Linksammlung zum Anschlag in Halle: Der rechte Terror hat eine Kontinuität

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Am 09. Oktober 2019 wurden in Halle/Saale zwei Menschen bei einem antisemitischen und rassistischen Terroranschlag getötet. Der Täter versuchte zuvor schwer bewaffnet in eine Synagoge einzudringen. Diese war voll besetzt, da dort Jom Kippur, der höchste jüdische Feiertag, begangen wurde. Auch durch die von den Menschen in der Synagoge selbst ergriffene Schutzmaßnahmen wie das Verbarrikadieren der Türen konnte ein Massaker verhindert werden. Vor der Tür erschoss der Täter eine vorbeilaufende Frau. Danach fuhr der Täter weiter zu einem Dönerladen, wo er eine weitere Person erschoss. Er verletzte außerdem zwei Menschen schwer.

Medial melden sich nach dem Anschlag Sicherheitsbehörden, Politiker*innen und Expert*innen zu Wort. Der Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke liegt erst vier Monate zurück, weltweit gab es in diesem Jahr zahlreiche rechte Terroranschläge und in Deutschland gibt es eine lange eine Geschichte des rechten Terrors, die nicht erst mit den Morden des NSU begann. Trotzdem ist nach diesem rechten Anschlag erneut verharmlosend von einer Einzeltäterschaft die Rede und von einem Anschlag, den man, so etwa Frank-Walter Steinmeier, für „unvorstellbar“ gehalten habe.

Wir verlinken hier einige bereits veröffentlichte Texte und Podcastfolgen, die dabei helfen können, den Terroranschlag in Halle zu kontextualisieren und analytisch in den Blick zu nehmen.

Artikel: (K)Eine gespaltene Wahrnehmung: Antisemitismus und der NSU

Auszug aus dem Text: „Sowohl ein mörderischer Rassismus als auch ein in direkter NS-Tradition stehender Antisemitismus mitsamt der offenen Verherrlichung der Schoa gehören zum ideologischen Fundament des Terrornetzwerks „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU). Dessen Selbstbezeichnung ist politisches Programm und verweist auf das Selbstverständnis als „politische Soldaten“ in der Tradition der historischen Waffen-SS und Avantgarde einer neuen nationalsozialistischen (Jugend-)Bewegung, in der sich das Netzwerk um den Kern aus Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos, Beate Zschäpe, Ralf Wohlleben, Holger Gerlach sowie mindestens drei Dutzend enge Weggefährt*innen ab Mitte der 1990er Jahre in Thüringen und Sachsen selbst verorteten.“

 

Artikel: Der Düsseldorfer Wehrhahn-Anschlag

Auszug aus dem Text: „Gerade einmal 1.800 Zeichen Text sind bei „wikipedia“ über den Sprengstoffanschlag vom 27. Juli 2000 auf dem S-Bahnhof Wehrhahn im Düsseldorfer Stadtteil Flingern zu finden: „Mit TNT gefüllte Rohrbombe“, „zehn Menschen zum Teil lebensgefährlich verletzt“, „bislang unbekannte Täter“, „fremdenfeindliche oder antisemitische Motive nicht ausgeschlossen“, da es sich bei den „Opfern um Migranten aus der ehemaligen Sowjetunion handelte, sechs mit jüdischem […] Hintergrund“, formuliert die Online-Enzyklopädie die Erkenntnis-Fetzen. Über einen Zusammenhang mit der Mord- und Anschlagsserie des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) lägen, heißt es hier, „keine sicheren Erkenntnisse“ vor. Und das war es auch schon. Dabei bildete die Tat zweifellos den auslösenden Vorlauf des von Bundeskanzler Gerhard Schröder nach einem Anschlag am 2. Oktober 2000 auf die Düsseldorfer Synagoge ausgerufenen „Aufstands der Anständigen“. Mit Rückbezug auf den Wehrhahn-Anschlag wurden die Debatten über „Fremdenfeindlichkeit“, Antisemitismus und Neonazismus in der Bundesrepublik sowie über ein eventuelles NPD-Verbot weiter angeschoben. Die Medien berichteten weltweit über die Anschläge und die Reaktionen darauf. Die beim Wehrhahn-Anschlag verletzten Opfer leiden noch heute an den Folgen des Anschlages. Grund genug, sich auch jenseits vergangener oder aktueller medialer Konjunkturen das Thema immer wieder in Erinnerung zu rufen.“

