Am 14. Verhandlungstag waren die Ehefrau des Hauptangeklagten Stephan, Anna E., sowie ein Kollege und Freund von Ernst, Habil A., geladen. Seine Frau war nur zu einigen Fragen aussagebereit, zu den allermeisten Themenkomplexen machte sie von ihrem Auskunftsverweigerungsrecht Gebrauch. So erzählte sie, dass sie in der Nacht, in der Walter Lübcke ermordet wurde, zwei Autos vor ihrem Haus habe parken hören, kurze Zeit später habe Stephan Ernst das Haus betreten. Außerdem sagte sie aus, sie habe Kontakt mit Ernsts erstem Anwalt, RA Dirk Waldschmidt, gehabt. Sie habe ihn getroffen, ihn nach der zweiten Durchsuchung kontaktiert, und habe schließlich eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter vorgefunden: Um Finanzielles solle sie sich keine Sorgen machen, die Kameraden würden sich kümmern. Sie habe verstanden, dass es sich dabei um Rechte handele. Den nächsten Zeugen, seinen Freund und Kollegen, A., hatte Ernst nach dem Mord um ein Alibi gebeten. Dieser wurde intensiv von den Verfahrensbeteiligten befragt und gab dabei Einblicke in den Alltag der Firma Hübner sowie in den Schützenverein Sandershausen.
Zu Beginn des Prozesstages stellte RA Clemens von der Verteidigung Hartmann einen Befangenheitsantrag gegen den gesamten Senat. Dabei bezog er sich auf eine Situation am letzten Verhandlungstag, als ihm der Vorsitzende Richter Sagebiel das Wort während einer Erklärung entzog. Danach betrat die Zeugin Anna E. mit ihrem Zeugenbeistand RA Dr. Seebode den Saal. Nach der Belehrung durch Sagebiel, dass sie als Ehefrau das Anrecht auf Auskunftsverweigerung habe, sagte RA Seebode, die Zeugin werde nur partiell zu den Beweisthemen etwas sagen wollen. Sagebiel sagte, er werde mit der Befragung zum Tatzeitraum beginnen, sie solle dann entsprechend sagen, wenn sie keine Aussage zu Themen machen werde. Sagebiel fragte, was E. in der Nacht vom 1. auf den 2. Juni 2019 wahrgenommen habe. E. sagte, sie sei gegen Mitternacht im Bad mit gekipptem Fenster gewesen, „wenn man vor dem Haus parkt, dann hört man das sehr gut“. Gegen Mitternacht habe ein Auto vor dem Haus gebremst, fünf bis zehn Sekunden später habe ein zweites Auto geparkt, „aber ganz langsam und gleich nebenher vor dem Haus“. Sie habe aber nicht aus dem Fenster geschaut und könne anhand der Geräusche nicht sagen, ob es sich um den VW Caddy ihres Mannes gehandelt habe, sagte sie auf Nachfragen. Sie habe von beiden Autos die Türen schlagen gehört. Weiteres habe sie nicht gehört, da sie dann das Badezimmer verlassen habe, das Schlafzimmer sei auf der anderen Seite. Sagebiel fragte, wann Stephan Ernst ins Haus gekommen sei. Die Zeugin sagte zunächst nach fünf Minuten, ihr wird vorgehalten, in ihrer Vernehmung habe sie von zehn Minuten gesprochen. Sie sagte, jedenfalls habe sie in einem zeitlichen Abstand, den sie schlecht schätzen könne, die Haustür gehört.
