An diesem Prozesstag wird zunächst der Zeuge Christoph Schn. vom BKA erneut gehört. Es geht um Ermittlungen zu einer Schussverletzung in Chemnitz und ob diese dem NSU zugeordnet werden könnte. Allerdings erbringt die Befragung keine neuen Erkenntnisse. Danach lehnt Richter Götzl den Antrag der RAe Sturm, Stahl und Heer ab, den Sachverständigen Prof. Dr. Saß anzuleiten, seine Notizen mitzubringen. Dazu gibt es eine Gegendarstellung und daraufhin beendet Götzl den Verhandlungstag.
Zeuge:
- Christoph Schn. (BKA, ergänzende Ermittlungen zu einer Schussverletzung in Chemnitz 2000, Angaben des Angeklagten Carsten Schultze)
Der Verhandlungstag beginnt um 09:46 Uhr. Nach der Präsenzfeststellung wird der Zeuge Christoph Schn. gehört [zuletzt 329. Verhandlungstag]. Götzl: „Es geht uns um ergänzende Ermittlungen zu einem Thema, zu dem wir Sie schon gehört haben, Wolgograder Allee, Chemnitz, Vorfall am 14.06.2000.“ Götzl sagt, Schn. solle Ermittlungen und Ergebnis vorstellen. Schn. sagt, in Ergänzung seien Befragungen von ehemaligen Mitarbeitern der Firma Bigu [phon.] geführt worden, drei hätten zwischenzeitlich durchgeführt werden können. Ein Mitarbeiter sei zwischenzeitlich verstorben. Die drei Befragten hätten angegeben, sich an die Baustelle auf der Wolgograder Allee zu erinnern, aber nicht daran, dass ein Kollege angeschossen worden sein soll. Alle drei hätten sich nicht daran erinnern können, dass im Kollegen- bzw. Mitarbeiterkreis über einen solchen Vorfall geredet wurde. Schn. berichtet, dass er eine E-Mail von einem Herrn L. bekommen habe, der Geschäftsführer der Firma Bigu gewesen sei. Außerdem habe er mit einem Rechtsanwalt für Insolvenzrecht gesprochen, dieser sei seit 2005 Geschäftsführer der Firma gewesen und habe sich um die Sanierung kümmern sollen, dies sei ihm nicht gelungen. Der RA habe keine Personen nennen können, die da mglw. betroffen sein könnten, ihm lägen dazu auch keine Unterlagen mehr vor. In einer anderen Kanzlei seien zwar Akten vorhanden gewesen, aber alle erst seit 2004, daher habe er auf die Erhebung der Personalien und Befragung der Personen verzichtet.
NK-Vertreter RA Langer: „Nur eine Frage: Beziehen Sie sich auf die Nachermittlungsunterlagen, die wir bekommen haben am 342. Hauptverhandlung?“ Langer fragt, ob Freddy G. [phon.], der ausgesagt habe, sich an die Baustelle auf der Wolgograder Allee erinnern zu können, gefragt worden sei, wo genau diese Baustelle sich befunden hat. Schn.: „Kann ich Ihnen nicht sagen, weil ich die Befragung nicht durchgeführt habe. Glaube nicht.“ Um 09:54 Uhr wird der Zeuge entlassen.
Götzl: „Soll denn zu der Beanstandung, die von Frau Sturm, Herrn Stahl und Herrn Heer erfolgt ist, soll dazu noch von irgendeiner Seite Stellung genommen werden?“ Niemand meldet sich. Dann verkündet Götzl den Beschluss, dass die Verfügung bestätigt wird, mit der die Anträge, Prof. Dr. Saß zu leiten, seine handschriftlich gefertigten Notizen zum Gerichtsort zu bringen, abgelehnt wurden. Zur Begründung führt er aus:
1. Die richterliche Leitung eines Sachverständigen erfolgt zunächst nach § 78 StPO und während der Vernehmung des Sachverständigen in laufender Hauptverhandlung dann nach § 238 Abs. 1 StPO.
2. Die beanstandete Verfügung des Vorsitzenden war zu bestätigen, da sie nicht unzulässig im Sinne von § 238 Abs. 2 StPO ist. Unzulässig im Sinne dieser Vorschrift ist eine Maßnahme des Vorsitzenden, wenn sie gegen gesetzliche Vorschriften oder ungeschriebene Verfahrensgrundsätze verstößt oder wenn ein Ermessensmissbrauch vorliegt.
a. Die Ablehnung der Anträge, den Sachverständigen zu leiten, seine handschriftlichen Unterlagen zum Gerichtsort zu bringen, verstößt weder gegen eine gesetzliche Vorschrift noch gegen einen ungeschriebenen Verfahrensgrundsatz.
