Kurz-Protokoll 205. Verhandlungstag – 13. Mai 2015

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An diesem Prozesstag geht es zunächst um einen weiteren Banküberfall in Chemnitz am 23.09.2003, es sagen zwei Kassiererinnen aus und eine Polizeibeamtin, die anhand der gefundenen Asservate die Täterschaft von Mundlos und Böhnhardt nachvollzieht. Danach sagt Edda Schmidt aus. Christian Kapke hatte angegeben, diese sei auf einer NPD-Schulungsveranstaltung auf ihn zugekommen, habe gesagt, gleich komme jemand aus Chemnitz, um mit ihm über die Untergetauchten zu sprechen. Kapke hatte kurz zuvor ein Lied über die drei geschrieben. Schmidt streitet das ab, hält sich in ihrer Aussage bedeckt, gibt an, sie habe bei der Veranstaltung nur einen Vortrag gehalten. Während ihrer sehr ungeduldig wirkenden Aussage sitzen auf der Besucher_innentribüne ihr Sohn und weitere Neonazis.

Zeug_innen:

  • Kathrin Fr. (Zum Banküberfall in Chemnitz am 23.09.2003)
  • Anne Ma. (Zum Banküberfall in Chemnitz am 23.09.2003)
  • Sandra Wa. (BKA-Beamtin, Asservatenbefunden zum Banküberfall in Chemnitz am 23.09.2003)
  • Edda Schmidt (Erkenntnisse zur NPD-Schulungsveranstaltung, Christian Kapke, Andreas Graupner)

Der Prozesstag beginnt um 09:48 Uhr. Die Erste Zeugin ist Kathrin Fr. Es geht um den Überfall auf die Sparkasse Chemnitz am 23.09.2003. Fr. erzählt und fängt währenddessen an zu weinen: „Es war an einem Vormittag, und Kunden in der Geschäftsstelle, und da kamen zwei Männer rein, Maskierte, und haben geschrien ‚Überfall, Geld raus‘. Zuerst sind sie zu meiner Kollegin gegangen. Ich bin versteinert dagesessen und da kam der eine Täter auf meinen Schalter gesprungen und hat mir die Waffe ins Gesicht geschlagen, da hatte ich ein blaues Auge. Ich habe gesagt: ‚Ich hab kein Geld‘. Dann ist er rübergeklettert und zu meiner Kollegin in der Hauptkasse. Die konnte sich losreißen und ist rausgerannt. Er kam wieder rüber, packte mich an meinem T-Shirt. Dann sind wir in den Tresorraum. Der Tresor war zu und ich hab gesagt: ‚Ich hab keinen Schlüssel.‘ Ich sagte: ‚Wir müssen warten, zehn Minuten.‘ Er hat die Waffe vor mich gehalten. Aber das hat ihnen zu lange gedauert und da sind alle beide über den Schalter wieder raus.“
Götzl fragt nach einer Beschreibung der Täter. Fr.: „Die waren groß, sportliche Gestalt, schwarz gekleidet. Schlank. Also erkannt hat man nichts.“ Sie habe nur eine Waffe gesehen, eine Handwaffe, schwarz und klein, so Fr. auf weitere Fragen. Götzl fragt nach der Sprache. Fr. sagt, das sei sächsischer Dialekt gewesen. Vorhalt: Während ich bedrängt wurde, sagte die erste Person zur zweiten Person: ‚Soll ich sie erschiessen?‘ Fr.: „Ja, es stimmt, das hab ich wohl verdrängt. Aber es stimmt.“

Es folgt die Zeugin Ma. zum Überfall auf die Sparkasse Chemnitz 2003. Ma. erzählt: „ Ich war damals Hauptkassierer bei der Sparkasse. Gegen 11 Uhr kamen zwei vermummte Männer herein und schrien: ‚Überfall.‘ Die sprangen ziemlich schnell über den Tresen, die haben noch Kunden bedroht. Einer der Täter ist hergekommen und hat mir die Waffe an die Schläfe gehalten und Geld gefordert. Es wurde geschrien: ‚Geld Geld!‘ Ich wurde zurückgestoßen und die haben mich stehenlassen, ich hab das wahrgenommen und bin zur Tür raus, aus der Geschäftsstelle raus. Ich bin in das Nachbargeschäft, ein Frisörgeschäft, reingeflüchtet. Da saßen schon Kollegen, die haben sich auch da hingerettet.“ Es seien jüngere Männer gewesen, vermummt, das Gesicht nicht erkennbar, sie habe nur noch schwarze Kleidung in Erinnerung, so Ma. auf weitere Fragen. Es seien knapp 500 Euro geklaut worden, das seien die 5-Euro Scheine gewesen.

Es sagt nun aus die Zeugin Wa. vom BKA. Es geht um den Überfall in Chemnitz am 23.09.2003. Götzl: „Sie haben einen Abgleich von Asservaten mit Bildern der Überwachungskamera der Sparkasse vorgenommen?“ Wa. bestätigt das, sie habe die Ergebnisse zusammengefügt. Götzl bittet Wa., die Ergebnisse erläutern. Parallel werden die Lichtbilder von Überwachungskamera und Asservaten in Augenschein genommen. Wa. sagt, es gehe um die Indizien, die für eine mögliche Täterschaft von Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos sprechen. Dabei konnten anhand des Vergleichs der Bilder der Überwachungskamera mit den in Frühlingsstraße und Wohnmobil gefundenen Asservaten folgende als übereinstimmend in Betracht gezogen werden: Die Waffen, die Halstücher, Lederhandschuhe, Sportschuhe, Jacke und Basecap. Als letztes Indiz sei ein mutmaßlichens Tatfahrzeug zu nennen. Zwischen dem 22. und 26.09.2003 wurde bei Caravan Horn in Chemnitz ein Wohnmobil Fiat Ducato C-JA 420 angemietet. Durch die Person André Eminger. Aufgrund der Überlappung des Anmietzeitraums mit dem Tatzeitraum könne es sich bei dem Wohnmobil um ein mutmaßliches Tatfahrzeug gehandelt haben. Damals wusste man aber noch nicht, ob es von André Eminger selbst oder vom Trio, mutmaßlich Uwe Böhnhardt, angemietet wurde.