Sagebiel fragte nun nach dem vorangegangenen Freitag, dem 31. Mai 2019. Die Zeugin konnte sich nicht erinnern, was sie gemacht hätte, auch Vorhalte aus ihrer Vernehmung ergaben lediglich, dass da ein Brückentag war. Die beisitzende Richterin Adlhoch und andere Verfahrensbeteiligte wiederholten die Fragen nach den gehörten Autos mehrfach und die Zeugin beschrieb dies erneut. Der beisitzende Richter Koller fragte, ob die Zeugin Hartmann kenne, oder ihr Mann etwas von ihm erzählt habe. Beides verneinte E., sie wisse allerdings, dass Ernst im Schützenverein war. Sie habe nicht gefragt, mit wem er dort aktiv gewesen sei. OStA Killmer fragte, ob es weitere Zutrittsmöglichkeiten zum Haus gebe, was die Zeugin zunächst verneinte. Im Verlaufe der Befragung auch durch andere Verfahrensbeteilige zeigte sich allerdings, dass es Zugänge- bzw. mögliche Ausgänge zum und aus dem Haus durch den Keller und durch die Terrassentür gibt. Zu diesen sagte die Zeugin, sie würde diese jeden Abend abschließen, so dass man von außen nicht hereinkäme, konnte sich aber nicht erinnern, ob sie dies am entsprechenden Abend gemacht habe, sie habe aber niemanden dort kommen und gehen hören.
Sagebiel fragte, ob E. nach der Verhaftung ihres Mannes Kontakt zu einem Anwalt gehabt habe, der ihn vertrat. Die Zeugin bestätigte, dass sie Kontakt mit RA Waldschmidt gehabt habe. Er habe angerufen und sei auch mal bei ihnen gewesen, sie wisse aber nicht, wer ihn beauftragt habe. Bei seinem Anruf habe er Ende Juni 2019 eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter hinterlassen: er habe mit ihrem Mann gesprochen, sie müsse sich um das Haus und das Finanzielle nicht sorgen, „die Kameraden“ würden ihnen helfen. Unter Kameraden habe sie verstanden, dass das Rechtsextreme seien, sagte E. auf Frage, das sei ihr Eindruck gewesen, weil Herr Waldschmidt ja auch von der rechten Szene sei. Vor dem Anruf sei er bei ihnen gewesen, habe wissen wollen, was sie bei der Polizei gesagt habe. Nach der zweiten Durchsuchung habe sie ihn außerdem angerufen. Bei Besuchen mit ihrem Mann habe sie nicht darüber gesprochen, weil diese abgebrochen worden wären, wenn sie über den Fall gesprochen hätten. Die „Hilfe von Kameraden“ hätte sie niemals angenommen. Die Frage, ob sie mit RA Hannig gesprochen habe, wollte E. nicht beantworten. Zur Nacht vom 1. auf den 2. Juni 2019 gab E. außerdem an, dass Ernst zunächst ins Schlafzimmer gekommen sei, dann aber noch einmal das Haus verlassen habe. Fragen zu eventuellen politischen Diskussionen mit Ernst, zu dessen Kindheit, anderen familiären Umständen und zu dem bei einer der Durchsuchung mitgenommenen Messer, dass mutmaßlich beim Angriff auf Ahmed I. eingesetzt wurde, beantwortete die Zeugin nicht und wurde schließlich entlassen. Sie widersprach der Verwertung ihrer vorherigen Aussagen vor Gericht.
Nach der Mittagspause wurde Habil A. vernommen. Er gab an, seit 2012 mit Ernst zusammengearbeitet zu haben. Er kenne auch Hartmann, weil er ebenfalls in der der Firma gearbeitet habe. A. und Ernst sind über die Arbeit hinaus befreundet, Ernst sei für ihn wie ein Bruder, gab A. an, dieser habe ihm immer geholfen, wenn er etwas gebraucht hätte. Nach seiner Festnahme habe er, A., auch dessen Familie näher kennengelernt. Auf Frage von Sagebiel gab A. an, auch im Schützenverein Sandershaus Mitglied gewesen zu sein, er habe dort mit dem Luftgewehr geschossen. Am Tag der offenen Tür habe er dort auch mal Hartmann gesehen. Sagebiel fragte, ob A. mit Ernst über Politik gesprochen habe. A. sagt, er interessiere sich immer für Politik, darüber habe er auch mit Ernst gesprochen. Er habe nicht den Eindruck gehabt, dass er Rechter oder ein Nazi oder gegen Leute sei, die anders aussehen, „sonst wären wir auch nicht befreundet“. A. äußerte auf Frage, dass er, A., der Meinung sei, dass man zwar helfen solle, aber „nicht in dieser Art und Weise“, er gab zu verstehen, dass er finde, dass zuviele Geflüchtete nach Deutschland gekommen seien. Über Lübcke habe er mit Ernst nicht gesprochen. Innerhalb und außerhalb der Firma seien Lübcke und die Veranstaltung aber „nebenbei“ bei verschiedenen Leuten Thema gewesen.