b. Die Antragsteller haben keinen Anspruch auf die beantragte Anleitung des Sachverständigen. Ein Ermessensmissbrauch liegt in der Ablehnung ihrer Anträge nicht. i. Die Leitung der Verhandlung und damit auch die Anleitung oder auch Ablehnung der Anleitung eines Sachverständigen nach § 238 Abs. 1 StPO obliegt dem Vorsitzenden. Er muss hierbei den Erfordernissen einer zweckmäßigen und zügigen Verfahrensabwicklung Rechnung tragen; dabei hat er sich von dem Ziel der bestmöglichen Sachaufklärung und einer fairen Verhandlungsführung leiten zu lassen, die den Verfahrensbeteiligten Raum für die sachgerechte Wahrnehmung ihrer Verfahrensbefugnisse lässt. ii. Das Ziel der bestmöglichen Sachaufklärung richtet sich nach der gerichtlichen Aufklärungspflicht, die somit als Maßstab für die Ausübung des Ermessens herangezogen werden kann. 1. Die Aufklärungspflicht reicht so weit wie die aus dem gesamten Prozessstoff bekannt gewordenen Tatsachen zum Gebrauch von Beweismitteln drängen oder ihn nahe legen. Dabei muss nur den erkennbaren und sinnvollen Möglichkeiten zur Aufklärung des Sachverhalts nachgegangen werden. Die Aufklärungspflicht, deren Rahmen durch die prozessuale Tat abgesteckt wird, erstreckt sich auf alle rechtlich erheblichen Tatsachen. Es kommt darauf an, ob bei verständiger Würdigung der Sachlage durch den abwägenden Richter die Verwendung einer Aufklärungsmöglichkeit den Schuldvorwurf – und dieser ist entscheidend – möglicherweise widerlegt, in Frage gestellt oder als begründet erwiesen hätte. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass sich der gegenständliche Umfang der gerichtlichen Aufklärungspflicht mit der in der Anklage bezeichneten Tat deckt. Zu dieser sind alle Tatsachen festzustellen, die für die Anwendung des materiellen Strafrechts maßgeblich sind.
2. Der Sachverständige Prof. Dr. Saß hat am 336., 337., 339., 340., 341. und 343. Hauptverhandlungstag sein Gutachten erstattet und Fragen der Prozessbeteiligten beantwortet. Gegenstand der Anhörung im Rahmen seiner Gutachtenserstattung waren unter anderem seine Beobachtungen betreffend das Ausdrucksverhalten und die Interaktionen der Angeklagten Zschäpe in und am Rande der Hauptverhandlung. Dabei führte der Sachverständige aus, dass es sich um eine zusammenfassende Darstellung seiner Beobachtungen seit dem ersten Hauptverhandlungstag handele. Die von ihm geschilderten Beobachtungen, die er für die Begutachtung auch verwertet habe, habe er anhand der von ihm in und am Rande der Hauptverhandlung gefertigten Notizen danach ausgewählt, ob sie von Bedeutung für die ihm gestellten Fragen im Rahmen der Gutachtenserstattung waren. Leitendes Kriterium für die seiner Schilderung zugrunde gelegte Auswahl seiner Beobachtungen sei gewesen, was für die Beurteilung der Gutachtensfragen notwendig sei. Er habe hinsichtlich des Ausdrucksverhaltens und der Interaktionen der Angeklagten Zschäpe in und am Rande der Hauptverhandlung alles geschildert, was für die Gutachtenserstattung relevant gewesen sei. Weitere von ihm gemachte Beobachtungen würden für die Beantwortung der ihm gestellten Gutachtensfragen keine Rolle spielen. Neben diesen Beobachtungen würden seine handschriftlichen Notizen eigene Gedanken, Hypothesen und Überlegungen enthalten, die dann zum Teil von ihm auch wieder verworfen worden seien. Die Notizen seien nicht für andere angefertigt und bestimmt. Er habe die Notizen als reine Arbeitsunterlage für sich persönlich gemacht. Allerdings die Beobachtungen, die für die Beantwortung der Gutachtensfragen relevant seien, habe er ausnahmslos und im Detail in der Hauptverhandlung geschildert.
3. Unter Berücksichtigung der Ausführungen des Sachverständigen gebietet es die Aufklärungspflicht nicht, den Sachverständigen zu leiten, seine handschriftlichen Unterlagen an den Gerichtsort mitzubringen. Der Sachverständige hat die von ihm getätigten Beobachtungen der Angeklagten Zschäpe umfassend dargestellt, soweit sie für die Beantwortung der an ihn gestellten Gutachtensfragen von Bedeutung sind. Ein weiterer Erkenntnisgewinn ist somit aus den vom Sachverständigen Prof. Dr. Saß gefertigten Notizen nicht zu erzielen, da der Sachverständige die relevanten Beobachtungen bereits dargestellt hat. Es wird von den Antragstellern weder vorgetragen noch ist es ersichtlich, dass ein vom Sachverständigen bislang nicht geschildertes Verhalten der Angeklagten für die Beantwortung der Gutachtensfragen von Bedeutung sei. 4. Im Hinblick auf den Gesichtspunkt, dass die Antragsteller methodenkritische Einwände gegen das Gutachten des Sachverständigen vorbringen, ist Folgendes anzumerken: Selbst wenn die Einwände begründet wären, würden sie nicht dazu führen, dass dem Sachverständigen aufzugeben wäre, Unterlagen zum Gerichtsort zu bringen, die keinerlei weitere Aufklärungserfolge erbringen würden. Außerdem gehen die Antragsteller fehl in der Annahme, der Sachverständige habe aus dem vorbereitenden schriftlichen Gutachten „wörtlich“ vorgelesen. Der Sachverständige hat vielfach durch Umformulierung klargestellt, dass bestimmte Feststellungen als sein Eindruck zu verstehen seien.
