Kurz-Protokoll 267. Verhandlungstag – 03. März 2016

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An diesem Verhandlungstag geht es um mehrere Banküberfälle in Chemnitz in den Jahren 2004 und 2005. Es sagen damalige Angestellte und Zeug_innen aus.

Zeug_innen:

  • Kathrin K. (Bankangestellte Chemnitz, zum Banküberfall am 14.05.2004)
  • Jana A. (Bankangestellte Chemnitz, zum Banküberfall am 14.05.2004)
  • Jeanette Sch. (Zeugin zum Banküberfall am 14.05.2004)
  • Ulrike G. (Bankangestellte Chemnitz, zum Banküberfall am 18.05.2004)
  • Philipp Z. (ehem. Schülerpraktikant in der Sparkasse in Chemnitz, zum Banküberfall am 18.05.2004)
  • Ben I.: (Filialleiter Sparkasse Chemnitz, zu den Banküberfällen am 18.05.2004 und am 22.11.2005)
  • Ute A. (Bankangestellte Chemnitz, zum Banküberfälle am 18.05.2004 und am 22.11.2005)

Der Verhandlungstag beginnt um 09:49 Uhr, geladen ist die Zeugin Kathrin K. K. berichtet über den Überfall auf die Sparkassenfiliale Chemnitz am 14.05.2004. Sie schildert, wie sie am Schalter gestanden habe, als zwei Männer die Filiale betraten und Geld forderten. Sie sei dann auf Aufforderung hin mit in den Tresor gegangen, habe diesen geöffnet und das Geld rausgegeben. Zurück vorn hätten die Täter noch mehr Geld haben wollen, welches sie ihnen aufgrund des Zeitschlosses jedoch nicht gegeben habe. Es sei gedroht worden, ob sie wüssten, was ihnen passiert, wenn die Pumpgun losgeht und es hätten noch Geiseln genommen werden sollen. Irgendwann seien die Täter abgehauen. K. erinnert sich noch daran, dass ihre Kollegin mit der Waffe geschlagen worden sei. Die Person, die mit ihr zum Tresor gegangen sei, habe ihr die kleinere Waffe an den Kopf gehalten, so K. auf Nachfrage Götzls.
Götzl fragt nach den Folgen für K. Diese berichtet von einem Trauma, mit dem sie noch immer zu kämpfen habe. Sie bejaht die Frage Götzls, ob sie sich in Behandlung begeben habe. Zunächst ein halbes Jahr nach dem Überfall, und heute wieder. Sie habe ihre Arbeit nach einer Weile wieder aufnehmen können. Auf die Frage nach der entwendeten Geldsumme antwortet die Zeugin ca. 20.000€, mehr hätten sie nicht im Tresor gehabt.

Es folgt Jana A., Kollegin von K. und wie sie Mitarbeiterin der Sparkasse Chemnitz am Tag des Überfalls am 14.05.2004. Es sei alles relativ schnell gegangen, so A. Gegen Mittag hätten auf einmal zwei Männer in der Filiale gestanden. Sie habe das Hineinkommen nicht mitbekommen, habe gerade ein Telefonat geführt mit der Sparkassenversicherung, als ein Täter ihr eine Waffe ins Gesicht gehalten und „Überfall“ gesagt habe. Sie habe den Hörer fallen lassen. Ein Täter sei dann mit Herrn W. in den Beraterraum gegangen und ein zweiter mit ihrer Kollegin in den Tresorraum. Die Kollegin habe dem Täter das ganze Geld ausgehändigt, aber die Täter seien danach nicht zufrieden gewesen, hätten gefordert, den automatischen Kassentresor mit dem Bargeld zu öffnen. Dort habe sie, A., aber das Zeitschloss geschaltet gehabt. Das habe den Tätern letztlich zu lange gedauert und sie seien gegangen, nachdem sie noch Technik eingeschlagen hätten.
Götzl fragt nach Verletzungen, die Zeugin schildert, dass der Täter ihr „im Eifer des Gefechts mit dem Gewehr auf den Kopf gehauen“ habe, sie dies in der Aufregung jedoch nicht so registriert habe. Sie sei dann versorgt worden, es sei nur eine kleine Beule gewesen. Götzl fragt nach weiteren Folgen für sie. A.: „Der Moment war schon schlimm für mich, ich war schwanger im dritten Monat. Aber gottseidank, mein Kind ist auf der Welt, alles super, alles gut. Wir haben weitergemacht. Wir drei haben uns gesagt, gut, es ist halt nun mal so und den Montag drauf die Filiale ganz normal geöffnet.“

Es folgt Annett Sch. und schildert zunächst, wie sie kurz vor 12:00 Uhr in die Sparkasse eingetreten sei und eine Einzahlung habe machen wollen am ersten Schalter. Da sei von hinten ein Mann reingekommen und habe von ihr verlangt, dass sie sich mit dem Gesicht auf den Boden legen solle. Als er eintrat, habe sie ihn kurz gesehen mit Basecap, Sonnenbrille und Tuch vor dem Mund. Sie sei dann gefühlte 20 Minuten mit dem Gesicht nach unten auf dem Boden gelegen, habe nur akustisch wahrgenommen, was gesprochen wurde. Götzl fragt nach Äußerungen. Sie habe nur eine in Erinnerung, so Sch., dass, wenn es nicht schnell genug gehe, sie dann erschossen würden.
Sie sei in der Folge nie wieder in einer Sparkassenfiliale gewesen, mache alles online.

