An diesem Tag wird mit zwei Zeugen Aussagen von Carsten Schultze nachgegangen. Zunächst sagt ein Beamter des BKA zur Aussage aus, Wohlleben habe Schultze gesagt, dass jemand von Böhnhardt und Mundlos angeschossen worden sei. Der Beamte hatte Anfragen an alle LKAs geschickt, ob sie ungelöste Fälle vorliegen haben, auf die eine solche Beschreibung zutreffen könnte. Er kam zu dem Schluss, dass keiner der eingereichten Fälle passend sei. Allerdings wird während der Befragung klar, dass dieser Schluss nicht als gesichert angesehen werden kann. Danach wird Mirko Sz. zum von Carsten Schultze geschilderten Angriff an einer Straßenbahnhaltestelle in Jena-Winzerla befragt. Er gibt an, sich nicht zu erinnern.
Zeugen:
- Christoph Schn. (KOK, BKA Meckenheim, Ermittlungen zu ungeklärten Straftaten mit Schusswaffengebrauch, Aussage von Carsten Schultze)
- Mirko Sz. (Erkenntnisse zu einem von Carsten Schultze geschilderten Angriff an einer Straßenbahnhaltestelle in Jena-Winzerla)
Heute ist Fototermin. Nachdem die Foto- und Kameraleute den Saal verlassen haben, betritt um 09:46 Uhr der Senat den Saal. Erster Zeuge ist Christoph Schn. vom BKA. Götzl: „Es geht uns um Ermittlungen, die von Ihnen durchgeführt wurden, Erkenntnisse über ungeklärte Straftaten mit Schusswaffengebrauch. Sie sollen Erkenntnismitteilungen der Landeskriminalämter angefordert haben, 26.01.1998 bis Mitte August 2000, 11.08.2000. Mich würde einfach interessieren, dass Sie uns zunächst mal darstellen, inwiefern Sie mit solchen Ermittlungen betraut waren, was Sie unternommen haben, was Sie dann selbst an Auswertungen durchgeführt haben. Dass Sie es zunächst von sich aus darstellen.“ Schn.: „Ausgangspunkt war eine Aussage von Herrn Schultze in der Hauptverhandlung. Er gab an, dass er von Herrn Wohlleben erfahren habe, dass Mundlos und Böhnhardt jemanden angeschossen hätten, 2000. Im Nachgang wurde er am 02.07.2013 zeugenschaftlich nochmal vernommen und konkretisierte, dass das Gespräch mit Herrn Wohlleben zwischen Übergabe Ceska Anfang 2000 und Unterbindungsgewahrsam, 11.08.2000, stattfand. Näher konkretisierende Angaben konnte er nicht machen. Ich habe eine Anfrage an die LKAs verfasst, alle ungeklärte Straftaten mit Schusswaffengebrauch ausfindig zu machen und zu überprüfen, ob diese Sachverhalt auf den von Herrn Schultze geschilderten Sachverhalt zutreffen könnten.“
Schn. weiter: „Von einigen LKAs gab es Fehlanzeigen. Bayern, Hessen, NRW, Sachsen-Anhalt und Berlin übermittelten Sachverhalte und übermittelten die mit Sachverhaltsdarstellung an das BKA. [phon.] Die habe ich mir mit meinem Teamleiter angesehen und eine Bewertung durchgeführt: Tatörtlichkeiten, Opfer bzw. Geschädigte der Straftaten, Zeugenbeschreibung zu möglichen Tätern, Waffensysteme, DNA-Merkmale, die bei manchen Sachverhalten vorlagen. Insgesamt wurden etwa 80 Fälle übermittelt. Eine erste kursorische Vorauswertung [phon.] hat ja schon in den LKAs stattgefunden.“
Das sei dann ans BKA weiterübermittelt worden, so Schn. Im Ergebnis müsse man sagen, dass anhand der eben genannten Kriterien wie Geschädigte – die in vielen Fällen Deutsche gewesen seien – oder Örtlichkeiten – Gewerbegebiete oder private Wohnorte -, der Beschreibung von südländischen Tätern und der benutzten Waffensysteme, diese Sachverhalte eher nicht dem von Schultze genannten Sachverhalt zuzuordnen gewesen seien. Daher hätten sie dieser Aussage keine neue Straftat zuordnen können. Schn.: „Akten haben wir nicht ausgewertet, dies erfolgte durch die LKAs. Wir haben lediglich Kurzzusammenfassungen übermittelt bekommen.“ Götzl: „Sie hatten geäußert, es hätten Landeskriminalämter entsprechende Sachverhalte keinen Straftaten zuordnen können: Keinen Fall? Keine Unterlagen?“ [phon.] Schn.: „Es gab schon Sachverhaltsmitteilungen, auch konkrete Straftaten, die uns mitgeteilt wurden, diese etwa 80 Fälle. Und es gab natürlich auch Fälle, wo kein Aktenmaterial mehr vorhanden war, insbesondere Baden-Württemberg. Aber grundsätzlich waren die 80 Sachverhalte dann Grundlage meiner Überprüfung.“ Götzl: „Zu den Tatörtlichkeiten hatten Sie Beispiele angeführt, welche Kriterien Sie zugrunde gelegt haben. Sie sagten auch beim Ausschluss, dass Sie eher nicht zuordnen konnten, was Täterbeschreibungen und Waffensysteme anbelangt. Können Sie Näheres sagen, was Sie zugrunde gelegt haben?“ Schn.: „Ausgehend von den bekannten Straftaten auf ausländische Kleingewerbetreibende und die Nationalität der Opfer, dann die aufgefundenen Waffensysteme, die in der Frühlingsstraße und Eisenach gefunden wurden, das waren die Hauptaugenmerke. [phon.] Und soweit ich mich erinnere, war in den 80 Fällen lediglich ein Sachverhalt verzeichnet, ein Mord an einem Kioskbesitzer, der aber anhand der Sachverhaltsdarstellung nicht zutreffen konnte. Da widersprach die Vorgehensweise dem Modus Operandi, den wir bisher festgestellt hatten.“
Götzl sagt, es würden mehrere Vermerke von Schn. vorliegen. Dann sagt er unter dem 11.02.2014 sei vermerkt, dass die LKA Thüringen, Sachsen, Schleswig-Holstein, Hamburg, Bremen, Rheinland-Pfalz, Mecklenburg-Vorpommern, Saarland gemeldet hätten, dass einem solchen Sachverhalt im Bundesland keine Straftat habe zugeordnet werden können. [phon.] Götzl: „Haben Sie dazu nähere Informationen bekommen?“ Schn.: „In genau dieser Form kam diese Mitteilung, darüber hinaus gab es keine Erkenntnisse.“ Götzl fragt, inwiefern Schn. den Ablauf der Taten als Kriterium zugrunde gelegt habe, als Ausschlusskriterium. Schn.: „Es gab bspw. Fälle, wo das Opfer vom Täter noch angesprochen wurde, bspw. sich hinzulegen und gewisse Handlungen auszuführen, das widersprach den Handlungsmustern [phon.] bei den anderen Mordstraftaten.“ Götzl: „Da muss ich nochmal nachfragen: Als Vergleich haben Sie nur die Tötungsdelikte zugrunde gelegt?“ Schn.: „Auch die Raubstraftaten, die in Betracht kamen, aber nach meiner Erinnerung waren unter den 80 Taten lediglich ein oder zwei Raubüberfälle auf Banken.“ Götzl: „Gab es denn irgendwelche Unterlagen, die ergänzend eingegangen sind zu einem späteren Zeitpunkt, unsere Vermerke stammen ja vom 11.02.2014 und 24.03.2014. Dann bzgl. Bayern, Baden-Württemberg, NRW und Hessen noch Vermerke von Ihnen. Dann liegen des weiteren noch Vermerke von Kollegen vor.“ Schn.: „Genau. Es geht nichts über den Zeitraum des Abschlussvermerks hinaus, danach wurden keine neuen Erkenntnisse mehr zugeliefert.“
Götzl: „Jetzt hätte ich zu einzelnen Vermerken noch Nachfragen, die Vermerke wurden aber zum Teil nicht von Ihnen gefertigt.“ Götzl hält vor, dass das LKA Sachsen-Anhalt geantwortet habe, dass bei einer Recherche im Datenbestand nach den genannten Kriterien 245 Sachverhalte gefiltert worden seien, Verstöße gegen das Tierschutzgesetz, Jagdwilderei und Selbsttötungen [phon.] seien ausgesondert worden, verblieben seien 47 Vorgänge, die einzeln geprüft worden seien, davon seien 12 Vorgänge nicht mehr verfügbar. Von den verbleibenden 35 Vorgängen seien 10 Vorgänge bei den StA angefordert worden. [phon.] Götzl: „Was heißt ’nicht mehr verfügbar‘?“ Schn. „Aufgrund datenschutzrechtlicher Bestimmungen, glaube ich, dass die im System gelöscht werden mussten.“ Götzl fragt, ob Schn. mit seiner Kollegin Ba. Kontakt gehabt habe. Schn.: „In dem konkreten Fall nein.“ Götzl sagt, in einem Vermerk von Ba. gehe es um eine gefährliche Körperverletzung in Burg (Stadt), Jerichower Land, am 09.05.1998, 17 Uhr. Vorhalt: Der Vorgang wurde ohne Sachverhalt im AVV gespeichert, der Vorgang wurde bei der StA Magdeburg angefordert, ist aufgrund abgelaufener Aufbewahrungsfrist aber bereits vernichtet. [phon.]
