Protokoll 193. Verhandlungstag – 18. März 2015

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Am heutigen Prozesstag nimmt zunächst der Sachverständige Leygraf Stellung dazu, ob Carsten Schultze im Tatzeitraum noch einem Jugendlichen gleichstand. Er stellt zunächst Treffen mit Schultze dar, um dessen Erzählungen danach mit verschiedenen Faktoren zur Entwicklung von Jugendlichen zu Erwachsenen in Zusammenhang zu bringen. Danach ist geladen, dieser gibt an, Böhnhardt, Zschäpe und Mundlos nicht zu kennen. Er streitet ab, Sprengstoff übergeben zu haben. Mike Ma., der dritte Zeuge des Tages war ein Schulfreund Zschäpes und auch Teil ihrer damaligen Clique, damit kannte er auch Mundlos und Böhhnhardt. Er erzählt u.a., dass diese Clique gemeinschaftlich klaute. Außerdem stellt er die neonazistische Gesinnung der drei dar.

Zeug_innen:

  • Prof Dr. Norbert Leygraf (Sachverständiger zu Carsten Schultzes Strafmündigkeit)
  • Giso Tschirner (Erkenntnisse zu Böhnhardt, Zschäpe, Mundlos und zur Chemnitzer Neonazi-Szene)
  • Mike Ma. (Jugendfreund von Beate Zschäpe)

Der Prozesstag beginnt um 09:47 Uhr. Als erstes wird der Sachverständige Prof. Dr. Leygraf, Arzt für Neurologie, Psychiatrie, Direktor des Instituts für forensische Psychiatrie Duisburg vernommen. Götzl sagt, es gehe darum, ob Carsten Schultze im Tatzeitraum noch einem Jugendlichen gleichstand und es würden auch Äußerungen des Herrn Schultze zu den Tatvorwürfen interessieren. Leygraf antwortet, er habe Schultze am 26.03. und am 02. und 04. April 2012 in der JVA Köln exploriert und Unterlagen über eine psychotherapeutische Behandlung herangezogen. Schultze sei sehr freundlich gewesen, kooperativ, er sei aber an allen Explorationstagen in einer in sich gekehrten Zurückhaltung verblieben. Am ersten Tag habe er von sich aus kaum etwas gesagt, sondern wartete seine, Leygrafs Fragen ab. Insbesondere zu seiner früheren Zugehörigket zur rechten Szene und bei Fragen zu den Tatvorwürfen hätten sich längere Schweigephasen ergeben. Trotzdem seien die Angaben zu seinen damaligen Einstellungen sehr blass, wenig konkret geblieben.

Das sei Schultze im Nachgang selbst bewusst geworden, weshalb er sich zum zweiten Explorationstag Notizen gemacht habe. Sehr deutlich sei die Tendenz gewesen, seine früheren Aktivitäten innerhalb der rechtsradikalen Szene unter dem Aspekt einer gemeinschaftlichen Freizeitgestaltung zu betrachten, über seine fremdenfeindlichen Überzeugungen habe er immer nur auf konkrete Nachfragen etwas gesagt. Er habe ferner die Tendenz gehabt zu einer psychologisierender Darstellung. Er habe häufig von man gesprochen, wenn er sich selber meinte und seine Äußerungen seien durchzogen von einem immer wiederkehrenden ‚irgendwie‘ gewesen. Insgesamt seien die Gespräche schleppend und mühsam verlaufen. In seiner Persönlichkeit sei er gehemmt erschienen, aber auch vermehrt geltungsbedürftig. Er sei ein Mensch, der sich leicht von anderen beeindrucken lasse. Er sei konzentriert gewesen, es habe keine Hinweise auf psychopathologische Syndrome gegeben.

Leygraf geht auf die psychiatrischen Aspekte von Schultzes bisheriger Lebensgeschichte ein. Nachdem er auf seine Kindheitsgeschichte eingeht, sagt Leygraf, Schultze habe später unter psychosomatischen Magen-Darm Problemen gelitten, die unter Psychotherapie 2009-2011 in den Hintergrund getreten seien. Schultze sei von Mitschülern gemobbt worden, die sollen ihn als Mädchen tituliert haben, was er später auf Verunsicherung wegen nicht eingestandener Homosexualität zurückgeführt habe. Von wesentlicher Bedeutung sei sicher seine homosexuelle Orientierung gewesen, die er schon frühzeitig bei sich festgestellt habe und als einen Makel erlebt hat. Er habe gehofft, dass sich noch eine heterosexuelle Orientierung einstellen werde. Sein Vater habe Homosexualität sehr ablehnend gegenübergestanden.

Seinen Einstieg in die rechte Szene habe er mit einer Protesthaltung gegen seine Eltern begründet. Es sei auch um die Aufwertung seines Selbstwertgefühls gegangen, die Zugehörigkeit zur Szene habe ihm Gefühl einer besonderen Bedeutsamkeit gegeben. Jetzt werde das nur ein Teil gewesen sein, das werde man nicht alleine unter dem Aspekt einer jugendlichen Protesthaltung und Homosexualität betrachten können, zumal er zu einer bagatellisierenden Begründung neige. Und als nicht unwesentlichen Aspekt von seiner Abkehr habe er die Situation im August 2000 beschrieben, als seine Eltern trotz Hausdurchsuchung zu ihm gehalten haben, nach Entlassung aus dem Gewahrsam auf ihn gewartet haben. Insofern möge einen jugendliche Protesthaltung gegen die Eltern durchaus eine Rolle gespielt haben. Und in Zusammenhang mit der von ihm innerlich abgewehrten Homosexualität könne man die rechtsradikale Szene so interpretieren, dass Menschen, die eine homosexuelle Einstellung spürten, aber sich nicht eingestehen wollen, betont homophob nach außen auftreten. Ganz sicher sei Schultze sexuell fasziniert von dem betonten Männlichkeitsideal dieser Szene und der szenetypischen Kleidung gewesen. Er habe sich auch konkret von Mitgliedern dieser Szene sexuell angezogen gefühlt, und die erste Begegnung mit Uwe Böhnhardt scheint ihm besonders eindrucksvoll gewesen sein, jedenfalls seien ihm da fast die Tränen gekommen als er diese Szene beschrieben habe. Zu den Tatvorwürfen habe er sich bei ihm, Leygraf, noch zurückhaltender eingelassen als hier in der Hauptverhandlung.

Nun spricht Leygraf zur Frage, ob Schultze zur Tatzeit noch einem Jugendlichen gleichstand. Das sei eine Frage, bei der man selten zu einem eindeutigen Ergebnis komme. Im Allgemeinen werden Reifekriterien zu Grunde gelegt, das seien Merkmale, die sich auf zehn Bereiche beziehen. Es gehe u.a. um die Fähigkeit zu einer realistischen Lebensplanung, Eigenständigkeit gegenüber den Eltern aber auch zur Peer Group. Realistische Alltagsbewältigung, Stabilität der Stimmungslage, Alter der Freunde, Fähigkeit eine initime Beziehung einzugehen und aufrechtzuhalten. Für die Beurteilung des Herrn Schultze sei problematisch, weil es ja um seinen Reifegrad vor jetzt fast 15 Jahren ginge. Schwierig sei auch der Aspekt der “Lebensplanungsfähigkeit”. Bei Partnerschaft und Familie hinkte er sicher hinterher, er hatte damals noch gar keine partnerschaftlichen Erfahrungen sammeln können. Hinsichtlich der Eigtenständigkeit gegenüber den Eltern könnte man gegenläufig argumentieren: Natürlich habe er sich durch seine Hinwendung zur rechtsradikalen Szene deutlich von den Eltern abgegrenzt. Aber wenn er dies auch aus Gründen einer Protesthaltung getan habe, dann dürfte das nicht gleichzusetzen sein mit einer Eigenständigkeit, denn die hätte einen solchen Protest nicht erforderlich gemacht. Seine Orientierung habe er damals einfach unkritisch übernommen.

