Nordkreuz: Organisiert im Reservistenverband, gewarnt durch den Verfassungsschutz? Kurzbericht zum 2. NSU/Rechter Terror Untersuchungsausschuss MV März 2025

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Die Sitzungen des 2. NSU/Rechter Terror-Untersuchungsausschusses in Mecklenburg-Vorpommern im März stellten die Rolle von Reservistenverbänden und des mecklenburg-vorpommerischen Verfassungsschutzes im Nordkreuz-Komplex in den Mittelpunkt.

Alle ehemalige Soldat*innen gelten in Deutschland als Reservist*innen. Diese Rolle können sie auch aktiv ausüben, indem sie sich Reservistenverbänden anschließen. Dabei handelt es sich um zivile Vereine, trotzdem dürfen in ihnen organisierte Reservist*innen mitunter Uniform tragen und bekommen für Übungen und Einsätze Waffen ausgehändigt.

Dass eine solche Struktur attraktiv für ein Netzwerk wie Nordkreuz ist, das sich auf ein Tag X-Szenario vorbereitet hat, in dem in einer Krisensituation bewaffnet und uniformiert unter anderem Straßensperren überwunden werden sollten, ist naheliegend. Mehr noch: Reservistenverbände sind im „Spannungs- und Verteidigungsfall“, in dem die Bundeswehr die Kasernen verlässt, für deren Bewachung eingeplant. Kein Wunder also, dass der Führungszirkel von Nordkreuz in Reservistenverbänden organisiert war.

Am 24. März wurde der Leiter des Reservistenverbands Mecklenburg-Vorpommern befragt. Er sagte aus, dass alle Nordkreuz-Mitglieder inzwischen aus dem Verband ausgeschlossen worden seien. Zwei von ihnen zogen vor Gericht, konnten ihre Posten jedoch letztlich nicht wieder einnehmen.

Im Ausschuss wurde der Zeuge darauf aufmerksam gemacht, dass sich weiterhin ein Reservist mit Nordkreuz-Verbindungen im Verband befinde. Zitiert wurden dazu rechte Chatinhalte, die der fragliche Reservist mit Nordkreuz-Chef Marko G. ausgetauscht hatte. Der Zeuge reagierte erschrocken, er werde ein „ordentliches Wort“ mit dem laut seiner Aussage sehr aktiven Mitglied reden.

Zum allgemeinen Umgang mit rechten Tendenzen innerhalb des Reservistenverbands sagte der Zeuge, man suche dann das Gespräch, um die entsprechende Person „zurück auf den rechten Weg zu bringen“. Wenn dies nicht gelinge, erfolge ein Ausschluss. Unabhängig von Nordkreuz erzählte der Zeuge, dass die gesamte Kreisverband Neubrandenburg wegen rechter Tendenzen rund um eine Kerngruppe von 30 Personen aufgelöst werden musste. Diese hätten die AfD und andere extrem rechte Positionen salonfähig machen wollen.

Die März-Sitzungen zeigten außerdem, dass zweimal Informationen zu den Ermittlungen gegen Nordkreuz vom Landesverfassungsschutz weitergegeben wurden. Ein weiterer Zeuge im Untersuchungsausschuss, Mitarbeiter der Verfassungsschutz-Abteilung, ist selbst Reservist und versuchte nach einem Gespräch mit dem damaligen Leiter des Rechtsextremismus-Referats Informationen zu zwei neuen Reservisten einholen, die ihm als rechts aufgefallen waren. Er sprach davon, dass die beiden von Sch. – heute als Nordkreuz-Mitglied bekannt – eingeschleust worden seien. Um an die Namen zu kommen, offenbarte er dem Reservistenverband gegenüber das Interesse des Verfassungsschutzes.

Außerdem informierte der Landesverfassungsschutz nur wenige Wochen vor den ersten Durchsuchungen bei Nordkreuz im August 2017 die Waffenbehörden über die extrem rechten Aktivitäten von zwei zentralen Nordkreuz-Mitgliedern. Ob diese Informationen direkt zu Nordkreuz gelangten, muss noch herausgefunden werden. Erneut steht im Raum, dass das Netzwerk vor den Durchsuchungen gewarnt war.

In der Sitzung des Untersuchungsausschusses am 31. März zeigten sich die beiden als Zeugen geladenen Mitarbeiter weniger auskunftsfreudig und beriefen sich auf Erinnungslücken oder fehlende Aussagegenehmigung. Auf eine Anfrage des Ausschusses, Dokumente in der Geheimhaltung herabzustufen, damit sie in öffentlicher Sitzung verwendet werden können, antwortete der Verfassungsschutz laut einer Pressemitteilung des Abgeordneten der Linksfraktion Michael Noetzel, noch nicht einmal.

Dieser Kurzbericht erschien zuerst in unserem monatlichen Newsletter „Aufklären und Einmischen“. Ihr wollt auf dem Laufenden bleiben? Hier den Newsletter abonnieren!