Protokoll 289. Verhandlungstag – 15. Juni 2016

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An diesem Prozesstag ist zunächst ein Beamter des LKA Berlin geladen, der im Verfahren gegen die Band Landser tätig war. Im Zuge dieses Verfahrens wurde auch gegen Jan Werner ermittelt, sein Telefon wurde überwacht. Der Beamte antwortet auf einen Großteil der Fragen, diese Aspekte seien ihm „nicht mehr erinnerlich“. Im Anschluss daran verliest die Verteidigung von Ralf Wohlleben ein Ablehnungsgesuch gegen den Sachverständigen Prof. Dr. Leygraf. Danach begründet Götzl erneut zwei Ablehnungsbeschlüsse gegen zwei Anträge der Nebenklage.

Zeuge:

  • Michael Th. (Polizeibeamter aus Berlin zur Überwachung von Jan Werner durch das LKA Berlin)

Der Prozesstag beginnt um 09:46 Uhr mit der Befragung von Michael Th. Götzl: „Es geht um die Überwachung von Jan Werner durch das LKA Berlin, 1998-2001, zu den Themen Waffen, Waffenbeschaffung, Kontakte zu Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos. Was Sie dazu sagen können, wie Sie damit befasst waren und was Sie inhaltlich berichten können? Th.: „Gerne. Ich war Leiter der EG Rechts, die hatte das Komplexverfahren gegen die Band Landser im Auftrag der BAW zu führen. Wir sind dem Auftrag nachgekommen und haben auch die dementsprechenden Personen, die uns benannt worden sind oder wir selber benennen konnten, dementsprechend telefonüberwacht. Über die gewonnenen Erkenntnisse sind natürlich weitere Kontaktpersonen dazugekommen, die als Unterstützer der Band bei uns eingestuft worden sind und dementsprechenden TÜ-Anträgen wurde vom BGH nachgekommen und wir haben die Telefonüberwachung dementsprechend gehört. Wir waren 20-25 Kollegen, die immer für drei Monate abgeordnet waren. Ein Teil waren Stammkräfte bei uns. Die TÜ wurden nach den Personen bestimmten Beamten übertragen: Prinzip ein Beamter hört eine oder zwei Personen. Die Auswertungen erfolgten immer tagesaktuell, um auch hinsichtlich der Aktivitäten der Band tagesaktuell reagieren zu können.“

Götzl fragt nach Jan Werner. Th.: „Den haben wir in die TÜ aufgenommen, ich kann mich nicht mehr erinnern wann. Nur noch, dass meine Kollegen ganz schön Arbeit mit ihm hatten, da er pausenlos SMS geschrieben hat. Da war er wahrer Künstler drin. Er war Kurierfahrer und muss blind SMSen während der Fahrt geschrieben haben.“ Götzl: „Inwieweit waren Sie selbst mit Protokollen befasst?“ Th.: „Zu keiner Zeit. Vielleicht mal als der Ermittlungsführer das ein oder andere gelesen hat. Aber es war viel zu organisieren, Operativmaßnahmen, wir haben die Fahrzeuge mit kleiner Lauschtechnik ausgestattet, jedenfalls die unsere Herrschaften benutzt haben. Wir hatten Operativmaßnahmen zu laufen, die wir bei Personen auch durchgeführt haben. Da war viel zu tun auch unabhängig von dem großen Lauschangriff.“ Götzl: „Was können Sie aus Informationen von Kollegen sagen?“ T.: „Werner war der, der den Auftrag bekommen hatte, die neue CD, die in England damals eingespielt wurde, ‚Ran an den Feind‘, komplett zu vermarkten. Und da hat er mit zu tun gehabt. Das heißt also, das Masterband zum Presswerk, die CDs wurden hergestellt und nach Deutschland geliefert, von Dänemark, da befand sich das Presswerk. Und dann haben wir zugesehen, dass wir bei der Verteilung möglichst viele Abnehmer identifizieren können und CDs beschlagnahmen. War schwierig, weil es quer durchs Bundesgebiet ging. Da waren insbesondere Personen aus Sachsen handlungsaktiv, die den Jan Werner da unterstützt haben. Das war der Kernpunkt. Das wurde uns auch später von Jan Werner bestätigt, dass er auch derjenige war, der die Band entlohnt hatte für die Aufnahme und über Unterstützer die CD hat herstellen lassen, verbreiten lassen, die Booklets hat herstellen lassen und dementsprechend auch kassiert hat.“

Götzl: Hat im Rahmen der Überwachung das Thema Waffenerwerb mal eine Rolle gespielt?“ Th.: „Ich sag Ihnen ganz ehrlich, wir haben uns um die rechtsextremistische Musik gekümmert. Ich kann mich nicht erinnern, dass das Thema Waffen fiel. Wenn wir andere Hinweise bekommen haben aus den Überwachungsmaßnahmen, haben wir die generell in den Bereich gegeben, der für solche Sachen gerade zuständig ist. Das war so das Prozedere mit den, ich sag mal so, Erkenntnissen, die wir in dem Verfahren nicht verwerten konnten, in dieses Verfahren mit einbringen konnten. Da wurden immer separate Verfahren eröffnet, so wie auch gegen die Unterstützer in Sachsen separate Verfahren gelaufen sind. Die Weitergabe wurde dementsprechend veranlasst. Ich kann nicht für jeden Tag gerade stehen, da bitte ich um Verständnis, es gibt auch Urlaub und dienstfrei. Aus der Erinnerung kann ich da nichts mehr beitragen.“ Götzl fragt, welche Aspekte zu neuen Verfahren geführt haben. Th.: „In Bezug auf Jan Werner gar nicht.“ Andere wurden in einem Verfahren in Sachsen als Unterstützer oder wegen Volksverhetzung gesondert verfolgt, so Th. weiter. Th.: „Die BAW wollte das Verfahren auch ziemlich schlank halten, es sollte sich Richtung Band und unmittelbare Unterstützer richten, deswegen wurden die Komplexe immer weggegeben in die jeweiligen Bundesländer.“

Götzl: „Hat bei der Überwachung mal eine Rolle gespielt?“ Th.: „Ja, ich kann mich an den Namen zumindest erinnern, ob der aus der TÜ gekommen ist oder anderweitig, das kann ich jetzt nicht mehr sagen.“ Götzl: „Haben denn im Rahmen der Auswertung der Informationen die Namen Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos eine Rolle gespielt?“ Th.: „Kann ich mich nicht mehr daran erinnern. Wir haben tagesaktuell ausgewertet und einer war verdonnert, das Tagesprotokoll zu schreiben und hat die Punkte niedergelegt. Ich kann mich da an Einzelheiten nicht mehr erinnern. Es ging im wesentlichen um die Band: , Christian Wenndorff, Jean René Bauer hat vielleicht noch mal eine Rolle gespielt.“ Götzl fragt nach den Themen Schusswaffen, Waffen, Waffenbesitz oder -veräußerung. Th.: „Aus meiner Erinnerung schöpfend kann ich Ihnen da leider nicht weiterhelfen.“ Götzl: „Liegen Ihnen noch irgendwelche Protokolle vor bzgl. Jan Werner?“ Th.: „Mir persönlich nicht, ich habe bei der Dienststelle, bei der ich damals tätig war angefragt, weil ich mich vorbereiten wollte. Dort liegen keine TÜ-Protokolle mehr vor, also wurde mir nicht signalisiert, dass sie vorliegen würden.“

Götzl: „Hat bei der Überwachung das Thema „Erlöse aus Konzerten“ eine Rolle gespielt?“ Th.: Ich kann Vernehmungswissen später wirklich nicht mehr trennen von den Erkenntnis während des Ermittlungsverfahrens. Ist möglich, es waren immer verklausuliert Summen im Spiel. Die Bestellung der CDs, also die CDs waren ‚T-Shirts‘, daran kann ich mich erinnern.“ Götzl: „War Thema, wofür Erlöse verwendet werden?“ Th.: „Das kann ich aus meiner Erinnerung nicht mehr berichten. Da ist damals schon viel Interpretation gewesen, weil wie gesagt keine offenen Gespräche liefen, man musste sich das aus Gesamtzusammenhängen zusammenreimen, ich kann es nicht mehr sagen weil ich da nichts durcheinanderbringen will, ist schon lange her, 15 Jahre.“

Wohlleben Verteidigerin RAin Schneiders: „Können Sie mir was zu Jan Werner und Landser-Bandmitglieder und Zugehörigkeit zu Blood & Honour sagen? Th: „Die Band Landser: Regener, Wenndorff, Möhricke und ich meine mich dran zu erinnern, dass wir in Zuge von Observierungs-Maßnahmen den Proberaum damals lokalisieren konnten und ich glaube mich erinnern zu können, dass der Jan Werner im Zuge der Observation dort auch mal persönlich aufgetaucht ist. Das bring ich aber möglicherweise mit seiner eigenen Aussage durcheinander.“ Schneiders: „Waren die Mitglieder von Landser auch bei B&H?“ Th.: „Also insbesondere Regener war Mitglied der , ein rechtsextremistischer Rockerclub in Anführungszeichen, die vielleicht Fahrrad fahren.“ Schneiders: „Ich hatte nicht nach Vandalen sondern nach B&H gefragt.“ Th.: „Das kann ich nicht sagen, ob da jemand Mitglied bei B&H war.“ Schneiders fragt nach einer B&H-Mitgliedschaft Jan Werners. Th.: „Das kann ich nicht beurteilen, tut mir leid.“

Schneiders fragt nach den Vertriebswegen Jan Werners: „Waren das B&H-Strukturen? Um welche Personen handelte es sich da?“ Th.: „Es war hilfreich ihm zur Seite ein gewisser Otto: ‚Es ruft dich ein Otto an und dann kannst Du T-Shirts bestellen‘. Ansonsten kann ich zu den Personen aus meiner Erinnerung so nichts mehr sagen.“ Schneiders: „Im Jahr 2000 ist B&H verboten worden, spielte das bei der TÜ auch eine Rolle?“ Th.: „Ich weiß, dass es ein Verbot von B&H gab, ich weiß auch, dass wir die Verbotsverfügung in Berlin umgesetzt haben, kann aber nicht mal genau das Datum sagen. Und inwieweit das in unseren Maßnahmen thematisiert wurde, kann ich nicht mehr sagen, tut mir leid.“ Schneiders: „Sagt Ihnen was?“ Th.: Ich habe darüber gelesen. Schneiders: „Im Rahmen der Ermittlungstätigkeit oder allgemein?“ Th.: „Kann ich nicht mehr sagen.“ Schneiders: „Hat C18 und das Landserverfahren etwas miteinander zu tun?“ Th.: „Da kann ich auch nichts mehr sagen. Wir haben uns auf die Band Landser fokussiert. Das war gegenständlich für das Verfahren, das die BAW geführt hat.“ Schneiders: „Können Sie was zu Bernd Peruch, oder Spitzname Pernod, sagen?“ Th.: „Pernod sagt mir was, das ist ein Getränk, oder? Aber bei dem Namen klingelt was. Ich kriege das aber nicht in einen Zusammenhang.“

Schneiders: „Wir haben hier einzelne Protokolle, die wohl versehentlich nicht gelöscht worden sind. Ordner TÜ Landser, 24.09.2001, Sachbearbeiter KK Enderle, TN: Jan Werner, Anita Seiferth, Pernod, da gehts um T-Shirts.“ Vorhalt: Pernod hat die Liste rausgeschickt, Werner will die Shirts nur in M und L. Schneiders: „Im Folgenden geht es um Anklageschriften.“ Vorhalt: Der Pernod wird den Schneider zerstören, er wird den Bullen alles erzählen was er weiß. Schneiders: „Kommt eine Erinnerung, dass Einzelne gesagt haben, sie wollen Angaben machen?“ Th.: „Sagt mir nichts. Die EG rechts wurde von mir sicher nicht bis zur Anklagereife geführt. Aber das war eine Zeit des Umbruchs, ich bin dann in die Bekämpfung Linksextremismus gewechselt, ich hab da mein Aufgabengebiet gewechselt ein Jahr lang um anderthalb Jahre später als A12 in den rechten Bereich zurückzukehren. Ich will da nichts durcheinanderbringen und dieses Gespräch sagt mir erstmal nichts.“

