An diesem Verhandlungstag werden Zeug_innen zum Banküberfall in Arnstadt am 07.09.2011 gehört. Sie schildern den Überfall selbst aber auch seine Folgen eindrücklich. Außerdem sagen damals ermittelnde Polizisten zu diesem Fall aus. Es geht hier auch darum, dass ein Zusammenhang mit den anderen Banküberfällen zu erkennen war, weshalb am 04.11.2011 u.a. bezüglich einer Flucht der Täter mit Fahrrädern gehandelt werden konnte. Um einen ähnlichen Zeitraum dreht sich die Befragung einer Zeugin zu der Anmietung eines Wohnmobils im September 2011.
Zeug_innen:
- Oswald Ac. (Banküberfall am 07.09.2011 in Arnstadt)
- Gundula Fr. (Banküberfall am 07.09.2011 in Arnstadt)
- Sabine Ke. (Banküberfall am 07.09.2011 in Arnstadt)
- Karin Li. (Banküberfall am 07.09.2011 in Arnstadt)
- Silke Br. (Anmietung eines Wohnmobils im September 2011)
- Mario Wö. (PD Gotha, Ermittlungen zum Banküberfall in Arnstadt am 07.09.2011)
- Stefanus Er. (Kriminalbeamter, Ermittlungen zum Überfall in Arnstadt)
Der Verhandlungstag beginnt um 09:46 Uhr. Erster Zeuge ist Oswald Ac. Götzl sagt, es gehe um einen Überfall auf eine Sparkasse in Arnstadt am 07.09.2011. Ac. führt aus, kurz nach der Eröffnung der Geschäftsstelle habe gegen zehn vor Neun der Überfall stattgefunden. Er habe sich, als die Täter rein gekommen seien und gerufen hätten, hingelegt und instinktiv im gleichen Moment den Alarmknopf betätigt. Dann habe er gehört, wie gerufen worden sei: „Aufmachen, wo ist der Schlüssel“. Es sei geantwortet worden: „Den hat der Zweigstellenleiter“. Einer der Täter habe dann eine Kollegin als Geisel genommen, ihr die Pistole an den Kopf gehalten und habe sich in Richtung Büro bewegt. Dann habe er, Ac., gesagt: „Nicht erschrecken, ich stehe hinter Ihnen.“ Er sei dann mit dem Täter in den Tresorraum, der habe geschrien, er solle den Tresor aufmachen, worauf er selbst gesagt habe, er solle ruhig bleiben, sie würden alle Anweisungen von ihm befolgen. Der Täter sei sehr hektisch gewesen. Er habe dem Täter gesagt, dass sie warten müssten, dass der Bereich zeitgesichert sei. Der Täter habe gedroht, ihn zu erschießen. Er habe sich umgedreht, um die Kombination einzugeben. Als er das gemacht habe und sich wieder umgedreht habe, sei der Täter verschwunden gewesen. Dann habe er wahrgenommen, dass die Kollegin verwundet am Boden lag. Sie habe eine klaffende Kopfwunde gehabt. Ac.: „Was ich noch sagen möchte: Ich war über den Überfall irritiert, weil ich dachte das sind Dilettanten. Die haben uns nicht zusammen gehalten. Die eine Kollegin konnte abhauen, haben rumgeschrien.“
Dann folgt die Zeugin Fr. Auf die Bitte, über den Überfall zu berichten, sagt Fr., sie hätten ganz normal halb Neun geöffnet. Gegen Dreiviertelneun, Neun seien zwei maskierte Männer in die Geschäftsstelle gestürmt, hätten „Überfall“ gerufen. Sie habe sich dann runter setzen müssen auf den Boden, „während die uns bedroht haben“. Einer sei mit einer Kollegin nach hinten gegangen, einer habe in die Kasse gewollt. Die Kollegin habe nicht sofort die Tür geöffnet. Dann sei der zu ihr gekommen, habe das Telefon rumgerissen und dann auf sie eingeschlagen. Götzl fragt, wie oft der eine auf Fr. eingeschlagen habe. Fr.: „Auf jeden Fall mehrmals, bestimmt fünf, sechs Mal. Ich hatte eine Platzwunde am Kopf und die Hände und Arme alles geschwollen, dick und blau, also wirklich mit ziemlicher Kraft auf mich eingeschlagen.“ Auf Frage, wie es dann weitergegangen sei, sagt Fr., die Kollegen hätten dann den Notdienst gerufen, sie sei ins Krankenhaus gekommen und zwei Tage dort geblieben. Danach sei sie viele Monate in psychologischer Betreuung gewesen. Sie habe dann im Februar wieder angefangen zu arbeiten, aber im internen Bereich, sie habe eine Geschäftsstelle nicht mal betreten können, geschweige denn dort arbeiten.