Anders hatte er innerhalb der JN ja durchaus Führungsaufgaben inne und seinen Teilnahme am JN-Europakongress in Dresden 2000, wo er ja schon mit seinem Rückzug begonnen hatte, die Teilnahme habe er damit begründet, dass er sich den Jugendlichen verantwortlich gefühlt habe, was ja für einen gewissen Reifungsgrad sprechen würde. Ebenso keine Rückstände in Bezug auf Schule und Ausbildung. Gleiches gelte für seine Fähigkeit zur realistischen Alltagsbewältigung. Auch da ließen sich im Nachhinein keine sonderlichen Defizite erkennen. Zudem habe man ihn ja innerhalb der JN mit Führungsaufgaben bedacht und er sei ja auch als Kontaktperson für die Drei beauftragt worden und das lasse zumindest indirekt darauf schließen. Sehr deutliche Defizite dagegen in der Bindungsfähigkeit, ob jemand eine Beziehung über einen längeren Zeitraum aufrecht halten könne, das sei bei Schultze offenbar nur teilweise der Fall gewesen, eine partnerschaftliche Beziehung hatte er ja noch gar nicht gehabt und zu seinen Freunden aus der rechtsradikalen Szene habe zwar längere Kontakte gehabt, die aber gerade nicht von Offenheit geprägt waren, bzgl. seiner sexuellen Orientierung.

Durch die deutlichen Entwicklungsverzögerungen in diesem Bereich sei Schultze in seiner Reifung zum erwachsenen Menschen insgesamt beeinträchtigt gewesen. Also das lasse zumindest vermuten, dass seinerzeit noch nicht von einer verfestigten Persönlichkeit auszugehen war, sondern dass noch ein größeres Entwicklungspotenzial bestanden habe. Seinen eigenen Angaben zufolge habe er sich Ende 2000, mit gerade noch 20 Jahren von der Szene abgewandt, wobei das zunächst nicht aus Auseinandersetzung mit der Ideologie erfolgt zu sein schien. Es sei ja insbesondere um die Erkenntnis gegangen, dass sich an seiner homosexuellen Orientierung nichts mehr ändern würde. Und im Rahmen dieses Coming Outs habe er sich nicht nur von der rechstradikalen Szene getrennt, sondern sich auch beruflich neu orientiert und während des Studiums mit Rechtsradikalismus und seiner eigenen Vergangenheit auseinandergesetzt. Dr. Leygraf kommt zur Zusammenfassung: Eine genau Bestimmung der Persönlichkeitsentwicklung sei nach 15 Jahren nicht mehr möglich. In einigen Bereichen durchaus altersgerecht, aber auch sehr wesentliche Aspekte, die ihn seinerzeit in einer normalen Persönlichkeitsbildung beeinträchtigt haben und somit zu Reifungsdefiziten geführt haben dürften. Insbesondere weise der weitere Verlauf hin, dass sich Schutlze damals in einer biografischen Phase befand, in der noch erhebliches Entwicklungspotenzial vorhanden war. Es folgt eine Pause bis 11:00 Uhr.

Nach der Pause fragt Prof. Dr. Saß: „Gab es in der Exploration Informationen über Begegnungen mit Frau Zschäpe, Uwe Böhnhardt oder Uwe Mundlos?“ Leygraf bejaht das, wobei sie relativ vage gewesen seien, wie vieles, was Schultze gesagt habe. Das erste Treffen in seiner Wohnung, da hatte Christian Kapke zumindest Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt mit zu Herrn Schultze genommen. Schultze sei sich nicht ganz sicher gewesen, ob Frau Zschäpe dabeigewesen sei. Dann habe es ein Treffen gegeben, er, Leygraf, glaube in der Wohnung von Frau Zschäpe, die Wohnung, in die er dann später eingebrochen sei. Und es habe ein Treffen im Jugendclub Hugo gegeben. Dort habe man eine Jana zur Rede stellen wollen, Mitarbeiterin aus dem Madleys, die sich negativ über Frau Zschäpe geäußert habe. Und dann gebe es noch eine gemeinsame Fahrt im Auto zu irgendeiner Demonstration, wo sie von der Polizei kontrolliert worden seien. Als die drei dann untergetaucht waren, sei es so gewesen, dass er am Telefon immer mit einem der beiden Männer telefoniert habe, der andere sei dann immer im Hintergrund gewesen. Und Schultze meinte, nur in einem oder zwei dieser Telefonate sei auch Frau Zschäpe im Hintergrund mit dabeigewesen. Und dann gebe noch dieses Treffen bei der Waffenübergabe in Chemnitz wo ihn die beiden Männer abgeholt haben und wo dann Frau Zschäpe hinzugekommen sei. Da habe er sich auch nicht an die Inhalte des Smalltalks erinnern können. Frau Zschäpe habe aber Blankovollmachten für einen RA unterschrieben. Und er sei dann mit den Männern in ein Abbruchhaus gegangen und habe dort die Waffe übergeben. BAW Greger fragt, ob Schultze sich über das Verhältnis der drei Personen untereinander geäußert habe. Leygraf verneint das.

Als Zeuge folgt nun Giso Tschirner. Er ist 44 Jahre alt. Götzl fragt nach der rechten Szene Chemnitz, nach Waffen, nach Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe und Wohlleben. „Und in Bezug auf Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Frau Zschäpe würde uns insbesondere interessieren, ob Sie Informationen über finanzielle Unterstützung nach Januar 1998 haben und Informationen über Aufenthalte der genannten in Chemnitz.“ Tschirner: „Ich kenne von denen gar keine.“ Götzl fragt nach Tschirners Bezug zu Chemnitz, der rechten Szene, was er darüber wisse. Tschirner: „Kenn ich ein paar Leute.“ Götzl fragt, wie es in den 90er Jahren gewesen sei. Tschirner: „Ja man war halt dabei.“ Götzl: „Ja dann nennen Sie mir mal die Leute, die Sie dabei im Auge haben.“ Tschirner: „Den Herr Lasch kenn ich, Gunter F.“ Götzl sagt, mit Abkürzungen brauche man hier erst gar nicht anfangen. Tschirner sagt, das seien Zwillinge, er wisse nicht, wie die mit Nachnamen hießen.

Götzl fragt, wen noch. Tschirner: „Ri., Fr. hab ich früher mal gekannt, mit Fr. hatten wir früher was zu tun, der ist aber nicht mehr dabei. Und den , das ist ein Spitzname, die Katrin Dr., Enno.“ Götzl fragt nach Winter. „Ein Kumpel, der ist aber nicht aus Chemnitz.“ Götzl: „Bleiben wir mal bei Starke und dann auch bei Winter. Haben Sie zu Winter noch Kontakt?“ Tschirner sagt, zwei drei mal im Jahr. Götzl fragt nach Starke, woher Tschirner den kenne und wann er Kontakt gehabt habe. Tschirner sagt, den kenne er aus Chemnitz, Kontakt hätten sie das letzte mal bei der -Zeit gehabt. Tschirner sagt, da hätten sie Konzerte veranstaltet, Starke, Werner, Winter. Götzl fragt nach Tschirners Rolle. Dieser antwortet, er habe Security gemacht. Winter habe auch Security gemacht. Und Starke und Werner hätten die Connection hergestellt zu den Bandmitgliedern. Götzl fragt, wann Tschirner Kontakt zu B&H hatte. Der Zeuge antwortet, 1998 oder 1999 sei er da eingetreten, er sei nicht lange dabei gewesen, ein oder zwei Jahre bevor sie es aufgelöst hätten. Das sei 2000 gewesen.

