Protokoll 264. Verhandlungstag – 24. Februar 2016

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An diesem Prozesstag geht es zunächst um die des NSU. Dazu ist ein Sachverständiger geladen, der sowohl die asserviertenWaffen als auch Vergleichsmodelle zeigt und erklärt. Danach lehnt Richter Götzl erneut Beweisanträge ab. In diesen ging es u.a. um den Kontakt zwischen dem Angeklagten Holger Gerlach und .

Sachverständiger:

  • Eberhard Opitz (BKA, Waffensachverständiger, Erläuterung asservierter Waffen des NSU)

Heute ist Fototermin. Die Angeklagten betreten den Saal um 09:43 Uhr, der Senat um 09:47 Uhr. Nach der Präsenzfeststellung wird der BKA-Waffensachverständige Eberhard Opitz gehört. Opitz sagt, er sei Büchsenmachermeister und SV für Schusswaffen und sei seit 1989 im BKA. Nach der Belehrung sagt Götzl: „Es geht uns um Erläuterungen zu asservierten Waffen und dabei auch um die Heranziehung und Erläuterung entsprechender Vergleichswaffen. Wir werden Zeit benötigen, um die Waffen auszupacken, zwei bis drei Minuten. Bitte anwesend bleiben.“ In der Pause werden von Justizangestellten eine große Kiste und ein kleinerer Koffer hereingetragen. Die Kiste wird vor dem Richtertisch geöffnet, darin befinden sich diverse Waffen. Um 09:58 Uhr geht es weiter. Götzl: „Was die Vorgehensweise anbelangt ist es sinnvoll, anhand dieser Liste der Reihenfolge nach vorzugehen und die Erläuterungen dann durchzugehen. Es geht mir dann immer um die asservierte Waffe und die Vergleichswaffe. Beginnen würden wir mit der Pistole Radom.“ Opitz: „Ja.“

Opitz geht nach vorn an den Richtertisch und legt die Waffe auf die weiße Fläche unterhalb der für die Übertragung vorgesehenen Kamera an der Decke, so dass das Bild der Waffe auf die Leinwände an den Saalwänden übertragen wird. Er richtet sich das Mikro ein und sagt dann: „Das ist also jetzt die Pistole Radom Modell Vis 35, ein Vergleichsstück aus unserer Sammlung. Hier konnten wir eine baugleiche Waffe aus der Sammlung entnehmen, was nicht bei allen Waffen aus der Liste der Fall war.“ Götzl fragt nach Besonderheiten, der Funktionsweise. Opitz: „Also, es handelt sich bei der Pistole um eine ganz normale Selbstladepistole mit einem Magazin im Griff. Die Waffe hat das Kaliber 9 mm Luger. Zur Funktionsweise: Das Magazin wird mit Patronen gefüllt, in den Griff gesteckt, der Verschluss wird zurückgezogen.“ Opitz führt das mit der Vergleichswaffe vor, man hört das Geräusch des Verschlusses beim Zurückziehen. Opitz erläutert weiter die Funktionsweise einer Selbstladepistole. Danach sagt Götzl: „Und die asservierte Waffe?“ Opitz: „Die liegt nicht bei uns im BKA, die habe ich auch nicht dabei. Es ging also lediglich um Vergleichswaffen.“ Götzl: „Ja, schon. Die bei uns asservierten Waffen sollten ja jetzt mit zum Vergleich herbeigeschafft werden.“ Es folgt eine Pause. Die Kiste wird geschlossen und Kiste und Koffer werden zunächst an die Seite vor den Tisch der Protokollant_innen gestellt.

Um 10:19 Uhr geht es weiter. Götzl: „Es wurde versäumt die asservierten Waffen in den Sitzungssaal zu holen, deswegen die Verzögerung, wir werden erstmal unterbrechen.“ Dann sagt Götzl, dass er die Zeit gern für Verlesungen und Augenscheinnahmen nutzen wolle, und nennt die Fundstellen der zu entsprechenden Aktenbestandteile. Wohlleben-Verteidiger RA Klemke beantragt eine Unterbrechung von 30 Minuten, man wolle die Quellen nachprüfen. Es wird wieder eine Pause eingelegt. In der Zeit wird ein weiterer Koffer hereingetragen, in dem sich diverse Kartons und Umschläge befinden.

Weiter geht es um 10:59 Uhr. Götzl verkündet, dass die Verlesungen zurückgestellt werden. RA Klemke sagt, die Verteidigung Wohlleben wende sich gegen nahezu sämtliche geplante Verlesungen, außer dem Verlaufsprotokoll zur Durchsuchung des Autos von und dem waffentechnischen Behördengutachten des KHK Pi. Zu einer Aufstellung von aufgefundenen Waffen und einem weiteren waffentechnischen Behördengutachten wende man ein, dass hinsichtlich der in der 26 „vorgeblich aufgefundenen Waffen“ man lediglich Berichte habe von KHM L. aus Zwickau [zuletzt 251. Verhandlungstag]zu den Waffen, die er selbst gefunden hat. Hinsichtlich der „vorgeblich“ im Brandschutt aufgefundenen Waffen, insbesondere der , habe man keinen Zeugen, der die gefunden habe. Da gebe es nur die „ominöse Liste“, in der Waffen Bereitschaftspolizisten zugeordnet worden seien. Zu den Waffen im Wohnmobil haben man nur den PD Menzel [52. Verhandlungstag] gehört, der eine „P2000“ gesehen haben wolle, sonstige Angaben zu den Waffen habe Menzel nicht gemacht, habe aber das Wohnmobil abschleppen lassen. Ob vorher Tatortarbeiten durchgeführt worden sind, wisse man nicht. Klemke weiter: „Wir haben am 19.11.2015 beantragt, die Fotos von Feuerwehrleuten vor Ort, die auch Waffen zeigen könnten, beizuziehen, das ist nicht entschieden worden. Zu dem Rechtshilfeersuchen Kantonspolizei Bern und Durchsuchung Müller hat der Senat mal drauf hingewiesen, dass nunmehr die Voraussetzungen für eine Videovernehmung der Schweizer Zeugen bestehen, die wäre einer Vernehmung von Zeugen vom Hörensagen, hier den Schweizer Polizeibeamten, vorzuziehen.“