Götzl: „Haben Sie dazu noch Informationen bekommen oder nachgefragt?“ Schn.: „Nein, gar nichts.“ Götzl: „Da fehlt ja jeglicher Sachverhalt. Deshalb frage ich.“ Schn.: „Der war auch nicht mehr zu erheben durch die örtlichen Kollegen.“ Götzl: „Gab es da weitere Sachverhalte zu einzelnen Verfahren oder Ermittlungen, Vorfällen, die nicht mehr erhebbar waren?“ Schn. „Ich weiß, dass im Bundesland Baden-Württemberg sechs Fälle nicht mehr verfügbar waren, also weder bei der Polizei noch bei Staatsanwaltschaften bestand ein Aktenrückhalt.“ Götzl: „Und bei den anderen Landeskriminalämtern?“ Schn.: „Da habe ich keine Kenntnis, dass es da ähnliche entsprechende Fälle gab. Das hätten die wahrscheinlich auch rückgemeldet.“ Götzl sagt, auf der nächsten Seite fänden sich noch drei Fälle, bei denen der Vorgang dem Vermerk zufolge bereits vernichtet sei. Götzl: „Haben Sie denn, wenn wir zum PP Berlin kommen, haben Sie da alle Unterlagen bekommen?“ Schn.: „Also, wir haben die in der Form bekommen, dass die Kollegin zusammenfassende Vermerke mit eigener Bewertung übersandt hat.“ Vorhalt aus dem entsprechenden Vermerk: Eine Antwort der StA Berlin steht noch aus, sollten von dort Sachverhalte mitgeteilt werden, wird zeitnah nachberichtet. Schn.: „Entsprechende Erkenntnisse gab es dann nicht mehr.“ Götzl: „Sind denn dann über das LKA noch Unterlagen, die sich darauf bezogen, eingegangen?“ Schn. „Nein.“
Wohlleben-Verteidiger RA Klemke: „Ja, Herr Schn., Sie sagten eben, Ihnen sei mitgeteilt worden, dass in verschiedenen Fällen Dateien oder Akten nicht mehr vorhanden seien aufgrund datenschutzrechtlicher Bestimmungen. Ist Ihnen mitgeteilt worden, aufgrund welcher Bestimmungen?“ Schn.: „Nein.“ Klemke: „Haben Sie mal nachgefragt?“ Schn.: „Nein, das haben wir in die Hände der LKAs gelegt.“ Klemke: „Dann können Sie nicht sagen, an welche Kriterien diese datenschutzrechtliche Bedenken anknüpften?“ Schn.: „Nein.“ Klemke: „Können Sie nicht sagen, okay. In welchem Verfahren erfolgte denn die entsprechende Anfrage der Bundesanwaltschaft?“ Schn.: „Wir haben die Mitteilung von der Bundesanwaltschaft per Mail bekommen und diese Erkenntnisse habe ich durch ein polizeiliches Auskunftssystem weitergesteuert.“ Klemke: „Ja, habe ich schon verstanden, die Frage war aber: In welchem Verfahren?“ Schn.: „Das lief im Verfahren gegen Unbekannt.“ Klemke: „War es das Verfahren wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung?“ Schn.: „Ich meine ja.“
Klemke: „Gab es da Anhaltspunkte wegen möglichem Verdacht der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung?“ [phon.] OStA Weingarten: „Die Frage ist suggestiv, weil der Fragesteller den Verfahrensgegenstand verkürzt darstellt.“ Klemke: „Dass Ihnen diese Frage nicht gefällt, ist klar. Ich habe hier ein Schreiben zu den Erkenntnismitteilungen des LKA Bayern, da heißt es ‚gegen Unbekannt wg. Unterstützung einer terroristischen Vereinigung und anderer Straftaten (NSU)‘. Handelt es sich um dieses Verfahren?“ Schn.: „Ja.“ Klemke: „Ist Ihnen bekannt, welche möglichen Unterstützungshandlungen oder Straftaten da ermittelt worden sind?“ Schn.: „Das erfolgte zu bislang unbekannten Straftaten, vor diesem Hintergrund erfolgten diese Abklärungen.“ [phon.] Klemke: „Habe ich Sie richtig verstanden: Anknüpfungspunkt waren aber die Angaben des Carsten Schultze in diesem Verfahren?“ Schn.: „Der wurde im Nachgang nochmal zeugenschaftlich vernommen im Verfahren gegen Unbekannt, aber Auslöser war natürlich die Aussage hier vor dem OLG.“ Klemke: „Wer hat angeordnet, dass die Ermittlung im Verfahren gegen Unbekannt erfolgten und nicht im hiesigen Verfahren?“ Schn.: „Das kann ich nicht sagen, da war ich nicht beteiligt. Ich kam erst später dazu.“
NK-Vertreter RA Elberling: „Herr Schn., wenn man sich die Unterlagen anguckt, etwa ein Vergleich zwischen Ihrem Vermerk vom 11.02., da geht es um Baden-Württemberg und es wird versuchter schwerer Raub und dergleichen genannt, und dann dem Schreiben des LKA Berlin, da sind nur vollendete Tötungsdelikte, eins wohl in Zusammenhang mit Raub. Haben Sie da mal bei den LKAs nachgefragt, ob die jeweils die gleichen Kriterien angewendet haben zur Auswahl der Delikte?“ Schn.: „Nein, wir haben die Verantwortung bei den LKA belassen, wir haben keine Kriterien hinsichtlich der Überprüfung vorgegeben.“ [phon.] Elberling: „Haben Sie selbst noch weitere Recherchen unternommen: Pressearchive, polizeiliche Meldesysteme?“ Schn.: „Nein, wir haben uns auf die LKA-Anfragen beschränkt.“ NK-Vertreter RA Scharmer: „Da muss ich doch mal nachfragen: Wir haben ja Ihre Mitteilungen, insbesondere Berlin. Berlin teilt acht vollendete Morde mit. Ihre Grundthese war aber doch, jemand wurde angeschossen. Haben Sie da mal nachgefragt nach z. B. nicht vollendeten Morden?“ Schn. „Die Ursprungsanfrage war so formuliert, das sie das umfasste.“ Scharmer: „Aber Berlin teilt acht vollendete Morde mit, haben Sie da mal nachgefragt?“ Schn.: „Nein, haben wir nicht.“ Der Zeuge wird entlassen.
Klemke: „Ich möchte eine Erklärung abgeben. Auch hier hat sich wieder mal gezeigt, durch die von der GBA dann doch irgendwann mal zu den Akten gereichten Unterlagen, dass hier die BAW parallele Ermittlungen führt, auch in engem Bezug zu dem hiesigen Verfahren, betreffend die Glaubhaftigkeit der Angaben des Angeklagten Carsten Schultze, und diese Unterlagen dem erkennenden Senat und den anderen Beteiligten vorenthält und nur wenn es gerade mal in den Kram passt, diese Unterlagen zur Verfügung stellt. Mit einem fairen Verfahren hat das nichts zu tun, aber auch gar nichts.“
Elberling: „Der Polizeibeamte hat keine Straftat finden können, die dem Gespräch, von dem Carsten Schultze berichtet hat, entsprechen würde. Das heißt angesichts der angewendeten Methoden aber nicht, dass eine solche Straftat nicht stattgefunden hat.“ Teilweise seien Dinge gelöscht gewesen und es gebe Hinweise darauf, dass die LKA die Anfrage sehr unterschiedlich verstanden haben, so Elberling. Eigene Ermittlungen habe der Zeuge nicht angestellt: „Dass hier sehr leicht eine Straftat durchs Raster hätte fallen können, liegt auf der Hand.“ RA Klemke sagt, er rege, anknüpfend an die Stellungnahme gerade eben, an, dass der Senat die BAW ersucht, diesmal nach eindeutigen und sachgerechten Kriterien eine solche Anfrage zu stellen.
[Der Neonazi und ehemalige Zeuge im NSU-Prozess Thomas Gerlach betritt die Besucherempore mit einer weiteren männlichen Person und nimmt dort Platz.]
Es folgt eine Pause bis 10:38 Uhr.
Dann geht es weiter mit dem Zeugen Mirko Sz. Götzl: „Es geht uns um Erkenntnisse zu einer möglichen Schlägerei oder zur Frage, ob überhaupt eine Schlägerei mal vorgelegen hat an einer Straßenbahnhaltestelle in Jena-Winzerla, Ende der 90er, 1998/99, ob es da mal irgendeine Schlägerei gegeben hat, in die Sie verwickelt gewesen wären.“ Sz.: „Ich kann mich an so eine Schlägerei nicht erinnern.“ Götzl: „Ja, wenn ich Ihnen sage, Straßenbahnendhaltestelle Jena-Winzerla, ist Ihnen die Örtlichkeit als solche bekannt?“ Sz.: „Ist mir bekannt, ja.“ Götzl: „Erzählen Sie, inwiefern Sie damals in der Zeit, Ende der 90er Jahre, Kontakt zur dortigen Örtlichkeit hatten, woher Sie diese Straßenbahnhaltestelle kannten, ob Sie sie benutzt haben usw. Es wäre ganz nett, wenn Sie von sich aus was erzählen würden, dann muss ich nicht einzelne Frage stellen.“ Sz.: „Ich bin dort groß geworden in dem Wohngebiet und wir hatten in dem Jugendclub, der dort war, unseren Proberaum.“ Götzl: „Kennen Sie denn Herrn Carsten Schutze?“ Sz.: „Ja.“ Götzl: „Woher, wie lange?“ Sz. „Wie lange? Auch Mitte der 90er, wir sind im selben Wohngebiet groß geworden oder wir haben dort gewohnt gemeinsam, eine Plattenbausiedlung.“
Götzl: „Wie häufig hatten Sie Kontakt?“ Sz.: „Wie häufig? Sehr selten, ab und zu mal gesehen auf Feiern oder so.“ Götzl.: „Kennen Sie Herrn Wohlleben?“ Sz.: „Ja.“ Götzl: „Auch da würde ich Sie bitten, dass Sie uns Näheres davon berichten.“ Sz.: „Derselbe Zeitraum, auch so in dem Wohngebiet haben wir uns kennengelernt, wann genau kann ich jetzt nicht sagen.“ Götzl: „Wie häufig hatten Sie zu ihm Kontakt?“ Sz.: „Auch eher selten.“ Götzl: „Kennen Sie Frau Zschäpe?“ Sz.: „Vom Sehen her, ja.“ Götzl: „Wo hatten Sie letztlich Kontakt zu ihr, welche Situationen und wann war das?“ Sz.: „Möglicherweise auch in dem Jugendclub.“ kurz, dann sagt er: „Aber jetzt nicht eine spezielle Situation.“ Götzl: „Was bedeutet ‚ich kenne Sie vom Sehen‘?“ Sz.: „Sie war mal mit da, wenn man irgendwo zusammen ein Bier getrunken hat.“ Götzl: „Kannten Sie Uwe Böhnhardt?“ Sz.: „Ach nur vom Sehen.“ Götzl: „Uwe Mundlos?“ Sz.: „Selbiges.“ Sz. schweigt. Götzl: „Und von welchem Zeitraum sprechen Sie da?“ Sz.: „’95,’96. Vielleicht habe ich sie alle drei mal auf einer Feier gesehen, aber speziell fällt mir nichts ein.“ Götzl: „Haben Sie bestimmte Örtlichkeiten vor Augen?“ Sz.: „Der Jugendclub.“ Götzl: „Kennen Sie Holger Gerlach?“ Sz.: „Wen?“ Götzl: „Herrn Gerlach, kennen Sie den?“ Sz.: „Nein.“
Götzl: „Zu dieser Örtlichkeit nachgefragt, Straßenbahnendhaltestelle. Gab es denn irgendeine Auseinandersetzung mal oder irgendwas in der Richtung, was Sie in der damaligen Zeit in Erinnerung hätten, gehört hätten?“ Sz.: „Nein, unser Proberaum war auf der anderen Seite von dem Jugendclub, das war so ein längliches Gebäude.“ Götzl bittet Sz., das zu beschreiben. Sz.: „Ein längliches Objekt, auf er einen Seite der Proberaum, auf der anderen der Eingang. Und dann war da noch ein Garagenkomplex und auf der anderen Seite [phon.] war die Endhaltestelle.“ Götzl: „Kennen Sie eine Person namens Kl.“ Sz.: „Ja.“ Götzl: „Was sagt der Ihnen?“ Sz: „War unser Schlagzeuger.“ Götzl: „Unser Schlagzeuger? Wovon?“ Sz.: „Der Band, die wir damals hatten.“ Götzl: „Wie hieß die?“ Sz.: „Blutstahl.“ Götzl: „Hatten Sie eigentlich damals einen Spitznamen?“ Sz.: „Ja, Barney.“ Götzl: „Sagt Ihnen der Name ‚Schmaler‘ etwas, verbinden Sie damit eine Person?“ Sz.: „Ja, der war auch Schlagzeuger in einer Band, auch in dem Proberaum.“ Götzl: „Wer war das?“ Sz.: „Frank.“ Götzl: „Nachname?“ Sz.: „Wu.“
Götzl: „Können Sie etwas dazu sagen, ob Frank Wu. oder Sven Kl. Herrn Schultze auch kannten?“ Sz.: „Mit Sicherheit ja.“ Götzl: „‚Mit Sicherheit‘, woher dieser Schluss?“ Sz.: „Alles ein Wohngebiet, wir haben alle in Winzerla gewohnt.“ Götzl: „Wissen Sie, wo Herr Wohlleben wohnte, damals, Ende der 90er Jahre?“ Sz.: „Ich denke auch in Winzerla, aber wo genau, kann ich Ihnen nicht sagen.“ Götzl: „Haben Sie Informationen, ob Herr Schultze Frau Zschäpe kannte, Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos, können Sie dazu was sagen?“ Sz.: „Nein.“ Götzl: „Dieselbe Frage in Hinblick auf Herr Wohlleben, ob er diese drei Personen kannte.“ Sz.: „Ich denke schon, aber woher oder was, keine Ahnung.“ Götzl: „Sie sagen, Sie denken schon. Was können Sie dazu sagen?“ Sz.: „Er hat ja vorher in Lobeda gewohnt, also genau weiß ich das nicht.“ [phon.]