Götzl: „Können Sie ein bisschen freundlicher sein. Vielleicht bin ich Ihnen lästig, aber ich erwarte einen höflicheren Ton. Verstehen wir uns?“ Tschirner: „Jaja.“ Auf Fragen sagt Tschirner, er sei durch Starke, Winter in Kontakt zu B&H gekommen, er sei Mitglied gewesen.  Götzl fragt, ob ihm denn die 88er etwas sagen würden. Tschirner: „Die haben sich früher so genannt.“ Auf die Frage nach der Zeit gibt Tschirner 95, 96 an. Tschirner: „War keine Organisation. Die haben sich halt getroffen auf Konzerten.“ Auf Fragen sagt Tschirner, vielleicht 30 hätten dazugehört, sie hätten Party, Konzerte besucht, sie hätten nichts mit B&H zu tun gehabt. Er sei nicht bei den 88ern dabei gewesen. Götzl: „Was hat denn jetzt einen 88er ausgemacht?“ Tschirner: „Das waren Chemnitzer halt. Die haben sich halt nen Aufnäher auf die Jacke gemacht und das wars.“

Götzl: „Was können Sie denn zu dem Punkt Waffen sagen, was lässt sich dazu sagen, woher man ggf. Waffen beziehen konnte?“ Tschirner antwortet, über Waffen könne er nichts sagen, das sei kein Thema gewesen. Auf die Frage, wie gut er eigentlich Herrn Winter kenne, antwortet Tschirner, gut. Götzl: „War denn in der Szene oder auch in Ihrem persönlichen Umfeld Sprengstoff ein Thema?“ Tschirner: „Dazu haben Sie mich befragt bei der Polizei. Starke hätte angeblich ausgesagt, ich hätte ihm Sprengstoff übergeben. Stimmt aber nicht.“ Auf Frage verneint Tschirner, dass unabhängig von der Übergabe von Sprengstoff, Sprengstoff Gesprächsthema in der Szene gewesen sei. Götzl: „Wissen Sie, ob Herr Winter mal Bezug zu Sprengstoff hatte?“ Tschirner sagt, ja der hatte, glaube er, Bezug zu Sprengstoff, das habe er im Nachhinein erfahren. Dass er da mal experimentiert habe. Auf Frage sagt er, er wisse es, weil dieser ihm das erzählt habe. Er, Tschirner habe das bei der Polizei erfahren und im Nachhinein habe er mit Winter drüber gesprochen. Auf Fragen sagt Tschirner, er habe erfahren, dass Winter sich mit Sprengstoff mal verletzt habe. Diese Information habe er auch von Winter, so Tschirner auf Frage. Götzl fragt, was über die Vernehmung gesprochen worden sei zwischen Winter und ihm, Tschirner. Tschirner: „Mir wurde von der Polizei zur Last gelegt, dass ich den Sprengstoff übergeben habe. Ich hab Winter angerufen, weil das nicht stimmt. Und er hat gesagt, dass er ihn selber übergeben hat.“ Tschirner bejaht Götzls Frage: „Hat er Ihnen das so gesagt, dass er den Sprengstoff übergeben hat an Starke?“ Götzl fragt, wann dieses Gespräch zwischen Tschirner und Winter stattgefunden habe. Tschirner: „Ein paar Jahre her. Am Tag der Vernehmung durch die Polizei.“

Götzl fragt, ob Winter gesagt habe, woher er den Sprengstoff hatte und weswegen Starke Sprengstoff wollte. Tschirner sagt, im Nachhinein habe er erfahren, Winter habe das von irgendeinem Kameraden gehabt. Aber dieser war verstorben mittlerweile. Götzl: „Hat Ihnen Winter erzählt, wofür Starke den Sprengstoff wollte?“ Tschirner sagt, das habe er nicht gesagt. Götzl: „War die Rede von Seiten Winters, ob der Sprengstoff für Starke selbst sein sollte oder für andere?“ Tschirner: „Nee, weiß ich nicht.“ Götzl: „War die Rede davon, ob Winter für diese Übergabe des Sprengstoffs an Starke was bekommen hat?“ Tschirner sagt, er wisse es nicht.

Götzl: „Zu einem anderen Punkt: Sie hatten ganz am Anfang gesagt, Sie würden Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos, Frau Zschäpe und Wohlleben nicht kennen?“ Tschirner bestätgt das. Götzl fragt, ob ihm damals die Namen was gesagt haben in den 90er Jahren. Tschirner verneint. Götzl: „Haben Sie mal in den 90er Jahren, 1998, mal mitbekommen, dass jemand untergetaucht ist, gesucht worden wäre?“ Der Zeuge verneint erneut. Götzl: „Was wissen Sie denn, wofür Geld, was bei B&H Konzerten eingenommen wurde, was damit geschehen ist?“ Tschirner antwortet, es seien immer neue Veranstaltungen geplant worden. Sonst wisse er da nichts drüber. Götzl fragt, wer sich ums Finanzielle gekümmert habe. Tschirner sagt, Starke und Werner. Er habe da keine Rolle gehabt. Götzl fragt, wieviele Mitglieder B&H in Chemnitz hatte. Tschirner sagt, 10-15 Mann vielleicht. Götzl: „Mussten Starke und Werner mal Rechenschaft ablegen, was mit dem Geld passiert ist?“ Tschirner: „Was damit passiert ist, weiß ich nicht.“ Götzl fragt, ob denn für andere Zwecke mal Geld ausgegeben wurde, Unterstützung für Personen. Tschirner sagt, das wisse er nicht.

Götzl fragt nach dem Verlauf des Kontakts zu Werner und zu Starke, wie lange er Kontakt hatte und wie intensiv. Tschirner: „Kontakt hatte ich erst seit 1998, wo ich zu B&H eingetreten bin, bis B&H verboten wurde.“ Auf Fragen sagt Tschirner, er habe danach zu Werner keinen Kontakt mehr gehabt, er sei ja nach Rosenheim gezogen. Er habe Kontakt zu Starke gehabt, bis das Verbot gewesen sei. Und dann hätten die noch so eine Sache mit gehabt. Und seitdem habe er die nicht mehr gesehen. Tschirner fragt nach Kontakt zu Antje Probst. Tschirner: „Die war auch noch Mitglied bei B&H.“ Auf Fragen sagt er, er habe sie bloß von B&H gekannt, sonst habe er nichts zu tun gehabt mit der. Einmal im Monat hätten sie Treffen bei B&H gehabt. Zur Rolle von Antje Probst bei B&H sagt Tschirner, die habe die Eintrittsgelder am Einlass verlangt. Tschirner bestätigt, dass Antje Probst damals verheiratet war. Mit Michael Probst oder so. Vom Sehen her kenne er ihn. Er sei kein B&H-Mitglied gewesen. Götzl: „Antje Probst, Starke, war von deren Seite mal die Rede davon, dass Personen eine Wohnung in Chemnitz suchen?“ Tschirner verneint.

Götzl: „Haben Sie Kontakt nach Thüringen gehabt?“ Tschirner verneint erneut. Götzl: “Und was B&H anbelangt, inwiefern hatten Sie da zu anderen Sektionen Kontakt?“ Tschirner: „Berlin. Und Thüringen auch, ja.“ Auf Fragen sagt Tschirner, zu habe er Kontakt gehabt. André Eminger kenne er nicht. Er habe keine Bezüge ins Erzgebirge gehabt. Ihm sage die Weiße Bruderschaft Erzegbirge nichts. Götzl: „Zu Riese und Thüringen, wie sah der Kontakt aus?“ Tschirner: „Da war ein Konzert angesetzt in Ungarn und Riese hat Reisebusse bestellt.“ Tschirner sagt auf Frage, er habe mit Winter nicht über Böhnhardt, Mundlos gesprochen. Götz: „Fiel der Name Böhnhardt mal im Gespräch mit Winter?“ Tschirner: „Im Nachhinein schon. Da ist aber nichts rausgekommen dabei.“ Winter habe nichts dazu gesagt, ob er Böhnhardt oder Mundlos kannte. Götzl: „Sie haben angesprochen, diese Angaben Starkes im Bezug auf Ihre Person, im Blick auf Sprengstoff.“ Tschirner: „Das weiß ich auch nicht, wie der auf die Idee kommt. Keine Ahnung.“ Götzl: „Bei dem Gespräch zwischen Ihnen und Winter, nach Ihrer Vernehmung. Hatte denn Winter eine Erklärung dafür, warum Starke auf Ihre Person kommt?“ Tschirner sagt, Winter wisse auch nicht, wieso er das gesagt habe. Tschirner verneint, in der rechten Szene, bei B&H einen Spitznamen gehabt zu haben. Es folgt die Mittagspause bis 13:06 Uhr.

