An diesem Verhandlungstag sagt ein weiterer Zeuge zur Neonazi-Szene in Jena aus, er war mit Wohlleben, Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe befreundet. Nico Eb. vermag sich aber, wie viele der damaligen Neonazi-Szene, an nicht mehr viel erinnern.
Zeuge:
- Nico Eb. (Neonazi-Szene Jena, Erkenntnisse zu Wohlleben sowie zu Böhnhardt, Mundlos, Zschäpe)
Der Verhandlungstag beginnt um 09:48 Uhr. Götzl: „Herr Eb. ist als Zeuge erschienen, nach längerer Irrfahrt.“ Nach der üblichen Zeugenbelehrung und Personalienfeststellung sagt Götzl zum Zeugen Nico Eb.: „Es geht uns um Kenntnisse, Kontakte, zu Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos, Beate Zschäpe, Ralf Wohlleben und hier insbesondere nach dem 26.01.1998. Ich belehre Sie in dem Zusammenhang auch noch nach § 55 StPO.“ Eb.: „Wir waren gut befreundet in dem Zeitraum und dann haben wir aus den Augen verloren.“ Götzl: „Dass wir vielleicht damit beginnen, dass Sie uns schildern, seit wann Sie die genannten Personen kennen, wann Sie sie kennengelernt haben und wie dann in der Folge auch der Kontakt war.“ Eb.: „Das war, glaube ich, ungefähr 1997 oder ’96, da habe ich den Ralf kennengelernt, bei einer Gartenparty war es, glaube ich. Ja, und dann sind wir halt so ins Gespräch gekommen, haben uns öfters getroffen, Bierchen getrunken, feiern, gefeiert, zusammen abgehangen, das Übliche.“
Götzl: „Wie ist dann der Kontakt in der Folge verlaufen?“ Eb.: „Wir haben uns öfters mal getroffen zum Schnattern, Bierchen trinken, also sporadisch.“ Götzl: „Wie war es mit den anderen Personen, die ich Ihnen genannt habe? Uwe Böhnhardt?“ Eb.: „Wie gesagt, wir haben uns ab und zu mal getroffen, geschnattert.“ Götzl: „Wann haben Sie ihn kennengelernt, Uwe Böhnhardt?“ Eb.: „Das war auch in dem Zeitraum ungefähr von ’96, ’97.“ Götzl: „Wissen Sie da noch die Umstände, wo, in welchem Zusammenhang?“ Eb. schweigt kurz, dann sagt er: „In welchem Zusammenhang? Also, gut befreundet waren wir.“
Götzl: „Wie war es denn mit Uwe Mundlos? „Eb.: „Den habe ich öfters mal im Winzerclub getroffen oder bei Veranstaltungen, bei so Feiern zum Beispiel.“ Götzl: „Wissen Sie noch, wann Sie ihn kennengelernt haben?“ Eb.: „Auch in dem Zeitraum.“ Götzl: „Wie war dann in der Folge der Kontakt, wie häufig haben Sie sich gesehen etwa?“ Eb.: „Ein, zwei Mal die Woche. Dreimal die Woche. Wie’s halt so gepasst hat, Wochenende meistens dann. Oder öfter. Mal weniger.“
Götzl: „Was können Sie zu Frau Zschäpe sagen?“ Eb.: „Das war damals die Freundin vom Uwe Böhnhardt.“ Götzl: „Wann haben Sie sie kennengelernt etwa?“ Eb.: „Das war im Winzerclub.“
Götzl: „Wie lange hatten Sie zu den betreffenden Personen Kontakt?“ Eb.: „Also mit Herrn Böhnhardt und Herrn Mundlos war der Kontakt, bevor sie dann auf der Flucht waren. [phon.] Das habe ich dann erst aus den Medien erfahren.“ Götzl: „Was haben Sie aus den Medien erfahren?“ Eb.: „Das war ein Bild-Artikel: ‚Gesucht wird Uwe Böhnhardt, Mundlos.'“
Götzl: „Ja, haben Sie dann erfahren, weswegen die beiden gesucht werden?“ Eb.: „Das war, glaube ich, wegen einer Bombendrohung, am Jenaer Theater, wo sie angeblich die Bombe da hingelegt hätten in der roten Kiste.“ Götzl: „Und von wem haben Sie das erfahren?“ Eb.: „Ooh, das war damals ein weitläufiger Freund aus Jena.“
Götzl: „Wann war denn der letzte Kontakt zu Herrn Wohlleben?“ Eb.: „Den hatte ich mal zwischendurch am Burgaupark [phon.] getroffen, da war ich in Jena, habe meine Mutter besucht. Das ist auch schon sehr lange her, die Zeit wüsste ich jetzt nicht, müsste ich raten, 2005, 2004?“ Götzl: „Wie häufig hatten Sie zu Herrn Wohlleben Kontakt?“ Eb.: „Zu Ralf hatte ich …“ Eb. bricht ab und sagt: „Wir haben ja mal eine kurze Zeit zusammen gewohnt. Dann bin ich zur Armee, da hat sich das verlaufen. Dann immer mal, wenn ich von der Armee zu Hause war, wo ich noch bei ihm gewohnt habe. Und dann immer mal so. Und dann hat sich das alles so im Sand verlaufen und dann hat man sich sporadisch mal getroffen, wenn man sich über den Weg gelaufen ist.“
