee.“
Wohlleben-Verteidiger RA Klemke fragt: „Wenn Sie Konzerte organisiert haben, wie wurde da außerhalb dieser Besprechungen kommuniziert, offen oder konspirativ?“ Graupner: „Normal über Handy wurden die Sachen abgesprochen.“ Klemke: „Wissen Sie etwas darüber, ob es außerhalb von Chemnitz noch weitere, sag ich mal, Personengruppen gab, die unter dem Namen B&H in Deutschland Konzerte veranstalteten.“ Graupner: „Ja.“ Auf Nachfrage sagt Graupner: „In Berlin, Thüringen, Hessen.“ Klemke: „Fällt Ihnen noch mehr ein?“ Graupner: „Nein.“ Klemke: „Haben da alle so lose vor sich hingewurstelt oder gab es da eine Führung, einen Dachverband?“ Graupner: „Nach meiner Einschätzung hat jeder vor sich hingewurstelt.“ Klemke fragt, ob Graupner etwas über Streitigkeiten zwischen B&H-Mitgliedern aus Chemnitz zu anderen Städten und Regionen bekannt sei. Graupner: „Weiß ich gerade nichts drüber.“ Klemke: „Nichts von einem Ausschluss der Chemnitzer aus der Blood & Honour-Division Deutschland?“ Graupner: „Nee, weiß ich nichts von.“ Klemke: „Aber von dem Verbot von Blood & Honour durch den Bundesminister des Innern, da haben Sie schon Kenntnis?“ Graupner: „Davon habe ich aus den Medien erfahren.“ Klemke: „Aus den Medien?“ Graupner: „Ja.“ Da sei er schon umgezogen gewesen nach Baden-Württemberg, so Graupner auf Nachfrage. Klemke: „Meines Wissens erging die Verbotsverfügung im September 2000, Herr Graupner, das war vor Ihrem Umzug.“ Graupner: „Dann habe ich dazumal davon nichts mitbekommen.“ Klemke: „Verschlafen, mhmh. Danke.“
Wohlleben-Verteidigerin RAin Schneiders fragt, ob Graupner der Name Thomas Rothe etwas sage, was der Zeuge verneint. Schneiders nennt den Spitznamen „Dackel“. Graupner: „Ja.“ Auf Nachfrage sagt er: „Der hatte in dem Haus gewohnt wo ich dann später eingezogen bin.“ Schneiders: „Gab es da eine WG?“ Graupner sagt, das seien getrennte Wohnungen gewesen: „Er hat im ersten Stock gewohnt, ich im fünften.“ Schneiders: „Wo wurden Bands untergebracht, die in Chemnitz gespielt haben?“ Graupner: „In Hotels oder privat.“ Schneiders: „Bei Ihnen?“ Graupner: „Auch.“ Schneiders: „Bei Dackel auch?“ Graupner: „Wüsste ich jetzt nicht.“ Er bejaht, mal in Ungarn gewesen zu sein, das sei bei einem Konzert gewesen. Schneider: „Was war das für ein Konzert?“ Graupner: „Rechtsrockkonzert.“ Schneiders. „Wann?“ Graupner: „’97, ’98, weiß es nicht.“ Schneiders sagt, Graupner sei in der Vernehmung nach einer SMS gefragt worden. Graupner verneint, sich an die Frage zu erinnern.
Vorhalt: Herr Graupner, am 18. August 1998 haben Sie von Ihrer Mobilnummer, welche Sie heute noch nutzen, geschrieben: ‚Du sollst bei Dirk in das Paket die RE-Texte und das Ungarn-Video reintun.‘ [phon.] Jetzt erinnere er sich, so Graupner, mit „RE-Texte“ seien Texte von „Razor’s Edge“ [britische Rechtsrockband]gemeint. Und das Ungarn-Video sei von einem Konzert in Ungarn. Schneiders: „War das das, wo sie auch zugegen waren?“ Graupner: „Weiß ich nicht.“ Schneiders fragt, ob das Ungarn-Konzert, wo Graupner gewesen sei, im gleichen Jahr gewesen sei, 1998. Graupner: „Weiß ich nicht.“ Schneiders: „Wie sind Sie nach Ungarn gefahren?“ Graupner: „Mit dem PKW.“ Auf Fragen sagt Graupner, er habe die Band „Fortress“ [australische Rechtsrockband]dabei gehabt, er sei gefahren, sie seien zu fünft gewesen. Es sei noch ein Bus mit dazu gekommen, so Graupner auf Frage. Schneiders: „Wen kannten Sie vom Bus?“ Graupner: „Weiß nicht. Herr Werner war auf alle Fälle mit dabei, der Herr Sa. ist mitgefahren, weil den habe ich rückzu mitgenommen im PKW.“ Schneiders: „Wer ist dort geblieben?“ Graupner: „Die Australier sind dort geblieben.“ Schneiders: „Wer hat den Bus organisiert?“ Graupner: „Weiß nicht.“
Schneiders: „Was war den Gesprächsthema von Werner und Ihnen nach Ihrer Vernehmung beim BKA?“ Graupner: „Im Großen und Ganzen die Enttäuschung, wer im Nachhinein alles als Spitzel aufgeflogen ist.“ Schneiders: „Ich frage genau nach: Wo war das Gespräch, wie lang hat das gedauert und was waren die Themen?“ Das sei bei ihm zu Hause gewesen, so Graupner, habe vielleicht eine Stunde, vielleicht eineinhalb gedauert. Schneiders fragt, über was noch gesprochen worden sei. Graupner: „Unter anderem hat er mir gesagt, dass ich mal bei der Frau Zschäpe war.“ Schneiders: „Was war noch Thema im Gespräch?“ Graupner: „Seine Probleme bei seinem Arbeitgeber.“ Schneiders fragt, ob über Unterstützung für die Drei gesprochen worden sei. Graupner: „Nee.“ Schneiders fragt, ob Werner etwas dazu gesagt habe, ob er eine Unterstützungsleistung erbracht habe, Geld, Unterkunft. Graupner: „Nee, kann ich mir nicht vorstellen.“ Schneiders: „Und bei Starke?“ Graupner erwidert, auch bei dem könne er es sich nicht vorstellen.
