Nach 438 Verhandlungstagen ist in München das Urteil im ersten NSU-Prozess gesprochen worden. Es ist ein Urteil, das nach mehr als fünf Jahren, fast 600 gehörten Zeug*innen und Sachverständigen und einer fast ein Jahr andauernden Plädoyerphase nicht nur enttäuscht, sondern wütend machen muss.
Von Felix Hansen und Sebastian Schneider
22 Vertreter*innen der Nebenklage erklärten nach dem Urteil für ihre Mandant*innen: „Wir sind nicht nur enttäuscht, sondern auch wütend über das Urteil. Nicht nur, weil die Angeklagten André Eminger und Ralf Wohlleben deutlich niedrigere Strafen erhalten haben, als es die Bundesanwaltschaft gefordert hatte. Viel schlimmer ist für die Nebenkläger*innen, dass das Urteil ein Schlussstrich sein will.“
Das Urteil ist nicht nur den Dimensionen des NSU-Komplexes in seiner Gesamtheit nicht angemessen, sondern es spiegelt auch die Ergebnisse der Verhandlungen im Münchner Strafjustizzentrum nicht adäquat wider. Es ist ein Urteil, mit dem der Senat unter Vorsitz von Richter Manfred Götzl versuchte, das NSU-Problem in lediglich vier Stunden „einfach mal so eben wegzunuscheln“ (Friedrich Burschel). Und das so ähnlich auch nach zwei Jahren Hauptverhandlung, vielleicht sogar noch früher, hätte gesprochen werden können.
Ein Urteil, mit dem das Gericht sogar noch hinter die Bundesanwaltschaft zurückfällt – nicht nur, was das Strafmaß betrifft, sondern vor allem, was den rigorosen, ins Groteske getriebenen Versuch der Zementierung der These vom NSU als isoliertes Trio angeht. Die Bundesanwaltschaft in Form von Oberstaatsanwalt Jochen Weingarten hatte immerhin in ihrem Plädoyer noch durchblicken lassen, dass Eminger die Nummer 4 des NSU gewesen sein könnte, wenn sie auch selbst während des Verfahrens so gut wie nichts dazu beitrug, diese Behauptung zu untermauern.
Verurteilungen und Strafen
Beate Zschäpe wurde unter anderem als Mittäterin der NSU-Taten wenig überraschend zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt, wobei das Gericht auch die besondere Schwere der Schuld feststellte. André Eminger wurde lediglich aufgrund der Übergabe einer Bahncard an den NSU wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt. Von den anderen Vorwürfen, auch vom Vorwurf der Beihilfe zum versuchten Mord, den er in Bezug auf den Bombenanschlag in der Kölner Probsteigasse wegen einer Fahrzeuganmietung bekommen hatte, wurde er freigesprochen. Holger Gerlach wurde wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung in drei Fällen zu drei Jahren Haft verurteilt.
Carsten Schultze, der als einziger Angeklagter umfassend ausgesagt hatte, erhielt aufgrund seines zum Tatzeitpunkt jungen Alters eine Jugendstrafe von drei Jahren Haft. Ralf Wohlleben verurteilte das Gericht zu einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren. Beide wurden wegen Beihilfe zum Mord in neun Fällen verurteilt, weil sie das NSU-Kerntrio mit der Tatwaffe der rassistischen Mordserie beliefert hatten. Schon durch dieses Strafmaß – die lebenslange Freiheitsstrafe für Beate Zschäpe und im Kontrast dazu die milden Strafen für die anderen Angeklagten, insbesondere der Teilfreispruch für Eminger – machte der Senat deutlich, wie er den NSU-Komplex betrachtet wissen will: Der NSU als isoliertes Trio mit wenigen Unterstützer*innen. Und Ende.
„Ehrenerklärung“ für Temme
In der mündlichen Urteilsbegründung radikalisierte der Senat diese Lesart noch insofern, als er auf keinen der kritischen Punkte einging, die im Rahmen von fünf Jahren Prozess und sieben Jahren Aufklärungsarbeit zum NSU-Komplex herausgearbeitet wurden: kein Wort zum institutionellen Rassismus in den Ermittlungsbehörden, kein Hinweis auf die Rolle des Verfassungsschutzes, kein Eingehen auf die neonazistische Ideologie. Vollends verworfen wurde selbst die Möglichkeit, dass mehr als die drei Angehörigen des Kerntrios an den Morden des NSU beteiligt gewesen sein könnten.
