An diesem Prozesstag ist der ehemalige Herausgeber des Neonazi-Zines „Fahnenträger“ geladen, dieser hatte 2002 den sog. NSU-Brief samt einer Spende von 500€ erhalten. Bei der Befragung kann er sich an so wenig erinnern, dass energisch nachgehakt wird. Außerdem steht zur Diskussion, ob sich der Zeugenbeistand von Wabra unzulässig in die Vernehmung einmischt.
Zeuge:
- Torsten Wabra (heute Au., ehem. Herausgeber von „Fahnenträger“, NSU-Brief)
Der Verhandlungstag beginnt um 09:50 Uhr. Gehört wird Torsten Wabra, heute Au. [im Folgenden: Wabra]. Der Zeuge erscheint mit seinem Zeugenbeistand RA Dr. Dr. Gueinzius. Götzl sagt, dass es darum gehe, dass Wabra einen so genannten „NSU-Brief“ bekommen haben solle, und fragt, was Wabra dazu berichten könne. Wabra: „Ich habe einen Brief gekriegt, da waren 500 Euro drin und ein Schreiben, und das war’s. Mehr kann ich dazu jetzt nicht berichten.“ Götzl fragt nach einer zeitlichen Einordnung, wie der Brief ausgesehen habe, was der Inhalt gewesen sei. Wabra: „Zeitlich kann ich das schlecht einordnen. Ich würde sagen, 2002. Das war ein A4-Blatt mit Text auf der einen Seite und auf der anderen Seite ein Bild.“ Götzl: „2002, was sind denn die Umstände, an denen Sie 2002 festmachen?“ Wabra: „Das war damals die Euroumstellung und dieser Euroschein, 500 Euro, der war mir neu.“ Götzl: „An wen war dieser Brief adressiert?“ Wabra: „Ich habe damals eine Zeitschrift gehabt und ein eigenes Postfach dafür. Und da dran war das adressiert.“ Götzl: „Um welche Zeitschrift hat es sich gehandelt?“ Wabra: „Fahnenträger hieß die.“ Götzl: „Können Sie uns die Zeitschrift vorstellen?“ Wabra: „Es war so ein kleines, halt.“ [phon.]
Götzl fragt nach Inhalt und Erscheinungshäufigkeit. Wabra: „Erscheinungshäufigkeit war einmal im Jahr und es ging generell um Musik, Bands, die mich halt interessiert haben, künstlerische Sachen.“ Götzl: „Ab wann erschien dann die Zeitschrift?“ Wabra: „Das weiß ich nicht mehr genau.“ Götzl: „Etwa?“ Wabra: „Nee, schwierig, 2000, etwa.“ Götzl: „Welche Funktion hatten Sie?“ Wabra: „Na, das Zusammentragen der Artikel und das Setzen.“ Götzl: „Artikel und Setzen, was bedeutet das?“ Wabra: „Na, das alles zusammentragen und eben in Form bringen.“ Götzl: „Wer hat die Artikel geschrieben?“ Wabra: „Die habe ich geschrieben.“ Götzl: „Sind auch Artikel von anderen Personen bei Ihnen veröffentlicht worden?“ Wabra schweigt eine Weile, dann sagt er: „Ja, von Freunden.“ Götzl: „Wer hat jetzt neben Ihnen an der Zeitschrift gearbeitet?“ Wabra: „Das waren Freunde von mir, die haben da auch mal einen kleinen Artikel oder so geschrieben.“ Götzl: „Von welchem Ort aus ist damals die Zeitschrift erschienen?“ Wabra: „Von Wolfen.“
Götzl: „Zurück zu diesem Brief: War denn im Hinblick auf diese 500 Euro etwas in dem Brief gestanden?“ Wabra: „Da standen keine Forderungen und nichts drin. Überhaupt nichts. An den Inhalt kann ich mich nicht erinnern. Es stand nur drinne, dass, wenn der Empfänger den Brief nicht kriegt, soll der Absender [phon.] das Geld behalten. Das war das einzige, was ich erinnern kann [phon.].“ Auf Nachfrage sagt Wabra: „Der Absender war nicht der richtige Absender. Wenn der Brief zurückgeht, soll der Absender das Geld behalten.“ [phon.] Götzl: „Wer war als Absender angegeben?“ Wabra: „Das war irgendein Verlag, da kann ich mich nicht mehr genau erinnern.“ Götzl: „Aus dem Inhalt dieses Briefes konnten Sie da entnehmen, von wem diese Sendung jetzt kam?“ Wabra: „Nein.“ Götzl: „Zu dem Brief selbst, 500 Euro waren drin und ein zweiseitiges Schreiben, also das beidseitig bedruckte Schreiben. War außerdem noch was enthalten?“ Wabra: „Nein.“ Götzl fragt nach dem Inhalt des Schreibens. Wabra: „Kann ich mich nicht mehr erinnern.“ Götzl: „Bild und Text hatten Sie genannt, wie war das Bild?“ Wabra: „Bunt.“ Götzl: „Ja, und was hat es dargestellt?“ Wabra sagt, er könne sich nicht erinnern. Götzl: „Überhaupt keine Erinnerung?“ Wabra: „Schlecht.“ Götzl: „Was heißt schlecht?“ Wabra: „Das war bunt halt.“ Götzl: „Ja, meine Frage zielte darauf, was dieses Bild dargestellt hat.“ Der Zeuge schweigt.
Götzl: „Was haben Sie mit dem Geld gemacht?“ Wabra: „Ich habe das erstmal eine ganze Weile verwahrt, um nicht in Verantwortung genommen zu werden, weil ich nicht wusste, von wem es ist. [phon.] Um nicht später in eine Verantwortung genommen zu werden, habe ich es eine ganze Weile aufgehoben.“ Götzl: „Und dann?“ Wabra: „Ich habe das Geld verwahrt, damit nicht noch Forderungen an mich gestellt werden, und irgendwann, nach ein paar Jahren, habe ich es halt ausgegeben.“ Götzl: „Haben Sie sonst des weiteren Briefe, Geldspenden, Geld überhaupt bekommen?“ Wabra: „Nein.“ Götzl: „Haben Sie eigentlich mal versucht nachzuforschen, woher das Geld kommt, haben Sie irgendwelche Recherchen angestellt?“ Wabra verneint das. Götzl: „Hat sich denn jetzt aus dem Schreiben ergeben, was der Zweck ist dieser Übersendung von 500 Euro an Sie?“ Wabra: „Nein, kann ich mich nicht mehr erinnern.“
Götzl: „Nochmal nachgefragt zur Erscheinung der Zeitschrift: Sie sagten, einmal im Jahr. Können Sie uns sagen, welche Verbreitung, Auflage bestand?“ Wabra: „Etwa 300 Exemplare, Verbreitung war halt im privaten Bereich und dann wurden Bestellungen übers Postfach halt getätigt, ja.“ Götzl: „Welche Vertriebswege hatten Sie da, stellen Sie das im Zusammenhang dar, wie sind die Exemplare verkauft worden und welcher Einzugsbereich?“ Wabra: „Das Postfach war für jeden anschreibbar. Die Briefe kamen aus Deutschland. Ansonsten viel im regionalen Bereich.“ Götzl: „Hatten Sie Abnehmer für irgendwelche größeren Mengen?“ Wabra: „Kann ich mich nicht mehr erinnern.“ Götzl: „Wie lange haben Sie die Zeitschrift rausgegeben?“ Wabra: „Kann ich mich nicht mehr sicher, nee, bin ich nicht mehr sicher. Ich glaube 2002. 2002.“ Götzl: „Ja, was meinen Sie damit? Bis 2002?“ Wabra: „Ich habe 2002 das Heft eingestellt und hatte dann 2007, 2008 nochmal zwei Ausgaben veröffentlicht.“ Götzl: „Und zwischen 2002 und 2007?“ Wabra: „Da gar nicht. Da war ich nicht tätig. Da habe ich in der Richtung gar nichts unternommen.“ Götzl: „Hat jemand anderes die Zeitschrift rausgegeben?“ Wabra: „Kurzzeitig ja.“ Götzl: „Wer?“ Wabra: „Ein Freund von mir.“ Götzl: „Wer?“ Wabra: „David Ku. heißt der.“
