In Folge #89 von „NSU-Watch: Aufklären & Einmischen. Der Podcast über den NSU-Komplex und rechten Terror“ Folge #37 der Podcastserie mit dem VBRG e.V. „Vor Ort – gegen Rassismus, Antisemitismus und rechte Gewalt“ sind wir vor Ort bei der „Open Lecture Series #6: Strafjustiz, Rassismus, Antisemitismus und psychische Erkrankung: Eine kritische Bestandsaufnahme zum dritten Jahrestag des Hanau-Attentats“.
Im zweiten Teil sprechen wir mit Familienangehörigen von Guiliano Kollmann und Hüseyin Dayıcık aus München, Shelly Meyer vom Vorstand der Jüdischen Gemeinde Hamburg, Prof.’in Dr. med. Meryam Schouler-Ocak, Professorin für interkulturelle Psychiatrie am Universitätsklinikum Charité (Berlin) und Eben Louw, Gesundheitspsychologe und VBRG-Vorstandsmitglied.
Welche Auswirkungen haben rechtsterroristische Attentate auf die psychische Gesundheit von Hinterbliebenen und Überlebenden haben – insbesondere wenn Antisemitismus und Rassismus als Tatmotive von psychisch erkrankten Täter*innen durch die Strafverfolgungsbehörden und Medien nicht anerkannt werden? Wann sprechen Ärzt*innen und Therapeut*innen von einem Trauma und einer traumatischen Belastungsstörung? Warum ist es für die Verarbeitung von rassistischer und/oder antisemitischer Gewalterfahrung notwendig, dass die Tatmotive benannt und durch Polizei und Justiz anerkannt werden?
Diese Fragen standen im Mittelpunkt des 2. Teils der Open Lecture #6 und sind Schwerpunkt dieser Folge anlässlich des dritten Jahrestags des rassistischen Attentats von Hanau und der anhaltenden Bedrohung der Hinterbliebenen und Überlebenden durch den Vater des Attentäters.
Die hinterbliebenen Familienangehörigen von Guiliano Kollmann (19) und Hüseyin Dayıcık (17), die am 22. Juli 2016 in München beim rechtsterroristischen Attentat am Olympiazentrum in München ermordet wurden, sprechen über das Leid, das die Tat hinterlassen hat und beschreiben ihren Kampf um Anerkennung des rassistischen und rechtsterroristischen Tatmotivs beim OEZ-Attentat.
Shelly Meyer, Mitglied im Vorstand der Jüdischen Gemeinde Hamburg und Vorstandsmitglied des Verbands „Jüdischer Studierender Nord (VJSNord)“ spricht über die Auswirkungen des antisemitischen Angriffs auf einen Besucher der Synagoge am 20. Oktober 2020 an Sukkot (Laubhütten-Fest) durch einen Täter, den das Landgericht Hamburg als einen „psychisch kranken Einzeltäter“ bezeichnete.
Prof.’in Dr. med. Meryam Schouler-Ocak, Expertin und Professorin für interkulturelle Psychiatrie und Leiterin des Forschungsbereichs Interkulturelle Migrations- und Versorgungsforschung am Universitätsklinikum Charité (Berlin) erläutert das Konzept von Trauma und Posttraumatischen Belastungsstörungen, insbesondere im Kontext rassistischer Gewalt und erklärt, warum die Anerkennung der Tatmotive Rassismus und Antisemitismus für die Hinterbliebenen und Überlebenden so wichtig sind, um die Auswirkungen der Tat auf die psychische Gesundheit von Betroffenen zu bearbeiten.
Eben Louw, Gesundheitspsychologe, systemischer Therapeut & Supervisor, Fachberater für Psychotraumatologie und VBRG-Vorstandsmitglied, spricht u.a. über die gravierenden Versorgungslücken für Betroffene rassistischer Gewalt und die Notwendigkeit, dass Justiz und Strafverfolgungsbehörden sich mit sekundärer Viktimisierung durch institutionellen Rassismus und Antisemitismus auseinandersetzen und die langanhaltenden Folgen von Traumatisierung durch schwere rassistische und antisemitische Gewalttaten anerkennen.