Schneiders: „Um wieviel Geld ging es bei Jan Werner: das Presswerk, Booklets, Vertrieb? Wieviel hat er da eingenommen?“ Th.: “Das ist mir nicht mehr so richtig erinnerlich. Ich weiß bloß, dass der Band versprochen wurde, jeweils 10.000 DM, ich glaub damals noch DM. Aber ob die das jemals erhalten haben, weiß ich nicht mehr.“ Schneiders: „Gab es Bezüge von Jan Werner in die Schweiz?“ Th.: „Das ist mir nicht erinnerlich.“ Schneiders: „Sagt Ihnen Katja Pröseler was?“ Th.: „Nein.“ Schneiders: „Die Lebensgefährtin des alias Stefan Lange.“ Th.: „Nein.“ Schneiders: „Sagt Ihnen Stefan Lange oder Pinocchio was? Ich meine nicht diese Figur aus Holz.“ Th.: Tut mir leid, ich bin da lange raus aus dem Geschäft.“ Schneiders: „Sagt Ihnen Pinocchio in Zusammenhang mit B&H und Berlin was?“ Th.: „Nein, löst bei mir keinen Erinnerung aus. Bitte mir Schriftstücke vorhalten, dann kann ich mich einlesen, aber so aus meiner Erinnerung schöpfend kann ich Ihnen nicht weiterhelfen.“

Schneiders: „26.11.2000 TÜ Landser. Da gibts ein Telefonat Teilnehmer Jan Werner mit der 0951-Nummer.“ Vorhalt: Werner hat schon geschlafen, Pernod hat Verhandlungstermin wegen B&H-Heft. Werner hat Termin am Dienstag und meint, Vergleich machen. Konzert von gestern, niemand weiß, was dort gespielt wurde. Pernod bestellt 25 Hefte von ihm. Werner sagt, dass ein neues Heft „White Supremacy 3″ kommt, Pernod bestellt 25 Hefte. [phon.] Schneiders: „Kommt da eine Erinnerung?“ Th.: „Nein. Nein.“ Schneiders: „Und das Heft White Supremacy?“ Th.: „Ich bitte Sie, da klingelt bei mir nichts. Weiß nicht, ob ich sowas jemals in der Hand gehalten hab.“ Schneiders fragt zu „Pinocchio“ und „einen Vergleich machen“. Th.: „Da kommt bei mir keine Erinnerung.“
Schneiders fragt nach Sachbearbeiter KHK Sch. Th.: „Der war damals bei uns zugeordnet. Ja.“ Schneiders: „Wer war denn für Jan Werner zuständig, was die TKÜ anbelangte? Th.: Aus meiner Erinnerung nicht mehr so genau. Aber wenn der Sch. da was abgehört hat, dann hatte der möglicherweise den Auftrag. Wir haben alle drei Monate neue Kollegen bekommen, die kamen u. a. vom Personenschutz. Und da musste halt auch immer ein Wechsel vorgenommen werden. Und wer insbesondere jetzt Jan Werner gehört hat, das kann ich aus meiner Erinnerung nicht sagen. Aber wenn da Sch. steht, Sch. war Mitglied der EG Rechts.“

Schneiders fragt nach einem Telefonat vom 15.09.2001 zwischen Jan Werner und einem Partner. Th. gibt an, das sage ihm nichts. Schneiders: „Das Gespräch ist aber mit einer weiblichen Person. Vorhalt: die weibliche Person Wahrscheinlich Katja Pröseler. Vorhalt: Sie fragt nach, ob sie Turner-Tagebücher verteilt haben. Schneiders: „Können Sie was sagen zu Turner-Tagebüchern?“ Th.: „Nein, das sagt mir nichts. Amerika war ein Thema in Bezug auf rechte Musik, ja. Und da ist mir noch ein Anthony Pierpont in Erinnerung. Mehr kann ich dazu nicht sagen.“ Schneiders: „Spielte der Name „Browning“, eine Person aus England, eine Rolle?“ Th.: „Sagt mir nichts, tut mir leid.“ Schneiders: „Ian Stuart Donaldson?“ Th. schweigt, sagt dann: „Ian Stuart, ja, aber ich will da auch nichts verwechseln. Ich denke, muss mal was mit rechter Musik oder Hatemusic oder Hassmusik zu tun haben. Oder vielleicht wars auch bloß ein Skinhead? Ich weiß es nicht, tut mir leid.“ Vorhalt: Zu Ian Stuart Donaldson: Die Rechte an den B&H-CDs hatte Ian Stuart Donaldson bzw C18 England, Inhaber, Browning. (…) ich hatte die Rechte bekommen (…). Schneiders: „Ist Ihnen C18 und Ian Stuart Donaldson bekannt geworden?“ Th.: Die Frage hab ich schon beantwortet, ich kann mich da an keine Bezüge erinnern.“ Schneiders: „Kommt da eine Erinnerung?“ Th.: „Nein, ich kann mich nicht mal an die Passage erinnern, nein, tut mir leid, wüsste auch nicht jetzt, wo die Quelle dieser Passage liegt.“

Schneiders: „Dieser ‚Anthony‘, den Sie gerade erwähnt haben, der soll aus den USA stammen?“ Th.: „Ja.“ Schneiders: „Können Sie etwas sagen, zu den Bezügen Anthony und Jan Werner?“ Th.: „Da hab ich keine Erinnerung.“ Vorhalt: An Anthony verkaufte Jan Werner im Mai 2002 die Rechte von Landser „Ran an den Feind“. Es soll sich dabei um 20.000 Dollar gehandelt haben (…) Inhaber sind Anthony und William Pierce. Th.: „Ich kann mich dran erinnern, dass wir im Zuge von Postbeschlagnahmungen Sendungen aus Amerika abgefangen haben, geöffnet haben, d. h. geöffnet hats die Staatsanwaltschaft. Da war Geld drin, teilweise, wie viel kann ich nicht mehr sagen. Und Adresssat war, ich mag nichts falsches sagen, ich glaube Regener. Ich weiß es nicht mehr genau. Aber ich weiß nicht mehr, wieviel Post da kam, ein Brief oder zwei. Die waren ziemlich zugeklebte, das hat ganz viel Mühe gemacht die aufzumachen und wieder zuzumachen, dass sie wieder gut aussehen.“

Schneiders: „Ist bekannt geworden aus der Überwachung, ob Jan Werner drei Personen, die untergetaucht sein sollen, unterstützt hat?“ Th.: „Da ist mir nichts bekannt.“ Schneiders: „Ob Gelder aus CD-Verkäufen oder Konzerten in Sachsen für Personen, die auf der Flucht sind, verwendet wurden?“ Th.: „Da kann ich nichts zu sagen. Aus meiner Erinnerung ist nichts bekannt. Ich war bei der Vernehmung Werner dabei, da sollte das Papier bemüht werden, vielleicht sind da Punkte.“ Schneiders: „Ist Ihnen bekannt geworden, ob Jan Werner auf der Suche nach Waffen war?“ Th.: „Da ist mir nichts erinnerlich.“ Schneiders: „Ist an Sachsen Informationen weitergeleitet worden zu Jan Werner, ob da was geprüft werden soll, ist Ihnen da was bekannt?“ Th.: „Nein.“

RA Klemke: „Sie erwähnten vorher, das einzelne Mitarbeiter der EG rechts einzelnen Personen zugeordnet wurden. Erfolgte das auf Zuruf oder gab es einen schriftlichen Ermittlungsplan?“ Th.: „Gute Frage. Kann ich Ihnen nicht mehr genau sagen. Einen Ermittlungsplan direkt hat es nicht gegeben, nein ich denke eher auf Zuruf, auch abhängig dessen, wer gerade da war, dauerhaft, Urlaubsvertretung, Abwesenheitsvertretung, da kann ich nichts mehr Konkreteres sagen.“ Klemke: „Wissen Sie ob eine Auftragsvergabe aktenkundig gemacht wurde?“ Th.: „Nein, weiß ich nichts mehr.“

NKRA Narin: „Haben Sie sich auf die heutige Vernehmung vorbereitet und wenn ja wie?“ Th.: „Ich habe beim LKA 53 in Berlin nachgefragt und nochmal den mir zugelieferten Schlussbericht Landser vom Kollegen Bu. durchgelesen. Und ich habe Fragmente aus einem Personenordner Jan Werner gelesen und habe festgestellt, dass ich bei der Vernehmung von Jan Werner dabei war, was mir so auch nicht mehr erinnerlich war.“ Narin: „Bei der Vernehmung von Jan Werner, ist die Vernehmung dort noch protokolliert?“ Th.: „Also ich hab da Bestandteile bekommen auf einer, da war eine Vernehmung mit bei. So ist es mir erinnerlich, ja.“ Narin: „Auf Frage des Vorsitzenden, ob noch TÜ-Protokolle vorliegen, sagten Sie ‚Ihnen sei nicht signalisiert worden, dass sie vorliegen würden‘. Haben Sie nachgefragt?“ Th: „Ich kann das auch nicht mehr so sagen. Ich hab angefragt, ob noch irgendwas vorhanden ist und habe diese Sachen zugeliefert bekommen. Ob da noch weitere TÜ-Protokolle vorhanden sind, hab ich nicht nachgefragt.“ Narin: Wer wäre denn zuständig?“ Th.: „LKA 53.“

NKRAin von der Behrens: „“Wie oft sind Sie in den Untersuchungsausschüssen vernommen worden?“ Th.: „Einmal, nein zweimal.“ V. d. Behrens: „In welchen?“ Th.: „In Sachsen.“ V. d. Behrens: „Wie haben Sie sich da vorbereitet?“ Th.: „Da war nicht viel Vorbereitung möglich, kann ich Ihnen jetzt auch nicht mehr sagen, das ist auch schon eine Weile her.“ V. d. Behrens: „Wann war das?“ Th. antwortet, da sei er überfragt. V. d. Behrens: „Haben Sie da auch Akten eingesehen?“ Th.: „Ist mir nicht mehr erinnerlich.“ V. d. Behrens: „Sie wissen nicht mehr, ob Sie dort waren um Akten zu lesen?“ Th.: „Das ist eine Weile her, der Untersuchungsausschuss.“ V. d. Behrens: „Vorher fiel der Name Sch. War der dauerhaft in der EG, oder nur drei Monate?“ Th.: „Das kann ich nicht sagen. Das war ein Personenschützer, der kann drei Monate dagewesen sein oder verlängert haben, das entzieht sich meiner Kenntnis, weiß ich so nicht mehr.“ V. d. Behrens: „Wurden Sie im Jahr 2002 mal vom LKA Thüringen gefragt, mit der Bitte, die Namen Böhnhardt, Mundlos, Zschäpe durch Ihre TKÜ-Datenbank zu schicken?“ Th.: „Ist mir nicht erinnerlich.“