Götzl: „Gab es in der Zeit irgendwelche Geldzahlungen an die Zeitschrift?“ Wabra sagt, das wisse er nicht. Götzl: „Hat denn der Begriff NSU im Zusammenhang mit dem Brief eine Rolle gespielt? Sie haben mir geschildert, dass Sie einen Brief bekommen hätten mit 500 Euro und Sie könnten sich nicht erinnern, wie der Inhalt ist und das Bild aussieht. Stellen Sie jetzt einen Zusammenhang mit dem Begriff NSU her oder nicht?“ Wabra: „Ich kann mich erinnern, dass da irgendwas stand, aber ich kann mich nicht mehr genau an den Wortlaut und den Zusammenhang erinnern.“ Götzl: „Wenn Sie sagen, Sie könnten sich erinnern, dass da was stand. Was meinen Sie mit diesem ‚Was‘? Haben Sie da keine Erinnerung?“ Wabra schüttelt den Kopf. Götzl: „Keine?“ Wabra verneint wieder. Götzl: „Was hat denn eigentlich die Zeitschrift gekostet?“ Wabra: „Wenige Mark.“ Götzl: „Sie sprechen jetzt von Mark.“ Wabra: „Später dann Euro. Es war zwei Euro oder drei Mark, so in dem Rahmen hat sich das bewegt.“ Götzl: „Haben Sie denn das, was Sie als Bild bezeichnen, zu irgendeinem Zeitpunkt später mal gesehen?“ Wabra: „Ich kann mich zu schwer dran erinnern.“ Götzl: „Bitte?“ Wabra: „Es lässt sich zu schwer erinnern.“ Götzl: „Was heißt das?“ Wabra: „Dass ich mich nicht genau erinnern kann, ob ich das noch mal hundertprozentig genau wiedererkennen [phon.] würde.“ Götzl: „Was ist denn aus dem Schreiben geworden?“ Wabra: „Habe ich vernichtet.“ Götzl: „Wann?“ Wabra: „Das kann ich nicht mehr sagen.“ Götzl: „Von der Größenordnung her, ungefähre zeitliche Einordnung, was die Vernichtung anbelangt?“ Wabra: „Nee, aber bestimmt kurze Zeit später.“
Götzl: „Diese Freunde, die Ihnen auch Artikel zur Verfügung gestellt haben, wer war das genau gewesen?“ Wabra: „Das kann ich nicht mehr genau sagen, ist einfach zu lange her.“ Götzl: „Wie viele waren das?“ Wabra: „Kann ich nicht mehr sagen, ist einfach zu lange her.“ Götzl: „Kannten Sie Uwe Böhnhardt oder Uwe Mundlos?“ Wabra: „Nein.“ Götzl: „Frau Zschäpe?“ Wabra: „Nein.“ Götzl: „Sonst einen der Angeklagten?“ Wabra: „Nein.“ Götzl: „Haben Sie das erhaltene Schreiben irgendwem gezeigt?“ Wabra: „Da kann ich mich nicht erinnern.“ Götzl: „Mit irgendjemandem darüber gesprochen?“ Wabra: „Da kann ich mich nicht mehr genau erinnern.“ Götzl: „Gab es irgendwelche Umstände für Sie, Anhaltspunkte, wofür diese Spende sein sollte, aus Ihrer Sicht?“ Wabra: „Keine Ahnung.“
Götzl: „Sind Sie denn mal im Hinblick auf diese Themen von der Polizei befragt worden?“ Wabra: „Vor vier Jahren.“ Götzl: „Haben Sie eine Erinnerung an die Vernehmungssituation?“ Wabra: „Nee.“ Götzl: „Worum ging es da?“ Wabra: „Inwiefern jetzt?“ Götzl: „Nur woran sie sich erinnern, was wissen Sie denn noch?“ Wabra: „Nicht mehr viel. Ich weiß, ich wurde befragt, das war’s.“ Er erinnere sich nicht, was er da gesagt habe, so Wabra. Götzl: „Wo hat die Vernehmung stattgefunden?“ Wabra: „In Wolfen.“ Götzl: „Können Sie es zeitlich näher einordnen?“ Wabra: „Oktober.“ Götzl: „Wie viele Personen waren anwesend?“ Wabra: „Drei glaube ich, oder zwei.“ [phon.] Götzl: „Wie lang hat das etwa gedauert?“ Wabra: „Weiß ich nicht mehr.“ Götzl: „Gar keine Vorstellung mehr?“ Wabra: „Nein.“ Götzl: „Ja, worum ging es jetzt bei der Vernehmung?“ Nach kurzem Schweigen sagt Wabra: „Um den Brief.“ Götzl: „Ja, inwiefern ging es um den Brief?“ Wabra: „Na, auch um Aussehen und wann ich ihn erhalten habe.“ Götzl: „Noch weitere Themen?“ Wabra: „Kann ich mich nicht erinnern.“ Götzl: „Ging es um die Zeitschrift, den Fahnenträger?“ Wabra: „Möglich.“ Götzl: „Zu dem Brief, was haben Sie damals angegeben, bei der Vernehmung?“ Wabra: „Das kann ich nicht mehr sagen, daran kann ich mich nicht mehr erinnern.“ Götzl: „Ja, was ist Ihnen sonst noch zur Vernehmungssituation, Ablauf, wie es dazu kam, Inhalt, was ist Ihnen sonst noch in Erinnerung?“ Wabra schweigt etwas, dann sagt er: „Nichts jetzt, was erwähnenswert ist.“ Götzl: „Wo hat denn die Vernehmung stattgefunden?“ Wabra: „In Wolfen, im Polizeirevier.“
Götzl: „Wie kam es dazu, dass Sie dort auch waren?“ Wabra: „Ich hatte eine Hausdurchsuchung, da waren mehrere Polizisten bei mir zu Hause und wir sind von dort aus, von meiner Wohnung aus, gleich ins Polizeirevier gefahren.“ Götzl: „Wonach wurde gesucht?“ Wabra: „Nach dem Brief.“ Götzl: „Wurde was gefunden bei Ihnen?“ Wabra: „Nein.“ Götzl: „Von welcher Stelle wurde diese Vernehmung durchgeführt?“ Wabra: „Weiß ich nicht. Polizeibeamte.“ Götzl: „Ja, waren es die örtlichen oder eine übergeordnete Dienststelle?“ Wabra: „Ich bin zu der Hausdurchsuchung später gekommen, weil ich auf Arbeit war, meine Frau hat mich angerufen und ich bin nach Hause gefahren. Da wurde sich mir nicht wirklich vorgestellt.“ Götzl: „Ja, können Sie sich erinnern, was wurde Ihnen gesagt, weswegen Sie vernommen werden?“ Wabra: „Na, wegen dem Brief.“ Götzl: „Wurde Ihnen gesagt, gegen wen ermittelt wurde und wegen welcher Vorwürfe?“ Wabra: „Kann sein, da kann ich mich jetzt nicht mehr genau erinnern.“ [phon.]
