Protokoll 301. Verhandlungstag – 21. Juli 2016

0

An diesem Verhandlungstag geht es um den Angriff an einer Straßenbahnhaltestelle in Jena-Winzerla. Es werden zwei ehemalige Mitglieder der damaligen rechten Szene befragt.

Zeugen:

  • (heute M., Bruder von André Kapke, Erkenntnisse zu einem von Carsten Schultze geschilderten Angriff an einer Straßenbahnhaltestelle in Jena-Winzerla)
  • Sven Kl. (Erkenntnisse zu einem von Carsten Schultze geschilderten Angriff an einer Straßenbahnhaltestelle in Jena-Winzerla)

Der Verhandlungstag beginnt um 09:53 Uhr. Es beginnt die Befragung des Zeugen Christian Kapke, heute M. [im Folgenden Kapke; zuletzt 189. Verhandlungstag]. Götzl: „Es geht uns um, ein zusätzlicher Punkt, der sich ergeben hat, um Kenntnisse, die Sie haben zu einer Schlägerei an der Straßenbahnendhaltestelle Jena-Winzerla, Ende der 90er Jahre. Was können Sie dazu sagen?“ Kapke: „Ich kann mich nicht erinnern. Ich bin dazu in meiner Vernehmung 2012 gefragt worden und habe da schon gesagt, dass ich dazu keine Erinnerung habe und wahrscheinlich nicht beteiligt war.“ Götzl: „Haben Sie denn Schlägereien in der Zeit bezogen auf die Örtlichkeit erlebt?“ Kapke: „Das ist ja in der Nähe des Winzerclubs, da gab es sicherlich Auseinandersetzungen und Schlägereien. Aber mir ist nur eine Auseinandersetzung im Club erinnerlich, 1996 würde ich sagen [phon.].“ Götzl: „Worum ging es da?“ Kapke: „Unter den Jugendlichen, eine alkoholgetriebene Schlägerei.“ Götzl: „Wissen Sie was zu den Beteiligten?“ Kapke: „Nee, das ist zu lange her.“ Götzl: „Die Örtlichkeit, die Straßenbahnendhaltestelle Jena-Winzerla, kennen Sie die?“ Kapke: „Ich kenne die, das ist von dem etwa 100 m entfernt, würde ich schätzen. Damals war das so ein Kreis, eine Wendestelle, schmucklos, Beton, Wartehäuschen, in der Mitte eine Grasfläche.“ Götzl: „Gab es da ein Holzhäuschen?“ Kapke: „Da kann ich mich jetzt nicht erinnern.“ Götzl: „Haben Sie denn mal was erfahren über eine Schlägerei in der Zeit, bezogen auf Carsten Schultze oder sonstige Personen?“ Kapke: „Ich habe eigentlich ein gutes Erinnerungsvermögen, aber da kann ich im Grunde gar nichts sagen.“

Wohlleben-Verteidiger RA Klemke: „Herr M., kennen Sie einen Herrn Sz.?“ Kapke: „Nein, können Sie mir den Vornamen oder Spitznamen sagen?“ Klemke: „Der soll den Spitznamen gehabt haben.“ Kapke: „Das sagt mir was, ein Musiker einer Band im Winzerclub.“ Klemke: „Kannten Sie den persönlich?“ Kapke: „Flüchtig.“ Klemke: „Was heißt flüchtig?“ Kapke: „Die Band, wo er gespielt hat, hat im Winzerclub geprobt.“ Klemke: „Wie hieß die Band?“ Kapke: „Die Band, die da geprobt hat, war .“ Klemke: „Sie wissen aber nicht, ob da Barney mitgespielt hat?“ Kapke: „Ich würde spontan ja sagen, bin mir aber nicht sicher.“ Klemke: „Kennen Sie ‚Schmaler‘?“ Kapke: „Ja, der hat auch in der Band gespielt.“ Klemke: „Wie heißt der bürgerlich, wissen Sie das?“ Kapke: „Nein.“ Klemke: „Sagt Ihnen Frank Wu. was?“ Kapke verneint das. Klemke: „Den Schmaler, kannten Sie den ebenso wie den Barney?“ Kapke: „Flüchtig.“ Klemke: „Hatten Sie sich mit Schmaler und Barney damals mal unterhalten?“ Kapke: „Flüchtig, ja.“

Klemke: „Der Vorsitzende hat Sie zu einer Auseinandersetzung an einer Straßenbahnhaltestelle befragt. Da sollen dabei gewesen sein, der Herr Wohlleben, Schmaler, Barney und wer mit dem Spitznamen Torte. [phon.] Sagt Ihnen so eine Auseinandersetzung was?“ Kapke: „Die Auseinandersetzung sagt mir nichts.“ Schultzes Verteidiger RA Pausch beanstandet: „Der Vorhalt war: ‚da sollen Sie‘. Das ist aber nie so gesagt worden. Der Herr Schultze hat nie gesagt, der Christian Kapke wäre tatsächlich dabei gewesen.“ [phon.] Klemke: „Sie sollen möglicherweise dabei gewesen sein und definitiv Herr Wohlleben, der Barney, der Schmaler und wer mit dem Spitznamen Torte.“ Kapke: „Ich kann mich daran null erinnern. Ich bezweifele, dass ich dabei gewesen bin. Die Namen sagen mir was, aber nicht in Zusammenhang mit einer Schlägerei.“ Klemke fragt nach „Torte“. Kapke: „Das ist auch ein Mitglied der Band gewesen.“ Klemke: „Kennen Sie den bürgerlichen Namen?“ Kapke: „Den kenne ich, glaube ich: Sven Kl.“ Klemke: „Eingangs sagten Sie, Sie können sich nicht erinnern an so einen Vorfall.“ Kapke: „Ich habe gesagt: Ich habe ein sehr gutes Erinnerungsvermögen und da ich mich null dran erinnern kann, kann ich für mich ausschließen, daran beteiligt gewesen zu sein.“

NK-Vertreter RA Narin: „Ist Ihnen überhaupt eine körperliche Auseinandersetzung in Erinnerung, an der Herr Wohlleben beteiligt war?“ Kapke: „Spontan kann ich mich an keinen Vorfall erinnern.“ Narin: „Ein Vorfall mit zwei weiblichen Personen als Geschädigte?“ Kapke: „Ist mir bekannt.“ Narin: „Wer war beteiligt?“ Kapke: „Mir ist bekannt, dass mein Bruder, Schultze, der Herr Wohlleben dabei war, meine ich. Das habe ich gehört.“ [phon.] Narin: „Wissen Sie, inwiefern Herr Wohlleben beteiligt war?“ Kapke: „Da verschwimmt es mit der Presseberichterstattung. Was ich in Erinnerung habe, ist, dass er den Frauen aufgelauert hat, um die Daten der Personalausweise in Erfahrung zu bringen.“ Götzl: „Ich habe Sie nicht verstanden.“ Kapke: „Wo zwei Frauen, mit denen ich mich getroffen hatte, später aufgelauert wurde und versucht wurde, deren Personaldokumente zu bekommen, um deren Daten zu erhalten.“ [phon.]

Klemke: „Zurück zu diesem Vorfall mit den beiden Damen. Woher stammt Ihre Kenntnis?“ Kapke: „Ich war bei dem Vorfall nicht dabei. Ich habe mich aber mit den zwei Frauen getroffen gehabt und später hat es offenbar einen Vorfall gegen, wo es auch Gewalt gegeben hat. Ich war als Zeuge bei dem Gerichtsverfahren und von daher ist es mir bekannt.“ Klemke: „Waren Sie bei der gesamten Gerichtsverhandlung?“ Kapke: „Nein, ich war Zeuge, einen Tag.“ Klemke: „Woher stammt Ihre Erinnerung?“ Kapke: „An dem Abend habe ich mich noch getroffen mit Herrn Schultze, Herrn Wohlleben und meinem Bruder und auch den zwei Frauen.“ Klemke: „Sie haben sich also nochmal mit den Frauen getroffen, ein zweites Mal?“ Kapke: „Genau.“ Klemke: „Und bei diesem zweiten Treffen waren Herr Wohlleben und Ihr Bruder dabei?“ [phon.] Kapke: „Und die beiden Damen.“ Klemke: „Wo fand es statt?“ Kapke: „Kann ich nicht mehr sagen. Ich glaube in einer Gaststätte.“ Klemke: „Mit den beiden Damen zusammen?“ Kapke: „Ja, ich wusste gar nicht, dass die zwei Frauen noch da waren. Schultze hat angerufen und ich bin dahin gekommen und da waren die beiden Frauen mit dabei.“ [phon.]

Schultzes Verteidiger RA Hösl: „Erinnern Sie, ob Sie mit Herrn Schultze dorthin gegangen sind oder alleine und die Personen erst dort getroffen haben?“ [phon.] Kapke: „Ich erinnere mich genau, wie ich von zu Hause alleine mit der Straßenbahn hin bin und die Personen [phon.] dort getroffen habe.“ Hösl: „Den Herrn Schultze?“ Kapke: „Ja.“ Der Zeuge wird um 10:12 Uhr entlassen.

RA Narin gibt eine Erklärung ab. Der Zeuge habe die Frage, ob ihm eine Schlägerei unter Beteiligung Wohllebens bekannt sei, zunächst verneint und erst auf Nachfrage sei ihm die Erinnerung wiedergekommen, zudem habe er angegeben, als Zeuge vernommen worden zu sein im Rahmen der Gerichtsverhandlung: „Das heißt, dass der Zeuge also nicht so eine gute Erinnerung hat, wie er von sich selbst dachte.“ Klemke: „Auf den kurzen Vorhalt ist eine sehr konkrete Erinnerung wiedergekommen. Hinsichtlich der beiden Damen konnte sich der Zeuge erinnern, dass er sich zweimal mit den Damen getroffen hat, also nach dem tätlichen Angriff, was ja sehr originell ist. Von daher habe ich diese Probleme mit dem Erinnerungsvermögen des Zeugen in keinster Weise. Der Zeuge hat gesagt, an so eine Schlägerei kann er sich gar nicht erinnern und wenn es das gegeben hätte, hätte er sich erinnert.“

Götzl: „Dann würde ich bei Ihnen, Frau Zschäpe nachfragen bezüglich der Beantwortung des vom Sachverständigen und den Nebenklägervertretern gestellten Fragen. Werden sie beantwortet?“ RA Grasel: „Das ist nach wie vor nicht abschließend besprochen. Ich vermute, dass wir nicht vor der Sommerpause dazu kommen.“ Götzl: „Der Zeuge Kl. ist auf 11 Uhr geladen, machen wir eine Pause bis 11 Uhr.“

Um 11:07 Uhr geht es weiter mit dem Zeugen Sven Kl. Götzl: „Es geht uns um Erkenntnisse zu einer Schlägerei Straßenbahnendhaltestelle Jena-Winzerla Ende der 90er Jahre. Was können Sie dazu sagen?“ Kl.: „Ich habe von der Schlägerei erst bei der polizeilichen Vernehmung erfahren, so richtig, das ist ja schon sehr lang her. Und habe auch da schon gesagt, dass es sehr gut sein kann, dass es so eine Schlägerei gab, ich mich aber nicht dran erinnern kann, richtig. Es ist schon sehr lange her, aber ich habe es nicht ausgeschlossen, daran beteiligt gewesen zu sein.“ Götzl: „Die Frage ist einfach: Können Sie sich an so etwas erinnern und wenn, was haben Sie in Erinnerung?“ Kl.: „Es hat ein bisschen gedauert nach der Vernehmung, da kamen so Bilder wieder hoch. Ich habe es ja auch dort schon nicht ausgeschlossen. Aber irgendwelche Einzelheiten da zu erinnern, ist echt schwer.“ Götzl: „Welche Bilder kamen hoch?“ Kl.: „Dass man sich dort oft aufgehalten hat in diesem Winzerclub. Und die Beamtin hat mir erzählt dass es im Zug einer Party war. Das klingt schon alles plausibel halt, aber ….“ [der Zeuge bricht seine Äußerung ab.]

