Nach dem Bericht eines Sachverständigen, der die Seriennummer der Mordwaffe Česká, die unkenntlich gemacht worden war, wieder sichtbar gemacht hatte, wird nur ein Zeuge vernommen: Sönke Pe. hatte sich in der Justizvollzugsanstalt München mit Tino Brandt über den NSU-Prozess unterhalten und wird dazu befragt. Er erzählt unter Anderem, dass sich Brandt über die Gerichtsverhandlung lustig gemacht habe. Der Zeuge fertigte nach dem Gespräch mit Brandt handschriftliche Notizen an und schickte diese an das Oberlandesgericht.
Zeug_innen:
- Bert We. (BKA, Kriminaltechniker, Sichtbarmachung der Waffennummer der Tatwaffe Česká 83)
- Sönke Pe. (Gespräche mit Tino Brandt in der JVA München)
Der Prozesstag beginnt heute um 09:48 Uhr. Für die erste Befragung wird der Sachverständige Bert We., BKA-Kriminaltechniker, aufgerufen. Der Vorsitzende Richter Götzl erklärt, es gehe um ein Gutachten, mit dem der Sachverständige im Zusammenhang mit der Sichtbarmachung einer Waffennummer befasst gewesen sei. We.: „Also, ich hatte vom Schusswaffenerkennungsdienst den Auftrag erhalten, bei einer Waffe Česká 83 die Seriennummer wieder sichtbar zu machen.“ Er habe am 14.11.2011 die Untersuchung durchgeführt und die Waffe am 15.11.2011 zurückgegeben. We.: „Bei der Waffe waren an zwei Stellen die Seriennummern entfernt, in Schussrichtung rechte Seite am Verschlussstück und am Lauf. Die Entfernung erfolgte jeweils offensichtlich durch Schleifen. Das ist bei uns Standard. Ich habe verschiedene Vorbereitungen getroffen. Ich habe die Oberfläche geschliffen und poliert und dann ein Ätzverfahren angewandt, dadurch wurde die Nummer 034678 wieder sichtbar an beiden Stellen [phon.]. Nach erfolgter Untersuchung wurde die Waffe dann an den Schusswaffenerkennungsdienst zurückgegeben.“
Im Gerichtssaal werden Lichtbilder der Waffe in Augenschein genommen. Zur Aufnahme der Waffe sagt der Sachverständige: „Wir sehen eine Übersichtsaufnahme der Pistole im Eingangszustand. An diesen Pfeilen sind die Positionen, wo die Nummern entfernt waren. Da sieht man manipulierte Stellen durch Schleifen. Auf der Abbildung 2 sehen wir eine Detailaufnahme. An dieser Stelle wurde die Nummer entfernt, am Lauf, und dann noch an dieser Stelle. Das ist das Verschlussstück. Hier auf dem nächsten Bild, 3, dort sieht man die sichtbar gewordenen Zeichen auf dem Verschlussstück: 034678. Hier auf Bild 4 sehen wir die sichtbar gewordene Nummer auf dem Lauf. Eine gleichlautende Nummer: 034678.“
Der SV nimmt wieder Platz. Götzl fragt nach dem Verfahren des Sichtbarmachens. Der SV sagt, es sei ein Verfahren aus der Metallografie, Sichtbarmachung von Gefügen von Metallen [phon.]: „Die Oberfläche wird dafür fein angeschliffen, so dass sich eine beinahe spiegelblanke Oberfläche ergibt. Dann poliert mit Polierpaste. Dann werden Ätzmittel angewandt, das sind Säuren mit Metallsalzen. Und die Säuren greifen gezielt die Gefügebereiche an, wo durch den Prägevorgang der Nummer das Metall angegriffen wurde. Dadurch ergibt sich Kontrast auf der Oberfläche.“ Das werde dann anschließend fotografisch dokumentiert.
RAin Schneiders fragt, ob die Waffennummer den typischen Waffennummern der Luxik-Serie entspreche. We.: „Ich habe für die Untersuchung eine modellgleiche Waffe aus der Waffensammlung ausgeliehen und diese Waffen tragen üblicherweise eine sechsstellige Ziffer an den Stellen. Da ist also nichts Ungewöhnliches sichtbar gemacht worden.“ Schneiders fragt weiter, wie die Nummer dort hinkäme. Der Sachverständige sagt: „Normalerweise prägen. Bei der Waffe war es vermutlich Prägung, deswegen hat das so gut funktioniert.“ Auf Nachfrage danach, was ‚vermutlich‘ bedeute, erklärt We., er könne im Nachhinein nicht mehr erkennen, ob es eine Prägung war oder eine Lasermarkierung. Auf die Frage nach Unterschieden bei der Ätztechnik, sagt er weiter: „Geprägte Markierungen sind für unser Verfahren am besten, dort bestehen die besten Erfolgsaussichten.“ Bei einer lasereingebrachten Markierung sei die Gefügeveränderung nicht so tief. An und für sich seien die angewandten Verfahren die gleichen, bloß die Erfolgsaussichten seien unterschiedlich.
Im Anschluss an die Befragung wird der Zeuge Sönke Pe. aufgerufen. Götzl sagt, es gehe um Gespräche mit Tino Brandt in der JVA München-Stadelheim. Götzl fragt, ob es solche Gespräche gab und wann diese gewesen seien. Er bittet den Zeugen, von sich aus im Zusammenhang zu diesem Thema zu berichten. Pe.: „Ich war in der JVA Stadelheim im Krankenbereich auf der A2 wegen kleinen Frechheiten, kurzzeitig halt. Ich war in einer Gemeinschaftszelle zu sechst. Schräg gegenüber, wo drei Mann untergebracht waren, war der Herr Tino Brandt. Den habe ich erkannt, man kennt den ja aus den Medien, der war kein unbekanntes Gesicht. Und habe ihn einfach begrüßt, wie ich jeden begrüße, wenn er aus der Zelle tritt. Und habe mich mit ihm unterhalten, gegen Mittag war Hofgang. Wir sind gemeinsam in den Hof gegangen. Und vor dem Altbau, vor dem Volleyballplatz, da haben wir uns auf einen Mauervorsprung gesetzt und ich habe ihm Fragen gestellt, aber er hat auch von sich aus erzählt. Das habe ich mir notiert, ich habe mir eine Aktennotiz gemacht noch an dem Tag und habe das an Sie ausgereicht, an die Staatsanwaltschaft.“
Götzl fragt, worum es bei der Unterhaltung gegangen sei. Pe. antwortet, anfangs habe Brandt ihm erzählt, dass sein Vater zu Informationszwecken in Russland gewesen sei, sich eine Hepatitisinfektion zugezogen habe und er durch seinen Vater in Erkenntnis gebracht habe, wie sich die Symptome äußerten. Pe. berichtet über Brandt: „Er ging zum Hausarzt, klagte über die Symptome und wurde von dem dann krankgeschrieben, was seiner Aussage nach dazu führte, dass er hier nicht zur Aussage erscheinen musste. Die Sachen hat er erzählt und fand das dann irgendwie auch ganz lustig, weil der Tag, an dem er aussagen sollte, wohl über 100.000 Euro kostet. Und fand das eher amüsant. Ja dann haben wir so gesprochen, wie man zu solchen An- und Einsichten kommt, wie sich das verhält. Er hat erzählt, dass Herr Böhnhardt, Herr Mundlos und Frau Zschäpe wohl früher beim Thüringer Heimatschutz gewesen sind und er schon nach zwei Jahren die Drei aufgefordert hat, zurück zum Heimatverband Thüringer Heimatschutz zu kommen. Was sie abgelehnt hätten, weil sie nach seiner Aussage Wichtigeres zu tun hätten.“
Pe. weiter: „Dann hat er erzählt, dass er in Coburg in einem Buchverlag arbeitet, ein rechtspopulistischer. Nation und Europa. Und auf seinem Diensttelefon wäre er angerufen worden, hätte Nummern von Telefonzellen bekommen und Uhrzeiten und hätte in der Mittagspause oder anschließend von einer anderen Telefonzelle diese Zelle angerufen.“ Pe. sagt, er habe nachgefragt, woher das Geld gekommen sei, worauf Brandt etwas von konspirativen Treffen in Restaurants oder Cafés geantwortet habe, bei denen man irgendwas habe erzählen können, völlig unerheblich. Da sei ihm das Geld in einem Umschlag gegeben worden. Pe.: „Das hätte er mit Otto unterschrieben, hätte er aber auch mit Dagobert und Micky Maus unterschreiben können, weil das habe niemand kontrolliert [phon.]. Und dann hat man sich getrennt. Und er berichtete, er hat einen Anruf bekommen mit einer Nummer von einer Telefonzelle und Uhrzeit. Er hat dort angerufen und dort war Uwe Böhnhardt am Telefon. Dort wurde über eine Geldübergabe gesprochen. Er habe drei Kameraden mit Geld ausgestattet, um sicher zu sein, dass das Geld ankommt. Was mit dem Geld passiert ist, wusste er nicht, auch nicht für welchen Zweck das verwendet werden soll. Er hat sich noch lustig gemacht über das Gericht, und dass die Leute vom NSU ja Recht hätten mit Heimatschutz und Kultur schützen und lauter so wenig erfreulichen Dinge. Und erzählte auch, dass er aus einem anderen Grund eigentlich in Haft ist. Und der andere Grund wäre, dass etwas mit sexuellem Missbrauch im Raum steht und er in Untersuchungshaft ist, aber nicht wegen der Sache mit NSU. Das waren seine Aussagen.“