Um 11:15 geht es weiter mit Ulrike G., Angestellte der Sparkasse Chemnitz zum Zeitpunkt des Überfalls am 18.05.2004. Sie berichtet zunächst von einem Dienstag Vormittag, an dem zwei bewaffnete Männer in die Filiale gestürmt kamen, einer nach rechts hinten in die Geschäftsstelle sei und dort ‚Überfall’ gebrüllt habe, der andere sie und andere am Tresen bedroht habe. Am Tresen seien sie und ihr Chef gerade dabei gewesen, einen Schülerpraktikanten einzuweisen. Der Praktikant und ihr Chef hatten sich hinzulegen, sie wurde unter vorgehaltener Waffe bedroht, die Geldbestände rauszugeben. Sie sei dann mit nach hinten und habe den Tresor geöffnet. Götzl fragt, ob sie den Tresor geöffnet habe, was die Zeugin bejaht. Auf weitere Nachfrage erklärt sie, der Tresor sei zu dem Zeitpunkt mit Schlüssel und Kombination gesichert gewesen, sie habe den Schlüssel an der Person gehabt. Götzl fragt, ob sie den Tätern das Geld ausgehändigt habe oder diese es sich genommen hätten. G. antwortet, das könne sie nicht mehr sagen, erinnere sich aber daran, dass die Täter nur die Scheine mitgenommen hätten, das Hartgeld habe sie nicht interessiert. Insgesamt habe es sich um mindestens 70.000€ gehandelt.
Wie die Bedrohung mit der Waffe aussah, fragt Götzl. Sie habe sie unmittelbar vor dem Gesicht bzw. an der Seite gehabt, so G. Götzl fragt, ob sich die Bedrohungssituation geändert habe, als sie nach hinten ging. Der Täter sei mitgegangen, und sie habe nur reagiert, nicht nachgedacht, so die Zeugin. Götzl fragt weiter, ob sie die ganze Zeit bedroht worden sei. G. bejaht das, er sei immer bei ihr gestanden.
Götzl fragt nach Folgen des Überfalls für die Zeugin, unmittelbar, in der Folgezeit und heute. G. antwortet, mit der Vorladung sei vieles wieder hochgekommen. Sie habe damals kurzfristig psychologische Betreuung und zudem das Glück gehabt, die Geschäftsstelle sowieso schon gewechselt zu haben und ihre Arbeit nicht mehr in den Räumen tun zu müssen.
Götzl fragt, ob G. Fotos eines anderen Überfalls vorgelegt wurden. G. sagt, daran könne sie sich nicht erinnern. Vorhalt: Mir wurden heute mehrere Fotos vom Überfall Albert-Schweitzer-Straße am 14.05.2004 vorgelegt. Die Zeugin sagt, dass sei der Freitag vorneweg gewesen, erinnern könne sie sich jetzt nicht mehr. Vorhalt: Sind definitiv die gleichen Täter. G.: „Wenn ich das damals so ausgesagt hab, dann war das auch so.“

In der folgenden Befragung von Philipp Z. geht es weiterhin um den Überfall in der Chemnitzer Sparkassenfiliale vom 18.05.2004. Er sagt, sehr gute Erinnerungen habe er nicht mehr an den Tag, er sei damals im Schülerpraktikum in der Filiale gewesen und am Tag des Überfalls am Bedientresen. Irgendwann seien die Männer in die Filiale reingerannt, hätten rumgeschrien. Was genau, wisse er nicht mehr, aber sie hätten gewollt, dass sich die Kunden auf den Boden legen. Ein Mann habe ungehalten reagiert und gesagt, sie sollten verschwinden. Ein Mann habe eine Faustfeuerwaffe in der Hand gehabt, der zweite eine Langwaffe, Schrotflinte oder dergleichen. Die Leute seien auf sie zugekommen, hinter den Tresen. Er habe dann nicht mehr viel gesehen, weil er dem Gesicht zum Boden lag, und Angst gehabt habe. Als nächstes seien die Räuber mit den Leuten aus der Filiale in den Tresorraum gegangen, er habe nur Stimmen gehört, dass alles schneller gehen und alles aufgemacht werden solle. Der Filialleiter sei links neben ihm gewesen und habe versucht mit dem Finger einen Alarmknopf zu drücken. In dem Moment sei einer der Täter zurückgekommen, es habe ein großes Geschrei gegeben, dass er es lassen soll.