NKRAin v. d. Behrens sagt, Tschirner habe gesagt, es seien 10-15 Leute bei B&H Chemnitz gewesen, Tschirner habe aber nur drei aufgezählt. Sie fragt Tschirner nach weiteren Namen, auf Nachfragen von v. d. Behrens streitet er tieferes Wissen ab. Auf Fragen sagt Tschirner, ihm sei bekannt, das B&H Sachsen ein eigenes Heft rausgegeben hat. Er wisse nicht, wie das heißt. Er habe daran keinen Anteil gehabt. Er wisse, dass Starke und Werner das hergestellt hätten. Da habe jeder mal einen Artikel geschrieben über Konzerte. Er selbst nicht. Auf Frage sagt er, das Heft habe B&H Sachsen finanziert. Die RAin fragt, wie der Kontakt von B&H Sachsen zu den in Sachsen gewesen sei. Tschirner: „Da kann ich nicht viel sagen. Keinen Kontakt groß.“ Man habe sich mal auf Konzerten gesehen. Die Turner Tagebücher sagen ihm nichts.

NKRA‚in Kaniuka: „Sie seien über Starke und Winter zu B&H gekommen. Können Sie beschreiben, wie das gelaufen ist?“ Tschirner: „Ich hab den Starke und den Winter gekannt und gefragt, ob ich da mitmachen kann.“ Er habe sie vorher schon gekannt aus Chemnitz. NKRA Scharmer fragt, ob Tschirner mal für ein Foto mit einer Schusswaffe posiert habe. Dieser verneint. Scharmer: “Haben Sie mit einem Geheimdienst, Verfassungsschutz, MAD, Bundesamt für VS zusammengearbeitet oder sind Sie angesprochen worden?“ Tschirner: „Bin mal angesprochen worden, hab aber abgelehnt.“ Er wisse nicht, von wem, die hätten bloß gesagt, dass sie vom Innenministerium waren. Das sei bei ihm zuhause in Augustusburg gewesen. Scharmer: „Was wollten die wissen?“ Tschirner: „Über Konzerte, die wollten genaue Auskunft haben über Konzerte.“ Auf Fragen sagt Tschirner, er wisse nicht mehr genau, ob auch über B&H. Das könne schon sein. Sie hätten nicht nach konkreten Personen gefragt. Er wisse nicht mehr genau, wann das gewesen sei, vielleicht 1998 oder 1999. Er habe denen keine Auskünfte gegeben. Ihm sei dafür kein Geld gegeben worden.

NKRA Narin: „Wissen Sie was Combat 18 ist?“ Tschirner: „Ja, Combat achtzehn.“ Narin: „Wissen Sie, was man darunter versteht?“ Tschirner verneint. Narin: „Kennen Sie Rene Weiße?“ Tschirner verneint. Narin: „Kennen Sie aus Thüringen einen Barney?“ Tschirner sagt, er kenne ihn aus Chemnitz und fügt auf Fragen hinzu, er kenne ihn von einer Freundin, von ihr kenne er bloß den Spitznamen, Niese. Narin: „Wie haben Sie den kennengelernt?“ RA Heer beanstandet, weil ein Sachzusammenhang nicht erkennbar sei. Narin hält Frage aufrecht. Der Zeuge wird nach draußen geschickt. Narin: „Die Person Barney heißt Mirko Schi., stammt aus Jena. Hat damals in der Zeit, als die drei sich dort aufhielten, im Winzerclub verkehrt und hatte bis zuletzt Kontakt zu Angeklagten, die hier sitzen, hat sich unter anderem wenige Tage nach dem Bekanntwerden des NSU über einen Chat mit Wohlleben über die untergetauchten Drei unterhalten. Ein Bindeglied der Jenaer Neonaziszene in die Chemnitzer Szene. Deswegen ist der Zusammenhang eigentlich sonnenklar.“ Der Zeuge kommt wieder rein. Narin: „Seit wann kennen Sie Barney?“ Tschirner gibt an, drei, vier Jahre. Die Frage, ob er Stefan Apel kenne, verneint Tschirner.

RA‚in Schneiders: „War B&H Sachsen Mitglied bei B&H bis zum Verbot?“ Tschirner bestätigt das. Schneiders: „Ja? Wir haben hier gehört von anderen Zeugen, dass ein Austritt bzw. Ausschluss von B&H Sachsen im Raum stand?“ Tschirner sagt, das habe mal mal im Raum gestanden. Er könne nicht sagen, was ist draus geworden ist. Schneiders: „Ist B&H Sachsen ausgeschlossen worden oder ausgetreten?“ Tschirner verneint. Schneiders: „Oder doch bei B&H geblieben?“ Tschirner: „Die sind ausgestiegen, als B&H verboten wurde.“ Schneiders: „Und zuvor, haben Sie Diskussionen mitbekommen?“ Tschirner sagt, mit sollte da was gemacht werden mal. Das sollte im Prinzip genauso weitergeführt werden wie B&H, nur unter anderem Namen. Movement Records sei das Musiklabel von Werner gewesen. Schneiders fragt, woher diese Informationen stammen. Tschirner sagt, das hätten sie beim Treffen besprochen, diese hätten in der Nähe von Dresden, in Wilsdruff stattgefunden.

Schneiders fragt, ob er da regelmäßig teilgenommen habe. Tschirner verneint. Schneiders fragt, warum nicht. Tschirner sagt, das sei nicht Pflicht gewesen. Wenn er keine Zeit gehabt habe, sei er da nicht hingefahren. Tschirner bejaht, dass das dort Gesprächsthema gewesen sei. Schneiders: „Wer hat da drüber gesprochen, wer hat am Treffen teilgenommen?“ Tschirner sagt, das wisse er nicht mehr. Schneiders: „Erinnern Sie sich an ein Treffen im Oktober 1998, wo Personen aus Brandenburg teilgenommen haben?“ Tschirner sagt, das könne sein, er wisse es nicht mehr. Auf Frage sagt Tschirner, er kenne Carsten Szczepanski vom Sehen her vielleicht. Vorhalt von Quelle des VS: [10].10.1998 Mitgliederversammlung B&H Sachsen in Wilsdruff: Thomas Starke, Antje Probst, Jan Werner, Mucke, Laschi und Michael Probst…als Gäste sollen Carsten Szczepanski sowie zwei Personen aus Thüringen teilgenmommen haben. Tschirner sagt, das sage ihm nichts. NKRA Behnke: „Wie kamen damals die Einladungen zu Ihnen?“ Tchirner sagt, per SMS, er glaube von Starke, er wisse es aber nicht mehr. Behnke: „Immer vom gleichen oder unterschiedlich?“ Tschirner sagt, er wisse es nicht mehr. Behnke: „Haben Sie mal beim Besuch des Friedhofs in Halbe teilgenommen?“ Tschirner verneint. Der Zeuge wird entlassen.

NKRA Hoffmann gibt eine Erklärung zu Steffen Hi. (191. Verhandlungstag) ab. Hi. sei ein Freund von André Eminger Ende der 1990er und Anfang 2000er Jahre gewesen. Er habe die im Beweisantrag genannten Tatsachen bestätigt: Er gab an, die WBE [Weiße Bruderschaft Erzgebirge] sei von ca 10. Personen, u. a. André und gegründet worden. Es seien alle gleichberechtigt gewesen und bei 20 Mitgliedern habe man eine Aufnahmestopp gemacht. Er habe versucht, sich in Ausflüchten und habe sich bemüht, seine polizeilichen Angaben zu relativieren in Bezug auf Führungspersonen der Eminger-Brüder. Gefragt nach den Zielen der WBE habe der Zeuge auf Nummer eins “eine sichere Zukunft für unsere weißen Kinder….selbst in unseren Reihen ist es soweit dass das Rassebewusstsein stark nachlässt…unsere großartige Rasse….” genannt, das füge sich in die von André Eminger vertretene Ideologie, die der Zeuge auf Kernsätze reduziert habe: „Türken sind böse und müssen weg.“ Und, bezogen auf Juden: “alles böse, müssen weg”. Der Frage nach André Emingers Einstellung zu Gewalt habe der Zeuge versucht, auszuweichen. Selbstverteidigung sei für Eminger legitim gewesen “wenn jemand was böses tut, dann wehrt man sich”.

2. Zum Fanzine The Aryan Law and Order habe er versucht, die Aussage beim BKA abzustreiten. Er habe aber eingeräumt, dass es die Eminger-Brüder gewesen seien, die Artikel redigiert hätten. Und auf Frage habe er angegeben, Artikel mit A und M verweisen auf die Urheberschaft von André oder Maik Eminger. Diese Frage sei wesentlich, weil in verschiedenen Artikel positiv Bezug genommen werde auf Terrororgansiationen wie oder White Aryan Resistance. Hinzu komme ein positives Bekenntnis auf die 14 Words. Er habe sofort angeben können, dass diese auf David Lane zurückgehen. Weiter habe der Zeuge Kontakte des André Emingers zu B&H-Mitgliedern aus Aue bestätigt. Der Angeklagte habe Anfang 2000 eine Ideologie vertreten, die mit der des NSU übereinstimmte. Es folgen viele Unterschriften.