Schneiders: „Kennen Sie die Fi.-Brüder?“ Graupner: „Ja, flüchtig.“ Schneiders: „Wie war deren Status, gehörten die zu Blood & Honour, zu den ’88ern‘?“ Graupner: „Die waren halt da. Meiner Meinung nach gehörten sie nicht zu B&H.“ Schneider sagt, die seien von einem Zeugen mal als „Jungglatzen“ bezeichnet worden: „Würden Sie die Beschreibung auch nutzen?“ Graupner: „Nein, weil sie eher abwertend ist.“ Man habe die „die Geklonten“ genannt, weil die sich ähnlich gesehen hätten, sagt Graupner, die seien Brüder. Schneiders fragt, ob die bei Konzertveranstaltungen involviert gewesen seien, Ausschank, Kasse, technische Organisation, Security. Graupner: „Nicht dass ich wüsste.“ Schneiders: „Wer hat denn sowas gemacht bei Konzerten?“ Graupner: „Weiß ich nicht mehr.“ Schneiders fragt, wer sich um die Getränke gekümmert habe. Graupner: „Das waren ja meistens die Wirte in den Lokalitäten.“ Schneiders: „Sie haben nie die Bewirtung selbst übernommen?“ Graupner: „Nein.“
Auf Frage sagt Graupner, um Securitydienste habe sich Starke gekümmert. Schneiders fragt, wer vor der Bühne gestanden habe. Graupner: „Weiß ich nicht.“ Schneiders: „Wo standen Sie am Abend?“ Graupner: „An der Bühnenseite.“ Schneiders: „Dann hatten Sie die doch im Blick vor der Bühne?“ Graupner: „Ja aber ich kannte die Leute doch nicht.“ Schneiders: „In der Vernehmung wurden Sie nach einem Achim Schmid gefragt, erinnern Sie sich?“ Graupner: „Nein.“ Schneiders: „Sagt Ihnen der Name was?“ Graupner: „Nein.“ Schneiders: „Die Band ‚Wolfsrudel“?“ Graupner: „Nein.“ Schneiders fragt nach einem Spitznamen: „Pinocchio“. Graupner sagt, das sei einer aus Berlin. Auf Frage sagt er, er habe den mal mal auf einem Konzert getroffen. Auf Fragte, ob B&H Sachsen an Treffen teilgenommen habe von anderen B&H-Gruppen sagt Graupner: „Wüsste ich jetzt nicht.“ Schneiders: „Gab es mal ein Deutschland-Treffen?“ Graupner: „Nee, keine Ahnung.“
Dann fragt wieder Klemke. Er sagt, er wolle nochmal auf die Organisation im Vorfeld von Veranstaltungen zurückkommen, Graupner habe von „großer Runde“ gesprochen: „Wie viele Personen waren denn bei diesen großen Runden anwesend?“ Graupner: „7, 8, 10, 12, weiß nicht genau, kann ich nicht sagen.“ Er bejaht, sich hinsichtlich der Technik auch um den Aufbau gekümmert zu haben. Klemke: „Haben Sie das Zeug alleine aufgebaut?“ Graupner: „Meist.“ Klemke: „Und wenn nicht?“ Graupner: „Dann war meistens derjenige, den ich engagiert habe, mit dabei.“ Klemke fragt, wie viele Konzerte Graupner insgesamt mitorganisiert habe. Graupner: „Weiß ich nicht, können fünf, können aber auch zehn gewesen sein.“ Klemke: „In wie vielen Fällen haben diese Konzerte in Lokalen stattgefunden?“ Graupner: „Immer.“ Klemke: „Sie sagten, um den Saalschutz habe sich Herr Starke gekümmert, aber ich habe Sie auch so verstanden: Sie waren auch immer anwesend“? Graupner: „Ja.“ Auf Frage, wie viele Leute er gesehen habe, die Security gemacht hätten, sagt Graupner: „Fünf bis zehn.“ Klemke: „Waren die gekennzeichnet?“ Graupner: „Die waren schon durch T-Shirts erkennbar.“ Auf Frage, was dort gestanden habe, sagt Graupner: „Saalschutz.“ Klemke: „Fraktur oder lateinische Buchstaben?“ Graupner: „Weiß ich nicht mehr.“
Schneiders hält vor, dass laut einer Quellenmeldung des VS, am 10.10.1998 bei einer Mitgliederversammlung von B&H Sachsen in Wilsdruff u.a. auch „Mucke“ anwesend gewesen sein solle. Schneiders: „Erinnern Sie sich an so ein Treffen?“ Graupner verneint das. Schneiders: „Gab es in Wilsdruff B& H-Treffen?“ Graupner: „Habe ich ja vorhin schon gesagt.“ Schneiders fragt, wer sich da noch getroffen habe, denn wenn es nur Chemnitzer gewesen wären, hätten die ja nicht nach Wilsdruff fahren müssen. Da hätten sich wohl auch anderen getroffen, offensichtlich Leute, die nicht aus Chemnitz waren, so Graupner. Schneiders: „Zum Beispiel die Frau Probst?“ Graupner: „Zum Beispiel.“ Vorhalt: Als Gäste sollen Schäfer und Szczepanski aus Brandenburg und zwei Personen aus Thüringen teilgenommen haben. Schneiders: „Kennen Sie Szczepanski?“ Graupner: „Über Herrn Probst, der hat bei denen ein Praktikum gemacht.“ Er habe den bei den Probsts zu Hause getroffen. Schneiders: „Kennen Sie den Ulf Schäfer aus Königs Wusterhausen?“ Graupner: „Nein.“ Schneiders: „Wer hat aus Thüringen teilgenommen?“ Graupner: „Ich kann mich an das Treffen nicht entsinnen. Ich wüsste auch nicht, dass aus Thüringen jemand da war.“ Schneiders fragt, ob an dem Treffen Mundlos und Böhnhardt teilgenommen habe. Graupner: „Wüsste ich jetzt nicht. Ich kenne die ja nicht.“
