Kurz-Protokoll 224. Verhandlungstag – 4. August 2015

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Am heutigen Verhandlungstag wird erneut der Schweizer Vernehmungsbeamte Patrick Ry. vernommen. Er wird zu seinem Protokoll der Vernehmung mit Frau Ge. befragt. Die Verteidigung Schultze erklärt, sich nach der Sommerpause zu der Vernehmung Sandro Taubers am 221. Prozesstag äußern zu wollen: Dessen Angaben stünden jenen ihres Mandanten Carsten Schultze entgegen.

 

Zeuge:

  • Patrick Ry. (Kantonspolizei Bern, Vernehmungen Anton Peter Germann und dessen Ehefrau sowie Hans-Ulrich Müller betreffend der Ceska)

Einziger Zeuge des Tages ist zum wiederholten Mal Patrick Ry. von der Kantonspolizei Bern, es gehe  um die Vernehmung von Frau Ge. 2012 und die damalige Situation, das Verhalten der Zeugin und ihre inhaltlichen Angaben.
Ry. berichtet, die Einvernahme Frau Ge.s habe nach der Entlassung ihres Ehemanns stattgefunden. Auf die Frage, ob sie mit ihrem Ehemann nach der Entlassung gesprochen habe und wisse, was er ausgesagt habe, habe Frau Ge. angegeben, dass ihr Ehemann die Wahrheit gesagt habe. Sie habe bestätigt, dass Herr Germann Waffenerwerbscheine erhalten habe und die Waffen auch an ihn zugestellt worden seien. Ry. sagt, Frau Ge. habe nicht sagen können, wie viele Pakete und wie viele Waffen. Sie habe in der vorigen Einvernahme gesagt, dass in einem Gespräch zwischen ihr und ihrem Mann von «Waffe oder Waffen» und «Paket oder Paketen» gesprochen worden sei. Sie habe angegeben, selbst keine Waffen oder Pakete gesehen zu haben. Ry. berichtet, Frau Ge. sei auch mit dem Hinweis, was mit der Waffe in Deutschland verübt worden sei, gefragt worden, ob sie nach ihrer letzten Einvernahme nicht mehr habe wissen wollen – das habe sie verneint. Außerdem habe sie bei ihrer Befragung angegeben, ihr Ehemann kenne Herrn Müller sehr gut vom Motorradfahren und sie selbst sei auch einmal auf einer Reise des Chopper Clubs dabei gewesen und kenne die Müllers, so glaubt sich Ry. zu erinnern, seit 1990. Auf die Frage, wie oft Frau Ge. die Müllers gesehen habe, habe sie gesagt, die Müllers hätten 1996 beim Hausbau den Garten gemacht. Es sei eine eher geschäftliche Beziehung gewesen, aber sie habe Vertrauen gehabt. Ry. gibt an, dass Frau Ge. dann vorgehalten worden sei, dass ihr Mann in seiner Aussage von gemeinsamen Essen gesprochen habe. Das habe Frau Ge. bestätigt und habe ergänzt, dass die Freundschaft aber zwischen Herrn Müller und Herrn Germann gewesen sei, nicht zwischen ihr und Frau Müller Frau Ge. habe ausgesagt, dass der letzte Kontakt vor zwei Wochen ein Morgenessen gewesen sei, kurz bevor Müllers nach Thailand abgeflogen seien. Als Frau Ge. auf den Diebstahl in Frankreich oder Spanien angesprochen worden sei, bei welchem angeblich Ausweise und Waffenerwerbscheine weggekommen sein sollen, habe sie weder das Jahr noch das, was gestohlen wurde, genau benennen können. Dass sich unter dem Gestohlenen Waffenerwerbscheine befunden hätten, habe Frau Ge. nur von ihrem Mann gewusst, der habe ihr das bei der Hausdurchsuchung 2009 gesagt. Auf die Frage, ob sie früher geschossen habe, habe Frau Ge. geantwortet, was ihr Ehemann gesagt habe: Sie sei 1980 bei „diesem Schießen“ dabei gewesen, hätte aber danach nicht mehr geschossen. Daran anschließend sei sie in der Vernehmung gefragt worden, ob es Thema gewesen sei, dass sie das Schießen gemeinsam als Hobby betreiben wollten. Sie habe dies bejaht, aber habe ergänzt, dass dafür die Zeit gefehlt habe und auch dass der Wunsch mehr von ihrem Mann gekommen sei als von ihr.

Diese Aussagen des Beamten fragt der Vorsitzende Richter Götzl detailiert durch Vorhalte aus den Vernehmungen ab.

Im Anschluss fragt Götzl noch kurz zur Vernehmung von Hans-Ulrich Müller am 3.2.2012. Dazu sei Ry. schon befragt worden. Götzl sagt, es ginge ihm um eine Person. Er wolle nachfragen, ob Dieter Schm. angesprochen worden sei und was Herr Müller gegebenenfalls dazu gesagt habe. Ry. sagt, er wurde angesprochen, aber dieser Name habe Müller angeblich nichts gesagt. Müller habe da noch überlegt damals.
Wohlleben-Verteidigerin RAin Schneiders fragt den Zeugen, in welchem Zusammenhang Frau Ge. vernommen worden sei, in welchem Verfahren. Ry. antwortet: „Im Verfahren gegen ihren Ehemann,“  nach seiner Erinnerung.
Zschäpe-Verteidiger RA Stahl befragt den Zeugen zu den üblichen und bei dieser deligierten Vernehmung angewandten Belehrungsmethoden von Polizei und Staatsanwalt, wobei RAin Schneiders sich einklinkt.

Anschließend gibt Schultze-Verteidiger RA Pausch betreffend den Zeugen Sando Tauber (221. Verhandlungstag) einer Erklärung ab: Dieser sei sehr gut informiert gewesen. Es sei aufgrund der Vorkenntnisse schwierig gewesen, spontane Aussagen zu bekommen. Tauber habe eher angelesenes Wissen reproduziert und erst durch die Befragung sei sein angelesenes Wissen relativiert worden. Befragt zu den Funktionen Carsten Schultzes in der JN sei deutlich geworden, wie wenig Tauber wirklich gewusst habe. Wer mit im Kreis von Carsten Schultze aktiv gewesen sei, habe Tauber nicht mehr erinnert. Diese Angaben stünden den Einlassungen ihres Mandanten entgegen. Die Aussage Taubers sei für Carsten Schultze erneut Anlass, sein Gedächtnis aufzufrischen. Dazu sollen nach der Sommerpause weitere Angaben gemacht werden.
Götzl schließt um 12.12 Uhr die Verhandlung und kündigt an: „Der nächste Termin ist der 2. September, 9.30 Uhr, A 101.“
Der Blog NSU-Nebenklage kommentiert:

„[…] Damit ist ein weiterer Versuch der Verteidigung Wohlleben, den Lieferweg der Mordwaffe Ceska 83 in Frage zu stellen, gescheitert.“
http://www.nsu-nebenklage.de/blog/2015/08/04/04-08-2015/

 

Zur vollständigen Version des Protokolls geht es hier.