Es folgt der Zeuge Ma., Mike, 40, in Jena geboren mit Zeugenbeistand RA Posner [phon.]. Götzl sagt, es gehe um Erkenntnisse über Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe. Ma.: „Ich bin ehemaliger Klassenkamerad von Beate in der Goetheschule in Jena. Wir waren Freunde, mehr eigentlich nicht. 1991 sind wir aus der Schule raus, ich bin dann in die Lehre und dann gab’s keinen Kontakt mehr.“ Götzl fragt nach den weiteren Perosnen. Ma.: „Da kenn ich nur Herrn Mundlos und Böhnhardt durch die Clique in Winzerla, wo wir uns nach der Schule getroffen haben. Und Herrn Wohlleben kenn ich nur durch seinen Bruder, flüchtig.“ Götzl fragt nach der zeitlichen Einrodnung, wann der Zeuge die Personen kennengelernt hat. Ma. sagt, 1984 sei er nach Winzerla geszogen. 8./9. Klasse sei 1988/1989 so in dem Dreh gewesen, da hätten sie sich außerhalb der Schule cliquenmäßig getroffen. Und dann während der Lehrzeit. Götzl: „Mich würde interessieren, wie der Kontakt letztlich aussah, wie ich mir das vorstellen muss, wie Sie Kontakt hatten. Zunächst im Hinblick auf Frau Zschäpe.“ Ma.: „Wie gesagt, nach der Schule haben wir uns regelmäßig getroffen, entweder an der Kaufhalle oder der Max -Steinbeck-Straße [phon.] und haben den Nachmittag verbracht.“

Götzl fragt nach dem letzten Kontakt mit Zschäpe. Ma.: „Ich glaube, das war nach der Gerichtsverhandlung, wo ich mich distanziert hatte. Wir hatten eine gemeinsame Gerichtsverhandlung wegen Diebstahl. Ich hab mich dann distanziert und dann ist der Kontakt verschwunden.“ Götzl fragt, was distanziert heißt. Ma.: „Dadurch, dass ich politisch links eingestellt bin, habe ich es für sinnvoll gehalten, Abstand von der Gruppe zu nehmen.“ Damit sei eigentlich die ganze Clique gemeint, so der Zeuge auf Frage, sie seien ziemlich viele gewesen, vielleicht 10-20 Leute. Götzl: „Inwiefern hat die politische Einstellung eine Rolle gespielt?“ Ma.: „Jeder hat ja so seine politischen Einstellungen oder andere Einstellungen. Man hat auseinanderdiskutiert, es sind harte Worte gefallen, aber man hat sich respektiert. Aber durch die Gerichtsverhandlung hat man mir geraten, da Abstand zu nehmen.“ Auf weitere Fragen sagt der Zeuge, Zschäpe und Annett Gi. seien auch vor Gericht gewesen. Alle drei seien angeklagt gewesen. Gegenstand der Anklage sei Diebstahl gewesen. Sie hätten bei Horten geklaut und darauf seien die Ermittlungen aufgenommen worden. Götzl fragt, wie sich das zugetragen habe. Ma.: „Wie das so ist, Mutproben, ganz normal, jugendlicher Leichtsinn. Was im Nachhinein natürlich falsch ist. Soweit ich weiß, hatten uns die Detektive schon länger in Verdacht aber keine Beweise. Dann gab’s eine Durchsuchung in der Schule und zuhause. Und dann kam’s zum Prozess.“ Er wisse nicht mehr, was gestohlen wurde. Auf die Frage, wer beteiligt war, sagt Ma., das könne er so genau nicht mehr sagen. Ob Frau Zschäpe zu dem Zeitpunkt dabei war, könne er nach den Jahren jetzt so nicht mehr sagen.

Götzl fragt, inwiefern die Gruppe für den Diebstahl eine Rolle gespielt hat. Ma.: „Wenn wir uns getroffen haben, hatte ständig jemand eine Idee, was wir als nächste Mutprobe machen könnten.“ Götzl fragt nach der politischen Einstellungen in der Gruppe. Ma.: „Es gab zwar Wortgefechte, man hat auch Diskussionen geführt. Ich kann mich an Diskussion mit Mundlos erinnern. Dass man mit ihm reden konnte. Auch mit Beate. Ich hab halt akzeptiert, dass sie eine andere Einstellung hatten als ich. Aus meiner Sicht damals wie heute anders als meine: rechts orientiert. Es gab so Anzeichen bzw. damalige Mode: Springerstiefel mit weißen Schnürsenkeln, ich hatte rot-schwarze Schnürsenkel. Es gab gewisse Anzeichen, auch Bomberjacken, wie sie damals hießen.“ Götzl fragt nach der Haltung von Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe. Ma. sagt, man habe gemerkt, dass sie immer eine entgegengesetzte Meinung zu seiner hatten. Götzl fragt, ob der Zeuge akzeptiert war. Ma.: „Zum größten Teil ja. Man wollte auch in der Gruppe keinen Unfrieden haben, dass ein Nachbar wegen Lärmbelästigung die Poliztei holt oder so. Man war da schon kulant. Man hat sich geeinigt.“

Götzl fragt, was Ma. zu Böhnhardt sagen könne. Ma.: „Für mich war er ein kleiner Waffennarr. Vor ihm hatte ich Respekt, definitiv, weil ich ihm gegenübertrete und was ich ihm gegenüber sage. Da gabs solche Spring- oder Klappmesser und jeder wusste, dass er so ein Teil in der Tasche hatte. Also reizen durfte man ihn nicht.“ Götzl: „Wann hatten Sie Böhnhardt kennegelernt und in welchem Zusammenhang?“ Der Zeuge gibt an, achte oder neunte Klasse. Böhnhardt sei einfach mit in der Clique gewesen, es seien ja öfters mal neue Leute gekommen. Götzl fragt nach Mundlos. Ma. gibt an, das sei auch während der Cliquenzeit gewesen. Soweit er wissen, hatte damals Frau Zschäpe schon eine Beziehung mit ihm. Götzl: „Was haben Sie über Frau Zschäpe erfahren, familiärer Hintergrund, Schule, Ausbildung?“ Ma.: „Darüber gar nix, was sie gelernt hat, weiß ich nicht. Wir hatten dann auch keinen Kontakt mehr.“ Sie seien in der selben Klasse gewesen, ab 1984. Auf Fragen sagt Ma., ihr Verhalten sei unauffällig gewesen. Also in der Schule. Er habe von ihrer Familie nur ihre Mutter gekannt. Zu deren Verhältnis habe er keinen Einblick gehabt. Außerhalb der Schule sei sie aufgeschlossen, freundlich, höflich gewesen, er persönlich habe nichts auszusetzen gehabt. Götzl fragt nach den Diskussionen mit Zschäpe. Ma.: „Das hat sich dann entwickelt. Wenn wir vielleicht ein Tagesthema hatten, hat sich das hochgeputscht, weil jeder dazu eine Meinung hatte.“