Götzl: „Wie war der Kontakt jetzt zwischen Herrn Wohlleben und Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Frau Zschäpe?“ Eb.: „Wie bei uns allen: freundschaftlich. Man hat sich getroffen, Bierchen getrunken, man hat mal gefeiert zusammen, man hat mal zusammen getanzt, Musik gehört, also …“ [Der Zeuge bricht die Äußerung ab.] Götzl: „Ja, haben Sie denn, nachdem Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt verschwunden waren, mit Herrn Wohlleben mal darüber gesprochen?“ Eb.: „Nö.“
Götzl: „Haben Sie Informationen darüber, ob aus Ihrem Bekanntenkreis, Freundeskreis jemand nach dem Untertauchen von Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos Kontakt, telefonischen Kontakt, jegliche Form von Kontakt zu den Untergetauchten hatte?“ Eb.: „Nee, von dem Bekanntenkreis, mit dem ich dann verkehrt habe, hatte keiner die gekannt. Die kamen von Bürgel und hatten keinen Kontakt zu den Leuten.“ Götzl: „Ja, ich frage nochmal nach: Hatte nach Ihrem Kenntnisstand irgendjemand, von dem Sie wüssten, nach dem Untertauchen von Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt telefonischen oder sonstigen Kontakt?“ Eb.: „Nein, ich weiß von keinem, also.“
Götzl: „Hatten Sie in den 90er Jahren ein Handy?“ Eb.: „Mehrere. Sind auch viele runtergefallen, kaputtgegangen.“ Götzl: „Haben Sie mal Handys auch an Freunde gegeben?“ Eb.: „Selbstverständlich. Wenn man mal jemand sagt, brauchste ein Handy, nimmste mit, für ’ne Woche oder so, kannst es mal mitnehmen. [phon.] Waren ja meistens Prepaid-Handys zum Aufladen.“ Götzl: „Haben Sie Ihr Handy auch mal an Herrn Wohlleben weitergegeben?“ Eb.: „Bestimmt, wenn er mal telefonieren musste oder so.“ Götzl: „Zeitlich, können Sie sich daran erinnern?“ [phon.] Eb.: „Bestimmt, wo ich bei ihm gewohnt habe. Und wenn wir mal auf Party waren. Wann das aber genau war, keine Ahnung.“
Götzl: „Haben Sie irgendwelche Informationen im Laufe der Jahre bekommen über das, was Uwe Mundlos – also mir geht es um die Zeit vor 2011, nicht um Medieninformationen – haben Sie irgendwelche Informationen darüber bekommen, was Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt nach dem Untertauchen, nach dem Verschwinden gemacht haben?“ Eb: „Ich habe damals keinen weiter getroffen.“
Götzl: „Hatten Sie eigentlich einen Spitznamen?“ Eb.: „Ja.“ Götzl: „Welchen?“ Eb.: „Ebbse.“ [phon.] Götzl: „War das der einzige?“ Eb.: „Wie sie mich dann untereinander genannt haben, keine Ahnung.“ Götzl: „Wenn in Ihrer Anwesenheit über Sie gesprochen wurde, wie sind Sie da bezeichnet worden?“ Eb.: „Ebbse. [phon.] Der Ebbse [phon.] ist da.“
Götzl: „Sind Sie mal vom MAD befragt worden?“ Eb.: „Ja.“ Götzl: „Was hat es damit auf sich?“ Eb.: „Ich war SaZ [= Soldat auf Zeit] 4 und wollte SaZ 8 machen, bin aber vom Herrn Brandt angeschwärzt worden. Ich bin dann nach vier Jahren ehrenhaft entlassen worden, weil ich politisch nicht mehr tragbar war. Ich wurde zweimal verhört. Beim ersten Mal waren das unerfahrene Beamte, beim zweiten Mal ist mir die Pistole auf die Brust gesetzt worden und es wurde mir gesagt: Entweder Füße still halten und nach vier Jahren ehrenhaft entlassen oder ich würde sofort unehrenhaft ohne Bezüge entlassen. Habe ich halt gesagt: Halte ich halt die Füße still.“ Götzl: „Was hat der MAD gefragt?“ Eb.: „Die haben mir irgendwelche Fragen gestellt: Ob ich Herrn Brandt kenne oder den Herrn Wohlleben, welche Musik ich höre und wie meine politische Einstellung ist. Das Übliche halt.“
Götzl: „Wissen Sie, was Sie zu Herrn Wohlleben gesagt haben?“ Eb.: „Dass ich ihn gut kenne, dass es halt ein Freund ist.“ Götzl: „Sonstige Angaben noch?“ Eb.: „Wie gesagt, ich hatte ja nichts weiter dazu zu sagen. Dass ich ihn kenne und öfters mal mit ihm Trinken bin.“
