Linksammlung: Von Ku-Klux-Klan bis Turner Diaries – die US-amerikanische Neonaziszene als Puzzlestück im NSU-Komplex

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Am Samstag, den 12.08.2017, wurde Heather Heyer in Charlottesville von einem Neonazi bei einem terroristischen Angriff auf eine antifaschistische Demonstration getötet, viele weitere Menschen wurden verletzt. Spätestens seitdem ist die US-amerikanische Neonaziszene wieder in aller Munde. Die Szene aus „Alt-Right“, Ku-Klux-Klan und White Supremacists ist über Jahrzehnte gewachsen. Bis zu 450 Menschen hat die extreme Rechte in den USA allein seit 1990 getötet.
Mit ihren Konzepten zum neonazistischen Terror sowie durch personelle Verbindungen nach Deutschland spielt diese Szene auch eine Rolle im NSU-Komplex. Beispielsweise in den Turner Diaries wurde neonazistischer Terror beschrieben, den der NSU mit seiner Mord- und Anschlagsserie eins zu eins umsetzte.
Dieser Zusammenhang wurde u.a. von NSU-Watch mehrfach beschrieben und analysiert. Wir haben die wichtigsten Artikel noch einmal rausgesucht und in einer Linksammlung zusammengestellt.

 

Bewaffnete Neonazis, darunter 2 Frauen. aus: "The way forward", B&H SkandinavienTaten und Worte – Neonazistische „Blaupausen“ des NSU

von Eike Sanders / Kevin Stützel / Klara Tymanova

Auszug aus dem Text:
„Seit der Selbstenttarnung des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) im November 2011 sind umfangreiche Bezüge zwischen Beate Zschäpe, Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos und ihres Netzwerks von mutmaßlichen UnterstützerInnen zu gut organisierten Strukturen von „Blood & Honour“, „Hammerskins“ und „Ku-Klux-Klan“ bekannt geworden. Ohne die umfangreiche logistische Hilfe dieser Strukturen hätte die rassistische Mordserie des NSU wahrscheinlich nicht stattfinden können. Allerdings wurden Zschäpe, Böhnhardt und Mundlos im Untergrund nicht nur mit Waffen und Pässen aus der Neonaziszene versorgt. Mit ihren Taten verwirklichten sie Konzepte, die seit den 1980er Jahren in europäischen und US-amerikanischen Neonazikreisen diskutiert, für die geprobt und die letztendlich auch in anderen Ländern ausgeführt wurden.“

 

Der NSU, „The Order“ und die neue Art des Kampfes

von Dirk Laabs

Auszug aus dem Text:
„Wenn es um die Hintergründe der Morde und Anschläge des NSU geht, schweigen die bekannten Mitglieder und Unterstützer der Terrorgruppe — in Verhören, vor Gericht, gegenüber Journalisten. Niemand spricht. Trotzdem ist der ideologische Kontext des NSU unbestritten, da unter anderem Uwe Mundlos als Täter und André Eminger als mutmaßlicher Unterstützer ihre Gesinnung in mehreren Texten unmissverständlich offen gelegt haben. Eminger fühlte sich offenbar als deutsche Sperrspitze des internationalen „Weißen Arischen Widerstands“. So verantwortete er das Skinzine „Aryan Law and Order“, in dem die rassistische US-Terrorgruppe „The Order“ als Vorbild gefeiert wurde: „Es handelt sich hierbei aber nicht um eine neue Bewegung, die mit den anderen konkurriert. Nein, hier handelt es sich um Elitekämpfer, die aus den besten Leuten der verschiedenen Bewegungen [sic], die schon existierten. … Es ist eine neue Art des Kampfes, einer Unter­grundbewegung.“
[…]
Der gebürtige Texaner Robert Jay Mathews hatte die US-Terrorgruppe „The Order“ im September 1983 mit acht Komplizen an der Westküste der USA gegründet. Die neun Männer saßen dafür in einer Holzhütte auf Mathews Grundstück im Kreis, in ihrer Mitte die vier Monate alte Tochter eines der Terroristen in spe — „die Zukunft der weißen Rasse“, für die Mathews und seine Mitstreiter kämpfen wollten. Mathews schwor die Gruppe ein. Man befinde sich im Krieg, es sei Zeit gegen das Juden-Regime, die US-Regierung, loszuschlagen. Die Männer in der Hütte waren zuvor zum Teil Anhänger diverser Ku-Klux-Klan-Gruppen und fühlten sich zu militanten „White Supremacists“ hingezogen, die im Wesentlichen glauben, dass die weißen Christen Mitglieder des auserwählten Volk Gottes sind, aber dennoch Gefahr laufen, von ihren Feinden ausgelöscht zu werden. Hinter dieser Bedrohung steckten vor allem die Juden, geschickt vom Teufel persönlich.
„The Order — Brüder schweigen“ hieß die kleine Untergrundarmee mit vollständigem Namen. Der deutsche Teil ihres Namens brachte der Gruppe den Beinamen „the silent brotherhood“ ein. Tatsächlich hatte der Gründer von „The Order“ diesen Halbsatz aus dem „Treuelied“, der Hymne der Waffen-SS übernommen: „Wenn alle Brüder schweigen, und falschen Götzen trau’n. Wir woll’n das Wort nicht brechen…“
Der im NSU-Prozess Angeklagte Andre Eminger trat im Oktober 2014 mit einem T-Shirt „Brüder schweigen — bis in den Tod“ vor Gericht auf. Offensichtlich eine Bezugnahme auf „The Order“.“