Götzl: „Kennen Sie Stadtroda?“ Sz.: „Ja.“ Götzl: „Gab es mal eine Auseinandersetzung in Stadtroda, an der Sie beteiligt gewesen wären?“ Sz.: „Kann ich mich nicht direkt dran erinnern.“ Götzl: „Was bedeutet das?“ Sz.: „Dass ich keine Erinnerung habe, was in Stadtroda passiert ist.“ Götzl: „Sagt Ihnen eine Kirmes in Stadtroda etwas, haben Sie die mal besucht?“ Sz.: „Ja, wir waren immer mal unterwegs zur Kirmes.“ [phon.] Götzl: „Waren Sie mit Herrn Schultze auch mal dort?“ Sz.: „Kann ich mich nicht dran erinnern.“ Götzl: „Können Sie etwas dazu sagen, ob Sie mal mit jemandem wegen eines Basecaps einen Streit hatten in Stadtroda?“ Sz.: „Nein.“ Wohlleben-Verteidigerin RAin Schneiders beanstandet den Vorhalt, in der Vernehmung heiße es: „bzw. ein Dorf in der Nähe von Stadtroda“. Götzl: „Kann man ja zusätzlich abfragen. Sie haben es gehört: Auch in der Umgebung von Stadtroda, gab es da mal eine Auseinandersetzung in Bezug auf ein Cap. Oder überhaupt eine Auseinandersetzung, an die Sie sich erinnern können?“ Sz.: „Nein.“
Götzl: „Können Sie denn allgemein was zu der Zeit sagen? Waren Sie an Auseinandersetzungen, Streitereien damals beteiligt.“ Sz.: „Kam schon vor, aber speziell …“ [Der Zeuge bricht seine Äußerung ab.] Götzl: „Können Sie zu den einzelnen Umständen was erzählen: ‚es kam schon vor‘?“ Sz.: „Man hat halt getrunken und dann kann es schon passieren, dass man sich auf einem Dorffest prügelt. Aber wann und wo ….“ [Der Zeuge bricht seine Äußerung ab.] Götzl: „Haben Sie denn ein Beispiel?“ Sz.: „Nein.“ Götzl: „Überhaupt keines?“ Der Zeuge schweigt. Götzl: „Ja, wenn Sie sagen, es kam vor, dann müssen Sie eine Vorstellung haben von Ereignissen, Herr Sz.“ Sz.: „Ich habe mich mal in einer Diskothek geprügelt in Zimmern.“ Götzl: „Wie kam es dazu?“ Sz.: „Betrunken, jugendlich, dumm.“ Götzl: „Wie viele solche Vorfälle gab es?“ Sz.: „Ein, zwei Mal.“ Götzl: „Von welcher Zeit sprechen Sie jetzt?“ Sz.: „’98, ’99.“ Götzl: „Wer war dabei bei der Auseinandersetzung?“ Sz.: „Der Geschädigte und ich.“ Götzl: „Und sonst?“ Sz.: „Security, die haben uns dann getrennt, die Security dort.“ Götzl: „Sagt Ihnen der Name ‚Jimmy‘ etwas?“ Sz.. „Ja.“ Götzl: „Welche Person?“ Sz.: „Der hat bei mir in der Straße gewohnt, auch im Wohngebiet.“ Götzl: „Kennen Sie da einen Namen?“ Sz.: „Nein, ich kannte den nur unter ‚Jimmy‘.“
Götzl: „Wir haben eine Aussage vom Herrn Schultze, ich will Ihnen einfach mal vorlesen, was da steht, ob Sie dazu etwas sagen können.“ Vorhalt aus der polizeilichen Vernehmung des Angeklagten Schultze vom 02.07.2013: Wir sind nachts in Winzerla angekommen im Jugendclub, damals noch ‚Winzerclub‚. Kamen von der Kirmes in Stadtroda bzw. einem Dorf in der Nähe, ich meine, mit zwei Autos. Wir sind ausgestiegen, da kam dann schon der Jimmy, der sagte: Ich wurde gerade an der Haltestelle als Scheißnazi beschimpft. [phon.] Götzl: „Können Sie sich an so etwas erinnern?“ Sz.: „Nein.“ Vorhalt: Haltestelle 100 oder 200 Meter entfernt, der kam von da. Und als er das erzählte sind auf einmal alle los. Man geht so runter und dann rechts und ich war weiter hinten und ich sehe, dass rechts der Sven Kl. angefangen hat auf jemand einzuschlagen. Und der andere ist losgerannt und dem ist der Wohlleben hinterhergerannt. [phon.] Götzl: „Kommt da eine Erinnerung?“ Sz.: „Nein.“ Vorhalt: Weiß nicht, ob da noch einer mitgerannt ist, der Großteil ist da geblieben. Was ich weiß, ist, dass der Schmaler einen am Arm gepackt und in den Mittelpunkt des Wendekreises an der Straßenbahn gezogen hat. [phon.] Götzl: „Von der Örtlichkeit?“ Sz.: „Das stimmt, das geht so um die Garagen rum.“ Götzl: „Gab es da ein Holzhaus in dem Bereich?“ Sz.: „Da war, glaube ich, ein Imbiss. Oder ein Haltestellenhäuschen.“
Vorhalt: In der Mitte des Platzes ist so ein Holzhaus und auf dem Weg dahin bin ich einem in den Rücken gesprungen und da sagte der Schmaler, dass man das nicht macht. [phon.] Sz.: „Kann ich nichts sagen.“ Götzl: „Können Sie nichts sagen?“ Sz.: „Nein.“ Götzl: „Ich lese Ihnen das trotzdem mal vor.“ Vorhalt: Der, den Schmaler da hingezogen hat, wurde in das Holzhäuschen gesteckt und alle haben in Richtung Eingang geschlagen und getreten und Holzhäuschen wurde dann rumgerollt. [phon.] Götzl: „Gab es mal so einen Vorfall?“ Sz.: „Nein, nicht dass ich weiß.“ Götzl: „Gab es in der damaligen Zeit einen Kindergarten in dem Bereich des Winzerclubs?“ Sz.: „Einen Spielplatz gab es.“ Götzl: „Kennen Sie eigentlich Christian Kapke?“ Sz.: „Flüchtig.“ Götzl: „Was bedeutet das?“ Sz.: „Ein, zwei Mal gesehen.“ Götzl: „Haben Sie mit dem auch mal was unternommen, sind weggegangen, Feste besucht?“ Sz.: „Nein.“ Vorhalt: Ich erinnere mich, dass der Mirko Sz. dabei war. [phon.] Götzl: „Was sagen Sie?“ Sz.: „Daran kann ich mich nicht erinnern.“ Vorhalt: Wir waren vorher bei der Kirmes. Dort hat sich der Mirko Sz. schon mit einem Rechten geprügelt, weil er dessen 88-Basecap haben wollte. Das hat er sich da erprügelt. [phon.] Sz.: „Nichts.“
Götzl: „Wie sah es zur damaligen Zeit mit Ihrem Alkoholkonsum aus?“ Sz.: „Ich habe viel getrunken am Wochenende.“ Götzl: „Und während der Woche?“ Sz.: „Nein.“ Götzl: „Was bedeutet viel?“ Sz.: „Zu viel, betrunken.“ Götzl: „Ja größenordnungsmäßig, Mengen und Art.“ Sz.: „Zehn, zwölf Bier, Schnaps, Mischgetränke.“ Götzl: „In welcher Verfassung waren Sie dann?“ Sz.: „Betrunken.“ Götzl: „Was bedeutet das jetzt?“ Sz.: „Betrunken halt.“ Götzl: „Wie hat sich das bei Ihnen gezeigt, was verstehen Sie darunter?“ Sz.: „Schwankend gehen.“ Götzl: „Sonst noch Probleme?“ [Der Zeuge schweigt, mglw. schüttelt er den Kopf.] Vorhalt: Auf der Kirmes war der Mirko Sz. dabei und vom Gefühl her bei der Schlägerei auch hundertprozentig. Habe aber kein Bild mehr vor Augen, anders als bei Sven Kl., der die angefangen hat. [phon.] Sz.: „Habe ich nicht verstanden.“ Götzl: „Ich wollte nur nochmal sagen, dass Herr Schultze Sie hier nochmal benennt, dass sie bei der Kirmes dabei waren und ‚vom Gefühl her bei der Schlägerei auch hundertprozentig‘.“ [phon.] Sz.: „Da kann ich Ihnen nichts dazu sagen.“
