NSU-Watch: „Kein Vertrauen in die Ermittlungen der Polizei gegen NSU 2.0.“ – Statement vom 18.12.2018

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Die Nebenklagevertreterin im NSU-Prozess, Seda Başay-Yıldız, wird vermutlich von Polizist*innen massiv bedroht. NSU-Watch: „Wir haben kein Vertrauen darauf, dass die Polizei die Ermittlungen gegen ihre eigenen Kolleg*innen von sich aus gründlich führen wird.“ Das Ausmaß dieses Falles wurde erst dadurch bekannt, dass die Betroffene selbst an die Öffentlichkeit getreten ist. Von Seiten der Polizei wurde bis dahin lediglich über rechte Inhalte in Chatgruppen informiert. „Es braucht daher endlich eine schonungslose Offenlegung über das Ausmaß der rassistischen und extrem rechten Einstellungen in der Polizei durch unabhängige Stellen, auch als Ansprechstelle für Beschwerden durch Polizist*innen. Die Ergebnisse müssen öffentlich überprüfbar sein. Wir wollen echte Konsequenzen, Symbolpolitik ist inakzeptabel. Den Verlauf und das Ergebnis der Ermittlungen in diesem Fall werden wir sehr genau beobachten,“ so NSU-Watch weiter.

Im Fall der Frankfurter Polizist*innen fordert NSU-Watch, dass überprüft werden muss, ob die Daten weiterer Personen unbegründet aus dem Melderegister abgefragt wurden und dass die betreffenden Personen darüber informiert werden müssen: „Es muss schnellstens geklärt werden, ob weitere Personen einer Gefahr durch diese Polizeibeamt*innen ausgesetzt sind.“

Der Rassismus in der Polizei, ob auf institutioneller oder individueller Ebene, hat den NSU mitgetragen, es wurde nicht in Richtung eines rechten Motivs ermittelt, sondern gegen die Angehörigen und die Opfer selbst. So blieb der NSU unentdeckt. NSU-Watch: „An diese Kontinuität knüpft die vermutliche Neonazizelle in der Frankfurter Polizei an und nennt sich nicht zufällig ‚NSU 2.0‘. Anstatt Rassismus aufzuarbeiten, bilden sich Neonazinetzwerke in den Behörden.“ Was die Angehörigen der Ermordeten und die Überlebenden der Anschläge von Seiten der Polizeibeamt*innen ertragen mussten, haben wir in den letzten Jahren u.a. im NSU-Prozess erfahren. Die Familien wurden in der Zeit größter Trauer drangsaliert und beispielsweise mit Lügen über Affären ihrer Ehemänner unter Druck gesetzt. Dafür wurde sich nach 2011 weder entschuldigt, noch zeigt sich eine echte Bereitschaft der Polizei, aus dem NSU-Komplex nachhaltige Lehren zu ziehen. Auch die polizeilichen Ermittlungen nach Bekanntwerden des NSU waren nicht ausreichend.

Gegen das Unterstützungsnetzwerk des NSU wurde bis heute kein Verfahren begonnen. Die entsprechenden Personen sind weiterhin eine Gefahr für viele Menschen. Gleichzeitig ist dies nur die nächste Entdeckung einer Neonazizelle in deutschen Behörden neben dem Fall Franco A., der Gruppe „Nordkreuz“ und dem „Hannibal“-Netzwerk. „Diese Netzwerke werden heruntergespielt und unterschätzt. Sie müssen ernstgenommen, entwaffnet und die entsprechenden Personen entlassen und angeklagt werden“, so NSU-Watch.

„Wir nehmen eine fortschreitende gesellschaftliche Enthemmung wahr. Menschen rassistisch zu bedrohen oder anzugreifen, scheint immer öfter als normale Handlung wahrgenommen zu werden. Selbst von Beamt*innen der Polizei. Dieser Zustand ist unerträglich. Wir sind solidarisch mit Seda Başay-Yıldız und allen Betroffenen rechter und rassistischer Gewalt. Wir wünschen ihr und ihrer Familie viel Kraft.“

Für Nachfragen stehen wir gern zur Verfügung:

NSU-Watch: mail@nsu-watch.info
NSU-Watch Hessen: hessen@nsu-watch.info

(Foto (c) Protestfotografie Frankfurt)