Zu Beginn des Prozesstages lehnt Richter Götzl ein weiteres Mal die Anträge der sog. Alt-Verteidigung von Beate Zschäpe zum psychiatrischen Sachverständigen Prof. Dr. Henning Saß ab. Diese hatte u.a. gefordert, Saß müsse sein Notizen in der Hauptverhandlung vorlegen. Später befragen RAe Sturm und Stahl den SV ausführlich u.a. zu seinen Notizen und seinen Methoden.
Sachverständiger:
- Prof. Dr. Henning Saß (Psychiatrische Begutachtung von Beate Zschäpe)
Der Verhandlungstag beginnt heute planmäßig um 10:30 Uhr. Um 10:45 Uhr geht es tatsächlich los. Nach der Präsenzfeststellung verliest Götzl den Beschluss, dass es bei dem Beschluss des Senats vom 08.02.2017, mit der er die Verfügung des Vorsitzenden zu den handschriftlich gefertigten Notizen des SV Prof. Dr. Saß bestätigte, sein Bewenden habe. Die weiteren Anträge [Unterbrechung der Befragung von Saß; Aufforderung an Saß, seine Notizen, die er im Rahmen seiner Teilnahme an der Hauptverhandlung angefertigt hat, dem Gericht vorzulegen oder andernfalls deren Beschlagnahme anzuordnen und anschließend Akteneinsicht zu gewähren, Fortsetzung der Befragung des SV nach einer angemessenen Zeit zur Auswertung der Notizen] werden abgelehnt. Außerdem werden die Anträge, die in der schriftlichen Begründung der Gegenvorstellung im Rahmen der Prozessgeschichte dargestellten Vorgänge zu protokollieren und die dargestellten Äußerungen wörtlich zu protokollieren, abgelehnt.
RA Heer: „Herr Vorsitzender, Frau Sturm, Herr Stahl und ich stellen die Anträge, zunächst eine Abschrift zu bekommen und die Hauptverhandlung bis 11:35 Uhr zu unterbrechen.“
Götzl unterbricht die Verhandlung. Gegen 11:30 Uhr wird verkündet, dass die Hauptverhandlung erst um 11:50 Uhr fortgesetzt wird.
Um 11:55 Uhr geht es dann tatsächlich weiter. Heer: „Frau Sturm, Herr Stahl und ich beantragen, die Hauptverhandlung zur Fertigung eines Ablehnungsgesuchs bis 14:30 Uhr zu unterbrechen.“ Götzl: „Gegen wen?“ Heer: „Gegen die Mitglieder des Senats.“ Götzl: „Ist das Ihr Antrag, Frau Zschäpe?“ Beate Zschäpe schüttelt den Kopf. Götzl: „Sie wissen von nichts?“ Götzl richtet sich an Heer, Stahl, Sturm: „Dann sollten Sie das besprechen.“ Er gedenke nicht, so Götzl weiter, die Hauptverhandlung bis 14:30 Uhr zu unterbrechen, wenn das nicht von der Mandantin getragen sei. Heer sagt, der Antrag bleibe aufrechterhalten. OStA Weingarten erwidert, dass ein Ablehnungsgesuch nur zulässig sei, wenn es von der Angeklagten komme. Es sei zuerst eine Abstimmung mit der Angeklagten zu suchen und erst dann sei Zeit einzuräumen, einen Antrag zu formulieren. Weingarten weiter: „Die Verteidiger müssen die Bedenken der Angeklagten formulieren und nicht der Angeklagten Bedenken vorschlagen.“ Götzl: „Soll dazu Stellung genommen werden?“ Sturm, Stahl und Heer besprechen sich längere Zeit flüsternd.