V. d. Behrens: „Da möchte ich Ihnen mal dazu vorhalten und zwar Aktenvermerk, der wird von Herrn Binninger im Bundestags-UA zitiert, 22.04.2013, eine Frage von Herrn Binninger.“ Vorhalt: Die Thüringer erfahren von einer TÜ des LKA Berlin gegen Jan Werner. Daraufhin teilt Thüringen Herrn Th. zwei Monate nach dem Hinweis ‚es geht um drei Personen aus Thüringen‘ noch einmal die Namen der drei Gesuchten mit, damit diese mit den erlangten TÜ-Inhalten abgeprüft werden. Eine Rückmeldung des LKA ist nicht ersichtlich. V. d. Behrens: „Also zweimal ist bei Ihnen angefragt worden, dass Sie nach den Namen suchen sollen.“ Th.: „Kommt keine Erinnerung zurück, tut mir leid.“ V. d. Behrens: „Fertigen Sie Aktenvermerke an, die solche Anfragen betreffen?“ Th: „Entweder kommt so eine Anfrage per Fax, per Mail oder telefonisch.“ V. d. Behrens: „Werden dann Aktenvermerke angefertigt, haben Sie das damals so gehandhabt?“ Th. schweigt und sagt dann: „Sicherlich schon. Ich kann ich nicht mehr dran erinnern, ich kann ich insbesondere an eine derartige Anfrage nicht erinnern. Es kommen Anfragen, aber welche im einzelnen kamen und wie die protokolliert wurden und wer die beantwortet hat, das kann ich nicht sagen.“

V. d. Behrens: „Waren Sie bei der Vernehmung am 14.11.2001 anwesend? Th.: „Da kann ich mich dran erinnern, die Frage wurde mir in Dresden gestellt. Und das wusste ich nicht mehr genau, bat mir den Sachverhalt vorzuhalten und tatsächlich war ich wohl da, wurde mir zumindest vorgehalten. Konnte mich aber daran nicht mehr erinnern.“ V. d. Behrens: „Konnten Sie sich nach den Vorhalt erinnern?“ Th.: „Nachdem mir gesagt wurde, steht meine Unterschrift drunter, muss das wohl so gewesen sein. Ich weiß es jetzt nicht mehr, ob ich dran erinnern konnte oder nicht. V. d. Behrens: „Haben Sie in der Vernehmung Thomas Starke als Informant für das LKA Berlin angeworben?“ Th.: „Ich kann mich über die Inhalte der Vernehmung beim besten Willen mehr was sagen. Und Sie müssen wissen, dass ich kein VP-Führer bin, ich bin Ermittlungsführer.“ V. d. Behrens: „Ist Ihnen im Landserverfahren bekannt geworden, dass Starke Informant war für das LKA?“ Th.: „Im Nachhinein ist es mir bekannt geworden.“ V. d. Behrens: „In der damaligen Zeit, nicht, was in den Medien steht.“ Th.: „Ich krieg das nicht getrennt, ich kann dazu nichts sagen.“

V. d. Behrens macht einen Vorhalt aus dem Bericht des Bundestagsuntersuchungsausschuss, der V-Mannführer von Starke, P.S., wird zitiert, Vorhalt: Zu den Umständen der Anwerbung hat P.S. angegeben, dass es im Vorfeld der Anwerbung Gespräche zwischen dem BAW und der EG Rechts des LKA Berlin gegeben habe, die die Ermittlung gegen Landser geführt habe. V. d. Behrens: „Erinnern Sie sich an Gespräche zur Anwerbung?“ Götzl sagt, das unterstelle, dass Th. da gewesen sei. V. d. Behrens: „Er sagte, er war der Leiter der EG Rechts.“ Götzl: „Keine Suggestivfragen.“ V. d. Behrens: „Dann halte ich weiter vor.“

Vorhalt: Die Anwerbung sei dann im Anschluss an die Vernehmung im LKA Sachsen gewesen, anwesend sei ein Beamter des LKA Berlin gewesen, seiner Erinnerung nach KHK T. V. d. Behrens: „Sind Sie KHK T., der hier abgekürzt worden ist?“ Th.: „Diese Vernehmung wurde mir in Sachsen vorgehalten, deswegen weiß ich, dass ich wohl derjenige bin, der die Vernehmung gemacht hat, richtig. An weitere Sachen kann ich mich erstens nicht erinnern und zweitens bin ich nicht für die Anwerbung von V-Personen zuständig. Meine Aufgabe ist es, Vertrauenspersonen nicht mal zu kennen, sonst müsste ich sie vor Gericht benennen.“ V. d. Behrens: Ist Ihnen erinnerlich, ob es zwischen der BAW und der EG Rechts Gespräche hinsichtlich der Anwerbung Thomas Starke gegeben hat?“ Th.: „Ist mir nicht erinnerlich, tut mir leid. Bezogen auf Einzelpersonen nicht und auf mehrere Personen. Das ist mir nicht mehr erinnerlich. Nun ist die EG Rechts auch 25 Mann stark.“ V. d. Behrens: „Wer hat denn den Kontakt zur BAW gehalten in der EG rechts?“ Th.: „Der Kollege Buchholz war da in der Kommunikation. Ich hatte auch mal einen Stellvertreter La. für diese Zeit, vielleicht hat La. mich auch beerbt um meinen Posten, das kann ich nicht mehr sagen.“

V. d. Behrens: „Haben Sie sie auch mit übernommen?“ Th.: „Ich hab sicherlich auch mal mit Herrn Si. gesprochen, das ist richtig.“ V. d. Behrens: „Ein anderer Vorhalt, sächsischer Untersuchungsausschuss, Zeugenvernehmung Carsten Ke., LKA Sachsen, 23.10.2013, sagt Ihnen der Name Ke. etwas?“ Th: „Aus meiner Erinnerung nicht, nein.“ Vorhalt: Überrascht war ich, als mir ein Kollege, der für die TÜ des Starke zuständig war, mitteilte, dass es einen Anruf mit Rufnummer der Berliner Polizei gegeben hat. Der Inhalt deutete auf eine Anwerbung als V-Mann hin. Kurz darauf war der Ermittlungsgruppenleiter Th. im LKA Sachsen. Ich habe ihn darauf angesprochen und er gab zu, dass es einen Anwerbeversuch des Starke geben sollte.Th. sagte noch, dass nur er in seiner Ermittlungsgruppe Bescheid wisse, jedoch sei ein Beamter des LKA Berlin mit der Anwerbung beauftragt. Th. „Das ist mir so auch schon mal so vorgehalten worden in Dresden.“

V. d. Behrens: „Kommt eine Erinnerung zurück?“ Th.: „Ich weiß nicht, was ich in Dresden gesagt habe.“ V. d. Behrens: „Ob Sie eine Erinnerung haben?“ T.: „Ich weiß nicht, ob ich mich in Dresden erinnert habe. Aber da die Vernehmung schonmal gelaufen ist, versteh ich die Frage nicht.“ Götzl tobt: „Beantworten Sie die Frage und zwar wahrheitsgemäß! Diese Sachen können Sie lassen. Hier haben Sie die Frage nicht beantwortet.“ Th.: „Ich wollte nicht anzweifeln, dass ich nichts sagen soll als Zeuge, nur dass ich mich an die Antwort nicht mehr erinnern kann. Das ist ein Missverständnis, bitte um Entschuldigung.“ V. d. Behrens: „Ist Ihnen bekannt, ob bei der Durchsuchung Thomas Starke ein Telefonbuch beschlagnahmt wurde und es ausgewertet worden ist?“ Th.: „Kann ich mich nicht mehr dran erinnern.“ Vorhalt eines Vermerk des BKAs: Das LKA Sachsen teilt Ermittlungsergebnisse des Landser-Komplexes mit: Im Rahmen der Durchsuchung Thomas Starke sei ein Notizblock sichergestellt worden. V. d. Behrens: Kommt da eine Erinnerung zurück?“ Th.: „Tut mir leid, nein.“ V. d. Behrens: „Ist Ihnen bekannt geworden, ob mit Thomas Starke zusammen irgendein Adressverzeichnis von ihm ausgewertet worden ist?“ Th.: „Aus meiner Erinnerung kann ich dazu nichts sagen.“

V. d. Behrens: „Dann zu einem anderen Komplex. Ist Ihnen im Rahmen der Telefonüberwachung im Landserverfahren der Name Ralf Marschner untergekommen und ob die Band Landser Kontakte nach Zwickau hatte?“ Th.: „Ist mir nicht erinnerlich, tut mir leid.“ V. d. Behrens fragt nach dem Spitznamen Manole. Th.: „Sagt mir was, als ich mich vorbereitet habe, ist mir der Spitzname, ich denke im Schlussbericht von Herrn Bu. gelesen zu haben. Bin mir aber nicht sicher.“ V. d. Behrens: „Was haben Sie gelesen im Schlussbericht?“ RA Stahl: „Möchte ich beanstanden, ich glaube nicht, dass die Ladung des Zeugen Th. die Möglichkeit eröffnet, sämtliche Erkenntnisse aus dem Landserverfahren abzufragen, ich sehe den Zusammenhang zum Verfahren hier nicht.“ V. d. Behrens: „Es geht um mögliche Erkenntnisse aus dieser TÜ zu Ralf Marschner. Wir gehen von einem Kontakt zwischen Ralf Marschner und dem Trio aus, es ist denkbar, dass im Rahmen der Überwachung Erkenntnisse zu den Dreien ergeben haben.“ Nach kurzer Diskussion sagt V. d. Behrens: „Ich würde es gern vom Zeugen wissen, was er sich erinnert im Bezug auf Manole.“ Th.: „Dass ich Manole vielleicht gelesen habe im Zwischenbericht. Mehr ist mir dazu nicht erinnerlich.“ V. d. Behrens: Dann hab ich keinen weiteren Fragen, wenn der Zeuge keine Erinnerung haben will.

NKRA Reinecke: „Sie sagten, Ihre Vernehmungen im sächsischen Landtag sind schon etwas her: Sie sind einmal am 24.10.2013 und 21.03.2014 vernommen worden. Meinen Sie das mit ‚lange her‘? Th.: „Wenn das die Daten sind, haben Sie recht. Für mich ist das lange her. Ich bin Mordermittler und habe im Jahr ca .15 gewaltsame Todesfälle in Berlin zu bearbeiten. Und da liegt mein Arbeitsschwerpunkt und das schon seit mehreren Jahren, ich bitte da um Verständnis.“ Reinecke: „Haben Sie als Zeuge im Untersuchungsausschuss Ihre Aussage zugesandt bekommen mit der Bitte um Billigung?“ Th.: Das weiß ich nicht mehr.“ Reinecke: „Haben Sie denn die Zeit seit 2014 genutzt, um die Erinnerungslücken aufzufrischen, haben Sie in der Zwischenzeit überlegt, ob Sie weitere Möglichkeiten haben, Ihr Gedächtnis aufzufrischen?“ OSTA Weingarten: „Ich beanstande die Frage, der Zeuge hat schon erschöpfend Antwort gegeben, von daher handelt es sich um Wiederholungsfragen.“ Reinecke: „Dann hab ich nur noch eine Frage. Im Rahmen der EG-Rechts-Tätigkeit, ist Ihnen da mal einen Rohrbombe untergekommen? Th.: „Ich habe mit diversen Rohrbomben zu tun gehabt, zwei oder drei. Ob die während der Zeit der EG Rechts Ermittlungsgegenstand waren oder ob die in einer Zeit lagen, wo ich im Prinzip stellvertretender Leiter Rechtsextremismus/Terrorismus in Berlin war, das kann ich nicht mehr genau sagen.“

