Mit Entsetzen hat NSU-Watch den Mord an Birgül D. am 03.05.2017 im Duisburger Innenhafen aufgenommen. Es werden Erinnerungen an die Vorgehensweise der Mörder des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) wach: Am hellichten Tag wird eine möglicherweise von Rassismus betroffene Person in ihrem Geschäft erschossen. „Wir wollen jetzt sehen, dass die Polizei und die Medien aus ihren Versäumnissen im NSU-Komplex lernen und ein mögliches rassistisches Motiv des Mordes lückenlos untersuchen,“ sagt Ulli Jentsch von NSU-Watch. Die Initiative geht davon aus, dass ein verfrühtes Festlegen auf Ermittlungsansätze in Richtung ‚Organisiertes Verbrechen‘, wie dies im NSU-Komplex der Fall war, eine Ermittlung ‚in alle Richtungen‘ ausschließen würde. „Jeder Mord an möglicherweise von Rassismus betroffenen Personen ist für uns ein rassistischer Mord, solange nicht das Gegenteil bewiesen ist“, so Jentsch weiter.
In den letzten fünfeinhalb Jahren wurde der NSU-Komplex von vielen Institutionen, Initiativen sowie Wissenschaftler_innen aufgearbeitet. Dabei ist auch deutlich geworden, warum die Verantwortlichen für die damals so genannte ‚Ceska-Mordserie‘ sowie für drei Bombenanschläge nicht gefasst werden konnten. Stets legte sich die Polizei vorschnell auf rassistisch konnotierte Ermittlungsthesen wie Schutzgelderpressung, organisierte Kriminalität, Spielschulden etc. fest. Gleichzeitig ermittelten die Behörden, trotz anderer Beteuerungen, fast ausschließlich im Umfeld der Opfer und Betroffenen, teilweise mit fragwürdigen Methoden.
Die Medienberichterstattung folgte der Einschätzung der ermittelnden Behörden und beteiligte sich zusätzlich an entsprechenden Gerüchten, Spekulationen und Anschuldigungen. Auch die Zivilgesellschaft kam zu keiner anderen Einschätzung. Auf der anderen Seite wurden die Stimmen der Betroffenen, die schon frühzeitig auf ein mögliches rechtes Motiv der Mordserie aufmerksam machten, nicht gehört.
„Alle diese Institutionen haben Veränderungen und Besserungen nach dem Schock der Selbstaufdeckung des NSU gelobt. Hier gibt es eine Möglichkeit, diese Versprechen umzusetzen,“ so die Initiative NSU-Watch. Schon jetzt sind Spekulationen rund um das Thema ‚Schutzgeld‘ laut geworden. Auch dies erinnert in verheerender Weise an die Berichterstattung zur damaligen NSU-Mordserie.
„Gerade in Anbetracht dessen, dass rechte und rassistische Angriffe immer brutaler werden, darf ein rechtes Motiv für den Mord in Duisburg nicht ausgeschlossen werden,“ so NSU-Watch. Seit nun mehr vier Jahren kann in ganz Deutschland ein stetiges Ansteigen von rechten Äußerungen, Aufmärschen und Angriffen beobachtet werden. In einem ähnlichen Klima sozialisierte sich der NSU in den 1990er Jahren. „Alles was wir aus dem NSU-Komplex lernen, lernen wir auch, um so etwas in Zukunft verhindern oder zumindest erkennen zu können,“ so Ulli Jentsch von NSU-Watch.
NSU-Watch spricht Angehörigen und Freund_innen von Birgül D. ihr tiefes Mitgefühl aus.
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