Dann sagt Heer: „Wir sehen es so, dass ein Verteidiger auch im Sinne des Interesses des Mandanten dieses Recht ausüben kann. Sie, Herr Vorsitzender, haben uns in diesem Verfahren belassen, sie halten unsere Mitwirkung also für erforderlich. Wir ziehen daraus den Schluss, dass wir dann alle Mittel nutzen können, die die StPO vorsieht, im Interesse der Mandantin.“ Weingarten: „Ich sagte es bereits: Ein Befangenheitsgesuch im Interesse, aber nicht im Namen des Angeklagten, ist unzulässig. Es steht nicht den Verteidigern zu.“ [phon.] Heer: „Angesichts der besonderen Situation in diesem Verfahren brauchen wir eine Beratungspause bis 12:15 Uhr.“ Götzl: „Wir werden die Mittagspause einlegen bis 13 Uhr.“
Um 13:08 Uhr geht es weiter. Götzl begrüßt Zschäpe-Verteidiger RA Borchert, der zuvor nicht anwesend war. RA Heer: „Aus unserer Sicht ist alles Erforderliche gesagt.“ Götzl wendet sich an die Angeklagte: „Hat sich etwas geändert, Frau Zschäpe?“ Zschäpe schüttelt den Kopf. Götzl: „Nein. Sollen noch Stellungnahmen erfolgen? Dann unterbrechen wir die Hauptverhandlung und setzen um ein Uhr fünfzehn fort.“
Um 13:17 Uhr geht es weiter. Götzl verfügt, dass die Anträge von Sturm, Stahl, Heer, die Hauptverhandlung zur Abfertigung eines Ablehnungsgesuchs lediglich im Interesse, nicht im Namen der Angeklagten zu unterbrechen, abgelehnt werden. Im vorliegenden Fall beabsichtigten die Antragssteller ein offensichtlich unzulässiges Gesuch zu stellen, so Götzl.
Götzl zu Prof. Dr. Henning Saß: „Dann setzen wir mit Ihrer Anhörung fort, Herr Prof. Saß. Wir waren stehengeblieben bei der Befragung durch Sie, Frau Rechtsanwältin Sturm. Wollen Sie fortsetzen?“ Zschäpe-Verteidigerin RAin Sturm: „Dann komme ich zurück auf das Thema Ihrer Beobachtungen. Sie hatten ja geschildert, an welche Beobachtungen vom ersten Tag Sie sich erinnern. Erinnern Sie sich noch daran, was Sie zum ersten Tag notiert hatten?“ Saß: „Im Detail nicht, ich verweise auf meine Ausführungen in der Stellungnahme.“ Sturm: „Ja, mich interessiert, woran Sie sich jetzt erinnern können.“ Götzl: „Die Frage war schon gestellt.“ Sturm: „Ich habe gefragt, Herr Vorsitzender, ob sich der Sachverständige daran erinnert, was er sich an Beobachtungen zum ersten Tag notiert hat.“ Götzl: „Das ist aber eine Wiederholungsfrage.“ Sturm: „Nein, das ist keine Wiederholung, ich hatte ihn bisher gefragt, an was er sich selbst erinnerte. Ich hatte nicht gefragt, was er sich von diesen Wahrnehmungen notiert hatte.“
Sturm: „Über das dort Festgehaltene hinaus: Gab es weitere Aspekte, die Sie zunächst für sich notiert haben?“ Saß: “ Ich bin nicht in der Lage, das, was ich notiert habe, jetzt zu reproduzieren. Das was mir an Ereignissen am ersten Tag von Bedeutung erschien, habe ich festgehalten. Grundsätzlich ist es so, dass ich deutlich mehr Notizen gemacht habe, als ich verwendet habe. Ich habe die Notizen daraufhin durchgesehen, ob sie von Bedeutung für die Gutachtenerstattung sind.“ Sturm: „Können Sie insoweit noch differenzieren, an welchen Tagen Sie sämtliche Ihrer Notizen verwandt haben und an welchen Tagen nur auszugsweise.“ Saß: „Das kann ich bezogen auf 340 Tage, nein, vielleicht 270, nicht.“
