Die Staatsanwaltschaft Zwickau hat ein Verfahren gegen den langjährigen NSU-Unterstützer André Eminger wegen Körperverletzung eingestellt. Eminger hatte im Mai 2016 einen damals 18-Jährigen attackiert, mit dem Tode bedroht und verletzt, so dass dieser im Krankenhaus behandelt werden musste. Dafür wurde Eminger im Juli 2017 vor dem Amtsgericht Zwickau zu einer Geldstrafe verurteilt. Gegen das Urteil (52 Tagessätze je 13 Euro) ging er jedoch in Berufung. Nun erspart ihm die Staatsanwaltschaft Zwickau den Gang vor das Landgericht: Gegenüber NSU-Watch Sachsen teilte sie mit, dass das Verfahren eingestellt wurde. Sie nutzte dafür eine Option in der Strafprozessordnung (§ 154 Abs. 2): Die zu erwartende Strafe falle nach dem rechtskräftigen Urteil im NSU-Prozess nicht beträchtlich ins Gewicht, heißt es zur Begründung. Damit wird die Tat des Neonazis, der seine Umtriebe im rechtsterroristischen Milieu in der Zwischenzeit fortsetzt, ohne juristische Konsequenzen bleiben.
Philipp Klein von NSU-Watch Sachsen erklärt dazu: „Die Entscheidung der Staatsanwaltschaft Zwickau ist verantwortungslos und ignorant. Ohne Not wird einem zentralen NSU-Unterstützer die Strafe für einen planvoll herbeigeführten Angriff erlassen. Eminger zielte mit der Tat auf Einschüchterung – und zwar über den direkt Betroffenen hinaus. Diese politische Dimension ignoriert die Staatsanwaltschaft und trägt dazu bei, dass die von Eminger beabsichtigte Wirkung eintritt. Sie macht sich durch Unterlassen zum Erfüllungsgehilfen eines militanten Neonazis.“
André Eminger ist einer der engsten NSU-Unterstützer. Im NSU-Prozess in München wurde er jedoch nicht wegen Beihilfe zum Mord verurteilt, sondern nur für die Unterstützung (und nicht die Mitgliedschaft) in einer terroristischen Vereinigung. Unter Applaus von Neonazis konnte er im Juli 2018 den Gerichtssaal auf freiem Fuß verlassen. Das Urteil hatte Empörung und Kritik ausgelöst, wurde jedoch im Dezember 2021 als „nicht rechtsfehlerhaft“ vom Bundesgerichtshof bestätigt.
Zuletzt fiel Eminger durch enge Kontakte zur Neonazi-Aktivistin Susanne G. aus Bayern auf. Die Aktivistin der besonders in Südwestsachsen aktiven Kaderpartei „Der III. Weg“ wurde im vergangenen Sommer wegen der Vorbereitung eines Brandanschlages zu sechs Jahren Haft verurteilt. Viele Hinweise legen nahe, dass ihr Handeln vom NSU inspiriert ist. „Der III. Weg“ versucht unterdessen in Zwickau Fuß zu fassen. Zudem entwickelt sich die Stadt in den vergangenen Jahren zu einem Hotspot neonazistischer Gewalt: Immer wieder verüben Neonazis Angriffe auf Andersdenkende.
Philipp Klein weiter: „Der Fall steht beispielhaft für ein generelles Problem der sächsischen Justiz. Neonazis und ihrer Gewalt wird allenthalben mit Nachsicht begegnet. Verfahren werden verschleppt oder gegen geringe Auflagen eingestellt, neonazistische Tatmotive ignoriert und nicht ermittelt, Gewalt verharmlost und bagatellisiert. Die Betroffenen der Gewalt werden immer wieder allein gelassen.“