Götzl: „Sind Sie bei der Polizei zu dem Sachverhalt auch schon vernommen worden?“ Sz.: „Ja.“ Götzl: „Wissen Sie noch, was Sie da angegeben haben?“ Sz.: „Dasselbe.“ Götzl: „Wie oft sind Sie vernommen worden?“ Sz.: „Zweimal.“ [phon.] Götzl: „Wann war das etwa?“ Sz.: „2013.“ Götzl: „Können Sie mir denn den Herrn Schultze etwas beschreiben, wie Sie ihn kennengelernt haben, wie er sich verhalten hat, was seine Persönlichkeit anbelangt, was können Sie denn zu ihm sagen?“ Sz.: „Kann nicht viel zu ihm sagen, kannten uns nicht so gut.“ Götzl: „Was können Sie denn sagen?“ Sz.: „Was er für Sachen anhatte. Dass er Bomberjacke anhatte meistens, Kampfhose. Aber so viel hatte ich, wie gesagt, mit ihm nicht zu tun.“ Götzl: „Wann hatten Sie denn den letzten Kontakt zu ihm, wissen Sie das?“ Sz.: „Kann ich nicht sagen.“ Götzl: „Was können Sie zu Herrn Wohlleben sagen, können Sie den beschreiben?“ Sz.: „Wir hatten in den 90ern nicht viel Kontakt, hatten uns später erst viel getroffen, wo wir dieses Haus hatten, Braunes Haus wurde es genannt, da haben wir uns öfter getroffen, ein Bier trinken.“ Götzl fragt, was Sz. zu Wohllebens Verhalten und Persönlichkeit sagen könne. Sz.: „War immer aufgeschlossen, fröhlich, nie irgendwie aggressiv oder so was, immer ganz entspannt, lustig.“
Götzl sagt, es liege eine Vernehmung Sz.s vom 21.06.2013 und eine weitere vom 11.07.2013 vor, er wolle da auf die ein oder andere Stelle eingehen. Vorhalt: Können Sie sich an irgendwelche Schlägereien erinnern, wo Sie dabei waren? – Ich habe mich früher oft geprügelt, viel getrunken, ich kann mich jetzt nicht an einzelne Sachverhalte erinnern. [phon.] Götzl: „Oft geprügelt?“ Sz.: „Ein, zwei, drei Mal, kann ich nicht genau sagen.“ Vorhalt: Mit Linken haben wir uns schon ab und zu geprügelt, aber an solchen Schlägereien war ich eigentlich nie dabei. Am meisten habe ich mich auf Dorffesten geprügelt oder wenn ich allein in der Stadt unterwegs war. Ich war nie mit zehn Leuten in der Stadt unterwegs und habe mich gezielt mit Linken geprügelt. [phon.] Götzl: „‚Meistens auf Dorffesten oder wenn ich alleine in der Stadt war‘?“ Sz.: „Ja.“ Götzl: „Haben Sie da eine konkrete Erinnerung an eine Schlägerei?“ Sz.: „Ja, diese Dorfdisko in Zimmern, was ich vorhin gesagt habe.“ Götzl: „Sind Fragen?“
OStA Weingarten: „Herr Sz., Kirmes in Stadtroda oder in der Nähe: Fällt Ihnen dazu etwas ein, haben Sie da eine Veranstaltung vor Augen?“ Sz.: „Nein.“ Weingarten: „Das heißt, Sie können mir im Moment nicht sagen, ob Sie mal da auf einer Veranstaltung gewesen sind oder nicht? Es geht nicht um eine Schlägerei.“ Sz.: „Wir waren öfter mal auf einer Kirmes, aber jetzt genau wo …“[Der Zeuge bricht seine Äußerung ab.] Weingarten: „Ich halte mal vor, SAO 651, Blatt 21168 in der Mitte, da sollen Sie nach Protokoll gefragt worden sein: ‚Mit wem waren Sie denn üblicherweise auf der Kirmes in Stadtroda unterwegs?‘ Und da kommt auch eine Antwort von Ihnen.“ Sz.: „Kann sein, dass ich mal dort gewesen bin, aber ich kann mich nicht genau erinnern.“ [phon.] Vorhalt: Ich war da mal mit meiner Fanclubmannschaft „Crazy Ducks Jena“ unterwegs. [phon.] Sz.: „Kann gut sein.“ Weingarten: „Ja, können Sie sich dran erinnern, dass es da eine Kirmes gegeben hat?“ Sz.: „Das kann sein.“ Weingarten: „Ja, dem Inhalt des Protokolls zufolge scheint es so gewesen zu sein, als ob Sie sich konkret erinnern konnten.“ Sz.: „Sind ja jedes Wochenende unterwegs gewesen.“ Klemke: „Die Frage ist sehr suggestiv gewesen vom BKA-Beamten.“ Weingarten. „Der Verteidiger hat recht, soweit er darauf abstellt, dass die Kirmes in Stadtroda lokalisiert wurde. Mir geht es aber genau um den Punkt, ob der Zeuge eine konkrete Erinnerung hat an konkrete Kirmesveranstaltungen in Stadtroda oder bei Stadtroda.“ Sz.: „Direkt nicht aber wir waren viel unterwegs in der Zeit.“
RA Klemke: „Herr Sz., können Sie sich an eine Auseinandersetzung erinnern, bei der Sie nicht alleine waren, sondern mit sieben oder acht Personen und einer oder zwei auf der anderen Seite?“ Sz.: „Nein.“ Klemke: „Können Sie sich erinnern an eine körperliche Auseinandersetzung, wo Sie beteiligt waren und mit ihnen z. B. der Herr Wohlleben?“ Sz.: „Nein.“ Klemke: „Und die gleiche Frage mit Bezug auf Herrn Schultze.“ Sz.: „Nein.“ Klemke: „Der Herr Vorsitzende hat Ihnen vorgehalten, dass Sie zweimal von der Polizei vernommen worden sein sollen und hat Sie gebeten, den Herrn Wohlleben zu beschreiben. Sind Sie insoweit auch bei der Polizei befragt worden?“ Sz.: „Ja.“ Klemke: „Und wissen Sie noch, was Sie geantwortet haben?“ Sz.: „Dass ich ihn nie aggressiv erlebt habe. Wie er halt war, ruhig und entspannt.“ Vorhalt: Ich habe ihn immer als sehr ruhigen, aufrichtigen Menschen kennengelernt. Sz.: „Ja.“ Klemke: „Woran machen Sie diese Einschätzung fest?“ Sz.: „War halt immer ehrlich.“ Klemke: „Woran haben Sie das festgestellt?“ Sz.: „Aus Gesprächen. Er hat halt immer gerade heraus gesagt, was er dazu zu sagen hat.“
Klemke: „Habe ich Sie vorhin richtig verstanden, dass Sie keine konkrete Erinnerung haben, ob Sie überhaupt mal auf der Kirmes in Stadtroda waren?“ Sz.:“ Keine konkrete. Aber es kann schon sein.“ Klemke: „Haben Sie eine konkrete Erinnerung an eine Teilnahme auf einer Kirmes in der Nähe von Stadtroda?“ Sz.: „Nein.“ RAin Schneiders: “ Ich hätte noch eine Frage zu diesem Wendekreis. Die Endhaltestelle können Sie die beschreiben, wo sich der Imbiss oder ein Wartehäuschen befunden hat?“ Sz.: „Das war ein Wendekreis, und in der Mitte stand ein Häuschen, da gab es früher Fahrkarten und es gab einen Imbiss. “ Schneiders: „In welcher Größenordnung?“ Sz.: „Das Häuschen?“ Schneiders: „Ja.“ Sz.: „Vielleicht 5 mal 5 Meter, mit Fenstern.“ Schneiders: „In welcher Bauweise?“ Sz.: „Aus Beton.“ Schneiders: „Gab es da ein Holzhäuschen?“ Sz.: „Da dran kann ich mich nicht erinnern.“ Schneiders: „Und in der näheren Umgebung, ein Holzhäuschen?“ Sz.: „Nee, da war ein Wäldchen ringsrum und auf der anderen Seite eine Straße.“ Schneiders: „Und ein Holzhäuschen, das umgeworfen werden konnte?“ Sz.: „Nein.“ Schneiders: „Die Dörfer um Stadtroda, sind die Ihnen bekannt, waren Sie in der Umgebung von Stadtroda auch mal auf einer Kirmes?“ Sz.: „Da ist nicht viel drumrum.“
Schneiders: „Die Kirmesveranstaltungen finden ja regelmäßig statt. Können Sie dazu was sagen, wann die in und um Stadtroda stattfanden?“ Sz.: „Die meisten waren im Mai, denke ich.“ RA Nahrath: „In der Vernehmung vom 21.06.2013, da möchte ich Ihnen aus dem Protokoll, Blatt 8, vorhalten, da geht es ganz gezielt um eine Aussage, die dort protokolliert ist.“ Vorhalt: Ich war nie mit zehn Leuten in der Stadt unterwegs und habe mich gezielt mit Linken geprügelt. [phon.] Sz.: „Ja.“ Nahrath: „Können Sie sich an diese Aussage erinnern?“ Sz.: „Ja.“ Nahrath: „Und wie ist Ihre Aussage heute?“ Sz.: „Das ist zutreffend.“ Nahrath: „Das ist Ihre Erinnerung, dass Sie so etwas nie getan hätten?“ Sz.: „Ja.“