In seiner Konsequenz war das Urteil sicher auch für langjährige Prozessbeobachter*innen überraschend. Dass es dem Gericht nicht um Aufklärung, sondern vor allem ums Abhaken ging, war allerdings spätestens seit denjenigen Beschlüssen klar, mit denen es weitere Beweisanträge zum hessischen Verfassungsschutzmitarbeiter Andreas Temme abgelehnt hatte. Zuvor konnte bei Beobachter*innen der Eindruck entstehen, dass der Senat ein aufrichtiges Interesse hat an der Klärung der offenen Fragen rund um den Verfassungsschützer, der zum Tatzeitpunkt des Mordes an Halit Yozgat am 6. April 2006 am Tatort anwesend war.
Temme selbst wurde im Prozess sechsmal als Zeuge gehört und auch vom Vorsitzenden intensiv und kritisch befragt. Auf Anträge der Nebenkläger*innen der Familie Yozgat wurde eine ganze Reihe von Zeug*innen aus dem hessischen Geheimdienst gehört. Doch in seinen Beschlüssen im Juli 2016 erklärte der Senat Temmes Version der Geschehnisse plötzlich wider alle Ergebnisse der Beweisaufnahme für glaubhaft. Er ging sogar darüber hinaus und gab ohne Not eine Art „Ehrenerklärung“ für den früheren Verfassungsschützer ab, der noch immer im Staatsdienst tätig ist. An diesem Punkt wurde deutlich, dass die Richter*innen nicht an umfassender Aufklärung der Rolle Temmes interessiert waren, sondern der Beweisaufnahme zu Temme aus Opportunitätsgründen, wohl vor allem für die Außenwirkung und zur Schadensbegrenzung, einen gewissen Raum gegeben hatten, sich der offenen Fragen aber möglichst einfach entledigen wollten.
Die wichtige Rolle der Nebenklage
Trotz der widrigen Umstände des Verfahrens, etwa der Weigerung des Senats, sich intensiver mit der Frage der Unterstützer*innen-Szene auseinanderzusetzen, hat die Nebenklage den Verlauf des Prozesses an vielen Stellen beeinflussen können. Vor allem aber hat sie großen Einfluss darauf genommen, wie der NSU-Komplex in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird und wie auch in Zukunft mit dem Thema umzugehen sein wird. Im Prozess haben sich die Betroffenen selbst und über ihre Vertreter*innen, so weit es das Setting im Gerichtssaal zuließ, ihren Raum genommen. Es konnten offene Fragen artikuliert und zum Beispiel über Beweisanträge neue Erkenntnisse recherchiert und öffentlich gemacht werden.
Die Angehörigen der Mordopfer und die Überlebenden der Taten schafften es immer wieder, die Routine im Gerichtssaal zu durchbrechen. Durch ihre Aussagen vor Gericht wurden die brutalen Folgen der Morde und Anschläge greifbar. Während der Vorsitzende Richter Götzl ganz offensichtlich mit Emotionen im Gerichtssaal nicht umgehen konnte und mit aller Macht versuchte, diese abzuwürgen, ließen sich viele Betroffene nicht davon abbringen, das zu sagen, was sie sich vorgenommen hatten. Insbesondere Ayşe Yozgat und İsmail Yozgat, die Eltern von Halit Yozgat, nahmen sich im Prozess immer wieder den Raum für ihre Forderungen, wenn sie etwa wiederholt die Umbenennung der Holländischen Straße in Kassel nach ihrem Sohn forderten. İsmail Yozgat nahm sich bei seiner Aussage auch buchstäblich den Raum und demonstrierte, indem er sich selbst auf den Boden des Saals legte, in dramatischer Weise, wie er seinen ermordeten Sohn im Internet-Café aufgefunden hatte.