Götzl sagt, er wolle nochmal an die „Bilder“ anknüpfen, von denen Kl. gesprochen habe, und fragt, welche Erinnerung Kl. habe. Kl.: „Die Bilder von der Endhaltestelle, die habe ich im Kopf.“ Götzl: „Abgesehen von der Endhaltestelle, haben Sie auch von einer Auseinandersetzung irgendwelche Bilder vor Augen?“ Kl.: „Nicht wirklich. Das ist schwer zu sagen, ich kann jetzt nicht sagen ja, ich kann aber auch nicht sagen nein.“ Götzl: „Welche Umstände sind es, die zu dieser Antwort führen?“ Kl.: „Ich bin mir halt nicht sicher. Das ist eine Zeit, die ich tatsächlich aus meinem Kopf kriegen möchte, die ich verdrängt habe. Es gab Jahre dazwischen mit heftigem Drogenkonsum. Deswegen kann ich nicht sagen: Ja, es war so. Oder: Nein, es war nicht so. Diese Zeit, ich war jung, verwirrt, hatte viel Aggression drinne, es kam zu Konflikten, klar.“ Götzl: „Konflikte, was meinen Sie damit?“ Kl.: „Es gab halt keine gesunde Streitkultur, es war ein ziemlich hohes aggressives Potenzial drinne, in mir halt ein ziemlich aggressives Potenzial. Ich kann mich an keine konkreten Konflikte erinnern, aber in der Schule hatte ich auch Kabbeleien, wo ich nicht zurückgeschreckt bin. Wie gesagt, ich kann’s halt nicht beantworten.“

Götzl: „Wie hat es damals an der Endhaltestelle ausgesehen?“ Kl.: „Es gab da so eine steinerne Überdachung auf der linken Seite, zwei Bahnsteige. Und dann ging halt die Kurve rum, das war die Endhaltestelle. Die Bahn ist in einer Schleife gefahren, es war die Endhaltestelle.“ Götzl: „Gab es da irgendein Holzhäuschen?“ Kl. schweigt kurz und sagt dann: „Es gab vorne ein Holzhaus, ein Imbiss oder so, aber nicht direkt an der Bahnhaltestelle.“ Götzl: „Wie weit war das entfernt?“ Kl.: „Hundert, zwohundert Meter, ich weiß es nicht mehr.“ Götzl: „Kennen Sie den Winzerclub?“ Kl.: „Ja ja, den hatte ich vorher schon erwähnt.“ Götzl: „Wie weit war der entfernt?“ Kl.: „Vielleicht auch so zweihundert Meter, so was.“ Götzl: „Können Sie sagen, waren Sie mal mit Herrn Schultze zusammen bei irgendeiner Auseinandersetzung?“ Kl.: „Ich hatte ziemlich viel mit Herrn Schultze zu tun, ich kann es aber nicht bejahen und nicht verneinen.“ Götzl fragt, inwiefern Kl. viel mit Schultze zu tun gehabt habe. Kl.: „Wir wohnten halt gegenüber und hatten uns eigentlich mehr danach – nachdem ich ausgestiegen war und er auch – hatten wir einen engeren Kontakt als zu der Zeit. Aber wir haben gegenüber gewohnt und ich war oft mit ihm zusammen da halt, ja.“

Götzl: „Von welcher Zeit sprechen Sie?“ Kl.: „Das wird schon Ende der 90er gewesen sein.“ Götzl: „Seit wann kannten Sie ihn?“ Kl.: „Auch diese Zeit. Dann hatten wir lange keinen Kontakt mehr und dann, wie ich finde, intensiveren Kontakt.“ Götzl: „Ab wann?“ Kl.: „Schwer zu sagen, 2007? Ich bin nicht so gut in Zeiten.“ Götzl: „Und eine Zeit lang hatten Sie keinen Kontakt, wann ist der abgebrochen, wann war das?“ Kl.: „Das wird so 2000er-Wende [phon.] gewesen sein.“ Götzl: „Kennen Sie die Angeklagten, Frau Zschäpe, Herrn Wohlleben?“ Kl.: „Herrn Wohlleben kenne ich, ja.“ Götzl: „Und Frau Zschäpe?“ Kl.: „Vom Hörensagen, ja.“ Götzl: „Zu Herrn Wohlleben: Woher kennen Sie ihn und wann haben Sie ihn kennengelernt?“ Kl.: „Ähnlich. Wir haben halt in einem Haus gewohnt, daher kannten wir uns dann halt auch. Ich kenne ihn aber schon früher, bevor wir im Haus gewohnt haben.“ Götzl fragt, wann das gewesen sei und wie lang der Kontakt gewesen sei. Kl.: „Es wird auch so Ende der Neunziger gewesen sein und hat mit Sicherheit auch geendet so um 2000, als ich dann ausgestiegen war. Genaue Zeitangaben kann ich da nicht machen.“

Götzl: „Sie sagten, Sie hätten in einem Haus zusammen gewohnt?“ Kl.: „In Winzerla, Boegeholdstraße [phon.] oder so? Da haben wir in einem Block zusammen gewohnt.“ Götzl: „Wie lang?“ Kl.: „Ein Jahr? Bei meiner Mutter.“ Götzl: „Wie intensiv war der Kontakt?“ Kl.: „Auch so wie mit Herrn Schultze. Man hat sich halt auch getroffen. Man hat ja damals noch die gleiche Meinung vertreten.“ Götzl: „Was meinen Sie mit ‚gleiche Meinung vertreten‘?“ Kl.: „Ich rede von dieser rechten Meinung damals. Politische Einstellung, wie auch immer.“ Götzl fragt, ob Kl. Eminger oder Gerlach kenne. Kl.: „Nee, sagt mir nix. Ich hab’s gelesen, aber ….“ [der Zeuge bricht seine Äußerung ab.]Götzl: „Kannten Sie Uwe Böhnhardt oder Uwe Mundlos?“ Kl.: „Nee, auch nur vom Hörensagen halt.“ Götzl: „Bei Ihrer Vernehmung zur Schlägerei, sind da auch Namen angesprochen worden damals?“ Kl.: „Da wurden Namen angesprochen, aber es müsste aufgefrischt werden.“ Götzl: „Sagt Ihnen der Name Jimmy etwas?“ Kl.: „Ja, da leuchtet irgendwas.“ Götzl: „Was sagt er Ihnen?“ Kl.: „Also ein Freund oder so bestimmt nicht. Aber irgendjemand, den ich unter Jimmy kenne, keine Ahnung.“

Götzl: „Sagt Ihnen der Name Schmaler etwas?“ Kl.: „Ja.“ Götzl: „Was sagt er Ihnen?“ Kl.: „Ziemlich großer damaliger Skinhead.“ Götzl: „Woher kennen Sie ihn und wie gut?“ Kl.: „Auch aus dem Umfeld von diesem Winzerclub, weiß gar nicht, ob der damals Winzerclub hieß. Aber aus diesem Umfeld, da gab es ja auch einen Proberaum, da hat man sich auch getroffen.“ Götzl: „Kennen Sie Christian Kapke?“ Kl.: „Ja.“ Götzl: „Wie gut und lange?“ Kl.: „Nicht so gut. Auch so aus dieser Zeit, auch nicht so lange. [phon.]“ Götzl: Sagt Ihnen der Name Mirko oder Sz. etwas?“ Kl.: „Ja.“ Götzl: „Was?“ Kl.: „Das ist auch ein, in Anführungsstrichen, Freund gewesen. Wir haben auch zusammen Musik gemacht, ja.“ Götzl: „Wie haben Sie ihn angesprochen?“ Kl.: „Der Spitzname, Barney war das.“ Götzl fragt, ob Kl. Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe namentlich in der damaligen Zeit gekannt habe. Kl.: „Ja, man hat davon in der Szene gehört.“ Götzl: „Was?“ Kl.:“Irgendwann habe ich erfahren, dass die halt auf der Flucht waren, so was. Und das war schon einprägsam, wie auch immer.“

Götzl: „Können Sie mir das näher erklären, was Sie erfahren haben? Wann und von wem und was wurde denn über die Flucht gesagt?“ Kl.: „Von wem kann ich gar nicht genau sagen. Da hat man einfach drüber gesprochen, es war auch in den Lokalmedien gewesen. Ich hatte davon erfahren mit dieser Bombenattrappe bei diesem . Ich weiß nicht, ob das aus den Medien war oder von jemand gesagt wurde. Das war eher so: ‚dummerweise‘, oder dass man da vielleicht aufgeschaut hat und dachte: ‚Krass, was die da gemacht haben‘. [phon.] Deshalb war es einprägsam. Aber persönlich kannte ich sie nicht, man hat halt die Namen mal verlauten hören zu dem Zeitpunkt.“ Götzl: „Haben Sie eine Erinnerung an Personen aus Ihrem Umfeld, mit denen Sie über diese Leute gesprochen haben?“ Kl.: „Ich meine, dass jeder ein bisschen drüber gesprochen hat. Es war ja bekannt, dass die das gemacht hatten und auf der Flucht waren, da hat man bestimmt mal drüber gesprochen, so: ‚krass‘.“

Götzl: „Meine Frage war, ob Sie die Information, die Sie bekommen haben, mit bestimmten Personen verbinden.“ Kl.: „Ich verstehe die Frage nicht ganz.“ Götzl: „Ob Sie zum Beispiel mit Herrn Schultze drüber gesprochen haben.“ Kl.: „Mit Sicherheit auch. Wie mit jedem. Das war bestimmt nicht den ganzen Tag Thema, aber eine Zeit lang war das halt Thema, weil das ziemlich krass war, was da passiert war.“ Götzl: „Warum sagen Sie ‚mit Sicherheit‘?“ Kl.: „Weil ich zu der Zeit halt mit Carsten befreundet war.“ Götzl: „Wissen Sie, dass Herr Schultze Kontakt zu den Dreien hatte?“ Kl.: „Nein, ich hatte es dann erfahren, als es in den Medien war.“ Götzl: „Können Sie sagen, was Sie aus den Medien entnommen haben?“ Kl.: „Das war ziemlich spät, aber diese NSU-Morde, das habe ich in den Medien erfahren. Da hat es mich noch gar nicht so, irgendwie, getroffen oder so, weil ich es gar nicht so in Verbindung hatte. Und dann habe ich erfahren, dass sie halt den Carsten festgenommen hatten.“

Götzl: „Wenn Sie zeitlich zurückgehen, dass Sie erfahren hätten, dass Böhnhardt, Mundlos, Zschäpe auf der Flucht gewesen seien. Wann ordnen Sie das zeitlich ein?“ Kl.: „Ende der 90er. Und es gab dann das, dass ich Schmiere gestanden hätte, als Carsten bei Frau Zschäpe eingebrochen war. Das wurde mir erzählt, aber keine Ahnung.“ Götzl: „Was bedeutet das?“ Kl.: „Ich wollte es erwähnen, weil das ja auch damit zu tun hat.“ Götzl: „Erzählen Sie, was damals war.“ Kl.: „Es ist schwer, sich daran zu erinnern. Ich hatte schon mal ausgesagt, dass ich mit Carsten natürlich um die Häuser gezogen bin und wenn er mich gefragt hat, ob ich für so was Schmiere stehe, dann wäre ich sicher dabei gewesen.“ Götzl: „Haben Sie denn mal Schmiere gestanden?“ Kl.: „Ich kann da nicht nein sagen, ich kann da auch nicht ja sagen.“ Götzl: „Was bedeutet diese Formulierung wieder? Was haben Sie dazu in Erinnerung?“ Kl.: „Eigentlich nix.“ Götzl: „Was führt dann zu dieser Formulierung?“ Kl.: „Weil ich es plausibel finde. Ich weiß, dass ich zu der Zeit mit Carsten Zeit verbracht hatte und …“ Kl. schweigt kurz und sagt dann: „… ja. Vielleicht kommt da auch ein Bild hoch, aber ich kann es nicht mit Gewissheit sagen. Ich kann nicht nein sagen, ich kann nicht ja sagen, es tut mir auch leid.“