Schultzes Verteidiger RA Pausch: „Ihnen sind die beiden Vernehmungen vorgehalten worden und Sie sagten, Sie erinnern sich daran. Kennen Sie die Vernehmungsprotokolle?“ Sz.: „Nein.“ Pausch: „Besaßen Sie mal ein 88er-Basecap?“ Sz.: „Nein, ich trage normalerweise keine Mützen.“ Vorhalt aus einer Vernehmung von Sz.: Ich würde es wirklich zugeben, wenn ich dabei gewesen wäre. Ich könnte mich vielleicht erinnern, wenn ich etwas gemacht hätte, aber ich habe da so etwas nicht gemacht. An so eine Konstellation kann ich mich nicht erinnern. Ich kann mich auch nicht erinnern, dass ich zusammen mit Schultze und Wohlleben irgendwo hinfahren wollte. Könnte sein, dass Endhaltestelle … Probe oder Feier … Vielleicht war da mal was, aber ich kann mich nicht erinnern. [phon.] Sz.: „Bezogen auf die Proberaumfeier [phon.] im Jugendclub.“ Pausch: „Das Thema war aber die Schlägerei.“ Sz.: „Er hat gefragt, ob wir dort waren, und ich habe gesagt, es kann sein, dass im Proberaum vielleicht etwas ereignet hat [phon.], dass wir an dem Tag im Jugendclub waren. Das bezog sich nicht auf eine Schlägerei.“
NK-Vertreter RA Langer: „Wenn Sie von einer Kirmes reden, was stellen Sie sich darunter vor?“ Sz.: „Ein Volksfest mit Bierwagen.“ Langer: „Was der Anlass ist, ist damit nicht näher umschrieben.“ Sz.: „Maibaumsetzen, Kirmes, Volksfest. Für mich.“ Langer: „Ich frage deshalb so genau nach, ich hab mich erkundigt: in Stadtroda gibt es gar keine Kirmes. Ist das für Sie eher ein allgemeiner Begriff?“ Sz.: „Ja.“ Langer: „Also für ein Fest?“ Sz.: „Ja.“ Langer: „Dann würde ich Sie zu Orten in der Umgebung fragen. Sagt Ihnen der Ort Schorba etwas?“ Sz. „Ja.“ Langer: „Waren Sie dort schon mal?“ Sz.: „Ja.“ Langer: „Waren Sie da schon mal auf Festen?“ Sz.:“ Ja. Wahrscheinlich schon, ist nahe an Jena.“ Langer: „Einmal, mehrmals?“ Sz.: „Ein, zwei Mal, ich kann mich nicht direkt erinnern.“ Langer: „Oberbodnitz?“ Sz.: „Sagt mir gar nichts.“ Langer: „Meusebach?“ Sz.: „Nein.“ Langer: „Gernewitz?“ Sz.: „Das ist bei Stadtroda.“ Langer: „Waren Sie dort schon mal?“ Sz.: „Nicht explizit, kann ich nicht sagen, ob ich dort auf einem Fest war.“ Langer: „Sagt Ihnen dort ein Sommerfest der Feuerwehr etwas?“ Sz.. „Nein.“
RA Narin: „Sie wurden bereits nach der Person Jimmy befragt. Den Nachnamen wussten Sie nicht. Wenn ich Ihnen sage: Der Name Jimmy Ga. Kommt da eine Erinnerung, ob es sich um den handelt?“ Sz.: „Kann schon gut sein.“ Narin: „Kennen Sie Herrn André Eminger?“ Sz.: „Nur vom Sehen.“ Narin: „Was heißt nur vom Sehen?“ Sz.: „Na, mal auf einer Feier gesehen oder so. Nicht dass wir uns jeden Tag gesehen haben [phon.], wir haben uns eins, zwei Mal gesehen.“ Narin; „Ein, zwei Mal?“ Sz.: „Auf irgendeiner Feier.“ Narin: „Haben Sie mit Herrn Eminger mal gesprochen?“ Sz.: „Nein. Also Smalltalk: Wie geht’s, alles gut. So was.“ Narin: „Seit wann kennen Sie André Eminger?“ Sz.: „Kann ich nicht sagen.“ Narin: „Grobe Schätzung?“ Sz.: „Vier, fünf Jahre vielleicht.“ Narin: „Wo kennengelernt?“ Sz.: „Auf einer Geburtstagsfeier mal getroffen.“ Narin: „Waren Sie schon mal als Zuschauer in diesem Prozess?“ Sz.: „Einmal, ja.“ Narin: „Haben Sie am Rande des Verfahrens auch mit Eminger gesprochen?“ Sz.: „Nein.“ Narin: „Kennen Sie den Maik Eminger?“ Sz.: „Nein, auch nicht näher [phon.].“ Narin: „Was heißt das?“ Sz.: „Vielleicht habe ich ihn auch einmal gesehen, ich kann mich nicht an was Spezielles erinnern.“
Narin: „Hatten oder haben Sie in der Vergangenheit Kontakte zu Mitgliedern von Blood & Honour aus Chemnitz unterhalten?“ Sz.: „Das habe ich nicht verstanden.“ Narin: „Ob Sie Personen kennen, die Blood & Honour angehören oder angehörten?“ Sz.: „Sicher.“ Narin: „Wen denn?“ Sz.: “ Wir haben mal auf einem Konzert gespielt. Ich kann Ihnen jetzt keine Personen dazu nennen.“ Narin: „Woher kennen Sie die Personen.“ Sz.: „Ich habe in einer Band gespielt. Und die haben Konzerte organisiert [phon.].“ Narin: „Gehörte Ihre Band auch Blood & Honour an?“ Sz.: „Nein, das habe ich nicht gesagt.“ Narin: „Können Sie das erläutern, was es damit auf sich hat?“ Sz.: „Man wird als Band gefragt, ob man auf einer Veranstaltung spielen möchte.“ Narin: „Sie haben erklärt, Herr Wohlleben war immer ehrlich und hat immer gerade heraus gesagt, was er zu sagen hat.“ Sz.: „Ja.“ Narin: „Haben Sie mit Herrn Wohlleben über seine politische Einstellung gesprochen?“ Sz.: „Nein, wir haben nur über normale Sachen geredet. Ich habe mich früher nicht für Politik interessiert und mehr Musik gemacht.“ Narin: „Was heißt das?“ Sz.: „Auch jetzt, ich bin mehr so der Musiktyp und nicht so der Politik-Skinheadtyp.“
Narin: „Können Sie sagen, wie die politische Einstellung von Herrn Wohlleben ist?“ Sz.: „Er war immer sehr aktiv, hat Feste veranstaltet und Rechtsschulungen gegeben.“ Narin: „Feste, was für welche?“ Sz.: „Das Fest der Völker in Jena hat er mitgemacht.“ Narin: „Welche Funktionen hat er im Rahmen solcher Veranstaltungen übernommen?“ Sz.: „Kann ich Ihnen nicht sagen. Mitveranstalter.“ Narin: „Und die Rechtsschulungen?“ Sz.: „Ja, im Braunen Haus hat man sich öfters getroffen und jeder konnte Fragen stellen, wie man sich verhält in Polizeikontrollen und so.“ Narin: „Hat Herr Wohlleben die Fragen beantwortet?“ Sz.: „Nein, alle, war ein Gesprächskreis.“ Narin: „War war am Gesprächskreis beteiligt?“ Sz.: „Wohlleben.“ Narin: „Wer noch?“
RAin Schneiders beanstandet, sie könne keinen Zusammenhang zur Tat- und Schuldfrage erkennen. Götzl: „Soll dazu Stellung genommen werden?“ Weingarten: „Man wird nicht sagen können, dass in diesem Verfahren die politische Einstellung Wohllebens gänzlich ohne Bedeutung wäre und deswegen kann ich an der Zulässigkeit keine Bedenken entwickeln.“ Klemke: „Gewöhnlich unterscheidet man zwischen Politik und Recht. Gut, in diesem Land wohl nicht mehr so. Ich sehe keinen Zusammenhang zur politischen Einstellung unseres Mandanten.“ Narin: „Die Frage hat sich ja angeschlossen auf die Frage nach der politischen Einstellung und der Zeuge hat das ausgesagt und verhält sich sehr einsilbig und deswegen muss ich nachfragen, was er damit meint.“ Schneiders: „Die Beanstandung von mir bezog sich auf den Personenkreis, der an der Rechtsschulung teilgenommen hat.“ Narin: „Ich würde weiter darauf erwidern aber würde bitten, den Zeugen aus dem Saal zu bitten.“ Der Zeuge verlässt den Saal.