5. Die effektive Ausübung des Fragerechts der Antragsteller wurde und wird nicht in Zweifel gezogen. Es steht ihnen wie auch den anderen Prozessbeteiligten zu. Ausfluss dieses Fragerechts ist es aber nicht, das Mitbringen von handschriftlichen Notizen einzufordern, obwohl diese zu keinem weiteren Erkenntnisgewinn führen, da der Sachverständige die relevanten Beobachtungen bereits dargestellt hat. 6. Die Behauptung der Antragsteller, es sei ihnen unmöglich, die Methodik des Sachverständigen nachzuvollziehen, verfängt nicht. Es ist nicht erkennbar, wie Unterlagen, die, wie vom Sachverständigen mehrfach ausführlich erläutert, keinen zusätzlichen Erkenntnisgewinn erbringen, die Nachvollziehbarkeit der Methodik erhöhen sollen. Zudem hat der Sachverständige in seinem mündlichen Gutachten eingehend Ausführungen zu der von ihm angewandten Methodik gemacht. 7. Der Hinweis der Antragsteller, der Senat habe für eine hinreichende Transparenz und Nachvollziehbarkeit des Gutachtens Sorge zu tragen, verfängt ebenfalls nicht. Es ist nicht erkennbar, dass die handschriftlichen Notizen des Sachverständigen, die dieser in allen für die Beantwortung der Gutachtensfragen relevanten Teilen referiert hat, zu einer zusätzlichen Förderung von Transparenz und Nachvollziehbarkeit führen könnten. 8. Zusammengefasst drängt daher die Aufklärungspflicht nicht dazu, den Sachverständigen in der beantragten Weise anzuleiten. Die Ablehnung der diesbezüglichen Anträge ist daher sachgerecht und nicht ermessensfehlerhaft.
Zschäpe-Verteidiger RA Heer: „Herr Vorsitzender, Frau Sturm, Herr Stahl und ich beantragen eine Abschrift und die Unterbrechung bis zunächst 10:35 Uhr zur internen Beratung des weiteren prozessualen Vorgehens.“ Götzl: „Dann werden wir die Hauptverhandlung bis 10:35 Uhr unterbrechen.“
Um 10:38 wird durchgesagt, dass die Hauptverhandlung um 10:45 Uhr fortgesetzt wird, um 10:46 Uhr geht es dann tatsächlich weiter. Götzl: „Dann setzen wir fort.“ Heer: „Frau Sturm, Herr Stahl und ich beantragen, die Hauptverhandlung bis 12:15 Uhr zu unterbrechen, um einen prozessualen Antrag abzustimmen und zu stellen.“ Götzl: „Was bedeutet das? Um was geht es?“ Heer: „Um die weitere Befragung des Sachverständigen Prof. Dr. Saß.“ Götzl: „Ja, mich würde interessieren, ob wir fortsetzen können oder ob es vorgreiflich ist. Sie müssen mir mehr geben, damit ich mein Ermessen auch begründet ausüben kann.“ Heer: „Herr Vorsitzender, es ist vorgreiflich. Wir beabsichtigen eine Gegenvorstellung und hätten gern eine Unterbrechung bis 12:15 Uhr.“ Götzl: „Na gut.“
Es folgt eine Pause. Um 12:15 Uhr wird durchgesagt, dass die Hauptverhandlung um 12:30 Uhr fortgesetzt wird, um 12:32 Uhr geht es dann tatsächlich weiter. Götzl: „Wir setzen fort. Wer möchte eine Stellungnahme abgeben? Sie Herr Heer? Auch in der Form, dass wir es dann schriftlich bekommen?“ Heer bejaht das.