Götzl fragt nach einer Beschreibung von Mundlos. Ma.: „Er war immer adrett gekleidet, sauber gekleidet, geschniegelt und gebügelt. Man hat aber gemerkt, dass er eine rechte Einstellung hat: Springerstiefel mit weißen Schnürsenkel, schwarze Bomberjacke, Scheitel, meistens weißes Hemd und Schlips. Er hat sich sehr um seinen Bruder gekümmert, der im Rollstuhl sitzt. Er war höflich. Außer dass es mal ne verbale Auseinandersetzung gab. Ansonsten war es einer von uns, er war ja in unserer Gruppe, also wir haben das akzeptiert. Er war eher ruhig, er hat sich nicht so schnell aus der Fassung bringen lassen.“ Götzl fragt nach der Beziehung von Mundlos und Zschäpe. Ma.: „Ich empfand es als normal.“ Er wisse nicht, wie lange sie gedauert hat. Götzl: „Ging es bei den Gesprächen auch um Anwendung von Gewalt und gabs auch mal gewaltsame Auseinandersetzungen?“ Ma.: „Nö. Außer, dass es mal eine Rangelei gab. Aber so direkt: jetzt los, wir verhauen ihn, das nicht.“ Götzl fragt, ob mal drüber gesprochen worden ist, ob man gegenüber Dritten unter Umständen Gewalt anwendet. Der Zeuge sagt, nicht, dass er wüsste. Götzl fragt, wie das Verhältnis zu Ausländern war. Ma.: „Das kann ich so genau auch nicht mehr sagen. Zumindest ist es mir nicht aufgefallen. Weil’s in Jena zu dem Zeitpunkt auch wenig Ausländer gab.“ Götzl fragt nach der Bekleidung von Zschäpe. Ma.: „Normal. Ich empfand es normal. Ich war musikalisch gesehen auf einer schwarzen Schiene, hatte schwarze Lederhose oder schwarze Jacke.“

Götzl fragt, was Mundlos damals gemacht hat. Ma.: „Entweder war er mit seinem Bruder unterwegs oder wir haben so abgehangen. Aber ausbildungsmäßig oder arbeitsmäßig weiß ich gar nichts.“ Götzl fragt nach Persönlichkeit, Verhalten von Böhnhardt. Ma.: „Er ist schnell aufbrausend geworden, er war sehr leicht reizbar“ Götzl: „Was muss ich mir unter ‚Mutproben‘ vorstellen?“ Ma.: „Das war einerseits die Diebstahlserie bei Horten, oder wir haben Wände besprüht in Winzerla, eigentlich dumme Jugendstreiche.“ Zur Rolle von Zschäpe, Mundlos, Böhnhardt sagt Ma., sie seien einfach anwesend gewesen. Es habe keine Anführer gegeben. Götzl fragt, ob der Zeuge Ereignisse oder Ideen den drei Personen zuordnen könne. Ma.: „Nein, das war wechselhaft. Dass natürlich mal Frau Zschäpe, Böhnhardt, Mundlos oder ich dabei waren.“ Götzl nennt BKA-Protokolle von Vernehmungen des Zeugen vom 11.06.2012 und vom 25.05.2012. Der Zeuge bestätigt. Götzl fragt nach dem letzten Kontakt zu Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt. Ma.: „Das muss kurz nach der Gerichtsverhandlung gewesen sein.“ Götzl fragt, ob Böhnhardt oder Mundlos bei den Diebstählen eine Rolle gespielt hätten. Ma.: „Das möchte ich nicht bejahen, kann mich nicht erinnern, ob die mit dabei waren oder auf dem Video zu sehen waren.“

Vorhalt einer Frage aus Vernehmung 25.05.2012: Wer gehörte denn zum harten Kern Ihrer Clique? Ma.: Meine Person, Mundlos, Böhnhardt, Zschäpe, Ri., ihr Cousin der Herr Apel ab und zu. Götzl: „Haben Sie das weitere Leben von Böhnhardt, Mundlos Frau Zschäpe verfolgt, ist Ihnen da in den nachfolgenden Jahren was zu Ohren gekommen?“ Ma.: „Als sie in Jena zur Fahndung ausgeschrieben wurden, da waren sie Gesprächsthema. Aber direkt angetroffen haben wir keinen. Die Mutter hat auch keine Auskunft gegeben, die haben wir ab und zu an der Straßenbahn getroffen. Ich war selber erschrocken, als sie zur Fahndung ausgeschrieben waren.“ Vorhalt: Gesehen habe ich sie [Zschäpe] etwa ’95 in Winzerla. Der Zeuge bestätigt. Götzl fragt nach Wohlleben. Ma.: „Den kenne ich flüchtig, da ich mit seinem Bruder Alexander befreundet war.“ Er habe fast fast gar nichts erfahren. Sie seien sich nur über den Weg gelaufen, wenn er seinen Bruder besucht habe. Das sei so zehnte Klasse gewesen, während der Lehrzeit, wo er mit seinem Bruder das Casablanca besucht habe, sie hätten den selben Musikgeschmack gehabt. Nach der Lehre hätte sich das auch verlaufen.

Vorhalt: Fällt Ihnen ansonsten noch was ein, was hier noch nicht erörtert worden ist? – Es gab in Lobeda einen Treffpunkt der rechten Szene, wo sich auch Zschäpe, Böhnhardt und Mundlos aufgehalten haben. Ma.: „Das war der Jugendclub ‚Treffpunkt‘ an der Enhaltsetlle Lobeda Ost.“ Vorhalt: Und ein Jugendclub ‚Casablanca‘, wo Leuten aufgelauert wurde. Ma.: „Richtig. Denn das ‚Casblanca‘ war alternativ.“ Vorhalt: 1993, dass sich die Clique organisiert. Ma.: „Dass da Veranstaltungen rausgesucht worden sind, um zu provozieren. Ich kann mich erinnern, dass ein Punkkonzert war und da wurde durch die rechte Seite organisiert, dass da auch Rechte aufmarschieren.“ Es habe Auseinandersetzungen gegeben, aber er sei nicht vor Ort gewesen. Auf Frage sagt der Zeuge, André Kapke kenne er nicht. Vorhalt: Da wurde ein Haus von Linken besetzt, da wurde dann versucht, von Rechten zu provozieren, um auf sich aufmerksam zu machen. Der Zeuge bestätigt. Götzl fragt, ob da Zschäpe, Böhnhardt, Mundlos eine Rolle spielten. Ma.: „Das weiß ich nicht, aber es wurden Terminabsprachen in der rechten Szene Jenas organisiert. Aber ob sie da direkt mit dabei waren, das kann ich nicht bezeugen.“

Vorhalt: Ich kann mich noch an das Auto von Böhnhardt erinnern. Ma.: „Ja. Ich weiß nur nicht, wem das Auto gehörte. Es war ein Auto vorhanden, definitiv.“ Vorhalt: Dessen Kennzeichen einen Bezug zum Dritten Reich herstellte. Ma.: „Ja, AH. Oder HA. Jedenfalls in dem Sinne.“ Götzl: „Welches Verhältnis hatten jetzt Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos, Frau Zschäpe?“ Ma.: „Soweit ich weiß, war sie mit Herrn Mundlos liiert. Davor wars, glaub ich, der Herr Ri. und jemand aus unserer Schulklasse. Aber zur Beziehung zwischen Zschäpe und Böhnhardt kann ich gar nichts sagen.“ Götzl: „Hatte eine der Personen eine besondere Stellung in der Clique?“ Ma.: „Außer, dass ich wusste, dass ich Böhnhardt nicht provozieren sollte, weil er schnell aufbrausend geworden ist. Im Gegensatz zu Mundlos, mit dem konnte man diskutieren. Und das [Auseinandersetzungen] wurden wie gesagt im Keim erstickt, weil man keinen Ärger mit anderen haben wollte.“ Vorhalt: Das Trio hatte einen hohen Status in der Clique. Ma.: „Ja, die hatten auch einen Status. Den hatte ich genauso.“ Bezüglich Zschäpe fügt er auf Nachfrage an, der Status sei genauso wie für Mundlos und Böhnhardt gewesen, dass man auf sie gehört habe.

Vorhalt: Mundlos konnte auf alles eine Antwort geben. Definitiv hat er damals schon seine rechte Gesinnung zum Ausdruck gebracht. Ma.: „Richtig. Eben durch die Schnürsenkel. Also das war offensichtlich. Er war sehr wortgewandt, er hat einem etwas ordentlich beigebracht, aber jetzt nicht hasserfüllt.“ Definitiv rechts eingestellt, sagt der Zeuge auf Frage nach Mundlos Einstellung zu Ausländern. Vorhalt: Böhnhardt, der damals schon schnell aus der Haut fuhr und aggressiv war bzw laut wurde. Ma.: „Richtig, ich hatte definitiv Respekt vor ihm. Er hat schnell mit Prügel geprahlt oder gedroht, also mit Handgreiflichkeiten.“ Vorhalt: Wir wussten, dass er immer was versteckt hatte, d. h. ein Messer. Er prahlte damit, spielte mit dem Messer herum. Aufgrund seiner äußeren Erscheinung und wie er sich zu seiner rechten Gesinnung äußerte, hatten alle Respekt. Ma.: „Richtig. Beleidigungen sind gefallen wie ‚Du Zecke‘. Aber was er genau gesagt hat, kann ich nicht mehr sagen, das ist zu lange her.