Wie wichtig eine kritische Öffentlichkeit, wenn sie denn da war, und die Begleitung der Betroffenen ist, zeigte sich im Januar 2016, als die Nebenkläger*innen und Betroffenen des Nagelbombenanschlags in der Kölner Keupstraße vor Gericht aussagten. Zum so betitelten „Tag X“ reisten viele Menschen aus Köln an, um die Betroffenen im und vor dem Gerichtssaal nicht alleine zu lassen. Vor dem Gericht hielten sie eine Dauerkundgebung ab. Die Nebenkläger*innen machten in ihren Aussagen die Perfidie des Anschlags deutlich, der eine Botschaft des tödlichen Rassismus aussenden sollte und ausgesendet hat.
Die Bombe verletzte viele Menschen, einige schwer. Dass niemand getötet wurde, gleicht einem Wunder. Doch die Ermittlungen der Polizei richteten sich fast ausschließlich gegen die Anwohner*innen aus der Keupstraße, die Betroffenen sprechen deshalb von der „Bombe nach der Bombe“. Die Aussagen der Nebenkläger*innen aus dem Tatkomplex Keupstraße waren ebenso wie die Aussagen der Angehörigen der Mordopfer sowie der Betroffenen des Bombenanschlags in der Kölner Probsteigasse wichtige, wenn auch seltene Momente, die zumindest auf der Empore des Gerichtssaals die Stimmung änderten. Denn neben den Betroffenen der beiden Kölner Bombenanschläge wurden Angehörige aus nur vier Familien von Mordopfern vom Gericht angehört.
Beweisanträge der Nebenklage
Den vielen selbstbewussten Nebenkläger*innen und ihren oftmals engagierten Anwält*innen ist zu verdanken, dass sich der Blick überhaupt auf Themen richtete wie die internationalen Nazi-Netzwerke, die Vielzahl von Unterstützer*innen und die Leerstellen der Ermittlungen. Aber noch wichtiger war, dass die Nebenkläger*innen in diesem offiziellen Rahmen und mit dieser großen Öffentlichkeit berichten konnten, was ihnen widerfahren war, wie Ermittlungsbehörden und Gesellschaft mit ihnen umgegangen waren.
Die Nebenklage stellte eine Vielzahl von Beweisanträgen. Wir haben in unserer statistischen Auswertung des Prozesses für „NSU-Watch“ 154 Beweisanträge der Nebenklage gezählt. Trotz dieser großen Zahl wurden auf Initiative der Nebenklage lediglich 33 Personen tatsächlich als Zeug*innen bzw. Sachverständige geladen. Auch wenn die Bundesanwaltschaft den meisten Anträgen der Nebenklage entgegen trat, nutzte sie deren Ergebnisse doch, wenn diese ihre eigene Argumentation stützten. Durch einen Beweisantrag des Nebenklagevertreters Yavuz Narin wurden Hinweise auf eine mögliche Ausspähung der Synagoge in der Berliner Rykestraße durch Zschäpe und andere Neonazis bekannt. Dies griffen sowohl die Bundesanwaltschaft in ihrem Plädoyer als auch das Gericht in seiner Urteilsbegründung auf, als es um Zschäpes Rolle ging. Doch die Hinweise, dass an der Ausspähung auch andere Unterstützer*innen beteiligt waren, wurden mit keinem Wort erwähnt.
Der Senat lehnte ohnehin die meisten Beweisanträge der Nebenklage ab. Neben den Beschlüssen zu Andreas Temme lehnte er Anträge ab, die auf die Aufklärung des NSU-Netzwerkes, auf die Ausspähung von Tatorten und die mögliche Unterstützung vor Ort sowie auf die Rolle des Verfassungsschutzes beziehungsweise von V-Leuten gerichtet waren. Besonders stachen hierbei die ablehnenden Beschlüsse zur Klärung der Hintergründe der Schredder-Aktion im Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) im November 2011 heraus. 29 Nebenklagevertreter*innen hatten am 3. August 2015 die Beiziehung der nach ihrer Vernichtung teilweise wieder rekonstruierten Akten und die Vernehmung des für das Schreddern verantwortlichen BfV-Mitarbeiters als Zeugen beantragt. Der Senat lehnte die Anträge im Februar 2016 ab. „Die Tatsachen sind tatsächlich ohne Bedeutung“, so der Senat in seiner Begründung.
