Protokoll 293. Verhandlungstag – 30. Juni 2016

0

An diesem Verhandlungstag ist erneut Timo Ko. vom BKA geladen. Er hat die Vernehmungen des Angeklagten Carsten Schultze durchgeführt oder war anwesend und wird dazu befragt. Danach geht es um verschiedene Anträge.

Zeuge:

  • Timo Ko. (BKA, Vernehmungen des Angeklagten Carsten Schultze)

Der Verhandlungstag beginnt um 09:50 Uhr. Für RA Nahrath ist RA Held anwesend, für RAin Sturm RA Lickleder. Heute wird die Vernehmung des BKA-Beamten Timo Ko. fortgesetzt [zuletzt 288. Verhandlungstag]. Götzl: „Ich wollte noch nach einem anderen Thema fragen, bisher hatten wir ja über die Beschuldigtenvernehmungen vom 15.02.2012 und 02.07.2013 gesprochen, aber nach den Akten haben Sie auch Ermittlungen zum Führerschein von Herrn Schultze durchgeführt.“ Ko.: „Ich meine, das hätten wir schon mal behandelt. Ich muss ehrlich sagen, dass ich jetzt nicht besonders vorbereitet bin darauf.“ Sie hätten nachgefragt, wann Führerscheine auf Schultze ausgestellt gewesen seien und das habe sich mit den Angaben Schultzes gedeckt, so Ko., die Daten könne er jetzt aber nicht liefern. Götzl hält aus einem Vermerk vor, dass Carsten Schultze nach telefonischer Auskunft der Fahrerlaubnisbehörde der Stadt Jena am 03.04.2000 erstmals ein Führerschein ausgestellt worden sei. Ko.: „Das kann ich im Wesentlichen bestätigen. Es gab aber noch ein zweites Datum, was aber laut Fahrerlaubnisbehörde darauf hindeutet, dass keine Ausstellung stattgefunden hat [phon.], wo er möglicherweise durch eine Prüfung gefallen ist.“ Götzl hält vor, dass sich laut Vermerk die Historie der für Schultze ausgestellten Führerscheine wie folgt darstelle. Vorhalt: 03.04.2000 Erstausstellung [Führerscheinnummer] durch die Stadt Jena, 11.06.2003 Entzug der Fahrerlaubnis durch die Stadt Jena, 02.03.2005 Neuerteilung [Führerscheinnummer] durch die Stadt Düsseldorf. Ko.: „Ja.“ Götzl: „Sind denn noch Fragen?“

Wohlleben-Verteidiger RA Klemke: „Ja, Herr Ko., Sie hatten ja berichtet, dass Sie bei mehreren Vernehmungen des Carsten Schultze, sage ich mal, aktiv als Vernehmer teilgenommen haben. An welchen Vernehmungen haben Sie denn insgesamt teilgenommen?“ Ko.: „An allen.“ Klemke: „An sämtlichen? Auch an der Vernehmung vor dem Ermittlungsrichter?“ Ko.: „Da habe ich als Zuhörer teilgenommen, nicht aktiv.“ Klemke: „Haben Sie eine Erinnerung daran, ob es in dieser Vernehmung auch um das Geld für den Erwerb der Waffe durch den Carsten Schultze ging?“ Ko.: „Ehrlich gesagt, nicht. Ich meine, es ging darum, aber ich kann Ihnen die Details nicht nennen.“ Klemke: „Also Sie sagen, es ging irgendwie um das Geld. Details sind Ihnen nicht erinnerlich?“ Ko.: „Nicht wirklich.“ Klemke: „Wissen Sie noch, ob der Herr Schultze insoweit konkrete Angaben gemacht hat?“ Ko.: „Da fehlt mir tatsächlich die Erinnerung an diese Vernehmung, müssten Sie mir höchstens vorhalten.“

Klemke: „Okay. War bei dieser Vernehmung die Identifizierung des Typs der Waffe, die er besorgt haben soll, Thema?“ Ko.: „Ja, wir haben eine Lichtbildmappe angefertigt mit Waffen, die in der Frühlingsstraße und im Wohnmobil aufgefunden wurden, und ihm vorgelegt und er hat mehrere Waffen in eine Auswahl genommen, vier oder fünf, wo er gesagt hat, die könnten es gewesen sein.“ Klemke: „In der Tat wurden dem Herrn Schultze ausweislich der Akten eine Reihe von Fotografien vorgelegt und er soll laut Protokoll angegeben haben zunächst, dass vier von den abfotografierten Waffen in Betracht kämen und danach, dass noch eine weitere Waffe in Betracht käme. Das ist insoweit richtig. Haben Sie in Erinnerung, ob er alle fünf gleich [phon.] in die Auswahl einbezogen hat?“ Ko.: „Also, ich kann mich an keine weitere Differenzierung erinnern.“ Klemke: „Wissen Sie, ob er Angaben gemacht hat, aus welchen Gründen er fünf dieser abfotografierten Waffen in die, sage ich mal, nähere Auswahl gezogen hat?“ Ko.: „Nein.“ Klemke: „Ist der Herr Schultze von dem Ermittlungsrichter beim BGHBKABGH am 01.02.2012, ob da mögliche Geldüberweisungen von Carsten Schultze in Rede standen?“ Ko.: „Diese Frage haben wir in mehreren Vernehmungen mal angesprochen. Das gründet sich darauf, dass wir vom Bundesamt für Verfassungsschutz eine Information hatten, dass eine Vertrauensperson berichtete [phon.], dass Carsten Schultze für irgendwelche Geldüberweisungen zuständig gewesen sei. Kann sein, dass der Ermittlungsrichter das gefragt hat. Carsten Schultze hat immer gesagt, dass er sich nicht mehr daran erinnern könne.“ Klemke: „Hat er das ausgeschlossen?“ Ko.: „Tendenz war, dass er nicht der Meinung war, Geldüberweisungen getätigt zu haben. Aber das war mit einer auf Erinnerung begründeten Einschränkung.“

Klemke: „Haben Sie noch eine Erinnerung, was Carsten Schultze bei der Vernehmung vor dem Ermittlungsrichter zur Bestellung der Waffe geäußert hat?“ Ko.: „Ich meine, da hat er noch gesagt dass Herr Wohlleben beim ersten Besuch im -Szeneladen dabei gewesen sei. Am 15.02. hat er dann extra betont, dass er alleine da gewesen sei bei dem ersten Besuch.“ Klemke: „Ich meine die Bestellung, telefonisch, der beiden Uwes, nicht die Bestellung Carsten Schultze.“ Ko.: „Auch da kann ich eher aus dem allgemeinen Fundus aller Vernehmungen berichten, dass er eben diesen Telefonkontakt hatte zu den beiden Uwes und die gesagt hatten, sie hätten gerne eine Schusswaffe, deutsches Fabrikat, Schalldämpfer sei nicht bestellt gewesen, dass er diesen Auftrag entgegengenommen habe und damit zum Ralf Wohlleben gegangen sei.“ Klemke: „Bevor am 06.02.2012 dem Herrn Schultze Waffen vorgelegt wurden, haben Sie sich da mal Gedanken gemacht, dem Herrn Schultze schrittweise eine Waffe vorzulegen und nicht gleich alle auf dem Tisch auszubreiten?“ Ko.: „Nein, haben wir nicht.“ Klemke: „Gab es Gründe dafür, so eine sukzessive Vorlage nicht in Betracht zu ziehen?“