Heer verliest dann eine Gegenvorstellung gegen den Beschluss des Senats und beantragt., 1. die Befragung des SV Saß zu unterbrechen, und 2. Saß im Sinne des § 95 Abs. 1 StPO aufzufordern, seine handschriftlichen Notizen, „die er im Rahmen seiner Teilnahme an der Hauptverhandlung angefertigt hat, die nach seinen Darlegungen einen Umfang von 773 Seiten aufweisen und sich in seinem Arbeitszimmer in Aachen befinden“, dem Gericht vorzulegen oder andernfalls deren Beschlagnahme anzuordnen, sowie anschließend insoweit Akteneinsicht zu gewähren und die Befragung des SV nach einer angemessenen Zeit zur Auswertung der Notizen fortzusetzen. Heer schildert zunächst ausführlich den prozessualen Sachverhalt aus Sicht der Altverteidigung Zschäpe, insbesondere den Ablauf am 340. Verhandlungstag, wobei er die wörtliche Protokollierung der Erörterung zwischen dem Vorsitzenden und dem SV am Ende dieses Verhandlungstages über die Notizen von Saß und die weitere Terminplanung sowie „des entsprechenden Vorgangs, wie auch der vor- und nachstehend dargelegten Vorgänge“ beantragt. Dann geht er zur rechtlichen Würdigung über:
Die Äußerungen des Sachverständigen offenbaren ein grundsätzliches Missverständnis über den Sinn der von ihm anlässlich seiner Teilnahme an der Hauptverhandlung angefertigten Unterlagen. Anders als der Sachverständige meint, handelt es sich dabei gerade nicht um – nur für ihn und ausschließlich zur Vorbereitung des Gutachtens dienende – interne Arbeitspapiere, sondern um die – grundsätzlich auch für das Gericht und die Verteidigung bestimmte – Dokumentation einer gerichtlich auferlegten Beauftragung, ein forensisch-psychiatrisches Sachverständigengutachten zu erstatten, zumal eines mit möglichen äußerst weitreichenden Folgen. Im Sinne der seitens des Bundesverfassungsgerichts für Prognosegutachten geforderten Transparenz und Möglichkeit der Nachvollziehbarkeit des Gutachtens, wobei unter anderem gerade der Fokus auf die Anknüpfungstatsachen gelegt wird, sind die Verteidiger in die Lage zu versetzen, den Gang der Beobachtungen Frau Zschäpe, auf die sich der Sachverständige in seinem Gutachten wesentlich stützt, ihren Ablauf, deren Dokumentation nachzuvollziehen. Vor allem hat die Verteidigung eigenständig zu überprüfen, welche der Beobachtungen letztlich in die Beantwortung der Gutachtensfrage eingeflossen sind und welche nicht, und ob der Gutachter bei der Auswahl der von ihm letztlich berücksichtigten Beobachtungen der von ihm vorgetragenen Methodik entsprochen hat.
Als methodisch fehlerhaft stellt sich hiernach das Vorgehen des Sachverständigen heraus, seine Beobachtungen lediglich selektiv und damit lückenhaft in der Form darzustellen, als sie nach seiner Meinung Relevanz für die Beantwortung der Gutachtensfrage haben sollen. Dieses methodische Vorgehen führt dazu, dass für den Adressaten des Gutachtens offen bleibt, von welcher Gesamtheit von Beobachtungen der Sachverständige bei der Beantwortung der Gutachtensfrage ausgegangen ist. Wenn der Sachverständige exemplarisch auf Verhaltensbeobachtungen an einzelnen Hauptverhandlungstagen abstellt und es unterlässt, darzulegen wie das Verhalten von Frau Zschäpe sich an diesem Tag insgesamt dargestellt hat, kann nicht nachvollzogen werden, nach welchen Kriterien das für das Gutachten herangezogene Verhalten ausgewählt wurde. Eine Nachvollziehbarkeit der wissenschaftlichen Arbeitsweise setzte indes voraus, dass sich aus dem Gutachten selbst ergibt, welche Beobachtungen erfolgten und welche als relevant eingestuft wurden. Erst anschließend kann der Sachverständige mit entsprechenden Fragen konfrontiert werden. Schließlich setzt eine effektive Überprüfung des methodischen Vorgehens des Sachverständigen Professor Dr. Saß durch den von uns hinzugezogenen Sachverständigen zwingend voraus, dass sämtliche Beobachtungen und vor allem auch die Bewertung von deren Relevanz für die Erstattung des Gutachtens bekannt sind. Insoweit geht die wiederholte Äußerung des Sachverständigen, er habe alles für die Gutachtensfrage relevante bereits dargelegt, an der Sache vorbei.
Die gebotene Analyse der Ausführungen des Sachverständigen in methodischer Hinsicht ist eben nicht möglich, wenn der Sachverständige diese selbst vornimmt und lediglich darauf verweist, dass diese wissenschaftlichen Standards entspräche, also über die Qualität seiner Beobachtungen und der Befunderhebung insgesamt selbst befindet. Wir können nicht darauf verwiesen werden, uns im Falle einer Frage an den Sachverständigen zu seinen einzelnen Wahrnehmungen in der Hauptverhandlung mit der Antwort begnügen zu müssen, sich nicht mehr erinnern zu können, da aus der Befragung des Sachverständigen offenbar wurde, dass er mithilfe seiner Notizen diese Fragen ohne weiteres beantworten könne und er zudem selbst eine mangelnde Zuverlässigkeit befürchtete. Der Inhalt der handschriftlichen Notizen ist für die Verteidigung, um die Erstellung des Gutachtens hinreichend nachvollziehen zu können, auch deshalb von besonderem Interesse, weil der Sachverständige an zahlreichen Hauptverhandlungstagen nicht teilgenommen hat und insoweit von dem Vorsitzenden über den Inhalt einzelner Beweiserhebungen, nicht aber über gerichtliche Beobachtungen des Verhaltens von Frau Zschäpe innerhalb und außerhalb der Hauptverhandlung, unterrichtet wurde. Die Verteidigung wird zu überprüfen haben, inwieweit der jeweils zügig erstattete Bericht des Vorsitzenden von dem Sachverständigen erfasst und seiner Begutachtung zugrunde gelegt wurde.