OStA Weingarten: „Sie stehen unter Wahrheitspflicht: Haben Sie jetzt von Januar 1998 bis Herbst 1999 mit Wohlleben sich über das Untertauchen von Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos unterhalten?“ Eb.: „Meines Erachtens nach Nein.“ Weingarten: „An den Wochenenden, wo Sie bei Herrn Wohlleben gewohnt haben?“ Eb.: „Das war davor. Wie gesagt, wir haben uns nicht drüber unterhalten. Ich wollte es nicht wissen.“ Weingarten: „Das ist aber etwas anderes als ‚ich hatte keine Gelegenheit‘.“ Eb.: „Ich habe bei Ralf nur einen geringen Zeitraum gewohnt. Da wurde kein Wort verloren.“ Weingarten: „Sie sind der einzige Zeuge aus der Szene in Jena, bei dem gesagt wird, es wurde nie ein Wort darüber verloren.“
NK-Vertreterin RAin Lunnebach: „Gehörten Sie vor 1998 selbst der rechten Szene an?“ Eb.: „Ja.“ Lunnebach: „Wie eng waren Sie da mit wem szenemäßig verknüpft?“ Eb.: „Ich habe mich angezogen und das war so szeneübergeifend, mehr rechts und mehr Hooligan.“ Lunnebach: „Und mit welchen Personen?“ Eb.: „Mit dem Apel war ich unterwegs, mit Marcel Ka., mit den ganzen Hools. Da war ich öfters mal in solchen Situationen.“ Lunnebach: „Mit Herrn Brandt?“ Eb.: „Den habe ich, glaube, erst später kennengelernt, wo ich Ralf, Mundlos und den Herrn Böhnhardt, da habe ich ihn erst kennengelernt.“
Lunnebach: „Was haben Sie denn in der rechten Szene gemacht? Selber aktiv gewesen oder nur zum Trinken?“ Eb.: „Trinken, mal mit auf Demonstration gewesen. Viel Trinken.“ Lunnebach: „Auch mal auf einer Kreuzverbrennung?“ Eb.: „Das war auf einer Party, das wurde mir zum Verhängnis beim MAD. Da gibt’s ein Foto, wo ich gefesselt vor einem brennenden [phon.] Kreuz bin. Und das wurde mir vom MAD als Genickbruch ausgelegt. [phon.] Da haben die gesagt, Aufnahmeritual beim KKK. Ich kann Ihnen sagen, das war im volltrunkenen Zustand.“
RA Narin: „Sie äußerten heute, dass Sie an politischen Aktivitäten teilgenommen hätten. Können Sie sagen, an welchen Aktivitäten Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe teilgenommen haben damals und wie die sich da verhalten haben?“ Eb.: „Wenn ich das könnte!“ Narin: „Wie war denn die erkennbare politische Gesinnung der besagten Personen?“ Eb.: „Waren angezogen, Springerstiefel, Hose.“
Narin: „Sind Ihnen Äußerungen in Erinnerung, können Sie die charakterisieren?“ Eb.: „Waren gute Freunde für mich.“ Narin: „Wie haben die sich nach außen gegeben?“ Eb.: „Gepflegt. Anstand hatten sie. Da wurde nicht rumkrakeelt, wenn wir rumgelaufen sind.“ Narin: „Ich würde Sie bitten zu differenzieren, also zwischen Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe.“ Eb.: „Wenn wir mal Straßenbahn gefahren sind, haben wir uns ordentlich benommen, sind aufgestanden für alte Leute. Beate war auch immer wie eine gepflegte junge Frau gekleidet. [phon.]“
RAin Başay sagt, in der Frühlingsstraße sei ein Handy sichergestellt worden, da sei am 25.08.2000 um 14:48 Uhr folgende SMS eingegangen. Vorhalt: Von Ebi ist nichts mehr zu hören. Seit Wochen hat man nichts mehr gehört. Meld mich diese Woche nochmal. Başay: „Das soll eine SMS sein, die von Wohlleben geschickt worden sein soll. Darauf kommt eine Antwort von diesem Handy am 03.09.2000. Vorhalt: Er hat mir gesagt, dass er 21 Uhr anruft, wenn er das schafft. Başay: „Wenn ich Ihnen das vorhalte: Sagt Ihnen das was? Haben Sie da eine Erinnerung?“ Eb.: „Wie gesagt, es gab noch zwei andere, die Ebbi [phon.] genannt wurden. Da wurde die Schreibweise dann. [phon.] Ich bin mir keiner Schuld bewusst irgendwie. Ich hatte ja nur sporadisch Kontakt zu Wohlleben.“
Klemke: „Sie sind ja vorhin schon gefragt worden, ob Sie auf Demonstrationen waren.“ [phon.] Eb.: „Ich war früher auf vielen Demonstrationen und gehe jetzt noch auf Demonstrationen.“ Klemke: „Was für welche denn jetzt?“ Eb.: „Thügida.“ Klemke: „Das was immer in Erfurt stattfindet?“ [phon.] Eb.: „Oder in Jena, wie zum Beispiel heute. Eisenberg, Weimar.“ Um 15:58 Uhr endet der Verhandlungstag.
Kommentar des Blogs NSU-Nebenklage, hier.
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