Pe. sagt weiter, als er Brandt das erste Mal gesehen habe, habe dieser einen sehr schüchternen, einsamen, ängstlichen Eindruck auf ihn gemacht: „Und wir hatten uns verabredet, den nächsten Hofgang auch miteinander zu verbringen, aber er ist verlegt worden in eine andere Station. Ich habe ihn nochmal gesehen. Die Krankenstation, wo ich war, die hatte immer dann Ausgang, wenn die anderen schon Ausgang hatten. Und als wir runter gingen, habe ich ihn gesehen auf A1, nur in welcher Zelle er war, kann ich nicht sagen.“ Auf die Frage, wie oft er Kontakt mit ihm gehabt habe, sagt Pe., sie hätten sich in der Früh unterhalten, weil die Zellen aufgeschlossen würden und alle, die zum Ärztlichen Dienst gehen müssten, dort hingehen könnten. Die Zellen würden bis zum Mittagessen nicht mehr verschlossen. Pe.: „Die Beamten machen das, weil sie keine Lust haben, ständig die Zellentüren auf- und zuzusperren“. Pe. sagt weiter, dann sei Mittagsruhe und kurz vor dem Abendessen, 14 Uhr, 14.30 Uhr, würden die Zellen kurz aufgeschlossen, um Medikamente zu holen, oder wie bei ihm, Zucker zu messen. Pe.: „Da haben wir uns nochmal kurz unterhalten. Und tags darauf war er weg, ist er verlegt worden.“
Götzl fragt nach, wie lange der Zeuge mit Brandt dann Kontakt gehabt hatte, Unterhaltungen und das Gespräch geführt habe. Pe. antwortet: „Ich habe ihn in seiner Zelle noch besucht, das war der Moment, wo er mir seine Ladung gegeben hat, die habe ich Ihnen ja zugestellt. Dann habe ich mit ihm noch auf dem Gang ein paar Worte gewechselt. Das längere Gespräch, über eine Stunde, das war beim Hofgang. Wir haben uns zurückgezogen. Er hat den Kontakt mit anderen Häftlingen nicht gerade gesucht. Er machte einen ängstlichen Eindruck. Und wir haben uns auf den Mauervorsprung gesetzt, weil da auch Schatten war. Und da hat er angefangen, seine Sachen mir zu erzählen. Offenbar hat er da so eine Form von Vertrauen aufgebaut in kurzer Zeit. Ich kann natürlich nicht sagen, welchen Wahrheitsgehalt das hat, was er mir erzählt hat. Aber ich persönlich empfand das als so brisant, dass ich gleich nach dem Hofgang mich hingesetzt habe und vor Ort gleich aufgeschrieben habe, damit ich das nicht vergesse.“
Götzl fragt, wie es zur erwähnten Übergabe der Ladung des Herrn Brandt gekommen sei. Der Zeuge antwortet: „Da habe ich ihn ein bisschen gelockt. Ich habe ja auch kurze Haare und das war für ihn die Vermutung, dass ich da auch aktiv bin, was ich nicht bin. Ich habe gesagt: Hier gibt’s ein Lokal, Tumult, da sind Gleichgesinnte, die würden sich über so eine Trophäe freuen. Dann ist er zur Sozialarbeiterin, hat sich das kopieren lassen und mir die Kopie ausgehändigt.“ Auf die Nachfrage, wie er gelockt habe, gibt Pe. weiter an: „Ich wollte wissen, wie solche Leute denken, weil ich aus einer Familie komme, – ich habe die Transportliste dabei – von meiner Familie mütterlicherseits hat nur mein Großvater überlebt, war erst in Sachsenhausen und dann in Neuengamme. Da ist es doch interessant, mal nachzuschauen, was der wirklich denkt.“ Götzl sagt: „Ich habe Sie so verstanden: Sie hätten in Bezug auf die Ladung ‚gelockt‘. Inwieweit hatte die Ladung denn Bedeutung für Sie?“ Pe.: „Ich habe irgendwie gedacht: Ich muss an Material kommen, ich muss nachweisen können, dass ich Kontakt mit ihm hatte. Wie gesagt, diese Aussage fand ich sehr interessant und auch brisant.“
Götzl fragt nach einer Erläuterung von „interessant“ und „brisant“. Pe.: „Diese Sache mit der Geldübergabe, wie das mit dem Geld gelaufen ist, dass da telefoniert wurde von Telefonzelle zu Telefonzelle und er im Anschluss sagte, er hat ja auch erzählt, er wäre Schatzmeister beim Thüringer Heimatschutz gewesen, und sein Diensttelefon war dazu da, um Kontakte zu halten und da war der Anruf wegen Geld. Und dass er von dort die andere Nummer aus einer Telefonzelle angerufen hat, von Telefonzelle zu Telefonzelle. [phon.] Hat drei Kameraden mit entsprechend Geld ausgestattet, um sicher zu sein, dass das Geld auch ankommt. Und das fand ich interessant, gut verschleiert. Ich wusste gar nicht, dass man von Telefonzelle zu Telefonzelle telefonieren kann, das war mir nicht bekannt.“ Götzl sagt: „Sie sagen, er hätte von drei Kameraden berichtet, die er mit Geld ausgestattet hat. Hat er über die Näheres berichtet, hat er Namen genannt?“ Pe.: „Nein, er hat keine Namen genannt, nur, dass er es unter drei Boten verteilt hat, um sicher zu sein, dass das Geld auch ankommt. Einer scheint wohl weniger oder gar nichts gebracht haben. Der andere war wohl zuverlässig. Und der, der nicht so zuverlässig war, der hätte seine Lehren daraus gezogen, so war der Wortlaut.“
Auf die Nachfrage nach der Bezeichnung „zuverlässig“, erklärt Pe., dass offenbar der Geldbetrag von einem nicht angekommen sei, Brandt habe das auf drei verteilt und einer hätte es wohl nicht übergeben. Götzl fragt, ob von einer bestimmten Summe die Rede gewesen sei, was Pe. verneint. Götzl fragt, ob der Zeuge das Verhalten des Herrn Brandt näher beschreiben könne. Pe. fragt zurück, ob das Verhalten ihm gegenüber oder auf der Station gemeint sei. Götzl sagt, beides würde ihn interessieren. Pe.: „Er war zurückhaltend, er war ängstlich, sprach sehr leise und hat, wenn wir uns unterhalten haben, darauf geachtet, dass nicht irgendwelche anderen Leute zuhören. Deswegen war das auch so, dass in dem Hofgang wir uns da auf diesen Vorsprung gesetzt haben. Denn die Leute, die im Kreis laufen, sind dann ein paar Meter weg und man kann davon ausgehen, dass die nicht mitschneiden, was da gesprochen wird. Götzl fragt nach sonstigen Auffälligkeiten, wenn der Zeuge das Verhalten Brandts beschreiben sollte. Pe. sagt: „Er blieb die meiste Zeit, auch wenn die Zellen offen waren, in seiner Zelle. Also er hat jetzt nicht Kontakt zu seinen Mithäftlingen gesucht, er war eher so reserviert und saß auf seinem Bett. Ruhig. Unauffällig eigentlich.“
Götzl fragt, was der Zeuge mit der Beschreibung als „ängstlich“ meine und woran er das festmache. Pe.: „Da waren ja andere Leute auch, die erkannt haben, wer er ist. Ist ja kein unbeschriebenes Blatt. Und den Beweggrund, warum ängstlich, weiß ich nicht. Es waren ja die Tage, bevor er aussagen sollte und das hat ihn wohl verunsichert.“ Auf erneute Frage nach dem Begriff „ängstlich“ sagt Pe.: „Dieses Zurückhaltende. Es gibt drei größere Zellen mit sechs Betten, wenn die Türen offen sind, da sind große Tische, da sind verschiedene Nationalitäten dort, Italiener, Franzosen, ein Spanier, da haben sich die gesammelt, die die gleiche Muttersprache hatten. Oder sich Tee gemacht haben oder Kaffee. Da trafen sich die Leute, die vielleicht ein freundschaftliches Verhältnis verband. Der eine hatte Kaffee, der andere Tee. Zigaretten gab’s keine, Rauchen war verboten. Dann hatte man vom Einkauf vielleicht ein paar Kekse oder Cola. Oder man holte sich beim anderen Zucker in der Zelle. Und da habe ich ihn nie gesehen, da hat er nicht teilgenommen. In der kurzen Zeit, wo man sich vergesellschaften kann, da hat er nicht teilgenommen, blieb eher in seiner Zelle. Freute sich aber, wenn man ihm was angeboten hat.“