Weitere Stellungnahmen gibt es nicht. Götzl setzt daher mit dem SV Opitz fort: „Wir kommen dann zu Ihnen und setzen die Anhörung fort, Herr Opitz. Wir waren bei diesen ersten Waffen und haben uns die Vergleichswaffe angeschaut. Mir würde es jetzt darum gehen, die asservierte Waffe in Augenschein zu nehmen.“ Götzl sagt, Opitz solle entsprechend der Liste vorgehen, Vergleichswaffe und asservierte Waffe. Opitz geht wieder nach vorn an den Richtertisch. Im Folgenden legt Opitz immer Vergleichswaffe und Originalasservat auf, meist nacheinander. Die Vergleichswaffen werden aus den ersten Kisten, die in den Saal getragen wurden, geholt, die Asservate aus der weiteren Kiste. Dabei sind Opitz Justizangestellte behilflich. Die Asservate selbst befinden sich wiederum in Kartons bzw. Umschlägen. Opitz legt eine Waffe auf und sagt, es handele sich jetzt um das Asservat zu der Pistole Radom Vis 35. Opitz: „Die Waffe wurde bei uns angeliefert und war in einem noch unansehnlicheren Zustand wie jetzt. Aus der Erinnerung heraus: Das Magazin war hier hereingedrückt [phon.], weil im Magazin selber sämtliche Patronen umgesetzt haben, durch Wärmeentwicklung wahrscheinlich. Die Griffschalen haben gefehlt. [phon.] Wir haben sie, so wie sie war, genommen, beschrieben und so gereinigt, wie es notwendig war, um sie wieder zur Funktion zu bringen. Die spurengebenden Teile haben wir entsprechend vorsichtig gereinigt. Und wir haben die Waffe dann bei uns beschossen.“

Götzl: „Dann Pistole Erma.“ Opitz legt das Vergleichsstück auf: „Als Vergleichsstück eine modellgleiche Waffe aus der Sammlung. Eine so genannte SRS- oder auch Gasalarmwaffe, eingerichtet für Kaliber 8 mm Knall, Selbstladepistole, gleiche Funktion wie scharfe Waffe, aber ich kann aus der Waffe keine Geschosse verfeuern.“ Opitz legt das Asservat auf. Opitz: „Das entsprechende Asservat wäre hier. Wie man deutlich sehen kann, war hier eigentlich gar nichts mehr zu retten. Die wurde nicht beschossen, es war nicht möglich, sie in einen gebrauchsfähigen Zustand zurückzuversetzen, teilweise angeschmolzen und, ja, funktionsunfähig.“ Opitz legt die nächste Vergleichswaffe auf. Opitz: „Die Pistole des Herstellers Walther, Modell PP, Kaliber 7,65 Browning, Selbstladepistole, Funktion wie beschrieben.“ Nachdem er das Asservat dazu aufgelegt hat, sagt Opitz: „Sieht nicht ganz so gut aus wie die Vergleichswaffe. Sehr angegriffen, offensichtlich auch durch Wärmeeinwirkung. Auch die Waffe wurde spurenschonend und soweit als nötig für die Funktion gereinigt und auch bei uns beschossen.“

Nun legt Opitz gleichzeitig Vergleichsstück und Asservat auf, es handelt sich um die Tatwaffe Ceska 83. Opitz: „Ich habe hier zwei modellgleiche Pistolen, Pistole Ceska, Modell 83, im Kaliber 7,65 Browning, beide Waffen mit Schalldämpfer versehen, auch eine halbautomatische Selbstladepistole, wobei die untere das Asservat ist. Deutlich zu sehen, sie ist durch Wärme, gerade im Bereich der Griffschalen stark angegriffen. Hier ist die Griffschale angewölbt, auf der anderen Seite angeschmolzen. [phon.]“ Götzl bittet darum, dass Opitz den Schalldämpfer abschraubt, um sich die Funktion anzuschauen. Opitz: „Der Schalldämpfer ist auf den Lauf geschraubt.“ Aus der NK wird Opitz gebeten, das so zu machen, dass es auch im hinteren Teil des Saals zu sehen ist. Opitz schraubt den Schalldämpfer ab und wieder auf. Opitz: „So montiert und im Gegensatz angeschraubt. Dazu notwendig ist, im Bereich der Mündung muss der Lauf ein gewisses Stück über den Verschluss hinausragen, damit das entsprechende Gewinde aufgebracht werden kann. [phon.]“

Opitz legt eine kleine Waffe auf und sagt: „Hier haben wir eine Pistole des Herstellers Erma EP 552 S, Kaliber 22 Long Rifle, die eigentlich noch in einem recht gutem Erhaltungszustand ist, ein wenig angegriffen.“ Er legt die Vergleichswaffe auf. Opitz: „Dazu das Vergleichsstück aus der Sammlung. In dem Fall auch wieder halbautomatische Selbstladepistole mit gleicher Funktionsweise wie die anderen auch.“ Dann legt Opitz einen Revolver auf. Opitz: „Das Asservat. Ein Revolver Kora eines tschechischen Herstellers mit der Kaliberangabe 6 mm Flobert. Einen solchen Revolver haben wir nicht in der Sammlung. Mitgebracht habe ich einen eigentlich baugleichen Revolver des gleichen Herstellers. [phon.] Die Funktion des Revolvers ist Double Action, d. h. ich kann sowohl durch Ziehen des Abzugs einen Schuss auslösen, aber auch den Hahn vorspannen und dann einen Schuss auslösen.“ Opitz legt das nächste Asservat auf und sagt: „Pistole des Herstellers Ceska, Modell 82, Kaliber 9 mm Makarow. Auch wieder Selbstladepistole, halbautomatisch, in etwa baugleich mit Ceska 83, lediglich das Kaliber ist anders. Sonst keine Besonderheiten, recht guter Zustand und von Hitze usw. eigentlich so gut wie gar nicht angegriffen. Das entsprechende Gegenstück aus der Sammlung sieht so aus.“ Opitz legt das Vergleichsstück auf.

Zum nächsten Asservat sagt Opitz: „Jetzt kommen wir zu einer russischen Pistole, TOZ Modell TT33. Diese Waffe war sehr angegriffen, hat das Kaliber 7,62 mm Tokarew, auch wie die anderen vorliegenden Pistolen eine Selbstladepistole. Die wurde bei uns auch, soweit für die Funktion notwendig, gereinigt bei sorgfältiger Reinigung der Wirkflächen [phon.], der spurentragenden Flächen. Bei der Waffe ist die Besonderheit, dass das Magazin noch in der Waffe drin ist. Das Magazin ist von innen nach außen ausgebeult, sämtliche Patronen haben sich umgesetzt durch Wärme. Bei der Waffe sind wir hingegangen, die habe ich selber bearbeitet, ich habe genommen den Lauf und den Verschluss und habe mir nicht die Mühe gemacht, das Magazin rauszunehmen, sondern habe von einer Vergleichswaffe ähnlich dieser …“ Opitz legt die Vergleichswaffe auf und fährt fort: „… das Griffstück entnommen, habe aber den Abzugsmechanismus aus dem Asservat in dieses Stück eingebaut. Wir haben den Lauf und den Verschluss von dem Asservat montiert, so dass sämtliche spurengebenden Teile wieder zusammengeführt waren zum Beschießen.“ [phon.] So sei es unter Wahrung der spurengebenden Teile möglich gewesen, zu beschießen. [phon.]

