An diesem Verhandlungstag sagen nur Polizist_innen aus. Zunächst geht es um eine Postkarte, zu der die ermittelnde Beamtin zu dem Schluss kommt, dass diese wohl 2005 aus Dortmund von Mundlos und Böhnhardt an Zschäpe geschickt wurde. Möglicherweise seien Mundlos und Böhnhardt in Dortmund gewesen, um mögliche Tatorte auszuspähen. Dies legt eine entsprechende Liste nahe. Der zweite Schwerpunkt des Tages sind Ermittlungen zu einem Parkschein, die dafür sprechen, dass das NSU-Kerntrio André Eminger 2011 in der Uniklink Leipzig besuchten, in der dieser als Patient lag.
Zeug_innen:
- KKin Jeanette Pf. (BKA Meckenheim, Auswertung einer Postkarten)
- Bernd Li. (Polizeibeamter, Vermerk zu Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt aus 1997)
- Stefan Ko. (BKA Meckenheim, Ermittlungen zu einem 2011 im Wohnmobil in Eisenach aufgefundenen Parkschein, André Eminger)
Der Verhandlungstag beginnt um 09:43 Uhr. Erste Zeugin ist Jeanette Pf. (zuletzt 220. Verhandlungstag). Götzl sagt, es gehe um die Auswertung eines Asservates, einer Postkarte, auf der ein Elefant abgebildet sei. Pf.: „Ich habe da einen Ergänzungsvermerk zu geschrieben, die eigentliche Auswertung wurde schon im Februar 2012 geschrieben. Wir sind durch die Asservatenrevision [phon.] nochmal auf das Asservat aufmerksam geworden: eine Postkarte, Vorderseite Elefantenbaby in Schwarz-Weiß, handschriftlich steht auf der Vorderseite ‚Hallo 00‘ [Null Null] oder ‚OO‘, also zwei Kreise. Auf der Rückseite der Empfänger, der Text von der Postkarte und die Briefmarke. Empfänger: ‚M. Dienelt, Polenzstraße 2, 08060 Zwickau.‘ Der Text lautet: „Viele liebe Grüße, das Wetter ist schön, Tschüss‘ [phon.]. Eine 45-Cent-Briefmarke zeigt den Viktualienmarkt in München. Der Grund, warum wir auf das Asservat nochmal aufmerksam geworden sind: In der ersten Auswertung ist als Adressat zweifelsfrei Matthias Dienelt erwähnt, das steht da auch drauf, aber weil das Trio, ich nenne es mal Trio, diese Personalie auch als Alias nutzte, sind wir aufmerksam geworden, und insbesondere der Poststempel hat unsere Aufmerksamkeit erregt.“
Abgestempelt sei die Postkarte im Briefzentrum 44 und dann stehe da noch „21-09-05-20“ [phon.]. Pf. sagt, sie habe hierzu Ermittlungen bei der Deutschen Post getätigt und mitgeteilt bekommen, dass die Postkarte am 21.09.2005 um 20 Uhr abgestempelt wurde. Das Briefzentrum 44 liege in Dortmund, das habe man übers Internet herausfinden können. Pf.: „Diesen Poststempel haben wir in den Gesamtzusammenhang eingeordnet: Was ist davor und was danach passiert? Es gibt da eine Wohnmobilanmietung beim Caravanvertrieb H. in Chemnitz auf den Namen Holger Gerlach vom 19. bis 22.09.2005. Und wir wussten bisher nicht, wofür das Wohnmobil benutzt wurde.
Und noch ein dritter Punkt, den ich aufführe in meinem Vermerk: Es gibt zwei Kartenausdrucke bzw. einen Kartenausdruck und eine Tabelle mit Adressen. Der Kartenausdruck zeigt den Großraum Dortmund und die Tabelle sechs Anschriften in Dortmund. Da sind einzelne Anmerkungen zu den Adressen vermerkt, augenscheinlich Ausspähnotizen: ‚gutes Objekt‘, ‚geeigneter Inhaber‘. Und diese Ausdrucke sind am 22.09.2005 gefertigt worden. Also: Eine Karte wird in Dortmund aufgegeben, ein Wohnmobil angemietet und die Ausdrucke am Tag der Rückgabe ausgedruckt, das könnte man so sehen, dass eine Ausspähungsreise nach Dortmund unternommen wurde. Wir haben weitere Untersuchungen angeregt, haben die Schreibleistungen untersuchen lassen. Uwe Böhnhardt ist mit hoher Wahrscheinlichkeit der Urheber der Schreibleistungen.“ Götzl fragt, wo die Asservate sichergestellt worden seien. Pf. sagt, die seien im Brandschutt in der Zwickauer Frühlingsstraße sichergestellt worden.