Götzl: „Können Sie denn sagen, ob Sie mit Herrn Wohlleben mal über die drei Flüchtigen gesprochen haben?“ Kl.: „Wie gesagt, sicherlich auch, aber nicht im Speziellen. Das war halt einfach Thema in dieser Szene gewesen, in diesem Kreis, klar. Aber jetzt auch nicht mehr als was man in den Medien erfahren hätte oder so.“ Götzl: „Was führt zu dieser Formulierung: ‚Sicherlich auch‘? Mich interessiert, an was Sie sich erinnern.“ Kl.: „Es war ja sehr krass, eindrücklich, was da passiert war. Da hat man in der Szene natürlich getuschelt: ‚Hier, hast du’s gehört, krass, ja.'“ Götzl: „Bestimmte Personen, die Sie damit in Verbindung bringen? Mit wem wurde getuschelt?“ Kl.: „Ich kenne die ganzen Personen auch nicht mehr beim Namen. Aber alle Namen, die Sie genannt haben vorher, wo ich gesagt habe, die kenne ich. Es war ein in der Szene halt sehr präsentes Thema zu der Zeit.“ Götzl: „Gab es Informationen von Herrn Wohlleben, dass er Kontakt haben würde, Ihnen gegenüber?“ Kl.: „Nein, glaube ich nicht, dass ich da Informationen bekommen hätte.“ Götzl: „Hatten Sie damals einen Spitznamen?“ Kl.: „Ja, das war ‚Torte‘.“

Götzl: „Haben Sie denn zu Herrn Schultze nach seiner Festnahme Kontakt gehabt?“ Kl.: „Nee, leider nicht mehr.“ Götzl: „Wann war vorher der letzte Kontakt zu Herrn Schultze?“ Kl.: „An irgendeinem Silvester hatten wir zusammen gefeiert.“ Götzl: „Können Sie es zeitlich genauer einordnen?“ Kl.: „Leider nicht.“ Götzl: „Ist das Thema Waffen mit Herrn Schultze mal allgemein Thema gewesen?“ Kl.: „Also Waffen nicht im Sinne von Pistolen. Schlagstock oder so, das war mal Thema.“ Götzl: „Und hat er mal zu Schusswaffen berichtet?“ Kl.: „Mir war nicht klar, dass Carsten sich eine echte Schusswaffe besorgen möchte, keine Ahnung.“ Götzl: „Wie eng war der Kontakt zwischen Ihnen und Carsten Schultze in den 90er Jahren, bis er abgebrochen ist? Wie gut kannten Sie sich?“ Kl.: „Man hat sich halt getroffen, wie in einer Clique, weil man halt gegenüber gewohnt hat. Ich habe vorher gesagt, dass der Kontakt intensiver war, weil wir nach dem Ausstieg aus der Szene, naja, ganz anders waren, zueinander auch. Das vorher war halt, ich will nicht sagen hierarchisch aufgebaut. Aber ich war doch jünger und habe zu ihm aufgesehen, nicht freundschaftlich, sondern so wie in der rechten Szene halt. Und später dann hat man sich auf gleicher Höhe begegnet, deswegen sage ich halt intensiver. Da ging es nicht mehr so um was Politisches, sondern das, was halt alles andere ausmacht.“

Götzl: „Können Sie sagen, wie es zum Ausstieg Carsten Schultzes aus der rechten Szene kam?“ Kl.: „Ich bin mir unsicher, ob sein Coming-out zeitgleich kam und ob es der Auslöser war, da bin ich mir unsicher. Aber es wird schon alles miteinander zu tun haben.“ Götzl: „Ja, haben Sie dazu Kenntnisse?“ Kl.: „Ach so, Kenntnisse, nein. Ich weiß auch nicht, ob wir zur gleichen Zeit ausgestiegen sind.“ Götzl: „Wie war es bei Ihnen?“ Kl.: „Ich hatte halt irgendwann angefangen mit Drogen und das war halt nicht mehr vereinbar, und ich musste halt der Sache entsagen, ich hatte einfach nachgedacht und, dass das halt nicht geht.“ Götzl: „Da muss ich schon nachfragen: Nachgedacht?“ Kl.: „Ja, über diese politische Einstellung.“ Götzl: „Welche Überlegungen haben Sie sich gemacht?“ Kl.: „Es war ja nicht so, dass ich zwei Tage lang nachgedacht habe und dann ausgestiegen bin, sondern dass man drauf kommt, dass egal welche extreme Einstellung, dass das menschenverachtend ist. Das ist für mich nicht mehr vereinbar gewesen.“ Götzl fragt, wann das gewesen sei. Kl.: „2001, 2002, glaube ich, da bin ich sehr unsicher.“

Götzl fragt, um welche Drogen es gehe. Kl.: „Hauptsächlich Cannabis, aber auch andere Substanzen.“ Götzl: „Was hat jetzt der Drogenkonsum mit dem Ausstieg zu tun?“ Kl.: „Erstens ist das nicht vereinbar, diese politische Einstellung und Drogen konsumieren ist nicht vereinbar gewesen oder ist es immer noch. Und es hat irgendwas in mir ausgelöst, dass man seinen Blick für andere Sachen auch mal öffnet. Vorher dieses Engstirnige in dieser Szene drinne. Und jetzt, das hat nichts mit den Drogen zu tun, aber das sind andere Subkulturen gewesen, die diese Drogen konsumieren. Und dann ist man offener.“ Götzl: „Wie, ’nicht vereinbar‘?“ [phon.] Kl.: „Das gehört sich halt nicht für ’nen Rechten, Drogen zu konsumieren.“ Götzl: „Ja, wurde das bekannt?“ Kl.: „Das weiß ich gar nicht, ob das bekannt war. Das müssen andere Leute beantworten. Aber ich habe mich immer mehr zurückgezogen.“ Götzl: „Ja, sind Freunde an Sie herangetreten wegen der Drogen, gab es Diskussionen?“ Kl.: „Nee, glaube ich nicht. Ich habe das ja nicht wie ein Schild umhängen: ‚Ich steig jetzt aus und nehme Drogen.‘ Aber der Ausstieg hat mich schon beschäftigt. Ich kann mich erinnern, dass ich mich mit meiner Band auf dem Theatervorplatz gegen Rechts gespielt habe. Und dann kam Wohlleben und da kam irgend so eine Spitze [phon.]. Aber es kam niemand und sagte: ‚Du kannst doch nicht aussteigen!'“

Götzl: „Können Sie sich erinnern dass Sie von der Polizei befragt wurden?“ Kl. bejaht das. Götzl: „Wann war das?“ Kl: „Vielleicht vor einem Jahr oder so?“ Götzl sagt, es liege ein polizeiliches Vernehmungsprotokoll vom 20.06.2013 vor. Kl.: „Da war die Vernehmung? Ich hatte schon gesagt, ich bin im zeitlichen Einordnen nicht ganz so gut.“ Götzl nennt die Fundstelle und sagt: „Ich will auf die ein oder andere Passage dieser Vernehmung eingehen.“ Vorhalt: Können Sie sich an Begebenheiten erinnern, wo Carsten Schultze oder Ralf Wohlleben explizit über die Drei gesprochen hat? – Ich weiß es nicht, natürlich kam es auch von Wohlleben, dass man ab und an von denen gehört hat. Kl.: „In der ganzen Szene wurde einfach über diese Drei gesprochen, ja.“ Götzl: „Aber erst hieß es: ‚ich weiß es nicht‘, und dann: ’natürlich kam es auch von Wohlleben‘. Haben Sie das so gesagt?“ Kl.: „Wenn es da steht, ich kann mir das schon erklären. Es zielt darauf hin, ob ich genaue Information bekommen habe über die Drei. Aber so ist es nicht. Es wurde über die Drei gesprochen, weil es in den lokalen Medien war. Dass diese krassen Sachen passiert sind wie Theatervorplatz. Aber dass man sich da konspirativ zusammengetan hat, das ist mir nicht bekannt.“

Vorhalt: Wusste man, dass Wohlleben da mehr seine Finger drin hatte? – Man hat es schon vermutet, aber wusste es nicht, seine Arroganz hat es vermuten lassen, dass er da was wusste. Kl.: „Es ist ein hierarchisches Konstrukt [phon.] gewesen, damals diese Szene. Und er stand höher auf der Leiter als Carsten und ich.“ Götzl: „Haben Sie eine Erinnerung daran, dass Sie das so gesagt haben?“ Kl.: „So ähnlich, ja. Ich würde es auch jetzt so ähnlich sagen.“ Götzl hält einen Vorhalt vor, der während der Vernehmung gemacht wurde, Vorhalt: Einem Hinweis zufolge sei es am 08.05.1999 zu einem Gespräch Wohlleben und Schultze gekommen. Schultze habe erwähnt, dass er in die Wohnung Zschäpe eingestiegen sei und Torte Schmiere gestanden habe. Götzl: „Was können Sie zu diesem Sachverhalt sagen?“ Kl.: „Das hatte ich vorher angesprochen. Ich kann mich an diese Sachen nicht mehr erinnern, aber ich habe es nicht ausgeschlossen, weil entweder kommt da irgendwas wieder [phon.]. Das war diese Frage, die ich nicht mit ja oder nein beantworten konnte. Ich kann mich nicht erinnern, dass da eingebrochen wurde und warum das abgebrochen worden sein soll.“

Vorhalt: Antwort: Diesbezüglich bin ich auch schon von der ARD telefonisch kontaktiert worden. Kl.: „Ich habe tatsächlich einen Anruf bekommen, ob ich irgendwas dazu sagen kann. Und da wusste ich gar nichts selber da drüber.“ Götzl: „Was haben Sie gesagt?“ Kl.: „Dass ich nix dazu sagen kann, wahrscheinlich.“ Vorhalt: Zu der Zeit war ich schon öfters mit Carsten in der Stadt unterwegs gewesen. Es kann schon sein, dass Carsten gemeint hat, ich solle mal Schmiere stehen. Kl.: „Ich habe viel Zeit mit dem Carsten verbracht und ich schließe nicht aus, dass, wenn er mich gefragt hat, und auch wenn er mir den Grund nicht nennen will, dass ich gesagt habe: Ja, klar. Vielleicht hat er mir gesagt: Ich muss da was gucken. Ich hätte bestimmt zu dem Zeitpunkt ja gesagt.“ Götzl: „Hatten Sie Kenntnis, wo Frau Zschäpe wohnte?“ Kl.: „Das war auch in Winzerla.“ Götzl: „Ja, kannten Sie die Wohnanschrift?“ Kl.: „Nicht wirklich. Aber es wurde schon mal drauf hingewiesen, hier hat die ja gewohnt. Aber welches Haus weiß ich nicht.“ Vorhalt: Ich habe eine Weile überlegt und da ich wusste, wo Zschäpe damals wohnte, kann ich mich schon dunkel an einen Sachverhalt erinnern. Kl.: „Ich kenne das Haus nicht genau, aber ich weiß, dass sie da unten in Winzerla gewohnt hat.“

Vorhalt: Da hat Carsten, glaube ich, gesagt, ich solle hier stehenbleiben und Schmiere stehen. Kl.: „Ach, auf einmal konnte ich mich da erinnern? Wie gesagt, ich kann mich nicht direkt erinnern.“ Vorhalt: Ich kann mich aber nicht erinnern, dass er sagte, er wolle in die Wohnung einsteigen. Er hat mich da schon in etwas mit reingerissen, das finde ich schon krass. Kl.: „Wenn das so war, dann ist es ja auch so.“ Vorhalt: Hat Ihnen Carsten Schultze im Vorfeld berichtet, was er vorhatte? – Nein, zum Glück kann ich mich aufgrund des Anrufs der ARD-Frau ganz gut daran erinnern. Die Aktion war ziemlich spontan gewesen. Wir waren da in der Nähe und dann kam das wie ein Überfall. Ich weiß noch dass es schief gegangen ist. Kl.: „Das klingt ja so, als könnte ich mich dran erinnern. Aber ich kann das gerade nicht erinnern. Und ich verstehe das mit dem Anruf der ARD nicht richtig.“ Götzl: „Ja, was verstehen Sie nicht richtig?“ Kl.: „Die Aussage, was das bedeuten soll.“ Götzl: „Ja, haben Sie die so gemacht?“ Kl.: „Wahrscheinlich, sonst würde sie ja nicht so da stehen.“ Götzl: „Ja, haben Sie an den Inhalt der Aussage eine Erinnerung, ob Sie das so gesagt haben, was Sie ggf. gesagt haben?“ Kl.: „Ich kann mich jetzt nicht hundertprozentig erinnern, dass ich da Schmiere gestanden habe, deswegen verstehe ich die Aussage nicht. Ich weiß nicht, ob da irgendwas hochgekommen war, ich weiß es nicht.“