Zum nächsten Asservat sagt Opitz: „Hier haben wir vorliegen einen Revolver mit der Modellbezeichnung Chief Special mit Herstellerangabe License Trade Mark Smith & Wesson, höchstwahrscheinlich von Umarex hergestellt. Eine Gasalarmwaffe, SRS-Waffe, Kaliber 9mm Knall. Ist auch dafür eingerichtet. Die Sperren sind noch im Lauf, es ist nicht möglich, Geschosse zu verschießen.“ Zum Vergleichsstück sagt er: „Das Gegenstück ist, weil wir keinen baugleichen haben, vom deutschen Hersteller Erma. Gleiches Kaliber und gleiche Funktion. Wieder ein Revolver mit Double-Action-System.“ Opitz erläutert nochmal kurz die Funktionsweise. Dann geht er zur nächste Waffe über und legt Asservat und Vergleichsstück gleichzeitig auf. Es handelt sich um ein kleines Gewehr. Opitz: „Ein Flobert Einzelladegewehr der Firma Rhöner Sportwaffen. Hier noch deutlich Reste von, ich sage mal, Brandschutt zu sehen. Die Waffe ist ein Einzellader, Verschluss öffnen, Patrone einlegen, Verschluss schließen und dann einmal mit schießen. Der Schaft, der mal vorhanden war, wurde in dem Bereich abgeschnitten und offensichtlich auch der Lauf gekürzt, so dass hier im vorderen Bereich auch keine Aufnahme für das Korn mehr vorhanden ist.“

Es folgt die nächste Waffe. Opitz: „Maschinenpistole Ceska. Dies hier ist die Vergleichswaffe aus der Waffensammlung. Die Maschinenpistole hat eine klappbare Stütze. Ich kann die Waffe sowohl mit eingeklappter Stütze verfeuern als auch mit ausgeklappter.“ Opitz demonstriert das. Dann sagt er: „Die Waffe ist eingerichtet mit Sicherung. Einzel- und Dauerfeuer wird bei dieser Waffe über den Abzug gesteuert. Wenn ich den Abzug einen kurzen Weg ziehe, hört man ein Klicken.“ Opitz erläutert die Funktion der Waffe bei Einzel- und Dauerfeuer. Zum Asservat sagt Opitz: „Das ist das baugleiche Asservat. Man sieht hier sehr deutlich: Die Waffe wurde soweit für die Funktion notwendig gereinigt, aber noch große Bereiche, wo Verschmutzungen, durch Bau- oder Brandschutt vermutlich, zu erkennen sind.“

Opitz setzt mit dem nächsten Asservat fort. [Es handelt sich um die zweite Tatwaffe, die bei den Morden an Enver Şimşek und Süleyman Taşköprü eingesetzt wurde] Opitz: „Hier haben wir eine Pistole des italienischen Herstellers Bruni, Modellbezeichnung 315 Auto, ursprünglich Kaliber 8mm Knall, also auch eine so genannte SRS-Waffe. Besonderheit: Halbautomatische Pistole, aber, ich zeige es am Vergleichsstück, …“ Opitz nimmt das Vergleichsstück und spricht weiter: „… wenn ich den Abzug bewege, bewegt sich der Hahn nicht. Single-Action-Mechanismus, d. h. vor jedem Schuss, der verfeuert wird, muss der Hahn wieder gespannt werden, sonst kann ich nicht schießen mit der Waffe. Das passiert allerdings beim Schießen automatisch; wenn ich das geladene Magazin in die Waffe einführe, dann ziehe ich den Verschluss zurück, um eine Patrone ins Patronenlager zu bekommen [phon.], und automatisch ist der Hahn gespannt. Und bei jedem automatischen Repetieren ist auch gleich wieder der Hahn gespannt. Besonderheit ist: Der Gaslauf für das Kaliber 8mm Knall wurde, wann auch immer, entfernt und durch einen scharfen Lauf, Kaliber 6,35mm Browning ersetzt.“

Opitz geht zur nächsten Waffe über und legt das Asservat auf: „Hier haben wir eine Flinte, eine so genannte Vorderschaftrepetierflinte [= Pumpgun] im Kaliber 12. Auffällig ist, dass der Lauf, der eigentlich länger ist, wohl gekürzt ist bis auf annähernde Länge des Magazins. Hat einen Pistolengriff anstelle des Schafts. Die Funktionsweise ist so, dass mit dem Vorderschaft, der nach vorne und hinten bewegt werden kann, verbunden über ein Gestänge automatisch auch der Verschluss bewegt wird.“ Opitz demonstriert und erläutert die Funktion am Vergleichsstück und sagt abschließend: „Den Vorgang des Feuerns kann ich so lange wiederholen, bis das Magazin leer ist.“

Danach legt Opitz eine weitere Vorderschaftrepetierflinte auf, zunächst das Asservat. Opitz: „Noch eine Vorderschaftrepetierflinte, vom amerikanischen Hersteller Winchester. Auffällig hier auch: Der Lauf ist sehr kurz, in dem Fall vermutlich werkseitig so hergestellt, weil sich hier oben ein Korn befindet. Es ist durchaus üblich, dass in Amerika solche Waffen als Verteidigungsgewehre kurze Läufe haben. [phon.] Unter dem Lauf das lange Magazin, Pistolengriff am Ende. Funktionsweise im Prinzip wie bei dieser ersten Vorderschaftrepetierflinte. Auffällig ist: Der Abzugsbügel ist in diesem Bereich stark verschmolzen und der Abzug fehlt oder das Abzugszüngel [phon.].“ Opitz legt die Vergleichswaffe auf: „Mit Abzugszüngel [phon.] meine ich den Bereich hier, da wird üblicherweise der Zeigefinger drauf gelegt, um den Schuss auszulösen. Bei der Waffe war es so, dass die in dem kompletten Bereich mit geschmolzenem Kunststoff verklebt war. Der Kunststoff muss [phon.] entfernt werden, dabei ist das Abzugszüngel [phon.], das ich eigentlich zum Bedienen brauche, abgebrochen. Ich kann aber auch mit diesem Rest der sich in der Waffe befindet, eine Patrone zünden. [phon.]“

Zum nächsten Asservat sagt Opitz: „Ein Revolver der tschechischen Firma Alfa-Proj, Kaliber 38 Spezial muss das gewesen sein. Double-Action-System. Einen baugleichen Revolver haben wir nicht in der Sammlung, aber zumindest einen Revolver des gleichen Herstellers mit gleichem Funktionsprinzip.“ Opitz legt das Vergleichsstück auf. Dann geht er zum nächsten Asservat über: „Eine Pistole, also das Asservat, Heckler & Koch Modell P 2000, die auch sehr stark durch Hitzeeinwirkung angegriffen ist, beschädigt ist. Aber dadurch nicht unbrauchbar, es konnten meines Wissens Vergleichsmunitionsteile gewonnen werden. [phon.]“ Zum Vergleichsstück sagt er: „Ein vergleichbares Modell aus der Sammlung würde so aussehen.“