NK-Vertreterin RAin Lunnebach fragt: „Haben Sie der Polizei gesagt, dass Sie Eminger flüchtig kennen?“ Graupner: „Nein.“ Lunnebach: „Warum nicht?“ Graupner: „Weil ich dazumal kein Bild im Kopf hatte. Ich habe ihn hier erkannt.“ Lunnebach: „Heute?“ Graupner: „Ja. Und in den Medien halt.“ Lunnebach sagt, Graupner sei bei der Polizei gefragt worden, ob er Eminger kenne und habe gesagt, dass er ihn nicht kenne. Graupner bestätigt das. Lunnebach hält vor, dass Graupner bei der Polizei angegeben habe, anhand eines Bildes kenne er Eminger nicht: „Und wann haben Sie festgestellt, dass Sie Eminger flüchtig kennen?“ Graupner: „In den letzten Monaten, über ein Foto in der Zeitung.“ Lunnebach: „In was für einer Zeitung, was für ein Foto?“ Graupner sagt, das könne auf irgendeiner Internetseite gewesen sein, er habe keine Ahnung. Lunnebach: „Und waren Sie alleine, als Sie das gesehen haben?“ Graupner: „Ja.“ Lunnebach: „Und dann haben Sie gesagt: Den kenne ich doch flüchtig?“ Graupner: „Ja.“ Lunnebach fragt, welche Erinnerung da gekommen sei. Graupner: „Keine weitere. Nur: den kenne ich irgend woher.“ Er verneint, die Erkenntnis mit jemandem geteilt zu haben. Er habe sie auch nicht mit Werner geteilt. Lunnebach: „Wo wohnte denn der Herr Eminger damals?“ Graupner: „Im Erzgebirge, Johanngeorgenstadt.“ Lunnebach fragt, ob Graupner denn in Johanngeorgenstadt gewohnt habe. Das verneint Graupner, er sei aber auf Konzerten und Partys um Chemnitz gewesen. Lunnebach: „Sprechen Sie jeden zufällig an?“ Graupner: „Wenn man sich zwei, drei Mal sieht, dann spricht man sich irgendwann vielleicht mal an.“ Lunnebach: „Welche politische Einstellung hatten Sie damals?“ Graupner: „Nicht viel anders als jetzt, vermutlich das, was die meisten als rechtsradikal definieren würden.“ Lunnebach: „Dann definieren Sie das, Sie haben ja jetzt die Gelegenheit.“ Graupner: „Da führe ich nichts weiter zu aus.“
Lunnebach fragt nach Graupners Spitznamen. Graupner: „Mucke.“ Das komme von der Musik her, so Graupner auf Nachfrage, sei ein Begriff für Musik, den ziemlich viele kennen würden, er habe sich um viele Musiksachen gekümmert. Er wisse nicht mehr, ob er das bei der Polizei auch gesagt habe, so Graupner auf Frage. Lunnebach: „Da sollen Sie die Beziehung hergestellt haben zu ‚Muckefuck‘ und ‚Rassereinheit‘.“ Graupner: „Das weiß ich nicht mehr.“ Vorhalt: Frage: Wie ist denn Ihr Spitzname – Antwort: Mein Spitzname ist Mucke, der kommt nicht von der Musik her, sondern von Muckefuck, das ist damals aus einer Diskussion über Rassereinheit entstanden. Graupner: „Das ist möglich, dass ich das gesagt habe.“ Lunnebach: „Was haben Sie damit gemeint?“ Graupner: „So wie Sie es gerade zitiert haben. Da ist eine Diskussion gewesen irgendwann mal, wo es um Rassenvermischung ging. Und da hat einer gesagt, dass es möglicherweise irgendwann zu einem Einheitsbrei kommt, dass jedes Volk seine Wurzeln und Identität verliert und dass alles ein Einheitsbrei ist, nichts Richtiges, nichts Ganzes. Und aussieht wie Muckefuck, weil das auch kein richtiger Kaffee ist.“