NKRA Narin: „Eine Nachfrage: Sie sagten zu ‚Manole‘, Sie hätten den Namen in einem Schlussbericht gelesen, später in einem ‚Zwischenbericht‘. Können Sie das klarstellen?“ Th.: Ich weiß es nicht mehr genau, ich denke der Schlussbericht.“ Narin: „Wofür?“ Th.: „Ermittlungskomplex Landser. Könnte aber auch die Vernehmung Jan Werner gewesen sein.“ Narin: „Dazu sagten Sie, da hätten Ihnen Fragmente vorgelegen. Können Sie präzisieren, was da vorgelegen hat?“ Th.: Also Vernehmungsniederschrift, war ja wohl aus dem Polizeigewahrsam. Ob das eine abschießende Vernehmung war oder nur ein Teil, kann ich nicht mehr sagen. Ich konnte mich gar nicht mehr erinnern, aber tatsächlich habe ich meine Unterschrift gelesen.“ Narin: „Spielten in diesem Komplex auch Banküberfälle eine Rolle?“ Th.: „Aus meiner Erinnerung nicht.“

RAin Schneiders hält aus dem Protokoll des Untersuchungsausschuss sächsischer Landtag vor, da ginge es um die Haftstrafen, zu dem die Mitglieder von Landser verurteilt wurden: Als weiterer Beschuldigter wurde Mirko Hesse, Führungsmitglied Hammerskins, ermittelt. Schneiders: Sagt Ihnen Mirko Hesse was?“ Th: „Durchaus möglich, dass der da aufgetaucht ist. Ich wills nicht ausschließen, tut mir leid.“ Vorhalt: Er hatte das Cover gestaltet und die IPF Nummern des Presswerks rausgefräst. Th.: „In der Tat, das ist der Schlussbericht von Herrn Bu. glaube ich. Schneiders: „Wie lang ist denn das her, dass Sie den Schlussbericht gelesen haben?“ Th.: „Das ist eine Woche her.“ Vorhalt: Hesse wurde zu vier Jahren wegen Volksverhetzung und Verstoß gegen das Waffengesetz verurteilt. Schneiders: „Das Waffengesetz, ergab sich das aus Ihren Ermittlungen?“ Th.: „Ich weiß nicht wo und von welchem Gericht Hesse verurteilt wurde.“ Vorhalt: Als weiterer Beschuldigter in Sachsen. Th.: „Kann ich nicht sagen, was die Sachsen da in der Anklageschrift hatten. Woher die die Erkenntnisse hatten, ist mir nicht erinnerlich.“

Schneiders: „Ich frage, obwohl ich wenig Hoffnung auf zielführende Antwort habe: Haben Sie Erkenntnisse, ob es da um Schusswaffen ging?“ Th.: „Habe ich keinen Erinnerung.“ Schneiders: „Im Verfahren, sind überhaupt mal Schusswaffen gefunden worden, haben Sie da eine Erinnerung?“ Th. schweigt und sagt dann: „Die Ermittlungen in Sachsen habe ich nicht mit betrieben, aber ich weiß: wir haben in Sachsen mit durchsucht. Aber die Ergebnisse sind mir nicht mehr präsent, tut mir leid, möchte ich auch nichts Falsches sagen.“ Schneiders: „Können Sie sich erinnern, ob Jan Werner auch nach England geflogen ist, Konzerte besucht hat?“ Th.: Ist mir nichts erinnerlich aus den TÜ-Protokollen. Schneiders: „Und aus der Vernehmung?“ Th.: „Vernehmung, ich weiß es nicht genau, ich will da auch nichts durcheinanderbringen. Ich kann mich dran erinnern, dass diese ‚Ran an den Feind‘-Geschichte in England eingespielt wurde. Aber wer mit wem, keine Erinnerung.“ Der Zeuge wird entlassen. Es folgt eine Pause bis 11:35 Uhr.

Um 11:41 Uhr geht es weiter. RA Klemke sagt, er hätte hätte einen prozessualen Antrag. Der Angeklagte Wohlleben lehne den Sachverständigen Prof. Dr. Leygraf wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Der Sachverständige habe 2012 ein vorläufiges psychiatrisches Gutachten zur Frage, ob der Angeklagte Schultze in seinem Entwicklungsstand einem Jugendlichen gleichstand oder es sich bei der Tat um eine Jugendverfehlung handelte, erstattet. Der Gutachter habe sinngemäß und wörtlich große Teile des Explorationsgespräch weitergegeben. Die Verteidigung Wohlleben habe befragt, auf welcher Grundlage er dem Angeklagten Carsten Schultze vorgehalten habe, dass es doch ‚ausgeprägte ausländerfeindliche Parolen gegeben habe‘. Der Sachverständige habe es weder vermocht, konkrete Parolen zu benennen, noch wann und wo diese verwendet worden seien.

Bisher habe kein Zeuge Angaben getätigt, dass die jungen Jenaer, die sich dem , dem NW Jena zugerechnet hätten, ausländerfeindliche Parolen verwendet hätten. Als einzige mögliche Ausnahme sei bisher bekundet worden, dass der V-Mann Tino Brandt ohne Absprache mit seinen Kameraden einen Aufkleber ‚Bratwurst statt Döner‘ verteilt habe. Abgesehen davon habe der Angeklagte Carsten Schultze zu keiner Zeit ausgesagt, dass er ‚ausländerfeindliche Parolen‘ ‚übernommen‘ habe. Dennoch habe genau dies der Sachverständige ihm unterstellt. Dadurch habe der Sachverständige überdeutlich zu Erkennen gegeben, dass er den Angeklagten nicht mit der ausreichenden Objektivität gegenüberstehe. Er habe negative Zuschreibungen dahingehend vorgenommen, dass die dem THS zuzurechnende jungen Jenaer, und damit die Angeklagten, durchweg Rechtsextremisten gewesen seien und automatisch Ausländerfeinde. Damit habe der Sachverständige Vorurteile bzw. Klischees übernommen. Das berechtige den Angeklagten Wohlleben, den Sachverständigen abzulehnen. Es folgt die Mittagspause bis 13:00.

Um 13:08 geht es weiter. Götzl verkündet Beschlüsse zu Gegenvorstellungen von Vertreter_innen der Nebenklage [siehe 286. Verhandlungstag]: „Es ergeht nach geheimer Beratung folgender Beschluss: Bei dem Beschluss des Senats vom 30.09.2015 mit dem die Anträge, die Akten des Thüringer Landeskriminalamts „Zielfahndung 1″ beizuziehen und auszugsweise, soweit es die unter Beweis gestellten Tatsachen betrifft, zu verlesen, zu dem Beweis der Tatsachen, dass durch die Überwachung des Telefonanschlusses von Thomas Starke bekannt wurde, dass Thomas Starke, und im August 1998 konspirativ formulierte SMS bezüglich der Suche nach einer Wohnung und der Organisation eines Umzuges austauschten, abgelehnt wurden, hat es sein Bewenden.

Zu den Gründen führt Götzl aus:

1. Die Gegenvorstellung führt aus, für die Aufklärung der Rolle staatlicher Stellen bei der Ermöglichung der Taten des NSU sei es relevant, dass das Thüringer LKA aus den S-Records das Datum des Umzuges der drei Untergetauchten Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt kannte. Eine Observation der Umzugshelfer hätte die Ermittler zur neuen Wohnung der Untergetauchten in der Altchemnitzer Straße geführt. Die Kenntnis dieser Adresse hätte die Möglichkeit der Festnahme eröffnet. In den abgehörten Gesprächen und SMS wurde konspirativ über das Anmieten einer Wohnung und über die Suche nach einer vollständigen Grundausstattung einer Wohnung gesprochen. Aufgrund dieser beiden Umstände habe „klar sein“ müssen, dass es sich hierbei um den Umzug der untergetauchten Personen handelte. Beide Umstände habe der Senat in dem angegriffenen Beschluss nicht berücksichtigt. Die Aufklärung der Festnahmemöglichkeit sei nicht nur für die Frage einer Strafmilderung wegen staatlicher Erleichterung der Taten wegen Zurückstellung von Strafverfolgungsmaßnahmen aus sachfremden Erwägungen heraus von Bedeutung. Die Nebenkläger hätten zusätzlich aus menschenrechtlichen Vorgaben heraus einen Anspruch auf Aufklärung der staatlichen Mitverantwortung.

2. Der Umstand, dass die Zeugen Starke, Struck und Burkhardt im August 1998 formulierte SMS bezüglich der Suche nach einer Wohnung und der Organisation eines Umzuges austauschten, ist auch unter Berücksichtigung der weiteren in der Beweisaufnahme inzwischen gewonnenen Erkenntnisse und dem Vortrag der Gegenvorstellung weiterhin für die Entscheidung ohne Bedeutung:
a. Den Umstand, dass die SMS-Inhalte „konspirativ“ formuliert waren, sieht der Senat nicht als Hinweis dafür, dass sich die Inhalte auf die untergetauchten Personen bezogen. Es wird beispielsweise in den SMS-Mitteilungen nicht erwähnt, für welche Person oder Personen die Wohnung gedacht war. Die Personen, die sich um die Beschaffung einer Wohnung für eine oder mehrere Personen bemühen sind, was naheliegend ist, darüber informiert, für wen die Wohnung bestimmt ist. Dann ist es auch nicht nötig, dessen oder deren Namen in einer SMS zu erwähnen. Ein
Hinweis auf die drei untergetauchten Personen liegt darin jedenfalls nicht. Der Umstand, dass Burkhardt mit seinem Gesprächspartner Starke am Telefon nicht über die Lage der Wohnung kommunizieren will, kann verschiedene Gründe haben. Die Gegenvorstellung trägt vor, der SMS-Verkehr Weise auf den Umzug der drei untergetauchten Personen am 30.08.1998 in die Altchemnitzer Straße in Chemnitz hin. Allerdings wird in Verbindung Nr. 167 von einer Wohnung in Zittau und nicht in Chemnitz gesprochen. In Verbindung Nr. 172 wird die Frage aufgeworfen, ob der „Kunde“ sie nimmt und ob er „zuverlässig“ ist. Vor diesem Hintergrund zieht der Senat den von der Gegenvorstellung formulierten Schluss nicht. Der Umstand, dass eine Grundausstattung für eine Wohnung (Geschirr, Matratzen, Herd, Waschmaschine) gesucht wurde, weist ebenso weder allein noch in der Gesamtschau der Umstände auf die untergetauchten drei Personen hin. Die Notwendigkeit einer Beschaffung einer Grundausstattung ist in vielerlei Umzugskonstellationen gegeben und weist daher nicht spezifisch auf die drei untergetauchten Personen hin.

b. Eine tatsächliche Bedeutung könnte diesem Themenkreis aber ohnehin nur dann zukommen, wenn er zu einer „staatlichen Mitverantwortung“ bei den angeklagten Taten führen könnte. Im August 1998 lagen den Behörden aber noch keine konkreten Hinweise auf weitere Straftaten der unter getauchten Personen vor, so dass eine staatliche Mitverantwortung für die angeklagten Taten und damit die tatsächliche Bedeutung der unter Beweis gestellten Tatsachen auch aus diesem Grund ausscheidet.

3. Ein von der Straffrage isolierter Anspruch auf Aufklärung staatlicher Mitverantwortung aus menschenrechtlichen Vorgaben existiert für die Nebenkläger nicht. In diesem Zusammenhang wird Bezug genommen auf den Senatsbeschluss, der auf die Gegenvorstellung zur abgelehnten Beiziehung von acht Ordnern Akten des Innenministeriums Brandenburg ergangen ist. Zudem lag, wie oben dargelegt, im August 1998 noch keine Kenntnislage bei staatlichen Behörden vor, dass eine staatliche Mitverantwortung für die angeklagten Taten überhaupt in Erwägung gezogen werden könnte.

