Kurz-Protokoll 328. Verhandlungstag – 08. Dezember 2016

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An diesem Prozesstag werden die Antworten der Angeklagten Beate Zschäpe zu weiteren Fragekomplexen verlesen. Danach nimmt die BAW Stellung zu Anträgen der Verteidigung von Wohlleben, die u.a. einen Gutachter zur Glaubwürdigkeit von Carsten Schultze heranziehen wollten. Diese Anträge seien abzulehnen. Anschließend geht es um weitere Anträge und Beschlüsse.

Der Verhandlungstag beginnt um 09:49 Uhr. Heute ist Zschäpe-Verteidiger RA Borchert anwesend. Nach der Präsenzfeststellung fragt Götzl: „Frau Zschäpe, Sie hatten angekündigt, heute sich ergänzend einzulassen. Soll das erfolgen?“ Zschäpe-Verteidiger RA Grasel reicht ein Blatt nach vorn an den Senat. Dann verliest RA Borchert die Erklärung Zschäpes:
Die Fragen des Senats vom 26.10.2016 beantworte ich wie folgt:
Frage: Verfügen Sie über Informationen zu Peggy [K.], die Sie nicht aus den Medien haben?
Antwort: Nein!
Frage: Wer benutzte den als EDV01 bezeichneten PC AMD, der unter dem Hochbett im Brandbereich E aufgefunden wurde?
Antwort: Der PC wurde sowohl von Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt als auch von mir benutzt. Jeder von uns hatte darauf Zugriff.
Frage: Befanden sich auf der Festplatte des PCs Bilder von Kindern und Jugendlichen? Welche Informationen haben Sie ggf. zu diesen Bildern?
Antwort: Erst durch die Akteneinsicht habe ich festgestellt, dass sich auf der Festplatte des PCs Bilder von Kindern und Jugendlichen befinden. Weitergehende Informationen zu diesen Bildern habe ich daher nicht.
Uwe Mundlos hatte diesen Rechner selbst zusammengebaut, so dass ich vermute, dass es sich bei der sichergestellten Festplatte um eine gebrauchte, von ihm gekaufte Festplatte handelt. Er hatte regelmäßig in An- und Verkaufsläden Computerzubehör erworben und diese in den Rechner eingebaut.
Unterschrift.

Götzl: „Frau Zschäpe, ist das Ihre Erklärung, die von Herrn Borchert verlesen wurde? Ja.“

Götzl: „Dann kommen wir zu Stellungnahmen. Zu dem Antrag der Verteidigung Wohlleben hinsichtlich eines aussagepyschologischen Gutachtens, soll dazu Stellung genommen werden?“ OStAin Greger nimmt für den GBA dazu Stellung. Die Anträge seien sämtlich abzulehnen, so Greger, weil – bezogen auf die Anträge zur Einholung eines Gutachtens etc. – das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitze, und weil – bezogen auf den Antrag auf Beiziehung und Verlesung von Behandlungsunterlagen von Schultze – die allgemeine Aufklärungspflicht dies unter Berücksichtigung der bisherigen Beweisaufnahme nicht gebiete. Die Beurteilung des Beweiswerts eines Beweismittels sowie des gesamten Beweisergebnisses sei Kern richterlicher Tätigkeit und könne nicht auf einen SV übertragen werden.

Götzl: „Sind von Seiten der Verfahrensbeteiligten für heute Anträge vorgesehen?“
Zschäpe-Verteidigerin RAin Sturm sagt, die Verteidigung Zschäpe habe die Verfügung zu Kenntnis genommen, dass beabsichtigt ist, den an Schmiemann gerichteten Brief einzuführen: „Wir widersprechen schon jetzt der Beweiserhebung an sich und zur Begründung beziehen wir uns darauf, was vorgetragen worden ist anlässlich der Verlesung von Passagen des Beweisantrags Hoffmann. Von unserer Seite wird darauf verwiesen, dass nicht nur ein Beweisverwertungsverbot, sondern ein Beweiserhebungsverbot besteht.“ Götzl: „Dann unterbrechen wird die Hauptverhandlung und setzen fort um 11 Uhr.“