Sturm: „Wann haben Sie sich Ihre Notizen durchgesehen im Hinblick auf die Relevanz für die Gutachtenerstattung?“ Saß: „Eigentlich immer wieder.“ Sturm: „Was heißt das?“ Saß: „Im Verfahren in Verhandlungspausen, zu Hause, in der Vorbereitung der Stellungnahme und in der Vorbereitung des in der Hauptverhandlung zu erstattenden Gutachtens.“ Sturm: „Erinnern Sie sich noch zum Hauptverhandlungstag 2, was Sie da an Wahrnehmungen gemacht haben?“ Saß schweigt kurz und sagt dann: „Im Detail nicht.“ Sturm: „Außer der zusammenfassenden Bewertung, die wir Ihren vorläufigen Ausführungen oder dem Manuskript entnehmen können: Erinnern Sie sich an einzelne Wahrnehmungen konkreter Art?“ Saß: „Nicht, dass ich sie jetzt auf den Tag differenziert darstellen könnte.“ Sturm: „Und an eine konkrete Beobachtung losgelöst vom zeitlichen Bezug, also nicht auf einzelnen Hauptverhandlungstag bezogen?“ Saß: „Ja, ich habe viele Erinnerungen an einzelne Wahrnehmungen, die ich an einzelnen Prozesstagen gemacht habe.“
Sturm: „Haben sie sich zu ihren jeweiligen Aufzeichnungen Notizen gemacht, in welcher Verfahrenssituation Sie die entsprechenden Beobachtungen gemacht haben?“ Saß: „Ja, die Aufzeichnungen halten viele Einzelheiten fest: Worum es ging, etwa welche Zeugen, welche Sachverständigen, die Videos, die Verlesungen. Ich habe nicht die 770 Seiten mit Beobachtungen von Frau Zschäpe allein gefüllt, sondern auch sehr viele Details aus der Verhandlung, Zeugenaussagen, Sachverständigenvortrag, Dinge die gezeigt wurden und so etwas.“ Sturm: „Haben Sie für sich die von Ihnen getätigten Beobachtungen des Verhaltens von Frau Zschäpe in Bezug zur Hauptverhandlung gesetzt?“ Saß: „Ja, das hatte ich ja auch so vorgetragen. Da beziehe ich mich auf meine ursprüngliche Gutachtenerstattung und die zusätzlichen Ausführungen, die ich in der vorläufigen Stellungnahme gemacht habe.“
Sturm: „Wann haben Sie entschieden, dass etwas relevant ist?“ Saß: „Mal war es so, dass ich direkt bei der Beobachtung den Eindruck hatte, dass das von Relevanz ist, manchmal hat es sich aus späteren Zusammenhängen ergeben. Das Ganze ist ein Prozess und eine Entwicklung, in der sich allmählich ein Bild formt, Erwägungen überprüft werden, wo sich Eindrücke festigen und schließlich, wenn ich es für tragfähig gehalten habe, in das Gutachten eingegangen sind.“
Sturm: „Welches Bild hatten Sie denn zu Beginn der Hauptverhandlung?“ Saß: „Wovon?“ Sturm: „Von Frau Zschäpe.“ Saß: „In welcher Beziehung?“ Sturm: „Wovon Sie gerade gesprochen haben.“ Saß: „Dass Sie zu Beginn gehemmt war, eine gewisse Befangenheit und Bemühen um Kontrolle. Ich berufe mich auf all das, was ich hierzu ausführlich schon vorgetragen habe und wie es auch in meiner Stellungnahme steht.“
Sturm: „Ich habe es so verstanden, dass das was Sie vorgetragen haben, Ihre abschließende Bewertung ist. Meine Frage zielte konkret auf Ihr Bild von Frau Zschäpe zu Beginn der Hauptverhandlung ab.“ Saß: „Das habe ich jetzt bereits mehrfach gesagt.“ Sturm: „Nein, haben Sie nicht. Sie hatten gesagt, Sie haben hier eine abschließende Beurteilung abgegeben. Die Frage lautete: Welches Bild hatten Sie zu Beginn von Frau Zschäpe?“ Saß: „Das was ich geschildert hatte: etwas befangen, gehemmt und um Beherrschung bemüht. Aber ich weise darauf hin, dass ich das hier schon zur Genüge gesagt habe und dass ich auch gesagt habe: Eine exakte Dokumentation, wie sich im Laufe der Zeit die Eindrücke verfestigt haben, die gibt es nicht.“ Sturm: „Sie brauchen das nicht zu wiederholen. Ich möchte Sie bitten, sich anzustrengen. [phon.] Meine Fragen zielen darauf ab, an was Sie sich noch erinnern, und einzelne Eindrücke, die sich abgeschwächt haben, die Sie verworfen haben, hier wiederzugeben.“ Saß: „Also die wesentlichen Eindrücke, die ich im Laufe der Zeit gewonnen habe, sind in meinem Gutachten vorgetragen worden und in der zusätzlichen Befragung.“