Zwar liegt es im Ermessen des Sachverständigen, die Basis für die Erstattung seines Gutachtens aufgrund seiner Sachkunde selbst zu bestimmen. Gleichwohl gilt auch insoweit, dass die Methoden, mit denen er zu seinem Ergebnis gelangt ist, der umfassenden Nachprüfung unterliegen. Gesetzlich normiert ist ein Anspruch auf Einsichtnahme in die Unterlagen nicht. Ein Anspruch auf Offenlegung der Unterlagen des Sachverständigen folgt hingegen aus der richterlichen Aufklärungspflicht gem. § 244 Abs. 2 StPO, dem Recht auf ein faires Verfahren sowie dem Anspruch auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG. Denn nur die Offenlegung gewährleistet, dass das Gericht und die übrigen Verfahrensbeteiligten das Gutachten und die ihm zugrunde liegenden Methoden nachvollziehen und hinterfragen können. Ob ein solcher Anspruch bedingt oder unbedingt besteht, ist demgegenüber eine praktisch wenig bedeutsame Frage. Denn schon eine nicht näher begründete Weigerung des Sachverständigen, seine Unterlagen offen zu legen, wird dem Gericht Anlass geben, die Grundlagen des Gutachtens besonders eingehend – unter Offenlegung der Unterlagen – aufzuklären. Überdies wird in solchen Fällen der Beweiswert des Gutachtens regelmäßig nachhaltig relativiert sein, weshalb vielfach Anlass bestehen wird, ein weiteres Gutachten einzuholen.
Das Bundesverfassungsgericht hat zu der Frage der dem Gutachten zugrunde liegenden Unterlagen und der den Prozessbeteiligten zu gewährenden Möglichkeit, die Tauglichkeit des Gutachtens zu erschüttern, ausgeführt: „Eine dem Rechtsstaatsprinzip genügende Urteilsgrundlage fehlt jedoch, wenn der Richter einem Sachverständigengutachten, dessen Befundtatsachen bestritten sind, ohne nähere Prüfung dieser Tatsachen folgt und sich ohne weiteres darauf verlässt, dass die vom Sachverständigen zugrunde gelegten und nicht im einzelnen konkretisierten tatsächlichen Feststellungen richtig sind. Auch den Parteien wird auf diese Weise die Möglichkeit abgeschnitten, an einer Überprüfung mitzuwirken. Es wird ihnen dadurch verwehrt, gegebenenfalls die tatsächlichen Grundlagen und somit die Tauglichkeit des Gutachtens zur Streitentscheidung zu erschüttern. Das führt im Ergebnis dazu, dass nicht der Richter unter Beteiligung der Parteien, sondern der Sachverständige die tatsächlichen Urteilsgrundlagen feststellt. Zur Nachprüfung eines Sachverständigengutachtens kann die Kenntnis der einzelnen tatsächlichen Umstände, die der Sachverständige selbst erhoben und seinem Gutachten zugrunde gelegt hat, unentbehrlich sein. In einem solchen Fall ist die Offenlegung dieser Tatsachen aus rechtsstaatlichen Gründen regelmäßig geboten. Ist der Sachverständige dazu nicht bereit, darf sein Gutachten nicht verwertet werden.“;
„Ob und wie weit das Gericht und die Verfahrensbeteiligten die Kenntnis von Tatsachen, die ein Sachverständiger seinem Gutachten zugrunde gelegt hat, für eine kritische Würdigung des Gutachtens tatsächlich benötigen, lässt sich nicht generell entscheiden. Die Frage muss vom Richter unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles entschieden werden.“ Auf diese Entscheidung bezog sich der Beschluss des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 1995, in welchem er statuierte, dass ein unabdingbarer Anspruch auf Vorlage dieser Unterlagen nicht bestehe. In dieser Entscheidung wird der Anspruch des Revisionsführers, der die Ablehnung seines Beweisantrags auf Herausgabe der dem Sachverständigen vorliegenden Arbeitsunterlagen rügte, negiert. Allerdings stützt sich der die Entscheidung des Landgerichts bestätigende Beschluss des 3. Strafsenats auf folgende, dort vorhandene Umstände: „Die weiteren begründenden Ausführungen zeigen jedoch, dass das Landgericht (…) auch darauf abgestellt hat, dass die Unterlagen, soweit sie noch vorhanden waren, bei der sich über mehrere Hauptverhandlungstage erstreckenden Anhörung vorlagen und dass ausreichend Gelegenheit bestand, dazu Fragen zu stellen. Nach dem eigenen Vortrag des Beschwerdeführers war die Sachverständige K. jedenfalls anfangs bereit, Arbeitsunterlagen den Verfahrensbeteiligten vorzulegen. Der dabei gemachte Vorbehalt, dass sie dies u.a. wegen erläuterungsbedürftiger ‚Kürzel‘ in ihren Aufzeichnungen nicht ohne erklärende und ergänzende Hinweise tun wolle, war wegen der sonst bestehenden Gefahr von Missverständnissen sachgerecht.“;