Götzl: „Ja, was war denn Thema im Gespräch und was haben Sie angegeben, was wollte sie von Ihnen wissen?“ Kl.: „Es ging drum, ob ich irgendwas über Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe sagen kann. Da habe ich gesagt: Nein, ich kenne die nicht persönlich. Und da fing sie an, dass sie mich später zurückruft, das hat sie aber nicht gemacht. Da war ich halt sehr geschockt von diesem Anruf. Man bekommt die ganze Zeit was aus den Medien mit und auf einmal ist man selbst da.“ Götzl: „Welche Informationen haben Sie gekriegt oder gegeben?“ Kl.: „Keine. Ich habe ja gesagt, dass ich mich nicht erinnern kann.“ Vorhalt: Das Doofe ist, dass damals jeder was damit zu tun haben wollte. Es war anscheinend von ihm schon vorher geplant. Als wir dort in der Nähe waren, hat er mir gesagt, dass ich dort Schmiere stehen sollte. Ich wusste dort, dass es das Haus der Zschäpe war. Ich glaube mich daran erinnern zu können, dass es schief gegangen ist. Kl.: „Ich kann mich nicht direkt erinnern, tut mir leid. Und ich verstehe gerade auch nicht, wieso die Aussage da so steht. Ich versteh’s auch nicht.“ Götzl: „Haben sie die Aussage durchgelesen?“ Kl.: „Bestimmt, also weiß ich nicht. Ja, bestimmt.“ Götzl: „Haben Sie in Erinnerung, ob Sie was unterschrieben haben?“ Kl.: „Ich denke schon, da muss man doch unterschreiben.“ Vorhalt: Ich kann mich nicht erinnern, dass er mit irgendwelchen Gegenständen rausgekommen ist. Kl.: „Wenn es so war. Ich kann mich nicht erinnern, was da genau war. [phon.] Ich weiß ungefähr, wo Frau Zschäpe da unten gewohnt hat. Ich weiß, dass ich mit Carsten viel Zeit verbracht habe und dass ich bestimmt ja gesagt hätte zu so einer Aktion, aber …“ [der Zeuge bricht seine Äußerung ab.]Götzl: „Wir werden jetzt die Mittagspause einlegen bis 13:00 Uhr.“

Um 13:05 Uhr geht es weiter. Götzl: „Wir waren bei Ihrer Vernehmung, 20.06.2013. Gibt es von Ihrer Seite noch irgendwelche Ergänzungen?“ Kl.: „Ja auf jeden Fall. Ich hatte jetzt eine Stunde Zeit, um das alles mal setzen zu lassen. Und es sind ein paar Sachen, wo ich jetzt mehr verstehe, was ich vorhin nicht verstanden hatte. Das mit der Journalistin, das war so: Ich hatte einem Anruf bekommen in der Schweiz und hatte gebeten, dass sie mich nochmal anruft. Und sie hat mich nochmal angerufen und mich gefragt, ob ich ein bisschen was über Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe erzählen kann und ich habe das verneint. Und ich habe auch gesagt, dass ich ausgestiegen war und dass ich nicht möchte, dass das in der Presse breitgetreten wird. Und dann diese Aussage mit dieser Reporterin vorhin. Mir sind ein paar Sachen nun klar geworden. Also erstmal das mit dem Einbruch: Ich kann mich derzeit nicht daran erinnern, ja oder nein kann ich nicht sagen. Ich wusste aber in der Vernehmung, dass diese Aussage zu diesem Sachverhalt vom Carsten kommt und das ist für mich plausibel. Ich kann mich halt ganz schwer erinnern an diese Zeit. Und dann hatte ich das Tuscheln über die Drei in der Szene im Kopf. Natürlich wurde da getuschelt, dass sie auf der Flucht waren. Es war halt …“

Kl. schweigt kurz und fährt dann fort: „… also es war nicht nur Getuschel, als es um die Bombenattrappe auf dem Theatervorplatz ging, sondern auch: die sind untergetaucht. Und ich hatte auch irgendwann mal das Wort Afrika gehört, aber das war ja nun nicht so. Das mit der Reporterin, ich glaube, das habe ich auch bei der Polizei gesagt, dass ich für den Carsten, also falls das wirklich so ist, dass er diese Waffe besorgt hat, ich finde das so traurig für sein Leben, weil das nicht so ein Mensch ist. Ich hatte das auch erwähnt, dass ich froh war, dass ich da nicht so drin hänge. Das hätte damals jedem passieren können, man hat damals einen unüberlegten Blödsinn gemacht und dann ist das Leben versaut. [phon.] Das habe ich auch der Reporterin gesagt, dass ich da glücklich bin, dass ich nichts weiß.“ Götzl: „Haben Sie Informationen zu Herrn Schultze und Waffe, von damals?“ Kl.: „Nein.“ Götzl: „Was meinen Sie mit der Formulierung: ‚Das ist nicht so ein Mensch‘?“ Kl.: „Das ist kein schlechter Mensch. Ich habe ihn in der Zeit nach dem Outen besser kennengelernt und das ist kein böser Mensch.“ Götzl: „Was meinen Sie damit?“ Kl.: „Es geht ja hier um was, was grausam ist. Und ihm traue ich so was nicht zu. Ich traue ihm auch nicht zu, dass er wusste, wenn das so war, dass was passiert.“

Götzl: „Stichwort Tuscheln. War von den dreien jetzt vor dem Verschwinden die Rede in Bezug auf Bomben?“ Kl.: „Nein, ich habe zum allerersten Mal von den dreien erfahren durch die Medien nach dem Theaterplatzding, nachdem sie schon auf der Flucht waren. Und da war das schon in aller Munde.“ Götzl: „Sagt Ihnen der Name Frank Wu. was?“ Kl.: „Ja, ich glaube, ist das nicht Schmaler oder so?“ Götzl: „Zurück zu dieser Vernehmung.“ Vorhalt: Gab es in der rechten Szene des öfteren Schlägereien mit der linksextremen Szene? – Ja, man hat schon öfters von Schlägereien mit Linken gehört. Die rechte Szene, damals in Jena, wie auch die linke Szene, war sehr gewaltbereit. Götzl: „Haben Sie das so gesagt?“ Kl.: „Ich denke schon, das würde ich heute genauso sagen. Und alle extremen Gruppen, ob sie nun links oder rechts waren, es war halt schon aggressiv. Ich habe viel von Schlägereien gehört von noch früher, die frühen Neunziger. Und auf Demonstrationen pöbelt man sich an. Wären da keine Polizisten gewesen, hätte es da sicher Schlägereien gegeben.“

Götzl: „Waren Sie mal an Schlägereien beteiligt?“ Kl.: „Wahrscheinlich Endhaltestelle Winzerla“ Götzl: „Wahrscheinlich?“ Kl.: „Ich kann mich halt nicht erinnern. Ich war schon vor der Skinheadszene ein ziemlich aggressiver Junge gewesen und bin in jede Keilerei verwickelt gewesen, schon in der Schule. Ich hatte einfach so ein aggressives Potenzial. Ich war bestimmt mal in ein Handgemenge verwickelt. Aber es kam nicht, dass ich wüsste zu irgendwelchen großen Ausschreitungen. Bei der Endhaltestelle, das wurde in meiner Vernehmung geschildert, da ging’s ja richtig hart her. Wenn ich das so höre, da wird mir ja auch schlecht. Ich kann das mit meinem jetzigen Wesen auch null vereinbaren.“

Götzl: „Eine Nachfrage zu heute Vormittag: Zu Herrn Wohlleben hatten Sie berichtet, das er auf Sie zugekommen wäre und Vorwürfe gemacht hätte. Da bin ich mir nicht sicher, Sie richtig verstanden zu haben. War das ein Konzert gegen rechts?“ Kl.: „Ist richtig.“ RA Klemke: „Der Zeuge hat nicht von Vorhaltungen des Herrn Wohlleben gesprochen, sondern dass Herr Wohlleben eine Spitze fallen gelassen hat.“ Götzl fragt Kl.: „Sie waren ja in der rechten Szene, wie kam es zu der Situation?“ Kl.: „Da war ich ja schon lange ausgestiegen und ich habe ihn einfach getroffen. Und da kam dann halt so eine Spitze. Das ist so das, woran ich mich so ein bissel erinnern kann. So Sprüche wie: ‚Vergiss deine Wurzeln nicht.‘ Die genauen Wortlaute kann ich auch nicht mehr sagen. Aber es war nicht so, dass jemand auf mich gewartet hat und mir Prügel angedroht hat, weil ich ausgestiegen bin. Es kamen nur Spitzen. Ich hatte ja mit den Leuten eh nichts mehr zu tun zum Glück.“ Vorhalt: Ich kann mich noch an eine Begebenheit erinnern. Ich habe mit meiner Band ein Konzert gegen einen rechten Aufzug gegeben. Da kam Wohlleben und sagte, dass er das nicht in Ordnung findet. Kl.: „Er hat das nicht für gut geheißen. Er war halt immer noch aktiv in der rechten Szene. Was da genau für eine rechte Veranstaltung war, weiß ich nicht.“

Götzl: Wann ordnen Sie das zeitlich ein?“ Kl.: „2004 oder 2005.“ Vorhalt: Vielleicht 2003. Kl.: „Das kann auch sein.“ Vorhalt: Ich war da auch überrascht, dass Wohlleben auf mich zukam und das anprangerte. Kl.: „Ja.“ Götzl: „Haben Sie das Wort ‚anprangerte‘ verwendet in der Vernehmung?“ Kl.: „Wenn es so da steht, ja. Er wird sich nicht positiv geäußert haben. Ist ja klar, dass wenn da jemand, der mal in der rechten Szene war, 2003 ein Konzert gegen Rechts macht, dann ist das natürlich nicht gerne gesehen.“ Vorhalt: Bedroht hat mich Wohlleben nicht. Er hatte immer so eine bestimmte, aber pseudo-freundliche Art. Götzl: „Haben Sie das so angegeben?“ Kl.: „Wahrscheinlich, ja.“ Götzl: „Was ist damit gemeint?“ Kl.: „Ich würd’s wahrscheinlich jetzt genauso wieder formulieren. Eine bestimmte, aber genauso …“ Kl. schweigt kurz und sagt dann: „… also ich weiß nicht, ich habe ihn nie so als Person so richtig gesehen, deswegen vielleicht dieses Pseudo-Freundliche, ich kann es nicht so richtig beschreiben. Ich habe ihn wahrscheinlich nicht als allernettesten Menschen auf Erden empfunden. Das war bestimmt ein Bezug auf dieses Gespräch am Anti-Rechts-Konzert. Dieses Bild habe ich im Kopf, dass wir uns begegnet sind und er hat ein bisschen gegrinst und gesagt, dass das nicht in Ordnung ist oder irgendwie so.“

Vorhalt: Versuchen Sie Ralf Wohlleben zu beschreiben. – Als Mensch war er mir sehr unangenehm, er hat es sehr genossen eine Führungsrolle einzunehmen. Götzl: „Können Sie sich erinnern, ob Sie das so angegeben haben?“ Kl.: „Nicht wirklich. Aber wenn ich ihn jetzt beschreiben müsste: das kommt schon hin. Ich habe ihn nie als allerliebsten Menschen empfunden.“ Götzl: „Beschreiben Sie ihn doch mal, wie Sie ihn kennengelernt haben.“ Kl.: „Es ist schon alles gesagt. Wir waren auch nicht die dicksten Freunde auf der Welt. Waren halt in einer Clique, Bande, diese rechte Clique da. Da war er halt immer jemand, vor dem ich halt Respekt hatte, aber nicht auf menschlicher Ebene, sondern auf dieser hierarchischen Ebene. Eingeschüchtert will ich auch nicht sagen, aber ich war halt jünger und unerfahrener. Vielleicht eine Person, zu der man irgendwie aufschauen kann. [phon.] Aber wie gesagt, rein menschlich nicht so sehr. Eher als, weiß ich nicht.“ Götzl: „Das sind Negativformulierungen: ‚menschlich nicht so sehr‘.“ Kl.: „Es gab halt menschlich nicht so eine tiefe Ebene, die man mit einem guten Freund hat, das meine ich damit. Ich sage ja auch nicht, dass es ein übelst grausamer Mensch war, der den ganzen Tag um sich geschlagen hat und Leute angeschrien hat.“