Hartmann und Ernst beschrieb A. auf Frage als gute Freunde. Er hätte mit Hartmann nicht über Politik gesprochen, aber A. sagte auf Frage, seine „Neigung zur rechten Partei war deutlich, sehr deutlich“, den Begriff Nazi lehne er aber ab, daher bezeichne er Hartmann nicht so. A. berichtete in dem Zusammenhang von einer Situation, in der er aus der Ferne im Schützenverein gehört habe, wie Hartmann zu Ernst gesagt habe, „so einem“ oder „solchen“ sollte man „eine Kugel verpassen“, damit Leute wie er, A., nicht nach Deutschland kämen. Daraufhin hätten beide gelacht. A. habe zu ihnen gesagt, das bringe nichts. A. sagte, er habe sich geärgert, aber Ernst habe gesagt, das sei ein Spaß gewesen. Er habe es nur aus der Ferne gehört, aber hinterher, sei es „wie in Puzzle, dann passt es“, aber damals habe er es nicht zusammengebracht
A. verneinte, bei Ernst Waffen gesehen zu haben, oder gewusst zu haben, dass er welche besitze. Er habe nicht gesehen, wie beide miteinander geschossen hätten. A. sagt auf Frage, er habe Ernst in der JVA besucht, davor habe er ihn zuletzt am 3. Juni 2019 gesehen. Da habe Ernst zu ihm gesagt, jemand, mit dem er Geschäfte gemacht habe, wolle ihm Probleme machen, wenn die Polizei frage, solle A. sagen, sie seien am Abend des 1. Juni zusammen gewesen. Er, A., habe gesagt, Ernst könne sich auf ihn verlassen. Sie hätten auch besprochen, was er konkret zu dem Abend hätte sagen sollen. In der folgenden Befragung zeigte sich A. fassungslos über die Ereignisse, er machte deutlich, dass er mit der Polizei kooperiert habe. Er habe mehrfach Anfragen von Rechtsanwalt Hannig abwehren müssen, der ihn aufgefordert habe, mit Journalisten zu sprechen, nicht mit der Polizei. Die Verfahrensbeteiligten forderten A. auf, ihnen Screenshots dieser und anderer Nachrichten zu schicken, dieser willigte ein. Auf Nachfrage erzählte A., Ernst habe ihm Ende 2017 oder 2018 erzählt, dass er mit einem ehemaligen Kollegen in Wolfhagen im Wald spazieren gegangen sei. Er sei außerdem mit Ernst bei Pegida gewesen, weil er, A., das mal habe hören wollte. Auf Fragen der Verfahrensbeteiligen räumte A. außerdem ein, im Schützenverein auch mit scharfen Waffen geschossen zu haben, Ernst habe ihn einmal begleitet, weil der dort zuständige „alte Mann“ ihn, A., offenbar vorher rassistisch beleidigt hatte. A. verneinte aber bis zum Ende seiner Aussage, Ernst jemals mit einer scharfen Waffe gesehen zu haben. Auf Fragen von RAin Schneiders nach dem Thema Bürgerkrieg sagt A., es sei allgemeiner gewesen, Ernst habe gesagt, man müsse auf Katastrophen, Überflutung, Bürgerkrieg vorbereitet sein, man müsse Wasser und Konserven haben. Nach seiner Aussage behielten sich einige Verfahrensbeteiligte Erklärungen vor, dann endete der Prozesstag.
Der Bericht bei NSU-Watch Hessen