Zum nächsten Asservat sagt Opitz: „Eine Maschinenpistole, Modell Pleter 91. Nach unserem Wissen höchstwahrscheinlich in Kroatien im ehemaligen Jugoslawien hergestellt. Kaliber 9 mm Luger. Schießt Dauerfeuer, wobei ich hier keine Möglichkeit habe auf Einzelfeuer umzustellen, sondern einfach nur Maschinenpistole, schießt so lange, wie der Abzug gehalten wird. [phon.] Auffällig hier vorne eine nickelfarbene Schraube und der Lauf liegt frei. Das ist eigentlich bei dieser Maschinenpistole unüblich. Die Schraube dient hier eigentlich dazu, entweder einen Laufmantel oder einen Schalldämpfer an der Waffe zu befestigen.“ Opitz zeigt die Vergleichswaffe und sagt: „Das Vergleichsmodell hat jetzt z. B. einen Schalldämpfer montiert, der über diese Schraube fixiert wird. Wenn ich die Schraube löse, kann ich den Schalldämpfer herausschrauben. Jetzt habe ich aber das Problem, dass der Lauf auch mit aus der Waffe herausgeht. Ich kann den Lauf nur fixieren [phon.], indem ich die Schraube wieder ganz reindrehe, so dass sie mir nicht aus dem Gehäuse herausfallen kann. Das würde verhindert durch einen Laufmantel, den es zu der Waffe auch gibt, der genau so montiert wird wie der Schalldämpfer, und der den Lauf nach hinten im Gehäuse fixiert. [phon.] Die Waffe hat eine Schulterstütze, die man nach hinten ausziehen kann. In eingezogenem Zustand kann ich auch mit der Waffe schießen.“

Opitz legt das nächste Asservat auf: „Ein Revolver mit einem PTB-Zeichen, Zeichen der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt, was angebracht wird auf so genannten SRS-Waffen, also Gasalarmwaffen.“ Opitz legt die Vergleichswaffe auf: „Das Original ist dieser Revolver hier, im Kaliber 6 mm Flobert Knall. Der ist unbearbeitet. [phon.] Single-Action-Revolver, ich muss jedes Mal vor dem Verfeuern den Hahn von Hand spannen. Dass Asservat selber ist bearbeitet, man sieht hier eine goldfarbene Linie. Der wurde augenscheinlich in eine scharfe Waffe geändert. Bei der goldfarbenen Linie könnte es sich um Messinglot handeln, mit dem die vordere und hintere Hälfte der Trommel zusammengefügt [phon.] wurden.“ Zur nächsten Waffe sagt Opitz: „Das ist die zweite Heckler & Koch-Pistole von dem Modell P 2000. Die ist in fast unversehrtem Zustand und anhand des Vergleichsstücks können wir sehen, die hat wohl von Wärmeentwicklung nicht viel abbekommen. Ansonsten gilt alles, was auch für die erste gesagt wurde.“ Opitz zeigt erneut die Vergleichswaffe für die Waffe P 2000. Opitz legt ein Asservat auf: „Hier eine Pistole des tschechischen Herstellers Ceska, Modell 70, Kaliber 7,65 Browning. Es handelt sich um eine eigentlich ganz normale Selbstladepistole.“ Opitz legt die Vergleichswaffe auf und sagt: „Das Vergleichsstück wäre dann diese Waffe hier.“

Danach sagt Opitz, dass jetzt eigentlich alle Waffen vorgelegen haben müssten, und nimmt wieder am Zeugentisch Platz. NK-Vertreter RA Langer: „Ich würde mir gerne die eine oder andere Waffe noch einmal ansehen. Besteht die Möglichkeit, das in der Mittagspause zu tun?“ Götzl: „Das Organisatorische schauen wir dann. Mir geht es um Fragen an den Sachverständigen.“ Langer: „Die Fragen ergeben sich vielleicht daraus.“ Götzl sagt, er verstehe nicht, wo die Schwierigkeit liege Fragen zu stellen, Langer soll sich entscheiden, ob er jetzt Fragen habe. Langer: „Momentan habe ich keine Fragen.“

OStA Weingarten: „Die Maschinenpistole Pleter 91, bei der im Lauf vorne eine Schraube eingefügt war: Haben Sie als Sachverständiger eine Vorstellung, welchen Zweck eine solche Manipulation an der Waffe gehabt haben könnte?“ RA Klemke beanstandet die Frage. Götzl: „Die Frage ist beantwortet.“ Klemke: „Ja, die wurde beantwortet, zum anderen ist ‚Manipulation‘ so nicht richtig. Der Sachverständige hat gesagt, es war werksseitig so, und hat erklärt, die dient der Anbringung eines Laufmantels oder eines Schalldämpfers.“ Weingarten: „Da habe ich offenbar was nicht mitbekommen. Vielen Dank, Herr Klemke!“

Wohlleben-Verteidiger RA Nahrath: „Existiert von der Winchester das verklebte Material um den Abzug noch?“ Opitz: „Soweit ich das in Erinnerung habe, war zumindest nach unserer Untersuchung dieses abgebrochene Teil mitsamt Kunststoff, der Lauf und Abzugsbügel verklebt hat, [phon.] noch bei dem Asservat dabei. Jetzt waren die über einen langen Zeitraum nicht mehr bei uns. Ich kann nicht sagen, was damit passiert ist.“ Nahrath: „Können Sie sagen, wo die von Ihnen aus hingegangen sind?“ Opitz: „Von der KT aus höchstwahrscheinlich, das habe ich nicht gesteuert, an die Asservatenstelle. Ich habe hier die Kopie eines Übergabebelegs aus 2013. Ich muss gerade schauen. Ich habe nur Seite 1 von 2, das ist die Asservatenliste. Wann die Waffen bei uns an die Asservatenstelle oder weitere Dienststellen weitergeleitet wurden, weiß ich nicht. [phon.]“ Wohlleben-Verteidigerin RAin Schneiders: „Können Sie etwas zum Anlieferungszustand der Ceska 83 sagen? Sie haben gesagt, die Griffe sind angeschmolzen als Jetzt-Beschreibung. [phon.] Wie war der Anlieferungszustand?“ Opitz: „In Vorbereitung auf den Tag hier habe ich mir Abbildungen der Waffe nochmal angesehen und da war es bei der Ceska 83, was ich hier nicht gesehen habe, wohl so, dass die Waffe fast vollständig von geschmolzenem, ich sage mal, geschrumpftem Kunststoff umschlossen war. Was das war, weiß ich nicht. Die Vermutung war, dass es evtl. eine Kunststofftüte, ein Einkaufsbeutel gewesen sein könnte. Das ist das, was mir spontan einfällt.“

Schneiders: „Die übrigen Waffen wurden spurenschonend gereinigt, wie zum Beschuss notwendig. Es ist natürlich augenfällig bei der Ceska 83, dass es keine minimalste Spur einer Plastikantragung [phon.] gibt. Haben Sie die gereinigt?“ Opitz: „Ich weiß jetzt nicht, wann und wo diese Kunststoffreste, die an der Waffe dran waren, abgenommen wurden und was damit passiert ist.“ Schneiders: „Können Sie sagen, wer das vorgenommen hat?“ Opitz: „Nein.“ Schneiders: „Ist das bei Ihnen nachvollziehbar?“ Opitz: „Eigentlich wenn die Kunststoffumhüllung entfernt worden wäre, müsste es in dem Gutachten zu der Pistole Ceska 83 mit Schalldämpfer stehen.“