Götzl: „Negativumschreibungen sind immer schwierig. Ist Ihnen ansonsten etwas aufgefallen, Verhalten, Vorfälle, Besonderheiten in Bezug auf Herrn Wohlleben, seine Persönlichkeit?“ Kl.: „Eigentlich nicht.“ Götzl: „Dann muss ich Ihnen Stellen vorhalten und nachfragen: ‚Als Mensch war er mir sehr unangenehm‘.“ Kl.: „Hatte ich gerade schon gesagt. Es gibt eine tiefe menschliche Ebene für mich. Und es gibt eine andere Ebene, wo man halt kommuniziert und miteinander klarkommt.“ Vorhalt: Er wirkte schon freundlich, aber auf eine hinterlistige Art. Kl.: „Er hat immer so was Verschmitztes gehabt, so ein verschmitztes Grinsen. Ich bin da nie durchgedrungen, zu realisieren, was das wirklich für ein Mensch ist.“ Vorhalt: Ich schätze ihn nicht als Schlägertyp ein. Er delegiert gerne. Aufgrund des jetzigen Medienwissens ist es schwierig einzuschätzen. Ich glaube, dass er alles mit Hintergedanken macht und berechnend ist, eine Machtperson, aber das ist schwierig, weil ich ihn nicht leiden kann. Kl.: „Ja, kein Schlägertyp, auch nicht von der Statur her und ich habe ihn auch nicht erlebt so. Und, ähm, das meine ich auch mit verschmitzt, er ist ein cleverer Typ, und dass er viel mit Kalkül macht, klar.“ Götzl: „Welches Medienwissen sprechen Sie an?“ Kl.: „Dass er vor Gericht steht wegen dieser Sachen, das beeinflusst einen auch.“

Götzl: „‚Dass er alles mit Hintergedanken macht und berechnend ist‘. An welche Umstände knüpfen Sie an?“ Kl.: „Keine Umstände. Ich schätze ihn so ein, dass er ein intelligenter, kalkulierender Mensch ist, aber das ist nur meine persönliche Einschätzung.“ [phon.] Götzl: „Waren Sie mal auf einer Kirmes in Stadtroda?“ Kl.: „Kann mich nicht erinnern.“ Götzl: „Kennen Sie Stadtroda?“ Kl.: „Ja.“ Vorhalt aus einer Vernehmung von Carsten Schultze: Wir sind nachts in Winzerla angekommen, im Winzerclub, wir kamen von der Kirmes in Stadtroda, ich meine mit zwei Autos. Der Jimmy kam und sagte, ich wurde gerade an der Haltestelle als Scheißnazi beschimpft. [phon.] Kl.: „Ich glaube, es geht jetzt um die Situation an der Endhaltestelle. Ich habe das schon mal vorgelesen bekommen. Ich kann mich leider nicht erinnern. Mir sagt auch der Name Jimmy was, aber ….“ [der Zeuge bricht seine Äußerung ab.]Vorhalt: Er kam von da und auf einmal sind alle los. Man geht so runter und ich sehe, dass rechts der Sven Kl. angefangen hat auf einen einzuschlagen und der andere ist losgerannt und der Ralf Wohlleben ist dem hinterhergerannt. [phon.] Kl.: „Das wurde mir schon mal vorgelesen. Ich kann mich nicht erinnern, aber ich würde es auch nicht verneinen.“ Kl. schweigt etwas und sagt dann: „Es ist nicht schön so was zu hören über sich selbst.“ Götzl: „Was meinen Sie damit. Haben Sie da irgendeine Erinnerung?“ Kl.: „Ich habe da keine Erinnerung daran. Aber ich schließe es nicht aus, dass es passiert ist. Wie soll ich das denn sonst sagen?“

RA Klemke: „Ja, Herr Kl., Sie erwähnten heute, dass Sie schon mal von der Polizei befragt wurden. Der Vorsitzende hielt Ihnen 2013 vor und Sie waren erstaunt, weil Sie meinten, es sei erst ein Jahr her.“ Kl.: „Ja.“ Klemke: „Sind Sie einmal vernommen worden oder mehrfach?“ Kl.: „Wegen dieser Sache? Einmal.“ Klemke: „Da sind Sie sicher?“ Kl.: „Ich denke schon, ja.“ Klemke: „Okay. Nach meiner Kenntnis sollen Sie noch ein weiteres Mal vernommen worden sein, auch im Jahre 2013. Sagt Ihnen das was?“ Kl.: „Nein.“ Klemke: „Das soll im Herbst gewesen sein. Kommt Ihnen da eine Erinnerung?“ Kl.: „Nein.“ Klemke: „Ende Oktober 2013?“ Kl.: „Ich wurde nur einmal verhört von der Polizei.“ Klemke: „Ausweislich des Protokolls dieser Vernehmung soll es diese Vernehmung gewesen sein, als Ihnen da eine längere Passage aus der Aussage von Herrn Schultze vorgelesen worden sein soll. Vorhin sagten Sie auch auf den Vorhalt mit Kirmes Stadtroda, das sei Ihnen vorgelesen worden. Ausweislich der Akten war das bei der zweiten Vernehmung.“ Kl.: „Ich kann mich tatsächlich nur an eine Vernehmung erinnern.“

Im Folgenden befragt Klemke den Zeugen zu dessen Drogenkonsum. Der Zeuge gibt u.a. an, dass der über drei, vier Jahre viel konsumiert habe und deshalb mit vielleicht 21, 22 Jahren in Behandlung gewesen sei. Klemke: „Haben sie auch mal mit Carsten Schultze zusammen konsumiert?“ Kl.: „Ich habe mal mit Carsten Schultze einen Joint geraucht.“ Klemke: „Wann war das?“ Kl:.“ Weiß ich nicht, muss wohl schon, ich habe anscheinend schon konsumiert und er hat es auch nicht mehr so ernst genommen mit seiner politischen Einstellung. Vielleicht 2002, ich weiß es nicht.“ Klemke: „Habe ich Sie richtig verstanden, dass Carsten Schultze zu diesem Zeitpunkt noch in der rechten Szene drin war?“ Kl.: „Ich glaube. Aber das ist ja kein Prozess, der an einem Tag stattfindet, da auszusteigen, normalerweise. Ich weiß es nicht, ob er da noch in der rechen Szene war.“ Klemke: „Und Sie selbst?“ Kl.: „Wahrscheinlich auch nicht. Vielleicht war es auch zu Beginn von dem Ausstieg, ich kann mich nicht mehr dran erinnern.“ Klemke: „War das das einzige Mal, dass Sie mit Carsten Schultze Drogen konsumiert haben, oder kam das mehrfach vor?“ Kl.: „Ich glaube schon, ja.“ Klemke: „Sie sagten heute, dass Ihr Kontakt zu Carsten Schultze um die 2000er Wende abgerissen sei. Was meinen Sie mit 2000er Wende?“Kl.: „Ich meine so 2001, 2002. Ich weiß gar nicht ob es dran lag, dass ich auch weggezogen war. Ich kann mich ganz schlecht erinnern.“ Klemke: „Bevor dieser Kontakt abriss, waren Sie da beide schon aus der rechten Szene ausgestiegen?“ Kl.:“ Kann ich nicht genau sagen. Ich weiß auch nicht, ob wir zeitgleich ausgestiegen sind. Ich kann’s nicht sagen.“ Klemke: „Sie sagten, ab 2007 hatten Sie wieder Kontakt. Wie oft?“ Kl.: „Weiß gar nicht, ob er da schon in Düsseldorf gewohnt hat. Also nicht so oft, aber intensiv.“ Klemke: „Was heißt das?“ Kl.: „Ja, es hat einen ja was verbunden: Dass man mal in der rechten Szene war und jetzt nicht mehr.“

Klemke: „Wie oft?“ [phon.] Kl.: „Wenn er schon in Düsseldorf war, habe ich ihn vielleicht alle paar Monate gesehen.“ Klemke: „Bei welchen Gelegenheiten?“ Kl.: „Uns verbindet ja auch die Freundschaft zu Christine.“ [Siehe zu Christine Ha. Protokoll zum 188. Verhandlungstag.] Klemke: „Verband Sie auch die Freundschaft zum Cannabis?“ Kl.: „Ich glaube nicht. Ich weiß es nicht, keine Ahnung. Aber es kann eigentlich gar nicht sein, denn nach der Entzugsklinik habe ich nie wieder was angerührt.“ Klemke sagt, Kl. habe angegeben, er sei nach dem Ausstieg oft mit Carsten Schultze zusammen gewesen. [phon.] Kl:. „Nein, nicht oft, aber intensiver.“ [phon.] Klemke: „Wie ist man intensiver mit jemandem zusammen?“ Kl.: „Wenn man mit jemand richtig gut befreundet ist und auf der gleichen Welle schwimmt, dann ist das schon intensiver als wenn man mit jemand in der Clique die gemeinsame politische Einstellung teilt. Auch von seinem Outing habe ich früh erfahren und das vertraut man ja nicht jedem an. Ich hatte das Gefühl, dass er endlich nun sein Leben leben kann. Es ist ja auch doof das immer für sich zu behalten.“ Klemke: „Also sie meinen mit ‚intensiv‘ nicht die Häufigkeit, sondern die Qualität?“ Kl.: „Ich war dann einfach gern mit ihm zusammen.“ Klemke: „Vorher nicht?“ Kl.: „Doch, aber in der rechten Szene ist es eben eher so hierarchisch, das kann man schwer beschreiben. Man schaut zu Leuten auf und hat Respekt. Das ist was anderes als eine tiefe Freundschaft. Bei der Armee bin ich auch nicht gerne mit jemand zusammen, aber respektiere ihn auch, bei der Arbeit auch.“

Klemke: „Wie hat sich denn diese Hierarchie ausgedrückt, gab es da Fahnenappelle, Befehlsketten.“ Kl.: „Nein, die Hierarchien haben sich allein ergeben durchs Alter und wer mehr Führung übernommen hat, wer sich mehr für die ganze Bewegung halt engagiert hat oder so was. Mich hatte zu dem Zeitpunkt ganz viel diese Band interessiert, deswegen weiß ich gar nicht, ob ich als Skinhead galt, da wurde ja unterschieden zwischen Skinheads und Scheitel. Die Skinheads galten eher als das Laufvolk.“ Klemke fragt, warum Kl. zu Schultze aufgeblickt habe. Kl.: „Weil er länger engagiert war und ein bisschen älter war. Und das bedeutet in der Hierarchie: höher als ich. Deswegen kam danach eine ganz andere Beziehung zustande, die hatte dann nichts mehr mit einer Hierarchie zu tun, sondern dass man sich auf gleicher Höhe als Mensch begegnen kann.“

Klemke: „Hat denn Carsten Schultze, bevor Sie auf gleicher Ebene sich begegnet sind, hat er Sie davor spüren lassen, dass er politisch mehr engagiert sei?“ Kl.: „Ich habe halt nicht so viel gemacht und er hat sich halt sehr reingehangen. Ich wollte da auch immer mitmachen, aber, keine Ahnung.“ Klemke: „Haben Sie eine Erinnerung daran, ob Sie sich mal dahingehend geäußert haben in Zusammenhang mit Herrn Schultze zum Stichwort Führungspersönlichkeit?“ Kl.: „Können Sie die Frage wiederholen?“ Kl.: „Haben Sie im Zusammenhang mit Carsten Schultze mal den Terminus Führungspersönlichkeit verwendet?“ Kl.: „Bestimmt. War er auch.“ Klemke: „Was meinen Sie damit?“ Kl.: „Es gab viele, die zu ihm aufgeschaut haben und er hat es verstanden, damit umzugehen und, zum Beispiel beim Flugblätter erstellen, Aufgaben zu verteilen.“ Klemke: „Viele haben zu Herrn Schultze aufgeschaut, was bedeutet das konkret?“ Kl.: „Die rechte Szene bestand dann auch aus Jüngeren, klar. Und die haben dann schon aufgeschaut. Er war ja auch in der JN gewesen.“

