von Çağan Varol
„Die hatten ja nicht mal eine Satzung.“
(Dr. Hartwig M. auf die Frage vor dem PUA NRW im April 2016, warum man ein rechtes Terrornetzwerk, wie den NSU, nicht für möglich erachtet habe).
Aus meiner Perspektive betrachtet, sprechen die Ergebnisse der »Mitte«-Studien der Universität Leipzig und die der Langzeitstudie „Deutsche Zustände“ für sich, wenn man das Desinteresse weiter Teile unserer Gesellschaft an den NSU-Morden verstehen will. Etwa 47 % der Menschen fanden, nach der Studie von Heitmeyer (2012), dass zu viele Ausländer in Deutschland leben, und ca. 20 % der deutschen Bevölkerung können als offen ausländerfeindlich bezeichnet werden (Mitte-Studien, 2016). Ein weiteres Ergebnis der »Mitte«-Studie von 2016 ist u.a. ein gravierender Anstieg der Islamfeindlichkeit, des Antiziganismus und der Ablehnung von Asylbewerbern im Vergleich zu den Vorstudien. Etwa 50 % der Befragten würden die »Zuwanderung aus muslimischen Staaten« unterbinden, und sich über 41 % »fremd im eigenen Land« vorkommen – wegen der „vielen Muslime“, die in Deutschland leben. Man muss betonen, dass das Zahlen nach der Aufdeckung der NSU-Morde und nach der großen „Flüchtlingswelle“ 2015 sind, die auch vor dem Hintergrund des Aufkommens großer nationalistisch-islamfeindlicher Bewegungen in Deutschland interpretiert werden müssen. Schon im Jahre 2014 benannte die Mitte Studie richtigerweise die Islamfeindlichkeit als die neue Gestalt des Rassismus in Deutschland. Demgegenüber haben ca. 62 % der Deutschen keine privaten Kontakte zu Muslimen oder haben je eine Moschee von innen gesehen (Zeit Online, 6.5.2016). Die Furcht oder Aversion der Mehrheitsgesellschaft vor dieser Minderheit scheint nicht aus privaten Kontakten herzurühren, diese Form des Rassismus kann aber im Alltag alle treffen, die dem Aussehen nach als „orientalisch“ qualifiziert werden.
Immer wenn ich an den NSU denke, denke ich auch an Situationen in meinem Leben, in denen ich Zeuge von Rassismus geworden bin. Vor vielen Jahren sagte ein Polizist zu mir, während er auf eine romastämmige Frau zeigte, in einem erstaunlich ruhigen Tonfall: „Die wird zum dritten Mal von der Polizei gefasst. Keine Richterin wird die jemals verknacken, weil die jedes Mal schwanger ist. Ich sag dir jetzt mal was: Wir Deutschen haben echt viel Geduld. Es ist schwer uns aufzubringen, aber wenn wir uns mal aufregen, dann richtig.“ Daraufhin schwieg er und ging seines Weges.
Ein paar Jahre später in der U-Bahn: Eine ältere deutsche Frau diskutierte mit einer dunkelhäutigen Frau. An der Haltestelle stieg sie aus und sagte beim Aussteigen ebenso kühl und nüchtern wie der Polizist: „Freuen sie sich nicht zu früh. Es gab auch mal 4 Millionen Juden in Europa.“
Ein dritter Vorfall ereignete sich in Düsseldorf nach den Vorfällen am Kölner Hauptbahnhof. Zwei Frauen mit Kleinkindern und ihren Ehemännern standen an ihren Autos und unterhielten sich. Keine von ihnen hatte ein Kopftuch, alle waren westlich gekleidet. Ein deutsches Rentnerpaar ging an ihnen vorbei. Die Oma stieß mit ihrer Schulter eine Mutter weg, spuckte vor ihre Füße und sagte laut: „Pfui, Teufel!“ Sie gingen langsam weiter, ohne sich noch mal umzudrehen. Die Männer und Frauen waren zu geschockt, um etwas zu erwidern.