Götzl fragt, ob es Narin wirklich auf die Teilnehmer ankomme, ob die Frage nicht umformuliert werden könne. Narin: „Das tue ich auch nicht gerne. Ich stelle eine Frage und der Zeuge hat aber nur den Namen Wohlleben genannt, war also nicht gewillt weiter zu antworten, um welche Veranstaltung es ging und wer dort vorgetragen hat. Ein Gesprächskreis sagt er, er soll das einfach ausführen, damit er erläutern kann was das für ein Kontext war. Ich versuche einfach, dass der Zeuge spricht in ganzen Sätzen.“ Götzl: „Soll die Frage in der Form aufrecht gehalten werden?“ Narin: „Es geht ja darum: Die weiteren Mitglieder können Aufschluss geben, um was für eine Art Rechtsschulung es sich dabei handelt.“ Klemke: „Die Frage, welche Art die Rechtsschulungen war, ob sie tatsächlich, ‚politisch konnotiert‘ waren, wie es so schön heißt, hätte Herr Narin ja mal stellen können, ob es über Polizeikontrollen hinaus noch weitere Themen gegeben hat. Über die Teilnehmer kann ich doch gar keine Schlüsse ziehen zur politischen Einstellung von Herrn Wohllebens, das ist doch völliger Unfug. Von daher ist die Frage nicht zur Sache gehörig.“
Schneiders: „Hätten Sie inhaltlich gefragt, hätte ich es nicht beanstandet.“ Narin: „Man kann ja auch Kontrollfragen stellen.“ Götzl: „Die Frage ist, ob Sie es konzentriert angehen wollen oder ob wir jetzt über diese Frage entscheiden.“ Narin: „Dann machen wir das so.“ Götzl: „Dann die Stellungnahmen dazu.“ RA Stahl sagt, er wisse, dass er nicht durchdringen könne: „Aber es ist bekannt, dass Herr Wohlleben damals politisch aktiv war. Den Tat- und Schuldzusammenhang zu den angeklagten Taten kann ich so nicht sehen. Klar, Sie können das so sehen, dass man auch diesen Zeugen danach fragen kann. Aber ob das Sinn und Zweck der Ladung war, kann ich nicht sehen.“ Götzl: „Überlegen Sie mal, für welchen Zeitraum Sie welche Erkenntnisse erfragen wollen“ Narin: „Der Zeuge muss sich ja erst erinnern offenbar.“ Götzl: „Anknüpfend an die Aussage des Zeugen: Er hat angegeben, dass er Kontakt zu Herrn Wohlleben im Braunen Haus hatte.“ Narin: „Die Frage richtete sich auf politische Aktivitäten des Herrn Wohlleben, es ging nicht nur um den.“
Götzl: „Sie haben aber nicht den Zeugen gefragt.“ Narin: „Der Zeuge hat geantwortet, dass Wohlleben Veranstaltungen und Rechtsschulungen durchgeführt hat. Und um diese Veranstaltungen ging es.“ Götzl: „Warum fragen Sie nicht direkt nach den Teilnehmern.“ Narin: „Ich will ja, dass der Zeuge mal den Mund aufmacht.“ Schneiders: „Ich habe eine ganz konkrete Frage beanstandet, die Frage nach dem Teilnehmerkreis der Rechtsschulung.“ Eminger-Verteidiger RA Kaiser: „Ich möchte mal auf den Einwand des Kollegen Stahl zurückkommen, den ich sehr vernünftig finde. Wir haben hier doch drei Jahre die politische Einstellung von Herrn Wohlleben durch wesentlich kompetentere Zeugen gehört. Oder geht das nach dem Motto: Ich kann es nicht oft genug hören. Es wird doch keiner ansatzweise behaupten, dass Herr Wohlleben links eingestellt ist. Wie oft wollen Sie es denn noch hören?“ Narin: „Wenn Sie schon einschätzen können, wie kompetent der Zeuge zu Wohllebens Einstellung ist.“
NK-Vertreter RA Langer: „Hier versucht die Kollegin Schneiders die Frage nach Rechtsschulungen tatsächlich etwas loszulösen. Der Zeuge hat von selbst auf die Frage nach politischen Veranstaltungen diese Rechtsschulung offenbar als solche eingeordnet, da kann ich nichts Unzulässiges an der Frage finden.“ Schneiders: „Ich habe nicht den Fragekatalog der noch zu stellenden Fragen beanstandet, sondern diese eine Frage. Wenn er nach dem Inhalt gefragt hätte, dann hätte ich das auch nicht beanstandet. Aber losgelöst den Teilnehmerkreis einer Rechtsschulung nachzufragen, das halte ich nicht als zur Sache gehörig.“ Langer: „Gerade beim Zeugen haben wir vorher gesehen, dass er eine Kirmes nicht vom Dorffest unterscheiden kann. Und so kann seine Einschätzung auch eine andere sein als bei Juristen, die eine Rechtsschulung als Fortbildungsmaßnahme nach der Fachanwaltsordnung sehen.“ Narin: „Es geht doch darum, zu konkretisieren: Was für Veranstaltungen sind das? Und wenn er sich erinnert, wer daran teilgenommen hat, dann kann er sich vielleicht erinnern.“ Langer: „Sie können nicht die Reihenfolge vorgeben, in der Herr Narin fragt. Er kann auch zuerst nach den Teilnehmern fragen und dann nach dem Begriff Rechtsschulung.“ Stahl: „Ich meine, dass Herr Kollege Narin hier ein bisschen angekündigt hat, worauf er hinaus will, und deswegen meine ich, ist die Beanstandung der Kollegin auch richtig, denn es ist für die Tat- und Schuldfrage völlig belanglos, welche Rechtsschulungen, welche politischen Veranstaltungen stattgefunden haben, wenn nicht ein Sachzusammenhang zu den angeklagten Taten gezogen wird. Sie bleiben an der Oberfläche und möchten die rechte Szene beleuchten.“
Narin: „Es geht um den Angeklagten Wohlleben.“ Götzl: „Ich möchte das jetzt nicht allgemein diskutieren.“ Nahrath: „Herr Langer, ich finde das anmaßend, dass Sie einem Zeugen unterstellen, er könne eine Kirmes nicht vom Volksfest unterscheiden. Geht man tiefer in die deutsche Kulturgeschichte, ist es unterschiedlich, was unter Volksfest verstanden wird. [phon.]“ Im Saal kommt Gelächter auf. Götzl: „Herr Nahrath, jetzt sind wir bei einem ganz anderen Thema. Später können Sie, wenn Sie eine Erklärung abgeben wollen, das im Nachhinein tun. Jetzt geht es ausschließlich um die Beanstandung der Rechtsanwältin Schneiders.“ Langer: „Der Zeuge hat selber unter politischen Veranstaltungen Rechtsschulungen genannt. Und es ist auch nichts Schlimmes daran, wenn man das nicht unterscheiden kann. Ich habe bis letzte Woche auch nicht den Unterschied zwischen Kirmes und Volksfest gekannt. Und zu Kollege Stahl: Das zu beanstanden, ist jetzt zu spät.“
Stahl: „Ich habe nur gesagt, dass es auf die Frage nach dem Personenkreis für die Tat- und Schuldfrage nicht ankommen kann. Deswegen ist die Frage ungeeignet weil nicht zur Sache gehörig. Das ist eben so.“ Klemke: „Im Übrigen ignorieren die Kollegen der Nebenklage, dass ja gar nicht geklärt ist, wann diese Rechtsschulungen stattgefunden haben. Das wäre ja zuvor abzuklären. Wenn das nicht in den Tatzeitraum fällt, ist es sowieso obsolet.“ NK-Vertreterin RAin Singer schlägt vor, dass Narin die Frage etwas umstellen könne, denn es gehe nur um die Beanstandung dieser einen Frage. Götzl legt die Mittagspause ein.
Um 13:06 Uhr geht es weiter. NK-Vertreterin RAin Lunnebach: „Sie hatten gerade gesagt dass Sie vor vier, fünf Jahren Herrn Eminger kennengelernt haben. War das vor November 2011, dem Auffliegen des NSU, oder danach?“ Sz.: „Kann ich nicht sagen.“ Lunnebach: „Haben Sie die Ereignisse des Auffliegens des NSU noch vor Augen, haben Sie darüber gelesen?“ Sz.: „In der Presse, ja.“ Lunnebach: „Dann versuchen Sie sich zu erinnern.“ Sz.: „Kann ich nicht sagen.“ Lunnebach: „Das leuchtet mir nicht ein. Bisher gehe ich davon aus, es war nach dem Auffliegen des NSU.“ Sz.: „Ich kann es nicht weiter eingrenzen.“ Lunnebach: „Haben Sie mit Herrn Eminger über die Vorwürfe, die gegen ihn erhoben werden, gesprochen?“ Sz.: „Nein.“ Lunnebach fragt, ob sich Sz. mit Eminger über etwas anderes unterhalten habe. Sz.: „Nein, nur ‚Hallo‘ und ‚Tschüs‘ und ‚Wie geht’s‘.“
Lunnebach: „Aber Sie kannten Ihn doch gar nicht. Da fragen Sie, wie es ihm geht?“ Sz.: „Ich habe gesagt, natürlich sagt man: Wie geht’s, alles klar.“ [phon.] Lunnebach: „Haben Sie heute etwas mit Herrn Eminger zu tun gehabt?“ Sz.: „Nein.“ Lunnebach: „Sind Sie mit ihm angereist?“ Sz.: „Nein.“ Lunnebach: „Sind Sie mit anderen Leuten angereist?“ Sz.: „Mit zwei Freunden [phon.].“ Lunnebach: „Wollen Sie die Namen nennen?“ Sz.: „Nein.“ Lunnebach: „Könnte es sein, dass Thomas Gerlach darunter ist?“ Sz.: „Könnte sein.“ Lunnebach: „Was heißt das?“ Sz.: „Er war dabei.“ Lunnebach: „Wissen Sie, ob er hier im Prozess ausgesagt hat?“ Sz.: „Ja, hat er.“ Lunnebach: „Haben Sie mit ihm Gespräche über das Verfahren geführt?“ Sz.: „Nein.“ Lunnebach: „Gar nicht?“ Sz.: „Nee, habe ich nicht.“ Lunnebach: „Sind Sie mit dem Auto gekommen?“ Sz.: „Ja.“ Lunnebach: „Zusammen in einem Auto?“ Sz.: „Ja.“ Lunnebach: „Worüber haben Sie sich unterhalten?“ Sz.: „Über alles.“ Lunnebach: „Das würde den Prozess einschließen.“ Sz.: „Nein.“ Lunnebach: „Das haben Sie ausgeklammert?“ Sz.: „Nein, darüber haben wir nicht gesprochen.“