Sturm: „Herr Prof. Saß, Sie hatten zuletzt ausgeführt, dass Sie sich die Notizen noch einmal angesehen haben.“ Saß: „Nicht einmal.“ Sturm: „Nicht durchgesehen?“ Saß: „Nicht einmal, sondern mehrfach!“ Sturm: „Nach der ersten Befragung durch mich, haben Sie sich anschließend Ihre Notizen noch einmal durchgesehen?“ Saß: „Ja, es gibt viele Notizen, die 770 Seiten, dann Zwischenstufen davon, es gibt sehr viele Materialien, die ich im Laufe der Zeit immer wieder zur Hand genommen habe, auf Richtigkeit und Aktualität überprüft habe. Das ist ein ganzes Konvolut von Unterlagen und ich habe auch in der letzten Zeit mit diesem Konvolut gearbeitet.“ Sturm: „Was konkret haben Sie sich da angesehen, alle 770 Seiten plus die jetzt erstmals erwähnten Unterlagen?“ Saß: „Nein.“ Sturm: „Was haben Sie sich seit meiner Befragung angesehen?“ Saß: „Was mir wichtig erschien. Ich habe kursorisch geblättert, die Versionen – da gab es unterschiedliche Reifegrade – zur Hand genommen. Im Wesentlichen das, was ich am 19.10. abgegeben habe und hier vorgetragen habe im Januar.“ Sturm: „Wann haben Sie sich entschieden, was Sie aufarbeiten und was Sie nur kursorisch durchblättern?“ Saß: „Es fällt mir schwer, das zu beantworten. Ich habe einiges durchgearbeitet und ich hatte die Gutachtenfragen im Kopf und natürlich im Kopf, was die Prozessbeteiligten wohl für Fragen haben. Relevant? Wenn Sie mich fragen, was für mich der Maßstab für Relevanz ist, ist es das, was für die Beantwortung der Beweisfragen wichtig ist. Aber es hat mich mal dieser Aspekt mehr interessiert, mal ein anderer. Ich habe die Materialien mal im Hinblick auf die Hangfrage, dann auf die Gefährlichkeit durchgesehen. [phon.] Dann habe ich mal die Erklärungen von Frau Zschäpe hergenommen, dann meine persönliche Notizen [phon.]. Wie man halt vorgeht, wenn man einen großen Apparat durcharbeiten muss.“
Dann übernimmt RA Stahl die Befragung. Stahl: „Mir geht es ausschließlich um das Thema Prognosefragestellung und da würde ich gerne ganz grundsätzlich erklärt bekommen: Diese neun Kriterien, wo kommen die her?“ Saß: „Das ist aus unserer Arbeit entwickelt. Das ist das Ergebnis jahrelanger eigener Erfahrungen, außerdem denjenigen des Herrn Habermeyer, der sich habilitiert hat über die Sicherungsverwahrung und der mein Schüler war. Und dann noch aus der Literatur. Aus diesen drei Quellen sind diese Anhaltspunkte herausdestilliert worden.“ Stahl: „Haben Sie da Untersuchungen gemacht, welche Erfahrungen führten dazu, dass es gerade diese neun Kriterien geworden sind?“ Saß: „Die eigenen Erfahrungen, andere Fälle. Da geht man die Fälle durch: Was findet man gehäuft bei mir wie auch bei Habermeyer. [phon.] Der hat ja seine Habilitationsschrift dazu gemacht und die Tauglichkeit daraus empirisch abgeleitet.“ Stahl: „Meine Frage zielte drauf, ob es Validitätsuntersuchungen zu diesen Kriterien gibt.“ Saß: „Was meinen Sie mit Validität, Validität im Hinblick worauf?“ Stahl: „Vielleicht sprechen wir nicht über denselben Validitätsbegriff. Ich meine, die Belastbarkeit, dass ein Hang festgestellt werden kann anhand des Zutreffens dieser Kriterien. Vielleicht habe ich es nicht richtig verstanden.“ Saß: „Ich berufe mich auf das, was ich schon ausgeführt habe. Also, ich habe sehr großen Wert darauf gelegt, dass der Hang nicht vom Psychiater festgestellt werden muss, sondern vom Gericht.“