Götzl verkündet einen weiteren Beschluss:
Bei dem Beschluss des Senats vom 02.03.2016, mit dem der Senat den Anträgen,
• die acht Ordner umfassenden Akten, die dem Zeugen Rainer Görlitz zur Vorbereitung auf seine Vernehmung im parlamentarischen Untersuchungsausschuss des Bundestages am 28. Februar 2013 und in den Hauptverhandlungen am 1. Juli 2015/29. Juli 2015 bzw. dem Zeugen Meyer-Plath zur Vorbereitung seiner Vernehmung in der Hauptverhandlung am 22. April 2015 im Innenministerium Brandenburg zur Verfügung ständen, beizuziehen und den Unterzeichnern Akteneinsicht zu gewähren,
• hilfsweise dazu die vier Aktenordner, die – nach Angaben des Zeugen Görlitz – ausschließlich Treffberichte und Deckblattmeldungen des V-Mannes Szczepanski beinhalten, die zum hiesigen Verfahrenskomplex gehören, beizuziehen,
• hilfsweise dazu aus diesen vier Aktenordner sämtliche Treffberichte und Deckblattmeldungen aus der Zeit vom 26. Januar 1998 bis zur Enttarnung des Zeugen Szczepanski im Juli 2001 beizuziehen, nicht nachgekommen ist, hat es sein Bewenden.

Zu den Gründen führt Götzl aus:
(I) Unter dem 16.09.2015 beantragten verschiedene Prozessbeteiligte die Beiziehung der im Tenor genannten Akten bzw. hilfsweise die näher bezeichneten Treffberichte bzw. Deckblattmeldungen.
Mit Beschluss vom 02.03.2016 lehnte der Senat die Beweisermittlungsanträge sowohl im Haupt- als auch im Hilfsantrag ab, weil es die Aufklärungspflicht nicht erfordere, die von den Antragstellern benannten Akten bzw. die hilfsweise beantragten Aktenteile beizuziehen und den Verfahrensbeteiligten hierin Einsicht zu gewähren. Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Ausführungen im Senatsbeschluss vom 02.03.2016. Am 02.06.2016 wurde von den Antragstellern Gegenvorstellung gegen den genannten Senatsbeschluss erhoben. Zur Begründung wurde zusammengefasst vorgetragen: Die Akten, deren Beiziehung beantragt wurde, enthielten nach „allem bisher Bekannten“ weitere für die Schuld- und Straffrage relevante Informationen. Aus der Gesamtschau der in den beizuziehenden Akten enthaltenen Schriftstücke
ergebe sich eine „staatliche Mitverantwortung“ in der Form, dass die Verfassungsschutzämter durch Steuerung der Strafverfolgungsbehörden eine Festnahme von Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe verhindert haben.


Aus dem Institut der Nebenklage und dem menschenrechtlichen Anspruch auf Schutz des Lebens folge zudem, dass in staatlichen Ermittlungen staatliche Mitverantwortlichkeit für Tötungsdelikte – auch unabhängig von der Frage der Strafmilderung – aufzuklären seien.
Zudem habe die Fortsetzung der Vernehmung des Zeugen Görlitz, die nach der Verkündung des angegriffenen Beschlusses erfolgt sei gezeigt, dass dessen Angaben unglaubhaft seien und dass ihm deshalb Vorhalte aus den beizuziehenden Akten zu machen und seine Angaben anhand dieser Akten zu überprüfen seien.

(II) Nach erneuter Prüfung der Sach- und Rechtslage unter besonderer Berücksichtigung des Vortrags der Gegenvorstellung kann der Senat keine Umstände erkennen, die eine Abänderung des Beschlusses vom 02.03.2016 rechtfertigen würden. Es hat demnach bei dem Beschluss sein Bewenden.
Zur Begründung wird in vollem Umfang Bezug genommen auf den angegriffenen Beschluss vom 02.03.2016, in dem dargelegt wurde, aus welchen Gründen die Aufklärungspflicht nicht zur Beiziehung der bezeichneten Akten bzw. hilfsweise Aktenteile drängt. Auch die von der Gegenvorstellung vorgebrachten Umstände führen nicht dazu, dass aus Gründen der Aufklärung eine Beiziehung der Akten nunmehr geboten wäre:
1. Die Aufklärungspflicht drängt auch unter zusätzlicher Berücksichtigung des Vortrags der Gegenvorstellung nicht zur Beiziehung der genannten Akten- bzw. Aktenteile, weil keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass sich darin Erkenntnisse befinden, die für die Beurteilung einer möglichen Schuld- und/oder Straffrage von Relevanz sind:

a. Die Gegenvorstellung führt sinngemäß aus, die Amtsaufklärungspflicht erfordere die Beiziehung der genannten Akten u.a. deshalb, da bislang keine Schriftstücke zu den Verfahrensakten gelangt seien, aus denen sich ergebe, was aufgrund einer am 03.02.1998 vom Thüringer Landesamt für
Verfassungsschutz an alle Nachrichtendienste versandten Anfrage zu Erkenntnissen zu den drei Untergetauchten veranlasst worden sei. Weiter würden Dokumente fehlen, aus denen sich ergebe aufgrund welcher internen Analysen der damalige Leiter des Verfassungsschutzes Brandenburg am 14.03.1998 das „untergetauchte Trio als ein Beispiel für eine Entwicklung der rechten Szene hin zum Terrorismus“ angeführt habe,

i. Es ist nicht ersichtlich, aus welchen Gründen sich die von der Gegenvorstellung vermissten Dokumente in den Akten befinden sollten, deren Beiziehung beantragt wurde. Weder die Dokumentation der veranlassten Maßnahmen auf die Anfrage an alle Nachrichtendienste
vom Februar 1998 noch die „internen Analysen“ für den damaligen Leiter des Verfassungsschutzes haben einen direkten Zusammenhang mit der „Führung des V-Mannes Carsten Szczepanski“, zu der der Zeuge Görlitz vernommen wird,
ii. Die von der Gegenvorstellung angeführte Bedeutung dieser Schriftstücke zum Nachweis der Umstände, dass die drei Untergetauchten den V-Mann-Führern und dem Amt „ein Begriff“ waren, dass der V-Mann Szczepanski „gezielt auf diese angesetzt bzw. nach ihnen gefragt worden“ und dass „die Bedeutsamkeit diesbezüglicher Informationen bekannt“ gewesen sei, lässt keine Relevanz für eine mögliche Schuld- und/oder Straffrage erkennen. Vielmehr würden diese Schriftstücke lediglich subjektive Kenntnisse von Mitarbeitern des Verfassungsschutzes und die Art und Weise der Führung von Szczepanski durch sie belegen.

b. Die Gegenvorstellung führt sinngemäß aus, die Amtsaufklärungspflicht erfordere die Beiziehung der genannten Akten u.a. deshalb, da bislang kein Schriftstück zu den Verfahrensakten gelangt sei, aus dem sich die Meldung des Zeugen Szczepanski ergebe, die Drei seien im „Raum Chemnitz“ untergetaucht.
i. Der Umstand, dass der Zeuge Szczepanski andeutete, die Drei seien im Raum Chemnitz untergetaucht, ist, wie auch die Gegenvorstellung vorträgt, aus dem Vermerk des V-Mann-Führers Wießner ersichtlich. Die Aufklärungspflicht drängt nicht dazu, hierfür noch ein weiteres Schriftstück beizuziehen, dessen Existenz nicht einmal feststeht. Es ist nicht zwingend, dass neben dem handschriftlichen Vermerk Wießners noch ein weiteres Schriftstück des Zeugen Görlitz existiert, in dem dieser Hinweis nochmals verschriftet ist.
ii. Die Verfahrensrelevanz eines derartigen Schriftstücks sieht die Gegenvorstellung darin, dass dadurch belegt werde, dass spätestens am 07.09.1998 die Verfassungsschutzbehörden in Thüringen und Brandenburg wussten, dass die „Drei sich im Raum Chemnitz“ aufhielten. Dass der Zeuge Görlitz (=Verfassungsschutz Brandenburg) und der Zeuge Wießner (=Verfassungsschutz Thüringen) diese Mitteilung am 07.09.1998 kannten, ergibt sich jedoch bereits aus dem handschriftlichen Vermerk des Zeugen Wießner, der Aktenbestand teil ist. Die Beiziehung eines weiteren schriftlichen Belegs mit identischem Inhalt erfordert die Aufklärungspflicht ebenso nicht,

c. Die Gegenvorstellung führt sinngemäß aus, die Amtsaufklärungspflicht erfordere die Beiziehung der genannten Akten u.a. deshalb, da bislang keine Schriftstücke zu den Verfahrensakten gelangt seien, aus denen sich ergebe, dass der Zeuge Szczepanski seinem V-Mann-Führer mitgeteilt
habe, dass die „Drei“ in Südafrika bei Claus Nordbruch untertauchen wollten und dass sich Nordbruch zum Zeitpunkt der Mitteilung in Deutschland aufgehalten habe. Weiter würden Aktenteile fehlen, aus denen sich ergebe, was aufgrund dieser Informationen veranlasst worden sei.
i. Es ist nicht erkennbar, welche Relevanz für eine mögliche Schuld- und/oder Rechtsfolgenfrage der Klärung des Umstands zukommen könnte, ob der Zeuge Szczepanski dem Verfassungsschutz die oben dargestellten Umstände mitgeteilt hat. Gleiches gilt für eventuelle an diese Mitteilung anschließenden weiteren Veranlassungen des Amtes.

ii. Nicht nachvollziehbar ist die Auffassung der Gegenvorstellung „sämtliche Erkenntnisse“ zur Flucht nach Südafrika seien im Rahmen der „notwendigen Feststellungen zu der Vereinigung NSU“ aufzuklären. In diesem Zusammenhang ist zudem hervorzuheben, dass sich keiner der untergetauchten Personen jemals nach Südafrika absetzte.
iii. Für die Bewertung der Glaubhaftigkeit der Angaben der Zeugen André Kapke und Brehme sind die oben genannten Informationen ebenso wenig von Bedeutung. Aus ihnen ergibt sich nicht, dass
Kapke und Brehme, was diese nach dem Vortrag der Gegenvorstellung abgestritten hätten, mit dem Zeugen Nordbruch über die Unterbringung der „Drei“ gesprochen hätten.

d. Die Gegenvorstellung führt sinngemäß aus, die Amtsaufklärungspflicht erfordere die Beiziehung der genannten Akten u.a. deshalb, da bislang der Treffbericht zur Waffenbeschaffung durch Jan Werner nicht zu den Akten gelangt sei. Zwar seien die diesbezügliche Deckblattmeldung und ein
Vermerk vom 17.09.98 zu diesem Sachverhalt bei den Akten. Der fehlende Treffbericht sei allerdings ausführlicher gehalten. Zudem fehlten in der Verfahrensakte die Unterlagen, aus denen sich ergebe, dass Szczepanski die Informationen zu den Waffen und Überfällen in einem Vieraugengespräch erlangt habe und dieses für einen möglichen Test seiner Person hielt.
i. Die Gegenvorstellung trägt selbst vor, der Sinn der Deckblattmeldung und des Vermerks vom 17.09.98 seien „zwar derselbe“. Jedoch fehle in der Deckblattmeldung die im Vermerk befindliche Feststellung, Werner habe nur den „Eindruck vermittelt, dass er jemanden suche, der Waffen beschaffen“ könne. Im Deckblatt hingegen werde schlicht festgestellt, Werner solle den Auftrag haben die drei Skinheads mit Waffen zu versorgen. Die Einschätzung Szczepanskis, Werner habe nur den oben beschriebenen Eindruck vermittelt, müsse daher aus dem ausführlicheren Treffbericht stammen.

ii. Dem Senat ist nicht ersichtlich, welchen Aufklärungsgewinn im Hinblick auf eine mögliche Schuld- und/oder Straffrage die Beiziehung des Treffberichts erbringen würde. Für diesen Fragenkreis ist es ohne Bedeutung, ob nun Jan Werner den Auftrag gehabt haben soll, Waffen zu beschaffen oder ob er nur den Eindruck vermittelte, er suche jemanden, der Waffen beschaffen könne. Gleiches gilt für den Umstand eines Vieraugengesprächs und eines möglichen Tests der
Person Szczepanskis.