Der nächste Zeuge Ben I. war bei dem Überfall auf die Chemnitzer Sparkassenfiliale am 18.05.2004 sowie bei einem weiteren Überfall am 22.11.2005 dortiger Filialleiter. Es geht zunächst um den ersten Überfall. Es sei schon zwölf Jahre her, so I., und einiges schon verblasst. Er habe mit seiner Kollegin am Schalter gestanden, zwei junge Männer seien reingekommen. Einer habe Geld gefordert und dass sie den Tresor zu öffnen haben. Das sei dann auch geschehen und er habe das Geld im Tresor in Bündeln raus- und mitgenommen. Die beiden seien dann sehr schnell wieder aus der Filiale raus verschwunden. Götzl fragt nach der Bewaffnung. Der vordere habe eine Pumpgun als Waffe gehabt, zum zweiten könne er nichts sagen, der habe den hinteren Bereich der Filiale gesichert.
Dann geht es weiter mit dem zweiten Überfall, am 22.11.2005. I. sagt, leider habe er wieder am Schalter gestanden, diesmal mit der Frau A. I.: Die Täter kamen wieder rein und forderten wieder Geld. Es waren wieder zwei Täter, einer im vorderen Bereich, einer hinter. Der im vorderen Bereich forderte die Geldherausgabe. Ich sagte, dass der Schlüssel unter Zeitverzug ist und wir den schalten müssen. Ich habe gesagt, ich muss den Tresor eindrehen. Ich ging hinter mit einem der Täter und drehte die Kombinationszahlen ein und wurde dabei vom Täter mit der Waffe bedroht. Ich sagte, das ist jetzt noch unter Zeitverschluss, das dauert noch. Der Täter ist vorgerannt und in dem Moment hab ich den Alarmknopf eingedrückt. Durch unerklärliche Dinge ist der Alarm laut ausgelöst worden, war hörbar allerdings für mich nicht in der Stresssituation. Der Täter forderte mehr Geld, mit einer oder zwei Handgranaten. Wir haben immer wiederholt, dass das nicht möglich ist. Dann sagte ein Täter: ‚Da ist doch Alarm.‘ Für mich war es wie gesagt nicht hörbar in der Stresssituation. Und da sind dann beide Täter geflohen.“
NKRA Elberling: „Waren das Ihrer Wahrnehmung nach beides mal dieselben Täter? I: „Diese Frage hat mich sehr beschäftigt. Meine erste Reaktion spontan war, dass es nicht die selben Täter waren. Der leitende Kriminalist der Kripo Chemnitz hat Vermessungen bei uns in der Filiale vorgenommen, weil beim zweiten mal durch die Alarmauslösung ja Bilder hergestellt wurden und hat gesagt, dass es die selben Täter waren. Von meiner Wahrnehmung her muss ich sagen: Es gab schon Unterschiede. Der erste Überfall war sehr sehr professionell durchgeführt. Ich hab mir zusammengereimt, dass sie ja Übung hatten, sehr viele Überfälle beim selben Institut. Und der zweite lief ja nicht so ab. Ich konnte mich schon damals nicht festlegen ob das die selben Täter waren oder nicht.“

Es folgt die Vernehmung der Ute A. Es geht wieder um zwei Überfälle auf die Sparkassen-Filiale Sandstraße Chemnitz am 18.05.2004 und am 22. November 2005. Zunächst geht es um den 18.05.2004. A.: „Ich war mit Kunden im Beratungsgespräch. Unsere Sparkasse war da in drei Containern. Da wurde die Tür aufgerissen, ein maskierter Täter stand in der Türe, die Aufforderung war Geld rauszugeben. Ich wurde aus dem Zimmer rausgeordert. Nebenan ist das Chefzimmer gewesen da musste ich rein und wurde gefragt, wo das Geld ist. Er hat mir gesagt, ich soll sitzenbleiben, dann würde mir nichts passieren, dann hat sich der Täter entfernt. Ich habe versucht, Alarm auszulösen, aber dort war kein Alarmknopf. Mir gings erst mal um meinen Kunden. Ich hab seit 1991 sechs Überfälle, das war Überfall Nummer 5. Für mich war das Ungewisse: Bleibt mein Kunde sitzen, was machst Du, wenn dem Kunde was passiert.“
Nun geht es um den zweiten Überfall am 22.11.2005. A.: „Da war ich vorne direkt im Kassen-Servicebereich. Da ist mir der Täter noch im Begriff, der vorne dazu aufgefordert hat, Geld hinten freizuschließen. Das ist bei uns alles mit Zeitschalter abgesichert. Ich hab den Zeitschalter bestätigt, in dem Zeitpunkt ist er schon hinter mit dem Chef. Vorne hatte ich diesen Moment: drückste Alarmknopf, drückste keinen Alarmknopf. Dann ging der laute Alarm los. Denn mein Chef hat sich mit dem Körper gegen die Alarmanlage geschmissen. Und da draufhin hat der Täter fluchtartig das Gebäude verlassen.“ Götzl: „Wurde eine Beute erzielt, wurde etwas mitgenommen?“ A.: „Nee, eigentlich unverrichteter Dinge.“ Der Prozesstag endet um 13:56 Uhr.

Kommentar des Blogs NSU-Nebenklage, hier.

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