Kein Interesse an Kontakten in Zwickau und den Tatortstädten
Besonderes Augenmerk verdient auch die Tatsache, dass die Anträge der Nebenklage auf Ladung des Neonazis Ralf Marschner, alias V-Mann „Primus“ des BfV, abgelehnt wurden. Es gibt ernstzunehmende Hinweise, dass Uwe Mundlos in Marschners Firma in Zwickau arbeitete. Der 2. NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages hat diesen Hinweisen große Bedeutung beigemessen. Das Gericht hingegen wollte die Verbindung zu Marschner nicht aufklären. Und zeigte damit deutlich, dass es sich für die Frage, wer – abgesehen vom Angeklagten André Eminger, der Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt bereits in Chemnitz kennengelernt hat, und dessen Frau Susann Eminger – das NSU-Kerntrio bei ihrem elf Jahre dauernden Aufenthalt in Zwickau unterstützt hat, nicht interessiert. An dieser Stelle zeigt sich einerseits, dass der Senat den Verfassungsschutz schonte, es zeigt sich aber andererseits auch einmal mehr, dass die Richter*innen nicht den geringsten Zweifel an der ursprünglich von der Bundesanwaltschaft in ihrer Anklage formulierten Trio-Theorie aufkommen lassen wollten.
Die Unterstützer*innen-Szene in Chemnitz wurde im Verfahren vergleichsweise intensiv behandelt. Die Aufklärung weiterer NSU-Unterstützung in Zwickau hätte die Trio-Theorie aber zu deutlich in Frage gestellt, denn für Senat und Bundesanwaltschaft haben sich Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt in Zwickau bewusst von der Szene isoliert. Fakten, die gegen diese Annahme sprechen, hätten da nur gestört. Die Nebenklage hat hier – wie an vielen anderen Stellen im Verfahren – durch ihre Beweisanträge und intensiven Recherchen deutlich gemacht, dass diese Geschichte so nicht stimmen kann.
Auch für mögliche Kontakte des Kerntrios in den Tatortstädten interessierte sich das Gericht kaum. Immer wieder stellten beispielsweise die Vertreter*innen der Familie Kubaşık Anträge zu etwaigen Unterstützungsstrukturen in Dortmund und versuchten die Rolle von lokalen „Combat 18“-Strukturen, beispielsweise der „Oidoxie Streetfighting Crew“ zu thematisieren. Auch wenn das Gericht diesen Anträgen nicht folgte, wurden damit die vielen ungeklärten Fragen aufgeworfen, die die Bundesanwaltschaft gerne aus dem Prozess herausgehalten hätte.
Letztendlich ist es den Beweisanträgen der Nebenklage und journalistischen und antifaschistischen Recherchen zu verdanken, dass von der Mantra-artig vorgetragenen Trio-These der Bundesanwaltschaft nicht viel übrig blieb und das NSU-Netzwerk, ideologische Vorbilder und Blaupausen sowie die gesellschaftliche Wirkung des NSU breit thematisiert wurden. Die Erkenntnisse aus den Beweisanträgen bilden die Grundlage, auf der auch nach Ende des Prozesses weitere Recherchen aufgebaut werden können, um Wirken und Struktur des NSU-Netzwerks zu verstehen.
In ihren Plädoyers Ende 2017 und Anfang 2018 haben viele Nebenkläger*innen deutlich gemacht, was die Morde und Anschläge für sie bis heute bedeuten. Sie und ihre Vertreter*innen stellten heraus, wie groß die Zahl der offenen Fragen ist. Diese Plädoyers sind auch der Maßstab, an dem sich eine kritische Beschäftigung mit dem Thema NSU und weitere Aufklärungsbemühungen in Zukunft werden messen lassen müssen.