NK-Vertreter RA Reinecke bittet darum, dem SV ein Foto vorzulegen mit der Frage, ob das der Zustand bei Anlieferung war. Es wird eine Pause bis 12 Uhr eingelegt. Dann nimmt Opitz das Foto am Richtertisch in Augenschein. Es handelt sich um das bekannte Foto der Tatwaffe Ceska 83 mit Schmutz- und Plastikanhaftungen, am Schalldämpfer steht ein Stück geschmolzenes Plastik ab. Opitz: „Also, so wie die Aufnahmen hier gemacht wurden, kann ich mich auch erinnern, muss eigentlich der Einlieferungszustand bei uns gewesen sein.“ Zschäpe-Verteidiger RA Stahl bittet darum, das Originalasservat dazu zu legen. Das Asservat Ceska 83 wird daneben gelegt. Opitz: „Das ist das Originalasservat und die Ablichtung des Asservats, beides mal von der linken Waffenseite.“ Reinecke: „Da steht ja so was ab, ich vermute Plastik. War das noch zurückgeklappt oder so gewesen?“ Opitz: „Sagen wir mal so, ich vermute, nein, Vermuten ist extrem schlecht. Sagen wir so, die Waffe haben wir nach meiner Erinnerung in dem Zustand übersandt bekommen. Wir waren nicht die ersten, die die Waffe in der Hand hatten, wer den Bereich, der hier so hochgeklappt ist, hochgeklappt hat, kann ich nicht sagen. [phon.] Wer das war, kann ich nicht sagen. Es haben sicher einige Personen mit der Waffe gearbeitet, bevor wir sie bekommen haben.“

RA Behnke: „Das Aufgerollte, wo befindet sich das auf dem Vergleichsstück? Was nach oben geht, wenn das zurückgebogen würde, würde sich ein anderes Bild ergeben bei der Originalwaffe?“ [phon.] Opitz: „Sagen wir mal so, wenn dieser Bereich hier über der Waffe gelegen hat und, ich sage mal, drauf geschmolzen ist durch Wärmeeinwirkung, sollte man die äußere Form und Beschriftung nicht mehr erkennen können. Es ist auch so, dieses Aufgerollte war vermutlich nicht nur auf der Waffe, sondern auch auf dem Schalldämpfer. Das war offensichtlich also aus einem Stück.“ [phon.] Behnke: „Die vorgestellten Waffen, haben Sie da Erkenntnisse, ob es sich um Kriegswaffen im Sinne des Kriegswaffenkontrollgesetzes handelt?“ Opitz: „Unters Kriegswaffenkontrollgesetz würden eigentlich fallen die beiden Maschinenpistolen, die Ceska 26 und die Pleter 91, die eindeutig Maschinenpistolen sind.“

Opitz nimmt wieder am Zeugentisch Platz. RA Narin: „Herr Sachverständiger, ganz allgemeine Frage: Können Sie zu den Faustfeuerwaffen, insbesondere Vis und TOZ TT33, eine allgemeine Aussage treffen, ob die als besonders unzuverlässig gelten, von der Bauweise und dem Mechanismus her?“ Opitz: „Da kann ich eigentlich gar nichts zu sagen. Mir persönlich sind keine Unzuverlässigkeiten aufgefallen. Ich wüsste das eigentlich nicht, dass die besonders zuverlässig oder unzuverlässig wären. Ist bei Selbstladepistolen auch ein bisschen schwierig, weil der Mechanismus selbsttätig funktioniert.“ Die Funktion sei, so Opitz von verschiedenen Faktoren abhängig, so dass man immer von einer gewissen Unzuverlässigkeit bei Selbstladepistolen reden könne, wenn Komponenten nicht zusammenpassen, Pistole und Munition bspw.: „Aber dass eine von denen oder beide als unzuverlässig bekannt wären, ist mir nicht bekannt.“ Narin: „Gab es bei den aufgefundenen Waffen Vis und TOZ entsprechende Hinweise auf Mängel oder Unzuverlässigkeit?“ Opitz, sagt, um die Erkenntnisse zu gewinnen, müsse man die Waffen beschießen. Die Waffen seien einem Funktions- und Vergleichsbeschuss unterzogen worden. Opitz: „Ich habe nicht alle Waffen selbst bearbeitet. Bei den Waffen, die ich bearbeitet habe, sind keine Störungen aufgetreten. Wären Störungen aufgetreten, wären die in dem Gutachten zu der Waffe aufgeführt.“

RA Stahl: „Haben Sie eine Erinnerung oder Erkenntnisse dazu, wann die Waffe das erste Mal und in welchem Zustand beschossen worden ist?“ Opitz: „Die Ceska 83?“ Stahl: „Ja.“ Opitz: „Die Ceska 83 ist genau so bearbeitet worden, davon gehe ich fest aus, wie alle anderen Waffen auch. Wir wollten den äußerlichen Zustand erstmal beibehalten, so dass alles Waffen, zumindest die, die ich bearbeitet habe, gereinigt wurden wie für die Funktion notwendig. Die spurentragenden Flächen wurden so gereinigt, dass die Spuren 1 zu 1, ohne Material dazwischen, vorhanden waren.“ Stahl: „Wissen Sie, in welchem Zustand die erstmal beschossen worden ist? Ich nehme an, Sie haben damit gearbeitet.“ Opitz: „Müsste ich in unseren Unterlagen nachschauen. Die sind alle in unserem Bereich bearbeitet und beschossen worden. Wir waren aber damals vier Sachbearbeiter, auf die wurden die Waffen gleichmäßig verteilt.“ Stahl: „Haben Sie Erkenntnisse, ob die Ceska 83 mehrfach beschossen wurde, insbesondere bevor Sie oder Ihre Kollegen sie beschossen haben?“ Opitz: „Das weiß ich jetzt aus der Erinnerung nicht mehr. Mehrfacher Beschuss müsste vom Sachbearbeiter im Gutachten vermerkt sein. Es ist natürlich schon sehr lange her.“ Stahl: „Es gab eine Pressekonferenz der Bundesanwaltschaft und des BKA, ich meine am 05.12.2011 [phon.], wo diese Waffe, die Ceska 83, präsentiert wurde unter anderem. Wissen Sie, ob die Waffe damals schon beschossen gewesen ist?“ Opitz: „Kann ich so nicht sagen, müsste ich im Gutachten nachschauen.“

