An diesem Prozesstag sagt Ha., ein Jugendfreund von Uwe Mundlos erneut aus. Er erzählt von der Entwicklung von Uwe Mundlos hin zum Neonazi, von dessen Gewaltbereitschaft, von den Aktionen wie dem Puppentorso und dem Koffer am Theaterplatz. Davon hatte ihm Uwe Mundlos immer wieder erzählt. Außerdem geht es um Banküberfälle in Chemnitz und Zwickau.
Zeug_innen:
- Aleksander Ha. (Jugendfreund von Uwe Mundlos)
- Inge Ro. (Überfall Sparkasse in Zwickau am 25.9.2002)
- Dorina Po. (Überfall Sparkasse in Zwickau am 25.9.2002)
- Regina Wi. (Überfall Sparkasse in Zwickau am 25.9.2002)
- Thomas Sch. (Polizeibeamter, Ermittlungen zu Überfall auf Chemnitzer Postfiliale am 30.11.2000)
Der Prozesstag beginnt um 09:49 Uhr. Der erste Zeuge ist Aleksander Ha. (zuletzt 198. Verhandlungstag). Götzl: „Ich will anknüpfen an die Angaben vom letzten Mal: Sie hatten geschildert, dass Sie bei Besuchen Ralf Wohlleben und André Kapke kennengelernt haben und dass man da offen ‚über die Dinge sprach‘, etwa über den Koffer am Theaterplatz.“ Ha.: „Man hat nicht offen gesprochen, sondern Uwe Mundlos. Zu den Herren hatte ich ein begrenztes persönliches Verhältnis.“ Götzl fragt nach weiteren Beispielen neben dem Koffer am Theaterplatz und dem Puppentorso. Ha.: „Flugblätter, die es gab. Und Sitzungen, im Goldenen Löwen oder dieser Gaststätte in Rudolstadt, dort wurde an irgendwelchen Schriftstücken gearbeitet, an Zeitungen. Ja, Demonstrationen, es gab mal in Jena auf dem Marktplatz eine Kundgebung, wo damals Herr Bubis anwesend war, davon wurde gesprochen. Dann hat er davon gesprochen, dass sie mit einem kleinen Grüppchen ins Bundesgebiet gefahren sind, nach Hessen oder Bayern, da gabs kleinere militärische Veranstaltungen. Zusammenkünfte unter dem Thema des Ausschlusses der Fremden, ich weiß nicht wie ich das nennen soll. Und Konzerte.“ Götzl fragt nach dem Koffer. Ha.: „Die Täter, die den Koffer dort platziert haben, war engster Freundeskreis, dazu zählten André Kapke, Uwe Böhnhardt und Ralf Wohlleben. Und möglicherweise auch noch der Herr Brandt.“ Gefragt zu Mundlos‘ Beteiligung beim Aufhängen des Puppentorso sagt Ha.: „Ich denke, er war persönlich anwesend bei dieser Handlung.“
Vorhalt aus Ha.s Vernehmung am 20.12.2011 zum letzten Kontakt zu Uwe Mundlos: Der letzte Kontakt, den wir hatten, war im Frühjahr 1998, ob das im Januar oder Februar war, weiß ich nicht mehr. Uwe war damals alleine bei mir. Uwe hab ich danach nicht mehr gesehen, auch nicht im Ilmenaukolleg. Uwe hat damals davon gesprochen, dass Sie für eine Handlung gesucht werden. Ha. bestätigt den Vorhalt. Vorhalt: Darauf folgend, ca. 14-21 Tage nach dem Treffen in meiner Wohnung, kam der Wohlleben zu mir und hat mich gebeten, das Fahrrad von Uwe zu verkaufen, damit Uwe Geld für die Flucht hat. Ha. bestätigt das.