Auf Frage sagt Sz. die dritte Person, die dabei war, sei ein Freund von Gerlach [phon.], den Namen kenne er nicht. Lunnebach: „Wie haben sie den angesprochen?“ Sz.: „Der hat geschlafen.“ Lunnebach: „Geschlafen? Den ganzen Weg?“ Sz.: „Ja, wir sind so um 4, 5 Uhr losgefahren.“ Lunnebach: „Sie haben Angaben gemacht, wie Sie mitbekommen haben, dass das Trio untergetaucht war.“ Sz.: „Das habe ich auch bloß aus den Medien mitbekommen.“ Lunnebach: „Können Sie sagen, wann Sie das mitbekommen haben?“ Sz.: „Nein.“ Lunnebach: „Dieses Jahr, letztes Jahr, vor zehn Jahren?“ Sz.: „Kann ich nicht sagen, ich schreibe mir das nicht auf.“ Lunnebach: „Haben Sie da noch in der Band gespielt?“ Sz.: „Wir haben uns vor zehn Jahren aufgelöst.“ Lunnebach: „Deswegen gebe ich ja diesen Anhalt. Haben Sie noch in ihrer Band gespielt als Sie mitbekommen haben, dass die Drei untergetaucht sind?“ Sz.: „Ich denke ja, ich weiß es nicht.“
Vorhalt: Später, als die weg waren und man etwas darüber im Fernsehen gesehen hat, da habe ich überhaupt erst erfahren, dass die Drei immer zusammen waren … Ich habe in der Band nachgefragt, da hat niemand was gesagt, nicht wo sie sich aufhalten oder ob die das wirklich gemacht hat. [phon.] Sz.: „Dann scheint es die Band noch gegeben zu haben.“ Lunnebach: „Dann erinnern Sie sich an Ihre Aussage?“ Sz.: „Grob.“ Lunnebach: „Haben Sie es so gesagt?“ Sz.: „Ja, steht da ja so. Kann so gewesen sein, ja.“ [phon.] Lunnebach: „Wen haben Sie da gefragt?“ Sz.: „Bandmitglieder.“ Lunnebach: „Sagen Sie mal!“ Sz.: „Den Sven Kl. zum Beisiel, der hat ja auch in Winzerla gewohnt.“ Lunnebach: „Was haben Sie ihn gefragt?“ Sz.: „Ob er was gehört hat.“ Lunnebach: „Was hat Kl. gesagt?“ Sz.: „Dass er auch nichts weiß.“ Vorhalt: Da hat niemand was gesagt, nicht wo sie sich aufhalten oder ob die das wirklich gemacht hat. [phon.] Lunnebach: „Wenn man das so liest, könnte das sein, dass Sie danach gefragt haben, wo die sich aufhalten?“ Sz.: „Nein, ich habe gefragt, ob wer was weiß.“ [phon.] Sz.: „Demnach haben Sie damals detaillierter nachgefragt: Wo die sich aufhalten und ob die das wirklich gemacht haben.“ Klemke: „Ich beanstande die Frage. Wir wissen nicht, was der Zeuge bei der Polizei gesagt hat.“ Lunnebach: „Der Zeuge hat gesagt: Wenn das da so steht, wird das so sein.“ Klemke: „Damit ist es nicht festgestellt.“
Lunnebach sagt in Richtung Senat: „Ich würde Sie bitten, dass Sie ihm die Seite 21156 vorhalten, da befindet sich eine Unterschrift, vielleicht kann er bestätigen, ob das seine Unterschrift ist, das Blatt 4 der Vernehmung.“ Der Zeuge geht nach vorne an den Richtertisch und schaut sich das Blatt an. Sz.: „Das ist meine Unterschrift, ja.“ Lunnebach: „Der Verteidiger hat eben beanstandet, Sie hätten nicht hundertprozentig sicher gesagt, dass Sie das so gesagt haben.“ Sz.: „Ja, das kann ich jetzt nicht mehr hundert Prozent so sagen, ob ich das so gesagt habe. Ich kann mich nicht erinnern, welche Worte ich da benutzt habe.“ Götzl: „Halten Sie es einfach vor und fragen Sie!“ Lunnebach macht den ganzen Vorhalt erneut und fragt dann: „Haben Sie das damals so gesagt?“ Sz.: „Wahrscheinlich ja.“ Lunnebach: „Was heißt wahrscheinlich?“ Sz.: „Weil es schon Jahre her ist, weiß ich nicht mehr hundertprozentig.“ Lunnebach: „Haben Sie gefragt, ob jemand weiß, wo die sich aufhalten?“ Sz.: „Wahrscheinlich, ich weiß es nicht mehr genau.“ Lunnebach: „Haben Sie gefragt, ob die das wirklich gemacht haben?“ Sz.: „Ich habe gefragt, ob jemand was weiß [phon.], keine Ahnung.“
RAin Başay: „Sie sind nach Kontakten zu Herrn Wohlleben gefragt worden und Sie sagten, dass in den 90er Jahren nicht so viel Kontakt bestand, aber später übers Braune Haus mehr. Wann war Ihr letzter Kontakt zu Herrn Wohlleben?“ Sz.: „2010 vielleicht.“ Başay: „In welchem Zusammenhang?“ Sz.: „Haben wir uns vielleicht auf ein Bier getroffen.“ Başay „Haben Sie sich mit Herrn Wohlleben mal über das Verfahren unterhalten.“ Klemke sagt, die Frage sei auf Täuschung aus, 2010 habe es das Verfahren noch nicht gegeben. Başay: „Okay, ich mache es anders.“ Başay zitiert aus einem Chatprotokoll von Facebook vom 24.11.2011. Dort schreibe Wohlleben: „Ich kenne seit heute die Formblätter BKA …“ Wohlleben werde in dem Chat von einem Barney Gumble gefragt. Auf Frage sagt Sz.: „Das ist mein Account gewesen.“ Başay sagt, Wohlleben werde von „Barney“ gefragt: „Ging alles gut?“ Başay: „Können Sie sich erinnern?“ Sz. „Nein.“ Başay hält vor, dass Wohlleben in dem Chat geschrieben habe: „Mein Telefon ist weg. Hat das was mit Braunem Haus zu tun?“ Sz. verneint, sich zu erinnern. Başay: „Sie sagen später daraufhin: ‚Sinnlose Scheiße, warst aber nicht der einzige.'“ [phon.] Sz.: „Vielleicht ging es da um eine Hausdurchsuchung.“
Başay: „Ich hatte Sie gefragt und Sie sagten zum letzten Kontakt: 2010.“ Schneiders: „Der Zeuge hat gesagt: ‚2010 vielleicht.'“ Başay: „Gab es diese Kommunikation zwischen Herrn Wohlleben und Ihnen?“ Sz.: „Ja, wahrscheinlich.“ Başay: „Haben Sie mit ihm auch drüber geredet, was Gegenstand der Durchsuchung war?“ Sz.: „Nein.“ Başay fragt, ob Sz, der E-Mail-Account einer Adresse, die mit ‚barny_88′ beginnt, etwas sagt. Sz.: „Das ist meiner.“ Başay: „Dort soll es Kommunikation zwischen Ihnen und Herrn Wohlleben gegeben haben. barny_88 fragt: „Hast Du Schwierigkeiten jetzt oder alles entspannt?‘ Ralf entgegnet: ‚Ich bin Verdächtiger, jeden Tag Presse vor der Tür, langsam nervt es.‘ Barny fragt: „Ekelhaft. Was werfen Sie Dir denn vor?‘ Das ist die Seite 129 und 130 geht es weiter: Ralf, wolle2 sagt: ‚Unterstützung einer terroristischen.‘ Barny sagt: ‚Aber gibt ja nüscht. Ausser regem Kontakt telefonische …‘ Was sagen sie dazu?“ Sz.: „Kann mich nicht explizit erinnern, aber kann schon sein.“ Başay: „Waren Sie mit Herrn Wohlleben befreundet?“ Sz.: „Wenn man das so nennen möchte. Was verstehen Sie unter Freundschaft? [phon.]“ Başay: „Sie haben mit Wohlleben doch über den Gegenstand gesprochen, was ihm vorgeworfen wird. Daraus kann man auf ein freundschaftliches Verhältnis schließen.“ Sz.: „Befreundet waren wir schon.“ Başay: „Hatten Sie nach der Verhaftung Kontakt?“ Sz.: „Ja, wir schreiben uns Briefe.“ Başay: „Kennen Sie Frau Schneiders?“ Sz.: „Flüchtig, aus den Medien.“ Başay fragt dasselbe in Bezug auf Klemke und Nahrath. Sz. sagt jeweils: „Nur vom Hörensagen.“ Başay: „Also Sie hatten keinen direkten Kontakt zu den Verteidigern?“ Sz.: „Nein.“ Götzl legt eine Pause ein.
Um 13:44 Uhr geht es weiter. RA Narin: „Haben Sie mal nach der Inhaftierung an Spendenaktionen für Ralf Wohlleben mitgewirkt?“ Sz.: „Ich habe mal auf einem Liederabend gespielt.“ Narin: „Und warum?“ Sz.: „Weil ich das für unterstützenswert finde, die Frau mit zwei Kindern zu unterstützen, wenn der Haupternährer nicht da ist.“ Narin: „Warum gerade bei Wohlleben?“ Sz.: „Warum nicht? Man kennt sich ja.“ Narin: „Würden Sie auch für andere spenden?“ Sz.: „Ja.“ Narin: „Hat es mit Ralf Wohllebens politischer Gesinnung zu tun?“ Sz.: „Nein.“ Narin: „Haben Sie auch ein Facebook-Konto, wo Sie unter ‚Barnhold Svensson‘ gemeldet sind.“ Sz. bejaht das. Narin bittet darum, dass ein Bild eingeblendet wird. Narin: „Entspricht das Konto dem, das Sie haben bei Facebook?“ Sz.: „Ja.“ Narin: „Da heißt es: ‚Pages liked by Barny Svensson‘. Haben Sie das geliked um Sympathie auszudrücken?“ Sz.: „Ja, da kann man ‚Gefällt mir‘ drücken.“ Narin: „Was hat es mit ‚Brotherhood 28 Sweden‚ auf sich?“ Sz.: „Ja, was soll es damit auf sich haben?“ Klemke: „Beanstande ich, weil ein Sachzusammenhang nicht ersichtlich ist.“ Narin: „Sympathisieren Sie mit Blood & Honour?“ Sz.: „Ich habe da irgendwas gedrückt, was mir gefällt.“ [phon.]
Narin: „Unten bei ‚Rechtsanwältin Nicole Schneiders‘?“ Sz.: „Da habe ich auch ‚Gefällt mir‘ gedrückt.“ Narin: „Hat nichts mit der Verteidigung Wohlleben zu tun?“ Sz.: „Nein.“ Narin: „Sondern?“ Sz.: „Ich drücke viel.“ Narin: „Können Sie sagen, ob Ralf Wohlleben bei den Hammerskins ist oder war?“ Sz.: „Nein, kann ich nicht.“ Narin: „Sind Sie selbst bei den Hammerskins?“ Sz.: „Nein, ich bin in keiner Organisation.“ Narin hält aus einem Vermerk des BKA vor, der Sz. unter „Musikgruppen der Hammerskinszene“ auflistet. Narin: „Handelt es sich bei der Person um Sie?“ Sz.: „Ja.“ Narin: „Können Sie sich erklären, warum Sie vom BKA der Hammerskinszene zugeordnet wurden?“ Klemke: „Ich beanstande die Frage, weil es den Zeugen zur Spekulation veranlasst.“ Der Zeuge könne nichts dazu sagen, warum er von Dritten so eingeordnet werde, so Klemke. Narin: „Ich nehme die Frage zurück.“ Narin bittet damm ein Bild einzublenden.