So unterschiedlich und selten diese Ereignisse in meinem Leben auch sind, neben dem gezeigten Rassismus sind das Selbstvertrauen und die eigenartige Ruhe der Protagonisten die Aspekte, die mich am meisten überrascht haben. In diesen Situationen wähnten diese Personen sich in einer moralisch überlegenen Position, als seien sie absolut im Recht und ihr Gesellschaftsbild das richtige. Der selbstgerechte Abgang nach der rassistischen Aussage oder Handlung. Die subjektive Sicherheit, ein Teil bzw. Repräsentant der Mehrheitsgesellschaft zu sein, bürgerlich, europäisch, weiß und unauffällig genug, um wieder in der Masse verschwinden zu können.
Wie die NSU-Mörder.
Zehn Menschen sind ermordet worden. Allesamt hart arbeitende Menschen und zumeist Familienväter. Wo war der Aufschrei, als innerhalb eines Jahres zwei oder drei Menschen, in einem Rhythmus von ein paar Tagen, Wochen oder Monaten, hingerichtet wurden? Nürnberg, Hamburg, München. Dann ein Jahr Pause und dann wieder das gleiche an anderen Orten. Rostock, Dortmund, Kassel usw. Dazwischen eine Nagelbombe in einer von Migrant_innen bewohnten Einkaufsstraße in Köln. „Die Polizei ermittelt im Türkenmilieu“, war uns als Antwort genug. Der „Migrant“ findet Eingang in unsere Debatten entweder als Salafist, U-Bahnschläger, Hartz-IV-Empfänger oder als rappender Unterschichtsaufsteiger, beziehungsweise alle Eigenschaften in sich vereinend. Prollig, halbkriminell und mit Akzent. Ist es darum nicht verwunderlich, dass wir uns alle, selbst die meisten Migrant_innen, jahrelang nicht über den Begriff „Döner-Morde“ aufgeregt haben. Dass wir die Aufregung der Opferfamilien, ihre Demonstrationen, ihre Hinweise, in der rechten Ecke zu suchen, ignoriert haben. Unsere politische Kultur, unsere Medien und die Gesellschaft haben diese Verrohung mitgetragen und ihren moralischen Bankrott erklärt. Wer hört heute einem deutschen Regierungspolitiker denn noch ernsthaft zu, wenn dieser über Migration redet? Ich habe damit aufgehört, aus solchen Mündern sinnvolle Aussagen zu erwarten. Die Frage ist provozierend, aber was wäre gewesen, wenn es „normale“ Deutsche aus der oberen Mittelschicht getroffen hätte? Hätte die Polizei auch dann im „Türkenmilieu“ ermittelt oder gibt es auch ein „Deutsches Milieu“? Vermutlich nicht, wie uns die operative Fallanalyse des LKA Baden-Württemberg von 2007 erklärt, da Morden im europäischen Kulturkreis mit einem hohen Tabu versehen ist und die Täter nur von weit außerhalb des hiesigen Werte- und Normensystems kommen können (vgl. Hajo Funke 2013). Und welcher Politiker will schon die mediale Präsenz einer mordenden Nazibande während des Sommermärchens in den Medien?
Wenn ich auf Podiumsdiskussionen oder im Fernsehen die Nebenklageanwälte aus dem Münchener NSU-Prozess miterlebe, so denke ich, dass sie ebenso frustriert und wütend auf diesen Apparat sind. Teilweise von uns allein gelassen, teilweise auch im Bewusstsein, dass der Staat die versprochene lückenlose Aufklärung niemals ernst gemeint hat. Wie muss es den Opferfamilien gehen? Den Ehefrauen, denen in ihren Vernehmungen wahrheits- und rechtswidrig Bilder von blonden Frauen vorgelegt wurden, die angeblichen Geliebten ihrer Männer, um sie zum Geständnis zu überführen, dass sie selbst ihre Ehemänner ermordet haben. Dass die Ermordeten ein Jahrzehnt lang von der Polizei als Teil der Wettmafia, als Menschenhändler, Zuhälter und Drogenhändler angesehen und ihre Familien als Mitwisser behandelt wurden, wurde nach der NSU-Aufdeckung 2011 als Humbug entlarvt, aber fast alle Polizisten meinen von sich, sie hätten richtig gehandelt. Oder in der Keupstraße. Nur weil der Friseur, an dessen Laden die Nagelbombe detonierte, in seiner Freizeit Oddset gespielt hat und Männer mit muskulösen Oberkörpern sich bei ihm die Haare haben schneiden lassen, hat die Kölner Polizei jahrelang nicht gegen die Nazis, sondern gegen ihn ermittelt und mehrere verdeckte Ermittler auf ihn und die anderen Keupstraßenbewohner angesetzt? Auch seine auf einer Podiumsdiskussion zum Ausdruck gebrachte Verwunderung darüber, warum er eine Bombe zünden lassen sollte, während sein Bruder und seine Freunde im Laden sind, hat die Kölner Polizei nicht beirren können. Der Türke ist anscheinend zu raffiniert, um sich zu verraten, und im Umkehrschluss aus verschiedenen operativen Fallanalyse (OFA) und Aussagen von Politikern ging man von einer „Mauer des Schweigens“ (Günter Beckstein, ehemals bayerischer Innenminister), einer „Kultur des Tötens“ und einem „rigiden Ehrenkodex“ (OFA BW) in diesem „Milieu“ aus. Die Wortwahl der Ermittler und verantwortlichen Politiker zeigt auf, welche Meinung man von den Opfern hatte.
