Kurz-Protokoll 268. Verhandlungstag – 8. März 2016

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Am heutigen Verhandlungstag geht es um mehrere Banküberfälle in Chemnitz. Als Zeugen sind Kriminalbeamte geladen, die zu ihren Ermittlungen aussagen. Dabei werden anhand von Lichtbildern sowohl der jeweilige Tathergang als auch die Fluchtroute nachvollzogen.

Zeugen:
Tim Ei. (Kriminalbeamter, PD Chemnitz, Überfälle in Chemnitz 1999 und 2004)
Frank Ri. ( Kriminalbeamter, PD Chemnitz, Überfälle in Chemnitz 1999 und 2004)
Erhard Kö. (Kriminalbeamter, PD Chemnitz, Überfall auf die Sparkasse Sandstraße Chemnitz, 22.11.2005)
Frank Ho. (Kriminalbeamter, PD Chemnitz, Überfall auf die Sparkasse Sandstraße Chemnitz, 22.11.2005)

Der Verhandlungstag beginnt um 09:46 Uhr. Erster Zeuge ist Tim Ei., Kriminalbeamter von der PD Chemnitz. Götzl sagt, es gehe um mehrere Überfälle in Chemnitz: Barbarossastraße 71 am 06.10.1999, Limbacher Straße 148 am 27.10.1999, Albert-Schweitzer-Straße 62 am 14.05.2004 und Sandstraße 37 am 18.05.2004. Ei. solle berichten, mit welchen Ermittlungen er betraut gewesen sei und was die Ergebnisse gewesen seien, beginnen solle er chronologisch mit der Barbarossastraße. Ei. „Zu diesem Überfall kann ich sagen, ich war nicht beim ersten Angriff eingesetzt, unmittelbar nach der Tat, sondern habe erst am nächsten Tag die Ermittlungen als Sachbearbeiter übernommen.  Wir hatten Presseaufrufe veröffentlicht, es gab dann auch Zeugen, die sich gemeldet haben: Gibt es was zur Fluchtrichtung, zum Fluchtfahrzeug? Es endete damit, dass die Täter seinerzeit nicht ermittelt werden konnten.“
Vorhalt aus einem Vermerk zur Höhe der Beute: Die Angestellte übergab den Bargeldbestand der Handkasse: 5787, 59 DM an den Täter. Ei.: „Das resultierte im Prinzip aus den Ermittlungen der Post, was Kassen-Minusbestand [phon.] gewesen sein müsste.“ Götzl: „Sind Ermittlungen durchgeführt worden zu Umständen der Flucht?“ Ei.: „Ja, natürlich. Ich erinnere mich an eine Schülergruppe, die von einer Ausfahrt kamen. Die Schule war in relativer Nähe von der Postfiliale. Da hatten wohl Schüler was gesehen und konnten sagen, wohin sich unsere Täter entfernt hatten. Es gab auch den Abstellort eines Fluchtfahrzeugs in der Nähe der Post.“ Götzl: „Was konnte denn festgestellt werden?“ Ei.: „Wir sind davon ausgegangen, dass als Fluchtmittel ein Zweirad Simson aus DDR-Produktion genutzt wurde. Die Richtung von der Post weg in landwärtiger Richtung sind die Täter vom Tatort geflüchtet.“
Götzl fragt nach dem Überfall Limbacher Straße 148, 27.10.1999. Ei. „Bei diesem Überfall war ich schon im ersten Angriff eingesetzt und habe dann auch die weiteren Ermittlungen als Sachbearbeiter geführt bis zum Schluss, verschiedene Zeugenvernehmungen, Tatzeugen, eine Postangestellte vernommen. Im weiteren Verlauf dann Spuren abgeglichen und Hinweise geprüft.“ Vorhalt aus dem Schlussvermerk vom 19.09.2002: Gegen 11:40 Uhr bedrohten zwei maskierte Männer die beiden Angestellten mit Pistolen und erzwangen die Herausgabe von 62.870 DM. Ei.: „Ja.“ Götzl: „Kam es im Hinblick auf Umstände der Flucht zu irgendwelchen Ermittlungsergebnissen?“ Ei.: „Ja, wir hatten hier bessere Voraussetzungen, weil sich Zeugen vor der Filiale befunden haben, die die Täter dann beim Verlassen der Post gesehen haben, wie sie aufs Fluchtfahrzeug gestiegen sind. Und die weitere Fluchtrichtung konnte auch ermittelt werden, weil sich ein Zeuge bei uns gemeldet hat, dass die vorbei gefahren sind oder gelaufen [phon.]. Die Flucht der Täter verlief in stadtwärtiger Richtung und dann linksseitig über dortige Bahnschienen sind die Täter weitergefahren, da verlor sich zunächst die Spur.“
Dann fragt Götzl nach dem Überfall auf die Sparkassenfiliale Albert-Schweitzer-Straße am 14.05.2004. Ei.: „Da war ich auch im ersten Angriff eingesetzt, habe die Ermittlungen dann auch geführt bis zum Schluss. Wir hatten dort den Sachverhalt, dass zwei bewaffnete Täter zur Mittagszeit die Sparkassenfiliale überfallen haben, bewaffnet mit Revolver und Pumpgun. Sie haben sich dort den Tresor aufschließen lassen und ca. 30.000, 40.000 DM erbeutet. Fluchtmittel waren zwei Mountainbikes, wie uns von Zeugen berichtet wurde.
Es werden Bilder zu diesem Überfall am am Richtertisch in Augenschein genommen. Ei.: „Nur kurz ein paar Worte: Man sieht hier die mitgeführte Waffe, die Pumpgun, erkennbar ist die Oberbekleidung, dass der Tatverdächtige mit einem Mundtuch maskiert ist, ein Basecap trägt, Brillenträger ist bzw. eine Brille trägt und eine Tüte, um die Beute zu verstauen. Wir haben ermittelt, die gehörte zu einem Baumarkt, den es in Chemnitz nicht gab, aber in Zwickau.
Götzl: „Dann schließlich noch Sandstraße 37, 18.05.2004.“ Ei.: „Da war ich nicht im ersten Angriff eingesetzt, habe erst später die Ermittlungen übernommen. Die zwei Tatverdächtigen hatten dort die Filiale betreten und die Angestellten bedroht, den Tresor öffnen lassen. Als Tatmittel wurden wiederum zwei Mountainbikes genutzt, wie uns Zeugen beschrieben hatten. Die Täter haben seinerzeit 70.000 Euro erbeutet, Münzgeld blieb zurück.