Götzl: „Wissen Sie, ob Sie damals zu Ihrer eigenen Biografie gefragt wurden, ob das ein Thema war, der Vernehmung?“ Wabra: „Na, die Personalien und ein bisschen der Werdelauf.“ Götzl: „Personalien und?“ Wabra: „Der Werdelauf, der Werdegang, wo ich gearbeitet habe, Ausbildung und so weiter.“ [phon.] Götzl: „Sie sagten vorhin auf meine Frage, ob die Zeitschrift Fahnenträger angesprochen wurde: ‚möglich‘. An welche Erinnerung knüpfen Sie da an?“ Wabra: „Also, äh, die wurde sicherlich angesprochen, aber ich weiß nicht mehr, in welchem Zusammenhang, in welchem Rahmen.“ Götzl: „Ging es darum, über welchen Zeitraum die Zeitschrift herausgegeben wurde, welche Rolle Sie gespielt haben, waren das die Themen?“ Wabra: „Da kann ich mich nicht mehr so erinnern.“ Götzl: „Haben Sie eigentlich die Vernehmung nochmal durchgelesen?“ Wabra: „Danach? Ja.“ Götzl: „Haben Sie Änderungen vorgenommen?“ Wabra: „Das kann ich nicht mehr sagen.“ Götzl: „Haben Sie die Vernehmung unterschrieben?“ Wabra: „Ja.“ Götzl: „Wie war die Atmosphäre damals gewesen?“ Wabra: „Weiß nicht mehr, keine markante Erinnerung.“ Götzl: „Besonderheiten?“ Wabra: „Nein.“ Götzl sagt, er wolle auf die Vernehmung eingehen, fragt aber zunächst: „Hieß die Zeitschrift jetzt ‚Fahnenträger‘ oder ‚Der Fahnenträger‚?“ Wabra: „Die hieß nur ‚Fahnenträger‘.“
Vorhalt: In welchem Zeitraum waren Sie Herausgeber des Fanzine Fahnenträger? – Von ca. 1998 bis 2001 habe ich die ersten vier Ausgaben produziert. Götzl: „Ist das richtig?“ Wabra: „Ich kann den Zeitraum nicht mehr genau bemessen. Es gibt keinen Anhaltspunkt, dass ich jetzt sagen kann, wann das genau war.“ Götzl: „Bei der Frage ist hier im Protokoll das ‚Der‘ durchgestrichen bei ‚Fahnenträger‘.“ Wabra: „Es gab zwei Hefte. Das eine hieß ‚Der Fahnenträger‘ und eines hieß ‚Fahnenträger‘. Und das wurde nicht von mir gemacht, also ‚Der Fahnenträger‘, sondern von anderen Personen. Und um da Verwechslungen zu vermeiden.“ Götzl: „Haben Sie eine Erinnerung, dass Sie das gestrichen haben?“ Wabra: „An das Streichen nicht mehr hundertprozentig, dass das so war.“ Götzl: „Dass das so war?“ Wabra: „Dass diese Protokolländerung war, daran kann ich mich nicht mehr hundertprozentig so erinnern.“ Götzl: „Es finden sich dann noch weitere Sätze zu dieser Frage.“
Vorhalt: Danach hat das ein Bekannter von mir übernommen, David Ku., Rossdorf in der Nähe von Bitterfeld, die Straße weiß ich nicht. Er hat die Ausgaben 5 und 6 ca. 2002 bis 2004 produziert, die Ausgaben 7 und 8 habe ich dann wieder übernommen. Wabra: „Wie gesagt, die Jahreszahlen kann ich nicht mehr benennen, die Ausgaben 7 und 8, aber ich habe keinen markanten Punkt an dem ich es festmachen kann.“ [phon.] Götzl: „Zu den Ausgaben 5 und 6 steht hier: ‚ca. 2002 bis 2004‘.“ Wabra: „Da kann ich gar nichts zu sagen, weil ich da keinen Einfluss mehr drauf hatte.“ Vorhalt: Wie groß war der Verbreitungsraum des Fahnenträger? – Bundesweit mit einer Auflage von 300. Wabra: „Habe ich ja vorhin schon gesagt.“ Götzl: „Sie sprachen von regional.“ Wabra: „Das Postfach war ja für jeden ansteuerbar, das habe ich ja vorhin schon gesagt.“ Vorhalt: Die Zeitschriften wurden an die Anfrager verschickt. Ca. 3 DM. Wabra bestätigt das. Götzl: „Wie war es zu Eurozeiten?“ Wabra: „So zwei Euro, vielleicht.“
Vorhalt: Wer waren die Abnehmer? – Es gab einen Großabnehmer, V7-Versand aus dem norddeutschen Raum und einen mir nicht namentlich bekannten Versand aus Guben. Wabra: „Ja, aber wie das genau gelaufen ist, kann ich nicht mehr sagen.“ Vorhalt: Diese haben 50 bis 100 Hefte gekauft, sonst gab es kleinere Versände, die 10 bis 20 Hefte abgenommen haben. Wabra: „So genau, das ist einfach zu lange her, dass ich mich da genau erinnern kann.“ Vorhalt: Zusätzlich dazu ca. 15 Bestellungen per Post durch das Postfach. Wabra: „So in etwa.“ Vorhalt: Und an Freunde und Bekannte ca. 10 bis 15 Hefte verkauft. Wabra: „Wie genau das gelaufen ist, da kann ich mich nicht mehr erinnern. Wie gesagt, das ist einfach zu lange her.“
Vorhalt: Erzählen Sie doch mal was zum Erhalt des NSU-Briefes. – Ein brauner DIN A4-Umschlag mit einem Sichtfenster. Als Empfänger meine Postfachadresse vom Fahnenträger. Wabra: „Ja, die Postfachadresse.“ Götzl: „Bzgl. Absender sprachen Sie von einem Verlag.“ Wabra: „Das ist mir nicht mehr bekannt.“ Vorhalt: Absender war der Nation Europa Verlag. Wabra: „Das Verhör ist ja auch schon vier Jahre her, ich weiß das nicht mehr genau.“ Götzl: „Sagt Ihnen der Nation Europa Verlag als solches was?“ Wabra: „Nicht wirklich mehr. Ich kann da jetzt nichts mehr zu sagen, ich habe da jetzt kein klares Bild dazu.“ Götzl: „Ja, kannten Sie den Verlag Nation Europa?“ Wabra: „Ach so.“ Götzl: „Kennen Sie ihn?“ Wabra: „Ja, damals. Aber ich weiß nicht, ob es das noch gibt.“ Götzl: „Woher kannten Sie ihn?“ Wabra: „Kann sein, dass ich da was gelesen habe.“ Vorhalt: Deren Monatsheft kannte ich. Aber ich hatte mit dem Verlag nichts zu tun. Wabra: „Ich habe damals was gelesen. Wenn es das Monatsheft war, dann war das so.“ Vorhalt: Ich habe mich auch gewundert, was die von mir wollen. Frage: Was war im Briefumschlag? – Antwort: Es war ein buntes DIN A4-Blatt, beidseitig bedruckt, auf der einen Seite Text, auf der anderen Seite das NSU-Logo. Wabra: „Ich kann mich da nur noch dunkel erinnern. Ich weiß noch, dass es bunt war, eine Seite Text, eine Seite Bild.“
Götzl: „Ja, haben haben Sie das damals so angegeben bei der Polizei: ‚NSU-Logo‘?“ Wabra: „Das ist vier Jahre her, ich kann mich da nicht mehr genau erinnern.“ Vorhalt: Dort stand etwas von einer Spende. Wabra: „Ja, möglich. Ich kann mich da nicht mehr so erinnern. Das ist einfach schon wirklich lange her. Ich weiß es nicht mehr.“ Vorhalt: Dem Brief lagen 500 Euro bei, heute weiß ich nicht mehr was da sonst so stand, außer dass, falls der Brief nicht an den richtigen Empfänger gegangen ist, der Brief an den Absender gehen sollte und der Absender das Geld behalten solle. Wabra: „Das habe ich ja schon vorher gesagt.“ Vorhalt: Auf der Textseite war noch groß „Nationalsozialistischer Untergrund“ ausgeschrieben. Wabra: „Ich habe das Bild von dem Brief nicht mehr so exakt im Kopf. So extreme Details kann ich jetzt nicht mehr erinnern. [phon.]“ Götzl: „Ja, können Sie sich erinnern, ob auf der Textseite groß ‚Nationalsozialistischer Untergrund‘ ausgeschrieben war?“ Wabra: „Möglich.“ Götzl: „Was heißt das?“ Wabra: „Ich weiß es nicht mehr hundertprozentig genau, kann es nicht mehr genau bestätigen.“
Vorhalt: Wir haben uns im Freundeskreis Gedanken gemacht, wer so viel Geld spenden könnte. Wabra: „Ja, was soll ich dazu sagen?“ Götzl: „Ja, gab es so was, dass Sie sich im Freundeskreis darüber unterhalten haben?“ Wabra: „Das kann sein, dass ich mich mit wem unterhalten habe. Ich kann mich daran nicht mehr erinnern.“ Götzl: „Ja, haben Sie das so angegeben?“ Wabra: „Das ist vielleicht falsch interpretiert worden. Ich weiß es nicht mehr, ich kann mich einfach nicht mehr dran erinnern.“ Vorhalt: 500 Euro sind ja kein kleiner Betrag. Ich hatte Bekannte in einer Burschenschaft. Dort wurde erzählt, dass es ältere Herren gibt, die hin und wieder Geld spenden. Wabra: „Das ist reine Spekulation.“ Götzl: „Ja, haben Sie das damals so angegeben?“ Wabra: „Kann ich jetzt nicht mehr genau sagen.“ Vorhalt: Kannte jemand in Ihrem Bekanntenkreis den NSU? – Nein, niemand hatte das je gehört, keiner wusste, was das war. Götzl: „Sie nicken, was bedeutet das?“ Wabra: „Ja, dass mir das nicht bekannt war.“ Götzl: „Haben Sie sich im Bekanntenkreis darüber unterhalten?“ Wabra: „Das kann sein, es kann sein, aber, wie gesagt, ich kann das alles nicht mehr sagen, es ist zu lange her.“ Götzl: „Haben Sie das gegenüber der Polizei so angegeben?“ Wabra: „Ja.“ Auf Nachfrage sagt Wabra: „Dann werde ich mich wahrscheinlich mit jemand unterhalten haben, aber nicht mehr mit wem, ich kann keinen genauen Angaben zu Personen und Uhrzeit machen.“
Götzl: „Und zum Begriff NSU?“ Wabra: „Wahrscheinlich habe ich das in einem Gespräch mit erwähnt. Aber ich kann mich nicht dran erinnern.“ Vorhalt: Haben Sie danach nochmal etwas von dem NSU gehört? – Nein, gar nicht, erst als das im November 2011 in den Nachrichten auftauchte. Da erkannte ich auch das Logo. Wabra: „Das ist einfach zu lang her, das Verhör. Ich kann nichts mehr genau zu dem Zusammenhang sagen.“ Götzl: „Ja, die Frage ist doch, ob Sie im November 2011 das Logo erkannt haben.“ Wabra: „Vielleicht.“ Götzl: „Was heißt vielleicht?“ Wabra: „Ja, sicherlich.“ Wabra schweigt etwas und fährt dann fort: „Vielleicht war da eine Assoziation an den Brief. Aber ich kann mich nicht mehr genau erinnern. Das ist einfach zu lange her.“ Götzl: „Haben Sie das so angegeben gegenüber der Polizei: ‚Nein gar nicht, erst als das im November 2011 in den Nachrichten auftauchte. Da erkannte ich auch das Logo‘?“ Wabra: „Ich kann das nicht mehr mit hundert Prozent beantworten, ja oder nein.“ [phon.] Götzl: „Haben Sie denn Veränderungen vorgenommen im Protokoll, wenn Sie was für falsch hielten, haben Sie Korrekturen vorgenommen?“ Wabra sagt zunächst nichts, dann: „Weiß ich nicht mehr.“ Götzl: „Ich hatte Ihnen vorher berichtet, dass beispielsweise auf dieser Seite, das Wort ‚es‘ ausgestrichen ist und handschriftlich daneben, ich lese es es als ‚Wabra‘, steht.“ Götzl sagt, bei der Frage nach den Abnehmern sei bei dem Versand aus Guben handschriftlich ein „nicht“ bei „namentlich bekannt“ eingefügt. Götzl: „Haben Sie eine Erinnerung, ob Sie handschriftliche Änderungen vorgenommen haben?“ Wabra: „Nein, kann ich mich jetzt gerade nicht so exakt erinnern.“ Götzl legt eine Pause ein.