 

Artikel: Neonazistischer Terror in München 1945 – 2013

Auszüge aus dem Text: „Ab 1973 scharte Karl Heinz Hoffmann in seiner “Wehrsportgruppe” in Süddeutschland hunderte Neonazis und Militärfreaks um sich. Im Mai 1976 verübte das WSG-Mitglied Dieter E., ein 19-jähriger Bundeswehrsoldat, in München einen Sprengstoffanschlag auf den amerikanischen Radiosender “American Forces Network”. Am 19. Dezember 1980 erschoss ein WSG-Mitglied mit einer Pistole Hoffmanns in Erlangen den Rabbi Shlomo Levin und dessen Lebensgefährtin Frieda Pöschke. Die Polizei ermittelte lange innerhalb der jüdischen Gemeinde Erlangens nach einem Täter, weil sie dort angebliche mafiöse Intrigen witterte.“

„Am 6. September 2003 wurden der damalige Münchner Neonazi Martin Wiese und acht weitere Mittäter_innen verhaftet.
Sie hatten Waffen und Sprengstoff besorgt, unter tatkräftiger Mithilfe von Didier Magnien, einem V-Mann des bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz. Und sie diskutierten über einen Anschlag auf die Grundsteinlegungsfeier für Synagoge, jüdisches Museum und Gemeindezentrum der Israelitischen Kultusgemeinde, die genau vor zehn Jahren, am 9. November 2003, stattfand. Im Oktober 2004 hatte der Neonazi Vinzenz J., bis heute in der militanten Neonaziszene aktiv, im oberbayerischen Gmund eine Hausdurchsuchung. An seiner Tür hing ein Schild: “Achtung Achtung – Kanaken und Juden”. In seiner Wohnung fand sich ein großes Waffenarsenal, darunter ein Maschinengewehr, sechs Sturmgewehre, ein Fliegerabwehrgeschoss sowie zwei Hohlladungsgeschosse, die mit jeweils einem Kg TNT gefüllt waren.“

 

Podcast: NSU-Watch: Aufklären & Einmischen #33: Von Gamergate zu Christchurch – Rechter Terror im digitalen Zeitalter

Zusammenfassung: „Folge #33 von „NSU-Watch: Aufklären & Einmischen. Der Podcast über den NSU-Komplex, rechten Terror und Rassismus“ nimmt die aktuellen Entwicklungen von Rechtem Terror im digitalen Zeitalter in den Blick. Im Gespräch mit Maik Fielitz vom Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg geht es u.a. um die rechten Terroranschläge in Christchurch und El Paso. Diese können zwar in die Kontinuitäten Rechten Terrors eingeordnet werden, die Analyse zeigt jedoch auch spezifische Unterschiede, z.B. in der Radikalisierung und Vorgehensweise, die ohne die digitale Entwicklung nicht denkbar wären. Wir gehen auch zurück an die Anfänge dieses Phänomens, betrachten das rechte Potential der Imageboards 4Chan und 8Chan, das besonders rund um das sog. Gamergate sichtbar wurde. Maik Fielitz stellt dar, wie die Alt-Right in den USA dieses Potential erkannte und bis heute mit rechtsterroristischer Ideologie und Konzepten kanalisiert. Außerdem erklärt er die Rolle von rechten Telegram-Gruppen.“

 

Podcast: NSU-Watch: Aufklären & Einmischen #2 – Der NSU-Prozess, Tino Brandt und der “Lasermann-Prozess”

„Aus der Zusammenfassung: „Im Anschluss daran gibt es ein Interview zum sogenannten „Lasermann-Prozess“, der mit einem Urteil Ende Februar endet. Der Angeklagte John Ausonius hatte 1992 in Frankfurt die Shoah-Überlebende Blanka Zmigrod ermordet. Er ist außerdem verantwortlich für eine rassistische Mord-, Anschlags und Überfallserie Anfang der 1990er in Schweden.“