e. Die Gegenvorstellung führt sinngemäß aus, die Amtsaufklärungspflicht erfordere die Beiziehung der genannten Akten u.a. deshalb, da sich aus den zu den Akten gebrachten Schriftstücken Hinweise auf je ein Treffen von Vertretern von drei Landesämtern für Verfassungsschutz sowohl am 15.09.1998 als auch am 17.09.1998 ergäben. Der Inhalt eines möglichen zweiten Treffens sei jedoch nicht bekannt.
i. Als Beleg für die mögliche Durchführung von zwei Treffen der Verfassungsschutzämter führt die Gegenvorstellung aus, in der öffentlichen Sitzung der Parlamentarischen Kontrollkommission des Landtages Brandenburg am 12.04.2016 sei auf einer Power-Point-Folie ein „Treffen der VS-Behörden am 15.09.1998 in Potsdam“ erwähnt worden. Hingegen sei im Vermerk des sächsischen Landesamtes für Verfassungsschutz vom 17.09.1998 von einem Treffen von Vertretern der drei Verfassungsschutzämter am 17.09.1998 die Rede.

ii. Es kam jedoch lediglich zu einem Treffen, so dass die Amtsaufklärungspflicht nicht zur Ermittlung des Inhalts der Gespräche bei einem zweiten Treffen drängen kann, weil ein solches Treffen nicht stattfand. Sowohl auf der Power-Point-Folie als auch im Vermerk des sächsischen Landesamtes werden die als Ergebnis des Treffens beschlossenen „Festlegungen“ aufgeführt. Diese Festlegungen sind inhaltlich identisch und wörtlich gleich formuliert. Es kann als fernliegend ausgeschlossen werden, dass sich die Vertreter von drei Verfassungsschutzämtern an zwei kurz hintereinander liegenden Terminen treffen und bei dem ersten Treffen fünf Beschlüsse fassen und
genau diese fünf Beschlüsse zwei Tage später mit identischem Inhalt nochmals ergehen. Zudem wurde beschlossen, dass die Observation der Antje Probst am 16.09.1998 am Nachmittag durch das LfV Thüringen begonnen werde und die Observation durch das LfV Sachsen am 17.09.1998 ab 07.00 Uhr fortgesetzt werde. Diese Beschlussfassung hätte bei einem Treffen erst am 17.09.1998, dessen Durchführung von der Gegenvorstellung zumindest für möglich erachtet wird, wegen zeitlicher Überholung keinen Sinn. Es ist daher von nur einem einzigen Treffen, und zwar am 15.09.1998, auszugehen. Es handelt sich demnach in dem Vermerk vom 17.09.1998 um einen Schreibfehler, wenn dort von einem Treffen am 17.09.1998 berichtet wird,

iii. Eine weitere Aufklärung des Inhalts dieses einen Treffens erfordert die Amtsaufklärungspflicht ebenfalls nicht. In diesem Zusammenhang wird Bezug genommen auf die Ausführungen des Senats im Beschluss vom 10.05.2016, wobei dort allerdings beruhend auf dem Schreibfehler im Vermerk vom 17.09.1998 auch fälschlich angenommen wurde, das Treffen hätte am 17.09.2016 stattgefunden.

2. Die Aufklärungspflicht drängt auch unter zusätzlicher Berücksichtigung des Vortrags der Gegenvorstellung nicht zur Beiziehung der genannten Akten- bzw. Aktenteile, weil keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass sich aus der Gesamtschau der in den Akten enthaltenen Schriftstücke Umstände ergäben, die zu einem Aufklärungserfolg führen, weil sie für die Beurteilung einer möglichen Schuld- und/oder Straffrage von Relevanz sein können. Insbesondere sind keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass die Verfassungsschutzämter durch Steuerung der Strafverfolgungsbehörden eine Festnahme von Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe verhindert haben.
a. Die Gegenvorstellung führt sinngemäß aus, der Aufenthaltsort der unter getauchten Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt sei nicht erst durch die Meldung von Szczepanski bekannt geworden. Dieser sei wie auch der Unterstützerkreis schon vorher bekannt gewesen und Szczepanski sei gezielt nach Chemnitz und an die dortige B&H Sektion, insbesondere an Jan Werner, herangesteuert worden, um Informationen zu den Dreien zu er langen.

i. Die Bedeutung dieser Umstände sieht die Gegenvorstellung darin, dass damit festgestellt werden könnte, dass Szczepanski nicht beiläufig Informationen zu den Drei erlangt hat, sondern gezielt auf sie angesetzt war und dies bisher nicht offen gelegt worden ist.
ii. Die Umstände, aus denen die Gegenvorstellung schließt, der Aufenthaltsort „Chemnitz“ der drei untergetauchten Personen und der Unterstützerkreis seien bereits vor der Meldung des V-Manns
Szczepanski bekannt gewesen, sind bereits Bestandteil der Akten. Ein Beiziehen weiterer Unterlagen zum Beleg bereits bekannter Informationen erfordert die Aufklärungspflicht jedoch nicht.

iii. Die Gegenvorstellung führt aus, das Thüringische Landeskriminalamt habe bereits ab dem 04.08.1998 die Telefone von Thomas Starke, Jan Werner und Hendrik Lasch abgehört. Der Beginn der Überwachungsmaßnahme sei damit zeitlich vor den Meldungen von Szczepanski und Degner in diesem Zusammenhang. Hieraus schließt die Gegenvorstellung, dass Hinweise auf die Unterstützer
rolle der abgehörten Personen zur Beantragung der Überwachungsmaßnahmen „zwangsläufig“ in den Akten sein müssen. Daher gebiete die Aufklärungspflicht die Beiziehung der gesamten Akten. Aus dem Umstand, dass beim Thüringischen Landeskriminalamt Kenntnisse oder Hinweise über die abgehörten Personen vorhanden waren, folgt nicht, dass diese Erkenntnisse auch dem Innenministerium des Landes Brandenburg zur Verfügung gestellt wurden. Es sind auch keinerlei Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass diese Kenntnisse dem brandenburgischen Verfassungsschutz zugeleitet wurden und sich nun auch in den Akten des Landes Brandenburg befinden, deren Beiziehung beantragt wurde. Ein Aufklärungserfolg durch Beiziehung dieser Akten ist demnach nicht zu erwarten.


iv. Entsprechendes gilt für die Ausführungen der Gegenvorstellung zur Kenntnislage des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz und der Thüringer Zielfahndung im Zusammenhang mit einem Wohnungsumzug. Es sind keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass die diesbezüglichen Informationen an den brandenburgischen Verfassungsschutz weitergeleitet wurden.
v. Der Zusammenhang des Vortrags der Gegenvorstellung über eine angeblich nur einseitige Informationsübermittlung vom Thüringischen Landeskriminalamt an den Thüringer Verfassungsschutz mit dem Inhalt der Akten aus Brandenburg ist nicht ersichtlich.

vi. Die Ausführungen der Gegenvorstellung zur „gezielten Steuerung“ des V-Manns Szczepanski in Richtung der „untergetauchten Drei“ sind rein spekulativ. Die V-Mann-Führer Görlitz und Meyer-Plath gaben in der Hauptverhandlung übereinstimmend an, Szczepanski sei nicht vom Verfassungsschutz gezielt nach Chemnitz geschickt worden, sondern habe sieh das Praktikum im Laden der Eheleute Probst selbst gesucht. Der Zeuge – vgl. HVT vom 02.12.14 – und der Zeuge Szczepanski – vgl. HVT vom 03.12.14 – führten insoweit glaubhaft und übereinstimmend aus, Michael Probst habe zu Szczepanski bereits in der Haft Kontakt gehabt und ihn dort auch besucht. Die Zeugin Bö. – vormals Probst – gab insoweit in der Hauptverhandlung am 20.11.2014 glaubhaft an, ihr Kontakt zu Szczepanski sei bereits während der Haft durch Briefe entstanden. Vor diesem Hintergrund ist es nachvollziehbar, dass Szczepanski sein Praktikum bei seinen Bekannten, dem Ehepaar Probst, absolvierte und diese Stelle einer anderen vorzog, auch wenn er nach Chemnitz einen weiteren Anfahrtsweg hatte. Das Praktikum ist daher kein Indiz für eine Steuerung des V-Manns Szczepanski nach Chemnitz. Gleiches gilt für die amtsinterne Analyse der Gefährlichkeit der drei untergetauchten Personen und die Einstufung der Handlungen der Drei als „rechtsterroristisch“. Hieraus entwickelt die Gegenvorstellung ein „Wissen und das Interesse“, weitere Informationen durch den V-Mann Szczepanski zu erhalten.

Deshalb sei er vom Verfassungsschutz nach Chemnitz gesteuert worden. Auch dies ist aber nur eine Vermutung der Gegenvorstellung. Die Gegenvorstellung konzidiert selbst, dass nicht belegt werden könne, dass dem Verfassungsschutz in Brandenburg bekannt gewesen sei, dass die Unterstützer der Drei aus Chemnitz gekommen seien. Die Gegenvorstellung führt vielmehr aus, dass der Verfassungsschutz dies nur „sehr wahrscheinlich“ wusste. Da keine Hinweise auf eine „Steuerung“ des V-Manns Szczepanski nach Chemnitz vorliegen, bestehen auch keine Anhaltspunkte für die Existenz von Schriftstücken in der beizuziehenden Akte, die eine solche Steuerung belegen würden. Für die Annahme einer staatliche Mitverantwortung an den angeklagten Taten besteht vor diesem Hintergrund ebenfalls keine Grundlage.

b. Die Gegenvorstellung führt sinngemäß aus, es habe eine gemeinsame Entscheidung wenigstens der Verfassungsschutzbehörden von Thüringen und Brandenburg gegeben, die vorliegenden Informationen über den Aufenthaltsort und die Unterstützer der Drei durch V-Mann-Meldungen aktenkundig zu machen. Die Bedeutung einer derartigen Absprache sieht die Gegenvorstellung darin, dass eine derartige Absprache im „Hinblick auf die staatliche Mitverantwortung bezüglich der angeklagten Taten vefahrensrelevant“ sei.

i. Dass es zu einer derartigen Absprache gekommen sei, schließt die Gegenvorstellung u.a. daraus, dass die beteiligten V-Mann-Führer der Länder Thüringen und Brandenburg miteinander telefoniert hätten, dass im Thüringer Amt beschlossen worden sei, den dortigen V- Mann Degner über eine Sonderprämie für Informationen über die „Drei“ in Kenntnis zu setzen, dass der V-Mann Degner bei seiner ersten Befragung zu den untergetauchten Personen bereits Informationen über diese gehabt habe und dass der V-Mann Degner am 08.09.1998 und der V-Mann Szczepanski am 09.09.1998 über den selben Unterstützerkreis berichtet hätten. Hieraus zieht die Gegenvorstellung den o.g. Schluss von der Entscheidung der beteiligten Behörden, die erlangten Informationen aktenkundig zu machen,

ii. Inwiefern eine derartige Absprache eine Bedeutung für eine behauptete staatliche Mitverantwortung haben soll, erschließt sich dem Senat nicht. Zudem handelt es sich bei diesem Schluss um eine reine Vermutung. Die aufgeführten Umstände legen eine Absprache nicht
nahe. Vielmehr hat jedes der beteiligten Verfassungsschutzämter die in seinem Geschäftsbereich gewonnenen Erkenntnisse aktenkundig gemacht. Eine gesonderte Verabredung bedurfte es für diese
Selbstverständlichkeit nicht. Auch die Gegenvorstellung relativiert ihre eigene Behauptung von der Absprache, indem sie ausführt, ein bestimmter Umstand „deutet darauf hin“, dass es eine Absprache gegeben habe oder, dass Aktenteile über „mögliche Absprachen“ in der Gerichtsakte fehlen. Mangels Hinweise auf eine Absprache und mangels Bedeutung einer derartigen Absprache drängt die Aufklärungspflicht unter diesen Gesichtspunkten nicht zur Beiziehung der
Akten.