OStA Weingarten: „Ich muss nochmal zur Pleter 91 insistieren. Nach meiner Erinnerung ist es so, dass Vergleichswaffe und Originalasservat sich im Hinblick auf diese Schraube unterscheiden. Können Sie eine Aussage darüber treffen, ob beide Schraubsysteme [phon.] werkseitig gefertigt worden sind?“ Opitz: „Das ist eine, sagen wir mal, extrem schwierige Frage. Die Schraube ist ja, wie dargestellt, zur Befestigung von Schalldämpfer oder wahlweise Laufmantel. Beide werden hereingedreht. Sowohl Laufmantel als auch Schalldämpfer werden gegen Verdrehen gesichert durch die Schraube. Bei der asservierten Pleter gibt es einen Unterschied: Die Schraube ist nickelfarben und der Schalldämpfer ist nicht vorhanden oder der Laufmantel ist nicht vorhanden. [phon.] Bei der nickelfarbenen Schraube könnte es sich um eine Schraube handeln, die den Lauf ohne Schalldämpfer oder Laufmantel arretiert, die müsste dann aber länger sein und etwas dicker im Durchmesser [phon.]. Ich kann allerdings nicht feststellen, ob und wenn ja wann die geändert wurde. Die Waffe wurde im ehemaligen Jugoslawien, Kroatien offensichtlich hergestellt. Dort kann man sich die Produktionsmethoden nicht so vorstellen wie bspw. bei Heckler & Koch, wo jede Pistole der anderen bis auf die letzte Schraube gleicht. Für uns ist so gut wie nicht feststellbar: Wurde die Schraube reingemacht und, wenn ja, zu welchem Zeitpunkt? [phon.] Wir können vermuten, dass es evtl. vielleicht so war, aber sicher sagen, können wir es nicht.“ Der Sachverständige wird entlassen.

Danach gibt Bundesanwalt Diemer eine Stellungnahme zu den geplanten Verlesungen ab und sagt, dass aus Sicht des GBA gegen die Verlesungen keine Bedenken bestehen. Es seien gerade solche Schriftstücke, die dem Gesetzgeber wahrscheinlich vor Augen gelegen hätten, als er den § 256 StPO geschaffen hat. Der Umstand, dass noch nicht genug oder weitere Zeugen zu bestimmten Punkten vernommen worden seien, sei kein Grund, nicht zu verlesen. Wenn die Verteidigung meine, dass weitere Zeugen vernommen werden sollten, solle sie einen Beweisantrag stellen. Die Verlesung diene auch der Beschleunigung: „Im gegenwärtigen Stadium des Prozesses müsste auch und gerade die Verteidigung Wohlleben ein Interesse daran haben.“ Es folgt die Mittagspause bis 13:25 Uhr.

Dann verliest Richter Lang das Verlaufsprotokoll einer Durchsuchung des Fahrzeugs von Enrico Theile [zuletzt 122. Verhandlungstag]am 01.04.2004. U.a. sei bei der Durchsuchung ein Schießkugelschreiber gefunden worden, aus dem Gegenstand habe sich ein Schuss gelöst. Das Fahrzeug sei sichergestellt und dann weiter durchsucht worden. Dabei seien Munition und Munitionsteile gefunden worden.

Dann verliest Lang das waffentechnische Behördengutachten des KHK Pi. vom TLKA vom 30.04.2004 betreffend Ermittlungen gegen Enrico Theile. Untersuchungsgegenstände seien u.a. ein blauer Signalgeber, bearbeitet als Schießkugelschreiber Erma mit eingeschraubtem Lauf, geladen mit gezündeter Patrone, sowie ein weiterer Signalgeber, Signalpatronen, ein Feuerwerksgeschoss, eine Reizgassprühdose. Auftrag sei bei dem Gutachten die technische Begutachtung und waffenrechtliche Beurteilung der Gegenstände. Beim Erma Signalgeber finde sich im eingesandten Zustand im vorderen Ende ein silberfarbener Lauf eingeschraubt, daraus könne aus dem Signalgeber erlaubnispflichtige Munition wirkungsvoll verschossen werden. Im eingesandten Zustand handele es sich um einen verbotenen Gegenstand, weil er der Form nach geeignet sei, einen anderen Gegenstand vorzutäuschen. Die Einstufung sei: Schusswaffe. Durch Aufschrauben des Laufs sei es möglich, Patronenmunition zu verfeuern. Der Gegenstand komme nur für Schüsse aus relativ kurzer Entfernung in Betracht. Es folgen Ausführungen zu den weiteren Gegenständen.

Götzl: „Erklärungen? Keine.“ Als nächstes verkündet Götzl den Beschluss, dass die Anträge auf Inaugenscheinnahme der „Kriegsberichter“-Videos, hilfsweise auf Vernehmung eines BKA-Mitarbeiters zu dem Video [240. Verhandlungstag] abgelehnt sind. Die Anträge hätten abgelehnt werden können, weil der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich sei. Die Tatsachen, die durch die hilfsweise beantragte Zeugenvernehmung bewiesen werden sollen, seien für die Entscheidung tatsächlich ohne Bedeutung. Götzl: „Der Senat hat die unter Beweis gestellten Tatsachen so, als seien sie erwiesen, in das bisherige Beweisergebnis eingestellt und prognostisch geprüft, ob hierdurch seine bisherige Überzeugung zu der von der Beweisbehauptung potentiell berührten Haupttatsache bzw. zum Beweiswert eines anderen Beweismittels in einer für den Schuldspruch oder Rechtsfolgenausspruch bedeutsamen Weise erschüttert würde.“

Dann sagt er, die unter Beweis gestellten Tatsachen sollten, schlagwortartig zusammengefasst, belegen, dass die -Bewegung in den Videos für den Nationalsozialismus und einen gewalttätigen Rassismus warb, zudem dass der bewaffnete Kampf nach dem Prinzip des „führerlosen Widerstands“ propagiert und zur Gründung von -Gruppen und zur Durchführung von Mordanschlägen aufgefordert wurde. Die Inhalte der Videofilme hätten aber, so Götzl, im Hinblick auf die Tat- und Schuldfrage bei den Angeklagten keinen Einfluss, weil der Senat aus den Filminhalten nicht den von den Antragstellern gewünschten Schluss ziehe, dass es für die Angeklagten Gerlach, Wohlleben und eingeschränkt Schultze nahe lag, die Angeklagte Zschäpe und die verstorbenen Böhnhardt und Mundlos würden nach ihrem Abtauchen eine terroristische Handlungsperspektive einschlagen. Aus den Inhalten der Videos könne nur dann ein Schluss in die von den Antragstellern gewünschte Richtung gezogen werden, wenn nachgewiesen sei, dass im Hinblick auf Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe entweder alle drei oder zumindest einer oder zwei von ihnen die Videos gesehen haben und sich zu den Inhalten, in welcher Weise auch immer, positiv positionierten.

Weiter müsse nachgewiesen sein, dass aus dem Personenkreis Gerlach, Wohlleben und Schultze alle oder zumindest einer oder zwei von ihnen die Filminhalte ebenfalls kannten und zudem erfuhren, dass aus dem Kreis Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe alle drei oder zumindest einer oder zwei von ihnen zu den Inhalten Zustimmung erkennen ließen. Bei der gegebenen Beweislage ziehe der Senat schon nicht den Schluss, aus dem Personenkreis Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe und aus dem Personenkreis der Angeklagten Gerlach, Wohlleben und Schultze hätten alle oder wenigstens einer oder zwei aus jedem Personenkreis Kenntnis von den Filminhalten erlangt.

