An diesem Verhandlungstag sagt Katrin Dr., auch bekannt unter ihrem Spitznamen „Mappe“, aus. Sie bezeichnet sich selbst als Teil der damaligen Skinhead-Szene in Chemnitz, sie sei aber auch auf andere Konzerte gegangen. Sie gibt an, Zschäpe und Mundlos hätten bei ihr übernachtet, bevor sie untergetaucht waren. Sie habe auch Thomas Starke und Jan Werner gekannt, habe mit ihnen Konzerte besucht. Bernd Tödter erscheint an diesem Tag nicht als Zeuge, er meldet sich krank, der weitere geladene Zeuge aus der Schweiz hat die Vorladung nicht bekommen. So bleibt Katrin Dr. die einzige Zeugin des Tages.
Zeugin:
- Katrin Dr. (Erkenntnisse zu Wohlleben, Mundlos, Böhnhardt, Zschäpe, Neonazi-Szene Chemnitz)
Auf der Empore nimmt Gunter Fiedler (187. Verhandlungstag) im „Thor Steinar“-Shirt als Besucher Platz. Dann beginnt die Vernehmung der Zeugin Katrin Dr. Götzl sagt, es gehe um Erkenntnisse zu Wohlleben, Mundlos, Böhnhardt, Zschäpe, inwiefern Dr. Kontakt gehabt habe. Wohlleben kenne sie nicht, habe sie nie gesehen, so Dr. Beate Zschäpe und Uwe Mundlos habe sie kennengelernt, 1996 habe sie sie das letzte Mal gesehen. Götzl: „Und Uwe Böhnhardt?“ Dr.: „Puh, habe ich jetzt keine Erinnerung in dem Sinne, ist mir nicht so aufgefallen.“ Zschäpe und Mundlos hätten bei ihr geschlafen. Dr.: „Es war ein Konzert bei uns in Chemnitz und da hat mich jemand angerufen, weil bei mir öfters jemand geschlafen hat.“
Auf Frage, wer sie angerufen habe, sagt Dr.: „Meines Wissens war es der Starke, kann auch jemand anders gewesen sein.“ Sie verneint, nach 1999/ 2000 Kontakt zu Starke gehabt zu haben. Götzl: „Gab es dafür einen bestimmten Grund?“ Dr. sagt, sie habe gehört, dass Starke ein Geständnis bei den Behörden abgelegt habe, den Zusammenhang wisse sie nicht.
Götzl: „Können Sie mir zu Frau Zschäpe und Uwe Mundlos berichten, was Sie über die wissen, wie die zueinander standen?“ Dr.: „Freundlich, zuvorkommend. Bei uns ging’s nur um Trinken und Rumgrölen und so waren sie halt nicht.“ Götzl fragt, in welchen Kreisen sich Dr. damals bewegt habe. Dr.: „Na, in Skinheadkreisen halt, ne? Aber nicht unbedingt politische.“Götzl: „Haben Sie einen Spitznamen?“ Dr.: „Ja, Mappe.“
Götzl: „Unabhängig von diesem Konzert und der Übernachtung, hatten Sie ansonsten noch Kontakt bei anderen Gelegenheiten zu Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe? „Dr.: „Kann sein, dass wir uns nochmal bei einem Konzert gesehen haben, aber ich wüsste es jetzt nicht. Wir hatten kein freundschaftliches Verhältnis.“ Götzl fragt, ob denn Fr., ihr damaliger Freund, Kontakt zu denen gehabt habe. Dr.: „Nee, der war wieder aus einem ganz anderen Umfeld. Der kam aus der unpolitischen Skinheadszene.“ Sie bejaht, dass sie mit dem zusammen gewesen sei zu der Zeit, als Zschäpe und Mundlos bei ihr übernachtet hätten. Götzl: „Hat der die damals auch getroffen?“ Dr.: „Ich denke, dass er dabei war, wenn er nicht auf Montage war.“ Vorhalt aus der Vernehmung von E. [damals Fr.]: Mundlos hat damals politisches Geschwafel von sich gegeben, hat mit Witzen versucht es lustig rüberzubringen. Dr.: „Ja, lustig war er.“
Vorhalt aus dem Vernehmungsprotokoll von E.: Politisch-ideologische Einstellung des Trios? – Kann jetzt nur die Einstellung von Uwe Mundlos beschreiben, eine extrem national deutsche Einstellung und so wie er sich gegeben hat, war er auch sehr arisch, er hat sich wie ein Herrenmensch gefühlt. Dr.: „Ich habe das nicht so empfunden.“ Götzl: „War Anwendung von Gewalt in Ihren Kreisen ein Thema?“ Es habe nicht ständig Gewalt gegeben, so Dr., aber wenn alle getrunken hätten, habe es geknallt: „Aber mehr so im eigenen Kreis.“ Anwendung von Gewalt gegen Dritte habe sie „in dem Sinne“ nicht mitgekriegt, so Dr. auf Frage. Vorhalt aus der Vernehmung von E.: Ist Ihnen bekannt, ob Widerstand mit Gewalt ein Thema in der Szene, insbesondere des Trios, war? – Nein, nicht direkt. Aber Gewalt galt als legitimes Mittel zur Lösung des Ausländer- und Judenproblems, das war jedem bewusst. Dr.: „Das habe ich nicht mitgekriegt“
Götzl: „Kannten Sie Jan Werner?“ Dr.: „Ja, auch von den Konzerten. Wir sind öfters mal zusammen zu Konzerten gefahren.“ Das sei „kein Sympathieträger “ für sie gewesen, aber der sei halt meist der Fahrer gewesen und sie sei halt mitgefahren. Götzl fragt, ob Dr. mal mit Werner über Waffen und Gewalt gesprochen habe. Dr. verneint Götzl: „Sagt Ihnen Blood & Honour etwas?“ Dr.: „Die Organisation? Ja, klar. Die haben halt Konzerte organisiert.“. Sie verbinde damit niemanden, so Dr. auf Frage, die Fahne habe da immer gehangen, sie habe nicht spezifisch gewusst, wer B&H war, welche Leute dahinter standen. Dr. verneint, dass sie mal die Information bekommen habe, dass nach Mundlos, Böhnhardt, Zschäpe gesucht wurde.
Nebenklage-Vertreter_innen fragen nach Kontakten nach Jena, die Dr. abstreitet, André Eminger kenne sie von Konzerten. Sie gibt an, sich mit anderen geladenen Zeug_innen nicht über deren Aussage beim Prozess unterhalten zu haben, sich aber Protokolle von Vernehmungen von Gunter Fiedler, Antje Probst und anderen Chemnitzer_innen im Internet durchgelesen zu haben. Die Zeugin positioniert such auch auf mehrere Nachfragen hin nicht politisch. Der Verhandlungstag endet um 13:50 Uhr.
Der Blog NSU-Nebenklage kommentiert:
Die Vernehmung einer Frau, die unter dem Spitznamen „Mappe“ Teil der „Blood & Honour“-Szene in Chemnitz gewesen sein soll. Sie erinnerte sich zwar an Mundlos und Zschäpe, die einmal bei ihr übernachtet hätten und sehr viel freundlicher gewesen seien als die anderen Skinhead-„Kameraden“ aus Chemnitz. Ansonsten konnte auch diese Zeugin mal wieder nichts Vernünftiges zur Sachaufklärung beisteuern. Dies erklärt sich wahrscheinlich auch aus dem Umstand, dass sie mit den wichtigsten Protagonisten von „B&H“ Chemnitz bis heute Kontakt hat.
Zur vollständigen Version des Protokolls geht es hier.