„Die weiteren von ihr begutachteten Zeugen, deren Angaben sie in schriftlichen zu den Akten gereichten Aussageberichten ebenfalls teils wörtlich, teils inhaltlich festgehalten hat, waren mit Ausnahme von Sch. von geringerer Bedeutung. Auf die von ihr angewandten wissenschaftlichen Beurteilungsmethoden hat sie in ihren schriftlichen Gutachten selbst hingewiesen. Zusätzlich bestand – wie vom Landgericht dargelegt – die Möglichkeit, sie dazu in der Hauptverhandlung ergänzend zu befragen. Das war auch bei der Sachverständigen Dr. G. der Fall.“ Der Bundesgerichtshof hat also in dem dortigen Fall den Anspruch auf die Vorlage der Unterlagen nur deshalb verneint, weil dort für die Verfahrensbeteiligten genau die von uns wiederholt begehrte Möglichkeit bestand, den Sachverständigen zu seinen Wahrnehmungen anhand seiner Aufzeichnungen zu befragen. Schließlich stellt die beanstandete Verfügung des Vorsitzenden, anders als der Senat meint, auch einen unzulässigen Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens dar. Wird die Nichtbeantwortung einzelner Fragen des Gerichts an einen Sachverständigen als Weigerung der Gutachtenserstattung angesehen, kann im Grunde für zulässige Fragen der Verteidigung an den Sachverständigen nichts anderes gelten. Das Gericht nimmt für sich in Anspruch, die Anhörung eines Sachverständigen zu unterbrechen, wenn dieser aus dem Gedächtnis nicht in der Lage ist, die Gutachtensfrage angemessen zu beantworten, und ihn zu weiterer Vorbereitung anzuweisen und ihn aufzufordern, seine Arbeitsunterlagen mitzubringen. Insoweit verweisen wir auf die am 50. Hauptverhandlungstag erfolgte Unterbrechung der Anhörung des Sachverständigen Pfoser, der offensichtlich unvorbereitet und nicht mit allen erforderlichen Unterlagen ausgestattet erschienen ist und sodann von dem Vorsitzenden sozusagen „nach Hause geschickt“ wurde.
Will sich das Gericht nicht dem Anschein der Willkür aussetzen, muss dies bei der Ausübung des Rechts der Verteidigung, einen Sachverständigen zu befragen, ebenso gelten. Da sich der Sachverständige indes mittlerweile beharrlich weigert, auch nur Auskünfte zu den von ihm verfassten Notizen zu erteilen, ist er durch das Gericht aufzufordern, die Unterlagen vorzulegen, bzw. sind diese zu beschlagnahmen und uns im Wege der Akteneinsicht zur Verfügung zu stellen, um auf diese Art und Weise dem Sachverständigen mithilfe von Vorhalten aus seinen Aufzeichnungen konkrete Fragen zu stellen. Im Hinblick auf die Voraussetzung einer Beschlagnahme, dass dem Beweismittel für die betreffende Untersuchung zumindest mittelbar eine potenzielle Beweisbedeutung zukommt, ist zu berücksichtigen, dass kein Unterschied besteht zwischen Beweismitteln, die sich auf den Nachweis des Tatvorwurfs beziehen, und solchen, die in anderer Weise für die Sicherung des Strafverfahrens bestimmt sind. Ausreichend ist die Erwartung im Sinne einer ex ante-Prognose, dass der Gegenstand Schlussfolgerungen auf verfahrensrelevante Tatsachen zulässt. Dazu dienen unter anderem Beweisstücke, die zwar für die Aufklärung des objektiven Tatbestandes oder die Schuldfrage ohne Bedeutung sind, aber die Strafzumessung oder den sonstigen Rechtsfolgenausspruch beeinflussen können. Es genügt bereits, wenn der Beweisgegenstand für den Fortgang der Untersuchung bedeutsam sein könnte.
Auch die anfängliche Bereitschaft des Sachverständigen, seine Notizen jedenfalls auf Aufforderung durch das Gericht vorzulegen, er davon aber am gestrigen Hauptverhandlungstag abrückte, bietet nunmehr Veranlassung für die Verteidigung, aber nicht zuletzt auch für den Senat, nicht nur einzelne Beobachtungen im Wege der Befragung des Sachverständigen in die Hauptverhandlung einzuführen, sondern die Unterlagen selbst einzusehen. Dabei ist auch von Bedeutung, anhand der schriftlichen Anmerkungen nachvollziehen zu können, wie die Entwicklung der Hypothesenbildung erfolgte. Die beantragte Protokollierung der zitierten Äußerungen und des dargelegten Ablaufes, der anwaltlich versichert wird, ist geboten, da anhand dieser ersichtlich wird, dass der Vorsitzende die Relevanz der Befragung des Sachverständigen unter Zuhilfenahme seiner handschriftlichen Unterlagen offensichtlich anerkannte und die Befragung durch die Verteidigung deshalb unterbrochen wurde, damit der Sachverständige die Gelegenheit hat, die Unterlagen zum Gerichtsort zu verbringen, so dass auch die gestrige Verfügung des Vorsitzenden, die Aufklärungspflicht dränge nicht dazu, den Sachverständigen anzuleiten, seine Unterlagen zum Gerichtsort zu verbringen, fehl geht. Die Hinterfragung der methodischen Herangehensweise des Sachverständigen ist weder unzweckmäßig, noch kann einer zügigen Verfahrensabwicklung gegenüber der uns gerichtlich auferlegten sachgerechten Ausübung unserer Funktion als Verteidiger per se der Vorrang gegeben werden. Nicht wir, sondern der Senat verfehlt das Ziel der bestmöglichen Sachaufklärung.