Vorhalt: Es gab bei früheren gemeinsamen Aktionen Zwischenfälle, mit Körperverletzungen bei Schlägereien. Ha.: „Also ich habe Uwe hin und wieder getroffen mit leichten Blessuren im Gesicht, blaues Auge oder am Zahn vorne war eine kleine Ecke weg. Und da hat er berichtet, dass was vorgefallen ist. Eine Handlung ist mir noch im Gedächtnis, bei der ich auch zugegen war. Winzerla, Endhaltestelle. Das war aber nicht Uwe Mundlos, da gabs strenge, derbe Tätlichkeit, einfach so, aus freien Stücken. Die Person war schlicht und einfach eine Person, die den Weg gekreuzt hat. Auf jedenfalls gabs Faustschläge der Personen in der Gruppe gegenüber dem, der den Weg gekreuzt hat.“ Das Opfer sei um Geld erleichtert worden. Ha. zu weiteren Vorfällen: „Dann hab ich noch ein Bild von einem Club, in dem ein bisschen härtere Musik gespielt wurde. Und dann gabs mal ein Ereignis dort mit einem Glas und einem Geschädigten. Die zuschlagende Person in diesem Zusammenhang war Beate Zschäpe. Vorhalt: Uwe war optisch als Nationalsozialist erkennbar. Ha.: „Schwarze wadenhohe DocMartens, darin hat er mal weiße, mal gelbe Schuhbändel gehabt. Eine abgeschnittene Jeanshose, eine Domestoshose. Und er hat auch ein T-Shirt gehabt, das die Farben der Reichskriegsflagge hatte. Und eine schwarze Bomberjacke oder eine braune Fliegerjacke.“ Götzl: „Wie hat sich Uwe Mundlos am Ilmenaukolleg verhalten?“ Ha.: „Also in dem Personenkreis war er mit Sicherheit auffällig. Er hat zwar keinen hohen Schuhe mehr angehabt, aber Doc Martens schwarz flach. Und die abgeschnittenen Hosen hat er noch getragen und eine Fliegerjacke. Jedenfalls hatte er bei den Klassenkameraden seinen Ruf. In Ilmenau gabs auch eine rechte Welle auf der er mitgeschwommen ist.“
Götzl fragt, ob Zschäpe Mundlos ca. 1989/90 kennengelernt habe. Ha. sagt, ja, das sei möglich. Vorhalt: Aus einer anfänglichen Freundschaft entwickelte sich eine Beziehung. Ich denke 3-4 Jahre. Ha. bestätigt den Vorhalt. Vorhalt: Danach waren sie immer noch weiter befreundet. Ich glaube danach war sie mit Uwe Böhnhardt zusammen, das hab ich aber nie gesehen, sondern nur gehört. Ha. sagt, das sei der Bericht von Uwe Mundlos gewesen. Götzl: „Wie war Ihr Verhältnis zu Beate Zschäpe?“ Ha.: „Es war distanziert das Verhältnis, nicht freundschaftlich aber auch nicht offenkundig aggressiv oder diskriminierend oder so was.“ Götzl fragt nach Eigenschaften, Persönlichkeit. Ha.: „Zu den Personen mit denen sie befreundet war, freundlich, lustig. Ich denke mal, auch selbstbewusst als Person. Also kein Mensch, der in der Gruppe geschubst wurde.“ Vorhalt: Sie ist nicht dumm oder gutgläubig, sie wusste genau, was sie wollte. Ha.: „Ein Beispiel aus den Erzählungen von Uwe: Bei den Ausfahrten, die Uwe in seinem PKW gemacht hat, waren zwei Spiegel auf Beate Zschäpe eingestellt, damit sie einen Blick nach hinten hatte, auf die, von denen sie annahm, dass sie sie verfolgen. Sie hat auch Kennzeichen, bei denen Sie Verdacht hatte, dass sie zur Polizei gehören, aufgeschrieben.“ Es folgt die Mittagspause bis 13:16 Uhr.
