Am 8.7. fand der 10. Prozesstag gegen Franco Albrecht statt. In der Sitzung wurde weiterhin der Betrugsvorwurf hinsichtlich der unter Tarnidentität eines Geflüchteten erhaltenen Gelder behandelt.
Zu Beginn der Sitzung ordnete zunächst der Vorsitzende Richter Dr. Koller an, dass die Generalbundesanwaltschaft gebeten Nachermittlungen zum Tatvorwurf des Betrugs zu treffen habe. Es gehe darum, wer und wann die Entscheidung getroffen habe, dass Franco Albrecht seine Leistungen erhält und welche Vermögensvor- und -nachteile dadurch auf welcher Seite entstanden seien.
Einer der Anwälte aus Albrechts Verteidigung verlas daraufhin eine Stellungnahme, dass die Generalbundesanwaltschaft Albrecht öffentlichkeitswirksam an den Pranger stellen wolle, indem sie Akten zurückhalte, in denen entlastende Indizien und Informationen über seine tatsächliche politische Gesinnung enthalten seien. Des Weiteren forderte er die Vernehmung der Familie Bo. aus Offenbach sowie zweier JVA Beamter. Letztere seien zu laden, da sie am 2. Untersuchungshafttag den Angeklagten Franco Albrecht darauf hinwiesen, dass die damalige Einzelhaft möglicherweise rechtswidrig sei und er sich einen Anwalt nehmen solle.
Anschließend begann die Vernehmung des Zeugen R. Dieser wurde als Berufssoldat dafür abgestellt, Ende September 2016 für das BAMF Anhörungen in Asylverfahren zu machen. R. gab einsilbig an, dass er lediglich kurz geschult wurde, welche Rechtsgrundlagen bestanden und welche Fragen den Asylsuchenden zu stellen seien. Er habe daraufhin mithilfe von Dolmetscher*innen die Antragsstellenden interviewt. Auf Nachfrage konnte er sich nicht an Franco Albrecht alias David Benjamin erinnern. Da ihm nicht bekannt gewesen sei, welche Sprachen in Syrien üblich seien, wäre es für ihn auch nicht ungewöhnlich gewesen, dass eine Person wie Franco Albrecht, der angab aus Syrien zu kommen, nur französisch und nicht arabisch spreche. Ihm sei nichts aufgefallen und wenn dies der Fall gewesen wäre, hätte er weiter nachgefragt. Er selbst sah sich in der Aufgabe, Informationen über die Asylsuchenden im Interview zu sammeln, die Entscheidung lag dann in einer anderen Abteilung, mit der er nichts zu tun gehabt habe.
Nach dieser wenig ergiebigen Vernehmung, kam es zur Verlesung der Niederschrift der Anhörung von Franco Albrecht alias David Benjamin. In dieser wurde Albrecht von R. danach befragt, ob er einer bestimmten Volksgruppe angehöre, die vom IS verfolgt werde. Daraufhin erzählte Albrecht seine Legende als Geflüchteter. So wäre David Benjamin wegen seinem jüdischen klingenden Namen vom IS nicht akzeptiert worden. Dieser haben seine Familie überfallen, seinen Vater getötet und ihn mit einer Handgranate verletzt. Daraufhin sei er über die Türkei und Bulgarien nach Frankfurt am Main geflüchtet.
Kurz vor einer Verhandlungspause fragte der Vorsitzende Richter Franco Albrecht noch überraschend, ob er sich zum Tatvorwurf in Wien äußern wolle, da seine bisherigen Angaben für das Gericht wenig glaubwürdig klängen. Dies verweigerte Franco Albrecht. Im Anschluss kehrte der Senat erneut zum Tatvorwurf des Betrugs zurück. Sie interessierten sich dafür, wie häufig Albrecht sich in welcher Geflüchteten-Unterkunft aufhielt. Dieser gab an, einmal im Monat in der Unterkunft in Erdingen in Bayern ab Januar 2016 gewesen zu sein, um die Leistungen entgegen zu nehmen, zur Erledigung der Antragsstellung und um „nach dem Rechten zu schauen“. Zuvor war Franco Albrecht kurzweilig in Gießen, Zirndorf und in Roth in Unterkünften untergebracht worden. Er gab darüber hinaus auch an, dass seine erste Anhörung im Mai 2016 in Zirndorf und seine zweite Anhörung, von der heute der Zeuge R. geladen war, am 7.11. 2017 in Nürnberg stattfand. Auf die Nachfrage der Richterin Adlhoch, wie er den Wechsel zwischen seinem Wohnort und der Unterkunft organisiert habe, führte Albrecht aus, dass er mit normaler zivilen Bekleidung mit dem Auto von seinem damaligen Wohnort Straßbourg nach Erdingen gefahren sei, kurz vor der Unterkunft sein Auto geparkt und zu Fuß sich stets dorthin begeben habe. Selten wurde er von anderen Geflüchteten gefragt, wie er hin- und herreise und wenn, versuchte er die Frage stets zu umgehen. Seine Erreichbarkeit stellte er darüber sicher, dass die anderen Bewohner*innen der Unterkunft seine Post entgegennahmen und er eine Handynummer, für die er ein separates Telefon hatte, für sie hinterlegt hatte. Von seiner Tarnidentität hätte niemand Bescheid gewusst, außer der Zeuge Fl., dem er in einer Bar in Offenbach davon erzählt habe. Kurz vor und nach seiner Festnahme in Wien sei er ebenfalls häufiger in Erdingen wegen Terminen beim Jobcenter gewesen. Auf die Nachfrage, was er mit den erhaltenden Leistungen gemacht habe, gab Albrecht bzgl. der kommunalen Versorgungskarte an, damit in verschiedene Geschäfte wie Drogerien, Lebensmittelläden und Bekleidungsgeschäften gegangen zu, um das Geld dort zu verbrauchen.
Damit endete die 10. Sitzung, in welcher der Zeuge R. befragt wurde, wie die Tarnidentität bei dem möglichen Betrug von Franco Al. dargestellt wurde und wie dieser seine Tarnidentität in Erdingen organisierte. In der kommenden 11. und damit letzten Sitzung vor der Sommerpause wird es erneut um den Betrugsvorwurf gehen.
Der Bericht zum 10. Verhandlungstag bei NSU-Watch Hessen