OStA Weingarten: „Ich beanstande das. Wenn sich der Zeuge keinen Gedanken gemacht hat, kann es keine Gründe gegeben haben, das nicht zu tun?“ Klemke: „Ich habe gefragt, warum er das nicht in Erwägung gezogen hat?“ Götzl: „Das ist eine neue Frage.“ Klemke: „Und da die neue Frage nicht beanstandet ist, brauchen wir nicht diskutieren. Wollen Sie die Frage beantworten? [phon.]“ Ko.: „Bitte die neue Frage nochmal.“ Klemke. „Warum haben Sie eine sukzessive Waffenvorlage nicht in Betracht gezogen?“ Ko.: „Wenn ich das Warum nennen könnte, würde das implizieren, dass ich mir große Gedanken gemacht habe. Haben wir uns aber nicht. Wir haben uns auf die KT verlassen, dass die Jungs eine vernünftige Waffenvorlage machen. Ich habe die Email geschrieben, dass wir die Waffen brauchen, die gefunden worden sind und Vergleichswaffen zur Ceska 83. Dass wir die alle auf einmal hingelegt haben, das war keine Überlegung, die wir vorher erörtert hätten.“

Klemke: „In der Vernehmung vom 06.02.2012, hat da der Carsten Schultze nochmal Angaben gemacht betreffend der Art der Waffe, die da von den beiden Uwes von ihm erbeten worden ist?“ Ko.: „Darüber hinausgehend, dass es ein deutsches Fabrikat sein soll?“ Klemke: „Ich habe Sie so verstanden, dass eine Pistole gewollt war.“ Ko.: „Sie meinen die Differenzierung Pistole oder Revolver? Kann mich gerade nicht drauf entsinnen.“ Klemke: „Blatt 18 der Vernehmung vom 06.02.2012, da soll sich Schultze geäußert haben, dass die beiden Uwes gebeten haben, eine Waffe zu beschaffen, möglichst deutsches Fabrikat, und dann ist erwähnt eine ‚Faustfeuerwaffe‘.“ Ko.: „Ja.“ Klemke: „Das würde ja einen Revolver einschließen?“ Ko.: „Ja.“ Klemke:“ Ist da mal nachgefragt worden?“ Ko.: „Also wir sind von einer Pistole ausgegangen, aufgrund dessen, was er zuvor gesagt hatte. Und das hat sich bei der Echtwaffenvorlage bestätigt. Und man kann dafür das ja als Oberbegriff nutzen, ‚Faustfeuerwaffe‘.“ Klemke: „Ja, Oberbegriff schon, aber haben Sie da mal nachgefragt?“ Ko.: „Nein.“

Vorhalt aus dem Protokoll der Vernehmung 06.02.2012: Auf Frage: Es kann möglich sein, dass Wohlleben beim Aufschrauben des Schalldämpfers auf die Waffe Handschuhe trug. Klemke: „Es ging um die Ansicht der Waffe in der Wohnung des Herrn Wohlleben. Wissen Sie, welche Frage konkret gestellt worden ist?“ Ko.: „Die Frage lautete: Trugen Sie oder trug Herr Wohlleben Handschuhe bei der Übergabe der Waffe?“ Klemke: „Wer hat diese Frage gestellt?“ Ko.: „Herr Weingarten oder ich, kann es nicht genau sagen.“ Klemke: „Gab es denn Anhaltspunkte dafür, dass jemand Handschuhe trug?“ Klemke: „Nein, aber diese Frage zielte darauf ab, ob es jemandem möglicherweise bewusst war, dass er Fingerabdrücke hinterlassen könnte, also so eine Art konspiratives Verhalten. Darauf zielte die Frage ab.“Klemke: „Hat sich denn Schultze später auch nochmal zu dem Punkt geäußert?“ Ko.: „Ich meine, er hat das später wiederholt.“ Klemke: „Er hat das wiederholt?“ Ko.: „Ich meine am 15.02. Und es kam einmal die Nachfrage von uns, ob er denn auch Handschuhe getragen hat. Und er hat gesagt, er hat keine Handschuhe getragen.“ Klemke: „Hat Herr Schultze hinsichtlich des Tragens der Handschuhe durch Herrn Wohlleben gleichlautende Angaben gemacht?“ Ko.: „Ich meine, dass die Einschränkung ‚ich meine, er habe Handschuhe getragen‘ dann weggefallen ist. Er hat definitiv Handschuhe getragen. [phon.]“

Klemke sagt, zuerst habe Schultze am 06.02. laut Protokoll angegeben, es könne möglich sein, dass Wohlleben Handschuhe trug, und dann am 15.02. habe Schultze laut Protokoll angegeben, dass er sich noch erinnern könne, dass Wohlleben dabei Handschuhe angehabt habe. Klemke: „Und da war noch eine weitere Spezifikation dabei, das lasse ich jetzt weg.“ Ko.: „Schwarze Handschuhe.“ Klemke: „Hat er das am 06.02. auch erwähnt?“ [phon.] Ko.: „Nicht dass ich wüsste.“ Klemke: „Hat er noch weiteres zum Material der Handschuhe erwähnt?“ Ko.: „Nicht dass ich wüsste.“ Klemke: „Am 15.02.: ‚Schwarze Lederhandschuhe‘.“ Ko.: „Okay.“ Klemke: „Haben Sie mal nachgefragt, wie es denn kommt, dass sich die Erinnerungsleistung innerhalb von neun Tagen so verbessert hat?“ Ko.: „Nein, haben wir nicht nachgefragt. Es war aber auch grundsätzlich bei den Vernehmungen festzustellen, dass Herr Schultze im Verlauf der Vernehmungen über die Dinge nachgedacht hat und mehr und mehr Details schildern konnte. Er hat sehr lange auf den Tisch geschaut. Man hatte den Eindruck, er hat die Dinge lange durchdacht und konnte dann mehr Details schildern als vorher. Das zieht sich auch durch andere Punkte.“ Klemke: „Nun hatte er bei der Vernehmung beim Ermittlungsrichter überhaupt nichts von Handschuhen erwähnt, sondern da bedurfte es ja Ihres Anstoßes am 06.02. Ist das mal thematisiert worden?“ Ko.: „Nein, wobei so eine richterliche Vernehmung nicht so strukturiert ist, die geschieht ja relativ ad hoc, ohne große Vorbereitung und Fahrplan, deswegen wird relativ wenig zu Details gefragt. Deswegen fragen wir später ja alle Details nochmal ab.“ Klemke: „Hat Herr Schultze beim Ermittlungsrichter denn von sich aus etwas zu Handschuhen berichtet?“ Ko.: „Nein.“ Klemke: „Darauf ist er erst durch die gezielte Frage von Ihnen oder Herrn Weingarten am 06.02. gekommen?“ Ko.: „Ja.“ Klemke: „Aha.“

