Protokoll 209. Verhandlungstag – 10. Juni 2015

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Dieser Verhandlungstag endet bereits 11:48 Uhr, weil Beate Zschäpe einen Entbindungantrag gegen ihre RAin Sturm stelllt. Daraufhin beendet Götzl den Prozesstag.

Vor Beginn des Verhandlungstages verkündet eine Justizangestellte über Mikrofon, dass die Sitzung heute erst um 10 Uhr anfängt. Die Angeklagten betreten den Saal gegen 09:50 Uhr. Der Senat kommt um 10:10 Uhr in den Saal. Nach der Präsenzfeststellung sagt Götzl in Richtung der Verteidigung Zschäpe, dass mitgeteilt worden sei, dass diese eine Unterbrechung benötige. RA Heer bestätigt das. Auf Frage, wieviel Zeit benötigt wird, sagt er, dass es um eine Beratung mit der Mandantin gehe und man jedenfalls eine Stunde benötige. Die Verhandlung wird unterbrochen. Zum Ende der Unterbrechung sitzt Zschäpe längere Zeit alleine auf ihrem Platz, ohne dass ihre Verteidiger_innen anwesend sind.

Um 11:33 Uhr wird fortgesetzt. Götzl teilt mit, dass Zschäpe einen Entbindungantrag gegen ihre RAin Sturm gestellt habe. Es gebe nun die Gelegenheit, Stellung zu nehmen, so Götzl weiter. RA Heer beantragt, die Sitzung für heute zu unterbrechen aufgrund der prozessualen Situation. Es bedürfe einer eingehenden Beratung; aufgrund der Komplexität der Situation und der Dauer der Beratung könne dies heute nicht mehr stattfinden. Weder Zschäpe noch Sturm äußern sich auf Nachfrage von Götzl. NK-Vertreter RA Kolloge tritt dem Unterbrechungsantrag entgegen. Er sagt, dass alle Verteidiger_innen Zschäpes die Pause vor dem Gericht verbracht hätten, da sei Gelegenheit zur Beratung mit der Mandantin gewesen. RA Lucas sagt, es müsse mglw. mit zwei Verteidigern weiter verhandelt werden, deshalb habe Zschäpe drei; es gehe auch um Verfahrensbeschleunigung. NK-Vertreter RA Kuhn sagt, er sei der Ansicht, dass dem Antrag der Verteidigung entsprochen werden sollte. Man befinde sich in einem fortgeschrittenen Stadium des Verfahrens, es gehe um das Innenverhältnis der Verteidigung, es sei ein ausführliches Gespräch erforderlich, das man einräumen solle. RA Behnke tritt dem Antrag entgegen, man könne mit zwei Verteidigern „locker weiter verhandeln“. Bundesanwalt Diemer sagt, der Antrag auf Unterbrechung sei angesichts der vorgetragenen Situation nicht ungerechtfertigt, man solle der Verteidigung die Chance geben, das mit der Mandantin zu besprechen. Es folgt eine Pause bis 11:47 Uhr.

Danach verkündet Götzl, dass heute nicht fortgesetzt wird. Er wolle aber noch mitteilen, dass der für heute geladene Zeuge Tom T. nicht erschienen ist, eine Begründung gebe es bisher nicht. Dann geht es kurz darum, ob Wohlleben-Verteidiger RA Klemke einen zuvor angekündigten Beweisantrag angesichts der prozessualen Situation stellen kann oder nicht. Götzl sagt an deren Ende, dass der Antrag auch das nächste Mal gestellt werden könne und beendet die Sitzung um 11:48 Uhr.

 

Der Blog NSU-Nebenklage kommentiert:

„Die Strafprozessführung sieht eine Entpflichtung nur dann vor, wenn Gründe genannt werden, die belegen, dass eine nachhaltige und nicht zu beseitigende Erschütterung des Vertrauensverhältnisses vorliegt, die befürchten lässt, dass die Verteidigung nicht mehr sachgerecht geführt werden kann. Ohne zu spekulieren, kann bereits jetzt davon ausgegangen werden, dass Zschäpe solche Gründe nicht benennen kann. Wir sind gespannt, ob sie ihren Antrag diesmal ausführlich begründet. Immerhin hat sie inzwischen akzeptiert, dass sie nicht alle drei Verteidiger loswird, und versucht wohl nunmehr, zumindest einen neuen Akteur an ihre Seite zu bekommen. (…) Auch heute Morgen bot sich ein irritierendes Bild: die Verteidiger ließen ihre Mandantin erst alleine im Saal warten, redeten dann heftig auf sie ein, was Zschäpe nur mit Kopfschütteln quittierte. Nachdem dann auf Antrag von Rechtsanwalt Heer eine längere Pause eingelegt wurde, damit sich die Verteidigung mit der Mandantin besprechen könne, ging aber Zschäpe zunächst allein in Richtung Arrestzelle; Sturm, Stahl und Heer diskutierten erst vor dem Gerichtsgebäude miteinander und dann im Anwaltszimmer mit der Generalbundesanwaltschaft. Zu diesem Zeitpunkt dürften sie von dem Antrag Zschäpes, Rechtsanwältin Sturm zu entpflichten, gewusst haben – wieso Ihnen in dieser Situation ein Gespräch mit der Bundesanwaltschaft wichtiger schien als das Gespräch mit der Mandantin, ist nur schwer nachvollziehbar.“

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