Um 11:22 Uhr geht es weiter. Götzl: „Zurück zur Frage, inwiefern Artikel von anderen Personen außer Ihnen im Fahnenträger veröffentlicht wurden. Kannten Sie die jeweiligen Personen?“ Wabra: „Ja, ich weiß, aus dem Freundeskreis, aber wer das genau war, ist zu lange her. Im Prinzip alles Privatkontakt.“ Götzl: „Gab es Personen, die Artikel zugesandt haben, die Sie noch nie gesehen haben?“ Wabra: „Nein.“ Vorhalt: Wer hat den NSU-Brief außer Ihnen noch gesehen? – Ein paar Freunde, die auch nichts damit anfangen konnten. Wabra: „Ich habe ja vorhin schon gesagt, ich kann mich an das Verhör nicht mehr so genau erinnern, um die Aussagen jetzt bestätigen zu können.“
Götzl: „Können Sie sich erinnern, dass Sie nochmal Kontakt zu den Beamten hatten?“ Wabra: „Ich hatte Nachtschicht und ein Beamter hat mich angerufen, da war ich müde und abgespannt. Ich weiß nicht mehr so genau, ich hatte Nachtschicht und dann hatte der mich angerufen.“ [phon.] Götzl: „Worum ging es?“ Wabra: „Er wollte noch was wissen, aber was genau, das kann ich nicht mehr exakt sagen.“ Götzl: „In welchem zeitlichen Abstand zur Vernehmung?“ Wabra: „Ein, zwei Wochen. Aber wie gesagt da war ich völlig übermüdet und gesundheitlich angeschlagen an dem Tag.“ Götzl: „Und wer hat Sie da angerufen, einer von der Vernehmung oder ein anderer?“ Wabra: „Das war, glaube ich, ein Polizist von der Vernehmung.“ Götzl: „Welcher Stelle gehörte der an?“ Wabra: „Ich war an dem Tag nicht so aufnahmefähig, ich weiß es jetzt nicht mehr.“ Götzl: „Sagt Ihnen der Begriff Bundeskriminalamt was?“ Wabra: „Ja, das ist ja ein normaler Begriff. Ich kenne den Begriff.“ Götzl: „Hatten Sie mit Beamten des Bundeskriminalamts mal zu tun? Sie schütteln den Kopf. Hat es bei der Vernehmung eine Rolle gespielt?“ Wabra: „Die Vorstellung der Polizisten bei der Hausdurchsuchung: Ich bin angerufen worden von meiner Frau und die hat gesagt: Hier sind Polizisten, die wollen dich sprechen. Es kann sein, dass das das BKA war. Es war am Handy. Ich kann es nicht mehr sagen, wer das war, BKA, normale Polizei.“
Götzl: „Worauf bezieht sich das?“ [phon.] Wabra: „Ich weiß, dass wo die Hausdurchsuchung war, war ich auf Arbeit, habe einen Anruf bekommen von meiner Frau. Meine Frau hat das Telefon weitergegeben und ich habe mit dem Beamten gesprochen. Ich bin nach Hause gefahren und kann mich nicht erinnern, dass sich mir jemand vorgestellt hat vor Ort.“ Götzl: „Und bei der Vernehmung, über die wir gesprochen haben, waren das Beamte des Bundeskriminalamts?“ Wabra: „Das war auf jeden Fall der Beamte, der sich mir am Telefon vorgestellt hat, der war auf jeden Fall dabei. Ich bin nach Hause gekommen und eine Beamtin stand vor der Tür und hat mich abgefangen. Und da kam der andere gleich auf mich zu.“ Götzl: „Das Telefonat: hier ist der Vermerk eines Herrn We., sagt Ihnen der Name was?“ Wabra: „Ich habe das, glaube ich, hier.“ Götzl: „Was schlagen Sie nach?“ Wabra: „Wir hatten gerade geguckt wegen der Durchsuchungsunterlagen, das Protokoll, und da habe ich den Namen gerade gelesen.“ Götzl: „Konzentrieren Sie sich bitte auf mich. Zurück zum Telefonat: Haben Sie mit Herrn We. telefoniert?“ Wabra: „Das weiß ich nicht mehr. Ich war da nicht so auf der Höhe.“
Vorhalt: Vermerk zum Telefonat mit Torsten Wabra: Rief ich Herrn Wabra an und fragte ihn, ob er den Zeitpunkt des Erhalts des NSU-Briefs näher eingrenzen könnte und welche Personen noch über die Existenz Bescheid wüssten. Götzl: „Können Sie sich erinnern?“ Wabra: „Ich sage ja, das war an einem Tag, wo ich Nachtschicht hatte. Und er hat mich immer wieder, jetzt nicht unter Druck gesetzt, aber der wollte Namen. Und ich war gar nicht richtig wach.“ Götzl: „Ja, haben Sie Namen genannt?“ Wabra: „Ich kann mich nicht mehr erinnern. Ich war völlig übermüdet und kann mich da nicht mehr so genau erinnern.“ Götzl: „Ja, haben Sie eine Erinnerung? Haben Sie Namen genannt?“ Wabra: „Ich weiß es nicht mehr.“ Götzl: „War mal ein zeitliche Eingrenzung Thema?“ Wabra: „Ich glaube, der wollte wissen, wann. Aber ich habe keinen markanten Punkt, an dem ich es festmachen kann.“ Götzl: „Ja, können Sie sich erinnern, ob Sie ihm einen Zeitpunkt genannt haben am Telefon?“ Wabra: „Kann ich mich nicht erinnern.“ Vorhalt: Es sei schon so lange her, so dass er sich an den genauen Zeitpunkt nicht mehr erinnern könne … er vermute jedoch, dass es im Jahr 2002 gewesen sei, da sich in dem Brief als Spende 500 Euro und nicht 500 DM befunden hätten. Wabra: „Das habe ich ja vorher schon gesagt, die Euroumstellung. Der einzige Anhaltspunkt wäre die Euroumstellung.“ Götzl: „Was bedeutet das?“ Wabra: „Dass es in jedem Fall nach 2002 gewesen sein muss.“ Götzl: „Ja, haben Sie das damals bei dem Telefonat geäußert?“ Wabra: „Ich kann mich nur noch bruchstückhaft an das Telefonat erinnern und weiß nicht mehr genau, ob ich das geäußert habe.“
Vorhalt: Konnte sich nur noch dran erinnern, dass es draußen warm gewesen sei, als er den an das Postfach adressierten Brief erhalten habe, also mit Sicherheit nicht im Winter erhalten. Wabra: „Ich kann mich nicht erinnern, dass ich das so gesagt habe.“ Götzl: „Haben Sie eine Erinnerung an die Abholung des Briefes?“ Wabra: „Ich habe mich nur gewundert, dass so viel Geld drinne war. An mehr kann ich mich nicht erinnern. [phon.] Irgendeinen markanten Punkt, so dass ich mich an die Zeit erinnern könnte, gab es nicht.“ Götzl: „Ja, im Hinblick auf die Jahreszeit?“ [phon.] Wabra: „Nein.“ Götzl: „Wissen Sie, ob der Name David Ku. eine Rolle gespielt hat bei dem Telefonat?“ Wabra: „Der Kollege wollte immer Namen, Namen, Namen haben. Er hat mich nicht unter Druck gesetzt, aber vielleicht gedrängt. Und ich weiß nicht, ob mir mal einfach ein Name nur rausgerutscht ist. Ich weiß es einfach nicht mehr.“ Vorhalt: Den NSU-Brief habe er dem David Ku. und dem aus Wolfen verzogenen Sebastian Re. gezeigt. Wabra: „Nicht dass ich wüsste, diese Namen genannt zu haben. Der Kollege war, nicht aggressiv, aber hat mich immer wieder gedrängt, Namen zu nennen, ich war übermüdet, nicht frisch. Ich kann mich nicht erinnern.“