Um 11:05 Uhr geht es weiter. Schneiders verliest den Antrag, die vom Justizministerium Brandenburg an den NSUUA des brandenburgischen Landtages sowie an den NSUUA des Bundestages übersandten Verfahrensakten betreffend den V-Mann des LfV Brandenburg Carsten Szczepanski beizuziehen und der Verteidigung Einsicht in die Akten zu gewähren. Nach Informationen des RBB seien bzgl. des V-Manns „Piatto“ [= Szczepanski] weitere „für die Aufklärung der NSU-Mordserie“ relevante Verfahrensakten aufgetaucht und an die UAe des Landtags Brandenburg und des Bundestages weitergeleitet worden. Die Akten würden u.a. anderem strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen Szczepanski betreffen. Es sei anzunehmen, dass die beizuziehenden Akten Aufschluss über mögliche Waffengeschäfte zwischen Szczepanski und Werner geben können, insbesondere im Zusammenhang mit den drei untergetauchten „sächsischen Skinheads“. Jan Werner solle, so Schneiders weiter, nach den Angaben von Zschäpe für Mundlos und Böhnhardt mglw. eine Schalldämpferwaffe beschafft haben. Es sei nicht ausgeschlossen, dass die Tatwaffe Ceska 83 über Jan Werner und/oder Carsten Szczepanski, welche beide Kontakte in die Schweiz gehabt hätten, an Böhnhardt und Mundlos gelangte.

Dann verliest Wohlleben-Verteidiger RA Klemke den Antrag, zum Beweis der Tatsache, dass der auf die Waffe Ceska 83 mit der Waffennummer 034678 aufgeschraubte Schalldämpfer D017 ca. 235 Gramm, die Waffe selbst ca. 770 Gramm wiege, einen Beamten des LKA Bayern oder des BKA als Augenscheinsgehilfen zu beauftragen, Waffe und Schalldämpfer gesondert zu wiegen und den Beamten zum Ergebnis seines Augenscheins zu vernehmen. Zur Begründung sagt Klemke, dass Carsten Schultze auf die vom Vorsitzenden am 19. Verhandlungstag gestellte Frage, wie lang der Schalldämpfer gewesen sei, geantwortet habe, dass es das erste Mal gewesen sei, dass er einen Schalldämpfer sah; der sei lang und schwer gewesen und mindestens so lang wie die Waffe, vielleicht auch länger. Indem Schultze hinsichtlich der Länge des Schalldämpfers einen Vergleich zwischen diesem und der Waffe angestellt habe, sei die Aussage, der Schalldämpfer sei schwer gewesen, denklogisch ebenfalls nur als Vergleich von dessen Gewicht mit dem der Waffe aufzufassen. Schultze drücke damit aus, dass das Gewicht des Schalldämpfers dem der Waffe vergleichbar gewesen sei.
Tatsächlich betrage das Gewicht des Schalldämpfers der Ceska 83 jedoch nicht mal ein Drittel desjenigen der Waffe und sei damit im Vergleich zur Waffe leicht. Dies spreche entschieden gegen die Zuverlässigkeit des „ohnehin nur sehr vagen und methodisch zweifelhaft zustande gekommenen Wiedererkennens des Waffentyps“ durch Schultze. Aus Sicht der Verteidigung Wohlleben sei es im Ergebnis der Beweiserhebung vielmehr ausgeschlossen, dass es sich bei der von Schultze beschafften und an Mundlos und Böhnhardt weitergegebenen Waffe um eine Ceska 83 handelte.

Götzl: „Dann ergeht nach geheimer Beratung folgender Beschluss: Der Antrag die beigefügte Presseerklärung der Rechtsanwältin Schneiders sowie ihrer Kollegen Klemke und Nahrath aus dem November 2015 zu verlesen zum Beweis der Tatsache, dass die Verteidiger des Angeklagten Wohlleben in dieser Presseerklärung mit dem Titel ‚Der Wahrheit eine Gasse‘ u.a. ausführen: ‚Herr Wohlleben ist seinen Idealen und politischen Überzeugungen treu geblieben und wird dies auch in Zukunft bleiben‘, wird abgelehnt, weil die unter Beweis gestellte Tatsache für die Entscheidung tatsächlich ohne Bedeutung ist.“ Der Verhandlungstag endet um 12:10 Uhr.

Kommentar des Blogs NSU-Nebenklage, hier.
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