Klemke blättert in seinen Unterlagen, dann sagt er: „Nun …“ Er schweigt wieder eine Weile, dann sagt er: „…würde mich interessieren, ob der Herr Schultze mal Angaben dahin gemacht hat, zu welchem Zeitpunkt er zum ersten Mal erfahren haben will, dass die Pistole, die Herr Schultz besorgt hat, dass die über einen Schalldämpfer verfügte.“ Ko.: „In der Vernehmung 15.02.2012 hat er direkt auf die erste Frage berichtet, beim ersten Besuch war Wohlleben doch nicht dabei [phon.], beim zweiten Besuch im Madleys, da habe ihm gesagt, es gebe diese Waffe mit Schalldämpfer. Er habe nachgefragt: Was ist denn mit einem deutschen Modell? Daraufhin habe Andreas Schultz gesagt, es gebe diese eine Waffe oder keine.“ Klemke: „Also bei der zweiten Vernehmung hat er schon berichtet, dass die Waffe über einen Schalldämpfer verfügte, richtig?“ Ko.: „Ja.“ Klemke: „Hat denn der Herr Schultze vorher schon mal Angaben hierzu gemacht?“ Ko.: „Ich meine, das ist auch eine dieser Aussagen, die sich im Detailgrad entwickelt hat. Ich kann es aber nicht genau sagen. [phon.]“ Klemke: „Da möchte ich Ihnen mal vorhalten, was Schultze am 06.02. zu diesem Punkt geäußert haben soll, auf Blatt 19: ‚Gewünscht war ja eigentlich ein deutsches Fabrikat. Ich meine, dass er bei der Gelegenheit, dass es eine Waffe gab, eine Abweichung von der Bestellung erwähnte. Der Schalldämpfer war es nicht, dass einer dabei war, stellten wir erst bei Wohlleben zu Hause fest.'“ [phon.] Ko.: „So sagte er es, ja.“

Klemke: „Haben Sie mal nachgefragt am 15.02., warum er nun plötzlich angibt, dass bereits beim zweiten Treffen mit Andreas Schultz, ihm dieser vom Schalldämpfer berichtet haben soll?“ Ko.: „Nein, er konnte sich bei dieser Vernehmung an mehr Details erinnern.“ Klemke: „Das ist ja keine detailliertere Aussage, sondern eine andere zeitliche Einordnung.“ Ko.: „Korrekt.“ Klemke: „Das hat Sie nicht bewogen, diese zeitliche Differenz, etwas nachzufragen?“ Ko.: „Nein.“ Klemke: „War Ihnen das ganz recht? Haben Sie deswegen nicht nachgefragt?“ Ko.: „Ich wüsste nicht, welchen Unterschied das machen sollte.“ Klemke: „Mir würden welche einfallen.“ Ko.: „Gehen Sie mal davon aus, dass wir keine eigene Agenda haben, was dabei rauskommen soll.“ Klemke: „Ach, Sie haben keine Arbeitshypothese? Interessant.“ Ko.: „Wir haben Hypothesen [Ko. betont den Plural], Herr Klemke.“ Klemke: „Und welche Hypothesen hatten Sie zum Schalldämpfer [phon.]?“ Ko.: „Ich glaube nicht, dass wir Hypothesen zum Schalldämpfer [phon.] hatten, daher kann ich jetzt nichts dazu sagen.“

Wohlleben-Verteidigerin RAin Schneiders: „Gab es am Rande der Vernehmung mit Ihnen als Vernehmungsperson Gespräche mit Schultze, in den Pausen?“ Ko.: „Ja.“ Schneiders: „Was ist besprochen worden?“ Ko.: „Maximal Smalltalk, nichts Verfahrensrelevantes. Was man fragt, der gerade in U-Haft ist, wie es ihm in der U-Haft geht oder solche Sachen. Ich habe aber keine Erinnerung dran. Aber man hat beim Rauchen geredet.“ Schneiders: „Waren Sie dabei?“ Ko.: „Ich rauche selber nicht, aber war sicherlich das ein oder andere mal dabei. Er war Gefangener, der wird begleitet.“ Schneiders: „War der Verteidiger dabei?“ Ko.: „Kann ich nicht sagen, ob der immer dabei war. Anfangs war es sowieso nur Herr Hösl, und ich meine, der war dabei.“ Schneiders: „Gab es bei der ersten Vernehmung, Vorführung aus der JVA, Gespräche mit dem Verteidiger und Ihnen?“ Ko.: „Nicht dass ich wüsste. Wenn, dann auf dem gleichen Niveau wie mit dem Angeklagten, also Smalltalk.“ Vorhalt einer Fußnote aus dem Gutachten von Prof. Leygraf: Im Anschluss an die Exploration vom 16.03.2012 erhielt ich eine Email von RA Pausch. Herr Schultze habe in einem Gespräch mit seinen Verteidigern berichtet, dass er besorgt sei, nicht alle Aspekte, die aus seiner Sicht wichtig seien, zum Ausdruck gebracht zu haben. Dies liege vor allem an ihm selbst, da er, auch aus Scham, dazu neige, zuerst Dinge zu berichten, die ihn in einem vermeintlich günstigen Licht oder sympathisch erscheinen lassen und erst in einem zweiten Impuls von aus seiner Sicht negativ besetzten Ereignissen und Gefühlen zu berichten. [phon.]

Schultzes Verteidiger RA Hösl beanstandet, der Vorhalt sei unvollständig und so missverständlich. Es folgt eine kurze Debatte darum, dann stellt Schneiders die Frage: „Die Frage dazu ist, ob so etwas auch ein Gesprächsthema war, in der Vernehmung oder außerhalb, seitens der Verteidiger oder des Herrn Schultze.“ Ko.: „Nicht in meiner Anwesenheit, das ist mir nicht bekannt.“ Vorhalt der zitierten E-Mail aus dem Gutachten Leygraf: Herr Schultze teilte uns mit, es sei ihm wichtig, alles zu erzählen, was er zu erzählen gebe. Wir haben als Verteidiger Herrn Schultze daher empfohlen, diese Problematik seines Aussageverhaltens zu Beginn der zweiten Exploration am 02.04.2012 mit Ihnen zu besprechen. [phon.] Schneiders: „Wurde im Rahmen der Vernehmungen mal angesprochen, dass er da Schwierigkeiten hat, dass er sich im ersten Zuge positiver darstellt und dann erst negative Dinge berichten will, gab es dazu Ansatzpunkte [phon.]?“ Ko.: „Nicht dass ich wüsste, nein.“ Götzl legt eine Pause ein.