Götzl hält dem Zeugen vor, er habe bezüglich des Verhaltens Brandts gefragt, ob es ihn betreffe oder auf der Station. Götzl fragt, ob dabei ein Unterschied gewesen sei. Der Zeuge sagt, er verstehe das nicht. Götzl hält dem Zeugen erneut seine Rückfrage vor, die er auf Götzls Frage nach dem Verhalten Brandts gestellte hatte. Er fragt Pe.: „Wie war das Verhalten jetzt Ihnen gegenüber und wie war es auf der Station?“ Pe. antwortet, das Verhalten von Brandt sei auf der Station eher zurückhaltend gewesen: „Und die Hausarbeiter, die da waren, die, so war mein Eindruck, waren nicht besonders begeistert und das hat er wohl auch wahrgenommen.“ Götzl hält dem Zeugen vor, er habe Brandt eingangs als „schüchtern“ bezeichnet. Pe. sagt, das hänge mit dem zusammen, was Brandt erzählt habe, mit dem sexuellen Missbrauch. Der Zeuge sagt, es sei ja hinlänglich bekannt, dass es Leuten, denen Sexualstraftaten anhängen oder nicht, oder die von den Mithäftlingen zumindest vermutet werden, nicht so besonders gut gehe. Pe.: „Die sind da nicht wohlgelitten. Und das mag mit ein Beweggrund gewesen sein, dass er sich so zurückhaltend verhalten hat. Und das war, wie er erzählte, der Grund, warum er in Untersuchungshaft war.“
Götzl: „Gab es Umstände, die Sie beobachtet haben, wenn Sie sagen, solchen Häftlingen geht es nicht so gut, bei Herrn Brandt?“ Pe. verneint das und sagt, in der Regel sei es ja so, dass Leute, die unter diesem Verdacht dort seien, eigentlich in einer anderen Station seien. Das habe ihn gewundert, dass Brandt dort nicht untergebracht gewesen sei, die seien in einer geschlossenen Abteilung, wo andere Häftlinge keinen Zugang haben. Götzl fragt, wie lange sich der Zeuge insgesamt etwa mit Brandt unterhalten habe. Pe. antwortet: „Beim Hofgang die komplette Stunde, wobei er mehr erzählt und ich mehr zugehört habe. Und morgens nach dem Aufwachen, wenn die Zellen auf waren, bin ich zu ihm rüber in die Zelle gegangen. Wenn wir uns auf dem Gang getroffen haben, haben wir ein paar Worte gewechselt. Aber, wenn andere Leute dabei waren, war er eher reserviert.“ Auf Nachfrage gibt Pe. an, er habe sich morgens über Alltägliches mit Brandt unterhalten. Er sagt: „Um sieben war Aufschluss, da gab es Kaffee, Weißbrot, Marmelade, Butter, wenn es welche gab, war auch nicht immer der Fall. Dann Medikamentenausgabe, da waren die Zellentüren offen. Und man konnte sich vorne beim Arzt, da war so ein kleiner Raum, unterhalten. Aber das waren Nebensächlichkeiten. Da ging es nicht mehr um die Sache, die wir beim Hofgang besprochen hatten.“
Götzl fragt, über welche Zeit der Zeuge zu Brandt Kontakt gehabt habe. Pe.: „Der war zwei Tage auf der A0, der Krankenstation. Und einen Tag später habe ich ihn zufällig durch die Glastür gesehen. Auf der A1. Oder A2, nee, A2 waren wir, dann habe ihn auf der A1 oder A0 gesehen. Aber ich habe ihn durch die Glastür gesehen.“ Götzl: „Haben Sie ihn da gesprochen?“ Pe.: „Ging nicht, die Glastür war verschlossen. Das machen die, dass die Häftlinge nichts austauschen. Deswegen ist der Hofgang ja auch von den anderen Gefangenen getrennt, dass keine Medikamente übergeben werden können. Ich habe ihm gewunken, er hat gewunken. Aber Kontakt mit Worten ging nicht.“ Auf die Frage, wann das gewesen sei, gibt der Zeuge an: „Am 17. Juni 2014. Und der Hofgang, der war von 13 bis 14 Uhr. Es war knallheiß an dem Tag und deswegen haben wir uns vor den Bau da gesetzt, weil der im Schatten ist.“ Götzl hält Pe. vor, Brandt habe laut Pe.s Aussage davon gesprochen, er habe schon nach zwei Jahren Böhnhardt, Mundlos, Zschäpe aufgefordert, zum THS zurückzukommen. Götzl fragt, worauf sich das „zwei Jahre“ beziehe. Pe.: „Das hat er so erwähnt, aber er hat mir nicht gesagt, in welchem Zeitraum. Er hat nur geäußert, dass sein letzter Kontakt zur NSU wohl 2001 gewesen wäre und in Bezug auf terroristische Vereinigung die zehn Jahre verstrichen wären, es für ihn sowieso nicht mehr ins Gewicht fällt. Und ob dieser Kontakt, dieses Gespräch zum Zurückkehren zu den Wurzeln des Thüringer Heimatschutz davor oder danach war, das weiß ich nicht.“ Die Verhandlung wird für etwa 30 Minuten unterbrochen.
Um 11:12 Uhr geht es weiter. Götzl hält dem Zeugen Pe. vor, er habe gesagt, dass er Brandt Fragen gestellt habe, die der auch beantwortet habe. Er fragt den Zeugen, welche Fragen er Brandt gestellt habe. Pe. antwortet: „Ich habe ihn einfach gefragt, wie die zu dem Geld gekommen sind und woher überhaupt das Geld gekommen ist. Und er hat konspirative Treffen erwähnt in Cafés und Restaurants. Er hat da in seiner Aufgabe als V-Mann wohl berichtet. Er hat das mehr oder weniger als Märchenstunde beschrieben. Er hat gesagt, um Wahrheitsgehalt ging es da gar nicht so. Da wurde ihm Geld in einem Umschlag überreicht. Er habe das als Otto quittiert, hätte aber auch mit Micky Maus oder Dagobert unterschreiben können. Wurde nicht geprüft. [phon.] Das war die Aussage.“ Götzl fragt, wer mit „die“ gemeint sei in der Frage, wie „die“ zum Geld gekommen seien. Pe. antwortet: „Er mit seinem Thüringer Heimatschutz. Das hat mich einfach interessiert.“
Götzl fragt nach sonstigen Fragen, die Pe. gestellt habe. Pe. sagt, er habe Brandt gefragt, wie seine Einstellung zu dem Ganzen sei: „Und er hat halt so abfällige Bemerkungen gemacht über unsere türkischen Mitbürger, die ich persönlich schon sehr diffamierend fand, die ich nicht so witzig fand. Er hat gesagt: ‚Die haben ja recht, die müssen weg. Wir müssen unsere Kultur schützen, unsere Heimat.‘ Und, wenn ich den Wortlaut richtig in Erinnerung habe, ‚diese knoblauchstinkenden Salafisten‘, also wirklich schlimme Sachen.“ Götzl fragt, was damit gemeint sei, wenn Pe. sage, dass er Brandt gefragt habe, wie dessen „Einstellung zu dem Ganzen“ sei. Pe. sagt: „Ich habe ihn gefragt, wie man zu so einer feindlichen Einstellung gegenüber einer Bevölkerungsgruppe überhaupt kommen kann. Und da hat er dann mit so Hasstiraden reagiert, da war er dann auch kurz etwas ungehalten, würde ich mal sagen. Da hat man irgendwie schon so die Form von Ablehnung, Hass, solche Dinge konnte man da schon in den Worten und in der Mimik eigentlich auch beobachten.“
Götzl fragt nach sonstigen Fragen, die er ihm gestellt habe. Pe. antwortet: „Als er erzählt hat, mit der Hepatitis, dass sein Vater in Russland war und sich eine Hepatitisinfektion eingefangen hat und er die Symptome kannte und mit den Symptombeschreibungen zum Arzt gegangen ist, hat er sich abschätzig über das Gericht hier ausgelassen und das hier irgendwie so als Faschingsveranstaltung dargestellt, wo der Prozesstag 100.000 oder 150.000 Euro kosten würde. Das ist für ihn lächerlich. Und er habe wohl auch ausgesagt, dass er sich an nichts erinnern könnte. Das waren alles abschätzige Dinge.“ Götzl sagt: „Ich hatte Sie jetzt aber gefragt, ob Sie ihm weitere Fragen gestellt haben.“ Pe. verneint. Götzl fragt, ob dem Zeugen sonstige Schilderungen oder Inhalte noch in Erinnerung seien. Pe.: „Nichts, was mir aufgefallen wäre. Das war halt alles von, wie soll man sagen, von Ablehnung und Hass getragen. Das war, ja, erschreckend.“ Götzl fragt, in Bezug auf welche Äußerungen sich das „von Ablehnung und Hass getragen“, „erschreckend“ beziehe. Pe.: „Auf die Opfergruppe. Also der meinte, die hätten ja recht, ‚die müssen weg‘, so etwa. Er könne sich aber nicht vorstellen, dass seine Freunde damit etwas zu tun haben. Ich kann den Wortlaut nicht mehr genau wiedergeben. Denen würde was angedichtet. Und er persönlich hätte damit nichts zu tun.“
Götzl sagt, er hätte bereits nach dem Verhalten Tino Brandts gefragt und der Zeuge hätte ihn als ängstlich und zurückhaltend beschrieben, jetzt spreche Pe. von Ablehnung und Hass. Götzl fragt nach dem sonstigen Verhalten von Brandt bei anderen Themen. Pe. sagt: „Im Gespräch, wenn man sich mit ihm unterhielt, merkte man einfach, dass er wechselwarm ist, dass es Dinge gibt, wo er mit Fassung rang, und dass es andere Dinge gab, die er erzählte, als wär’s was Unterhaltsames oder Lustiges. Aber in Wirklichkeit war es nichts von dem. Alles erschreckend. Aber wenn er erzählt hat, gewisse Passagen, mit dem Geld, das nicht angekommen wäre von einem Kameraden, da hat man am Gesichtsausdruck schon gemerkt, dass sich eine Form von Wut, Unzufriedenheit, Enttäuschung abzeichnete. Also ambivalent, kann man sagen.“ Götzl hält dem Zeugen vor, zum Stichwort THS davon gesprochen zu haben, dass Brandt der Schatzmeister gewesen sei.