Narin: „Erkennen Sie die Personen auf dem Bild?“ Sz.: „Ich erkenne mich dort.“ Narin: „Wo wurde das aufgezeichnet?“ Sz.: „Bei einem Liederabend.“ Narin: „Wer hat den veranstaltet?“ Sz.: „Das weiß ich nicht mehr.“ Narin: „Erkennen Sie die Transparente im Hintergrund?“ Sz.: „Das kann ich sehen, ja.“ Narin: „Was steht da drauf?“ Sz.: „Crew 38“ [phon.] Narin: „Wofür steht das?“ Sz.:“ Das kann ich nicht genau sagen.“ Narin: „Was heißt das?“ Sz.: „Wird irgendeine Organisation sein, eine Gruppe.“ Narin: „Und wenn ich Ihnen sage, das steht für den 3. und 8. Buchstaben im Alphabet: C und H, ‚Crossed Hammers‘. Kommt da eine Erinnerung?“ Klemke: „Die Fragerei geht bei weitem zu weit. Was hat das alles mit dem Verfahrensgegenstand zu tun?“ Narin: „Es geht um die Glaubwürdigkeit des Zeugen.“ Klemke: „Ah ja, das ist immer der Joker.“ Narin: „Weiter links steht auf dem Plakat: ‚Hammerskins Hungary‘.“ Sz.: „Ja.“ Narin: „Können Sie damit was anfangen?“ Klemke beanstandet die Frage als nicht zur Sache gehörig. Götzl: „Ich würde Sie bitten, die Fragen präziser zu stellen.“
Narin: „Wissen Sie, wie die Einstellung des Ralf Wohlleben zu Gewalt war?“ Sz.: „Ich habe vorher schon gesagt, dass er nie aggressiv war. Er war immer entspannt und ruhig. [phon.]“ Narin: „Wie ist Ihre Einstellung zu Gewalt?“ Sz. „Ich lehne das ab.“ Narin: „Dann würde ich bitten die Seite 5, ‚Barny Robert Mathews‘ einzublenden.“ Ein Screenshot von Facebook wird gezeigt. Narin: „Sind Ihnen diese Inhalte bekannt?“ Sz.: „‚Gefällt mir‘ gedrückt, wahrscheinlich.“ [phon.] Narin: „Warum haben Sie bei Robert Jay Mathews ‚Gefällt mir‘ gedrückt?“ [Robert Jay Mathews war der Anführer der US-amerikanischen neonazistischen Terrorgruppe „The Order„, mehr Informationen hier: https://www.nsu-watch.info/2015/02/der-nsu-order-und-die-neue-art-des-kampfes/] Sz.: „Das kann ich nicht genau sagen.“ Narin: „Wissen Sie, um wen es sich bei Robert Jay Mathews handelt?“ Sz.: „Grob. Ein Widerstandskämpfer, hat Bankraube begangen.“ Narin: „Hat er auch Anschläge gemacht?“ Sz.: „Kann sein, ich kenne ihn ja nicht persönlich.“ Narin: „Aber Sie haben ‚Gefällt mir‘ geklickt.“ Sz.: „Ja, wahrscheinlich war das ein Foto, das mir gefallen hat.“ [phon.] Wieder wird ein Facebook-Screenshot gezeigt. Narin: „Ist Ihnen das bekannt?“ Sz.: „Ja, ich lese dort ab und zu. Um da Nachrichten zu bekommen, muss man ‚Gefällt mir‘ anklicken.“ Narin: „Da ist die Trickfilmfigur Paulchen Panther abgebildet.“ Sz.: „Ja, aber da steht ja auch ‚Arbeitskreis NSU‚ und nicht ‚Paulchen Panther‘.“ Narin: „Danke, das genügt schon.“
RA Pausch fragt, wie das Kennverhältnis zwischen Sz. und Jimmy Ga. sei. Sz.: „Sehr flüchtig, der hat bei mir in der Straße gewohnt.“ Pausch: „Gab es gemeinsame Erlebnisse?“ Sz.: „Wir sind zusammen mal zum Fußball gefahren.“ Pausch: „Sind Sie mit Jimmy Ga. mal in Auseinandersetzungen geraten?“ Sz.: „Nein.“ Pausch sagt, in der Vernehmung von Jimmy Ga. werde dieser mit Sz.s Namen konfrontiert und sage dazu, dass ihm das nichts sage. Daraufhin würden, so Pausch, Ga. Vorhalte gemacht, dass er zusammen mit Sz. gemeinsam an Straftaten, gefährlichen Körperverletzungen und einem Landfriedensbruch, beteiligt gewesen sei. Pausch: „Was können Sie dazu sagen?“ Sz.: „Ich kann gar nichts dazu sagen.“ Pausch: „Ihnen ist nichts von diesen drei Vorfällen bekannt?“ Sz.: „Nein.“ Der Zeuge wird entlassen.
Schneiders: „Wir hatten uns eine Stellungnahme zur Erkenntnismitteilung des TLfV vorbehalten. Zunächst wurde ausgeführt, Herr Wohlleben habe sich auf einem Heß-Marsch in Schneverdingen befunden. Herr Wohlleben war nie in Schneverdingen. So eine Erkenntnismitteilung ist deshalb mit höchster Vorsicht zu genießen, denn Richtigkeit und Ursprung der Informationen kann nicht überprüft werden und es ist zu vermuten, dass es nicht der einzige Fehler ist.“
OStA Weingarten: „Wir hätten noch zwei Fragen an den Angeklagten Schultze. Ich nehme nochmal Bezug auf Ihre heute schon angesprochene Einvernahme in dem gesonderten Ermittlungsverfahren:
Soweit Sie den Begriff Kirmes verwendet haben: Was stellen Sie sich darunter vor? Und ist Ihnen noch eine ergänzende Erinnerung gekommen zur Frage der Lokalisierung der von Ihnen angesprochenen Kirmes?“ Carsten Schultze: „Ich hatte zu Stadtroda und Umkreis selber nochmal recherchiert, gestern zu dem Datum, und habe die Kirmes in Gernewitz oder so gefunden, die war aber nicht in dem Jahr [phon.]. Und dann habe ich nochmal das Feuerwehrfest gefunden. Ich hatte es in Stadtroda verortet, bin mir aber nicht sicher. Ich bin mir aber sicher, dass das mit dem Basecap passiert ist und dass wir danach in den Jugendclub nach Winzerla gefahren sind. Und Kirmes ist für unsere Begriffe immer gewesen, auf den Dörfern, wenn es Bier gab und man da zusammengekommen ist, mit Biertischgarnituren, also nicht wie in Düsseldorf die Rheinkirmes mit Riesenrad und so. [phon.]
Weingarten: „Also die Abwesenheit von Vergnügungseinrichtungen wie Riesenrad oder Kettenkarussell würde Sie nicht davon abhalten, den Begriff ‚Kirmes‘ zu verwenden?“ Schultze: „Nein.“ RA Klemke: “ Ich würde auch noch eine Frage an Herrn Schultze stellen, wenn er sie beantworten möchte: Wie kommen Sie darauf zu sagen, was andere damals als Kirmes bezeichnet haben? Haben Sie sich denn mit anderen unterhalten, was andere als Kirmes verstehen?“ Schultze: „Ich weiß, dass ich aus dieser Zeit aus der Szene den Begriff Kirmes habe. Ich war vorher auch nicht auf Partys unterwegs. Jeder hat das damals gesagt, Kirmse oder Kirmes. [phon.] Der Zeuge eben hat das ja auch ähnlich beschrieben wie ich, was für ihn eine Kirmes ist.“ Klemke: „Wer ist für Sie jetzt jeder?“ Schultze: „Konkret aus der Szene damals in Jena.“ Klemke: „Die gesamte Szene in Jena hat uniform den Begriff Kirmes für jegliche Festivität auf dem Lande verwendet?“ Schultze: „Genau kann ich das nicht sagen, aber so round about.“ Klemke: „Hä?“ Schultze: „Roundabout, grob.“ Klemke: „Bleiben wir beim ‚grob‘.“ NK-Vertreter RA Langer: „Ich würde Herrn Schultze auch noch etwas fragen. Ich wurde vorher gerügt für den Begriff und jetzt höre ich von Riesenrädern. Verbinden Sie den Begriff Kirmes also nicht mit einem kirchlichen Ereignis?“ Schultze verneint das. Der Verhandlungstag endet um 14:06 Uhr.
Das Blog „nsu-nebenklage„: „Heute gab zunächst ein BKA-Beamter erneut einen Einblick in die Ermittlungsmethoden des BKA, die wahrlich nicht von besonderem Ermittlungseifer zeugen: Der Angeklagte Carsten Schultze hatte in der Hauptverhandlung von einem Gespräch mit Wohlleben berichtet, in dem dieser wiederum ein Telefonat mit Mundlos und Böhnhardt geschildert hatte: die hätten jemanden angeschossen. Das BKA wurde beauftragt, zu ermitteln, schließlich stand eine weitere, bisher unbekannte Straftat des NSU im Raum. Der BKA-Beamte fragte bei den Landeskriminalämtern an und fasste deren Antworten zusammen, damit war die Aufgabe für ihn erledigt. Dabei hatten die Landesämter die Frage schon vollkommen unterschiedlich verstanden […]. Nachfragen stellte der Beamte nicht, eigene Ermittlungen […] stellte er nicht an. So ist es wenig überraschend, dass diese mögliche weitere Straftat des NSU bisher nicht aufgeklärt werden konnte. Für die Verteidigung Wohlleben, auf deren Antrag der Zeuge geladen wurde, bedeutete dies, dass ihr Versuch, die Aussagen Schultzes zu widerlegen, erneut gescheitert ist […]. Der zweite Zeuge war ein weiteres Mitglied der Jenaer Neonazi-Szene der 1990er – Schultze hatte berichtet, dass auch er bei dem Angriff im Jahr 1998/1999 dabei gewesen sei […]. Auch er gab an, dass er sich an diese Tat nicht erinnern könne. Er machte aber auch vorsichtig gesagt nicht den Eindruck, sich besonders um Erinnerungen zu bemühen – im Gegenteil zeigte sich eine deutliche Nähe zu den Angeklagten Eminger und Wohlleben und auch zum Hammerskin Thomas Gerlach, mit dem zusammen er heute angereist war.“
http://www.nsu-nebenklage.de/blog/2016/09/01/01-09-2016/