Götzl: „War das ein telefonischer Kontakt mit dem Beamten.“ Wabra: „Ja.“ Götzl hält vor, dass im Vermerk zum Telefonat stehe, dass We. Wabra kurz nach dem ersten Telefonat erneut angerufen und ihm Geburtsort und -tag eines Sebastian Re. genannt habe, um nachzufragen, ob es sich um diesen Sebastian Re. handele. Wabra: „Der hat mich extrem unter Druck gesetzt, er wollte immer wieder Namen haben, Namen Namen.“ Götzl sagt, es gehe ihm um den Umstand „erneuter Anruf“, dann seien es ja zwei Anrufe. Wabra: „Ja, das ist möglich.“ Vorhalt: Er erwiderte, dass er das Geburtsdatum nicht wisse, das aber vom Alter hinkäme. Wabra: „Ich weiß es nicht. Aber das weiß ich noch, dass er, in Anführungsstrichen, aggressiv war und immer wieder: Er will Namen.“ Götzl: „War im Telefonat von Ihrer Mutter die Rede?“ Wabra: „Möglich.“ Götzl: „Was heißt das?“ Wabra: „Er hat Druck gemacht: Er will wissen, wer das noch wissen könnte. Und er hat immer wieder nachgehakt und vielleicht ist mir da auch was rausgerutscht, was ich nicht hätte sagen wollen.“ Wabra sagt, er habe seine Ruhe haben wollen, könne sich nur noch dunkel erinnern und nicht an den genauen Ablauf: „Er hat immer gesagt: Sagen Sie mal, sagen Sie mal! Der hat mich unter Druck gesetzt.“ Götzl: „Ja, haben Sie eine Erinnerung, ob Sie von Ihrer Mutter gesprochen haben?“ Wabra: „Keine klare.“ Götzl: „Was ist Ihre Erinnerung?“ Wabra: „Dass ich was gesagt habe, bloß dass der ’ne Ruhe gibt.“
Dann bittet Götzl Wabra nach vorn und legt ihm das Vernehmungsprotokoll vor. Götzl sagt, es gehe ihm um das Handschriftliche. Wabra: „Das ist meine Unterschrift.“ Götzl: „Und unten auch Ihre?“ [Der Zeuge sagt nichts, vermutlich nickt er.] Götzl: „Und diese Ausstreichungen, haben Sie die auch vorgenommen?“ Wabra: „Stimmt, ja.“ Götzl legt ein weiteres Blatt vor. Götzl: „Hier unten?“ Wabra: „Das ist nicht meine Unterschrift, das kann ich nicht erinnern. Das ist aber nicht meine Schrift.“ Götzl: „Und das Namenskürzel, das daneben steht?“ Wabra: „Das sieht nicht so aus wie meine Unterschrift.“ Götzl legt ein weiteres Blatt vor. Götzl: „Ist das Ihre Handschrift?“ Wabra: „Ja. Ja. Ja.“ Wabra: „Und Ihre Unterschrift, nehme ich an, hier ganz unten?“ Wabra: „Ja.“ Götzl legt ein weiteres Blatt vor. Götzl: „Ist das Ihre Unterschrift?“ Wabra: „Ja.“ Götzl: „KHK We. und KHKin Al., sagt Ihnen das was, haben die sich Ihnen vorgestellt?“ [Der Zeuge sagt nichts, mglw. nickt er.] Götzl: „Hatten Sie in der damaligen Zeit, als Sie den Fahnenträger rausgegeben haben, hatten Sie damals Bezug nach Jena?“ Wabra: „Nein.“ Götzl: „Nach Zwickau? Chemnitz?“ Wabra: „Chemnitz, ich hatte die siebente und achte Ausgabe an den Versand PC-Records geschickt.“ Götzl: „Sind Ihnen da Personen bekannt?“ Wabra: „Nee, das lief alles über Telefon und Schriftverkehr.“
Götzl: „Können Sie mit dem Begriff Thüringer Heimatschutz etwas anfangen [phon.]?“ Wabra: „Nein.“ Götzl: „Mal gehört davon?“ Wabra: „Kann ich mich nicht erinnern.“ Vorhalt: Haben Sie vor November 2011 schon mal was vom THS gehört? – Ich wusste, dass es den gibt, aber hatte nichts mit den Leuten zu tun. Wabra: „Ja, die Existenz war mir sicherlich bekannt [phon.], aber ich habe keine Kontakte gepflegt.“ Dann legt Götzl ein Blatt mit dem NSU-Logo vor. Wabra: „Ich würde behaupten, dass das der Brief war, den ich gekriegt habe.“ Götzl legt ein Blatt vor. [NSU-Brief mit rotem NSU-Logo]. Götzl: „Schauen Sie sich dieses Blatt an, haben Sie so etwas schon gesehen?“ Wabra: „Ich kann mich nicht richtig erinnern. Ja, hundertprozentig erinnern kann ich mich nicht mehr.“ Götzl: „Was bedeutet das?“ Wabra: „Dass ich mir nicht sicher bin, ob ich das schon mal gesehen habe. Ich kann keine garantierte Aussage dazu treffen.“ Wabra nimmt wieder Platz. Götzl: „Sagt Ihnen der Weisse Wolf etwas?“ Wabra: „Vom Namen her, das war auch ein Heft. Vom Namen her kenne ich es in jedem Fall.“ Götzl: „In welchem Zusammenhang?“ Wabra: „Das war halt auch ein Heft. Götzl: „Wussten Sie, wer den Weissen Wolf rausgibt?“ Wabra: „Nein.“ Götzl: „Hatten Sie Kontakt?“ Wabra: „Nein.“ Götzl: „Sie sagten, Sie hätten diese 500 Euro verbraucht. Für welche Zwecke?“ Wabra: „Privat. Ich habe das ja eine ganze Weile aufgehoben. Wäre jemand gekommen und hätte Forderungen gestellt, hätte ich es zurückgegeben. Und nach längerer Zeit habe ich es verbraucht, privat.“
OStA Weingarten: „Ihnen ist das polizeiliche Vernehmungsprotokoll in weiten Teilen vorgehalten worden. Wenn ich dran denke, was Sie initial hier vor dem Vorhalt gesagt haben, scheint Ihre Erinnerung damals präziser gewesen zu sein. Habe Sie da eine Erklärung dafür?“ Wabra: „Das ist ja schon lange her. Ich habe an die Vernehmung keine Erinnerung mehr und weiß nicht, warum das so ist. [phon.]“ Weingarten: „Zum Zeitpunkt der Vernehmung lag der Brief etwa 10 Jahre zurück und Sie kannten sogar noch das Aussehen des Briefumschlags. Jetzt liegt der Sachverhalt 14 Jahre zurück und Sie wissen fast gar nichts mehr. Hat sich irgendwas zugetragen in den letzten vier Jahren?“ Wabra: „Das mit dem Aussehen des Briefumschlags, also ich habe da keine Erklärung für.“ Weingarten: „Haben Sie in den letzten vier Jahren Unfälle gehabt, Betäubungsmittel genommen, Alkohol in nennenswertem Umfang?“ Wabra: „Nein.“ Weingarten: „Ich frage Sie ganz offen: Haben Sie heute Erinnerungslücken vorgetäuscht?“ Wabra: „Nein.“
Weingarten: „Würden Sie mal erklären, was Sie unter dem Begriff Freund verstehen?“ Wabra: „Verstehe ich nicht, das müssen Sie genau definieren.“ Weingarten: „Sie haben den Begriff verwendet. Wann verwenden Sie für einen Mitmenschen den Begriff Freund?“ Wabra: „Das ist eine Ermessenssache. Bei manchen Menschen merkt man, das ist ein Freund, bei welchen verwendet man den Begriff zu schnell, zu locker vielleicht. Dann denkt man, jemand ist Freund und dann doch nicht. Ist ein schwebender Begriff.“ [phon.] Weingarten: „Dann unterscheiden Sie bitte mal zwischen dem Wort Freund und Bekannter.“ Wabra: „Der Bekannte ist weitläufiger.“ Weingarten: „Haben Sie noch eine Erinnerung daran, wie viele Personen Sie im Jahre 2002 als Freunde bezeichnen würden?“ Wabra: „Nein. Ach, entschuldigen Sie, wie?“ Weingarten: „Wie viele Personen Sie 2002 zum Kreis Ihrer Freunde zählten.“ Wabra sagt, er könne sich nicht erinnern. Weingarten: „Und Bekannte?“ Wabra: „Kann ich nichts dazu sagen, tut mir leid. Was soll ich sagen? Wie viel Leute ich kannte?“ Weingarten: „Ja.“ Wabra: „Das weiß ich nicht mehr.“ Weingarten: „An wie viele Freunde und Bekannte haben Sie Ihre Hefte verkauft?“ Wabra: „Das weiß ich nicht mehr.“