Um 11:02 Uhr geht es weiter. RA Klemke: „Ja, Herr Ko., erinnern Sie sich noch an eine Vernehmung des Carsten Schultze am 02.07.2013?“ Ko.: „Ja.“ Klemke: „Dem Vernehmungsprotokoll konnte ich entnehmen, dass Gegenstand dieser Vernehmung auch war eine Schlägerei an der Endhaltestelle der Straßenbahn in Jena-Winzerla 1999.“ Ko.: „Ja.“ Klemke: „Was hat denn der Herr Schultze insoweit berichtet?“ Ko.: „Das hatte ich beim letzten Mal eigentlich alles vorgetragen, was wollen Sie denn genau wissen?“ Klemke: „Was konkret hat der Herr Schultze berichtet aus eigenem Erleben von der Beteiligung des Herrn Wohlleben?“ Ko.: „Er hat berichtet, dass Wohlleben mit dabei war von Anfang an. Und ansonsten hat er nur erzählt, dass das, was Wohlleben ihm im Nachgang erzählt habe, er das nicht in Zweifel gezogen hätte.“ Klemke: „Die angebliche Äußerung mit ‚auf dem Gesicht rumgesprungen‘?“ Ko.: „Genau.“ Klemke fragt, ob es Ermittlungen gegeben habe wegen des Vorfalls. Ko.: „Ja, gab es, relativ umfangreich, aber die habe ich nicht gemacht [phon.]. Da wurde versucht die Beteiligten zu identifizieren und viele zu vernehmen.“

Klemke: „Wer wurde vernommen?“ Ko.: „Auf jeden Fall der Sven Kl. und der Mirko Sz. [phon.], und noch weit mehr, kann ich nicht mehr sagen.“ Klemke: „Wurden die, in Anführungszeichen, ‚Geschädigten‘ identifiziert?“ Ko.: „Abschließend weiß ich es nicht, aber mein Stand ist nein [phon.].“ Klemke: „Der Name P., sagt Ihnen der was?“ Ko.: „Der sagt mir irgendwas. Ich meine, wir hätten nachgefragt nach dem P.“ Klemke: „Sven P. Warum wurde nachgefragt nach dem Namen?“ Ko.: „War wohl ein potenzieller Kandidat, dass er Beteiligter oder Opfer [phon.] gewesen sein kann. Das habe ich nicht selber erhoben, das haben mir Kollegen mitgegeben. Ich kann nicht genau sagen, was der Hintergrund zu Sven P. war.“ Klemke: „Hatten Sie nur die Info vom Kollegen: Frag mal nach dem Sven P.? Oder lagen Ihnen selbst Vernehmungsprotokolle von dem vor?“ Ko.: „Mir selbst nicht, aber die Kollegen, die die Vernehmungen gemacht haben, haben das gesammelt [phon.].“ Klemke: „Aber Sie waren doch Personensachbearbeiter in Sachen Carsten Schultze und hier ging es ja drum, inwieweit die Angaben des Carsten Schultze belegbar [phon.] waren. Und deswegen wundert es mich, dass Ihnen die Vernehmungsprotokolle nicht vorgelegen haben.“ Ko.: „Ja, Sie müssen bedenken, dass das insgesamt sehr viele unterschiedliche komplexe Sachverhalte waren und viele Personen, auch Wohlleben, beteiligt waren. Ich meine, dass die Kollegen, die die Sachbearbeitung Wohlleben gemacht haben, dass die das gelesen haben. [phon.] Also ich habe die Protokolle auch gelesen, aber ich kann Ihnen keine Details aus den Vernehmungen nennen.“ Klemke: „Konnten denn von den Kollegen die Angaben des Carsten Schultze zu der Mitwirkung Wohllebens bestätigt oder ausgeschlossen werden?“ Ko.: „Nein, das Endergebnis habe ich nicht mitbekommen. Ich habe dann am Ende in dem Bereich auch nicht mehr gearbeitet.“

Klemke: „Was Carsten Schultze angeht?“ Ko.: „Nein, was NSU insgesamt betrifft. Ich kann die Details nicht mehr nennen, aber ich meine, das Ergebnis hätte nicht genau ermittelt werden können, wer jetzt betroffen war und wer was genau gemacht hat. [phon.] Aber ich kann es nicht genau sagen.“ Klemke: „Okay. Dann soll ja Gegenstand der Vernehmung auch Angaben des Carsten Schultze bezüglich eines Schusswaffengebrauches angeblich von Seiten Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos gewesen sein.“ Ko.: „Ja.“ Klemke: „Sind denn diesbezüglich irgendwelche Ermittlungen geführt worden, um diese Angaben des Carsten Schultze zu verifizieren?“ Ko.: „Ich habe dazu gerade nichts in Erinnerung. Aber wir hatten auch eine Sachbearbeitung, die sich um Böhnhardt und Mundlos gekümmert hat, die werden das sicherlich in irgendeiner Form aufgegriffen haben. Ich kenne da keine Details und Ergebnisse.“ Klemke: „Aber das betraf auch die Glaubhaftigkeit der Angaben Schultze und da kennen Sie die Ergebnisse nicht?“ Ko.: „Ja.“ Klemke: „Okay, das nehme ich zur Kenntnis. Danke.“

RAin Schneiders fragt, wie die Namen gewesen seien, die Schultze bzgl. der „Schlägerei“ genannt habe. Ko. sagt, Schultze habe Sven Kl., Mirko Sz., eine Person alias „Schmaler“, und Ralf Wohlleben genannt. Schneiders: „Nannte er die Personen auch so, wie Sie es aufgezählt haben, mit Vor- und Nachnamen, in der Art und Weise?“ Ko.: „Bis auf den Schmaler, meine ich, ja.“ Schneiders: „Nannte er Spitznamen der Personen?“ Ko.: „Außer dem Schmaler fällt mir jetzt keiner ein.“ Schneiders: „Korrigieren Sie mich, Herr Vorsitzender, aber ich meine dass Herr Schultze hier in der Hauptverhandlung mit dem Namen Mirko Sz. nichts anfangen konnte, aber mit Barny.“ Ko.: „Barny sagt mir nichts.“

Schneiders: „Wie sah der Vernehmungsplan aus?“ Ko.: „Ich habe den erstellt. Ich sammele alle relevanten Informationen, die ich abfragen möchte. Das ist kein Ablauf, sondern Stichpunkte. [phon.] Eine Liste, was möchte ich fragen, wo sind die Aktenfundstellen dazu, damit ich darauf zukommen [phon.] kann wenn die Sprache drauf kommt, wo kann ich was widerlegen oder detaillierter was nachfragen.“ Schneiders: „In der Vernehmung ist auch , und angesprochen worden. An einer Stelle ist die Kameradschaft Jena ausgestrichen worden.“ Ko.. „Ja, daran kann ich erinnern. Ich weiß aber nicht mehr, ob er es versehentlich gesagt hat oder wir es versehentlich aufgeschrieben haben. Er meinte nicht die Kameradschaft Jena, sondern die Sektion Jena des THS.“