Die umfangreiche Beweisaufnahme habe nichts dazu ergeben, dass alle oder einzelne der genannten Personen an den Videovorführungen, die der Zeuge Turner erwähnt habe, teilgenommen haben. Der Zeuge Turner habe keine Person namentlich benennen können, die diese Videos mit ihm angeschaut und die Inhalte der Filme zur Kenntnis genommen hätte. Die sonstige Beweisaufnahme habe keinerlei Anhaltspunkte dazu ergeben, dass einer oder mehrere der Personen Mundlos, Böhnhardt, Zschäpe, Gerlach, Wohlleben und Schultze diese Filme bei anderen Gelegenheiten, also nicht zusammen mit dem Zeugen Turner, gesehen haben. Für den von den Antragstellern gewünschten Schluss sei aber zusätzlich noch erforderlich, dass sich Mundlos, Böhnhardt, Zschäpe, in welcher Weise auch immer, zustimmend zu den Filminhalten geäußert hätten und dass dies wiederum Gerlach, Wohlleben und Schultze bei eigener Kenntnis der Filminhalte bekannt geworden wäre. Auch diese Umstände seien jedoch nicht erwiesen. So mache Turner keine Angaben dazu und auch die sonstige Beweisaufnahme habe dazu keine Erkenntnisse erbracht.

Dann verkündet Götzl den Beschluss, dass folgende Anträge abgelehnt sind: Auf Vernehmung der BKA-Vernehmungsbeamten von dazu, dass 1) Turner laut Akte bei seiner Vernehmung am 16.04.2013 in Recklinghausen durch die Zeugen auf die Frage, Wohlleben stehe im Verdacht, dem Trio eine Waffe besorgt zu haben, welche Möglichkeiten habe Wohlleben in dieser Richtung gehabt, geantwortet habe, davon wisse er nichts. Auch als sie über eine militante Organisation gesprochen hätten, sei nicht erwähnt worden, wo man sich Waffen beschaffen könne. 2) Dass der Zeuge beim abschließenden Durchlesen seiner Aussage ohne weitere Angabe darauf bestanden habe, den Satz „Auch als wir über eine militante Organisation gesprochen haben, wurde nicht erwähnt, wo man sich Waffen beschaffen könnte.“ zu streichen. [240 Verhandlungstag] Die Tatsachen, die bewiesen werden sollen, seien für die Entscheidung tatsächlich ohne Bedeutung. Wieder macht Götzl die üblichen Ausführungen zu prognostischer Prüfung usw.

Dann sagt er: „Die Beweistatsachen sollen, so die Antragsteller, belegen, dass der Zeuge durch das Streichen des zunächst protokollierten Satzes versuchte, seine ursprüngliche Aussage zugunsten der Angeklagten, insbesondere des Angeklagten Wohlleben zu verändern. Diesen Schluss zieht der Senat aber bei unterstelltem Erwiesenseins der vorgetragenen Beweistatsachen nicht.“ Turner habe, so Götzl, in der Vernehmung im Hinblick auf die Möglichkeiten Wohllebens, eine Waffe zu besorgen geantwortet, davon wisse er nichts. Damit habe Turner dargelegt, dass er keine Kenntnis davon hat, wie Wohlleben Waffen beschaffen solle. Der nächste Satz in seiner Vernehmung sei dann nach dem Durchlesen wieder gestrichen worden. Dort berichte Turner zwar von einem Gespräch über eine „militante Organisation“, aber auch hier sei laut Turner nicht darüber gesprochen, wo Waffen beschafft werden könnten, so dass insofern auch kein Widerspruch zu seinen vorangegangenen Ausführungen zu erkennen sei. Ein Zusammenhang zwischen den Angeklagten und einer „militanten Organisation“ werde in diesem Satz nicht hergestellt. Aus dem unterstellten Umstand, dass von Turner und an deren über eine derartige Organisation gesprochen wurde, ziehe der Senat mangels konkreter Bezeichnung der Gesprächsteilnehmer und deren Auffassung zu dieser Frage nicht den Schluss ziehen, dass auch die Angeklagten und insbesondere Wohlleben über „eine militante Organisation“ gesprochen und ob und wie sie sich zu dieser positioniert haben. Hierzu habe Turner weder in der polizeilichen noch in der gerichtlichen Vernehmung durch den Senat Angaben gemacht. Das Streichen des Satzes lasse daher keine Entlastungstendenz des Zeugen zugunsten der Angeklagten und insbesondere Wohllebens erkennen.

Als nächstes verkündet Götzl den Beschluss, dass die Beweisanträge zum Kontakt von Holger Gerlach und Thorsten Heise [242. Verhandlungstag] abgelehnt sind. Wieder macht Götzl die üblichen Ausführungen zur prognostischen Prüfung usw. Dann sagt er: „Die Beweistatsachen sollen, so die Antragsteller, belegen, dass der Angeklagte Gerlach zum Zeugen Heise einen engen Kontakt unterhielt. Dies deute darauf hin, dass der Angeklagte Gerlach sehr viel tiefer und mit einer größeren Ernsthaftigkeit und Überzeugung in die Nazi-Szene eingebunden war, als er es zugegeben hat. Dies wiederum sei für die Frage des Motivs für die Unterstützung von Mundlos, Böhnhardt
und Zschäpe relevant und für Gerlachs Wissen um deren Taten. Diese Schlüsse zieht der Senat aber bei unterstelltem Erwiesensein der vorgetragenen Beweistatsachen nicht.“ Zur Begründung führt Götzl aus, Gerlach habe zwar – die Beweistatsachen als zutreffend unterstellt – den Briefkontakt mit Heise gepflegt und sich im Umfeld einer, wie die Antragsteller formulieren, ‚militanten Neonaziszene‘ bewegt und sei als ‚zuverlässiger und gefestigter Kamerad‘ wahrgenommen worden.

Diese Umstände, zeitlich zu verorten etwa in den Jahren 2000 bis 2002, hätten allerdings keine Aussagekraft im Hinblick auf die subjektive Kenntnis Gerlachs hinsichtlich der angeklagten Taten von Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe. Ein direkter Zusammenhang zwischen der unter Beweis gestellten allgemeinen ideologischen Ausrichtung Gerlachs und seines Wissens um mögliche Taten von Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe sei nicht erkennbar. Mittelbare Rückschlüsse in die von den Antragstellern gewünschte Richtung seien aus diesen Umständen ebenfalls nicht möglich. Eine Bedeutung für die Frage des möglichen Motivs für die Taten, die Gerlach in der Anklageschrift zur Last gelegt werden, sei ebenfalls nicht ersichtlich. Der zeitliche Zusammenhang zwischen
den unter Beweis gestellten Umständen und den Taten fehle. Während erstere im Zeitraum von etwa 2000 bis 2002 anzusiedeln seien, würden dem Angeklagten Taten erst aus den Jahren 2004, 2006 und 2011 zur Last gelegt.