Auf die Frage, ob er weiteres berichtet habe, sagt Pe.: „Er hat berichtet, dass er und noch jemand, dessen Namen er nicht genannt hat, sich darum bemüht haben, dass die Zwickauer Zelle wieder zurück zu ihren Ursprüngen kommen möge. Den anderen Gesprächspartner hat er nicht namentlich erwähnt. Und dass diese drei Personen im Thüringer Heimatschutz ihren Stellenwert hatten innerhalb des Thüringer Heimatschutzes und dass das bisschen auch einen familiären Charakter hatte und die da wohl vermisst wurden.“ Götzl fragt, was „die Zwickauer Zelle zu den Ursprüngen zurückkommen“ bedeute und in welchem Kontext Brandt das berichtet habe. Pe.: „Er hat jetzt nichts darüber erzählt, was da vorgefallen ist, sondern einfach, dass die bei den gemeinsamen Veranstaltungen, die man machte, oder dass das gemeinsame Ziel, das der Thüringer Heimatschutz wohl hat, durch das Austreten oder Fernbleiben der Zwickauer Zelle sich verändert hat und nicht mehr so schlagkräftig war, so in etwa.“ Götzl fragt, ob das Wort „Zwickauer Zelle“ in dieser Form von Brandt gebraucht worden sei, was Pe. verneint. Auf die Frage, was Brandt mit „nicht mehr so schlagkräftig sei“ gemeint habe, sagt Pe., er könne nur vermuten, dass sich im Zusammenhalt der Gruppierung THS vielleicht auch Misstrauen und Missmut breitgemacht habe und dass sie sich irgendwie zersplittert habe und auseinandergefallen sei. Er könne das nur vermuten, das sei das gewesen, was er als Gefühl gehabt habe.
Götzl sagt, er würde den Zeugen bitten, was Brandt gesagt habe von dem zu trennen, was er vermute. Er fragt, was von Seiten Brandts gesagt worden sei. Pe.: „Also er hat halt gesagt, dass er gerne hätte, und dass sie Frau Zschäpe und ihre zwei Kollegen mehrfach aufgefordert haben, wieder in die Reihen des Thüringer Heimatschutzes zurückzukommen. Das war wohl sein Anliegen und auch sein Wunsch. In welchem Zusammenhang, das weiß ich nicht.“ Götzl fragt nach der zeitlichen Einordnung dieser Aufforderung Brandts, ob es dazu eine Aussage Brandts gegenüber Pe. gegeben habe. Pe.: „Seine Aussage war: ‚Das muss so circa nach zwei Jahren gewesen sein‘. Er sagte ‚Wir haben ja nach zwei Jahren versucht, diese Leute wieder zurückzuholen zum Thüringer Heimatschutz‘. Aber in welchem Jahr, das kann ich nicht sagen.“ Götzl fragt erneut nach, ob Brandt näher ausgeführt habe, worauf sich die Bemerkung ‚nach zwei Jahren“ bezogen hatte und fragt, ob erkennbar gewesen sei, was damit gemeint gewesen sei. Pe. antwortet, das sei das gewesen, was Brandt erwähnt habe. Warum er das gewollt habe, das habe Pe. nicht nachgefragt. Es sei auch so gewesen, dass die Zeit bei dem Hofgang, die Stunde, auch schnell verstrichen sei.
Götzl hält dem Zeugen erneut die Aussage vor, Brandt habe gesagt, sie hätten nach zwei Jahren versucht, die Leute zum THS zurückzuholen, und fragt, worüber zuvor gesprochen worden sei. Pe. sagt, er habe wissen wollen, welche Ziele sie verfolgen würden. Das habe ihn näher interessiert, aber Brandt sei nicht darauf eingegangen. Brandt habe aber beiläufig erwähnt, dass er die Kameraden – er habe sie als Kameraden bezeichnet – gerne wieder in die Reihen des THS zurückholen würde. Götzl fragt den Zeugen, wessen Ziele er gemeint habe, wer damit gemeint gewesen sei. Pe. sagt: „Der Herr Brandt, ich wollte wissen, was der Thüringer Heimatschutz war. Was bezweckt Ihr da? Ist das so eine Art Bürgerwehr? Ist ja schwer einzuordnen, was die da vorhaben. Und da war seins eben die Sprache, die Kultur, die Arbeitsplätze. Er sprach von Reinhaltung.“ Auf die Frage, ob seitens Brandts im Zusammenhang mit dem THS von Geld die Rede gewesen sei, sagt Pe.: „Er hat nur erwähnt, dass er dort der Schatzmeister ist und er in dem Buchverlag gearbeitet hat, muss in Coburg gewesen sein. Und dass dort dieser Anruf kam und er habe die Telefonzelle von einer anderen Telefonzelle aus angerufen. Er wurde um Geld gebeten und er habe drei zuverlässige Kameraden nach seiner Auffassung mit Geld ausgestattet und als Boten dorthin geschickt. Einer scheint das komplett, einer zum Teil und einer gar nicht übergeben zu haben.“
Das sei einer der Momente gewesen, in denen Brandt die Fassung verloren habe, was an seinem Verhalten abzulesen gewesen sei. Der Zeuge sagt: „Ich bin kein Psychologe oder so, aber man hat gesehen am Gesicht, dass sich da etwas von Wut und Enttäuschung breitmachte, Raum schaffte.“ Götzl fragt erneut, ob im Zusammenhang mit dem THS von Geldmitteln die Rede gewesen sei, über die dieser verfügt habe. Pe. antwortet: „Nein. Über Beträge wurde überhaupt nicht gesprochen. Nur, dass er da halt Kassenwart war, so hat er sich genannt. Und dass mit dem Geld irgendwelche Aktionen bezahlt werden, irgendwelche Plakate. Und Freunde unterstützt. Aber Beträge wurden nicht genannt. Auch keine Sympathisanten, die ihn mit Geld versorgen würden, das wurde auch nicht genannt.“ Die Fragen, ob Brandt im Zusammenhang mit dem Geld für diese drei Leute etwas zum Zweck der Geldübergabe gesagt habe, ob Brand irgendwelche Wörter, Begriffe in diesem Zusammenhang gebraucht habe, und ob der Zeuge dazu nachgefragt habe, werden von Pe. jeweils verneint. Er ergänzt, das einzige, was Brandt gesagt habe, sei, wenn er sich recht entsinne, irgendetwas von einer „Sonderaktion“ gewesen. Aber was Brandt mit „Sonderaktion“ gemeint habe, das entziehe sich seiner Kenntnis.
Götzl hält Pe. vor, er habe gemeint, er hätte das Gespräch niedergelegt. Auf die Frage, wie es weitergegangen sei, berichtet Pe.: „Der Hofgang wurde beendet. Das nennt man Einrücken. Und dann geht man in seine Zelle. Zum Abendessen gehen die Zellen wieder auf, da wird das Essen verteilt, da kann man nicht miteinander kommunizieren. Da bleibt man an der Tür stehen mit seinem Tablett. Und mehr konnte er nicht erzählen, weil er dann auf die andere Station verlegt wurde.“ Götzl fragt, was mit der Gesprächsnotiz geschehen sei und Pe. sagt, die habe er dabei. Auf die Frage, wie er mit den Informationen verfahren sei, gibt Pe. an: „Ich habe mich mit dem Zellenkollegen, dem Siggi Schw. – da waren welche, die waren nicht so ganz finster auf der Platte – dem habe ich das erzählt und ich habe mich hingesetzt und das nach dem Hofgang niedergeschrieben. Und einige der Kollegen dort haben sich das angeschaut und gesagt: ‚Das musst du weitergeben, das kann was beinhalten, was hilfreich wäre, dort Licht ins Dunkel zu bringen.‘ Und dann habe ich das ausgereicht an Sie.“
Götzl fragt, wann er mit Siggi Schw. und den weiteren gesprochen habe, worauf Pe. antwortet, das sei am gleichen Tag, auch am 17.07., passiert. Auf die Frage, wann er die Gesprächsnotiz niedergelegt habe, sagt der Zeuge, auch am 17.07. Götzl fragt, ob Pe. die Notiz auch am selben Tag noch dem Siggi Schw. gezeigt habe, was Pe. bejaht. Auf die Frage, wann das gewesen sei, schweigt der Zeuge. Dann sagt er: „Solange Leute noch beim Arzt sind, sind die Zellen noch auf. Kann man hin- und hergehen. Die genaue Uhrzeit kann ich nicht sagen, aber es war zur Abendmedikation.“ Auf die Frage, wann er die Notiz verfasst habe, sagt Pe., das sei direkt nach dem Hofgang gewesen. Götzl: „Und mit wem haben Sie außer dem Siggi Schw. noch gesprochen?“ Pe.: „Mit dem Michi, aber ich weiß den Nachnamen nicht mehr. Er war da wegen Spielschulden, ein Spielsüchtiger, nicht irgendein Verbrecher. Sondern einer der überall Schulden hat.“ Auf Götzls Nachfrage, ob das auch an dem 17.07. gewesen sei, sagt Pe., das sei am gleichen Tag gewesen. Götzl fragt, ob der Zeuge noch kurz schildern könne, wie es dann weitergegangen sei. Pe. sagt: „Ich bin entlassen worden. Die Sachen sind bei meinen Akten geblieben. Ich kam erst in eine andere Gemeinschaftszelle. Dann habe ich einen privilegierten Job bekommen und war Innendienstmitarbeiter in der JVA, hatte einen Ausweis, der von der Staatsanwaltschaft ausgegeben wurde, Zugang zu allen Abteilungen. Und das habe ich bis zu meiner Entlassung gemacht. Das Geld, das ich verdient habe, das war ja eine Geldstrafe, eine Ersatzfreiheitsstrafe. Als das Geld ausreichte, habe ich mich frühzeitig entlassen lassen.“
Auf die Frage, wann das gewesen sei, sagt er, das müsse er zu Hause nachschauen, es sei irgendwann im Mitte, Ende August gewesen, das könne er nicht genau sagen. In jedem Fall sei es eine Aufgabe gewesen, die seitens der Beamten mit einem hohen Vertrauen ausgestattet gewesen sei. Er habe viel Organisatorisches getan. Götzl fragt, was er mit der Gesprächsnotiz gemacht habe. Pe.: „Die war in meiner Akte, die habe ich so gut wie möglich verdeckt gehalten. Und als ich dann rausgekommen bin, habe ich die hierher gefaxt.“ Auf die Frage, wann das etwa gewesen sei, sagt Pe.: „Das ist kurz nach der Entlassung gewesen, wann weiß ich nicht. Ich könnte höchstens zu Hause schauen, ob ich da irgendwo ein Faxprotokoll habe, dann könnte ich es genauer sagen.“ Götzl fragt, ob Pe. noch wisse, ob er neben der Notiz noch etwas anderes hierher gefaxt habe. Pe. sagt: „Ja, die Ladung, die mir Herr Brandt gegeben hat als Trophäe.“ Götzl: „Haben Sie uns später nochmal Unterlagen zukommen lassen? Zu einem späteren Zeitpunkt?“ Pe. schweigt kurz, dann sagt er, das wisse er nicht mehr. Auf die Frage, ob er mit weiteren Personen über das Gespräch gesprochen habe, sagt der Zeuge, er habe mit einem Rechtsanwalt gesprochen, bei dem er auch am Samstag gewesen sei, um sich nochmal Ratschläge für die heutige Verhandlung zu holen. Er könne die komplette Adresse sagen.