Die Gegenvorstellung führt sinngemäß aus, die Angaben des Zeugen Görlitz zur Einziehung des Handys von Szczepanski am 25.08.1998 seien nicht glaubhaft. Es sei davon auszugehen, dass das Handy und die SIM- Karte nicht sofort eingezogen worden seien und sowohl dem Amt als auch
Szczepanski eine SMS von Jan Werner mit dem Inhalt „Was ist mit den Bums?“ bekannt gewesen sei. Weitere Informationen hierzu seien im Hinblick auf die „staatliche Mitverantwortung für die angeklagten Taten von Bedeutung“.

i. Die Gegenvorstellung sieht in dem vom Zeugen angegebenen Grund für den Austausch des Handys bereits eine unzutreffende Detailangabe des Zeugen Görlitz. Der Zeuge habe nämlich, so die Gegenvorstellung, ausgeführt, das Handy sei in einer TKÜ-Maßnahme des Thüringer Landeskriminalamts gegen Werner aufgefallen und sei deshalb aus dem Verkehr gezogen worden. Aus den dem Gericht vorliegenden Akten ergebe sich erst aus einem Verbindungsnachweis vom 29.10.1998, dass die von Szczepanski genutzte Telefonnummer auf das Innenministerium Brandenburg ausgegeben worden sei. Der Zeuge Görlitz gab in seiner Vernehmung am 02.03.2016 lediglich an, es seien auch sogenannte G-10 Maßnahmen gegen Jan Werner durchgeführt worden und er könne sich nicht mehr erinnern, ob das Handy in einer StPO-Maßnahme oder in einer
G-10 Maßnahme aufgefallen sei. Durch den Verbindungsnachweis vom 29.10.1998 hinsichtlich der StPO-Maßnahme gegen Jan Werner wird somit nicht belegt, dass dem Verfassungsschutz Brandenburg das Auffallen der auf ihn ausgegebenen Telefonnummer nicht im Rahmen anderer Überwachungsmaßnahmen früher bekannt geworden war.

ii. Die Gegenvorstellung führt aus, die Feststellung des Zeugen Görlitz in seinem Vermerk, er habe das Handy Szczepanskis gegen 16.00 Uhr eingezogen und von der SMS nichts mitbekommen, sei nicht nachvollziehbar, weil sich der Zeuge „ansonsten an nichts“ erinnern habe können. Nicht erklärbar sei dann die Erinnerung an diese beiden Umstände. Aus dem vom Zeugen verfassten Vermerk ergibt sich jedoch plausibel, dass der Zeuge den Vorgang anhand eines von ihm erstellten Treffberichts rekonstruiert hat. Aufgrund des im Treffbericht aufgeführten Beginns des Treffens mit Szczepanski und unter Einrechnung von Fahrzeiten und des Aufenthalts in einem Telefonladen hat er die Übergabezeit „gegen 16.00 Uhr“ erschlossen. Ebenso nachvollziehbar ist, dass der Zeuge sich daran erinnert, von der SMS mit dem ungewöhnlichen Inhalt in unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Handytausch nichts erfahren zu haben,

iii. Die Gegenvorstellung führt aus, die Behauptung des Zeugen Görlitz, das Handy sei eingezogen worden, ohne dass die Kontaktdaten auf das Neugerät übertragen worden seien, sei unglaubhaft. Es habe keinen nachvollziehbaren Anlass gegeben, den Wechsel des Handys durchzuführen, ohne diese Datenübertragung durchzuführen. Diese Argumentation übersieht, dass nicht gesichert ist, dass eine Datenübertragung im Jahr 1998 auf das Neugerät technisch bei den gegebenen Begleitumständen überhaupt möglich war.
iv. Die Gegenvorstellung führt aus, gegen die Einziehung des Handys am Nachmittag des 25.08.1998 und für eine Weiternutzung des Geräts spreche der Umstand, dass unmittelbar auf die SMS von Jan Werner am 25.08.1998 um 19.21 Uhr dieser mehrfach hintereinander mit einer unterdrückten Nummer – möglicherweise von Szczepanski – angerufen worden sei. Noch am 26.08.1998 um 12.25 Uhr wurde eine Werbe-SMS zwischen Werners und Szczepanskis alter Nummer verschickt. Aus den vorliegenden Unterlagen könne aber nicht entnommen werden, wer Absender und wer Empfänger gewesen sei. Diese Ausführungen der Gegenvorstellung
sind lediglich Vermutungen und werden durch keine Tatsachen gestützt. Der Anrufer bei Jan Werner telefonierte mit einer unterdrückten Nummer. Dass es sich dabei um den Zeugen Szczepanski handelte, ist reine Spekulation. Entsprechendes gilt im Zusammenhang mit der Werbe-SMS. Es ist nicht bekannt, wer der Versender der Werbe-SMS war. Wurde, was offen ist, die SMS nicht von
Szczepanskis Handy versandt, kann dieser Umstand auch nicht als Indiz für eine Weiterbenutzung des alten Handys nach dem Nachmittag des 25.08.1998 durch Szczepanski dienen,

v. Die Gegenvorstellung führt weiter aus, aufgrund lückenhafter Akten lasse sich die Behauptung des Verfassungsschutzes Brandenburg von der Nichtkenntnis der SMS und die unausgewertete Vernichtung des Handys nicht widerlegen. Diese Lücken und ein „Krisentreffen“ zwischen dem Generalbundesanwalt, dem Bundesamt für Verfassungsschutz, dem Bundeskriminalamt und dem Verfassungsschutz Brandenburg würden dafür sprechen, dass es zu „weiterem Kontakt
zwischen Szczepanski und Werner im Zusammenhang mit der SMS gekommen“ sei, dies jedoch nicht bekannt werden solle. Diese Schlüsse der Gegenvorstellung stellen erneut eine Vermutung dar,
die nicht durch tatsächliche Umstände belegt ist und für die auch sonst keine Anhaltspunkte ersichtlich sind,

vi. Bei einer Gesamtbetrachtung der hier vorgebrachten Umstände besteht kein Anlass, an der Glaubhaftigkeit der Angaben des Zeugen Görlitz in diesem Zusammenhang zu zweifeln. Es gibt weiter keine Hinweise darauf, dass Szczepanski, dem V-Mann-Führer Görlitz und anderen Mitarbeitern des Verfassungsschutzes Brandenburg die SMS „Was ist mit den Bums“ im zeitlichen Zusammenhang mit deren Versendung im Jahr 1998 bekanntgeworden wäre. Vielmehr ergibt sich aus von der Gegenvorstellung zitierten Zusammenfassung des Innenministeriums Brandenburg, dass der Behörde erstmals durch das sogenannte Schäfer-Gutachten im Jahr 2012 bekannt wurde, dass das von Szczepanski genutzte Handy im Rahmen der Telefonüberwachung Werner im Zusammenhang mit dem hier in Rede stehenden Sachverhalt aufgefallen sei. Unter Berücksichtigung aller dargestellten Umstände zum „Vorgang Handy“ in Zusammenschau mit den Ausführungen im Beschluss vom 10.05.2016 (Ablehnung Beiziehung Treffbericht Handyeinziehung) drängt die Aufklärungspflicht nicht zur Beiziehung der beantragten Akten,

d. Die Gegenvorstellung führt sinngemäß aus, aus den beizuziehenden Akten würde sich ergeben, dass es nach der Meldung von Szczepanski in der Zeit vom 14. bis zum 21. September 1998 zu „schnellen und intensiven Aktivitäten der Verfassungsschutzbehörden gekommen“ sei. Die Klärung der Frage, wann genau welche Treffen und welche Kommunikation mit welchem Inhalt stattgefunden hätten, sei zur Klärung der staatlichen Mitverantwortung für die angeklagten Taten relevant. Es könne dadurch festgestellt werden, welche Maßnahmen von den Ämtern unternommen
und welche Maßnahmen der Strafverfolgungsbehörden verhindert wurden,


i. Die Gegenvorstellung stellt ausführlich dar, mit welcher „Schnelligkeit und Intensität“ die Verfassungsschutzämter auf die Meldungen von Szczepanski im Zusammenhang mit den untergetauchten Personen reagierten. Es habe zeitnah ein Treffen von Vertretern der beteiligten Verfassungsschutzämter stattgefunden. Es kam zu einer Besprechung zwischen dem Präsidenten des LKA Thüringen und Beamten des Verfassungsschutzes. Es seien zahlreiche operative Maßnahmen gegen „den Unterstützerkreis“ durchgeführt worden. Dies zeige, wie „ernst die Ämter schon damals diese Informationen genommen“ hätten. Schriftstücke zu dieser Bewertung und eine Begründung, warum in solch einer Eile reagiert worden sei, müssten sich in den bezeichneten Akten befinden. Diese Schriftstücke seien erforderlich, um „die staatliche Mitverantwortung für die angeklagten
Taten“ zu klären und zu analysieren, „welche weiteren Maßnahmen von den Ämtern unternommen und welche Maßnahmen der Strafverfolgungsbehörden verhindert“ worden seien.


ii. Es erschließt sich dem Senat nicht, auf welche Weise die Unterlagen zum „schnellen und intensiven“ Handeln der beteiligten Dienste Relevanz für den Nachweis einer staatlichen Mitverantwortung für die angeklagten Taten haben sollen. Dass sich in den Unterlagen, deren Existenz ohnehin nur vermutet wird, Ausführungen in dem von der Gegenvorstellung behaupteten Sinn befinden, ist erneut eine Spekulation, die im Tatsächlichen keine Stütze findet,
e. Die Gegenvorstellung führt sinngemäß aus, aus den beizuziehenden Akten würde sich ergeben, dass der Quellenschutz für Szczepanski lediglich eine vorgeschobene Begründung gegenüber den Strafverfolgungsbehörden war, um eine Festnahme der Drei zu verhindern,
i. Die Gegenvorstellung schließt aus dem Umstand, dass Meldungen von Szczepanski in anderen Fällen an die Ermittlungsbehörden weitergeleitet wurden, dass im vorliegenden Fall Gründe des Quellenschutzes nur vorgeschoben worden seien, damit die Ämter ihre eigenen Maßnahmen bezüglich der Überwachung der Drei und ihres Umfeldes durchführen konnten. Dass der Quellenschutz nur vorgeschoben war, sei zur Klärung der „staatlichen Mitverantwortung an
den Taten“ erforderlich.