Lunnebach fragt zur Einstellung von Eminger damals. Graupner: „Das sollten Sie den Herrn Eminger fragen.“ Lunnebach: „Haben Sie nie mit ihm gesprochen?“ Graupner: „Vielleicht ab und zu ein paar Worte gewechselt.“ Lunnebach: „Nochmal kurz zu Ihrem Verhältnis zu Werner: Ist das heute noch Ihr engster Freund?“ Graupner: „Nein.“ Auf Frage, ob noch Kontakt bestehe, sagt Graupner, er habe Werner einmal eingeladen, vor anderthalb Jahren vielleicht. Da sei der vorbeigekommen und sie hätten sich hingesetzt, hätten geredet und der sei wieder gegangen. Auf Frage, warum er Werner eingeladen habe, sagt Graupner: „Damit wir reden können.“ Lunnebach: „Worüber?“ Graupner: „Über seine Situation, alte Zeiten.“ Er bejaht, dass er und Werner da schon vernommen gewesen seien. Lunnebach: „Hat er davon berichtet?“ Graupner: „Ja.“ Lunnebach: „Was hat er gesagt?“ Graupner: „Ja, dass er vernommen wurde.“ Lunnebach: „Und inhaltlich?“ Graupner: „Dass er beim Arbeitgeber abgepasst wurde und mitgenommen wurde. Und dass er dann halt seine Aussage machen durfte.“ Lunnebach: „Wie lang war die Vernehmung her, als Sie sich bei sich getroffen haben?“ Graupner: „Weiß ich nicht mehr.“
Lunnebach hält aus Erkenntnissen zu Werner vor, dass Werner sich zu Polizeibeamten so geäußert habe, dass Waffen damals durch führende Personen der NPD in die Szene eingeschleust worden seien und er überzeugt sei, dass es sich um V-Personen handele. Lunnebach: „Hat Werner Ihnen das erzählt?“ Graupner: „Nee.“ Lunnebach: „Überrascht Sie das, dass er das gesagt haben soll?“ Graupner: „Ja.“ Lunnebach: „Über Waffen haben Sie gar nicht gesprochen?“ Graupner: „Nee.“ Lunnebach sagt, Graupner sei zweimal vernommen worden, einmal im Februar und einmal im November 2012. Auf Frage sagt Graupner, das Gespräch mit Werner sei nach der zweiten Vernehmung gewesen. Lunnebach: „Und in Bezug auf Frau Zschäpe: Hat Herr Werner Ihnen gesagt, Sie sollen das sagen mit Frau Zschäpe.“ Aus der Verteidigung sind Unmutsäußerungen zu vernehmen. Graupner sagt: „Er hat mich lediglich informiert.“ Lunnebach fragt, ob Graupner zu Lasch noch Kontakt habe. Graupner sagt, er sehe den alle ein, zwei Jahre; wenn er zufällig in Chemnitz sei, versuche er bei dem vorbeizugehen und Hallo zu sagen. Lunnebach: „Haben Sie mit ihm über Vernehmungen gesprochen?“ Graupner: „Nee, da gibt es wichtigere Sachen, über die wir uns unterhalten.“ Lunnebach: „Muckefuck vermutlich.“ Es folgt eine Pause bis 15:04 Uhr.
Dann sagt RAin Basay, dass es in den Akten einen Hinweis auf einen Briefwechsel zwischen Mundlos und Torsten Schau gebe, da erwähne Mundlos Ellinger und seine Bande, Fr., Mappe sowie Mucke: „Bleibt es dabei, dass Sie Mundlos nicht kennen?“ Graupner: „Nein, kenne ich nicht.“ Dann gebe es einen Brief von Thomas Starke an Uwe Mundlos, da heiße es: Mucke hat sich zwei CDs von deiner Liste ausgesucht, welche er höchstwahrscheinlich haben möchte. Graupner: „Kann ich auch nichts dazu sagen.“ Basay: „Kennen Sie Jürgen Länger?“ Graupner verneint das. Er verneint auch, Rosemann zu kennen. Vorhalt aus einer Vernehmung von Rosemann: Ich kann mir nicht vorstellen dass der Jürgen Länger Waffen verkauft hat, er macht viel mit Computer und „Mucke“. Basay: „Sie kennen Länger nicht?“ Graupner: „Nein.“
RA Narin: „Waren Sie Ende der 90er Skinhead?“ Graupner: „Ja.“ Narin: „Wie waren Sie da gekleidet?“ Graupner: „Mit Hosen, T-Shirt.“ Narin: „Szenetypisch?“ Graupner: „Ich denke schon, ja.“ Narin: „Kennen Sie eine Frau Edda Schmidt, eine ältere Dame?“ Graupner: „Ja, kenne ich flüchtig.“ Die habe so ein Antiquariat. Narin: „Und hat Edda Schmidt politisch ein Rolle gespielt?“ Graupner: „Kann ich nichts zu sagen, weiß ich nichts.“ Narin nennt den „Ring Nationaler Frauen“ bei der NPD. Graupner: „Kenne ich nicht.“ Narin sagt, beim folgenden Vorhalt gehe es um die eben bereits erwähnte Teilnahme an der NPD-Schulungsveranstaltung. Vorhalt: In der Mittagspause dieser Veranstaltung sei Christian Kapke von einer Edda Schmidt angesprochen worden, ob er bereit wäre, sich mit jemandem zu treffen, der Kontakt zu Kameraden auf der Flucht hätte. Narin: „Erinnern Sie sich an ein solches Treffen?“ Graupner: „Nein.“