Auf die Frage, ob er zu einem früheren Zeitpunkt auch schon mal mit dem Anwalt gesprochen habe, sagt Pe.: „Wir haben früher auch schon mal drüber gesprochen.“ Dann gibt er Namen, Adresse und Telefon- und Faxnummer des RA an. Götzl: „Was haben Sie mit ihm gesprochen im Hinblick auf die Gesprächsnotiz?“ Pe.: „Ich wollte wissen, mit welchen Fragen ich rechnen muss und wie ich mich verhalten soll. Ist ja nicht alltäglich.“ Auf Nachfrage nach dem früheren Zeitpunkt, sagt Pe.: „Damals hat er gesagt: Am besten nichts sagen.“ Auf die Frage, wann das gewesen sei, sagt Pe.: „Kurz nach der Entlassung.“ Götzl fragt, ob der RA auch einen Grund angegeben habe. Pe.: „Also wir waren uns eigentlich einig, dass wir nicht wissen, welchen Wahrheitsgehalt Geschichten und Dinge haben, die in einem solchen Etablissement übermittelt werden. Das ist die Frage, weil jeder da drin ist der noch größere Gangster.“ Auf die Frage, ob der Zeuge mit weiteren Personen über dieses Gespräch gesprochen habe und wann, sagt der Zeuge, er habe mit seiner Lebenspartnerin das letzte Mal gestern und auch nach der Entlassung darüber gesprochen.
Auf Nachfrage nach der Situation des Gesprächs mit der Lebensgefährtin sagt Pe.: „Angst.“ Götzl bittet ihn, das näher auszuführen. Der Zeuge sagt: „Sie sagte: ‚Behalt’s lieber für Dich. Wenn Du das abgibst, dann steigst Du in ein Boot, – wie hat sie gesagt? – das fährt ab und kommt nicht zurück. Das ist nicht ganz ungefährlich.‘ Ich sagte, wir wurden ja auch beobachtet bei dem Gespräch von den Wachbeamten, da kann es ja durchaus sein, dass jemand kommt und fragt, was wir da besprochen haben und dann habe ich unter Umständen Probleme. Und sie sagte: ‚In Zukunft mit Leuten dieses Couleurs: keinen Kontakt.‘ Heute hat sie auch Angst. Aber mit anderen Personen habe ich darüber nicht gesprochen.“ Die Frage, ob er mit Medien Kontakt mit Blick auf dieses Gespräch gehabt habe, verneint Pe. und sagt, er habe weder etwas ins Internet gestellt noch irgendwelchen Zeitungen zugespielt, er habe das unter Verschluss gehalten. Götzl fragt, ob er sich die Notiz nochmal durchgelesen habe. Pe.: „Gestern. Das war auch so, dass ich damals eine Ladung bekam vom LKA. Die habe ich nicht sehr ernst genommen. Ich habe sowas noch nie gesehen, deswegen habe ich anfangs auch nicht reagiert, weil ich gedacht habe, da will mich jemand veräppeln oder unter Umständen in die Falle locken. Die habe ich dabei.“
Der Zeuge holt das Papier heraus und gibt es an Götzl. Das Papier wird am Richtertisch in Augenschein genommen. Es ist auf einem handschriftlichen beschriebenen Zettel u.a. der Name von Pe. zu lesen, der Vorname allerdings falsch: „Söhnke“. Pe.: „Also das lag so an meiner Wohnungstüre, dabei wäre da auch ein Briefkasten gewesen. Und dann der Name falsch geschrieben. ‚Bitte setzen Sie sich mit Kriminalhauptkommissar Br. in Verbindung.‘ Ich habe da zweimal angerufen. Und am Tag später kam nochmal ein Anruf und man wurde sehr unwirsch und ich sagte dem Beamten, dass das für mich keine Ladung ist, das ist für mich nichts.“ Götzl: „Das ist eine Kopie, nehme ich an, die für uns bestimmt ist? Ja.“ Pe.: „Also das ist für mich ein Schmierblatt und als ernstzunehmende Ladung einfach nicht zu erkennen. Ich als Beamter hätte das zumindest in den Briefkasten geworfen. Das muss ja nicht so öffentlich rumliegen.“ Götzl unterbricht die Verhandlung für die Mittagspause.
Um 13:09 Uhr geht es weiter. Götzl: „War denn von Seiten Tino Brandts die Rede von NSU im Zusammenhang dieses Gesprächs? Hat er den Begriff verwendet?“ Pe.: „Auch“. Götzl: „In welchem Zusammenhang?“ Pe.: sagt er, das wisse er nicht mehr. Götzl sagt, der Zeuge habe ihnen diese Ladung gezeigt und fragt, ob Pe. bei der Polizei zu einer Vernehmung gewesen sei. Pe. bejaht, er sei in der Hansastraße bei Herrn Kl. gewesen. Nachdem der Zeuge bejaht, er könne sich noch an die Vernehmung erinnern, fragt ihn Götzl, wie diese abgelaufen sei. Pe.: „Zuerst war er sehr ungehalten, weil ich auf diese ominöse Ladung, die für mich keine darstellte, nicht reagiert habe. Und er gemeint hat, dass er das hier nicht aus Lust an der Laune macht, sondern das eine förmliche Ladung war. Ich habe gesagt, für mich ist das ein Schmierpapier, ich weiß nicht, woher das kommt, und dementsprechend habe ich nicht reagiert. In der Regel ist das doch ein Briefbogen, der zumindest eine Dienststelle oder irgendwas nachweist, aber das ist ja gar nichts.“ Götzl: „War denn im Zusammenhang mit ‚NSU‚ von Geldzahlungen die Rede, von Seiten Herrn Brandts?“ Pe.: „An die NSU, davon hat er mir nichts erzählt. [phon.] Er hat nur gesagt, dass in seinem Buchverlag angerufen wurde auf seinem Diensttelefon, dass man ihm die Nummer einer Telefonzelle mitgeteilt hat, dass er dort von einer anderen Telefonzelle angerufen hat, dass es um Geld ging, und dass er das Geld aufgeteilt und von drei Kameraden übergeben lassen hat, und einer scheint nach seiner Aussage gar nichts abgegeben zu haben, einer nur einen Teil und der andere sei zuverlässig gewesen. Das war die Aussage.“
Götzl hält dem Zeugen aus seiner Gesprächsnotiz vor. Vorhalt aus der Gesprächsnotiz: Ich habe das Vermögen vom THS verwendet und für unsere Interessen und andere Zwecke, wie der/den NSU verwendet. [phon.] Pe. bejaht und sagt, das habe Brandt gesagt. Wie er bereits gesagt habe, seien die Aufzeichnungen direkt im Anschluss an das Gespräch entstanden. In der Zelle habe er sich von Herrn Ha., dem Beamten der Schreibstube, Papier geben lassen und habe das niedergeschrieben. Götzl sagt, nach dem Eingangsstempel auf der Ladung seien die Unterlagen am 21.12.2014 eingegangen. Dem Zeugen hält er vor, gesagt zu haben, die Entlassung sei im August gewesen. Götzl fragt, wieso er die Gesprächsnotiz und Ladung erst im Dezember geschickt habe. Pe. „Der Herr Po., der Anwalt, wie auch meine Lebenspartnerin meinten, das ist gefährlich, die fangen dich ab, die finden raus, wo du bist, das sind keine Leute mit denen man Späßchen macht. Ich meinte dann, das sind keine Späßchen, sondern Aufzeichnungen aus einem vertraulichem Gespräch. Und ich habe länger überlegt und mich dann entschlossen, das hier zuzustellen.“ Auf die Frage, ob er noch wisse, wann die polizeiliche Vernehmung gewesen sei, sagt Pe.: „Das steht auf der Ladung, die ich Ihnen geben habe. Das war ein paar Tage später. Der rief mich an und wir haben einen Termin vereinbart, der hat mir eine Wegbeschreibung gegeben, das Ding war nicht ganz einfach zu finden und dann bin ich dahin gegangen.“
Vorhalt aus dem Vernehmungsprotokoll: Die handschriftlichen Notizen, die ich letztes Jahr an das Gericht sandte, fertigte ich noch am gleichen Abend in meiner Zelle an. [phon.] Heute habe Pe. gesagt, er habe sie gleich nach dem Hofgang angefertigt, so Götzl. Pe. sagt, das sei für ihn Abend, um 14:30 Uhr gäbe es dort Essen und danach sei Einschluss. Vorhalt: Zeuge ist der Mitgefangene Sche., Michael. [phon.] Pe. sagt, das sei der Kamerad gewesen, der sein Geld in die Spielautomaten angelegt habe. Vorhalt: Dem ich die Schriftstücke am nächsten Tag zeigte. [phon.] Pe.: „Richtig“. Vorhalt aus dem Vernehmungsprotokoll zum Thema Ladung: Tino Brandt hat mir die persönlich gegeben, mit den Worten: ‚Als Relikt einer denkwürdigen Begegnung‘. [phon.] Der Zeuge sagt: „Ja, also als Trophäe.“ Götzl sagt, es finde sich nichts vom „Tumult“ im Protokoll. Pe. antwortet, da sei er nicht nach gefragt worden. Er habe gesagt, dass er in der Nähe wohne, und dort treffe man eben solches Klientel. Auf die Frage, ob er später nochmal an das Gericht geschrieben habe, sagte der Zeuge, das wisse er nicht mehr.