Vorhalt: Die wurden von uns allen beleidigt….Kanacke, Fidschi…alle machten mit. Waren wir in der Gruppe unterwegs wurden Parolen wie ‚Deutschland den Deutschen‘ gerufen. Wir haben Leute beleidigt. Ma.: „Das war an der Tagesordnung, ja.“ Vorhalt: Beate war damals mit Mundlos liiert, ich kann noch erinnern, dass sie immer mit uns mitzog. Sie war nicht aggressiv, aber eben immer bei allem dabei. Sie hatte eine Bomberjacke, die sie geschenkt bekommen hat. Nach der Jackenschenkung lief sie mit dieser rum, was ihre rechte Gesinnung ausdrückte. Der Zeuge bestätigt. Vorhalt: Fand ein Konzert der Punkband Exploited im Kulturzentrum statt. Plante bzw. überlegt man in der Clique, wie man das Konzert stören oder gar sprengen könnte. Mundlos, Böhnhardt und Ri. waren die Wortführer, planten, dass alle sich zu ner Massenschlägerei einfinden. Er wisse nicht, ob Zschäpe dabei war, so Ma. auf Frage. Er selbst sei bei dem Konzert dabei gewesen, nicht bei der Schlägerei.

Götzl fragt nach der Rolle von Matthias Ri. Ma. sagt, er glaube der war mit Zschäpe liiert, vor Mundlos. Er habe bei der Schlägerei keine besondere Rolle gespielt. Vorhalt: Ich wurde allein im Kaufhaus Horten erwischt. Natürlich waren wir in der Clique für Diebstähle unterwegs, so 15 Personen. Meistens wurde aber eine Arbeitsteilung vorgenommen. Der Zeuge bestätigt. Vorhalt: Das Trio war so eingeplant, dass die beiden Uwes zur Angstverbreitung eingesetzt wurden. Die Kassierer oder welchen von der Detektei sollte Respekt eingeflösst werden, dass man uns in Ruhe klauen ließ. Ma. sagt, das beträfe aber nicht nur die Personen, das waren eben mehrere. Zu Zschäpe sagt er, er könne nicht mehr so sagen, ob sie ständig mit dabei war. Aber zum größten Teil war sie mit dabei. Vorhalt: Böhnhardt spielte mit dem Messer herum, ich würde es als Prahlerei bezeichnen. Er kannte sich mit Waffen aus, wusste, was es auf dem Markt gibt. Ma. gibt an, es habe sich um Hieb- und Stichwaffen gehandelt, denn die wurden damals verkauft. Und darüber habe Böhnhardt regelmäßig Bescheid gewusst.

Vorhalt: Ich kann mich erinnern, dass man sich erzählte, dass man rumgeballert habe. Ma.: „An eine Situation kann ich mich erinnern, dass eine Waffe gezeigt worden ist. Aber ob es eine Gaswaffe oder eine Schreckschusswaffe war, das weiß ich nicht mehr. Das wurde erzählt in der Clique, aber wo rumgeballert wurde, das weiß ich nicht.“ Vorhalt: Selbst dabei gewesen bin ich nicht, da ich von meinem Elternhaus nicht übernachten durfte. Ri., Mundlos und Böhnhardt waren sicher dabei. Ma.: „Es wurde am Tag später erzählt.“ Götzl fragt, ob er wisse, wo das gewesen sein soll. Ma. sagt, er könne nur eine Vermutung anstellen, dass es oben auf dem Cosberg [phon.] war. Götzl: „Gings denn in Gesprächen mal um Sprengstoff?“ Der Zeuge verneint. Vorhalt: Zur Haltung gegenüber Waffen kann ich sagen, dass bei allen drei Interesse bezüglich Waffen vorhanden war. Ma.: „Dadurch, dass wir auf dem Markt Butterflys oder Klappmesser gestohlen haben, gabs natürlich Interesse an Waffen.“ Vorhalt: Sie ist mitgelaufen. Ma.: „Ja, sie war in Mundlos verliebt, sie ist mitgelaufen, das war aber mein Eindruck.“ Vorhalt: Wie würden sie die ideologische Einstellung der drei Personen darstellen? – Ich würde sie als rechtsradikal bezeichnen. Der Zeuge bestätigt. Vorhalt: Dass alles was nicht rechts war, z. B. linke Wahlplakate, abgerissen wurde. Außerdem erinnere ich mich an Wortparolen wie Ausländer raus, Deutschland den Deutschen und Arbeit für Deutsche. Der Zeuge bestätigt.

Ma. gibt auf Frage an, zur Schulzeit ein oder zwei mal in der Wohnung von Zschäpe gewesen zu sein, in der Zielinski-Straße. Zur Frage nach Auffälligkeiten, sagt der Zeuge, das Einzige sei, dass bei ihr eine Reichsflagge hing. Vorhalt: Auch hörte sie rechte Musik wie ‚zehn kleine Negerlein‘. Mir fällt ein, dass wir ab irgendeinem Zeitpunkt nicht mehr mit in die Wohnung von Beate durften. Solange sie mit Ri. zusammen war, trafen wir uns öfter bei ihr. Sobald sie mit Böhnhardt zusammenkam hörte das auf. Und ich weiß, dass sie ab dem Zeitpunkt kein gutes Verhältnis zu ihrer Mutter mehr hatte. Sie schwänzte Schule, sackte von den Noten ab. Die Mutter hatte keine Einfluss mehr. Der Zeuge bestätigt das. Er wisse das, weil ihre und seine Mutter zusammengearbeitet hätten an der Universität. Götzl: „Hier ist ein Foto angesprochen, auf dem Beate und Uwe Mundlos auf einer Couch abgebildet sein sollen. Kennen Sie so ein Foto?“ Ma. sagt, aus der Tagespresse. Den Entstehungszeitpunkt könne er nicht einordnen, aber seiner Meinung nach habe es nach Beates Wohnung in der Zielinskistraße ausgesehen. Götzl: „Nachdem jetzt gefahndet wurde nach Zschäpe, Böhnhardt, Mundlos, haben Sie da noch Kontakt zur Mutter Zschäpe gehabt?“ Ma. sagt, nein, habe er nicht mehr gehabt, da er da schon aus Jena weggezogen sei. Die Großmutter von Frau Zschäpe kenne er persönlich. Es folgt eine Pause bis 16:00 Uhr.

RA‚in Sturm: „Nochmal zur Clique. Sie hatten uns beschrieben, dass Sie bereits zu Schulzeiten eine Clique waren. War das durchgehend eine Clique oder mehrere?“ Ma. sagt, in Winzerla nur die eine. Sturm fragt, ob sie sich auch mal in Treppenhäusern getroffen hätten. Ma. sagt, bestimmt, das könne er jetzt so genau nicht sagen. Gefragt zur Beziehung von Zschäpe und Mundlos gibt Ma. an, er habe das bei den Treffen mitbekommen oder später, dass Mundlos bei Zschäpe gewohnt hat oder genächtigt hat. Zu Böhnhardt sagt er auf Fragen, er könne sich nicht erinnern, ab wann er dabei gewesen sei. Ihm sei nicht bekannt, ob Böhnhardt in der Zeit mal in Haft war. Dass Böhnhardt und Zschäpe eine Beziehung gehabt hätten, habe er erst im Nachhinein durch die Presse mitbekommen. Sturm: „Wenn ich Ihnen ungeachtet von dem Jahr vorhalte aus eigenem Wissen, dass das Böhnhardt-Auto das Kennzeichen J-RE 76 hatte. Sind Sie sich da sicher, dass es aus AH bestand?“ Ma. sagt, das sei lange her. Sturm: „Gab es damals schon ein Trio?“ Ma.: „Trio würd ich so nicht sagen. Wenn wir Dummheiten geplant haben, sind wir in die Stadt gefahren, mit der Straßenbahn.“ Sturm: „Hier steht ‚das Trio war so eingeplant‘, ist das von Ihnen so gesagt worden?“ Ma. sagt, er gehe davon aus. Sturm: „Wie kommt es zu der Vernwendung des Begriffs Trio an dieser Stelle?“ Ma. sagt, er könne das nicht mehr genau sagen. Es könnten auch vier, fünf oder sechs gewesen sein.