Vorhalt: An Freunde und Bekannte 10 bis 15 Hefte. Wabra: „Ich habe schon vorher gesagt, ich kann mich an das Verhör nicht mehr erinnern.“ Weingarten: „Viel wichtiger: Stimmt denn die Angabe: ‚An Freunde und Bekannte 10 bis 15 Hefte verkauft‘?“ Wabra: „Die Zeit ist zu lange her, dass ich mich genau erinnern kann. Ich weiß nicht, in welchem Zusammenhang die Aussage kommt: 10 bis 15.“ Weingarten: „Haben Sie sich bei der Polizei bemüht, die Wahrheit zu sagen?“ Wabra: „Ja.“ Weingarten: „Auch bei dem Telefonat?“ Wabra: „Da habe ich erklärt, dass ich da völlig übermüdet war und gesundheitlich angeschlagen. Ich habe versucht, immer die Wahrheit zu sagen, aber ich kann nicht genau dazu stehen, dass ich in dem Zustand noch bei klarem Verstand war.“ Weingarten: „Der Vorsitzende fragte Sie: ‚War in dem Telefonat auch von Ihrer Mutter die Rede?‘ Und Sie antworteten: ‚Möglich, der war aggressiv und wollte immer Namen wissen und da ist mir was rausgerutscht, was ich gar nicht sagen wollte.‘ Hatten Sie auch bei dem Telefonat die Absicht die Wahrheit zu sagen?“ Wabra: „Na klar.“ Weingarten: „Wie erklärt sich dann hier: ‚Da ist mir vielleicht was rausgerutscht, was ich nicht hatte sagen wollen“?“ Wabra: „Das bezog sich auf meine Mutter.“ Weingarten: „Also gab es Dinge, die Sie nicht sagen wollten?“ Wabra: „Nein, dass ich den Namen meiner Mutter genannt habe.“ [phon.] Weingarten: „Ja, und?“ Wabra: „Also in dem Zusammenhang …“ Wabra unterbricht kurz und spricht dann weiter: „Der Polizist wollte Namen. Und dass mir der Name meiner Mutter rausgerutscht ist, war, dass ich vielleicht einfach nur einen Namen gesagt hatte.“ Weingarten: „Also es war nicht so, dass Sie in Vernehmung und oder Telefonat Umstände zurückhalten wollten?“ Wabra: „Nein.“ Weingarten: „Und Sie wollten auch niemanden falsch belasten?“ Wabra: „Nein.“
Weingarten: „Ich halte mal vor aus meinen Mitschriften von heute früh. Der Vorsitzende: ‚Haben Sie über Ihre Mutter gesprochen?‘ – ‚Ich habe keine klare Erinnerung.‘ Und: ‚Ich habe dann was gesagt, damit Ruhe ist.'“ Wabra: „Genau, weil der Polizist mich bedrängt hatte, der wollte Namen.“ Weingarten: „Aber Ihr Motiv etwas zu sagen: Damit Ruhe ist.“ Wabra: „Es kommt auf die Situation an.“ [phon.] Weingarten: „Haben Sie Namen genannt, nur dass Ruhe ist, oder haben Sie die Wahrheit gesagt?“ [phon.] Wabra: „Das kann ich schlecht beurteilen, aber weil der Polizist mich unter Druck gesetzt hat.“ [phon.] Weingarten: „Haben Sie die Wahrheit gesagt? Oder wie wollen Sie den Satz vollenden?“ Wabra: „Kann ich jetzt nicht mehr genau erklären.“ Weingarten; „Was können Sie nicht mehr erklären? Das, was Sie vor einer Viertelstunde hier gesagt haben?“ Wabra: „Doch, klar.“ Weingarten sagt, Wabra solle das dann erklären, und fragt, ob die Namen der Wahrheit entsprochen hätten oder ob Wabra die Namen genannt habe, damit Ruhe ist: „Mit welcher Innentendenz haben Sie die Namen genannt?“ Wohlleben-Verteidiger RA Klemke beanstandet: „Das Telefonat ist keine Vernehmung, da sollte er schon trennen und den Zeugen nicht unter Druck setzen.“
Weingarten: „Die Frage, ob er die Wahrheit sagen wollte beim Telefonat, hat doch mit dem strafprozessualen Charakter des Telefonats gar nichts zu tun. Es geht um die Innentendenz des Zeugen.“ Klemke sagt, Weingarten habe nach der Vernehmung gefragt, die Nennung der Namen sei aber im Telefonat erfolgt. Weingarten: „Dann frage ich neu: Bei Vernehmung und Telefonat: Wollten Sie die Wahrheit sagen oder die Unwahrheit? Oder wollten Sie das nur sagen, damit Ruhe ist?“ Zeugenbeistand Gueinzius: „Diese Frage beantwortet mein Mandant nicht.“ Richter Götzl reagiert ungehalten: „Entschuldigen Sie, warum können Sie was dazu sagen? Sie wurden doch gar nicht gefragt!“ Gueinzius: „Das ist eine Fangfrage, nach Motiv und Absicht.“ Götzl: „Warum sollen Fragen nach Absichten und Motiven nicht zulässig sein? Erklären Sie es!“ Gueinzius: „Ich bleibe dabei.“ Götzl: „Dann Bitte um Stellungnahmen.“ Weingarten: „Ich kann nicht erkennen, warum die Frage nach der Motivation des Zeugen bei der Polizeivernehmung unsachlich sein soll, geschweige denn unzulässig.“ Götzl: „Soll die Beanstandung aufrecht gehalten werden?“ Gueinzius: „Ja.“ Götzl möchte unterbrechen.
Um 13:08 Uhr geht es weiter. Götzl verkündet den Beschluss, dass die Frage von Weingarten zulässig ist, weder sei sie ungeeignet noch gehöre sie nicht zur Sache. Wabra: „Es geht jetzt um das Telefonat und die Frage, warum ich meine Mutter genannt habe? Es ist mit hoher Wahrscheinlichkeit so, dass ich mit meiner Mutter geredet habe über den Brief, kann das aber mit Gewissheit nicht mehr sagen. Ich habe das im Telefonat genannt, um die mit Nachdruck gestellten Fragen zu beantworten.“ Weingarten: „Meine Frage war viel allgemeiner: ob Sie zum Zeitpunkt der Vernehmung und Telefonate bereit waren, die Wahrheit zu sagen und umfassend zu berichten.“ Wabra: „Ich habe doch auch heute gesagt, was ich weiß, und von daher kann ich sagen, ich habe die Wahrheit gesagt.“ Weingarten: „Ich hatte Sie ganz allgemein zu einem möglichen Erinnerungsverlust in den vergangenen vier Jahren befragt. Jetzt möchte ich das anhand zweier Beispiele mit Ihnen erörtern. Sie sind heute vom Vorsitzenden gefragt worden, wie Sie das Heft verkauft haben und welchen Verbreitungsbereich es hatte und Sie haben geantwortet: Bundesweit und auch im regionalen Bereich. Dann hat sich der Vorsitzende genauer erkundigt und Sie sagten, Sie können sich nicht erinnern.“ Wabra: „Muss ich korrigieren: An PC-Records ging auch viel. Das habe ich ja bestätigt, das habe ich nicht bestritten.“ Weingarten hält vor, dass es laut Protokoll einen Großabnehmer, V7 aus dem norddeutschen Raum, gegeben habe. Wabra: „Richtig.“ Weingarten: „Konkret zu diesem Aussagegegenstand. Ist Ihnen erklärlich, warum Sie ausweislich des Protokolls ausführliche Angaben gemacht haben zu einem Großabnehmer, während Sie heute morgen gesagt haben, das sei Ihnen nicht erinnerlich?“ Wabra: „Weil dazwischen vier Jahre liegen. Ich habe ja die Aussage korrigiert und das mit dem PC-Records gesagt und die anderen zwei habe ich auch korrigiert.“
Weingarten: „Haben Sie eine plausible Erklärung dafür, dass Sie bei der Polizei im Abstand von zehn Jahren initial berichten, heute jedoch Erinnerungslücken vorgetragen haben?“ Wabra: „Ja, man muss die Situation betrachten, hier ist die Situation ja auch Anspannung. Und es liegen ja auch vier Jahre dazwischen. Ich kann mich auch an andere Sachen, die vor vier Jahren passiert sind, nicht erinnern.“ Weingarten: „Als Sie die Ladung erhalten haben, haben Sie sich eigentlich Gedanken gemacht, was das für ein Verfahren ist? Haben sie gewusst, um was es geht?“ Wabra: „Mehr oder weniger. Aber ich verfolge das nicht, tendenziell.“ Weingarten: „Aber Sie haben schon gewusst, um was es hier geht in München?“ Wabra: „Grob.“ Weingarten: „Sie haben heute beschrieben, dass Sie den Brief erhalten haben und auf die Frage, wie sah das Bild aus, sagten Sie ‚bunt‘ und ‚keine Erinnerung‘. Ausweislich des Protokolls haben Sie bei der polizeilichen Vernehmung gesagt: ‚Ein buntes DIN A4-Blatt. Auf einer Seite Text, auf der anderen Seite das NSU-Logo.‘ Haben Sie da eine Erklärung, wie sich Ihre Erinnerung in den letzten vier Jahren im Hinblick auf das NSU-Logo derart verschlechtern konnte?“ Wabra: „Das mit dem A4-Blatt habe ich ja gesagt. Das andere mit dem Logo, das wusste ich nicht so genau.“