Klemke: „Zu Jimmy: Können Sie mit dem noch was verbinden?“ Kl.: „Jimmy, so ein Skinhead, auch aus diesem Kreis. Ich habe den, glaube ich, nicht so ernst genommen.“ Klemke: „Aus welchem Kreis?“ Kl.: „Na ja, aus der rechten Szene da.“ Klemke: „War das ein einheitlicher Verband, das verstehe ich nicht?“ Kl.: „Ich rede von mehreren Leuten, die zusammentreffen und die gleiche politische Einstellung haben, in dem Fall eine rechte, nationalistische Einstellung. Und man trifft sich nicht mit Leuten mit linker Einstellung, sondern mit Leuten, die die gleiche Einstellung haben.“ Klemke: „Sie sagten, dass Sie und Schultze später auf gleicher Höhe waren. Welchen Zeitraum meinen Sie damit?“ Kl.: „Nach dem Ausstieg, als er in Düsseldorf gewohnt hat. Bei ihm war klar, er ist nicht mehr in der rechten Szene und bei mir war klar, ich bin nicht mehr in der rechten Szene.“

Klemke: „Okay. Sie sagten heute, Sie könnten sich noch an eine Vernehmung bei der Polizei erinnern. Wissen Sie, mit wieviel Personen Sie damals gesprochen haben?“ Kl.: „Ich glaube, es waren zwei Beamte.“ Klemke: „Welchen Geschlechts?“ Kl.: „Männer.“ Klemke: „Haben die Ihnen gesagt, von welcher Dienststelle sie seien?“ Kl.: „Bundespolizei, die Dienststelle weiß ich nicht mehr. Nicht von der Polizei Jena, sondern von irgendwo anders her. Vielleicht Bundeskriminalpolizei.“ Klemke: „Stichwort Bundeskriminalamt, sagt Ihnen das was?“ Kl.: „Wahrscheinlich waren sie vom Bundeskriminalamt, es war Bundeskriminalpolizei.“ Klemke: „Wo hat die Vernehmung stattgefunden?“ Kl.: „Auf der Polizeidienststelle in Jena.“ Klemke: „In welchem Verfahren wurden Sie da angehört?“ Kl.: „Es ging um genau das gleiche: Schlägerei Winzerla Endhaltestelle.“ Klemke: „Nein, ob man Ihnen gesagt hat, im Rahmen welches Verfahrens gegen welchen Beschuldigten?“ Kl.: „Das weiß ich nicht, aber es ging um dieses NSU halt.“ Klemke sagt, dass ausweislich des Protokolls dieses Verfahren gegen Unbekannt geführt worden sei: „Haben Sie da eine Erinnerung dran?“ Kl.: „Nein.“ Klemke: „Wissen Sie, was der Person oder den Personen vorgeworfen wurde, was für ein Verdacht bestand?“ Kl.: „Wahrscheinlich eine Schlägerei, Körperverletzung.“ Klemke: „Hier steht ‚Unterstützung einer terroristischen Vereinigung u. a.‘ und dann in Klammern ‚NSU‚. Haben Sie daran eine Erinnerung?“ Kl.: „Ich kann mich daran nicht erinnern.“

Klemke fragt, ob Kl. mitgeteilt worden sei, aufgrund welcher Erkenntnisse. [phon.] Kl.: „Das weiß ich nicht.“ Klemke: „Laut Protokoll soll Ihnen gesagt worden sein: ‚Hintergrund ist eine Aussage des Carsten Schultze vor dem OLG, wonach es in Jena zu einer Schlägerei mit Linksextremisten an einer Bushaltestelle in Jena gekommen sei‘.“ Kl.: „Das sagt mir was.“ Klemke: „Welche Erinnerung konkret?“ Kl.: „Dass ich dort sitze, weil Carsten ausgesagt hat, dass es eine Schlägerei an einer Bushaltestelle gab oder gibt, wo ich mitgemacht haben soll.“ Klemke: „Haben Sie in Erinnerung, ob noch die Beteiligung weitere Personen Ihnen gegenüber eröffnet wurde?“ Kl.: „Nee, glaube ich nicht.“

Klemke: „Hier heißt es: ‚Schultze gab dazu an, dass der Angeklagte Wohlleben einen der erheblich verletzt haben soll.'“ Kl.: „Weiß ich nicht, darauf habe ich wahrscheinlich nicht geachtet.“ Klemke: „Ich halte Ihnen nochmal zur Eröffnung des Beweisthemas vor, dass Ihnen damals gesagt worden sein soll: ‚An dieser Situation sollen auch Sie beteiligt gewesen sein.‘ Haben Sie in Erinnerung, dass der Vorhalt in Zusammenhang mit Äußerungen Schultzes gekommen ist?“ Kl.: „Ich kann mich nicht genau erinnern, was mir im Einzelnen vorgehalten worden ist.“ Klemke: „Sie haben heute gesagt, Sie könnten es nicht ausschließen, dass es diesen Vorfall gegeben habe. Können Sie sich überhaupt an irgendeine konkrete Schlägerei zwischen Angehörigen der rechten und linken Szene erinnern, an der Sie selbst beteiligt waren?“ Kl.: „Nein, nicht konkret.“ Klemke: „Also nicht an zwanzig und sie können es nur nicht sortieren und zuordnen, an gar keine Schlägerei, an der Sie beteiligt waren?“ Kl.: „Nein, es tut mir leid.“ Klemke: „Waren Sie denn mal Zeuge, nicht Beteiligter, einer Schlägerei zwischen links und rechts?“ Kl.: „Auch nicht.“ Klemke: „Können Sie sich noch erinnern, was Sie insoweit ausgesagt haben damals?“ Kl.: „Wahrscheinlich nicht.“ Klemke: „Was heißt wahrscheinlich?“ Kl.: „Ich kann mich an diese Zeugenaussage nicht wortwörtlich erinnern. Ich habe keine Ahnung.“

Klemke: „Dort sollen Sie auf Frage ‚Gab es in der rechten Szene des öfteren Schlägereien mit der linksextremen Szene‘ geantwortet haben: ‚Ja, man hat schon öfters von Schlägereien mit Linken gehört.'“ Kl.: „Das würde ich auch jetzt so beantworten, ja.“ Klemke: „Heute sagen Sie: Es kann so gewesen sein, weil es sich plausibel anhört. Aber wissen Sie, ob Sie damals, 2013, dasselbe ausgesagt haben, sich ebenfalls auf eine fehlende Erinnerung berufen haben?“ Kl.: „Da kann ich mich auch nicht erinnern.“ Klemke: „Sie sagten damals ‚ich habe mich nicht an einer Schlägerei beteiligt‘. Heute sagten Sie, Ihnen seien Bilder von der Endhaltestelle gekommen. Und nun frage ich Sie: Kamen auch Bilder von der Auseinandersetzung selbst?“ Kl.: „Ich weiß, dass wir oft an dieser Haltestelle waren, aber ich kann mich da nicht direkt dran erinnern.“ Klemke: „Wie kommt es dann, dass Sie damals eine Beteiligung an so einer Schlägerei ausgeschlossen haben: ‚ich habe mich nie beteiligt‘?“ Kl.: „Ich glaube nicht, dass ich das so gesagt habe. Ich hätte das nie ausgeschlossen, weil ich kann es ja nicht sagen.“

Klemke: „Ich hatte Ihnen vorgelesen, was Ihnen mitgeteilt wurde, was der Herr Schultze angegeben haben soll. Hat man Ihnen noch weitere Schilderungen vorgehalten.“ Kl.: „Ich kann mich nicht mehr erinnern. Ich weiß nur noch, dass mir Fotos vorgelegt wurden. Aber weitere Vorhaltungen wurden mir nicht gemacht.“ Vorhalt: Mit dabei sollen Ralf Wohlleben, Carsten Schultze und eine Person Schmaler gewesen sein. Dem Zeugen wird eine kurze Schilderung des Sachverhalts vorgetragen. Klemke: „Können Sie sich jetzt erinnern?“ Kl.: „Weiß ich nicht. Irgendwie wurde mir mitgeteilt, was da passiert ist, weil ich wusste ja nicht mehr. Aber ich glaube nicht, dass die da mehr ins Detail gegangen sind. Denn was will dann noch jemand mit meiner Aussage. [phon.] Ich weiß es nicht.“

Klemke: „Sie sagten vorhin, Sie hätten schon damals in dieser Vernehmung gesagt, dass Sie sich nicht erinnern können.“ Kl.: „Ja.“ Klemke: „Oder haben Sie das eventuell später bekundet?“ Kl.: „Ich konnte mich damals nicht erinnern. Ich habe da lange drüber nachgedacht. Mir kommen da einfach keine Bilder im Kopf zu dieser Schlägerei.“ Klemke: „Ich habe Sie nach einer zweiten Vernehmung gefragt, 28.10.2013.“ Kl.: „Wie gesagt, das glaube ich nicht, ich hatte nur eine Vernehmung.“ Klemke: „Mit dem Glauben ist das so eine Sache. Da soll Ihnen ausweislich des Protokolls ein längerer Vorhalt gemacht worden sein aus der Vernehmung Schultze, wörtliche Angaben Schultze.“ Kl.: „Ich kann mich tatsächlich nur an eine Vernehmung erinnern und ich bin mir sicher, dass ich das nicht vergessen würde. Man hat ja nicht jeden Tag damit zu tun, das ist schon einprägsam. Ich kann mich nicht an eine zweite Vernehmung erinnern.“

Klemke: „Damals soll Ihnen ein längerer Vorhalt gemacht worden sein, eine ganze DIN A4-Seite und dann heißt es: ‚Herr Schultze ist sich sehr sicher gewesen bzgl. Ihrer Beteiligung an der Schlägerei.‘ Können Sie sich jetzt dran erinnern?“ Kl.: „Ich kann mich nur an eine Vernehmung erinnern.“ Klemke: „Sie sollen aber dabei gewesen sein. Sie sollen geantwortet haben: ‚Das muss ich erst mal kurz sacken lassen. Das kann schon sein. Wir waren damals anders unterwegs, das ist echt herb … Es dämmert ein bisschen mit einer Schlägerei, vielleicht verdrängt … Ich schließe nicht aus, dass damals so was war, kann mich aber nicht an den genauen Sachverhalt erinnern.'“ Kl: „Das klingt schon sehr nach mir. Aber ich hatte doch nur eine Vernehmung.“ Klemke: „Klang das vorher – ‚ich habe mich nie an so einer Schlägerei beteiligt‘ – nicht nach Ihnen?“ Kl.: „Ich glaube nicht, dass ich das so gesagt habe.“ Klemke: „Warum nicht?“ Kl.: „Zum wiederholten Mal sage ich das jetzt: Ich war damals sehr sehr verwirrt im Kopf. Ich traue mir Schlägereien zu der Zeit zu. Deswegen sage ich: Ich kann mich nicht erinnern. Aber ich sage nicht: Es war definitiv nicht so.“ Klemke: „Aber Sie sagten auch, Sie können sich an gar keine Schlägerei mehr erinnern.“ Kl.: „Richtig. Aber ich weiß, dass ich mich damals auch geprügelt habe, und ich kann nicht ausschließen, dass die Schlägereien nur in der Schule stattgefunden haben und ich erinnere mich, wie gesagt, eigentlich nur an eine Vernehmung.“ Götzl: „Ich denke, wir machen mal eine Pause bis 45.“