Es folgt die Einvernahme des Zeugen Frank Ri. Götzl sagt, es gehe um die Überfälle Postfiliale Limbacher Straße am 27.10.1999, die Sparkasse Albert-Schweitzer-Straße 62 am 14.5.04 und die Sparkassenfiliale Sandstraße 37 am 18.5.2004: „Ich möchte beginnen mit 27.10.1999, Limbacher Straße.“ Ri.: „Wir sind im Zuge der Sofortmaßnahmen zum Tatort, das damalige Raubdezernat. Wir sind, kurz nachdem die Meldung übers Lagezentrum kam, mit einigen Kollegen und der Kriminaltechnik zum Tatort gefahren. Ich habe dort den Tatortfundsbericht geschrieben. Spurensicherung hat die Kriminaltechnik gemacht. Ich habe noch eine Tatortskizze angefertigt.“ Es folgt die Inaugenscheinnahme der Tatortskizze. Ri.: „Das ist die Skizze von dieser Postfiliale. Hier die Limbacher Straße, das ist stadtauswärts, das stadteinwärts. Nebenan die Konditorei Pietschmann, dahinter diese freie Fläche, da ist später eine Reifenspur gefunden worden von der Kriminaltechnik. Eingang hier und dann ist hier ein Holzpflock gelegen. Und hier die Schalter mit Plexiglas, über den mittleren ist der Täter gestiegen, weil da keine Scheibe war. Hier der Parkplatz, hier ist dieser Weg [phon.] und hier der stillgelegte Gleiskörper, wo die mögliche Fluchtrichtung eingezeichnet ist. Hier hat der Kollege eine Reifenspur gesichert.“ Es folgt die Inaugenscheinnahme eines Stadtplanausschnitts. Ri. sagt: „Wenn ich vorgreifen darf, an der Ecke ist die später überfallene Sparkassenfiliale Albert-Schweitzer-Straße, das ist nur 200 m oder 500 m, jedenfalls ein geringer Weg.“
Götzl geht dann zum Überfall in der Albert-Schweitzer-Straße am 14.05.2004 über. Ri. nimmt wieder am Zeugentisch Platz. Ri.: „Also bei diesem Überfall war es ähnlich, wieder gegen Mittag. Ich bin mit Kollegen des damaligen Raubdezernats raus, es waren viele Kollegen mit, die haben viele Zeugen gehört, das war, glaube ich, der Überfall mit den meisten Zeugen. Ich habe die Tatortskizze gemacht, Lichtbilder und einen Grundriss der Sparkassenfiliale.“
Dann geht es um den Innenbereich der Sparkasse. Ri.: „Hier ist der Eingang, das ist auch der einzige Zugang. Das ging dann bis hinter zum Tresor, die haben da Monitore runtergeworfen von den Schreibtischen.“
Götzl: „Dann zum Überfall Sparkassenfiliale Sandstraße 37 18.05.2004.“ Ri.: „Das Markante für mich persönlich war, dass es ja vier Tage später war nach dem 14. Mai, das war ein Freitag gegen Mittag. Damals hatten die Täter ja Beute gemacht und es war nicht damit zu rechnen, dass die sofort wieder kommen. Die Überraschung war groß, dass es sofort wieder zu einem Banküberfall kam. Es war wieder kurz vor 12. Wir sind gerufen worden, es sind viele Zeugenvernehmungen gemacht worden und viele Gegenstände sichergestellt worden. Ich habe eine Skizze zum Umfeld gemacht und über die weiteren Befragungen herausgefunden, dass die Täter eine Fluchtrichtung über die Gartenanlage gewählt hatten. Wir haben dann weiter in der Gartenanlage ermittelt, da war ich am nächsten Tag nochmal und habe einen Gartenbesitzer ausfindig gemacht, der gesagt hat, dass die Täter sogar den gleichen Weg zur Filiale hingefahren sind. Das war die große Überraschung, dass er die nicht wegfahren, sondern hinfahren gesehen hat. Die Skizze vom Innenbereich habe in dem Fall nicht ich gefertigt, müsste die Kriminaltechnik gemacht haben.“

