Der erste Zeuge des Prozesstages ist ein Taxifahrer, der die Annahmen des Beweisantrags nicht bestätigte und stattdessen von einer anderen Taxifahrt mit Zschäpe und auch Böhnhardt und Mundlos berichtet. Der zweite Zeuge ist ein früherer Freund von Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe, der bei der Aktion dabei war, als u.a. Böhnhardt, Zschäpe und Mundlos einen Puppentorso mit antisemitischen Schmierereien an eine Autobahnbrücke hängten und eine Bombenattrappe dort platzierten.
Zeugen:
Patrick He. (Taxifahrt Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt in Zwickau)
Kay St. (Erkenntnisse zu Aktionen in den 90er Jahren, u.a. zum Aufhängen den Puppentorsos)
Der erste Verhandlungstag nach der Sommerpause beginnt um 09:50 Uhr. Als erster Zeuge wird der Autoverkäufer Patrick He. von Götzl befragt, der als Taxifahrer Beate Zschäpe von der Frühlingsstraße in Zwickau abgeholt hatte. He. berichtet, er habe den Auftrag bekommen, in die Frühlingsstraße zu fahren und die Information erhalten, der Fahrgast warte unten. Nachdem er kurz gewartet habe, sei Frau Zschäpe gekommen. Auf seine Frage hin, wo es hingehen solle, sei als Antwort der Zwickauer Bahnhof angegeben worden. He. habe versucht, mit dem Fahrgast zu sprechen, was aber nicht erwidert worden sei. Als sie zum Bahnhof gekommen seien, sei ihm gesagt worden, dass sie kurz auf jemand warteten. «Dann kamen zwei Fahrgäste, der Herr Mundstuhl und der Herr Böhnhardt, die haben zwei Taschen ins Auto geladen, dann sind wir wieder in die Frühlingsstraße gefahren.»
Gefragt nach der Rückfahrt führt He. weiter aus, dass die zwei Fahrgäste, am Bahnhof angekommen, ihre Taschen selbst in den Kofferraum gepackt hätten und es im Fahrzeug keine Unterhaltung auf der Rückfahrt gegeben habe – weder unter den Fahrgästen, noch zwischen ihm als Taxifahrer und den Fahrgästen. Götzl führt aus, dass im Vermerk keine Rede davon sei, dass eine Rückfahrt mit Herrn Böhnhardt und Herrn Mundlos, oder Mundstuhl, wie He. gesagt habe, erfolgt sei. He. gibt auf Nachfrage an, sich sicher zu sein, dass die Rückfahrt mit den Personen erfolgte und dies so bei der Polizei angegeben zu haben: «Genau darauf wurden mir die Lichtbilder gezeigt.» Götzl fragt, ob er die genannten Personen schon zuvor zum Beispiel in den Medien gesehen habe. He. antwortet, als das alles «so aufgekocht» sei, hätten sie abends vor dem Fernseher gesessen und er habe zu seiner Lebensgefährtin gesagt: «Die sind bei mir im Taxi mitgefahren.» Am nächsten Tag hätte er dann schon zur Polizei kommen sollen.
Nach der Pause wird die Befragung des Zeugen Kay St. (202. und 219. Verhandlungstag) fortgesetzt. Auf die Frage Götzls hin sagt St., er habe nichts von sich aus zu seinen bisherigen Aussagen zu ergänzen. Götzl fragt nacheinander zur Aktion Puppentorso, ob St. damals Informationen gehabt habe zu einer Bombe in einer Holzkiste, in einem Stadion, nach unmittelbarem Wissen oder Informationen von Dritten zu Briefbombenattrappen, nach Informationen über einen Koffer, der am Friedhof in Jena abgestellt worden wäre und «etwas im Eingangsbereich des Theaters der Stadt Jena» . Der Zeuge verneint zu allem.
Klemke fragt bezüglich St.s Aussage, mit Wohlleben sei die Frage der Geldbeschaffung thematisiert worden, wie oft dies geschehen sei? St. gibt an, er habe Wohlleben ein, zwei Mal nach dem Untertauchen gesehen und wenig Kontakt. Das sei 20 Jahre her und er könne sich nicht an konkrete Sachen erinnern.