ii. Anhaltspunkte dafür, dass der Quellenschutz für den V-Mann Szczepanski nur vorgeschoben war und sich deshalb Schriftstücke zu diesem Thema in den Akten befinden, ergeben sich aus dem Vortrag der Gegenvorstellung und auch ansonsten nicht. Die Gegenvorstellung vermutet lediglich eine derartige Motivation und damit die Existenz von Schriftstücken dazu. Der Umstand, dass in anderen Fällen Meldungen des V-Manns an die Ermittlungsbehörden weitergegeben wurden, besagt in diesem Zusammenhang nichts. Die Gegenvorstellung berücksichtigt nicht, dass es Fallkonstellationen gibt, in denen eine Identifizierung der Quelle Szczepanski trotz Weitergabe seiner Meldung an die Ermittlungsbehörden nicht möglich war. Zu einer Weitergabe kann es auch dann gekommen sein, wenn nach der Beurteilung der Ämter eine Gefährdung oder Enttarnung der
Quelle, aus welchen Gründen auch immer, nicht zu befürchten war. In den dargelegten Sachverhalten ist dann ein Quellenschutz nicht veranlasst. Bei dieser Sachlage drängt daher die Aufklärungspflicht unter dem Aspekt des „vorgeschobenen Quellenschutzes“ nicht zur Beiziehung der Akten,

iii. Der Quellenschutz ist ungeachtet seiner Motivation zusätzlich nicht geeignet, eine „staatliche Mitverantwortung“ an den angeklagten Taten zu begründen. In diesem Zusammenhang wird Bezug genommen auf die umfangreichen Ausführungen des Senats im Beschluss vom 10.05.2016. Die Gegenvorstellung führt sinngemäß aus, aus den beizuziehenden Akten würde sich ergeben, dass die beteiligten Ämter für Verfassungsschutz nach dem 21.09.1998 weiter miteinander kommunizierten. Aus diesen bislang nicht vorliegenden Aktenteilen werde sich ergeben, dass die Ämter nicht das Ziel hatten, die „Drei“ festzunehmen. Es sei ihnen vielmehr darum gegangen, Informationen über die „Organisation von Neonazis im Untergrund“ sowie zur Geld- und Waffenbeschaffung zu erlangen. Weiter ergebe sich aus den Akten, dass den Ämtern durch die Überwachung „konkrete Informationen über die Gründung einer terroristischen Vereinigung durch mindestens die drei Untergetauchten bekannt wurden“. Eine Weitergabe dieser Informationen und eine Festnahme der „Drei“ seien aber nicht im Interesse der Verfassungsschutzämter gewesen und deshalb unterblieben.

i. Die Gegenvorstellung erläutert zusammengefasst, es seien von dem weiteren Kontakt der beteiligten Behörden nur noch zwei Blätter in der sogenannten Drillingsakte erhalten. Diese würden auf den weiteren Austausch und Abstimmung der vier Behörden untereinander verweisen. Unter dem 10.11.1998 habe das Bundesamt für Verfassungsschutz Erkenntnisse aus einer G10-Maßnahme gegen Jan Werner mit dem Betreff „Fall Drilling“ zugeleitet. Aufgrund dieser Hinweise in den Akten auf fortbestehende Kommunikation und des kurz nach Eingang der Meldung von Szczepanski abgehaltenen Treffens von Vertretern der beteiligten Verfassungsschutzämter und unter Berücksichtigung des vorgeschobenen Quellenschutzarguments spreche alles dafür, dass sich die oben aufgeführten Umstände aus den beizuziehenden Akten ergäben,

ii. Diese Schlussfolgerungen der Gegenvorstellung stellen lediglich Vermutungen ohne Tatsachenhintergrund dar. Weder Akteninhalt noch bisherige Beweisaufnahme erbrachten Anhaltspunkte für diese Annahmen. Dass es weiterhin zu einem Kontakt der beteiligten Ämter gekommen ist, mag zwar sein. Hieraus können vernünftigerweise aber nicht die von der Gegenvorstellung dargestellten Schlüsse gezogen werden. Das Fortbestehen des Kontakts der Ämter bedeutet nicht, dass überhaupt relevante Erkenntnisse gewonnen wurden. Hinsichtlich des Inhalts etwaiger Erkenntnisse lassen sich auf dieser Basis ohnehin keine Aussagen treffen. Gleiches gilt im Hinblick auf das durchgeführte Treffen der beteiligten Ämter. Dass es bereits kurz nach der Meldung durch den V-Mann Szczepanski stattfand, kann als Beleg für die Bedeutung der Meldung gesehen werden. Hinweise darauf, ob und welche weiteren Erkenntnisse zu Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe gewonnen werden konnten, ergeben sich daraus jedoch nicht. Dass es keine Umstände gibt, die für einen nur vorgeschobenen Quellenschutz“ sprechen, wurde bereits oben dargelegt. Für die von der Gegenvorstellung gezogenen Schlüsse fehlen damit jegliche Anhaltspunkte. Unter dem Aspekt der „Fortsetzung des Kontakts der Ämter“ drängt die Aufklärungspflicht deshalb nicht zu Beiziehung der Akten. Aus dem Institut der Nebenklage und dem menschenrechtlichen Anspruch auf Schutz des Lebens folgt nicht, das die beantragten Akten bzw. Aktenteile auch unabhängig von der Frage einer Strafmilderung beizuziehen sind.

a. Die Gegenvorstellung führt sinngemäß aus, die Beiziehung sei auch unabhängig von der Schuld- und Straffrage hinsichtlich der Angeklagten geboten. Aus dem Institut der Nebenklage und dem menschenrechtlichen Anspruch auf Schutz des Lebens folge, dass in staatlichen Ermittlungen
staatliche Mitverantwortlichkeit für Tötungsdelikte auch unabhängig von der Frage einer Strafmilderung für die Angeklagten aufzuklären sei.
b. Das Institut der Nebenklage sieht für den Nebenkläger eine umfassende Beteiligungsbefugnis ab der Erhebung der öffentlichen Klage vor. Dem Nebenkläger wird Gelegenheit gegeben, im Verfahren seine persönlichen Interessen auf Genugtuung zu verfolgen und durch aktive Beteiligung das Verfahrensergebnis zu beeinflussen. Aus der Europäischen Menschenrechtskonvention ergibt sich die Pflicht des Staates, notwendige Maßnahmen zum Schutz des Lebens von Personen zu treffen. Dazu gehören auch effektive Ermittlungen bei Todesfällen. Die Beteiligungsrechte der Nebenklage im Verfahren und die Schutzpflicht des Staates für das Leben begründen aber auch bei einer Gesamtbetrachtung keinen Anspruch der am Verfahren beteiligten Nebenkläger, dass im Strafprozess unabhängig von der Frage einer Strafmilderung für den Angeklagten die Frage einer staatlichen Mitverantwortlichkeit für Tötungsdelikte untersucht würde. Die Nebenklage ist als Beteiligung im Strafprozess konzipiert. Sie hat sich demnach im Rahmen des durch die Strafprozessordnung geregelten Strafprozesses zu bewegen. Gemäß § 155 StPO hat sich die gerichtliche Untersuchung und Entscheidung nach Maßgabe der Amtsaufklärungspflicht nach § 244 Abs. 2 StPO nur auf die in der Klage bezeichnete Tat und auf die durch die Klage beschuldigten Personen zu erstrecken. Die Aufklärung von staatlicher Mitverantwortung bei Tötungsdelikten, ohne dass dieser eine Bedeutung für persönliche Schuld der Angeklagten zukommen würde, wäre dem Strafprozess systemfremd und ist von der Amtsaufklärungspflicht auch nicht geboten. Ein derartiger Anspruch steht daher den Nebenklägern nicht zu.


c. Ergänzend ist nochmals klarzustellen, dass mit der Meldung des Zeugen Szczepanski vom 09.09.1998 keinerlei Hinweise auf geplante Tötungsdelikte vorgelegen haben. Vielmehr soll nach dieser Meldung das „Trio einen weiteren Überfall“ planen. Wie oben unter 2f dargelegt, ergibt die Aktenlage und die Beweisaufnahme gerade nicht, dass die Verfassungsschutzbehörden u.a. die Festnahme der „Drei“ verhindern wollten und sich daher von sachfremden Erwägungen leiten ließen.

4. Die Beiziehung der beantragten Akten bzw. Aktenteile ist auch nicht deshalb erforderlich, um aus den Akten weitere Vorhalte machen zu können und es dadurch dem Zeugen „schwieriger oder sogar unmöglich“ zu machen Erinnerungslücken zu behaupten. Die Beiziehung ist auch nicht unter dem Aspekt erforderlich, das Aussageverhalten des Zeugen Görlitz würde durch das Innenministerium des Landes Brandenburg gesteuert.
a. Die Gegenvorstellung führt sinngemäß aus, die Beiziehung der bezeichneten Akten sei erforderlich, weil anhand der Unterlagen dem Zeugen weitere Vorhalte gemacht werden könnten. Diese Vorhalte würden es ihm schwieriger oder sogar unmöglich machen, derartig große Erinnerungslücken zu behaupten, wie er es in der Vernehmung vom 02.03.16 getan hatte. In dieser Vernehmung habe sich der Zeuge als „extrem langsam und verwirrt“ dargestellt. Er habe sich auf Erinnerungslücken berufen, die völlig lebensfremd seien.

b. Eine weitere Sachaufklärung ist durch die Beiziehung der Akten unter diesem Aspekt nicht zu erwarten. Der Zeuge wurde bereits mehrere Stunden vernommen, wobei er sich zu den Umständen, die für eine mögliche Schuld- und/oder Straffrage bei den Angeklagten von Relevanz sein können, bereits ausführlich geäußert und die Geschehnisse, an die er sich noch erinnern konnte, dargestellt hat. Es sind keine Hinweise dafür vorhanden, dass sich in den beantragten Akten Schriftstücke befinden, welche eine wiederholt vermutete rechtlich relevante Mitverantwortung staatlicher Stellen hinsichtlich der angeklagten Taten belegen würden. Insoweit wird Bezug genommen auf die obigen Ausführungen sowie die Darlegungen im angegriffenen Beschluss.

c. Anhaltspunkte für eine „Steuerung“ der Aussage des Zeugen durch seinen Dienstherren ergeben sich nicht aus dem bloßen Umstand, dass vom Amt ein Zeugenbeistand bezahlt wird und sich der Zeuge zusammen mit dem Beistand auf die Vernehmung vorbereitet. Sonstige Umstände, die für eine „Steuerung“ sprechen, sind nicht ersichtlich. Es verbleibt daher bei dem angegriffenen Senatsbeschluss vom 02.03.2016. Der Prozesstag endet um 14:08 Uhr.

Kommentar des Blogs NSU-Nebenklage: „Der Zeuge gab allerdings an, er habe zum gesamten Thema Waffen gar keine Erinnerungen mehr, ebenso wenig zu Blood and Honour-Mitgliedschaften beteiligter Personen, zu seinen Vernehmungen in Untersuchungsausschüssen oder zu irgendeinem anderen Thema, das relevant sein könnte – zur Erklärung gab er an, er sei während des Verfahrens anlässlich einer Beförderung „in den Bereich Bekämpfung des Linksextremismus gewechselt“. Machte er am Anfang noch den Eindruck, seine Erinnerungslücken könnten tatsächlich bestehen und schlicht auf Desinteresse beruhen, so änderte sich dieser Eindruck bei der Befragung durch die Nebenklage: als ihm aus den Befragungen in Untersuchungsausschüssen vorgehalten wurde, dass er an der Anwerbung des Blood and Monour-Aktivisten Thomas Starke als Informant für das LKA Berlin beteiligt gewesen sein soll, wurde der Zeuge regelrecht dreist in der Abwehr sämtlicher Fragen.In der Sache ergab seine Aussage damit für das Münchener Verfahren gar nichts.
Wohlleben-Verteidiger Klemke führte seine Verteidigung der Neonazi-Szene allgemein fort – er lehnte im Namen seines Mandanten den Sachverständigen Leygraf ab, weil dieser Carsten Schultze zu den „ausgeprägten ausländerfeindlichen Parolen“ in der Szene befragt hatte. Klemke betätigt sich damit weiter im Sinne der albernen These der Verteidigung, Wohlleben und der THS seien ja gar keine „Ausländerfeinde“ gewesen – Wohlleben selbst hatte sich ja schon auf „ethnopluralistische“ Videos und Texte von seinem Rechner bezogen.“

http://www.nsu-nebenklage.de/blog/2016/06/15/15-06-2016/

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