Götzl: „Wir werden zunächst mal die Gegenvorstellung kopieren, sind 12 Seiten. Ist absehbar, wie lange sie für die Stellungnahme, sofern eine abgegeben werden soll, brauchen werden?“ Bundesanwalt Diemer: „Halbe Stunde.“ NK-Vertreter RA Langer: „Ich würde gleich Stellung nehmen.“ Langer sagt, die Notizen seien für die Beurteilung der Angaben des Sachverständigen überflüssig. Die Verteidigung sei immer zugegen gewesen. Man könne aus dem Gutachten ersehen, welche Tatsachen verwertet worden sind und welche nicht. Nicht verwendete Tatsachen würden sich aus der eigenen Anwesenheit der Verteidiger ergeben. Die Einführung der Notizen zöge eine zeitaufwändige Überprüfung nach sich und eine nicht unerhebliche Zahl an Folgeverhandlungstagen und würde einen Verstoß gegen das Beschleunigungsgebot darstellen, so Langer.
Zschäpe-Verteidiger RA Stahl: „Inwieweit eine Zurverfügungstellung bzw. Heranziehung der vom Sachverständigen erwähnten 773 Seiten handschriftlicher Notizen die Hauptverhandlung verzögert, kann ich, ehrlich gesagt, nicht so ganz sehen. Die Alternative für die Verteidigung wäre dann, ihn ohne die Notizen zu befragen.“ Dies würde dann wiederum Kritik nach sich ziehen, so Stahl. Zschäpe-Verteidigerin RAin Sturm: „Weil das ja immer wieder Thema war, die Tatsache, dass wir als Verteidiger zugegen waren und in der Lage waren, Beobachtungen zu tätigen: Es geht doch gerade darum, welche Beobachtungen der Sachverständige vorgenommen hat, ob er dabei die erforderliche Sorgfalt an den Tag gelegt hat, um es mal herunterzubrechen.“ Das bedeute nicht, so Sturm, dass man unterstelle, dass Saß nicht ordnungsgemäß beobachten kann oder nicht dazu gewillt ist, man müsse es aber nachvollziehen können. Sturm: „Es ist nicht relevant, welche Beobachtungen wir gemacht haben, sondern welche der Sachverständige mit seinem Sachverstand und seinem Blick für das Wesentliche getätigt hat.“
RA Langer sagt, das könne er nicht nachvollziehen, das könne doch gefragt werden. Stahl: „Sie waren ja, denke ich, zugegen, als ich versucht habe, den Sachverständigen zu befragen.“ Saß habe gesagt, er müsse, um eine Frage zu beantworten, in seine Unterlagen schauen, so Stahl, und das wolle Saß nun nicht mehr; das werfe Fragen auf. Dass zumindest stichprobenartig diejenigen Tage, die der SV herangezogen hat, auch im Gesamtkontext zu überprüfen wären, sei doch klar. Stahl: „Darauf kommt es an und nicht darauf, was wir gesehen haben.“ Wohlleben-Verteidiger RA Klemke: „Ja, nur ganz kurz: Es geht ja nicht um irgendwelche Beobachtungen, die hier jeder machen konnte, sondern darum, in welcher Eigenschaft der Sachverständige die Beobachtungen gemacht hat. Die Beobachtungen sind ja sozusagen Ersatz der Exploration, also nicht Zusatztatsachen, sondern Befundtatsachen, weil sie an Stelle der Exploration stehen. Andere Verfahrensbeteiligte haben die Hauptverhandlung unter anderen Gesichtspunkten beobachtet, nicht um Frau Zschäpe zu beobachten.“ Der SV nehme ja in Anspruch, so Klemke, Mimik, Gestik usw. von Frau Zschäpe zu bewerten, und sage selbst, dass er Teile habe einfließen lassen und andere nicht. Es sei natürlich unabdingbar, zu schauen, ob diese Selektion, diese Auswahl auch sachgerecht ist: „Und das wird ohne Einblick in die Unterlagen schlichtweg nicht gehen. Das sind Arbeitsunterlagen, da hat die Verteidigung natürlich Anspruch Einblick zu nehmen, wenn es erforderlich ist. Danke.“
NK-Vertreter RA Langer erwidert, der SV habe mitgeteilt, dass er aus seinen Beobachtungen das Wesentliche in sein Gutachten aufgenommen habe. Wenn jemand, der zur gleichen Zeit vollständig anwesend war, meine, es seien Beobachtungen nicht eingeflossen, sei nicht nachvollziehbar, warum das dann nicht per Vorhalt gemacht wird, sondern über dieses „umständliche Verfahren, die Notizen einzuführen“. Richter Lang, Richterin Odersky und Richter Götzl besprechen sich.