Ein fatales Signal
Der erste NSU-Prozess hätte, wie „NSU-Watch“ festgestellt hat, durchaus auch ein anderes Verfahren sein können: „Es hätte auch ein Verfahren sein können, in dem die Fragen der Angehörigen und Überlebenden von Anfang an im Vordergrund gestanden hätten und ihre Forderungen und Geschichten nicht leise gedreht worden wären. Dies nicht zu tun, war eine bewusste Entscheidung des Senats.“
In seinem Urteil ging das Gericht nicht nur nicht auf die Interessen der Betroffenen ein, sondern negierte auch die Dimension und gesellschaftliche Wirkung des NSU. Und während Götzl am Ende den regelmäßigen Besucher*innen und der Presse für ihre Interesse dankte, widmete er dem Leid der Angehörigen in seiner Urteilsbegründung kein einziges Wort. Lediglich einmal sprach er einen Nebenkläger an: Als İsmail Yozgat bei der Schilderung des Mordes an seinem Sohn verzweifelt aufschrie, reagierte er scharf und drohte sofort mit Ordnungsmaßnahmen. Dass auf der Besucher*innen-Empore Neonazis zuerst das milde Strafmaß für Eminger und später dessen Haftentlassung lauthals bejubelten und beklatschten, ignorierte er weitgehend. Und so endete der Prozess nach fünf Jahren buchstäblich mit dem Jubel von Neonazis.
Kaum eine Woche nach dem Urteil wurde dann – juristisch folgerichtig – auch Ralf Wohlleben, der bereits fast sieben Jahre in Untersuchungshaft gesessen hatte, aus der Haft entlassen. Die Signale, die von diesem Urteil in die Naziszene ausgehen, sind fatal. Während die Szene schon im Gerichtssaal ohne Konsequenzen lügen konnte, kann sie sich nun noch sicherer sein, dass sie von Seiten des Staates nichts zu befürchten hat.
„Kein Schlussstrich“
Für Antifaschist*innen macht das Urteil einmal mehr deutlich, dass von staatlicher Seite keine Aufklärung zu erwarten ist. Dieses Urteil soll ein Schlussstrich sein. Es liegt an einer antifaschistischen und antirassistischen Öffentlichkeit, sicherzustellen, dass dies nicht gelingt. Dabei gilt es auch, sich gegen die Versuche der Vereinnahmung durch Verantwortliche zu wehren, die öffentlichkeitswirksam betonen, dass die „Akte NSU“ nicht geschlossen werden dürfe (Angela Merkel) und das Urteil „kein Schlusspunkt“ sei (allen Ernstes: Horst Seehofer), aber im gleichen Atemzug eine sicherheitspolitische Debatte in den Mittelpunkt zu stellen.
Grotesk wird es, wenn Generalbundesanwalt Peter Frank, Chef einer Aufklärungsverhinderungsbehörde, nach diesem Prozess ebenfalls davon spricht, dass das Urteil „keinen Schlussstrich“ bedeute und die Ermittlungen weitergingen. Und BfV-Präsident Hans-Georg Maaßen, seit 2012 Chef einer anderen Aufklärungsverhinderungsbehörde, in der Presse beklagen darf, dass im Prozess nicht alle Fragen beantwortet wurden und von Seiten des Interviewers nicht einmal darauf hingewiesen wird, dass seine Behörde durch ihre Vertuschungsstrategie einen gehörigen Anteil daran hat, dass viele Fragen vermutlich auf Jahre hin offen bleiben.
All dies macht deutlich: „Kein Schlussstrich“ geht nur ohne den Staat und seine Vertreter*innen, gemeinsam mit den Betroffenen und Angehörigen. Dazu gab es am Abend des 11. Juli 2018 einen ersten Auftakt: In München demonstrierten 6.000 Menschen mit der Forderung, dass es keinen Schlussstrich unter die NSU-Aufklärung geben darf. An der Spitze der Demo liefen einige Angehörige von Mordopfern und Betroffene des Anschlags in der Kölner Keupstraße sowie Nebenklagevertreter*innen. Insgesamt gingen am Abend des Urteilsspruchs bundesweit über 10.000 Menschen auf die Straße.
Zuerst erschienen bei Lotta Magazin – Antifaschistische Zeitung aus NRW, Rheinland-Pfalz und Hessen