Am morgigen Donnerstag (8. September 2016) soll vor dem Bundestags-Untersuchungsausschuss Richard Kaldrack, der ehemalige V-Mann-Führer des Neonazis Ralf Marschner (Spitzname „Manole„) zu dem Verhältnis seines Schützlings zu den drei untergetauchten Mitgliedern des Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) vernommen werden. In einem Magazin, das Ende der 1990er Jahre in Zwickau von Marschner heraus gegeben wurde, soll im Jahr 1997 auch ein Artikel des späteren NSU-Mitglieds Uwe Mundlos erschienen sein. Ein neuer Hinweis für die Bekanntschaft von Marschner mit dem NSU im Untergrund?
Der Artikel mit dem Titel „Pressefreiheit, das Recht zu lügen…?“ ist in der Ausgabe Nummer 2 des Fanzines „Voice of Zwickau“ vom November 1997 auf den Seiten 37 und 38 erschienen. Ein Autor ist nicht angegeben. Im Jahr 2012 soll laut einem Artikel in der taz das Bundesamt für Verfassungsschutz in einer Schriftanalyse auf die Autorenschaft von Mundlos geschlossen haben. Angeblich würden häufige „Konjunktionen- und Pronomenfehler“ auf Mundlos deuten. Wir dokumentieren den gesamten Artikel nachfolgend.
Gutachten der Schriftanalyse werden immer wieder in Gerichtsverfahren eingeführt, um beispielsweise die Autorenschaft von anonymen Schriften wie Bekennerschreiben zu klären. Ihr Beweiswert ist oft umstritten. Ein weiterer Artikel aus Mundlos‘ Feder soll in der ersten Ausgabe der Zeitschrift „White Supremacy“ im Jahr 1998 erschienen sein. Er trägt den Titel „Gedanken zur Szene“, auch diesen Text dokumentieren wir hier nochmal. Bei zwei weiteren Artikeln in der Ausgabe Nummer 3 der „White Supremacy“ – von „Uwe Unwohl“ und von „Uwe UmerZOGen“ – wurde von Nebenklageanwält_innen vermutet, dass hinter den Pseudonymen ebenfalls Mundlos stecken könnte.
Ralf Marschner war nicht nur Macher und Herausgeber der „Voice of Zwickau“ sondern auch bereits Anfang der 1990er Jahre des Fanzines „Der Vollstrecker„, wie untenstehendes Impressum belegt. Für die Skinhead- und Hooliganszene in Zwickau berichtete „Manole“ dort ebenfalls über Bands und Konzerte der Naziszene, über Partys, Ausflüge und Schlägereien. Bereits 1992 war Ralf Marschner hervorragend vernetzt, wie die dort veröffentlichten Grußlisten zeigen: ein bevorzugtes Profil derjeniger Nazis, die vom Geheimdienst als V-Leute angeworben werden.