Es werden handschriftliche Zettel in Augenschein genommen. Pe. sagt, das habe er geschrieben. Götzl hält dem Zeugen daraus vor. Vorhalt: Ich kann mich nicht erinnern, ich habe was an der Klatsche, FG, Sönke Pe. [phon.] Götzl: „Das ist am 04.04.2015 bei der Geschäftsstelle des Strafsenats eingegangen. Warum haben Sie das geschickt?“ Pe.: „Da hatte ich Panik.“ Götzl sagt: „Erklären Sie es mir.“ Pe.: „Weil meine Frau ständig insistierte: Mach das nicht, du kriegst Ärger, die finden dich. Das Übliche halt.“ Gefragt danach, was er damit bezwecken wollte, sagt Pe.: „Meiner Furcht Ausdruck verleihen.“ Gefragt nach dem Grund des Schreibens, und ob es einen konkreten Anlass dafür gegeben habe, gibt Pe. an: „Angst.“ Pe. berichtet von einem schweren Unfall, als Folge dessen es bei ihm, wenn sich ein Gefühl der Angst einstelle, zu Panik komme. Dieser Zustand könne auch mal länger anhalten. Das habe aber nichts mit seinen intellektuellen Fähigkeiten zu tun, die seien voll vorhanden. Götzl fragt erneut, was Pe. mit dem Schreiben habe erreichen wollen. Pe. wiederholt, er habe eigentlich nur seine Angst zum Ausdruck bringen wollen.
Götzl sagt, hier stehe, dass Pe. sich nicht erinnern könne. [phon.] Pe.: „Ich kann mich an alles erinnern.“ Götzl: „Aber warum haben Sie das dann niedergelegt? Sie machen zwei verschiedene Aussagen, einmal ‚ich kann mich nicht erinnern‘ und ‚einen an der Klatsche‘. Was haben Sie mit der ersten Formulierung gemeint?“ Pe.: „Das hat man mir so eingeredet, also: Ich soll mich nicht erinnern können.“ Götzl fragt, wer das getan habe. Pe.: „Lebenspartnerin.“ Auf Nachfrage erzählt Pe., dass von der Vergangenheit des Vaters seiner Partnerin als Obersturmbannführer SS und sagt, dass seine Partnerin Sorge um ihre Anonymität, die sie bevorzuge, gehabt und daher Druck auf ihn ausgeübt habe.
Seitens der BAW fragt OStA Weingarten, ob der Zeuge schon mal als Zuschauer in diesem Verfahren gewesen sei. Pe. antwortet: „Ja, ganz am Anfang.“ Auf Rückfrage, wie oft, gibt er an, nur einmal hier gewesen zu sein. Die Frage, ob er sich ansonsten über den Gegenstand des Verfahrens informiert habe, verneint der Zeuge. Vorhalt aus dem polizeilichen Vernehmungsprotokoll: Da ich selbst schon im NSU-Prozess als Zuschauer war und mich für diese Geschichte interessierte, war mir das Gesicht Brandts bekannt. Er fragt den Zeugen nach der Formulierung „für diese Geschichte interessiere“. Pe.: „Ich habe eine Sendung im Fernsehen gesehen, da lief er mit Freunden und Fahnen rum, da fiel mir das Babyface auf. Ich bezeichne es als Babyface. Ich habe ihn erkannt, ich musste nicht fragen, wer er ist.“ Die Fragen, ob er Bücher oder Zeitungsartikel über das Verfahren gelesen habe, verneint der Zeuge. Weingarten fragt nach Fernsehsendungen. Pe.: „Gelegentlich, wenn was kommt“ Wie viele, könne er nicht sagen.
Weingarten fragt zum Fax, das dem Eingangsstempel zufolge am 21.12.2014 beim OLG eingegangen sei, ob Pe. sich erinnern könne, ob er das unter Angabe seiner Anschrift und seines Namens abgesandt habe. Pe. sagt, das wisse er nicht mehr. Weingarten: „Wenn ich Ihnen vorhalte, dass ich der Zusendung weder Ihren Namen noch eine Anschrift entnehmen kann, haben Sie dazu eine Erklärung?“ Pe.: „Ich habe die Frage nicht verstanden.“ Weingarten: „Nach Lage der Dinge haben Sie das anonym übersandt.“ Pe.: „Ja.“ Weingarten: „Gibt es dafür eine Erklärung?“ Pe.: „Nein.“ NK-Vertreter RA Elberling: „Meiner Meinung ist der Vorhalt nicht ganz richtig, weil das Schreiben jedenfalls einen Unterschriftszug enthält.“ Weingarten: „Sekunde bitte. Ich komme nochmal zu sprechen auf die polizeiliche Vernehmung.“ Vorhalt: Die handschriftliche Notizen, die ich letztes Jahr anonym an das Gericht sandte, fertigte ich noch am gleichen Abend in meiner Zelle. [phon.] Weingarten: „Haben Sie das so gesagt?“ Pe. bejaht. Weingarten sagt, da stehe eben auch „anonym gesandt“. Pe. sagt, er könne sich nicht erinnern, hier was anonym hergesandt zu haben. Vorhalt: Frage: Warum haben Sie das Schreiben anonym an das Gericht geschickt? [phon.] Weingarten fragt, ob er noch wisse, was er geantwortet habe, was der Zeuge verneint. Vorhalt: Aus Unsicherheit und Angst. Pe.: „Ach so, das was vorhin besprochen wurde, das weiß ich natürlich.“
Weingarten sagt, er erkenne da einen Widerspruch, wenn Pe. sage, er könne sich nicht erinnern, dass er etwas anonym geschickt hätte, bei der Polizei aber geantwortet haben solle, „aus Unsicherheit und Angst“ und damit Gründe für die Anonymität angegeben habe. Pe.: „Das ist, wie gesagt, wenn ich Angst und Panik habe, dann ist mit der Steuerung nicht mehr weit her.“ Weingarten setzt mit der Befragung des Zeugen fort: „Sie haben einige Personen benannt. Können Sie sich erinnern, dass Sie auch in anderem Zusammenhang über das Gespräch mit Tino Brandt gesprochen haben?“ Der Zeuge fragt zurück: „Mit wem gesprochen?“ Weingarten hält vor; dass es einen Vermerk der StA München I gebe, demzufolge Pe. sich am 18.12.2014 in einer Gerichtsverhandlung zu dem Gespräch mit Brandt geäußert haben solle. Pe.: „Das stimmt.“ Weingarten: „Aus welchem Grund?“ Pe. sagt: „Da war eine Richterin und eine Staatsanwältin und da habe ich erzählt, dass ich was weiß, was mich bedrückt, und was ich als wichtig empfände, und die haben das weitergetragen.“ [phon.] Weingarten sagt, er habe nach dem Grund gefragt und Pe. antwortet: „Weil das sind ja Sachen, die einen belasten.“ Auf die Frage, ob die ihm empfohlen hätten, sich an das OLG zu wenden, sagt Pe.: „Ja, das an das Oberlandesgericht zu schicken.“ Auf Rückfrage, ob die das empfohlen hätten, sagt Pe.: „Ja, die haben auch unter vier Augen gesprochen – was, weiß ich nicht – und gesagt, dass sie das der Geschäftsstelle auch mitteilen.“ [phon.]
Weingarten fragt, ob er sich erklären könne, warum er sich an diesem Tag öffentlich geäußert habe und nicht schon vorher. Darauf antwortet Pe.: „Unsicherheit.“ Weingarten: „Sie sind am 18.09.2014 entlassen worden. Diese Gerichtsverhandlung liegt drei Monate zurück. Ist Ihnen erinnerlich, was konkret Sie veranlasst hat, den Sachverhalt zu erwähnen?“ Wohlleben-Verteidiger RA Klemke: „Ich beanstande den Vorhalt. Ich weiß nicht, wie Herr Weingarten darauf kommt, dass die Verhandlung drei Monate zurückliegt.“ Weingarten erwidert: „Ich meine gesagt zu haben oder wollte das sagen, dass zum Zeitpunkt der Gerichtsverhandlung die Entlassung drei Monate zurücklag.“ Weingarten setzt erneut zur Frage nach den Beweggründen für den Zeugen an. Pe. antwortet: „Dass ich davon ausgegangen bin, dass das, was wir besprochen haben, der Tino und ich, das haben auch Leute mitgekriegt. Ich bin aber von niemandem außer von Michi Sche. und Siggi Schw. von niemand, auch nicht von den Beamten, konkret gefragt worden. Und dass ich Ärger bekomme wegen Vereitelung einer Straftat oder wie das heißt. Das waren die Überlegungen. Und deswegen habe ich das mitgeteilt.“
Richter Götzl fragt, ob er neben der Gesprächsnotiz weitere Unterlagen übersandt habe, worauf der Zeuge angibt, das wisse er nicht mehr. Auf Nachfrage nach der Ladung, antwortet Pe.: „Die an Tino Brandt? Ja.“ Auf die Frage, ob er darauf etwas vermerkt habe, sagt Pe., das wisse er nicht mehr. Die Ladung wird in Augenschein genommen. Götzl liest eine handschriftliche Anmerkung vor: „Ich neige nicht zum Witze machen.“ Götzl fragt den Zeugen, ob diese von ihm sei, was Pe. bejaht. Götzl fragt, ob die Unterschrift darunter seine sei, was er ebenfalls bejaht. Götzl: „Eingangsstempel 21.12.2014. Kommt da eine Erinnerung, ob Sie neben der Gesprächsnotiz die Ladung übersandt haben?“ Pe.: „Die habe ich übersandt.“ Götzl fragt, für wen die handschriftliche Bemerkung gedacht gewesen sei. Pe.: „Für mich.“ Auf Nachfrage sagt Pe.: „Da war wieder so eine Fetzerei zu Hause wegen dem Ding.“ Seine Lebenspartnerin habe ihn abhalten wollen, das zu tun. Pe. weiter: „Und ich habe gesagt, ich erachte das für wichtig, das ist meine bürgerliche Pflicht und ich mache das.“ Götzl: „Ja und wie ist jetzt der Zusammenhang mit dieser handschriftlichen Notiz auf der Ladung?“ Pe. sagt, seine Lebenspartnerin habe ihn einfach davon abbringen wollen: „Und ich habe gesagt, ich mache da auch keine Witze, und das, was ich erzähle, ist mein Ernst.“ Götzl legt eine Pause ein.