Vorhalt aus einer Vernehmung von Christian Kapke: Da kam die Edda Schmidt auf mich zu, die leitete diese Veranstaltung; sie sagte, da komme jetzt jemand, der jemand kenne von den Kameraden, die auf der Flucht sind; Edda Schmidt war auch dabei; wer sich da mit uns getroffen hat, weiß ich nicht, der war auch nicht szenetypisch gekleidet. Narin sagt, später sei Graupner als diese Person identifiziert worden: „Kommt da eine Erinnerung?“ Graupner: „Nein. Überhaupt keine mehr.“ Vorhalt: Der meinte, die seien in Chemnitz in einem Neubaublock und es gehe ihnen gut, würden Playstation spielen, er habe seit einigen Wochen keinen Kontakt mehr zu ihnen. Narin: „Kommt da eine Erinnerung?“ Graupner: „Überhaupt nicht.“ Narin: „Sagt Ihnen die Band ‚Eichenlaub‘ was?“ Graupner: „Nein.“ Narin: „Das Lied ‚5. Februar‘?“ Graupner: „Nein.“ Narin: „Sie schilderten heute, dass Sie im Umfeld von Blood & Honour Sachsen verkehrt seien damals. Spielte in dem Zusammenhang Ian Stuart eine Rolle?“ Graupner: „Er war halt Sänger von Skrewdriver und ist ’93 wohl verunglückt.“
Narin fragt, ob Graupner damals auch Gruppen aus Baden-Württemberg gekannt habe, die B&H zuzurechnen gewesen seien. Graupner verneint das. Narin: „Und dem Ku-Klux-Klan?“ Graupner: „Nee.“ Narin: „Sagt Ihnen ‚Kreuzritter für Deutschland‘ etwas?“ Graupner: „Nein.“ Narin: „Sie verneinten Achim Schmid zu kennen. Sagt Ihnen die Band ‚Triebtäter‘ etwas?“ Das bejaht Graupner, das sei eine Gruppe aus Baden-Württemberg. Er habe eine CD von denen gehabt, so Graupner. Narin: „Kannten Sie die Mitglieder?“ Graupner: „Ich habe die halt mal auf einem Konzert betreut.“ Narin nennt den Namen Holger Wi. und den Spitznamen „Tweety“. Beides verneint Graupner. Zschäpe-Verteidiger RA Heer sagt zu Götzl, das sei weit hergeholt, „wie so häufig“ bei Narin: „Ich bitte, ihn darauf hinzuweisen dass er zum Gegenstand der Untersuchung fragt.“ Narin: „Sie wurden ja heute bereits zu Kontakten nach Ungarn befragt und wer dabei war: Ist Ihnen der Marcel Degner bekannt aus Thüringen?“ Graupner: „Nee.“ Narin: „Der Sektionschef von Blood & Honour.“ Graupner: „Nee, sagt mir nichts.“
Narin: „War das Konzert im Rahmen des Kitartás-Festivals, Tag der Ehre? Sagt Ihnen das was?“ Graupner: „Nee.“ Narin: „Wurde mal über Ihre Sektion, die Sektion Sachsen von B&H, eine andere Sektion aus Kroatien für B&H gegründet?“ Nun beanstandet RA Stahl. Götzl sagt zu Narin, das sei erklärungsbedürftig. Narin sagt, es gehe um die Erinnerungsfähigkeit des Zeugen. Götzl erwidert, Narin könne dann einen Beweisantrag stellen. Narin fragt Graupner: „Wie haben Sie denn mitbekommen, dass Thomas Starke aus der Haft entlassen wurde?“ Graupner: „Ist mir gesagt worden von irgendjemand, weiß nicht mehr.“ Narin: „Wissen Sie, ob er betreut wurde in der Haft?“ Graupner: „Ich weiß, dass er recht viel geschrieben hat in der Haft. Aber mehr weiß ich nicht, mit wem, warum.“ Narin: „Spielte da die HNG eine Rolle?“ Graupner: „Weiß ich nicht.“ Narin: „Haben Sie in den 90ern manchmal einen PKW des Jan Werner genutzt?“ Graupner: „Ja.“ Graupner verneint, dass ihm das Kennzeichen erinnerlich sei. Narin nennt „C-ND 88“. Graupner: „Weiß ich nicht. Ich kann Ihnen sagen, der hat mal ein Golf gehabt und mal einen Mondeo. Aber Details weiß ich nichts weiter.“ Narin: „Kannten Sie eine Mandy Struck?“ Graupner: „Nein.“ RA Kuhn sagt, Graupner habe angegeben, er habe von Werner erfahren, dass er damals Zschäpe gekannt habe: „Hat Ihnen Werner gesagt, woher er diese Erkenntnis hat?“ Graupner: „Nein.“ Kuhn: „War er damals dabei in der Wohnung von Frau Zschäpe?“ Graupner: „Nein.“ Kuhn: „Haben Sie ihn mal gefragt, in welchem Verhältnis er zu Mundlos, Böhnhardt, Zschäpe stand?“ Graupner: „Nö.“
RA Hoffmann fragt, ob Hendrik Lasch auch bei B&H gewesen sei. Graupner: „Nein.“ Hoffmann: „War er, ohne dabei zu sein, in Konzerte eingebunden?“ Graupner: „Eigentlich nicht, nee.“ Hoffmann: „Kannten Sie Michael Probst gut?“ Graupner: „Ich war ab und zu bei denen zu Hause und habe ab und zu auf deren Kinder aufgepasst. Ich würde sagen, wir kannten uns recht gut, ja.“ Das sei im Zeitraum zwischen 1995 und 2000 gewesen, so Graupner auf Frage, Hoffmann fragt, ob Probst auch bei „AEG“ gespielt habe. Graupner: „Ja, er war der Sänger.“ Hoffmann: „Wie oft haben Sie Herrn Szczepanski bei ihm getroffen?“ Graupner: „Einmal.“ Hoffmann: „Wissen Sie, ob Herr Szczepanski andere Leute von B&H getroffen hat?“ Graupner: „Nein.“ Hoffmann: „Wissen Sie, ob B&H Sachsen auch Veröffentlichungen, Magazine herausgegeben hat?“ Graupner: „Ich weiß nicht, ob dieses Heft ‚White Supremacy‚ dazugehörte oder nicht.