Es folgt der Zeuge Bernd Li., Polizeibeamter aus Stadtroda. Götzl sagt, es gehe um Erkenntnisse zu Böhnhardt und Mundlos, Zusammenstellungen aus dem Jahr 1997; es würden Vermerke vorliegen, die, jedenfalls der zweite, Li. als Sachbearbeiter ausweisen würden. Götzl bittet Li. zu berichten, inwiefern er mit diesen Personen im Rahmen von Ermittlungen betraut gewesen sei und woher diese Informationen stammten. Li.: „Selber persönlich war ich mit den Personen nicht vertraut, die Aktenvermerke resultieren daraus: Es gab 1997 in Vorbereitung eines Heß-Marsches in Thüringen im August eine Aufgabenstellung vom LKA, alle Erkenntnisse zu manchen Personen dem LKA zu melden. Hintergrund war, dass man Personen vorher schon per Gerichtsbeschluss aus dem Rennen nimmt, sie nicht teilnehmen lässt. Ich habe bloß die Informationen aus dem polizeilichen Informationssystem, also unseren Computern rausgezogen, was da aktuell so vorlag.“ Götzl: „Waren Sie mit den beiden Personen jemals mit Ermittlungen, Durchsuchungen, Überprüfungen befasst?“ Li.: “ Nein.“
Dann wird der Zeuge Stefan Ko. gehört. Götzl sagt, es gehe um Ermittlungen zu einem Asservat, einem Parkschein. Ko.: „Wir haben am 26.06. den Beweisantrag der Nebenklage erhalten, Hintergrund ist das Asservat 1.3.28.0, ein Parkschein, der am 04.11.2011 im Wohnmobil sichergestellt wurde. Parkzeit 18:43 bis 19:29 Uhr, ausgestellt auf Liebigstraße. Anhand des Asservates, so der Antrag der Nebenklage, soll nachgewiesen werden, dass ein oder mehrere Mitglieder des Trios den Angeklagten Eminger in der Uniklinik Leipzig besucht haben, was ein Vertrauensverhältnis belegen soll.
Ko. führt aus, dass am selben Tag ein Wohnmobil angemietet worden sei durch eine männliche und eine weibliche Person in Begleitung von einem Kind am Mittag. Man kam zu dem Schluss, dass Zschäpe und Böhnhardt das Wohnmobil am 25.10.2011 angemietet haben. Ko.: „Ich bin weiterhin auf eine Auswertung des Kollegen Le. [phon.] gestoßen.“ Der Kollege habe sich in dem Zusammenhang mit den Funkdaten von Susann Eminger beschäftigt. Bei einer forensischen Untersuchung des von Susann Eminger benutzten Funktelefons sei eine SMS rekonstruiert worden um 11:25 Uhr auf das Handy von André Eminger, dass sie gerade ‚Liesl‘ und ‚Gerri‘ wohin fahren würde. Das seien bekannte Aliaspersonalien von Zschäpe und Böhnhardt. Darüber hinaus habe es eine Funkzellenauswertung gegeben und die habe ergeben, dass das Handy von Susann Eminger sich zu der Zeit auf der Strecke zwischen Zwickau und Schreiersgrün, dem Ort der Verleihfirma, eingeloggt gewesen sei. Ko.: „Also, man kann davon ausgehen, dass Frau Eminger die Personen Zschäpe und Böhnhardt zur Verleihfirma gefahren hat. Dann Krankenhausdaten von André Eminger: Da wurde uns von der Rettungsleitstelle Grimma mitgeteilt, dass Eminger am 17.10.2011 einen Arbeitsunfall hatte. Er ist beim Verlegen von Solarmodulen vom Dach gestürzt, wurde mit Rettungshubschrauber in die Uniklinik Leipzig geflogen.
Ich habe dann weiterhin Ermittlungen aus 2013 festgestellt, da hat man nochmal versucht, die Herkunft des Parkscheins zu verifizieren und fragte in sächsischen Großstädten gezielt nach den dortigen Liebigstraßen an, inwiefern da am 25.10.2011 ein Automat aufgestellt war. Mitgeteilt hat nur Leipzig, dass dort ein Automat aufgestellt war. Ko. sagt, sie hätten dann auch den Parkscheinautomat vor Ort aufgesucht: „Will man Patienten in der Uniklinik besuchen, ist es auch nachvollziehbar, dass man da parkt.“
Ko. kommt zur Zusammenfassung: „Man kann den Tag 25.10.2011 soweit rekonstruieren, dass die Anmietung des Wohnmobils durch Zschäpe und Böhnhardt im Beisein eines Kindes gegen 12 Uhr erfolgt ist, gegen 18:43 wurde dann das Wohnmobil in Leipzig in der Liebigstraße an der Uniklinik abgeparkt. Was wir nicht nachweisen können: Wer letztendlich den Herrn Eminger im Krankenhaus besucht hat.“ Der Zeuge wird entlassen.
Dann verliest NK-Vertreter RA Elberling einen Schriftsatz, mit dem sich die Unterzeichnenden dem Antrag der NK Yozgat, vor der Entlassung des Zeugen Zweigert (227. Verhandlungstag) die vom ihm erstellten „an die 100“ Deckblattmeldungen sowie die 12 bis 14 vom Zeugen Wießner und die 10 von Neisen erstellten Deckblattmeldungen beizuziehen. Der Verhandlungstag endet um 10:49 Uhr.
Hier geht es zum Kommentar des Blogs NSU-Nebenklage: http://www.nsu-nebenklage.de/blog/2015/09/22/22-09-2015/