Um 13:56 Uhr geht es weiter. Götzl hält Pe. vor, er habe auf die Frage von OStA Weingarten, ob er sich über das Verfahren informiert habe, mit Nein geantwortet. Vorhalt aus Pe.s Vernehmungsprotokoll: Ich habe mich über den NSU-Prozess informiert. Pe.: „Ja, das was in der Zeitung stand.“ Götzl fragt nach, wie häufig er sich informiert habe. Pe.: „Wenn zufällig etwas drin war. Wir holen nur am Samstag die TZ wegen dem Fernsehprogramm, ansonsten haben wir keine Zeitung.“
RAin Schneiders fragt den Zeugen: „War der Anwalt des Herrn Brandt auch mal Thema Ihres Gesprächs?“ Pe. antwortet: „Er hat den Namen mal erwähnt, den habe ich, glaube ich, auch in dieser handschriftlichen Notiz mit festgehalten.“ Auf die Frage, um was es dabei gegangen sei, sagt Pe.: „Da ging es auch darum, dass es ein Kamerad sei und dass der wohl aus Rudolstadt ist. Aber mehr hat er dazu nicht gesagt. Und dass er eben einen Anwalt hier als Beisitzer bei seiner Vernehmung haben wollte, der vom Gericht abgelehnt wurde.“ Gefragt nach der Begründung der Ablehnung, gibt Pe. an: „Hat er sich nicht geäußert, kann ich mich nicht erinnern.“ Vorhalt aus der Gesprächsnotiz: Der Antrag meines Anwalts aus Weißenfels wurde abgelehnt vom Richter mit der Begründung, dass ich aus Fristgründen sowieso nicht mehr verfolgt werden könne. [phon.] Pe.: „Ja, da hat sein Anwalt gesagt, dass der letzte Kontakt von ihm ja 2001 oder 2002 wäre und das über 10 Jahre her ist und er deswegen aus dem Verdacht der Bildung einer terroristischen Einheit oder Zelle sowieso außen vor stünde.“
RAin Schneiders fragt: „Hat er da was gesagt, Bildung einer terroristischen Vereinigung, ob er sich da was vorzuwerfen hat?“ Pe.: „Nein.“ Schneiders fragt, ob Pe. noch etwas zum Thema Gericht und ablehnender Beschluss sagen könne, oder was Brandts Aussageverhalten anbelangt. Pe.: „Er hat halt gesagt, dass er zum Herrn Richter Götzl gesagt hat, dass er sich ohnehin an nichts erinnern kann und er sich nicht eingelassen hat [phon.].“ Vorhalt: Diese Vaterlandsverräter können doch nicht ernsthaft erwarten, dass ich ohne Zeugenbeistand überhaupt irgendwas sage. Pe. sagt, das habe Brandt gesagt. Auf die Frage, ob er das vom Wortlaut her gesagt habe, sagt Pe., er könne das nicht Wort für Wort wiedergeben, aber vom Inhalt habe Brandt das gesagt. Brandt habe das hier als Faschingsveranstaltung bezeichnet. Vorhalt: Die Fragen des Richters Götzl konnte ich nicht beantworten. Ich sagte, dass ich mich nicht erinnern kann. Ich bin doch kein Kameradenschwein. Natürlich könnte ich die Fragen beantworten, aber ich bin doch kein Kameradenschwein. [phon.] Pe. bestätigt das, das habe Brandt wortwörtlich gesagt. Auf erneute Nachfrage, ob wortwörtlich, sagt Pe.: „Das hat er wortwörtlich gesagt. Der Zeuge wird gegen 14 Uhr entlassen. Im Anschluss sagt RAin Schneiders: „Wir würden uns gern eine Erklärung vorbehalten.“
RAin Schneiders und RA Klemke verlesen eine Erklärung zu den Vernehmungen der Vernehmungsbeamten Ga., Ko., [Thorsten] We. Es zeige sich deutlich, dass eine gewisse Erwartungshaltung der Vernehmenden vorhanden gewesen sei, so Schneiders. Aus Sicht der Verteidigung Wohlleben habe es eine Einflussnahme auf Carsten Schultze gegeben. Der Angeklagte Schultze wolle helfen, glaubwürdig sein, ein „guter Junge“ sein. Er generiere sozusagen Erinnerungen, die eigentlich keine seien: „Es sind keine konkreten Erinnerung, aber es muss ja so gewesen sein, denn das wird ja von allen erwartet.“ [phon.] Dann sagt Schneiders, es gebe offensichtliche Widersprüche. Die Erinnerung mit den Handschuhen sei in den Angeklagten Schultze hineingefragt worden, so Schneiders. Die Zeugin Ga. habe geschildert, dass es keine flüssige Vernehmung gewesen sei, es viele Pausen gegeben habe. Die Antworten seien laut der Zeugin, so Schneiders, von Umformulierungen geprägt gewesen und nicht zielgerichtet. Der Zeuge We. habe den Eindruck geschildert, das alles abgesprochen gewesen sei. [Diese Schilderung von Schneiders ist nicht zutreffend, siehe Protokoll zum 286. Verhandlungstag.]
Schneiders: „Bei einem Zeugen wäre die Aussage nichts wert, wieso sollte bei einem Angeklagten etwas anderes gelten?“ Schneiders erklärt weiter, Schultze habe etwa beim Thema des von ihm geschilderten Auftrags zur Waffenbeschaffung durch Wohlleben keine konkreten Erinnerungen geschildert. Diesen Auftrag habe es, so Schneiders, nämlich gar nicht gegeben. Schneiders sagt, dass sich also die Frage stelle, warum Schultze zu Wohlleben fahre. Schneiders: „Weil er Bestätigung haben will für sein Verhalten.“ Diese stelle, so Schneiders, ein eigenständiges Motiv für die Waffenbeschaffung Schultzes dar. Schneiders sagt, in einer Mail von Schultzes Verteidigern an den psychiatrischen SV Leygraf sei davon die Rede, dass Schultze dazu neige, zuerst Dinge zu berichten, die ihn in einem positiven Licht erscheinen ließen. [phon.] Mglw. habe Schultze die Angaben gemacht, weil er Nachteile befürchtet habe, wenn er Wohlleben nicht schwer belaste. Der Angeklagte Schultze habe aber auch offensichtlich gelogen, z. B. wenn er angegeben habe, dass er alleine gewesen sei mit Wohlleben, wenn es um die Waffe gegangen sei. Dem widerspreche eine Deckblattmeldung vom 08.05.1999. Es habe demnach mehrere Gespräche gegeben, u. a. im Beisein von Tino Brandt. [phon.] Wohlleben sei also nicht der einzige Ansprechpartner gewesen, wie Schultze behaupte. Es sei, so Schneiders, nicht widerlegt, dass das Geld mglw. vom VS bzw. Brandt gekommen sei.