All diese, für sich selbst sprechenden Äußerungen erzeugen bei mir eine Art von Hilflosigkeit, die daraus resultiert, dass mein Verstand die seltsamen Vorfälle während der polizeilichen Ermittlungen nicht als bloße Zufälle und als peinliches Behördenversagen abtun kann. Wie kann man sachlich über den größten Skandal der Nachkriegsgeschichte Deutschlands schreiben, in dem die Ermittlungsbehörden und Sicherheitsdienste geradezu darum wetteifern, ihr eigenes „rigides Inneres“ zur Schau zu stellen? Alleine mit „Abschaffen“ könnte man diese Problematik auch nicht lösen. Den Verfassungsschutz kann man zwar abschaffen, aber die Polizei nicht. Und vermutlich würden die gleichen Beamten dann wieder in eine andere Behörde wandern und dort weitermachen. Die Frage, wohin mit denen, kann ich leider auch nicht beantworten.
Staatswohl und Quellenschutz sind oberste Priorität der Sicherheitsbehörden in Deutschland. Nicht irgendwelche Leichen, zumal wenn es ausländische sind. Das haben wir alle gelernt seit den Untersuchungsausschüssen. Und wir haben gelernt, dass der Verfassungsschutz mit seinem System der V-Leute in einer Grauzone ohne demokratische Kontrolle operiert. Ein problematisches „persönliches“ Verhältnis des V-Mann-Führers zum geführten V-Mann hat auch der ehemals höchste Verfassungsschützer NRWs, Dr. Hartwig M. (Amtszeit 1999 bis 2009), im April 2016 vor dem NSU-Untersuchungsausschuss in Düsseldorf attestiert. Er sehe das nach seiner Verrentung lockerer und könne das bestätigen. Verfassungsschutzbeamte seien jahrelang, manchmal bis zur Verrentung, mit ihrem V-Mann liiert und ihre Treffen würden nicht überwacht. Eine Rotation sei nicht erwünscht und werde gerade von V-Mann-Führern blockiert. Ganz allein die weitergegebenen Informationen des V-Mann-Führers werden als entscheidend angesehen. Aber genau dieses V-Mann-System begründet das Alleinstellungsmerkmal der Verfassungsschutzämter. Als besonders gutes Beispiel für einen V-Mann-Führer kann Andreas Temme, wegen seiner Gesinnung auch „Klein Adolf“ genannt, ins Feld geführt werden. Der V-Mann-Führer Temme war zur selben Zeit in dem Kasseler Internetcafé anwesend, als dessen türkischer Betreiber, Halit Yozgat, mit der NSU-Ceska hingerichtet wurde. Zwei Wochen lang hat er sich nicht bei der Polizei als Zeuge gemeldet, bis er von der Polizei selbst ausfindig gemacht wurde. Mehrmals hat er in Vernehmungen gelogen und zuerst sogar seine Anwesenheit im Café während des Mordes bestritten. Den Toten hinter dem Tisch und die Bluttropfen auf dem Tisch habe er nicht gesehen, aber bezahlt habe er seinen Internetbesuch wie ein anständiger Bürger. Der ehemalige Geheimschutzbeauftragte in Hessen, Gerald-Hasso Hess, sagte am Telefon zu ihm, dokumentiert in Abhörprotokollen der Polizei, wenn man wüsste, dass so etwas passiert, solle man sich am besten von diesen Orten fernhalten bzw. daran vorbeifahren. Auf Nachfrage vor dem Untersuchungsausschuss in Hessen wollte er das natürlich nur ironisch gemeint haben (NSU-Watch Hessen). Da Temme, der auch Kontakte zu den Hells Angels besessen haben soll, als bester Mann des LfV Hessen galt, wurde er auch noch von ganz oben beschützt. Die polizeiliche Vernehmung seiner V-Leute wurde vom späteren hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier (damals hessischer Innenminister) persönlich verhindert.