 

(c) mamarosa / photocase.de Was ein ehrbarer Mann tun muss – Der Roman „Hunter“ von William Pierce als Vorlage für den Lone Wolf Terrorist

von Eike Sanders (NSU-Watch / apabiz)

Auszug aus dem Text:
„1989 auf Englisch erschienen, ist „Hunter“ der zweite Roman des durch die Turner-Tagebücherbekannt und populär gewordenen Autors „Andrew Macdonald“ (Pseudonym von William L. Pierce). Unter US-amerikanischen „White Supremacists“ wurde er durchaus positiv rezipiert. Der Autor William Luther Pierce, US-amerikanischer Neonazi, Gründer und Chef der National Alliance und Autor verschiedener Aufsätze und des Roman „The Turner Diaries“ ist weltweit berüchtigt und galt zu Lebzeiten (bis 2002) als die wichtigste Inspirationsquelle für militante „White Supremacists“ and „Anti-Government Extremists“.“

 

Feuerkreuz01
Im »Rassenkrieg« – Von der Nationalsozialistischen Bewegung zum NS-Untergrund

von Ulli Jentsch (apabiz / NSU-Watch)

Auszug aus dem Text:
„Die in den USA entwickelte Idee eines bereits existierenden »Rassenkriegs« (»racewar«) basiert auf der Vorstellung, in einem besetzten Land zu leben, und zwar – in antisemitischer Tradition der Nationalsozialisten – besetzt durch eine »zionistische Elite«. Dementsprechend sei die Regierung keine Volksvertretung, sondern ein Gebilde, das die Neonazis ZOG nennen: »zionist occupied government«, die zionistisch besetzte Regierung.
[…]
Carsten Szczepanski hatte sich bereits 1991 nachweisbar dem »racewar« verschrieben und einen Ableger des Ku­Klux­Klans (KKK) in Brandenburg und Berlin gegründet. Gemeinsam mit Dennis Mahon, einem US-amerikanischen KKK-Aktivisten, inszenierte er im September 1991 eine »Feuerkreuz-Aktion«. Mahon plädierte schon seit Ende der 1980er-Jahre innerhalb des Ku­Klux­Klans wieder stärker für eine gewalttätige Strategie. Das Vorbild der radikalen KKK Fraktion war die neonazistische Terrorgruppe The Order, die 1984/85 nach mehreren Mordanschlägen, Banküberfällen und Schusswechseln mit der Polizei vom FBI zerschlagen wurde.
Dennis Mahon wurde für Carsten Szczepanski das, was im US-amerikanischen Diskurs des »homegrown terrorism« ein »enabler« genannt wird: Er war der Wegbereiter für den jungen Westberliner und dessen Türöffner in den gewalttätigen Aktivismus. Mahon musste nicht selbst Hand anlegen; es reichte, den bereits überzeugten Nazi-Skinhead mit Hinweisen wie Bombenbauanleitungen zu versehen und ihm eine Rolle in dem internationalen Netzwerk zu geben. Der zukünftige V-Mann nahm die Angebote dankend an, erstellte ein eigenes Fanzine des KKK und pflegte Kontakte zu anderen Klan-Sympathisanten.“

 

Der NSU im Netz von Blood & Honour und Combat 18 – Gesamtversion

von Michael Weiss für NSU-Watch

Auszug aus dem Text:
„Die Turner Tagebücher“, im englischsprachigen Original „The Turner Diaries“, ist ein 1978 verfasster Roman des US-amerikanischen Neonazis William Pierce. Er beschreibt das Wirken der fiktiven Person Earl Turner, der als Mitglied einer geheimen Organisation und organisiert in einer Zelle den Kampf gegen das System und die „Überfremdung“ Amerikas aufnimmt, der sich schließlich zu einem regelrechten Krieg ausweitet. Im Visier der US-amerikanischen Neonazis stehen insbesondere jüdische Einrichtungen und staatliche Behörden, wie das FBI-Hauptquartier, die allesamt als jüdisch kontrolliert beschrieben werden.
„The Turner Diaries“ erfuhren ihre Quasi-Umsetzung durch die US-amerikanischen Terrorgruppe The Order, eine rassistische und antisemitische Terrorgruppe in den USA, die auch unter dem Namen „Brüder Schweigen“ bekannt wurde. Sie wurde von Robert Jay Matthews angeführt. Die Gruppe raubte zwischen 1983 und 1984 mehrere Banken und Geldtransporter aus, beging Bombenschläge auf eine Synagoge und ein Theater und ermordete am 18. April 1984 in Denver den jüdischen Radiomoderator Alan Berg. 1984 hob das FBI die Truppe aus. Robert Jay Matthews kam ums Leben, als bei der Erstürmung seines Hauses im US-Bundesstaat Washington am 18. Dezember 1984 sein Munitionsvorrat explodierte. Er hatte sich trotz seiner aussichtslosen Situation geweigert, sich zu ergeben.
[…]
The Order und die „Turner Diaries“ waren zweifellos eine Inspirationsquelle für den NSU. Die „Turner Diaries“ befanden sich auch auf den Computern von Ralf Wohlleben und André Eminger, die im November 2011 beschlagnahmt wurden.“