RA Klemke: „Zunächst einmal möchte ich Ausführungen machen zu dem, was Herr Ko. gemacht hat. Das war der Beamte des BKA, der bzgl. unseres Mandanten die Überprüfung der Finanzen durchgeführt hat. Herr Ko. hat hier berichtet, dass unser Mandant im Jahre 1999 – ich beziehe mich nur auf 1999 und 2000, weil das die hier relevanten Zeiträume sind – Herr Ko. hat ausgeführt, dass unser Mandant im Jahre 1999 seine, übrigens nicht sehr erheblichen, Einnahmen sämtlichst verbraucht hat. Das Jahr 2000 war dann für unseren Mandanten in finanzieller Hinsicht noch unergiebiger, da hat er mehr ausgegeben, als er eingenommen hat.“ Es habe keine größeren Bargeldabhebungen gegeben, überhaupt keine Auffälligkeiten im Zahlungsverhalten, so Klemke. Die Konten seien ausschließlich dafür genutzt worden, dass das Einkommen Wohlleben eingezahlt und der Lebensunterhalt bestritten worden sei. Es gebe keine Hinweise auf einen Zusammenhang mit kriminellen Transaktionen: „Daraus lässt sich der Schluss ziehen, dass aus den Herrn Wohlleben selbst zur Verfügung stehenden Geldern kein Kaufpreis an Herrn Schultze zum Erwerb einer Waffe gegeben worden sein kann.“
Das Geld könne auch kaum im Sinne von Spendenaktionen an Wohlleben gegeben worden sei, denn man habe hier oft gehört, dass die Spendenbereitschaft merklich abgeflaut sei nach wenigen Monaten. Klemke: „Ich möchte ergänzend noch auf ein paar Punkte hinsichtlich der Vernehmungsbeamten Ko. und Ga. hinweisen. Ich fasse die Aussagen zusammen, da sie sich auf das gleiche Thema beziehen, die Angaben des Carsten Schultze in den Vernehmungen. Als Ergebnis ist vorwegnehmend zu konstatieren, dass Herr Schultze mit einer einzigen Ausnahme mit Samthandschuhen angefasst worden ist.“ Die Ausnahme sei die Frage des doppelten Gehilfenvorsatzes, hier hätten Ko. und Weingarten Schultze vehement darauf hingewiesen, sie glaubten ihm nicht, wenn er angebe, er habe keine Kenntnis gehabt, wofür die Waffe bestimmt gewesen sei, denn er habe ja Kenntnis gehabt, dass in der von Zschäpe angemieteten und von den beiden Uwes genutzten Garage Rohrbomben oder Rohrbombenattrappen und TNT gefunden wurden. Klemke: „Das war das einzige Mal, dass die Beamten versucht haben, mal Widersprüche in den Aussagen aufzugreifen.“
Dass Schultze „mit Samthandschuhen angefasst“ worden sei, verwundere nicht, denn er sei „geflissentlich bereit“ gewesen „Erwartungen zu befriedigen, die für Schultze merkbar von den Vernehmungsbeamten an ihn herangetragen“ worden seien. Klemke sagt, es sei im Übrigen auch so, dass Schultze nicht nur Erwartungshaltungen befriedigt habe, sondern dass die Aussagen, die Schultze gemacht habe, auch wenn sie widersprüchlich gewesen seien, die von vornherein aufgestellte Hypothese, dass Wohlleben involviert sei und wie er involviert sei in die Waffenbeschaffung, bestätige sollten: „Von daher waren die Beamten bereit, alles hinzunehmen, was Herr Schultze zum Besten gegeben hat.“ Bei der Vernehmung durch das BKA am 06.02.2012 habe Schultze angegeben, dass er erst nach dem Erwerb der Waffe bei dem Besuch bei Wohlleben festgestellt habe, dass da ein Schalldämpfer dabei gewesen sei. Neun Tage später habe Schultze ausgesagt, dass der Zeuge Andreas Schultz ihm bereits beim zweiten der drei Besuche, vor der Übergabe der Waffe, gesagt habe, das es nur eine osteuropäische Waffe gebe und die habe einen Schalldämpfer. Das habe aber bei den Vernehmungsbeamten nicht dazu geführt, dass da nachgefragt worden sei.
Klemke: „Nein, das wird einfach so hingenommen, Hauptsache es passt.“ Ein weiterer Widerspruch sei, dass Schultze zu Ko. und Ga. am 06.02.2012 geäußert habe, es könne sein, dass Wohlleben mit bei der ersten Begegnung mit Andreas Schultz im Madley gewesen sei. In der selben Vernehmung habe Schultze dann später ausgesagt, dass Wohlleben ihm gesagt habe, er solle doch zum Schultz ins Madley gehen. Das hätten die Beamten nicht hinterfragt: „Nein, den Beamten fällt das nicht auf, denn die Aussage ist gut, die belastet schön den Herrn Wohlleben, da wird nicht nachgefragt.“ Auch in Bezug auf das Geld für die Waffe habe Schultze nur geschlussfolgert, dass es von Wohlleben gekommen sein müsse. Auch das sei nicht hinterfragt worden, nicht überprüft worden. Bei einer Überprüfung hätte sich, so Klemke weiter, schnell ergeben, dass Wohlleben wohl kaum über dieses Geld hätte verfügen können. Klemke. „Und im Übrigen stimmt es schon nicht, dass Herr Schultze ausschließlich mit Herrn Wohlleben wegen des Trios Kontakt hatte.“ Die Kollegin Schneiders habe die Deckblattmeldung bereits zitiert, derzufolge es wiederholt ein Gespräch mit dem Verfasser und Hinweisgeber – „Otto“ , also Tino Brandt – und Schultze gegeben habe.
Klemke: „Und wenn ich das Unappetitliche aus der Behörde mal für bare Münze nehme, dann muss es mindestens zwei Gespräche gegeben haben. Aber die Beamten nehmen die Aussage Schultzes einfach, ohne mal zu fragen – ohne mal das Gehirn einzuschalten, hätte ich fast gesagt, aber ich verkneife es mir – entgegen und machen gar nichts. Passt ja alles so schön.“ Dann sagt Klemke in Bezug auf die von Schultze geschilderten Handschuhe Wohllebens, Schultze habe diese beim Ermittlungsrichter überhaupt nicht erwähnt. Am 06.02.2012 müsse es dann wohl eine Frage in diese Richtung gegeben haben, es könne sich dabei nur um eine Frage mit suggestiver Wirkung gehandelt haben. Die Zielrichtung der Frage sei klar gewesen, man habe an den doppelten Gehilfenvorsatz herangewollt. Und sofort habe Schultze „dieser Erwartungshaltung entsprochen“ und gesagt, dass es möglich sei, dass Wohlleben Handschuhe trug. Am 15.02.2012 habe Schultze dann ganz klar und fest behauptet, dass Wohlleben schwarze Lederhandschuhe getragen habe. Aus einer möglichen Erinnerung werde eine konkrete Erinnerung, so Klemke: „Wie aus einem Gangsterfilm, Lederhandschuhe, schwarz, da fehlt nur der Trenchcoat, das wird die Beamten schon befriedigen. Wie oft sagt der Vorsitzende, wir wollen nicht wissen, was möglich ist? Aber das wird nicht hinterfragt, das passt so schön zu unserer Theorie, auf die Schienen, wo der Zug rollt und rollt und weiterrollt und niemand interessiert das.“
Die Vernehmungen der Zeugen Ga. und Ko. in der Hauptverhandlung hätte nur erhellt, dass die Aussagen Schultzes „mit Vorsicht zu genießen“ seien, so Klemke. Klemke: „In einem Fall haben sie nochmal schlaglichtartig den Blick des Gerichts, so hoffe ich zumindest, darauf gelenkt, dass die Waffenvorlage im Polizeirevier in Köln derart schlecht war, dass ihr Beweisergebnis aus Sicht der Verteidigung des Herrn Wohlleben schlicht unbrauchbar ist.“ Die Vorlage sei simultan, nicht sukzessive erfolgt, so dass Schultze nur eine relative Auswahl habe vornehmen müssen. Klemke: „Das hätte auch ein Pförtner gekonnt, einfach einen Karton Waffen auskippen.“ Eine der Waffen sei schon wegen der Größe ungeeignet gewesen, so Klemke, und bei denen mit 50/50-Chance habe sich eine Waffe unterschieden, dass sie prägnante Kanten gehabt habe und ein verlängertes Laufstück gefehlt habe. [phon.] Klemke: „Da kam niemand auf die Idee: Schickt ähnlich dimensionierte Pistolen mit verlängertem Lauf. [phon.] Nein, da werden einfach willkürlich zwei andere Schalldämpferwaffen hingeknallt. Den Rest der Waffenvorlage kann man eh vergessen. Das ist alles Unsinn, Humbug, was das für einen Beweiswert haben soll, weiß ich nicht.“
Zudem sei die „Richtigkeit dieses angeblich möglichen und ohnehin sehr vagen Wiedererkennens “ durch Schultze nicht überprüfbar. Die Beamten hätten es nicht für nötig befunden, vorab mal zu fragen, ob Schultze die Waffe beschreiben könne. Es sei auch nicht gefragt worden, wie oft Schultze das Bild der Waffe mit dem verschmolzenen Schalldämpfer, das durch die Medien gegangen sei, gesehen habe. Klemke: „Heißa, da fragen wir doch nicht nach und streuen Sand ins eigene Getriebe. Unsere Theorie ist hier bestätigt worden, was wollen wir mehr. Das ist das, was der Verteidigung Wohlleben als Quintessenz der Aussagen von Ko. und Ga. haften geblieben ist und das zieht sich hier durch die Hauptverhandlung, wir fürchten bis ins Urteil. Danke.“
Dann verliest OStAin Greger eine Stellungnahme zum Widerspruch der Verteidigung Zschäpe mit Anschlusserklärung von RA Klemke gegen die Verlesung eines Sachstandsberichts des TLKA von 1996 sowie eines Vermerks des TLKA von 1996. Greger erläutert, warum es aus Sicht des GBA gegen die Verlesung keine rechtlichen Bedenken gebe. Zschäpe-Verteidiger RA Heer sagt, man behalte sich eine Erwiderung vor. Der Verhandlungstag endet um 14:48 Uhr.
Das Blog „nsu-nebenklage“ kommentiert: „Es folgte die Aussage eines Mannes, der mit THS-Führer Tino Brandt nach dessen Aussagen im NSU-Prozess ein Gespräch in der Justizvollzugsanstalt München geführt hatte und der den Inhalt dieses Gesprächs dem Gericht mitgeteilt hatte. […] Der Zeuge wirkte vor Gericht recht glaubwürdig, war relativ sicher in seinen Angaben, auch sein zunächst widersprüchliches Verhalten bei der Mitteilung ans Gericht – er hatte zunächst nur seinen handschriftlichen Vermerk ans Gericht gefaxt, dabei aber seinen Namen nicht angegeben – vermochte er zu erklären. Problematisch ist aber, dass natürlich Brandt – der sich vor Gericht wenig glaubwürdig gezeigt hat – seinerseits den Zeugen angelogen haben könnte. Für das Urteil dürfte Brandts Geschwätzigkeit und Angeberei aber ohnehin keine allzu große Bedeutung haben, denn dieses wird sich wohl nur auf dessen belastende Angaben gegenüber den V-Mann-Führern stützen, die zum Teil auch durch andere Beweismittel gestützt werden.“
http://www.nsu-nebenklage.de/blog/2016/07/05/05-07-2016/