Ja, einen Feierabendterrorismus habe man in der Naziszene für möglich gehalten, so Dr. Hartwig M., aber keine rechtsterroristische Zelle. Dafür hätten die rechten Kameradschaften einfach zu wenig geschrieben. Die RAF habe immer viel geschrieben und Bekennerbriefe hinterlassen. Die Nazis hätten ja nicht mal eine Satzung gehabt. Jede seriöse terroristische Gruppe, die in den Untergrund gehen will, brauche doch eine Satzung oder einen Organisationsplan. Rechtsextreme Konzepte, wie die „leaderless resistance“ oder die Rede vom „einsamen Wolf“, schien man wohl nicht ernst genommen zu haben, da die RAF-Geschichte das Denken der Behörden immer noch beherrscht. Aber bleiben wir fair. Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat bereits 2004 ein geheimes Dossier zu rechtsterroristischen Umtrieben erarbeitet, das die Namen der beiden Uwe´s enthielt, und das LKA NRW wie auch das BKA haben im Jahre 2004 und 2005 operative Fallanalysen für den Nagelbombenanschlag in der Keupstraße angefertigt, die auf einen Täterkreis von zwei Personen mit „hoher Menschenverachtung bzw. ausgeprägtem Hass gegen die türkische Gemeinschaft in der Keupstraße“ hingewiesen haben. Dabei wurde nur auf ein persönliches Motiv der Täter, wie etwa ein „negatives Ereignis mit Türken“ (Anm.: D.h. wahrscheinlich, am Rassismus sind die Türken irgendwie auch selber schuld), aber nicht auf ein politisches Motiv, da Bekennerbriefe fehlen würden, abgestellt. Verschiedene Profiler haben für die NSU-Morde in anderen Bundesländern, z. B. nach der operativen Fallanalyse eines Psychologen aus München, eine rechtsextreme Gesinnung als Motiv der Täter direkt benannt, wurden aber ignoriert. Sogar Scotland Yard hatte sich ungefragt an die Kölner Polizei gewandt und auf Parallelen mit den rechtsterroristischen Nagelbombenanschlägen in London im Jahre 1999 aufmerksam gemacht. Dumm nur, dass bei der Kölner Polizei keiner richtig Englisch kann und der Polizist Jörg S. den 80-seitigen Scotland-Yard-Bericht nicht gelesen hat, wie er selbst ausgesagt hat, obwohl er die Akte unterschrieben hatte. [1] Auf die Frage im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) NRW, ob er den Namen des englischen Nazis David Copeland, der die Nagelbombenattentate verübt hatte, jemals gehört habe, erwiderte dieser nur mit: „Kam der aus Köln?“. Der damalige Leiter der Ermittlungen, KHK Markus W., bestritt vor dem PUA NRW im Mai 2016 die Wichtigkeit des Berichts. Auch wenn er diesen gelesen hätte, wäre er auf der Keupstraße nicht anders vorgegangen. Man habe „handwerklich einwandfrei gearbeitet“. Die Verfassungsschutzbehörde habe ebensowenig Hinweise auf einen organisierten rechtsextremen Hintergrund oder ein Netzwerk gegeben, und man habe daher den Schwerpunkt auf diverse Formen der organisierten Kriminalität gelegt, obwohl man nach drei Jahren Ermittlungsarbeit in dieser Hinsicht nicht viel mehr herausgefunden habe als einen Tag nach dem Anschlag. Dieselbe Kölner Polizei war sich aber nicht zu schade, eine Hellseherin in München aufzusuchen, die ebenfalls keine Nazis als Täter ausmachen konnte. Auch Dr. Hartwig M. hat keine Berichte dieser Art gelesen, da er ganz oben im Landesverfassungsschutz nur das gelesen habe, was seine Gruppen- und Referatsleiter ihm weitergeleitet hätten. Aber ins Gewissen habe er seinen Beamten geredet, und zwar sehr oft, doch mit den Polizeibehörden zu kooperieren und diese Behördenkonkurrenz zu überwinden.