Nach einer Pause bis 11:23 Uhr geht es weiter mit dem Zeugen Erhard Kö. Götzl sagt, es gehe um einen Überfall auf die Sparkassenfiliale Sandstraße 37 am 22.11.2005. Kö. berichtet: „Also, ich war damals der Sachbearbeiter dieses Raubüberfalls. Ich war gleich am Tatort, habe dort auch einen Teil der ersten Zeugenvernehmungen durchgeführt und habe die weiteren Ermittlungen dann durchgeführt, Hinweise ausgewertet, Fotos, und letztendlich den Schlussbericht erstellt.“ Götzl: „Was haben denn die Ermittlungen ergeben?“ Kö.: „Wir hatten im Laufe der Ermittlungen festgestellt, dass dieser Überfall Teil einer Serie von Überfällen ist, die dort seit 1999 im Bereich Chemnitz stattgefunden hat und haben uns dort auf die Täterbeschreibung bezogen, die Art der Vorgehensweise, verwendete Waffen. Anhand der Fotos von Überwachungskameras haben wir Vergleiche angestellt und sind zu dem Schluss gekommen, dass es wahrscheinlich die gleichen Täter sind, die auch die anderen Sparkassen und Postfilialen überfallen haben. Leider keine positiven Ergebnisse, d.h. trotz umfangreicher Ermittlungen haben wir die Täter nicht ermitteln können.“

Es folgt der Zeuge Frank Ho. Götzl sagt, es gehe um den Überfall Sparkassenfiliale Sandstraße 37, Chemnitz, am 22.11.2005. Ho.: „Wir waren zum damaligen Zeitpunkt für den ersten Angriff zuständig. Es ist Alarm eingelaufen im Lagezentrum und dann mussten wir da ausrücken dahin. Dort wurden dann alle ersten Maßnahmen durchgeführt. Ich war sicherlich nicht der einzigste, ich war für die Bilder, die Fotos zuständig und für die Spuren am Tatort.“ Es folgt die Inaugenscheinnahme einer Lichtbildmappe. Ho. erläutert zunächst die Außenaufnahmen [die Fotos sind in der Dunkelheit aufgenommen, es sind teilweise Schneeflocken zu sehen], dann die Innenaufnahmen und benennt jeweils die Räume. Zu Bild 8 sagt er: „Hier ist nochmal ein Schreibtisch bzw. Büro mit verschiedenen Unterlagen, die auf dem Fußboden liegen.“ Die letzten Bilder zeigen dann Tresorraum und Tresor. Der Zeuge wird entlassen. Der Verhandlungstag endet um 11:55 Uhr.

Hier geht es zum Kommentar des Blogs NSU-Nebenklage: http://www.nsu-nebenklage.de/blog/2016/03/08/08-03-2016/

Zur vollständigen Version des Protokolls geht es hier.