Weingarten: „Das wussten Sie nicht genau? Lügen Sie mich gerade an?“ Wabra schweigt. Weingarten: „Heute morgen wussten Sie das nicht so genau, dass es sich um das NSU-Logo handelte.“ Wabra schweigt kurz, dann sagt er: „Die Erinnerung ist halt nicht mehr so klar.“ Weingarten: „Ich notiere: Die Erinnerung war nicht so klar. Wann haben Sie sich zuletzt das Durchsuchungsprotokoll angesehen?“ Wabra: „Das weiß ich nicht mehr. Gerade eben hier.“ [phon.] Weingarten: „Und davor?“ Wabra: „Das weiß ich nicht mehr.“ Weingarten: „Haben Sie sich es überhaupt mal angesehen?“ Wabra: „Den Durchsuchungsbefehl?“ Weingarten: „Nein, das Protokoll.“ Wabra: „Ist das das nach der Hausdurchsuchung? Das habe ich mir gerade eben angesehen. Davor weiß ich nicht.“ Weingarten: „Haben Sie das Ihrem Zeugenbeistand übergeben?“ Wabra: „Ja.“ Weingarten: „Bei der Gelegenheit haben Sie keinen Blick drauf geworfen?“ Wabra: „Also, wir sollten ja schon mal vor drei Jahren hierher kommen, und da wurden wir nach Hause geschickt. Und da haben wir drüber gesprochen.“
Weingarten: „Haben Sie sich das Vernehmungsprotokoll durchgelesen [phon.]?“ Wabra: „Das habe ich nicht bekommen.“ Weingarten: „Da hatten Sie handschriftliche Anmerkungen angebracht. Ist Ihnen da auf Seite 1, die Sie auch unterschrieben haben, ist Ihnen da nicht aufgefallen, dass oben drauf Bundeskriminalamt steht?“ [phon.] Wabra: „Ich habe das vor vier Jahren das letzte Mal in den Händen gehabt. Möglich, aber ich kann mich da jetzt nicht mehr dran erinnern. Ich habe ja keine Abschrift und nichts bekommen.“ Weingarten: „Gut, Herr Zeuge, wären Sie so nett, mir mal die Freunde zu benennen aus dem Jahr 2002, an die Sie sich noch erinnern können?“ Wabra: „Kann mich nicht erinnern.“ Weingarten: „An gar keine Freunde? An welche können Sie sich erinnern?“ Wabra: „Soll ich meine Freunde aufzählen?“ Weingarten: „Ja.“ Wabra: „Was hat das für einen Sinn?“ Weingarten: „Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie meine Fragen beantworten würden.“ Wabra: „Verstehe ich nicht.“ Der Zeuge schweigt kurz, dann sagt er: „Ich weiß nicht. Ich habe viele Freunde.“ Weingarten sagt, es gehe um die aus dem Zeitraum 2002, ungefähr. Wieder schweigt Wabra. Weingarten: „Möchten Sie nicht?“ Wabra: „Nee, ich weiß nicht.“ Weingarten: „Verweigern Sie die Antwort oder wollen Sie die Frage beanstanden? Davon hängen auch die Konsequenzen ab unter Umständen.“ Der Zeuge tuschelt mit seinem Beistand. [Laut einigen Zuhörer_innen auf der Besucherempore hat der Zeugenbeistand vernehmlich zu Wabra gesagt: „Sagen Sie einfach, dass Sie sich nicht erinnern.“] Wabra: „Ich weiß nicht, mit wem ich da so befreundet war.“ Weingarten reagiert sehr ungehalten: „Hat Ihr Zeugenbeistand gerade gesagt, dass Sie sagen sollen, dass Sie nicht wissen, wer 2002 Ihr Freund war? Hat er Ihnen das gesagt?“ Wabra schweigt. Weingarten: „Sie beantworten jetzt die Frage und zwar wahrheitsgemäß!“ Wabra: „Er hat gesagt, dass ich nicht mehr weiß, wer meine Freunde waren.“ Weingarten: „Ich bitte um eine Unterbrechung von 5 bis 10 Minuten.“ Götzl sagt zu Gueinzius: „Herr Zeugenbeistand, ich weise Sie drauf hin, dass das ein völlig unzulässiges Verhalten ist als Zeugenbeistand! Wir unterbrechen bis 13:30 Uhr.“
Um 13:35 Uhr geht es weiter. Weingarten: „Ich beantrage, gemäß § 183 GVG den Tatbestand zu Protokoll festzustellen, dass der Zeugenbeistand dem Zeugen die Frage nach den Namen der Freunde aus 2002 inhaltlich insofern zu beantworten geraten hat, dass dieser sich nicht erinnere. Es liegt gegen den Beistand der Verdacht einer Anstiftung zur uneidlichen Falschaussage vor.“ Außerdem beantragt Weingarten, den Zeugenbeistand von der Vernehmung auszuschließen. Ein Beistand könne von der Vernehmung ausgeschlossen werden, wenn angenommen wird, dass seine Anwesenheit die Vernehmung nicht nur unwesentlich beeinflussen würde. Es greife sogar, so Weingarten weiter, dass der Zeugenbeistand nicht nur den wohlverstandenen Interessen des Zeugen verpflichtet scheint. Er beantragt, die Beiordnung des Zeugenbeistands zu widerrufen. Götzl: „Es ist keine Berufung erfolgt.“ [Wabras Zeugenbeistand wurde also nicht vom Gericht bezahlt.] Weingarten: „Dann braucht die Berufung nicht zurückgenommen werden, aber es hätten Gründe vorgelegen.“ Götzl: „Herr Zeugenbeistand, wollen Sie Stellung nehmen?“ Gueinzius: „Ja, aber ich möchte mit meinem Mandanten dazu doch Rücksprache nehmen.“ Götzl: „Wie lange brauchen Sie?“ Gueinzius: „Fünf Minuten.“ Götzl: „Gut, unterbrechen wir bis Dreiviertel.“
Um 13:45 Uhr geht es weiter. Götzl: „Dann bekommen Sie, Herr Zeugenbeistand, die Möglichkeit, Stellung zu nehmen.“ Gueinzius sagt, es seien ja mehrere Anträge gestellt worden; der Antrag auf Entbindung von der Beiordnung gehe ins Leere, weil er nicht beigeordnet worden sei. Götzl entgegnet, dass das schon geklärt sei. Gueinzius: „Ins Leere geht auch der Vorwurf einer Anstiftung zur uneidlichen Falschaussage. Wir hatten in Vorbereitung dieses Verfahrens darum gebeten und beantragt, uns das Protokoll der Vernehmung zur Kenntnis zu geben. Das ist verweigert worden, so dass wir uns über den Inhalt dieser Vernehmung inhaltlich nicht vorbereiten konnten und möglicherweise haben mein Mandant und auch ich die Frage des Herrn Bundesanwalts dahingehend verstanden: Welche Freunde hatte er im Jahr 2002? Er hat sich daraufhin an mich gewandt, weil er keine Antwort geben konnte, und ich habe ihm nur geraten, was er nicht weiß, nicht zu sagen. Und das ist auch angezeigt. Mein Mandant konnte eine solche Antwort nicht geben. Er weiß es aus der Erinnerung nicht mehr. Und deshalb sind die Anträge zurückzuweisen.“ Götzl: „Gestellt ist auch der Antrag auf Protokollierung und der zweite Antrag auf Ausschluss von der Vernehmung.“ Gueinzius: „Den auf Ausschluss weise ich zurück. [phon.] Aber den zur Protokollierung, da habe ich nichts dagegen.“