Erstaunlich ist, dass wir auf der einen Seite sehr gut informierte Behörden haben, die die Mitglieder von rechten Gruppen namentlich kennen bzw. einige bereits als V-Männer angeworben haben, Strukturen wie Combat 18, Blood and Honour, diverse Kameradschaften und den Thüringer Heimatschutz regelrecht unterwandert hatten und Nazilektüren, wie die „Turner Diaries“ kannten, die als Handlungsanleitung für rechte Terrorzellen wie den NSU galten. Auf der anderen Seite sind die gleichen Behörden genauso versiert darin, die falschen Schlussfolgerungen aus dem richtigen Material zu ziehen und Ahnungslosigkeit so auszustrahlen, dass sie einem leidtun können. Wer aber aus den hart gewonnenen Fakten, Fallanalysen, Gutachten und Beweisen keine richtigen Schlüsse ziehen kann, der ist entweder fehl am Platz oder nicht gewillt, seine Arbeit richtig zu machen. Auch wenn es sein mag, dass Behörden sich untereinander nicht über den Weg trauen und sich behindern, (siehe PUA Abschlussbericht Thüringen – Sondervotum der Linken), so erscheint die Mauer des Schweigens, die Behördenleiter in Untersuchungsausschüssen bisher errichtet haben, in ihrer Arroganz, der fehlenden Selbstkritik und Reflexion doch mehr auszusagen als tausend Worte. Dass die Kölner Polizei sich auf den Tathintergrund der organisierten Kriminalität im „Türkenmilieu“ festgelegt hatte, erscheint bedingt als Rechtfertigungsgrund für das Versagen des LfV in NRW. Das LfV hatte sich genauso schnell auf »Ausländerextremismus« festgelegt und ihre Informanten aus der Keupstraße, die andere Hinweise gaben, als nicht glaubwürdig eingestuft (so Dr. Hartwig M. im PUA NRW). Langjährige Beobachter und Kenner des NSU-Komplexes können vor lauter Ungereimtheiten, behördlichen Fahrlässigkeiten, individueller Unfähigkeit und augenscheinlichem Rassismus nur noch von einer Staatsaffäre reden.
Das größte Problem ist und bleibt immer noch bestehen. Dass Sicherheitsbehörden mit staatlicher Rückendeckung zurück zu „business as usual“ gehen konnten, statt schonungslose Aufklärung zu bieten, liegt am fehlenden gesellschaftlichen und politischen Rückhalt und einem latenten kulturellen (Neo-)Rassismus in der „sauberen Mitte“ unserer Gesellschaft. Wir können froh sein, dass wir nicht noch mehr Opfer zu beklagen haben. Die bittere Frage ist nur, ob sie uns jemals aufgefallen wären, ohne die Selbstenttarnung des NSU.
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Fußnoten: [1] Vermerk: Die Kölner Polizei hat „schnell“ gelernt und für die Aufklärung der sexuellen Übergriffe in der Silvesternacht 2015/16 die Amtshilfe von Scotland Yard diesmal dankend angenommen (KStA vom 26.1.2016).
Zuerst veröffentlicht in:
Bozay, Kemal / Aslan, Bahar / Mangitay, Orhan / Özfirat, Funda (Hg.):
Die haben gedacht, wir waren das – MigrantInnen über rechten Terror und Rassismus
Neue Kleine Bibliothek 228, 293 Seiten
ISBN 978-3-89438-614-6
PapyRossa Verlag