RA Heer: „Herr Vorsitzender, meine beiden Kollegen und ich machen uns den Vortrag von Rechtsanwalt Klemke, dass der Sachverständige die Hauptverhandlung unter einem ganz anderen Blickwinkel als die anderen Verfahrensbeteiligten beobachtet hat, ausdrücklich zu eigen. Ich habe Sie, Herr Vorsitzender, auch in der ersten Hälfte mehr angeschaut als Frau Zschäpe und jetzt kann ich sie gar nicht mehr sehen, da sitzt Herr Stahl.“ Wohlleben-Verteidiger RA Nahrath sagt, der SV habe deutlich gemacht, dass es keine vergleichbaren Fälle gebe [phon.], daher sei es erforderlich alle Beobachtungen zu kennen, die der SV seinem Gutachten zugrunde legt. Götzl erwidert, dass er das so nicht verstanden habe, da habe sich Saß auf statistische Instrumente bezogen. Götzl: „Es ist nicht so, dass er erklärt hat, das sei völliges Neuland.“
Es folgt eine Pause bis 14:04 Uhr. Götzl: „Nehmen Sie bitte Platz. Dann setzen wir fort.“ Bundesanwalt Diemer: „Herr Vorsitzender, eine Überprüfung des Schriftsatzes hat ergeben, dass wesentliche Dinge vom Senat bereits gesagt worden sind.“ Der Antrag könne abgelehnt werden, so Diemer. Die individuellen persönlichen Notizen des SV, die dieser zur Gedächtnisunterstützung herangezogen habe, seien keine Dokumente, wie sie bei einer Befragung oder einem Test [phon.] anfallen. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts betreffe den Fall nicht. Wenn der BGH von Arbeitsunterlagen spreche, dann gehe es um Tonbandaufzeichnungen, Mitschriften von Explorationen – Unterlagen, die über das was der SV berichtet habe, hinaus einen eigenen Inhalt und Beweiswert haben. Diemer sagt, im Übrigen sei die Methodenkritik der Verteidigung nicht geeignet, die Methode der Beobachtung als solche zu hinterfragen. Diemer: „Die Aufklärungspflicht gebietet das Vorgehen nicht. Es ist insoweit ausreichend ausgeführt, dass die Notizen keinen weitergehenden Aufklärungswert haben, und das ist auch von der Verteidigung nicht vorgetragen.“
Götzl: „Weitere Stellungnahmen? Bitte.“ Sturm, Stahl und Heer beraten sich. Nach einer Weile sagt Götzl noch einmal: „Bitte.“ Dann sagt RA Heer in Bezug auf Diemers Äußerung, die Unterlagen hätten keinen eigenen Beweiswert, dass zahlreiche Beobachtungen nicht in das Gutachten eingeflossen seien. Stahl: „Nur kurz ergänzend: Also dass Sie, sehr verehrter Herr Dr. Diemer, dann sagen, die Notizen auf immerhin 773 Seiten, die der Sachverständige hier angefertigt hat zur Erstattung des Gutachtens – sozusagen Grundunterlagen dazu -, dass die keinen weiteren Aufklärungswert haben, da muss ich sagen: Woher wissen Sie das?“ Stahl sagt, das sei spekulativ. Götzl: „Weitere Stellungnahmen? Keine. Wir werden die Anträge beraten. Also wir setzen die Hauptverhandlung heute nicht fort. Sind noch Anträge oder Erklärungen? Herr Nahrath, Sie hatten sich eine Erklärung vorbehalten zur Liste jüdischer Einrichtungen.“ Nahrath: „Hat sich erledigt.“ Götzl: „Ja gut, wir würden dann morgen fortsetzen, aber erst um 10:30 Uhr.“ Der Verhandlungstag endet um 14:11 Uhr.
Das Blog „NSU-Nebenklage„: „Heute wurde zunächst ein BKA-Beamter zu weiteren Ermittlungen betreffend die Schüsse auf einen Bauarbeiter in Chemnitz […] befragt. Diese Ermittlungen hatten nichts Neues erbracht – waren aber auch einmal wieder eher halbherzig geführt worden, so konnte der Beamte etwa nicht beantworten, wo genau denn die Baustelle damals war. Der Senat lehnte dann den Antrag der Verteidigung Zschäpe hinsichtlich der Notizen des Sachverständigen Saß […] ab. Der Rest des Tages wurde wieder mit Pausen verbracht […].“
http://www.nsu-nebenklage.de/blog/2017/02/08/08-02-2017/