Schneiders: „Ist mal die Struktur dieser Gruppen angesprochen worden, Differenzierungen, was denn diese genannten Gruppen sind, aus wem die bestehen?“ Ko.: „Wir haben uns auf jeden Fall in der vorhergehenden Vernehmung über die Kameradschaft Jena unterhalten und er hat gesagt, dass er sich sich dazu auf jeden Fall nicht zugehörig gefühlt hat und welche Personen da beteiligt waren.“ Schneiders: „Ist mal nachgefragt worden, woher seine Kenntnisse da kommen, dass diese Personen bei der Kameradschaft Jena sind?“ Ko.: „Ich meine nicht, nein.“ Schneiders sagt, in einer Vernehmung sei das Wort „notgedrungen“ gefallen. Ko.: „Ja.“ Schneiders: „In welcher Situation sprach er bezüglich Wohlleben von ’notgedrungen‘?“ Ko.: „Es war eben die Frage nach der Unterstützung des Ralf Wohlleben für Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos, Beate Zschäpe, und wie er das Verhältnis beschreiben würde zu den dreien. Und da sagte er, das Wort, das ihm einfalle, sei ’notgedrungen‘, und dass Ralf Wohlleben nicht begeistert gewesen sei, wenn wieder was über den Telefonkontakt kam, aber dass er sich den Leuten gegenüber verpflichtet fühlen würde.“ Schneiders: „Haben Sie mal nachgefragt, wie er es empfunden hat, diese Aufträge?“ Ko.: „Ich meine, er hat mal erwähnt, dass er da einer Meinung war mit dem Ralf Wohlleben, z. B. bei der Motorradgeschichte, dass er da nicht begeistert war.“ Schneiders: „Und warum er sich bei dem speziellen Auftrag der Waffenbeschaffung nicht gedrückt hat, der Herr Schultze?“ Ko. sagt, dass Schultze angegeben habe, dass es für ihn Ansehenssteigerung bedeutet habe gegenüber Wohlleben und André Kapke, zumindest zu Beginn: „Weil es für ihn das Gefühl war, eine Stufe aufzusteigen in dieser Hierarchie, das war ihm offensichtlich wichtig.“

Schultzes Verteidiger RA Pausch: „Noch einmal zur Kontaktaufnahme Carsten Schultzes mit Andreas Schultz: Sie sagten vorhin, am Anfang habe Herr Schultze noch geäußert [phon.], er sei möglicherweise mit Ralf Wohlleben zusammen hin und hat das dann später korrigiert. Ist das schon bei der richterlichen Vernehmung thematisiert worden, bei der sie dabei gewesen sind?“ Ko.: „Ich habe das gerade aus dem, was Herr Klemke vorgehalten hat, geschlossen, aber eine eigene Erinnerung habe ich nicht.“ Pausch: „Auf Seite 8 ist protokolliert worden: ‚Ich ging zu Andreas Schultz und sagte ihm, wie es mir von Wohlleben aufgetragen worden war, dass dieser mich schicke.'“ [phon.] Ko.: „Ja.“ Pausch: „Wenn ich diese Äußerung nehme und Ihre Äußerung, er habe anfangs davon gesprochen, er sei mit Wohlleben gemeinsam da gewesen, erkennen Sie da einen Widerspruch?“ Ko.: „In dem Fall hat er nicht eindeutig gesagt, dass Wohlleben dabei gewesen wäre.“ Pausch: „Dann zum Herkunft des Geldes für die Waffe. Haben Sie eine Erinnerung, ob dieses Thema in der Vernehmung 01.02. angesprochen worden ist?“ Ko. sagt, das wisse er nicht mehr. Vorhalt aus dem Vernehmungsprotokoll: Ich weiß aber, dass ich das Geld von Ralf Wohlleben bekommen habe. [phon.] Ko.: „Ja.“ Pausch fragt, ob Ko. eine Erinnerung an diesen Satz habe. Ko.: „Wenn es da so steht, ja, klar.“

Pausch sagt, es gehe ihm dann um die Vernehmung am 06.02. und nennt eine Fundstelle. Pausch: „Aber vorab die Frage: Sie sagten, Sie hätten sich so was wie einen Fragenkatalog, eine Roadmap erstellt. Haben Sie auch die Erkenntnisse aus der Vernehmung vom 01.02. in die Skizze für die weitere Vernehmung [phon.] übernommen?“ Ko.: „Ja.“ Pausch: „Haben Sie eine Erinnerung, ob in Ihrem Fragenkatalog die Frage enthalten war: Wo stammt das Geld her?“ Ko.: „Sicherlich.“ Pausch: „Also das Blatt 74, einen Moment bitte, Seite 18 am Ende. Wenn Sie sich Ihre Roadmap für Vernehmungen vor Augen führen, wie konkret ist eine Frage formuliert, die Sie Herrn Schultze stellen wollten?“ Ko. sagt, er könne nicht mehr im Detail sagen, was er in seinen Notizen aufgeschrieben habe. Pausch: „Am Ende Seite 18 taucht auf: ‚Auf Frage: Ich kann mich nicht einmal mehr konkret erinnern, dass ich das Geld von Ralf Wohlleben bekommen habe. Insofern kann ich auch keine Details wie Stückelung, Verpackung des Geldes sagen.‘ [phon.] Wie kommt, möglicherweise gefragt durch Sie, der Satz zur Stückelung, Verpackung zustande?“ Ko.: „Das kommt von uns, das haben ganz klar wir gefragt.“ Pausch: „Daran haben Sie eine Erinnerung?“ Ko.: „Ja, das kommt von uns.“

Pausch sagt, die Antwort sei eigenartig aneinandergefügt, und fragt, ob zu dem ersten Teil auch gefragt worden sei. [phon.] Ko.: „Das ist nicht ganz ordentlich protokolliert, es müsste eigentlich zweimal ‚auf Frage‘ heißen.“ Sie hätten erst zum Geld gefragt und dann ganz konkret zur Verpackung, Stückelung des Geldes, so Ko. Pausch: „Das sollte eine Konkretisierung zur Vernehmung vom 01.02. sein?“ Ko.: „Genau.“ Pausch: „Der Wortlaut der Antwort, haben Sie eine Erinnerung, ob das in dem Fall wörtlich aufgenommen worden ist?“ Ko.: „Wie ich es geschildert habe, bemühe ich mich, möglichst nahe am Wortlaut zu bleiben. Deswegen gehe ich davon aus, aber ich kann es nicht mehr genau sagen.“ Pausch: „Haben Sie nachgefragt was der Begriff ‚konkret‘ heißen soll?“ Ko. verneint das. Pausch: „Ich versuche nochmal die Frage herauszufragen, die Sie ihm damals gestellt haben. Frau Ga. hat mal gesagt, man kann aus der Antwort entnehmen, wie die Frage gestellt war.“ Ko.: „Genau.“ Pausch: „Haben Sie eine Erinnerung, ob dieser Passus, ’nicht einmal mehr konkret erinnern‘, ob das auch schon in der Frage so eingekleidet war?“ Ko.: „Kann ich mich so nicht mehr erinnern.“

Götzl: „Dieser erste Vorhalt: ‚Auf Frage: Ich kann mich nicht einmal mehr konkret erinnern, dass ich das Geld von Wohlleben bekommen habe‘ [phon.], wurde das so von Herrn Schultze angegeben?“ Ko.: „Ja, und jetzt, wenn ich es nochmal höre, kann ich mich auch wieder erinnern, dass es seine Äußerung ist.“ [phon.]