Um 14:50 Uhr geht es weiter. Klemke macht einen Vorhalt aus dem Vernehmungsprotokoll vom 20.06.2013. Vorhalt: Gab es in der rechten Szene damals früher des öfteren Schlägereien mit der linksextremen Szene? – Ja, man hat schon öfters von Schlägereien mit Linken gehört. Die rechte Szene war damals schon sehr gewaltbereit. Klemke: „Und handschriftlich ist eingefügt: ‚Wie auch die linke Szene.‘ Und dann etwas was aussieht wie ‚Kl.‘ Was haben Sie denn mitbekommen von der Gewaltbereitschaft der linken Szene?“ Kl.: „Ich war ja auch an ein paar Demonstrationen mitbeteiligt und jeder, der das beobachten konnte, weiß, dass beide Seiten ziemlich extrem waren, aggressiv, gewaltbereit halt.“ Klemke: „Ihre Einschätzung: Hätte die Polizei nicht dazwischen gestanden, hätte es Schlägereien gegeben?“ [phon.] Kl.: „Natürlich, ja.“ Klemke: „Abgesehen von den Versammlungen unter freiem Himmel, haben Sie sonst was wahrgenommen, was Sie veranlasst von einer Gewaltbereitschaft der linken Szene zu sprechen?“ Kl.: „Ich weiß auf jeden Fall, – ich weiß nicht, ob das vom Ralf Wohlleben war – irgendein Auto wurde mal kaputt gemacht. Ich glaube die beiden Seiten nehmen sich nicht so viel oder nahmen sich nicht soviel mit Gewaltbereitschaft und Aggression.“ Klemke: „Ich frage aber nach konkreten Anhaltspunkten.“ Kl.: „Es gab da auf jeden Fall ein Auto, wo die Scheiben eingeworfen wurden.“ Klemke: „Das ist das einzige, was Sie erinnern an Gewaltausübung?“ Kl.: „Ich denke doch.“

Klemke: „Und das mit den Demos?“ Kl.: „Ja, ich kann mich nicht erinnern, dass ich persönlich angegriffen wurde von Linken oder so was.“ Klemke: „Sie sagten ja auch, dass Sie sich an Schlägereien mit Linken nicht erinnern könnten heute.“ Kl.: „Ja.“ Klemke: „Gab es denn Auseinandersetzungen der rechten Szene in Jena mit Ausländern?“ Kl.: „Nicht dass ich wüsste und da weiß ich ziemlich sicher für mich: Ich hatte nie eine Schlägerei mit Ausländern.“ Klemke: „Haben Sie sonst irgendwas mitbekommen, Auseinandersetzungen oder Angriffe von Angehörigen der rechten Szene in Jena gegenüber Ausländern?“ Kl. „Tatsächlich nicht, auch wenn man es anders vermuten würde, tatsächlich nicht.“ Klemke: „Ist Ihnen nie was zur Kenntnis gekommen?“ Kl.: „Vielleicht gab es solche Fälle, aber ich weiß davon nichts.“

Wohlleben-Verteidigerin RAin Schneiders: „Wie häufig hatten Sie mit Herrn Wohlleben Kontakt als Sie im gleichen Haus wohnten?“ Kl.: „Es war nicht so, dass man jeden Tag zusammen Kaffee getrunken hat. Ich weiß nicht, ob das nicht relativ spät war. Nicht so häufig, obwohl man im gleichen Haus wohnte.“ Schneiders: „Wie haben die Kontakte stattgefunden: Im Flur? Haben Sie was unternommen, zusammen Veranstaltungen besucht?“ Kl.: „Ich erinnere mich noch, dass, als er noch nicht in meinem Haus gewohnt hat, da hat man sich bei ihm getroffen, bei ihm zu Hause. Und natürlich hat man Veranstaltungen und Demos zusammen besucht, das war ja schon eine Clique.“ Schneiders: „Gab es auch Unterhaltungen zwischen Ihnen beiden, haben Sie noch Erinnerungen, über irgendein Thema?“ Kl.: „Was mit der rechten Szene zu tun hat? Natürlich haben wir uns unterhalten.“ Schneiders: „Ja, über was denn?“ Kl.: „Daran kann ich mich jetzt tatsächlich nicht erinnern.“ Schneiders: „Gar keine Erinnerung mehr?“ Kl.: „Irgendwas Spezielles, keine Ahnung, nein.“ Schneiders: „Die gemeinsame politische Einstellung, haben Sie sich mit Wohlleben mal darüber unterhalten?“ Kl.: „Bestimmt. Aber auch daran erinnere ich mich nicht.“

Schneiders: „Wie war denn Ihre politische Einstellung?“ Kl. schweigt eine Weile, dann sagt er: „Na, ich war damals halt, ich würde es als nationalistisch bezeichnen. Aber das ist schwer zu sagen, weil ich kann damit überhaupt nix mehr anfangen. Kann ich, ehrlich gesagt, auch nicht mehr sagen. Ich kann mich jetzt null damit identifizieren und jetzt nicht sagen, was mich damals geritten hat, so was zu glauben oder zu denken.“ Schneiders: „Vorhin sagten Sie, Herr Schultze habe sich in die Politik reingehangen. Was meinen Sie mit ‚reingehangen‘?“ Kl.: „Ach so. Dass man viel dazu macht, aktiv ist.“ Schneiders: „Was haben Sie wahrgenommen?“ Kl.: „Dass man Flugblätter gestaltet.“ Schneiders: „Er selbst?“ Kl.: „Weiß nicht. Wenn es ums Verteilen ging, wahrscheinlich eher.“ Schneiders: „Was heißt wahrscheinlich?“ Kl.: „Es ist echt schwer, sich an diese Zeit zu erinnern, vor 15, 17 Jahren.“

Schneiders: „Können Sie sich erinnern, ob Carsten Schultze Funktionen übernommen hat?“ Kl.: „Ich habe vorher erwähnt, dass er JN irgendwas gemacht hat, aber weiß nicht genau.“ [phon.] Schneiders: „Haben Sie aus Gesprächen mit Carsten Schultze mal wahrgenommen, dass er Positionen und Funktionen eingenommen hat, hat er was berichtet?“ Kl.: „Nicht wirklich. Aber wenn jemand auf einer Demo einen Ordner gemacht hat, dann hat man ja schon zu jemand aufgesehen. Von solchen Kategorien spreche ich.“ Schneiders. „Haben Sie mal mitbekommen, dass er eine Demo angemeldet hat, einen Vortrag gehalten hat?“ Kl.: „Nicht dass ich wüsste.“ Schneiders: „Wie ist Ihr Kontakt zu Tina Schr.“ [heute Ha., siehe 188. Verhandlungstag]Kl.: „Derzeit gar kein Kontakt mehr. Aber bis vor ein paar Jahren noch ziemlich regelmäßig, als sie noch in Jena gewohnt hat. Sie ist mit meinem besten Freund verheiratet gewesen.“ Schneiders: „Haben Sie mitbekommen, dass Sie hier als Zeugin war?“ Kl.: „Ja.“ Schneiders: „Haben Sie mit Ihr danach gesprochen?“ Kl.: „Nein, danach nicht mehr.“ Schneiders: „Und vorher?“ Kl.: „Ich wusste irgendwann, dass sie aussagen muss. Und das war für mich immer so: Muss ich dann auch aussagen? Das ist nicht schön, diese alten Sachen, die man abgelegt hat, zu sehen, diese ganze Rechte.“

Schneiders: „Vorhin sagten Sie, es seien Ihnen Bilder von der Endhaltestelle gekommen. Können Sie nochmal beschreiben, wie dieser Wendekreis ausgesehen hat?“ Kl.: „Eine Steinüberdachung und die Schienen.“ [phon.] Schneiders: „War da eine Bebauung in dem Wendekreis?“ Kl.: „Das kann sein, dass da ein Stromhaus oder so war. Ich kann mich an die Dimension gar nicht mehr erinnern, weiß gar nicht, ob es diese Haltestelle noch gibt.“ Schneiders: „Erinnern Sie sich an ein Holzhäuschen im Wendekreis?“ Kl.: „Ich habe das als den Imbiss interpretiert.“ Schneiders: „Ich frage explizit nach: Im Wendekreis?“ Kl.: „Wenn die Holzhütte gemeint ist, die ist nicht im Wendekreis.“

Klemke: „Gerade haben Sie gesagt, dass Sie Ihre damalige politische Einstellung als nationalistisch bezeichnen würden. Was meinen Sie damit?“ Kl.: “ Das weiß ich nicht. Ich war verblendet und blöd.“ Klemke: „Ich habe nicht nach Ihrem Geisteszustand gefragt, sondern nach Inhalten, was Sie als nationalistisch bezeichnen.“ Kl.: „Muss ich die Frage beantworten?“ Klemke: „Wenn nicht, müssten Sie sie beanstanden gegenüber dem Vorsitzenden. Das kam aus Ihrem Munde.“ Kl.: „Dass ich mich derzeit null damit identifizieren kann, was damals in meinem Kopf vorging. [phon.] Ich weiß es nicht mehr. Mein Geisteszustand war damals nicht so in Ordnung wie heute.“ Klemke: „Was war damals Inhalt, nachdem Sie sich selbst als nationalistisch bezeichnet haben?“ [phon.] Kl. schweigt etwas, dann fragt er Götzl: „Kann ich diese Frage beanstanden?“ Götzl: „Ja, aber ich halte sie für zulässig.“ Kl.: „Ich muss da drüber nachdenken, ich weiß es nicht. Ich kann das nicht sagen weil ich da null dran glaube.“ Kl. schweigt kurz, dann sagt er: „Das ist irgendwie …“ Kl. bricht den Satz ab, nach einer Pause sagt er: „Ich kann es gerade wirklich nicht sagen, ich weiß es nicht.“ Klemke: „Warum haben Sie nicht gesagt: ‚Ich habe eine sozialistische Einstellung gehabt oder eine liberale‘? Sie haben ’nationalistisch‘ gesagt, selbstgewählt.“ Kl.: „Man wollte halt irgendwie dieses System verändern und hat dran geglaubt, so wie die Demokratie gerade läuft, funktioniert’s nicht, es funktioniert wahrscheinlich nur mit einer nationalistisch orientierten Partei. Das was die Linken auch wollten, aber anders.“

Klemke: „Das müssen Sie erläutern.“ Kl.: „Dass es viele Gruppen gibt, die das System abschaffen wollen, ersetzen wollen, wo die halt dran glauben. Aber es ist nicht so, dass ich ausländerfeindlich war. Ich hätte mich nicht beteiligt, ein Asylheim anzuzünden. Ich habe halt irgendwie Halt gesucht und den habe ich gefunden in der dann doch breit gefächerten Anschauung.“ Klemke: „Was meinen Sie?“ Kl.: „Ich bin ja kein Politikwissenschaftler [phon.]. Es geht ja nicht nur um ‚Deutschland den Deutschen‘, sondern es ist ja schon breiter gefächerter. Aber ich weiß es nicht.“ Klemke: „Gab es unterschiedliche Auffassungen in der rechten Szene?“ Kl.: „Mit Sicherheit. Wenn ich Ihnen sage, dass ich das mit dem ‚Deutschland den Deutschen‘ und ‚Ausländer raus‘ nicht vertreten habe, dann hat der nächste es bestimmt anders gedacht. Aber wenn ich es doch jetzt nicht mehr glaube.“ Klemke: „Sie sollen nur sagen, was ihr damaliges Verständnis von ’nationalistisch‘ war.“ Kl.: „Keine Ahnung.“ [phon.] Klemke: „Sie haben berichtet, dass Sie auf Demos gefahren sind. Bei wieviel Demos oder Versammlungen waren Sie denn?“ Kl.: „Vielleicht vier, fünf, ich weiß auch das nicht mehr so richtig.“ Kl.: „Welcher Anlass?“ Kl.: „Eine war in Leipzig, Erste-Mai-Demonstration. Ansonsten weiß ich nicht.“ Klemke: „Gab es bei der Erste-Mai-Demo in Leipzig irgendein Motto?“ Kl.:“ Kann ich mich nicht erinnern.“ Klemke: „Bei den anderen Aufzügen der vier bis fünf, die Motti der anderen?“ Kl.: „Keine Ahnung, weiß ich nicht.“ Klemke: „An politische Inhalte haben Sie überhaupt keine Erinnerung?“ Kl.:“ Nicht wirklich.“