Zudem habe Gerlach sich dahingehend eingelassen, er habe die angeklagten Taten ab dem Jahr 2004 aus Freundschaft bzw. im Jahr 2011, weil er wegen der vorangegangenen Überlassung von Ausweispapieren ohnehin schon in strafbare Handlungen verwickelt gewesen sei, begangen. Der Umstand, dass bei Heise im Jahr 2007 ein Notizbuch mit der Adresse des Angeklagten Gerlach gefunden wurde, könne den zeitlichen Zusammenhang ebenfalls nicht herstellen. Ohne Bedeutung für die Entscheidung sei auch der Umstand, dass im Adressbuch, das am 30.10.20007 bei Heise sichergestellt worden sei, unter der Überschrift „Haftadressen 3.4.2000“ die Adresse des Angeklagten Gerlach als erste aufgeführt gewesen sei. Es gebe keine Hinweise dafür, dass die Reihenfolge der Eintragungen irgendeine für die Schuld- und/oder Rechtsfolgenfrage relevante Bedeutung zugemessen werden könnte.

Bei den Anträgen auf Ermittlung, ob es weitere Vernehmungen von Thorsten Heise im NSU-Komplex gibt und diese ggf. beizuziehen, handele es sich nicht um Beweisanträge, sondern um Beweisermittlungsanträge, die durch die begehrten Ermittlungshandlungen erfüllt werden sollen: „Ob einem derartigen Beweisermittlungsantrag ganz, teilweise oder überhaupt nicht nachgegangen wird, ist im Rahmen der gerichtlichen Aufklärungspflicht zu entscheiden. Diese Pflicht reicht so weit wie die aus dem gesamten Prozessstoff bekannt gewordenen Tatsachen zum Gebrauch von Beweismitteln drängen oder ihn nahe legen. Dabei muss nur den erkennbaren und sinnvollen Möglichkeiten zur Aufklärung des Sachverhalts nachgegangen werden.“ Götzl macht Ausführungen zur Aufklärungspflicht und sagt dann: „Zusammenfassend ist festzuhalten, dass sich der gegenständliche Umfang der gerichtlichen Aufklärungspflicht mit der in der Anklage bezeichneten Tat deckt. Zu dieser sind alle Tatsachen festzustellen, die für die Anwendung des materiellen Strafrechts maßgeblich sind.“ Die Aufklärungspflicht dränge nicht dazu, die beantragten Ermittlungshandlungen vorzunehmen. Es seien keinerlei Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass in weiteren Vernehmungen von Thorsten Heise Umstände zur Sprache kamen, die im vorliegenden Verfahren unmittelbar oder mittelbar von Bedeutung für eine mögliche Schuld- und/ oder Rechtsfolgenfrage sein könnten. Auch die Antragsteller würden hierzu nichts vortragen.

Danach sagt Götzl: „Wir wären damit für heute am Ende.“ Zuvor stellt jedoch RAin Schneiders noch einen Beweisantrag. Sie beantragt KHK Michael Thur, LKA Berlin, Dezernat
Staatsschutz zu vernehmen zum Beweis der Tatsachen, 1) dass die von benutzten Telekommunikationsmittel im Zeitraum 1998 bis 2001 durch das LKA Berlin, dort
durch die „EG Rechts“, überwacht worden seien, 2) dass sich aus der TKÜ von Werner folgendes ergeben habe: a) Jan Werner habe von eine scharfe Schusswaffe erwerben wollen und habe deshalb bei Szczepanski mehrfach telefonisch und per SMS nachgefragt; b) Jan Werner habe Erlöse aus B&H-Konzerten für die Beschaffung von scharfen Schusswaffen verwendet, c) Jan Werner habe Kontakt zu den verstorbenen Böhnhardt und Mundlos gehabt, d) Jan Werner habe den Auftrag gehabt, für Böhnhardt und Mundlos scharfe Schusswaffen zu beschaffen.

Thur sei Leiter der so genannten „EG Rechts“ beim LKA Berlin gewesen, die die Ermittlungen im „Landser-Verfahren“ geführt habe. Die Ermittlungen hätten sich gegen die Bandmitglieder der Rechtsrockband „Landser“ wegen des Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung gerichtet. Im Zuge dieser Ermittlungen sei wegen des Vertriebs von Tonträgern dieser Band unter anderem auch Jan Werner überwacht worden. Hierbei habe Thur die unter Beweis gestellten Tatsachen erfahren. Anhaltspunkte für die unter Beweis gestellten Tatsachen würden sich aus der
bisherigen Beweisaufnahme und dem Inhalt der dem Senat vorliegenden Akten ergeben, so Schneiders. Außerdem regt Schneiders an, Aktenbestandteile aus dem „Landser“-Verfahren beizuziehen und der Verteidigung Akteneinsicht zu gewähren. Der Verhandlungstag endet um 14:20 Uhr.

Das Blog „nsu-nebenklage„: „Wie zu erwarten war, wurde der Befangenheitsantrag der Verteidigung von letzter Woche abgelehnt, weil sich aus einer ‚weniger geglückten Formulierung‘ in dem Beweisbeschluss vom Donnerstag keine Befangenheit ableiten lässt. Das Gericht hörte heute einen weiteren Waffensachverständigen vom BKA. Er führte die diversen aufgefundenen Waffen – zwei Maschinenpistolen, zwei Pumpguns, über ein Dutzend Pistolen und Revolver – vor und erläuterte jeweils deren Funktion. Schließlich lehnte das Gericht weitere Beweisanträge der Nebenklage ab. So etwa den Antrag zu den Videos ‚Kriegsberichter‘ der internationalen ‚Blood & Honour‘-Bewegung mit Aufrufen zu Mordtaten […] – die unter Beweis gestellten Inhalte der Videos, die in der damaligen Neonazi-Szene weit verbreitet waren und auch in Jena geschaut wurden, seien für das Urteil des Gerichts ohne Bedeutung, so das Gericht. Gleiches gilt für Beweisanträge zum Kontakt des Angeklagten Holger Gerlach zum Neonazi-Multifunktionär Thorsten Heise […] – die unter Beweis gestellte tiefe Verankerung Gerlachs in der militanten Nazi-Szene bis mindestens ins Jahr 2002 sei, so der Senat, ohne Bedeutung für das Motiv Gerlachs hinsichtlich der ihm vorgeworfenen Taten seit 2004. Mit diesen wortakrobatischen Beschlüssen zeigt das Gericht erneut, dass es seinen Blick strikt auf die reine Bestätigung der bereits verkürzten Anklageschrift der Bundesanwaltschaft im Urteil verengt hat – jede Aufklärung der weiteren Umstände interessieren das Gericht keinen Deut.“
http://www.nsu-nebenklage.de/blog/2016/02/24/24-02-2016/

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