RA Klemke: „In der Vernehmung 06.02.2012 [phon.] ist ja protokolliert, dass Herr Schultze geantwortet hat, dass er sich nicht mehr konkret erinnern könne, dass er das Geld von Wohlleben bekommen habe. Es ist aber ebenfalls protokolliert worden, er habe beim Ermittlungsrichter gesagt, er wisse, dass das Geld von Wohlleben gekommen sei.“ Klemke fragt, ob da nachgefragt worden sei. Ko.: „Ich glaube nicht, dass wir da weiter nachgefragt haben.“ Klemke: „Wurde nicht nachgefragt, okay.“

Dann fragt Carsten Schultze persönlich: „Habe ich das jemals zur Disposition gestellt, ob ich das Geld von Wohlleben bekommen habe oder nicht? Habe ich das jemals angezweifelt?“ Ko.: „Sie haben es zumindest eingeschränkt, wie es gerade vorgehalten wurde.“ Schultze: „Ich halte es jetzt zum 38. Mal vor: ‚Ich kann mich nicht einmal mehr konkret erinnern‘ [phon.]. Ob Ihnen die Frage dazu einfällt?“ Ko.: „Jedenfalls nicht die Frage, ob Sie das Geld von Wohlleben bekommen haben, sondern vielleicht dann doch etwas zu dem Geld, bezogen auf Scheine, Stückelung oder so. Da haben Sie gesagt: Natürlich kann ich mich nicht an die Stückelung erinnern, ich kann mich nicht einmal konkret erinnern, das Geld bekommen zu haben. So verstehe ich das.“ [phon.] Der Zeuge wird um 11:26 Uhr entlassen. Götzl wendet sich an die Verteidigung: „Ich nehme an, Sie wollen vermutlich eine Erklärung abgeben, aber nicht sofort?“ RAin Schneiders: „Wir würden uns das vorbehalten für nächste Woche.“ Auch die Verteidigung Schultze behält sich eine Erklärung vor.

Götzl: „Sind denn für heute Anträge geplant?“ NK-Vertreterin RAin von der Behrens verliest eine Ergänzung zum Antrag zum „Weissen Wolf“. Die Nummer 2 und 3 des Beweisantrags vom 290. Verhandlungstag zum „Weissen Wolf“ werde dahingehend konkretisiert, den Zeugen mit dem Tarnnamen „Sebastian Egerton“ vom BfV zu laden und zu hören. Weiter beantragt V. d. Behrens, die sich in der Akte befindliche Seite 2 der Ausgabe Nr. 18 des „Weissen Wolfes“, mindestens das Vorwort und den darunter befindlichen Gruß, zu verlesen zum Beweis der Tatsache, dass es dort heißt:
„Vorwort
Seid gegrüßt KameradInnen, […]
Wenn die Zeiten härter werden – muß der Kampf es auch werden. Unterstützt die Kameraden in Haft, im Rechtskampf, auf der Straße, bildet Netzwerke – nur vom Musikhören und Feiern kommt die Wende nicht.
In diesem Sinne, bis zum nächsten Mal…

Vielen Dank an den NSU, es hat Früchte getragen ;-) Der Kampf geht weiter…“

Weiter beantragt V. d. Behrens die Seite in Augenschein zu nehmen zum Beweis der Tatsache, dass der Gruß fettgedruckt und abgesetzt ist. V. d. Behrens führt zur Begründung aus, dass „Egerton“ Auswerter in der für Neonazis zuständigen Projekteinheit des BfV gewesen sei und Erstauswerter für den „Weißen Wolf“ Nummer 18 gewesen sei. „Egerton“ habe im UA zusätzlich zu den schon zitierten Angaben gegenüber dem Sonderermittler angegeben, er habe mit dem Begriff „NSU“ damals nichts anfangen können; Abkürzungen und Danksagungen seien in rechtsextremistischen Publikationen die Regel gewesen; wenn bei 100 bis 150 rechtsextremistischen Publikationen pro Jahr jede Abkürzung bei den Landesbehörden nachgefragt worden wäre, wäre der VS lahmgelegt worden und es wären zu 100 Prozent Fehlanzeigen entstanden. Diese Erklärung sei unglaubhaft, da sie auf schlicht falschen Tatsachenbehauptungen beruhe, so v. d. Behrens. Der „Weisse Wolf“ sei kein Skinhead-Magazin mit vielen Grüßen in Slang bzw. Szenesprache gewesen, sondern – insbesondere die späteren Ausgaben, zu denen das Heft 18 gehört habe – sehr professionell gestaltet gewesen mit fast ausschließlich politischem Inhalten und ohne eigene Grußseite. Neben der Abkürzung „NSU“ hätten sich im Heft 18 nur allgemein bekannte Abkürzungen wie C18, oder gefunden.

Die „unglaubhafte Behauptung des Zeugen Egerton“ spreche für die unter Beweis gestellte Tatsache, dass nämlich tatsächlich eine Auswertung des Grußes an den NSU stattgefunden hat. Es sei von den 13 Auswertern [phon.] neben „Egerton“ nur noch der Mitauswerter Ki. namentlich bekannt. Dieser habe im UA ausgesagt, der „Weisse Wolf“ sei ihm allenfalls im Bereich „Gewaltdiskussion“ aufgefallen, den Begriff „NSU“ habe er dort nicht wahrgenommen. Auch dies sei nicht plausibel, so v. d. Behrens, weil die Danksagung nicht unverbunden auf der Seite 2 stehe, sondern direkt an den letzten Satz des Vorwortes anknüpfe, in dem es heiße: „Wenn die Zeiten härter werden – muß der Kampf es auch werden. Unterstützt die Kameraden in Haft, im Rechtskampf, auf der Straße, bildet Netzwerke – nur vom Musikhören und
Feiern kommt die Wende nicht.“ Dass der Auswerter Rechtsterrorismus nicht wahrgenommen haben will, dass auf diesen Satz die grafisch hervorgehobenen Grüße an den NSU verbunden mit der Aussage „Der Kampf geht weiter“ folgten, sei nicht glaubhaft und spreche auch für die im ersten Beweisantrag unter 2. und 3. unter Beweis gestellten Tatsachen. Die Veröffentlichung des Grußes und des Namens der Vereinigung NSU zeige, dass ein Teil der Außenwirkung und Verbreitung des Namens, die mit dem NSU-Brief gewollt gewesen sei, von der Vereinigung auch erreicht worden sei. Weiter folge aus der Veröffentlichung des Grußes in Verbindung mit dem Vorwort, dass der NSU-Brief sein Propagandaziel erreicht habe, indem er in den Kontext von Aufrufen zu Netzwerkbildung und zu einem härteren Kampf gestellt worden sei.