“ Hoffmann: „Kannten Sie das?“ Graupner: „Ja, ich hab’s flüchtig gelesen.“ Woher er es bekommen habe oder wer das gemacht habe, wisse er nicht mehr, so Graupner auf Nachfragen. Hoffmann fragt, ob Graupner wisse, dass der „Dackel“ ein Fanzine herausgegeben hat, Graupner: „Kann ich mich jetzt nicht entsinnen.“ Auf Frage, ob er das Zine von Szczepanski gekannt habe, sagt Graupner, das habe „United Skins“ geheißen, er habe ein oder zwei Ausgaben gelesen. Hoffmann: „Gab es bei B&H Sachsen mal Streit, weil Geld aus der Kasse gefehlt hat?“ Graupner: „Weiß ich nichts von, kann ich mir nicht vorstellen.“ Hoffmann: „Können Sie sich nicht vorstellen?“ Graupner: „Nee.“
RA Ilius sagt, in der Friedrich-Viertel-Straße 85 habe laut Graupner auch „Dackel“ gewohnt: „Auch andere Kameraden aus der rechten Szene?“ Graupner: „Ja.“ Ilius: „Wer denn?“ Graupner: „Ein Carsten, Scheune, ja.“ Ilius fragt, ob „Scheune“ Ronny Sch. sei. Graupner: „Möglich.“ Vorhalt aus der Vernehmung von Thomas „Dackel“ Rothe: Mucke, ein Ri., wir hatten da fünf sechs Wohnungen wo wir mit Leuten aus meinem Freundeskreis lebten, das Haus gibt es nicht mehr; der hieß Andreas Graupner, Jörg Ri., Ingolf We. Graupner: „Ja, ein Ri. war eine Zeit lang auch da und ein We. auch.“ Ilius fragt, ob We. auch B&H aktiv gewesen sei. Graupner: „Nee. Der hat mit der Szene nichts zu tun gehabt.“ Ilius: „Haben Sie ein gemeinsames E-Mail-Kürzel verwandt in dem Haus?“ Graupner: „Nee.“ Ilius nennt „Combat 85“. Graupner sagt, er habe zu dem Zeitpunkt noch kein E-Mail gehabt. Ilius: „Dann zurück zu den ’88er‘-Pullovern.“ Vorhalt aus einer Vernehmung von Hendrik Lasch: Frage: Was können Sie uns zu ‚Skinheads 88‘ sagen – Antwort: Eine ganz lose Geschichte, keine feste Organisation; jeder der damals in der rechten Szene unterwegs war, hatte die 88 auf der Jacke; weil ich Kontakte zur Stickerei hatte, kamen alle zu mir. Graupner: „Ich weiß nicht, ob er das war, aber könnte so sein.“ Ilius: „Hatten Sie mal den Eindruck in Chemnitz, vom VS verfolgt zu sein?“ Graupner: „Nein.“
Ilius fragt, ob Graupner wisse, ob Hendrik Lasch V-Mann des sächsischen VS gewesen sei. Graupner: „Ich hoffe, nicht.“ Ilius fragt, ob Graupner nach seinem Wegzug aus Chemnitz André Eminger nochmal getroffen habe. Graupner: „Wüsste ich nicht.“ Vorhalt aus dem Akten zu Erkenntnissen zu André Eminger, VS-Bericht Sachsen: Zu Eminger wurde berichtet, dass er anlässlich des „Fireblade Force Festival“ neben anderen Rechtsextremisten wie Andreas Graupner und „HooNaRa“-Mitgliedern als Security tätig war. Graupner: „Was für ein Festival?“ Ilius: „Fireblade Force.“ Graupner: „Kenne ich nicht.“ Ilius: „Sagt Ihnen ‚HooNaRa‘ etwas?“ Das sei ein Schlachtruf von Hooligans in Chemnitz, so Graupner. Ilius: „Gehörten Sie dazu?“ Graupner: „Nein.“ Ilius: „Hieß das: Hooligans, Nationalsozialisten, Rassisten‘?“ Graupner: „Kann ich mir nicht vorstellen.“
RA Daimagüler: „Eine Frage: Wie standen Sie und wie stehen Sie zu türkischen Migranten?“ Graupner: „Sie sind halt da.“ Daimagüler: „Was bedeutet das?“ Graupner: „Dass sie da sind. Es gibt ein paar okaye und welche, die ich nicht haben möchte in meiner Gegend.“ Daimagüler fragt, ob das Thema Türken ein wiederkehrendes Thema in Graupner Freundeskreis gewesen sei. Graupner verneint. Es habe ja früher nicht viele gegeben. Daimagüler sagt, das könne ja trotzdem Thema sein. Graupner: „Nicht dass ich wüsste.“ Daimagüler: „Allgemein Migranten?“ Graupner: „Nicht dass ich wüsste.“ Daimagüler: „Asylbewerber?“ Graupner: „Kein Thema.“ Daimagüler: „Menschen jüdischen Glaubens?“ Graupner: „Kein Thema.“ Daimagüler: „Über was haben Sie denn gesprochen?“ Graupner: „Musik, Konzerte.“ Daimagüler: „Sind das Themen, die Sie als rechtsradikal einstufen würden?“ Graupner: „Nö.“ Daimagüler fragt, ob Graupner das „Paulchen-Panther-Video“ kenne. Graupner: „Nein.“ Daimagüler: „Wissen Sie, worum es sich dabei handelt?“ Graupner: „Soll wohl ein Video sein, was als Bekennervideo dargestellt wird.“ Er verneint, bei seiner Vernehmung dazu befragt worden zu sein. Der Zeuge wird entlassen.