Als nächstes wird die Zeugin Ke. gehört. Zum Überfall berichtet sie, dass es so gegen Dreiviertelneun gewesen sei. Sie sei in der Kasse gewesen, ihre beiden Kolleginnen am Nebenschalter. Dann sei die Tür aufgegangen und zwei Männer seien rein gekommen, maskiert. Die hätten gerufen „Überfall“ und „Geld“ und „Tresor auf“ [phon.]. Ke.: „Dann ist der eine Täter, der Kleinere, rüber zu den anderen beiden Mitarbeiterinnen und sagte, sie soll den Tresor aufmachen.“ Der Schlüssel sei bei ihr, Ke., in der Kasse gewesen und sie sei von dem anderen mit der Pistole bedroht worden. Und dann habe Frau Li. gesagt, sie könne den nicht aufmachen, das könne nur der Chef. Die seien dann nach hinten gegangen zum Chef, wo auch der Tresor gewesen sei. Sie selbst habe unter dem Tisch gekniet und dabei den Alarmknopf gedrückt. Dann habe sie drüben Schreie von Fr. gehört. Der eine Täter habe den Telefonhörer in der Hand gehabt und habe gerufen, sie solle die Tür aufmachen, sonst bekomme Fr. das auf den Kopf. Er habe ihr dann gezeigt, was er wahrscheinlich schon die ganze Zeit in der Hand gehabt habe, und gesagt, sie solle die Tür aufmachen oder es würden alle in die Luft fliegen. Sie habe die Tür dann sofort aufgerissen. Der Mann sei in Richtung Geld und habe es eingepackt.
In der Zeit habe Ac. ihr zugerufen, dass man den Tresor aufmachen müsse. Ac. sei zurück gekommen von den Büroräumen, sei auch bedroht worden mit der Pistole an der Schläfe. Da habe sie gesagt, dann machen wir eben auf. Sie habe den Tresorraum aufgeschlossen und hinter ihr sei die Tür zugefallen, sie sei alleine gewesen. Ac. habe von draußen gerufen, sie solle die Tür aufmachen. Als sie alleine im Tresorraum gewesen sei, habe sie den Schlüssel in ein Kästchen geworfen. Da sei der Schlüssel unter Zeitverschluss. Dann habe sie die Tür aufgemacht. Dann seien beide rein gekommen und Ac. habe dann aufmachen sollen und habe gesagt, dass er aufmachen werde, aber es dauere seine Zeit: „Und dann, sag ich mal, waren sie auf einmal weg.“
Dann folgt die Zeugin Li. Zum Überfall berichtet sie, es sei kurz nach Öffnung gewesen, da seien zwei Maskierte rein, bewaffnet, und hätten „Überfall“ gerufen. Sie sei gleich mit hinter genommen worden zum Chef mit erhobenen Händen. Als sie beim Chef angelangt seien, habe der sich mehr für den Chef interessiert. Bei der Gelegenheit habe sie flüchten können. Götzl bittet Li. die Person zu beschreiben, mit der sie konfrontiert gewesen sei. Li.: „Dunkel angezogen, maskiert“ Götzl fragt nach der Größe. Li.: „Würde sagen, 1,80 m, ja, schlank auf alle Fälle.“ Die Maske sei eine Gruselmaske gewesen, wie sie zu Halloween getragen werde, so habe sie es in Erinnerung. Die Person habe zwei Waffen in der Hand gehabt.
Dann folgt die Einvernahme der Zeugin Br. Br. vermietet Wohnmobile. Götzl sagt, es gehe um eine bestimmte Anmietung eines Wohnmobils im September 2011. Br. berichtet, dass ein junger Mann, der sich als „Holger Gerlach“ ausgewiesen habe, bei ihnen einen Vertrag abgeschlossen, das Fahrzeug abgeholt und auch auch persönlich wiedergebracht habe. Auf Frage sagt Br., der Mann sei groß gewesen, schlank, habe sehr kurz geschnittenes Haar gehabt, etwas abstehende Ohren. 2008 habe der schon mal Reisemobil angemietet, von daher habe sie ihn wiedererkannt. Götzl und verliest Daten 05.09.2011. und 20.09.2011. Und weiter unten würden die Tage stehen, so Br. Götzl hält vor: Fünf Tage. Br.: „Ja.“
Es folgt der Zeuge Wö. von der Kripo Gotha. Götzl sagt, es gehe um den Überfall am 07.09.2011, um die Ermittlungen, Wö. solle zunächst schildern, inwiefern er damit befasst gewesen sei. Er sei zum damaligen Zeitpunkt Verantwortlicher der KPI Gotha am Tatort gewesen, so Wö., und habe im Weiteren den schweren Raub zum Nachteil der Sparkassenfiliale Arnstadt-West bearbeitet. Er habe durch die Ermittlungen vor Ort feststellen können, dass der Ablauf ungefähr so gewesen sei: Schülerinnen, die aus der Marienpassage gekommen seien, hätten zwei Personen gesehen, die sich zum Bankgebäude begeben hätten mit zu Boden gesenktem Gesicht und Kapuzen über dem Kopf. Die hätten mitgekriegt, dass die Personen was von „Überfall“ riefen. Das hätten die Schülerinnen der Polizei mitgeteilt. Als die Täter die Filiale verlassen hätten, seien sie in dieselbe Richtung zurück gelaufen. Eine Zeugin habe erkennen können, wie einer die Maske abnahm. Es sei dann ein Phantombild gefertigt worden. Sie habe weiter angeben können, dass sie habe beobachten können, wie die Täter an die Stirnseite des Gebäudes gegangen und auf Räder gestiegen seien. In dem Wohnmobil in Eisenach seien Geldbündel sichergestellt worden, an zwei seien Banderolen der Filiale der Sparkasse Arnstadt-West gewesen, vom 05.09. und 06.09. Das sei ein Indiz für die Täterschaft. Götzl fragt, inwiefern Wö. in die weiteren Ermittlungen eingebunden gewesen sei. Es sei so gewesen, dass sie im Rahmen des Banküberfalls Spuren gesichert hätten, so Wö., die aber nicht zu Treffern bzgl. möglichen Tätern geführt hätten. Am 13.09. hätten sie dann ein Erkenntnisfernschreiben gesteuert und am 14.09. einen Anrufs des Kollegen Fl. von der KPI Zwickau erhalten. Der habe auf eine Serie von Banküberfällen ab 1999 in Chemnitz, Zwickau und zuletzt in Stralsund hingewiesen. Er, Wö., habe das eingesehen und ein Protokoll geschrieben, dass das Delikt in Arnstadt der Serie zuzurechnen sei. Aus dem Muster habe man ableiten können, dass die Täter mit hoher Wahrscheinlichkeit wieder einen Banküberfall begehen würden. Daher habe er auch auch das Glück gehabt, am 04.11. relativ zeitnah von dem Überfall zu erfahren.
Er habe sich mit den Kollegen in Verbindung gesetzt und aufgrund des Hinweises des Kollegen Fl. gesagt, dass, wenn die Täter mit Rädern flüchten, dass auf Fahrzeuge zu achten sei, in denen man Räder verstauen kann. Er habe das ausgegeben und darauf hingewiesen, dass auf Eigensicherung zu achten sei. Er habe dann den Hinweis gegeben auf die mögliche Fluchtrichtung Sachsen, da der Schwerpunkt der Delikte in Richtung Sachsen gewesen sei. Er sei dann erst am Abend des 04.11. hinzugezogen worden. Im Weiteren sei er der „BAO Trio“ zugeordnet worden und eine Weile zugearbeitet. Dabei sei es hauptsächlich um die Aufarbeitung von Asservaten gegangen, dass alles in den Bestand des BKA überführt werde.
Dann wird der Zeuge Er. einvernommen. Er sagt, er sei vom 10.03. bis Ende August 2012 dem BKA zugeordnet worden in Meckenheim. In Bezug auf die Bewaffnung des Täters 1 habe er einen gesonderten Bericht geschrieben, der sei in dem Bericht als Täter mit zwei Waffen bezeichnet. In der linken Hand halte er eine kleine Pistole und in der rechten einen kompakten Revolver. Zu beiden Waffen seien mögliche zugehörige Asservate im Wohnmobil gefunden worden. Der Revolver sei 2003 bis 2007 bei sieben Raubstraftaten eingesetzt worden, vier in Chemnitz, ein versuchter in Zwickau, und zwei weitere in Stralsund. Götzl fragt nach weiteren Ermittlungen, die Er. durchgeführt hat. Er habe etwas über das Campingplatzkonzept, die Kontakte, Aufenthalte des Trios zusammengestellt, so der Zeuge, über Verbindungsdaten der bekannten Telefone, die Festnetznummer in der Frühlingsstraße und ein Mobiltelefon, das Zschäpe zugeordnet werde, das sie das genutzt habe. Das müsse auch das Telefon sein, mit dem sie sich bei der Polizei gemeldet habe. Es gebe aus der Auswertung der Verbindungsdaten dieses Telefons vom 22. bis zum 25.08.2011 [phon.] Verbindungen zu einem Funkmasten im Thüringer Wald. Über die Funkzellendaten, über die Geodaten sei man auf einen Campingplatz in Leinatal-Catterfeld gekommen. Ein Kollege sei da vorbei gefahren und habe in den Unterlagen Meldeschein und Abrechnungsunterlagen eines Aufenthaltes für drei Nächte und zwei Personen ausfindig machen können. Darauf finde sich die Unterschrift „Holger Gerlach“, eine der Aliaspersonalien, die vom Trio benutzt worden seien. Die Betreiber des Campingplatzes seien vernommen worden, konkrete Zuordnungen hätten sie nicht angeben können. Es konnten auch die Nachbarn des Fahrzeugs dann nicht ausfindig zu machen gewesen. Der Verhandlungstag endet um 15:07 Uhr.
Hier geht es zum Kommentar das Blogs NSU-Nebenklage: http://www.nsu-nebenklage.de/blog/2015/03/25/25-03-2015/
Zur vollständigen Version des Protokolls hier.