Götzl: „Aber da geht es um die Protokollierung einer Straftat. Darum geht es da.“ Gueinzius: „Danke für das darauf aufmerksam machen. Dann bin ich natürlich auch dagegen.“ [phon.] Götzl wendet sich an Wabra: „Sie können auch Stellung nehmen zum Antrag auf Protokollierung und zum Antrag auf Ausschluss Ihres Beistands.“ Wabra: „Das ist einfach nur ein Kommunikationsproblem, ich habe hier alles richtig gesagt. [phon.] Wir hätten rausgehen müssen und in Ruhe sprechen, nicht hier in der Hektik.“ Götzl: „Herr Rechtsanwalt Stahl, Sie haben die Äußerung auch vernommen und entsprechend reagiert?“ Zschäpe-Verteidiger RA Stahl: „Ich habe nicht jedes Wort verstanden, aber ich war auch stark verwundert. Die Frage von Herrn Weingarten war sehr deutlich und die Reaktion des Zeugen, der die Frage nicht beantworten wollte, zeigte mir dann, dass die Antwort des Beistands war: Sagen Sie, dass Sie die nicht kennen. [phon.] So dass sich das anders darstellt, als vom Zeugenbeistand genannt. [phon.] Ich bin etwas empört darüber.“ Götzl: „Ich selbst habe es nicht vernommen, was der Zeugenbeistand gesagt hat. Herr Oberstaatsanwalt Weingarten, Sie hatten das entsprechend gehört?“ Weingarten: „Ich habe es nicht in vollem Umfang verstanden. Aber das Satzfragment: Sagen Sie, dass Sie die nicht mehr kennen oder nicht mehr erinnern. Das kann ich nur noch inhaltlich umschreiben [phon.].“ OStAin Greger: „Ich habe ebenfalls wahrgenommen: Sagen Sie, dass Sie sich nicht mehr erinnern.“ Bundesanwalt Diemer: „Ich habe es nicht gehört, aber wenn es die beiden Oberstaatsanwälte sagen, dann gehe ich davon aus, dass es stimmt.“
Klemke: „Ich habe auch nur wie Oberstaatsanwalt Weingarten Satzfragmente gehört. Den Anfang des Satzes habe ich nicht mitbekommen. Und aus Satzfragmenten kann man nichts schließen. Und von daher sehe ich nicht, dass das Gericht den Tatbestand einer Straftat [phon.] tatsächlich feststellen kann.“ Götzl fragt OStAin Greger: „Hatten Sie es komplett verstanden?“ Greger: „Ich habe natürlich beobachtet, dass der Zeuge nichts geantwortet hat und der Zeugenbeistand dann aktiv wurde.“ [phon.] Wohlleben-Verteidigerin RAin Schneiders: „Ich habe deutlich wahrgenommen, dass der Zeuge sich zum Zeugenbeistand gewandt hat. Ich habe es deutlich wahrgenommen.“ Klemke: „Dem kann ich mich nur anschließen. Ich konnte sogar eine leichte Beugung des Zeugen zum Kopf des Zeugenbeistands wahrnehmen. [phon.]“ NK-Vertreter RA Reinecke: „Es kommt nicht drauf an, ob der Satz vollständig ist. [phon.] In einem Ermittlungsverfahren muss dann ggf. aufgeklärt werden, was vorher und hinterher gefallen ist. Aber die Tatsache, dass nicht alles gehört worden ist, steht einer Protokollierung nach 183 nicht entgegen.“ Götzl: „Es ist die Frage, ob für einen 68 die Voraussetzungen nicht vorliegen, auch ohne dass vom Gericht eine Protokollierung erfolgt.“ [phon.]
Klemke sagt, er müsse Reinecke widersprechen: „Wird eine Straftat im Gericht begangen, so hat es den Tatbestand einer Straftat festzustellen. Das Gericht ist hier nicht die Staatsanwaltschaft. [phon.]“ Götzl: „Deswegen der Hinweis, getrennt zu den Anträgen Stellung zu nehmen.“ Klemke: „Das war zu § 183 GVG. Aber zum Ausschluss nach 68b StPO kann ich das ebenfalls nicht als erfüllt ansehen. Das Gericht müsste ja die Überzeugung gewinnen, dass hier unzulässig eingewirkt wurde. Wenn es das nicht mit Sicherheit feststellen kann, ist die Freiheit der Advokatur ein Rechtsgut.“ [phon.] NK-Vertreter RA Behnke: „Ich habe die Zwei im Blick und habe der Befragung sehr aufmerksam folgen können. Ich habe gesehen, dass der Zeuge nach der entsprechenden Frage nach vorne geguckt hat, den Kopf nicht bewegt hat, der Zeugenbeistand aber den Kopf nach rechts gedreht und möglicherweise etwas gesprochen hat. Nicht gesehen habe ich, dass sich der Zeuge zum Zeugenbeistand gelehnt und ihn angesprochen hat. Er war ziemlich regungslos, möglicherweise auch aufgrund der Gefahr, die ihm da droht. [phon.]“ Götzl unterbricht die Verhandlung.
Um 14:37 Uhr wird durchgesagt, dass die Verhandlung erst um 14:50 Uhr fortgesetzt wird. Um 15:03 geht es dann tatsächlich weiter. Götzl verkündet den Beschluss, dass der Antrag auf Feststellung der Begehung einer Straftat abgelehnt wird. Eine Protokollierung einer Straftat könne nur erfolgen, wenn das Gericht gemeinsam den Tatbestand wahrgenommen habe; das sei hier nicht der Fall. Danach verkündet Götzl den Beschluss, dass der Zeugenbeistand von der Vernehmung ausgeschlossen wird. Götzl schildert die Ereignisse. Dann sagt er, dass ein Ausschluss erfolgen könne, wenn eine Abwägung das Interesse des Zeugen auf Anwesenheit seines Rechtsanwalts und des Rechtsanwalts auf Berufsausübung überwiegt. [phon.] Dies sei im vorliegenden Falle gegeben auch wenn nicht die komplette Kommunikation festgestellt werden könne. Der Beistand habe seine Tätigkeit unzulässig ausgeübt. [phon.] Götzl: „Zur bestmöglichen Wahrung der Interessen des Zeugen wird die Vernehmung unterbrochen und ihm Gelegenheit gegeben, einen neuen Zeugenbeistand auszuwählen.“ Um 15:11 Uhr endet der Verhandlungstag.
Das Blog „nsu-nebenklage„: „Die ‚Erinnerungslücken‘ dieses Zeugen waren so dreist, dass selbst die Bundesanwaltschaft sehr energisch nachfragte. Auf ihren Antrag wurde schließlich sogar der Zeugenbeistand ausgeschlossen – als der Zeuge eine Frage nicht beantworten wollte, hatte er dem Zeugen vorgesagt, er solle vorgeben, sich nicht zu erinnern. Die Energie, die die Generalbundesanwaltschaft hier an den Tag legte, wäre natürlich bei den diversen Nazizeugen zuvor, die dreist Erinnerungslücken vortäuschten, ebenso gefordert gewesen. […] Die Vernehmung heute erbrachte nichts Neues zum Aspekt ‚NSU-Brief‘ – einiges war ja schon durch die Durchsuchung bei und Vernehmung des NPD-Abgeordneten David Petereit geklärt worden […]: Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt waren offensichtlich auch während der Zeit in Chemnitz und Zwickau up-to-date, was Neonazi-Fanzines, -Vereine und -Verlage anging, und wollten deren Tätigkeit nun mit Geld aus den Überfällen unterstützen. Es bleiben aber weiter einige Fragen offen: Wie der NSU die Empfänger der Geldzuwendungen auswählte, ob etwa die Hefte die Ideologie vertraten, die den Taten des NSU zugrunde lag, ob es persönliche Verbindungen zum NSU oder seinem Umfeld gab – dazu hatten BKA und GBA praktisch keine Ermittlungen angestellt. Hätten solche Ermittlungen ernsthafte Ergebnisse erbracht, hätten die ja auch die Anklage-These von der isolierten Dreiergruppe erneut in Frage gestellt. Damit zeigt sich auch, dass die aufscheinende Härte der BAW in diesem Fall nur Camouflage für ihre Handlungsunwilligkeit bei wichtigen Nazizeugen ist. Der Zeuge heute hat ja angegeben, den Brief und das Geld bekommen zu haben, Hinweise darauf, dass er viel mehr sagen könnte, etwa direkten Kontakt zum NSU oder Unterstützern gehabt hätte, gibt es bei ihm nicht. Zeugen aus dem direkten Unterstützerumfeld des NSU dagegen, die genauso dreist gelogen haben wie er sind von der BAW nicht angegangen, sondern sogar gegenüber der Nebenklage in Schutz genommen worden.“
http://www.nsu-nebenklage.de/blog/2016/07/26/26-07-2016/