Klemke hält dem Zeugen vor, er habe zur Aktion Puppentorso angegeben, dass man ihm gegenüber argumentiert habe «Die Linken machen so viel, wir müssen auch mal was machen, um in die Medien zu kommen.» Klemke will wissen, wer das konkret gesagt habe. St. sagt, er glaube, Mundlos habe das vor dem Vorfall gesagt, könne sich aber nicht mehr konkret erinnern, was dieser habe machen wollen um in die Medien zu kommen. Klemke fragt mehrfach nach, ob diese Aussagen St.s auf Vermutungen oder Erinnerungen beruhen, woraufhin St. angibt, er mache es an seinen Erinnerungen und nicht an konkreten Tatsachen fest.
Die Frage, ob er sich mit Mundlos über die Figur Paulchen Panther unterhalten habe, verneint er und ergänzt, dass er aber wisse, dass Mundlos Fan davon gewesen sei. Klemke fragt, woher er das wisse. St. gibt an, sie hätten Anfang der 1990er Jahre zusammen mal Trickfilme gesehen. Wie oft, wisse er nicht mehr und er denke, es sei zu Hause gewesen: «Doch, müsste bei ihm gewesen sein. Weil ich hatte kein Fernsehen. Der Zeitraum, ich denke, da waren wir so 16 oder 17.»
Klemke hält dem Zeugen vor, er habe auf die Frage der Bundesanwaltschaft zum Untertauchen gesagt, mit Schwerverbrechen nicht gerechnet gehabt zu haben. St. bestätigt seine Aussage und fragt, wieso er damit hätte rechnen sollen. Er habe keinen Anlass gehabt, damit zu rechnen, dass die drei Untergetauchten schwere Straftaten begehen könnten.
Narin hält weiter vor, der Zeuge habe auch zu persönlichen Verhältnissen von Frau Zschäpe berichtet: Er wüsste, dass ihr Vater Rumäne sei. Narin fragt, ob St. mal mit Frau Zschäpe über ihre rumänische Herkunft gesprochen habe und ob das ein Thema in der Szene gewesen sei. St. gibt an, das sei eigentlich bekannt, aber kein Thema gewesen. Außerdem, so Narin weiter, habe St. berichtet, für beide Uwes sei die Familie Zschäpe «Assis» gewesen und sie hätten das kundgetan und sie spüren lassen. Er fragt, in welcher Form das geschehen sei. St. erklärt, verbal und sie hätten immer Spitzen losgelassen gegen ihre Familie und ihren Cousin. Narin sagt: «Sie schilderten anlässlich Ihrer ersten Vernehmung, Herr Wohlleben habe nach Ihrer Vernehmung gesagt: `Denke daran, dass Du eine Falschaussage gemacht hast.’» St. sagt, Wohlleben habe gesagt: «Schönen Gruß von Böhnhardt, denk dran, dass du eine Falschaussage gemacht hast.»
RA Klemke beantragt, den Zeugen zu vereidigen. Götzl fragt nach Stellungnahmen. BAW Diemer sagt, sie sehen das nicht so, dass eine Vereidigung erforderlich sei. Gerade weil der Zeuge im öffentlichen Dienst sei, müsse man davon ausgehen, dass er sich schon bemühe, richtig auszusagen. RA Scharmer sagt, die Vereidigung sei nicht erforderlich. Der Zeuge habe deutlich gemacht, wo er Erinnerungslücken habe und wo nicht. Er habe Aussagen gemacht, die teilweise für ihn selbst belastend waren. Scharmer sagt, er sehe keinen Ansatz dafür, dass auch nur Ansatzweise an der Glaubhaftigkeit zu zweifeln sei. Es entspinnt sich eine längere Diskussion, an deren Ende der Zeuge unvereidigt bleibt. Der Prozesstag endet um 13:00 Uhr.
Hier geht es zum Kommentar des Blogs Nsu-Nebenklage : http://www.nsu-nebenklage.de/blog/2015/09/02/02-09-2015/
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