Sturm: „Können Sie noch sagen zum Kleidungsstil der übrigen Personen?“ Ma. sagt, der sei für ihn unauffällig gewesen. Er habe Zschäpe schon öfters in Bomberjacke gesehen. Er könne nicht beurteilen, ob es ein Geschenk oder eine Leihgabe war, und ob er sie in ihrer eigenen gesehen habe. Vorhalt: Dass bei allen Dreien Interesse bzgl. Waffen vorhanden war. Sturm: „In Bezug auf Frau Zschäpe, woran machen Sie das fest?“ Ma.: „Ja, weil sie an den Diebstählen beteiligt war, genauso wie ich. Auf dem Markt in Jena. Damals waren die Butterflys angesagt oder die Springmesser. Und wenn jemand sagte: ich hätte gern eins, ja, dann haben wirs ja geklaut.“ Sturm: „Hat Frau Zschäpe mal gesagt, ‚ich hätte gerne auch so eins‘?“ Der Zeuge sagt, das wisse er nicht mehr.

RA Klemke: „Erzählen Sie was über den Alexander Wohlleben.“ Ma. sagt, er sei mit dem befreundet gewesen, vier, fünf Jahre. Er gehe davon aus, er habe ihn nach seiner Gerichtsverhandlung mit Frau Zschäpe kennengelernt. Auf Fragen kann er den Zeitpunkt nicht genau bestimmen. Er fährt fort: „ Wir hatten den selben Musikgeschmack, Kleidungsstil und Haarstil. Er hatte einen langen schwarzen Mantel. Wir hatten beide Kurzhaarschnitte. Er war entweder einen halben Kopf größer oder kleiner als ich. Wir hatten den selben Musikgeschmack und waren linksorientiert.“ Klemke: „Sie sagten vorhin, dass Sie meinen Mandanten kennengelernt haben, weil er Ihnen über den Weg lief, als Sie den Alexander besuchten.“ Ma.: „Ich sagte, ich habe ihn flüchtig kennegelernt.“ Klemke: „Wissen Sie welches Verhältnis die Brüder hatten?“ Ma. verneint. Klemke: „Hat sich der Alexander nie geäußert über den Bruder?“ Ma. sagt, das wisse er nicht mehr.

Klemke fragt, ob der Alexander Wohlleben auch eine linke Einstellung wie der Zeuge gehabt habe. Ma. bestätigt: „Wir haben die Hauswände angesprüht mit Punk’s not dead und Antifa lebt. Das ist für mich links. Links ist für mich sozial gerecht, wie sie ein linker Politiker auch vertritt. Und man darf nicht vergessen, dass wir damals ziemlich naiv waren.“ Klemke fragt nach der Einstellung des Zeugen zum Asylrecht. Dessen Zeugenbeistand beanstandet, weil es nicht zum Beweisthema gehöre. Darauf wird der Zeuge rausgeschickt. Es folgt eine Diskussion der Verfahrensbeteiligten. Lunnebach sagt am Ende der Diskussion: „Ich schließe mich der Beanstandung des Zeugenbeistands an. Denn Ziel ist nicht, die Glaubhaftigkeit zu erschüttern, sondern den Zeugen vorzuführen. Denn dieser Alexander Wohlleben existiert nicht. Und da ist es nicht mehr vom Fragerecht der Verteigung umfasst, einen Zeugen vorzuführen.“ Es folgt eine Pause bis 17:24 Uhr.

Götzl verkündet den Beschluss: Die Frage des Verteidigers, welche Einstellung er zum Asylrecht hatte, sei zulässig. Ma. zur Frage: „Damals gar keine, weil der Ausländeranteil in Jena damals nicht groß da war. Ich habe kein Problem mit Ausländern.“ Klemke: „Gab es in Jena Ausländer?“ Ma.: „Nein, weil Jena hat es gut in den Griff gekriegt, dass man Ausländer kaum gesehen hat.“ Klemke: „Dieser Vorfall auf dem Wochenmarkt, [Vorhalt:] Die Vietnamesen wurden von uns allen beleidigt mit Kanacke oder Fidschi. Einer fing an mit der Pöbelei und alle machten mit. Erinnern Sie sich dran, so geäußert zu haben?“ Ma. gibt an, vage. Er erinnere sich, dass es Situationen gab, auf dem Markt wo sie Leute angepöbelt hätten. Klemke: „Welche Leute?“ Ma.: „Ja die Fidschis.“ Klemke: „Ihnen geht das Wort aber noch sehr flott aus dem Mund. Was haben Sie denn damals beim BKA gesagt?“ Ma. sagt, im Wortlaut wisse er das mehr. Er habe bei den Pöbeleien auch mitgezogen. Klemke: „Inwieweit kommt Ihre linke politische Einstellung zum Ausdruck?“ Ma.: „Gruppenzwang, mit dazugehören. Das war mir damals nicht bewusst, das war unüberlegt.“ Klemke fragt nach dem Alter der anderen. Ma. sagt, das wisse er nicht mehr. Teilweise wie er, teilweise älter oder jünger. Klemke fragt nach der Schlägerei nach dem Exploited-Konzert: „Sie wussten ja schon vorher, dass da irgendwas passieren könnte an dem Abend. Haben Sie da irgendwas unternommen?“ Ma.: „Nein, ich konnte dem auch erstmal kein Glauben schenken.“

Prof Dr. Saß: „Sie schilderten, dass Frau Zschäpe zu einigen männlichen Personen dort Beziehungen hatte. Wie war der Kontakt von Frau Zschäpe zu weiblichen Personen in der Clique?“ Ma.: „Kann ich nicht sagen. Es gab Freunschaften, Sympathie, Antipathie, das war ausgeglichen.“ Der Zeuge wird entlassen.

Sturm sagt, sie wollen sich eine Erklärung vorbehalten.
Klemke: „Nach über 40 Lebensjahren hat Herr Ma. meinem Mandant ein Bruder gegeben, das findet mein Mandant nicht schlecht. Beim Zeugen handelt es sich in weiten Teilen um ein Phanasiekonstrukt. Der Zeuge hat hier Sachen berichtet, die nach allgemeiner Lebenserfahrung so unwahrscheinlich sind, dass sie nicht stimmen können. Z. B., dass ein 14-jähriger über einen PKW verfügen soll. Dass ein 13- oder 14-jähriger Detektive durch seine Statur in die Flucht schlägt, damit die anderen ihre Beutezüge hier durchführen können. Ich möchte diesem Zeugen kein einziges Wort glauben.“ NKRA Behnke: „Bei mir ist der Eindruck ein ganz anderer: Der Zeuge machte mir den Eindruck, als habe er noch immer Angst, die Bedrohung hat die Gruppe zusammengehalten.“ Der Verhandlungstag endet um 17:48 Uhr.

Der Blog NSU-Nebenklage kommentiert:

„Es folgte Giso Tschirner, ein weiteres Mitglied der Chemnitzer „Blood & Honour“-Szene. Auch dieser Zeuge stellte sich als dumm und nichtwissend dar. Er sei zwar bei „B&H“ gewesen, habe dort aber nur „Security“ bei den Konzerten gemacht. „B&H“-Chef Starke hatte angegeben, Tschirner habe das TNT, das Jörg Winter für die Drei besorgte, an ihn überbracht – Tschirner selbst stritt das heute ab, ebenso wie Winter vor ihm, und mit fast dem gleichen Wortlaut. Auch ansonsten wollte Tschirner von allem relevanten nichts mitbekommen haben. Insofern ist auch eine nähere Auseinandersetzung mit dieser Zeugenaussage an dieser Stelle überflüssig. Als nächstes folgte ein weiterer früherer Bekannter von Beate Zschäpe aus Schulzeiten. Seine Aussage brachte allerdings wenig Neues, war auch inhaltlich ziemlich konfus – es ist sehr unwahrscheinlich, dass darauf viel zu geben sein wird.

http://www.nsu-nebenklage.de/blog/2015/03/18/18-03-2015/

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