Schließlich beantragt v. d. Behrens im Hinblick auf das Behördenzeugnis aus Mecklenburg-Vorpommern, ein weiteres Behördenzeugnis einzuholen, auf welche Quelle sich die aus der Deckblattmeldung vom 04.04.2002 stammende Information zur Spende von 2.500 Euro stützt. Da sich diese Informationen nach Auskunft des Mecklenburg-Vorpommerschen Innenministeriums nicht im Treffbericht befänden, könnten sie auch nicht, wie im Beweisantrag noch angenommen, von dem V-Mann stammen. Für die Beweiswürdigung und um dem Zeugen Petereit diese Informationen vorhalten zu können, sei es daher erforderlich, die konkrete Herkunft, d.h. die Quelle, der Informationen zu kennen. Weiter beantragt v. d. Behrens, ein weiteres Behördenzeugnis einzuholen zu der Frage, ob es weitere Deckblattmeldungen oder Treffberichte gibt, in denen die Spende des NSU oder das Begleitschreiben eine Erwähnung findet. Der Antrag ist von mehreren NK-Vertreter_innen unterschrieben.

Götzl: „Zu 4 bitte ich um Überprüfung. Meines Erachtens ist das im Selbstleseverfahren enthalten.“ V. d. Behrens sagt, das mache sie, und erklärt dann für die RAe Fresenius und Kuhn, dass der Antrag auch für sie in der Form von heute gestellt werden soll.

OStA Weingarten sagt, er nehme auf seine Erklärung von gestern Bezug. Soweit die Vernehmung ‚Egerton‘ beantragt werde, sei die Beweistatsache für die Entscheidung ohne Bedeutung. Hinsichtlich Nr. 4 sei er der Meinung, dass das schon erfüllt ist. Zu Nr. 5 habe der GBA keine Bedenken. Bzgl. der Behördenzeugnisse handele es sich um Beweisermittlungsanträge, die sich auf bloße Vermutungen stützten, die nicht tatsachenbasiert seien. Die Antragstellerin habe schon ein Missverständnis bzgl. dessen, was in Treffberichten steht. Die Identität der Quelle dieser Information sei für die Entscheidung ohne Bedeutung.

V. d. Behrens sagt, es gehe ihr nicht um die Identität der Quelle. Im Treffbericht werde alles festgehalten, was die Quelle sagt, und die Informationen, die wesentlich seien für andere Landesämter, würden in eine Deckblattmeldung übernommen. Wo jetzt Informationen in die Deckblattmeldungen hinein kämen, die im Treffbericht nicht stehen, erschließe sich ihr nicht: „Aber wenn Sie mir das erklären können, gerne!“

OStAin Greger nimmt Stellung zum Beweisantrag von RA Reinecke von gestern. Der GBA trete der Inaugenscheinnahme nicht entgegen, sie rege aber an, dass man die Vernehmung der Zeugin zurückstelle und nach der Inaugenscheinnahme entscheidet, ob man ggf. ein anthropologisches Sachverständigengutachten erstellen lässt. RA Reinecke sagt, er sehe das genauso, die Zeugin sei nur vorsorglich benannt. Der Senat könne ja nach Inaugenscheinnahme dazu kommen, dass er es selbst einschätzen kann, ob das Holger Gerlach ist, dann brauche man natürlich keine weiteren Beweismittel. Es folgt die Mittagspause bis 12:46 Uhr.

Götzl: „Zum Ausdruck ‚Weisser Wolf‘ Ausgabe 18, Seite 2, das ist Bestandteil des Selbstleseverfahrens gewesen. Sie hatten Seite 37 angegeben, aber das ist ein Versehen wohl. Es bezieht sich, nehme ich an, auf 42, 43.“ V. d. Behrens: „Dann würde ich insofern die Verlesung zurückziehen, aber die Inaugenscheinnahme würde ich aufrechthalten.“ Götzl: „Ja, betrifft das Ihre Kollegen auch?“ V. d. Behrens bejaht das. Götzl sagt, v. d. Behrens habe dann von Kuhn und Fresenius gesprochen. V. d. Behrens: „Der Antrag vom 16. Juni 2016, der war von Kuhn und Fresenius unterschrieben, die Ergänzung jetzt war nicht von ihnen unterschrieben, deswegen habe ich das mündlich hinzugefügt.“ Götzl: „Dann nehmen wir doch Blatt 42/43 in Augenschein.“ Das Blatt wird kurz gezeigt.

Götzl: „Dann hätte ich noch an Sie eine Frage, Herr Schultze, in Zusammenhang mit der Einvernahme des heutigen Zeugen. Vernehmung 06.02.2012, Seite 18, da heißt es: ‚Auf Frage: Ich kann mich nicht einmal mehr konkret erinnern, dass ich das Geld von Wohlleben bekommen habe. Insofern kann ich auch keine Details zu Stückelung und Verpackung sagen.‘ [phon.] Können Sie sich erinnern an die Fragestellung?“ Schutze: „Genau auch nicht. Ich dachte erst, es sei gefragt worden, ‚können Sie sich erinnern, wie Sie das bekommen haben‘. Aber ich denke, es ist eher so etwas gefragt worden wie: ‚können Sie sich noch konkret an Sachen wie die Stückelung erinnern‘. [phon.] Und ‚Stückelung‘ ist auch nicht mein Jargon. Danach ist ja auch nie wieder danach gefragt worden, denn es war von Anfang an klar, dass ich das Geld von ihm [Wohlleben] bekommen habe.“

Götzl sagt, es gehe dann um Verlesungen. Zuerst verliest Richterin Odersky einen Vermerk zur Gesamtasservatenliste; diese sei aus einer Vielzahl von Listen des BKA und der Länderdienststellen zusammengestellt worden. Der Vermerk schildert kurz, wie die Liste zusammengestellt worden sei und die „Leitziffernvergabe“.

Dann sagt Götzl, es solle dann ein Sachstandsbericht vom 26.11.1996 aus Akten der StA Gera verlesen werden und nennt die Fundstelle. Zschäpe-Verteidiger RA Heer verliest einen Widerspruch gegen die Verlesung des Sachstandsberichts und eines Vermerks vom 06.05.1996 [phon.]. § 250 StPO sehe vor, dass soweit ein Beweis auf Beobachtungen einer Person beruht, diese in der Hauptverhandlung zu vernehmen sei. Ausnahmen würden nur für Protokolle etwa über Beschlagnahmen, Sicherstellungen und dergleichen gelten. Zweck der Vorschrift sei, dass Details wie Maße und Gewichte schriftlich zuverlässiger kundig gemacht werden könnten als aus dem Gedächtnis einer Person. Der Sachstandsbericht von einem Beamten, der über keine ausreichende dienstliche Erfahrung verfügt habe, beinhalte Ausführungen zu einer Kreuzverbrennung in Jena und einer Zettelwurfaktion in Rudolstadt, außerdem werde z. B. die vorläufige Festnahme Zschäpes mitgeteilt. Ein Routinevorgang sei lediglich bzgl. der Festnahme der Betreffenden enthalten. Der Vermerk des TLKA enthalte ebenso keine Dokumentation von Ermittlungshandlungen, sondern nur die Feststellung, dass Uwe Böhnhardt als Verursacher einer daktyloskopischen Spur ermittelt sei, zur KS Jena gehört habe usw. Die Verlesung führe zu einer unzulässigen Durchbrechung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes, so Heer. Zudem sei der Erkenntnisgewinn im Falle der Vernehmung einer Person deutlich größer.