Stahl: „In Bezug auf das Merkmal einer ‚ich-syntonen Haltung zu Delinquenz‘, da haben Sie in der Dauer des Verfahrens keine authentischen Hinweise gefunden, dass diese Haltung aufgegeben worden wäre. Ich wollte wissen, welche Hinweise es überhaupt geben kann.“ Saß: „Nach meiner Erinnerung habe ich es beantwortet. Nämlich Anzeichen von Erschütterung, Betroffenheit, Äußerung von Mitgefühl. Wobei ich erörtert habe, dass diese in den schriftlichen Erklärungen enthalten sind, wobei mir das recht papieren erschien und wir von Rechtsanwalt Borchert erfahren haben, dass diese Formulierungen weitgehend von den Verteidigern vorgegeben waren.“ Stahl: „Ja, das betraf jetzt allgemein das Verhalten von Frau Zschäpe in der Hauptverhandlung. Mir ging es aber um das Kriterium 1, Frau Zschäpes Haltung zur Delinquenz. Und Sie beantworten das damit, dass die Abwesenheit von authentischen Hinweisen, dass eine solche Haltung zur Delinquenz nicht aufgegeben worden ist, heute das Vorliegen von Kriterium 1 noch nahelegt [phon.]. Am Fehlen von aufrichtigem Bedauern etwa bei Zeugen. Ist das so?“ Saß: „Das haben wir ja schon drei mal gesagt. Es ist Ihre Formulierung, aber im Großen und Ganzen: Ja.“
Stahl: „Kann eine Haltung aufgegeben werden?“ Saß: „Natürlich.“ Stahl: „Also bei ‚ich-syntoner Haltung zur Delinquenz‘ sagen Sie: Bei Frau Zschäpe liegt das auch heute noch vor?“ Saß: „Ich sage nicht: Liegt das heute noch vor. Ich sage: Wenn man von Szenario 2 ausgeht, dann ist es zu bejahen.“ Stahl: „Dann müssen wir besprechen, was mit Szenario 2 gemeint ist.“ Saß: „Das habe ich doch beschrieben.“ Stahl: „Was heißt ‚wenn wir von Szenario 2 ausgehen‘? Was bedeutet das?“ Saß: „Da berufe ich mich auf die Ausführungen. Ich habe das hier vorgetragen in der Hauptverhandlung, was Szenario 1 und Szenario 2 sind.“ Stahl: „Ich habe das nicht alles im Kopf, ich muss das nachgucken. Also auf Blatt 49 schreiben Sie: ‚In einem zweiten Szenario wäre im Großen und Ganzen von der Darstellung der Anklageschrift auszugehen.‘ Was heißt das jetzt?“ Saß: „Das war gemeint mit Szenario 2. Ich habe es noch ein bisschen ausgeführt, aber brauchen wir vielleicht nicht zu wiederholen.“ Stahl: „Naja, ‚im Großen und Ganzen‘.“ Saß: „Ja, weil ich mich hüten würde, mich detailliert zu äußern.“ [phon.]
Stahl: „Wir antizipieren mal: Tag der Urteilsverkündung und der Senat sagt: Im Großen und Ganzen Szenario 2, Verurteilung. Was soll man damit anfangen?“ Saß: „Damit habe ich nichts zu tun. Für mich bedeutet Szenario 2, dass im Großen und Ganzen die Darstellung, wie es in der Anklageschrift steht, zutrifft. Wenn man das unterstellt, komme ich zu der Schlussfolgerung.“ Stahl: „Und das überprüfen, kann ja nur der Senat. Dann wäre der Zeitpunkt ja die Urteilsverkündung. Mir geht es einfach darum, ob Sie heute oder am Tag, wo das festgestellt werden wird, ob Sie da eine solche ‚ich-syntone Haltung‘ zur Delinquenz bei Frau Zschäpe festgestellt haben.“ Saß: „Nein, das liegt ja in der Zukunft. Das habe ich nicht festgestellt.“
Stahl: „Eine ‚zustimmende ich-syntone Haltung zur Delinquenz‘ und dann sagen, Sie, dies wäre, wenn man von Szenario 2 ausgeht, zu bejahen.“ Saß: „Ja, so ist das gemeint.“ Stahl: „Ja, zu welchem Zeitpunkt?“ Saß: „Für mich ist das heute so, aber gewachsen ist die Haltung aus einer jahrelangen Entwicklung.“
Der Verhandlungstag endet um 16:50 Uhr.
Kommentar des Blogs NSU-Nebenklage, hier.
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