Danach gibt RA Hoffmann eine Erklärung ab: Wir haben ihn soeben gehört und ich will kein großes Lamento machen über Zeugen, die die Unwahrheit sagen. Wir sind mindestens zweimal ganz offen belogen worden. Er hat aber zugegeben, dass er B&H Sachsen war und Konzerte organisiert hat. Er hat eine Sache mitgeteilt, die wichtig ist. Er hat mitgeteilt: Ja, er hat Herrn Szczepanski getroffen, der war in der Wohnung von Probst. Und das belegt, dass Herr Szczepanski nicht nur die Eheleute Probst getroffen hat. Informationen, die er hier berichtet hat, hätte er also nicht nur von den Eheleuten Probst bekommen können. Szczepanski hatte die Möglichkeit, bei Probst Leute zu treffen von B&H Sachsen. Ansonsten wird man diese Vernehmung als Zeitverschwendung abordnen müssen. Er wollte nichts mitteilen. Das Beweisthema hat sich jedenfalls nicht bestätigt.
Dann verliest RA Heer einen sehr langen Antrag. Er beantragt, den Beschluss vom 25.01.2013 auf Zulassung der Nebenklage der Mandantin RA Hoffmanns und Bestellung von RA Hoffmann aufzuheben. [Wir geben den Antrag hier nur grob wieder; er betrifft in weiten Teilen Angaben zu gesundheitlichen Beschwerden der Nebenklägerin] Zur Begründung führt er aus: die Nebenklägerin sei nicht Verletzte des Anschlags in der Keupstraße und es bestehe folglich kein Recht zur Nebenklage. . RA Hoffmann habe die Vertretung seiner Mandantin angezeigt und die Zulassung zu NK und Beiordnung beantragt. Eine substantiierte Begründung sei nicht erfolgt, so Heer. Im Folgenden zitiert Heer eine Stellungnahme der GBA, die der Zulassung der Mandantin Hoffmanns zur NK entgegengetreten sei, weil es der Nebenklägerin an der Verletzteneigenschaft fehle. Dann geht es um Angaben der Nebenklägerin ggü. der Polizei, um einen Vermerk des Vorsitzenden, demzufolge sich die Nebenklägerin nicht im Wirkungsbereich der Explosion aufgehalten habe, so dass sie nicht als Opfer eines versuchten Tötungsdelikts, sondern einer gefährlichen Körperverletzung in Betracht komme. Weiter geht es um Angaben von RA Hoffmann zum Aufenthalt seiner Mandantin und zu Folgen des Anschlags für sie. Berichte von Ärzten habe Hoffmann nicht vorgelegt, so Heer. Der Senat habe dann, so Heer, die NK zugelassen und ihr RA Hoffmann als Vertreter beigeordnet, weil sie zu dem Personenkreis, der zum Anschluss berechtigt ist, gehöre.
Dann geht Heer zu den Angaben der Nebenklägerin, ihres Arztes und ihres Therapeuten über. Danach sagt Heer, die Nebenklägerin sei nicht mehr als Verletzte zu qualifizieren. Für die Verletzteneigenschaft sei nicht allein relevant, dass die Täter den Tod und die Verletzung einer unbestimmten Anzahl beabsichtigt haben mögen. Es sei zwar unerheblich, ob der Täter die Personen wahrgenommen habe, er müsse jedoch in Kauf nehmen, dass sie dem Tatmittel ausgesetzt sind. Die Nebenklägerin sei zum Zeitpunkt durch eine geschlossene Gebäudestruktur geschützt gewesen. „Hypothetische Erwägungen“ hinsichtlich eines Aufenthalts der Nebenklägerin an anderer Stelle seien außer Betracht zu lassen. Anderenfalls wäre, so Heer weiter der Kreis der Verletzten grenzenlos.