Es folgt als Zeugin Edda Schmidt, 66, beruflich Renterin, Hausfrau. Götzl sagt, es gehe um Erkenntnisse zu Christian Kapke und die NPD Schulungsveranstaltung. Schmidt: „Was wollen sie da wissen?“ Götzl: „Genau das.“ Schmidt sagt, sie sei Referentin bei einer Veranstaltung gewesen, habe über Brauchtum gesprochen, habe niemanden gekannt, sei da nie früher gewesen.  Götzl fragt nach dem Ablauf der Veranstaltung, wie lange sie gedauert habe, wieviele Personen da gewesen seien. Schmidt sagt, es sei das ganze Wochenende, Samstag bis Sonntag gegangen.
Götzl fragt, wer die Veranstaltung organisiert hat. Schmidt sagt, sie sei eingeladen worden vom Tino Brandt, der sei aber nicht anwesend gewesen, sie glaube, Wohlleben habe es da geleitet, sie sei sich nicht sicher, weil als sie hingekommen sei, habe sie keinen Menschen gekannt.
Götzl fragt, ob sie Personen dort kennengelernt hat. Schmidt bejaht das. Christian Kapke nennt Schmidt als Beispiel. Götzl fragt, was Schmidt zu Kapke in Erinnerung habe. Schmidt antwortet, nett, er habe was über die Gegend erzählt. Auf Frage sagt Schmidt, sie wisse nicht, ob Kapke da eine Funktion gehabt habe. An andere Gesprächsthemen oder Personen könne sie sich nicht erinnern.
Götzl fragt, ob bei der Veranstaltung der Umstand zur Sprache gekommen sei, von Kapke oder anderen, dass jemand geflohen sei, sich versteckt habe. Schmidt verneint. Es sei auch sonst kein Gesprächsthema gewesen. Vorhalt aus der Vernehmung von Kapke: Kam Edda Schmidt auf mich zu, kommt jetzt jemand, der die kennt Kameraden auf der Flucht. Edda Schmidt sagt, es sei ihr schleierhaft, wie der zu der Aussage komme, sie habe niemanden gekannt, sie habe die nicht gekannt. Und wenn, dann spreche man nicht mit wildfremden Leuten drüber. Vorhalt aus der Vernehmung von Christian Kapke: Edda Schmidt war bei Treffen mit dabei, wer das war, wusste ich nicht. Ich meinte, ich kenne Untergetauchte aus Jena, sie sind in Chemnitz, denen geht es gut. Schmidt sagt, sie wisse nichts dazu, habe damit nichts zu tun.
Wohlleben-Verteidigerin Schneiders sagt, in der Deckmeldung berichte Brandt über das Gespräch, sie, Schmidt sage, Brandt war nicht da, und Schneiders fragt, ob sie sich sicher ist. Schmidt sagt, sie hätten abends zusammen gesessen, sie meine, Brandt sei am Abend dazu gekommen, am nächsten Tag sei er nicht mehr da gewesen. Schneiders sagt, Christian Kapke habe angegeben, Brandt habe da Geburtstag gefeiert. Schmidt sagt, das könne sein, sie hätten getrunken, dann sei sie ins Bett gegangen. Schneiders fragt erneut nach dem Gespräch über die drei. Schmidt sagt, sie sei bei dem Gespräch nicht dabei gewesen.
Narin fragt, ob sie mal strafrechtlich in Erscheinung getreten sei. Schmidt: „Was hat das mit NSU zu tun?“ Klemke beanstandet sie Frage, sie sei nicht erforderlich. Narin sagt, sie ist erforderlich, wenn sie wegen Volksverhetzung, Aufstachelung in Erscheinung getreten ist, könnte sein, dies würde sich auf ihre Glaubwürdigkeit auswirken, evtl. sei sie mit Jan Wernner in Erscheinung getreten, das wäre ja noch interessanter. Klemke wiederholt, das sei unerheblich. Die Frage wird zurückgewiesen.
Narin sagt, Schmidt habe geschildert, dass sie Vorträge zu Brauchtum hielt.. Narin fragt, ob da der Mittwoch eine besondere Rolle spielt. Auch diese Frage wird beanstandt. hält die Frage aufrecht und die Zeugin muss den Saal verlassen. Narin führt aus, Brauchtum ist ja nur in bestimmter Szene Brauchtum/Ideologie. Hier wird Odin/Wotan, der Mittwoch zugeschrieben, viele Morde seien am Mittwoch geschehen auch der an auch an Boulgarides, Schmidt sei da Expertin, er frage, ob da ein quasi-religiöser Hintergrund eine Rolle spielte. Narin zieht sie zurück um einen entsprechenden Beweisantrag zu stellen. NKRA Hoffmann fragt, ob sie jemals Informationen an VS gegeben hat. Schmidt: „Nein, wie sollte ich auch, ich bin doch kein Verräter.“ Sie sei nie angesprochen worden. Der Prozesstag endet.

Hier geht es zum Kommentar des Blogs NSU-Nebenklage http://www.nsu-nebenklage.de/blog/2015/05/13/13-05-2015/#more-1097

 

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