Götzl: „Also es ist gar nicht beabsichtigt, den Vermerk zu verlesen, so dass sich der Antrag also nur auf den Sachstandsbericht bezieht. Dann stellen wir diese Verlesung zurück.“ Dann gehe es um ein Einsatzprotokoll vom 09.11.1996 von der StA Gera, Blatt 4 und 5. RA Klemke: „Die Verteidigung Wohlleben schließt sich dem Widerspruch an.“ Götzl: „Ich stelle das jetzt einfach mal zurück.“

Dann verliest Richter Lang ein Einsatzprotokoll der Landespolizei Thüringen Jena vom 09.11.1996. Es geht um eine Fahrzeugkontrolle. Das Fahrzeug sei im Ahornweg einer Fahndungs- und Verkehrskontrolle unterzogen worden. Durch die Insassen sei eine Verweigerung kundgetan und die Türen verriegelt worden. Nach mehrmaligen Aufforderungen seien die Personalausweise zum Fenster rausgereicht worden. Festgestellt worden seien Uwe Böhnhardt als Fahrer und Halter, als Beifahrer Holger Gerlach, hinten rechts Uwe Mundlos und hinten links Beate Zschäpe. Die Überprüfung habe ergeben, dass die Personen bekannt sind wegen 86a und Volksverhetzung. Im Fahrzeug seien mehrere Schlagwaffen von außen sichtbar gewesen. Nach mehrmaligen Aufforderungen seien um 19:22 Uhr die Türen geöffnet worden und die Personen seien ausgestiegen. Bei der Durchsuchung des Fahrzeugs seien mehrere Schusswaffen, Schlag- und Stichwaffen gefunden worden. Den Personen sei die Gewahrsamnahme eröffnet worden, Uwe Böhnhardt habe erheblichen Widerstand geleistet. Die Personen seien zur Dienststelle verbracht worden. Das Fahrzeug sei auf Wunsch des Halters vor Ort verblieben, der ordnungsgemäße Verschluss sei durch vier Beamte überprüft worden. Bei den Personen handele es sich um den selben Personenkreis, der in Buchenwald erheblich gestört habe, daher könne von der Absicht einer erheblichen Ordnungsstörung am heutigen Tag ausgegangen werden.

Dann verliest Richter Kuchenbauer einen Vermerk vom 09.11.1996 zur Gewahrsamnahme vom Böhnhardt, Gerlach, Mundlos und Zschäpe. Der Vermerk besagt, dass am 09.11.1996 in Thüringen Gedenkveranstaltungen zur sogenannten „Reichskristallnacht“ durchgeführt worden seien, u. a. im Stadttheater Jena. Im Rahmen dieser Veranstaltungen seien Feierstunden an Gedenkstätten und eine anlassbezogene Theatervorstellung durchgeführt worden. Bei der Kontrolle des Hyundai mit dem Kennzeichen J-RE 76 des Böhnhardt hätten sich als Insassen die aufgeführten Personen in dem Fahrzeug befunden. Diese hätten sich geweigert auszusteigen und das Fahrzeug verriegelt. Im Fahrzeug seien eine Vielzahl von Gegenständen und Werkzeugen sowie Messer, Gas- und Luftdruckpistolen gefunden worden, zusätzlich Wollmützen mit Sehschlitzen. Böhnhardt und Mundlos hätten braune Kleidung mit Koppeln und Springerstiefeln getragen. Gefunden worden sei außerdem ein Wurfstern beidseitig angeschliffen, damit Verstoß gegen das Waffengesetz. Es habe durch Böhnhardt Widerstand gegeben, gegen Böhnhardt sei ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden wegen Widerstand und gegen alle anderen wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz.

Dann wird ein weiter Vermerk vom 09.11.1996 verlesen, demzufolge bei Böhnhardt eine Pistole und 9 Platzpatronen sichergestellt worden seien. Es folgt die Verlesung eines weiteren Vermerks, ebenfalls vom 09.11.1996, demzufolge bei der Person Beate Zschäpe ein Schulterholster, eine Gaspistole Walther P99, ein Magazin zu oben angeführter Waffe und CS-Gas sichergestellt worden sei. Dann verliest Richterin Odersky die Auflistung der Gegenstände aus dem PKW Hyundai vom 09.11.1996: Vorne links: schwarze Wollmütze, schwarze Sturmhaube, Handbeil, Diktiergerät Panasonic, Schlagstock mit Reizgassprühvorrichtung und Patrone. Vorne rechts: Faustkampfmesser,
zwei Pyroknallpatronen und Abschussvorrichtung, Heft „„. Hinten links: einmal Gaspistole. Hinten rechts: einmal Faustkampfmesser, einmal schwarze Wollmütze. Kofferraum: 3 CO2-Patronen, einmal Wurfstern, einmal Feuerwerk, einmal Messer mit Holzgriff, einmal Handbeil, einmal Poster mit Wehrmachtsmotiv, eine schwarze Sturmhaube, ein Messer, eine Luftdruckpistole, eine Abschussvorrichtung.

Dann verliest Richter Lang das waffentechnische Gutachten des TLKA zu den am 09.11.1996 bei Böhnhardt, Gerlach, Zschäpe und Mundlos gefundenen Gegenständen. Danach verliest Kuchenbauer den Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Jena bzgl. der Garage Nummer 5 im Garagenkomplex an der Kläranlage und der Garage der Familie Böhnhardt. Götzl: „Erklärungen zu den Verlesungen? Keine. Dann möchte ich Gelegenheit geben, Stellung zu nehmen zum Widerspruch der Verteidigung Zschäpe zum Sachstandsbericht.“ Bundesanwalt Diemer: „Wir behalten uns eine Stellungnahme vor.“ NK-Vertreter RA Hoffmann: „Ich mir auch.“ Der Verhandlungstag endet um 13:35 Uhr.

Das Blog „NSU-Nebenklage„: „Die Verteidigung Wohlleben versuchte sich längere Zeit daran, dem Zeugen Angaben zu Widersprüchen und Auffälligkeiten in der Genese der Aussage Schultzes zu entlocken. Diese Versuche blieben erfolglos. Im Gegenteil konnte Schultze persönlich durch eigene Fragen einen vermeintlichen Widerspruch ausräumen: In einem der Vernehmungsprotokolle ist als seine Angabe niedergelegt, er könne sich nicht konkret erinnern, das Geld für die Waffe von Ralf Wohlleben erhalten zu haben. Die Verteidigung hatte dies immer als Hinweis darauf gesehen, dass Wohlleben womöglich das Geld für die Waffe gar nicht gegeben hatte. Auf Frage Schultzes gab der Beamte heute an, damals sei Schultze nach der Stückelung des Geldbetrages gefragt worden und habe geantwortet, er könne sich ja nicht einmal konkret an die Übergabe des Geldes durch Wohlleben erinnern, noch weniger also an die Stückelung. Schultze selbst bestätigte dies auch aus seiner Erinnerung und stellte klar, dass nie in Frage stand, dass Wohlleben das Geld übergeben hatte, sondern dass er sich eben nur an die Details nicht erinnern konnte und kann.“
http://www.nsu-nebenklage.de/blog/2016/06/30/30-06-2016/

    » «