Bzgl. der von der Nebenklägerin am Tattag empfundenen Symptome sei zweifelhaft, ob diese genügen würden. Es ergebe sich, so Heer, dass die Nebenklägerin schon zuvor unter den psychischen Beschwerden gelitten habe. Selbst wenn die Beschwerden auf eine Traumatisierung am Tattag zurückzuführen wäre, wäre laut Heer Verjährung eingetreten, wenn sich die Traumatisierung nämlich erst 2011 somatisiert hätte, weil diese Beschwerden nur durch eine gefährliche Körperverletzung verursacht wordne seien. Dass das „Ereignis vom 09.06.2004“ bei einer Vielzahl von Personen physische und psychische Folgen gehabt habe, werde von der Verteidigung Zschäpe nicht in Zweifel gezogen.
Nach dem Verlesen des Antrags sagt Heer, er habe ursprünglich auch einen Antrag bzgl. der NK eines weiteren Nebenklägers vorbereitet, aber die Nebenklage sei, wie er erfahren habe, zwischenzeitlich zurückgenommen worden.
RA Hoffmann sagt, er wolle sich eine ausführliche Stellungnahme für nächste Woche vorbehalten, wolle aber bereits jetzt kurz etwas sagen. Hoffmann: „Der Antrag ist zurückzuweisen.“ Ein Grund für den Widerruf bestehe nicht. Am 24.01.2013 habe er, so Hoffmann, begründet, dass wegen des Aufenthaltsorts seiner Mandantin und der Konstruktion und Wirkung der Bombe seine Mandantin als Geschädigte eines versuchten Mordes zu gelten habe. Das sei der der Zeitpunkt gewesen, zu dem man eine Auseinandersetzung rechtlicher Natur hätte führen können, ob eine Person, die sich in der Wohnung aufgehalten habe, wo es rein zufällig gewesen, im welchen Teil der Wohnung sie sich bewegt habe und ein Teil der Wohnung sich im lebensgefährlichen Bereich, im Wirkungsbereich der Bombe, befunden habe, ob das ein versuchter Mord sei. Die Verteidigung habe gewusst, dass eine so getroffene Entscheidung des Gerichts im Laufe des Prozessesnicht anzugreifen sei und habe trotzdem damals keine Stellungnahme dazu abgegeben. Seine Mandantin sei zugelassen worden, weil sie eine Verletzte eines versuchte Tötungsdeliktes sei. Der Zulassungsbeschluss könne nur dann widerrufen werden, wenn sich herausstellen sollte, dass der konstitutiven Anschlusserklärung von vornherein die Grundlagen gefehlt hätten. Demgegenüber habe es die Rechtsprechung für unstatthaft erklärt, die Zulassung nachträglich zu widerrufen. Ein solches von vornherein bestehendes Hindernis sei hier nicht gegeben und werde von der Verteidigung nicht einmal behauptet. Die Erkenntnisse hätten sich durch die Beweisaufnahme nicht geändert, und selbst wenn wäre es unerheblich. Ebenfalls unerheblich sei es, ob seine Mandantin auch Opfer einer gefährlichen Körperverletzung geworden sei, weil das gar nicht zugelassen worden sei und diese Frage der Beweiswürdigung im Urteil vorbehalten sei. Hoffmann: „Ich habe ganz scharf kritisiert diese langwierige Befragung des Therapeuten durch die Verteidigung, nachdem alle wesentlichen Fragen geklärt waren durch die Befragung des Vorsitzenden. Ich kritisiere nochmal scharf, dass der Antrag nur gestellt worden ist, um einen unbequemen Vertreter hier herauszubekommen und um noch einmal die ganzen Opfer in der Keupstraße herunterzumachen.“
RA Klemke sagt, er wolle auf die „unsachlichen Entgleisungen“ gar nicht eingehen, das sei er „ja gewohnt von Teilen der Nebenklage“. Die Verteidigung Wohlleben wolle sich der Verteidigung Zschäpe anschließen, denn man sei mittelbar betroffen, hier gehe es um die Frage der Verfahrensbeschleunigung. NK-Vertreterin RAin Lunnebach erklärt: Die Täter die eine Nagelbombe ablegen, zielen auf einen Vielzahl von Opfern und es kommt deshalb auf die Sprengwirkung der Bombe an. Es kann nicht darauf ankommen, ob es in diesem gewollten Wirkungskreis durch Zufall keine Verletzungen gegeben hat. Selbstverständlich ist bei der Probsteigasse auch die Nebenklage der Eltern meiner Mandantin zugelassen worden als versuchter Mord. Und ich erlaube mir, an die Verteidigung Zschäpe gerichtet, die Energie die Sie in so einen Antrag stecken, dann doch in einen Antrag zur Entlastung ihrer Mandantin zu stecken. Der Verhandlungstag endet um 16:23 Uhr.
Der Blog NSU-Nebenklage kommentiert: Graupner, der seit 2001 in Baden-Württemberg lebt, hat als Mitglied der „B&H“ nahestehenden Band Noie Werte bundesweit Bekanntheit erlangt. In zwei Versionen des NSU-Bekennervideos, die auf den Computern in der Frühlingsstraße gefundenen wurden, wird Musik von dieser Band eingespielt. Ein weiteres Mitglied der Band hat im Übrigen kurze Zeit als Rechtsanwalt in derselben Kanzlei gearbeitet wie Wohlleben-Verteidigerin Schneiders.
http://www.nsu-nebenklage.de/blog/2015/02/05/05-02-2015/