Danach fragt der Angeklagte Carsten Schultze selber. Schultze: „Hallo Sven!“ Kl.: „Hallo.“ Schultze: „Ich wollt dich fragen, ob es auch zwischen Wohlleben und mir eine Hierarchie gab?“ Kl.: „Ich denke ja. Du willst sicher wissen ob Du höher standst oder niedriger.“ Schultze: „Einfach zur Hierarchie.“ Kl.: „Ich denke, dass Ralf eine Stufe höher stand als du, allein schon wegen dem Alter und der ganzen Erfahrung.“ Schultze: „Weißt du noch, wer NPD-Kreisvorsitzender war?“ Kl.: „Weiß nicht, war es Ralf?“ Schultze: „Kannst Du Dich noch an eine Dorfschlägerei auf einer Kirmes erinnern, wo sich Barney wegen einer Mütze mit einer 88 drauf geprügelt hat?“ Kl.: „Nein.“ Schultze: „Zu meinem Coming-out. Hast Du Wahrnehmungen gemacht, wie die Leute in der Szene reagiert haben?“ Kl.: „Nicht wirklich, weil ich ja auch nicht mehr viel damit zu tun hatte.“ Schultze: „In der Band?“ Kl.: „Eigentlich nicht, nee.“ Schultze: „Okay, danke.“

NK-Vertreterin RAin Başay: „Kennen Sie auch André Kapke?“ Kl.: „Ja.“ Başay: „Woher?“ Kl.: „Aus Jena, aus der rechten Szene.“ Başay „Kennen Sie ?“ Kl.: „Nein.“ Başay: „Können Sie sich an Begebenheiten erinnern, ob Sie mit Kapke mal nach Coburg gefahren sind?“ Kl.. „Nicht wirklich.“ Başay macht einen Vorhalt, dessen Quelle zunächst nicht klar ist: Peter Dehoust wurde von Kapke und Kl. aufgesucht. Grund für die Fahrt war die Übergabe von 1.800 DM von Peter Dehoust an die ZP. Die Geldübergabe kam am 05.08.1998 zustande und sollte für die Beschaffung von Reisepässen für die Flüchtigen verwendet werden. [phon.] Başay: „Haben Sie da noch eine Erinnerung dran?“ Kl.: „Nein.“ Başay fragt, ob Kl. jetzt noch eine Erinnerung habe, ob es da um die Beschaffung von Reisepässen ging. Kl.: „Nein.“ Başay: „Können Sie sich im Zusammenhang mit Herrn Kapke erinnern, ob es mal um Unterschlagung von Geld ging?“ Klemke: „Es ist nicht klar, welcher Kapke gemeint ist.“ Başay: „Der André Kapke.“ Kl.: „Auch da nein.“ Vorhalt: Kapke, der seit 11.2.99 NPD-Mitglied gewesen sei, habe sich auch aus der KS zurückgezogen. Gegenüber -Kameraden beklage er sich, dass Wohlleben nur noch über ihn hetze. Der Vorwurf, er habe Gelder für die Drei unterschlagen, stimme nicht … Carsten Schultze, Jana A. und Torte hätten bereits alle Kontakte zu ihm abgebrochen. [phon.] Başay: „Kommt Ihnen da eine Erinnerung?“

Klemke: „Ich beanstande den Vorhalt und die Frage, weil ich den Vorhalt nicht für legitim halte. Es müsste schon gesagt werden, um was für ein Dokument es sich hier handelt.“ Başay sagt, das mache doch für den Zeugen keinen Unterschied: „Es handelt sich um einen Vermerk des Verfassungsschutzes.“ Kl.: „Ich kann mich auch daran nicht erinnern. ’99 soll der Herr Kapke ausgetreten sein? Selbst wenn ich mich erinnern könnte, glaube ich das gar nicht.“ Vorhalt: Er habe 2.500 DM an einen Passfälscher gezahlt, der aber keine Pässe geliefert habe … Carsten Schultze, Jana A. und Torte hätten bereits alle Kontakte zu ihm abgebrochen. [phon.] Başay: „Kommt da eine Erinnerung, ob es so eine Begebenheit gab?“ Kl.: „Nee.“ Başay: „Sie sind ja mehrmals danach gefragt worden: ‚Handgemenge‘ oder ‚Auseinandersetzung‘. Aus N26, PDF-Seite 107. Es ist ein Vermerk aus der Akte des LKA Thüringen, da steht über Sie: ‚Sven Kl., Straftaten, 1997 KV gem. 223 StGB. In BS-Vernehmung gibt K an, ausgerastet zu sein, passiert ihm öfter und deshalb schlägt er zu.‘ [phon.] Das hätten Sie gesagt, damals, 1997.“ Kl. schweigt kurz, dann sagt er: „Keine Ahnung.“ Başay: „Ist es denn damals so gewesen, dass Sie öfters ausgerastet sind, dass Sie zugeschlagen haben?“ Kl.: „Ich habe ja schon gesagt, dass ich früher ein aggressives Potenzial hatte und einen Streit nicht mit Worten gelöst hätte. Aber irgendeine KV aus 1997 weiß ich auch nicht. Ich erinnere mich gar nicht an dieses Verfahren, das da war.“

RA Elberling: „Sie sind schon zum Vernehmungsprotokoll der zweiten Vernehmung gefragt worden. Ich würde da gerne zwei Sätze vorlesen.“ Vorhalt: Haben Sie der Vernehmung noch was hinzuzufügen? – Wenn so was stattgefunden hat, dann glaube ich schon, was Carsten Schultze damals erzählt hat. Kl.: „Das klingt nach mir, ja.“ Elberling: „Das heißt, Sie glauben Herrn Schultze?“ Klemke beanstandet die Frage. Elberling: „Aufgrund welcher Grundlage denken Sie, dass es stimmt, was Carsten Schultze gesagt hat?“ Klemke beanstandet wieder, weil das nicht Gegenstand des Zeugenbeweises sei. Elberling: „Ich habe gefragt, aufgrund welcher Tatsachen haben Sie, das so angegeben bei der Polizei.“ Klemke sagt, die Beanstandung habe ihre Berechtigung, da sei kein Wort zurückzunehmen: „Es ändert nichts, in welche Worte ich die Frage fasse. Der Zeuge soll hier Angaben machen zur Glaubwürdigkeit dessen, was ihm als Aussage Schultzes vorgehalten wurde. Diese Frage ist unzulässig.“ Schultzes Verteidiger RA Hösl: „Die Frage ist zulässig, weil sie sich darauf richtet, wie er den Angeklagten Schultze einschätzt, und es ist ausdrücklich nach Tatsachen gefragt worden.“ Klemke: „Das ist Aufgabe des Senats und nicht des Zeugen.“ [phon.] OStA Weingarten: „Rechtsanwalt Elberling hat nach Tatsachen gefragt. Selbstverständlich ist die Frage zulässig. Selbst der Rechtsanwalt Klemke hat heute die tatsächliche Grundlage von Wertungen abgefragt, weil er zum Beispiel wissen wollte vom Zeugen, warum dieser zu Herrn Schultze aufgeschaut habe.“ Elberling: „Die Frage bleibt aufrechterhalten.“ Götzl legt eine Pause ein.

Um 15:45 Uhr geht es weiter. Götzl: „Herr Klemke, Sie wollten noch ergänzen.“ Klemke: „Ich wollte die Beanstandung ergänzen. Es fehlt an der Grundlage für die Anschlussfrage des Dr. Elberling. Herr Elberling hat ja vorgehalten den ersten Satz und gefragt den Zeugen, ob er sich erinnere, so was gesagt zu haben. Der Zeuge sagte, ‚das entspricht meiner Wortwahl‘, aber eine konkrete Erinnerung hatte er nicht. Eine Anschlussfrage hätte eine konkrete Erinnerung vorausgesetzt.“ Im Übrigen sei der Vorhalt hier nur ein Kunstgriff gewesen, um einer Unzulässigkeit zu entkommen, so Klemke. Götzl: „Die Äußerung des Zeugen war so: ‚Klingt nach mir.‘ Und damit ist nicht klar, ob der Zeuge das so ausgesagt hat und dann haben Sie, Herr Dr. Elberling, ein Problem.“ Elberling: „Dann würde ich den Zeugen fragen, was das bedeutet.“ Klemke: „Beanstande ich als Wiederholungsfrage.“ Götzl: „Warten Sie einfach ab.“ Elberling: „Ich hätte vorgeschlagen, den Zeugen zu fragen, was das bedeutet: ‚das klingt nach mir‘.“ Kl.: „Dass es sehr wahrscheinlich ist, dass ich das gesagt habe. Es klingt schon so danach, wenn das so da steht, werde ich das so gesagt haben.“ [phon.]

Elberling: „Mir geht es nicht darum, ob Sie das wörtlich gesagt haben, sondern ob der Inhalt dessen, was ich vorlese, übereinstimmt mit dem, was Sie bei der Polizei gesagt haben: ‚Dann glaube ich schon, dass es stimmt, was der Carsten Schultze erzählt hat‘.“ Kl. „Ja.“ [phon.] Klemke: „Jetzt komme ich zurück auf meine Beanstandung von vorhin: Es geht nicht, durch einen Vorhalt eine unzulässige Frage einzuführen, die sonst ungeeignet wäre. [phon.]“ Elberling: „Es ist etwas anderes, wenn der Zeuge ganz offen gefragt, ‚haben Sie was zu ergänzen‘, von sich aus seine Einschätzung schildert. Nach diesen Tatsachen frage ich und die Grundlage ist, dass der Zeuge das bei der Polizei so angegeben hat. Deswegen halte ich das für zulässig.“ Klemke: „Im Übrigen hat der Zeuge die Frage beantwortet: ‚Höchstwahrscheinlich werde ich das gesagt haben.‘ Das heißt immer noch nicht, dass er die Antwort getätigt hat.“ Elberling: „Seine letzte Antwort war: Ja.“ Klemke: „Ich kann mir natürlich auch rauspicken, was ich hören möchte. Wenn der Zeuge ‚höchstwahrscheinlich‘ sagt, ist das keine sichere Erinnerung. Daran kann ich nicht anknüpfen.“

Elberling: „Meine nächste Frage ist, Herr Kl., auf welche Tatsachen sich diese Aussage stützt.“ Kl.: „Zum einen, dass ich mich zwar nicht erinnern kann, aber dass ich denke, dass ich früher schon so drauf war. Und dann natürlich die Aussage von Carsten Schultze. Ich wüsste nicht, warum er das so aussagen sollte.“ Elberling: „Und noch ein weiterer Satz, wo ich fragen möchte, ob Sie das so wiedergegeben haben: ‚Wenn Wohlleben dabei war, dem würde ich auch zutrauen, dass der auf dem Gesicht rumgesprungen ist und sich damit brüstet. [phon.]'“ Kl.: „Ich weiß es nicht.“ Klemke: „Ich beanstande das, eine ungeeignete Frage.“ Elberling: „Ich kann es abkürzen: Nachdem der Zeuge gerade gesagt hat, ‚ich weiß es nicht‘, nehme ich es zurück, um uns das zu ersparen.“ Der Zeuge wird entlassen. Die Verteidigung Wohlleben sowie mehrere NK-Vertreter_innen behalten sich Erklärungen vor. Der Verhandlungstag endet um 17:02 Uhr.

Das Blog „nsu-nebenklage„: „Der erste Zeuge, der Bruder von THS-Chef André Kapke […] teilte mit, er könne sich an eine solche Schlägerei nicht erinnern. Das bedeutet aber für die Angaben Schultzes schon deshalb wenig, weil der sich alles andere als sicher gewesen war, dass der Zeuge damals beteiligt gewesen sei. Der zweite Zeuge, damals eher Nazi-Skin als „Scheitel“, meinte heute, es könne sehr gut sein, dass es eine solche Schlägerei gab. Eine konkrete Erinnerung hatte er heute nicht mehr – es kamen nur ’so Bilder wieder hoch‘. Insgesamt war seine Erinnerung ohnehin sehr schlecht. Apropos Erinnerung: interessant, wenn auch nicht für das Verfahren relevant, war seine Schilderung dazu, wie für ihn der Konsum von Cannabis den Beginn des ‚Ausstiegs‘ aus der Nazi-Szene bedeutete. Fazit für heute ist, dass die Angaben Schultzes weder bestätigt noch ernsthaft in Zweifel gezogen wurden. Zwei weitere von Schultze genannte Beteiligte sollen in den nächsten Wochen vernommen werden.“
http://www.nsu-nebenklage.de/blog/2016/07/21/21-juli-2016

    » «