Götzl zieht nun die Zeug_innen zu den Banküberfällen vor, danach folgt erneut Ha. Es wird zunächst die Zeugin Inge Ro., 68, Rentnerin aus Zwickau, vernommen. Götzl: „Es geht uns um einen Überfall Sparkasse am 25.09.2002.“ Ro. erzählt, sie habe an ihrem Schreibtisch gesessen, eine Kollegin kam mit einem Mann herein und habe gesagt: ‚Das ist ein Überfall‘. Ro. weiter: „Ich bin alarmauslösend aufgestanden und hab dann erst eine Waffe hinter ihrem Rücken gesehen. Der junge Mann war dann der Meinung: ‚Zum Tresor.‘ Im Tresorraum stand dann schon meine Kassiererin. Ich hab da nicht gewusst, dass es zwei sind. Der junge Mann hat dann den Tresor ausgeräumt und gefragt: ‚Ist das alles?‘ Ich hab ihm dann die Kasse gezeigt, dass da mehr drin ist und hab dann gedacht, du musst gucken, was der so anhat.“ In diesem Moment sei sie aber mit Pfefferspray eingesprüht worden, so Ro. Vorhalt: Den Dialekt würd ich hundertprozentig als Zwickauer Dialekt einstufen. Ro.: „Da kann ich mich heute nicht mehr erinnern. Aber wenn ich damals der Meinung war, wirds so gewesen sein.“
Es folgt die Zeugin Dorina Po., 34, aus Reinsdorf. Götzl: „Es geht uns um einen Überfall auf die Sparkasse Zwickau 25.09.2002.“ Po.: „Ich weiß noch, dass morgens gegen 09:00 Uhr, kam ein maskierter Mann reingestürmt, hatte einen schwarze gelockte Perücke auf und eine Sonnenbrille, da waren vorne so Augen drauf. Hat nur Augenblicke gedauert, dann stand derjenige schon im Kassenraum und forderte eben das Bargeld. Ich wurde dann selber schnell mit Pfefferspray eingesprüht, auch in die Augen, so dass ich nichts weiter gesehen habe.“
Es folgt die Zeugin Regina Wi. aus Zwickau. Götzl sagt, es gehe um den Überfall am 25.09.2002. Wi.: „Ich habe eine Überweisung ausgefüllt. Dann ist jemand reingekommen und sagt: ‚Das ist ein Banküberfall‘. Ich hab die Person nicht im Ganzen gesehen und dann bin ich aufgestanden und hatte dann die Pistole im Rücken. Ich weiß nur, dass ein Mundtuch vorhanden war und ich denke, eine Perücke. Ich bin rein zur Kasse, da wurde der Tresor ausgeräumt. Und dann war schon das Pfefferspray im Einsatz. Ich höre nur, wie jemand sagt: ‚Das kann ni alles gewesen sei‘ – also sächsisch – und dann hab ich erst gemerkt, dass es zwei sind.“
Es folgt der Zeuge Thomas Sch., 47, Polizeibeamter im Rhein-Erft-Kreis. Götzl sagt, es geht um den Überfall auf die Postfiliale Johann-Dick -Straße in Chemnitz am 30.11.2000: „Sie waren in die Ermittlungen eingebunden. Was haben Sie gemacht?“ Sch.: „Ich hab Straftaten daraufhin ausgewertet, ob die evtl. dem NSU zugeordnet werden können.“ Vorhalt aus Sch.s Bericht: Aus Kartenmaterial ergeben sich keine direkten Bezüge auf den Tatort. und Insgesamt 38.900 DM erbeutet, darunter 20.000 DM Registriergeld, welches bislang nicht sichergestellt wurde. Sch.: „Ja das ist aus den Akten der PD Chemnitz.“
Danach wird die Vernehmung von Ha. fortgesetzt. Er wird von der Verteidigung Zschäpes befragt. Dabei macht Ha. immer wieder deutlich, dass es sich bei seinen Aussagen um Erinnerungen handele, die 18 Jahre alt seien, also zeitlichen Einflüssen unterlägen. Die Verteidigung setzt ihn unter Druck, weil sie der Meinung ist, er würde nicht wahrheitsgemäß aussagen. Das wird kritisiert vom Richter, der BAW und der NK. Der Prozesstag endet 16:44 Uhr, weil der Angeklagte Wohlleben Kopfschmerzen hat.
Hier geht es zum Kommtar des Blog nsu-nebenklage: http://www.nsu-nebenklage.de/blog/2015/05/12/12-05-2015/
Zur vollständigen Version des Protokolls geht es hier.