Kurz-Protokoll 245. Verhandlungstag – 24. November 2015

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An diesem Prozesstag sagen weitere Polizeibeamte zu Kartenmaterial und Ausspähnotizen des NSU aus. Dabei geht es u.a. um die Städte Bielefeld, Göttingen und Stralsund. Danach nimmt die GBA zu Anträgen Stellung und Richter Götzl lehnt den Antrag, Sturm, Stahl und Heer aus ihren Bestellungen als Pflichtverteidiger_innen zu entlassen ab.

Zeugen:
Markus Gr. (Kriminalbeamter, BKA Wiesbaden, Kartenmaterial und Ausspähnotizen des NSU)
David Ka. (Kriminalbeamter, BKA Berlin, Kartenmaterial und Ausspähnotizen des NSU)

Der erste Zeuge des Tages ist Markus Gr. Götzl sagt, es gehe um die Auswertung von Asservaten, insbesondere Kartenmaterial; Gr. solle zunächst berichten, womit er beschäftigt war, wie er vorgegangen ist und welche Ergebnisse es gab. Gr. sagt, er sei eingesetzt gewesen bei der zentralen Asservatenauswertung. Es habe sich herausgestellt, dass eine Menge Kartenmaterial dabei gewesen sei und Adresslisten in Bezug auf Banken und Sparkassen, Verbände, Vereine, öffentliche Einrichtungen, Privatpersonen. Er habe die Verzeichnisse sichten, wenn korrelierend zusammenbringen und mit einer Liste vergleichen sollen, die in elektronischer Form beim NSU sichergestellt worden sei: „‚Liste der 10.000‘ haben wir sie genannt. Eine Liste mit Personen, öffentlichen Einrichtungen etc. pp.“ Außerdem habe er das auch vergleichen sollen mit verfahrensrelevanten Tatörtlichkeiten. Sie hätten die Asservate nur in Bildform vorliegen gehabt, weil sie auch beschädigt gewesen seien durch Brand und Löschwasser. Gestützt auf diese Bildauswertung hätten sie sich Kartenmaterial und Verzeichnismaterial angeschaut und zusammengebracht. Es sei überwiegend übereinstimmend gewesen mit den Institutionen in den Verzeichnissen, meistens seien es Banken und Sparkassen gewesen.

Es folgt die Einvernahme des Zeugen David Ka. Götzl sagt, es gehe um die Auswertung von Asservaten, Kartenmaterial, ihn interessiere, wie Ka. vorgegangen sei, welche Materialien vorgelegen hätten, welche Ergebnisse, ggf. ob Ka. selbst zusätzliche Ermittlungen durchgeführt habe. Ka. sagt, das sei am 01.12.2011 gewesen, da seien ihm und anderen Kollegen Fotos von sichergestellten Computerausdrucken zur Auswertung vorgelegt worden, die in der ausgebrannten Wohnung der Frau Zschäpe aufgefunden worden seien. Er selbst habe Ausdrucke zu den Städten Münster, Kassel und Bielefeld gehabt: „Das waren Kartenausdrucke, ähnlich wie man sie heute von Google-Maps und damals von Routenplanersoftware sich ausdrucken konnte. Im Detail weiß ich nicht mehr genau, was dargestellt war, ich habe aber meine Vermerke geschrieben und da bin ich mir sicher, das war auch so, wie ich es da gesehen habe.“ Er erinnere sich noch, dass es Adresslisten zu jeder Stadt gegeben habe, die er habe auswerten sollen. Und diese Adresslisten seien handschriftlich mit Zahlen versehen gewesen. Die Adressen selbst seien computerausgedruckt gewesen. Und diese Adressen hätten sie abgeglichen mit einer Liste, die auf einem USB-Stick gefunden worden sei.
Sämtliche Adressen auf den Ausdrucken seien auch in der Liste enthalten gewesen: Politiker, Parteibüros, muslimische Einrichtungen, jüdische Einrichtungen oder christliche. Die Ausdrucke selber seien laut aufgedrucktem Datum am 03. und 04. April 2006 gedruckt worden: „Und in dieser Zeit, am 4. und am 6. April, wenn ich mich recht erinnere, fanden zwei Morde statt, der eine in Kassel und der andere in Dortmund, das habe ich auch in den Vermerken niedergeschrieben, wo ich vermutet habe, dass es einen Zusammenhang gab, dass man vielleicht in die anderen Städte weiterreisen wollte. Der Tatort in Kassel war aber in den Karten nicht enthalten. Auf den Karten waren auch Sternchen und Markierungen, die zu den auf den zugehörigen Adresslisten enthaltenen Adressen passten. Weiter habe ich diese Dokumente nicht ausgewertet, ich habe sie auch nur als Fotos gesehen.“

Im Anschluss verliest Götzl den Beschluss, dass die Anträge, die jeweilige Bestellung Heer, Stahl, Sturm als Pflichtverteidiger zu widerrufen, abgelehnt sind. Der Verhandlungstag endet um 13:51 Uhr.

Hier geht es zu Kommentar des Blog NSU-Nebenklage: http://www.nsu-nebenklage.de/blog/2015/11/24/24-11-2015/

Die vollständige Version des Protokolls gibt es hier.